Neuartige 2K-Laufrollen und ihre Kontaktmechanik - iwk.hsr.ch · charakteristik. Nachteilig sind...

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FORSCHUNG Konstruktionselemente aus Kunststoff Neuartige 2K-Laufrollen und ihre Kontaktmechanik Neuartige 2K-Laufrollen haben einen Laufmantel hoher Steifigkeit und einen weichen Radkörper.Sie zeichnen sich durch hohe Laufruhe und eine weiche Verformungscharakteristik bei gleichzeitig kleinem Rollwiderstand und geringem Verschleiss aus. In einem aF+E-Projekt wurde das Kontaktverhalten solcher Kunststoffrollen untersucht,um Berechnungsformeln für die ingenieurmässige Auslegung zu erarbeiten. Für Kunststoffrollen mit einem Lauf- mantel aus weichem Elastomer oder aus TPE typisch sind die hohe Lauf- ruhe und eine weiche Verformungs- charakteristik. Nachteilig sind jedoch der hohe Rollwiderstand und der Ver- schleiss. Eine neuartige 2K-Lösung mit einem Laufmantel höherer Stei- figkeit und einem weichen Radkör- per (Abb. 1) vermeidet diese Nachteile weitgehend [1]. Der vergleichsweise steife Laufmantel ermöglicht dank geringer lokaler Verformungen ein leichtes, reibungsarmes Abrollen, während der Radkörper mit seiner geringen Steifigkeit für die er- wünschte Dämpfung und die hohe Nachgiebigkeit sorgt. Unbekannt war bisher, wie sich das Zusammenspiel der beiden Komponenten auf die Kon- taktmechanik qualitativ und quanti- tativ auswirkt, das heisst Berech- nungsformeln standen bis dato nicht zur Verfügung. Herstellbar sind solche Rollen vorzugsweise im 2K-Spritzgiessver- fahren. Von Bedeutung hierbei ist nicht nur ein einwandfreier Stoff- schluss zwischen Nabe und Weich- komponente, sondern auch zwi- schen den beiden Kunststoffen, um ein Ablösen des Laufmantels vom Radkörper zu vermeiden. Alternativ dazu wäre hier allenfalls auch ein Formschluss denkbar, der aber nicht ganz einfach zu realisieren ist. Problemstellung Das Kontaktverhalten derartiger 2K- Rollen wurde in einem aF + E-Projekt untersucht mit dem Ziel, Berech- nungsgrundlagen für die ingenieur- mässige Auslegung zu gewinnen [2, 3]. In der Kontaktmechanik der Lauf- mantelrollen, die auf die Hertzsche Theorie der Kontaktprobleme [4, 5] aufbaut, sind die generell bestim- menden Grössen nebst der Belastung die mechanischen Werkstoffeigen- schaften und die Geometrie von Rol- le und Unterlage (Abb. 2), insbesonde- re die resultierenden Krümmungs- verhältnisse in der Kontaktzone. Pri- mär interessieren der Kontaktdruck zwischen Rolle und Unterlage und die Rollenabplattung bzw. Achsver- schiebung als kontaktmechanische Grössen (Abb. 3) sowie die Vergleichs- spannungen und die maximalen Prof. Dipl.-Ing. Johannes Kunz, Institut für Werk- stofftechnik und Kunst- stoffverarbeitung (IWK) an der HSR Hochschule für Technik Rapperswil, Do- zent für Berechnen und Gestalten von Kunststoff- teilen im MAS-Studiengang Kunststofftechnik an der Hochschule für Technik der FH Nordwestschweiz Dipl.-Ing. Mario Studer, ETH Zürich, vormals wis- senschaftlicher Mitarbeiter am IWK Rapperswil Abb.1: Zylindrische 2K-Laufrollen unterschiedlicher Laufmanteldicke (IWK Rapperswil; Kundert AG, Jona). Abb. 2: Geometrie der 2K-Laufrollen. 1: Laufmantel aus steifem Kunststoff. 2: Radkörper aus weichem Kunststoff. 3: Nabe aus Metall. 4: Unterlage (Laufbahn). d R : Rollendurchmesser [mm]. d G : Grenzdurchmesser [mm]. d N : Nabendurchmesser [mm]. l: Rollenbreite [mm]. Abb.3: Kontaktmechanische Grössen. a,b: Halbe Länge der Kontaktfläche in Umfangsrichtung [mm]. p 0 : Maxi- maler Kontaktdruck [N/mm 2 ]. w: Ab- plattung bzw. Achsverschiebung un- ter Belastung [mm].

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FORSCHUNG

Konstruktionselemente aus Kunststoff

Neuartige 2K-Laufrollen undihre KontaktmechanikNeuartige 2K-Laufrollen haben einen Laufmantel hoher Steifigkeit und einen weichen Radkörper. Siezeichnen sich durch hohe Laufruhe und eine weiche Verformungscharakteristik bei gleichzeitig kleinemRollwiderstand und geringem Verschleiss aus. In einem aF+E-Projekt wurde das Kontaktverhalten solcher Kunststoffrollen untersucht, um Berechnungsformeln für die ingenieurmässige Auslegung zuerarbeiten.

Für Kunststoffrollen mit einem Lauf-mantel aus weichem Elastomer oderaus TPE typisch sind die hohe Lauf-ruhe und eine weiche Verformungs-charakteristik. Nachteilig sind jedochder hohe Rollwiderstand und der Ver-schleiss. Eine neuartige 2K-Lösungmit einem Laufmantel höherer Stei-figkeit und einem weichen Radkör-per (Abb. 1) vermeidet diese Nachteileweitgehend [1]. Der vergleichsweisesteife Laufmantel ermöglicht dankgeringer lokaler Verformungen einleichtes, reibungsarmes Abrollen,während der Radkörper mit seinergeringen Steifigkeit für die er-wünschte Dämpfung und die hoheNachgiebigkeit sorgt. Unbekannt warbisher, wie sich das Zusammenspielder beiden Komponenten auf die Kon-taktmechanik qualitativ und quanti-tativ auswirkt, das heisst Berech-nungsformeln standen bis dato nichtzur Verfügung.

Herstellbar sind solche Rollenvorzugsweise im 2K-Spritzgiessver-fahren. Von Bedeutung hierbei istnicht nur ein einwandfreier Stoff-

schluss zwischen Nabe und Weich-komponente, sondern auch zwi-schen den beiden Kunststoffen, umein Ablösen des Laufmantels vomRadkörper zu vermeiden. Alternativdazu wäre hier allenfalls auch einFormschluss denkbar, der abernicht ganz einfach zu realisieren ist.

ProblemstellungDas Kontaktverhalten derartiger 2K-Rollen wurde in einem aF+E-Projektuntersucht mit dem Ziel, Berech-nungsgrundlagen für die ingenieur-mässige Auslegung zu gewinnen [2,3]. In der Kontaktmechanik der Lauf-mantelrollen, die auf die HertzscheTheorie der Kontaktprobleme [4, 5]aufbaut, sind die generell bestim-menden Grössen nebst der Belastungdie mechanischen Werkstoffeigen-schaften und die Geometrie von Rol-le und Unterlage (Abb. 2), insbesonde-re die resultierenden Krümmungs-

verhältnisse in der Kontaktzone. Pri-mär interessieren der Kontaktdruckzwischen Rolle und Unterlage unddie Rollenabplattung bzw. Achsver-schiebung als kontaktmechanischeGrössen (Abb. 3) sowie die Vergleichs-spannungen und die maximalen

Prof. Dipl.-Ing. JohannesKunz, Institut für Werk-stofftechnik und Kunst-stoffverarbeitung (IWK) ander HSR Hochschule fürTechnik Rapperswil, Do-zent für Berechnen undGestalten von Kunststoff-teilen im MAS-StudiengangKunststofftechnik an derHochschule für Technik derFH Nordwestschweiz

Dipl.-Ing. Mario Studer,ETH Zürich, vormals wis-senschaftlicher Mitarbeiteram IWK Rapperswil

Abb.1: Zylindrische 2K-Laufrollen unterschiedlicher Laufmanteldicke (IWKRapperswil; Kundert AG, Jona).

Abb. 2: Geometrie der 2K-Laufrollen. 1: Laufmantel aus steifemKunststoff. 2: Radkörper aus weichem Kunststoff. 3: Nabe ausMetall. 4: Unterlage (Laufbahn). dR: Rollendurchmesser [mm].dG: Grenzdurchmesser [mm]. dN: Nabendurchmesser [mm].l: Rollenbreite [mm].

Abb.3: Kontaktmechanische Grössen.a,b: Halbe Länge der Kontaktflächein Umfangsrichtung [mm]. p0: Maxi-maler Kontaktdruck [N/mm2]. w: Ab-plattung bzw. Achsverschiebung un-ter Belastung [mm].

Dehnungswerte beider Komponen-ten. Zum weiteren Themenkreis zähltaber auch der Rollwiderstand, dervon den geometrischen und werk-stofflichen Parametern massgeblichmitbestimmt ist.

VorgehenDie angewendete Methodik verbindetin bewährter Weise theoretisch-analy-tische Betrachtungen, gezielte Ver-suche und rechnerisch-numerischeParameterstudien mittels der FiniteElemente Methode (FEM). Bei der Aus-wertung der Resultate werden die ge-fundenen Gesetzmässigkeiten quali-tativ herausgearbeitet und anschlies-send mathematisch beschrieben, umdaraus geeignete Berechnungsfor-meln abzuleiten. Hierbei steht nebstder Erzielung realistischer Ergebnissederen praktische Handhabbarkeit imVordergrund. Deshalb werden da unddort zugunsten der Einfachheit gewis-se Abstriche an der Genauigkeit hin-genommen. Wie die bisherigen Erfah-rungen zeigen, genügen die entwi-ckelten Berechnungsformeln diesenKriterien.

Voraussetzungen und IdealisierungenDie Überlegungen gehen von folgen-den Voraussetzungen und Idealisie-rungen aus:

a) das Profil des Laufmantels istzylindrisch (Abb. 2);

b) Laufmantel, Radkörper undNabe sind von gleicher Länge (Rol-lenbreite);

c) zwischen Nabe und Radkör-per bzw. zwischen Radkörper undLaufmantel besteht ein Stoffschluss;

d) die Kunststoffe von Laufman-tel und Radkörper verhalten sich li-near viskoelastisch, das heisst diezeitabhängigen Werkstoffsteifigkei-ten, beschrieben durch die Kriech-moduln, sind keine Funktion derLast, und damit gilt das Boltzmann-sche Zeit-Verformungs-Superposi-tionsprinzip;

e) die Nabe besteht aus einemWerkstoff vergleichsweise hoherSteifigkeit, zum Beispiel Stahl odereine Alu-Legierung, sodass ihre Ver-formung vernachlässigt werdenkann;

f) die Belastung besteht aus ei-ner statischen bzw. quasistatischenRadiallast im Zentrum der Nabe;

g) die Rolle wirkt als reine Lauf-rolle ohne Tangentialkräfte in derBerührungsfläche;

h) die Unterlage ist eben undwird als linear elastischer bzw. li-near viskoelastischer Halbraum be-trachtet;

i) die Rollenachse liegt parallelzur Unterlage, das heisst Verkantenwird ausgeschlossen.

UntersuchungenDie erforderlichen Parametervariatio-nen an den 2K-Rollen wurden in be-währter Weise mittels FEM-Rechnun-gen durchgeführt. Deren Verlässlich-keit kann aufgrund der Erfahrungenaus bisherigen Untersuchungen alsgegeben gelten. Dies rechtfertigt dieBeschränkung auf einige wenige Mes-sungen zur Absicherung der FEM-Resultate anhand ausgewählter Geo-metrien mittels Videoextensometrie(Abb. 4) von Zwick GmbH, D-Ulm. Ex-perimentell untersucht wurden Rol-len mit einem zylindrischen Lauf-mantel aus dem Guss-Polyamid TecastT natur und einem Radkörper ausweichem Polyurethan PUR UK-KA/85ShA, beides Werkstoffe der KundertAG, Jona, wo auch die Rollen durchVergiessen hergestellt wurden. AlsWerkstoff für die Nabe wurde eineAlulegierung verwendet. Die Rollen-geometrie wurde durch den Rollen-durchmesser dR = 100 mm und dieBreite l = 30 mm bestimmt. Variiertwurden der Nabendurchmesser dN

von 40 bis 60 mm und der Übergangs-durchmesser dG zwischen den beidenKunststoff-Komponenten von 60 bis

80 mm. Als Unterlage wurde Stahl ver-wendet, der in der Auswertung alspraktisch starr betrachtet werdenkonnte. Pro Rollengeometrie wurdendrei Messungen durchgeführt. Dabeiwurde jeweils innert 20 Sekunden dieBelastung von 0 auf 2000 N aufge-bracht und anschliessend während 10 Minuten konstant gehalten.

Die für die numerischen Berech-nungen erforderlichen Kriechmo-duln als Steifigkeitswerte von Lauf-mantel und Radkörper wurden imDruckversuch unter denselben Be-dingungen bestimmt wie die Verfor-mungen der Rollen. Ermittelt wur-den E1 = 2150 N/mm2 für Guss-PAund E2 = 21,6 N/mm2 für das PUR. Für die Poissonzahl des Laufmantelswurde �1 = 0,35 eingesetzt, währendzur Erfassung des Querkontrak-tionsverhaltens des PUR-Radkörpersdessen Inkompressibilität zu be-rücksichtigen war. Mit dem Wert �2

= 0,499 anstelle des theoretischenWertes 0,5 liessen sich Singularitä-ten bei den FEM-Rechnungen ver-meiden.

Die Brauchbarkeit der Formeln,herausgearbeitet aus den FEM-rech-nerisch und experimentell gefunde-nen Gesetzmässigkeiten, wurde an-hand weiterer FEM-Berechnungenmit variierten Geometrie- und Steifigkeitsverhältnissen überprüft.Dies mit dem Ziel, ein möglichstbreit anwendbares Rechenmodellzu erhalten. Mittels FEM wurdeschliesslich auch die Möglichkeitder Ausweitung auf andere als zylin-drische Laufmantelprofile unter-sucht.

ErgebnisseDie wichtigsten Erkenntnisse aus denUntersuchungen sind:

1. Die Verschiebung der Rollen-achse lässt sich mit einer Formel be-schreiben, die in Anbetracht derVielfalt an Parametern vergleichs-weise einfach ist und mit den Wer-ten aus Messung und FEM-Analysesehr gut korreliert (Abb. 5). Siedrückt die Tatsache aus, dass zwi-schen den Achsverschiebungen ei-ner reinen 1K-Laufmantelrolle undder hier untersuchten 2K-Rolle eindirekter Zusammenhang besteht.

FORSCHUNG

Abb. 4: Verformungs-messungen mittels Videoextensometrievon Zwick GmbH & Co.KG, D-Ulm.

FORSCHUNG

2. Die Achsverschiebung einer2K-Laufmantelrolle setzt sich ausder Abplattung der entsprechenden1K-Rolle und einem Beitrag zusam-men, der den Einfluss des weichenRadkörpers erfasst.

3. Die Formel für die Achsver-schiebung kann so umgeformt wer-den, dass sie auch für 2K-Laufrollenmit dachartigem oder mit balligemProfil verwendbar ist.

4. Für den maximalen Kontakt-druck und die maximale Vergleichs-spannung im steifen Laufmantelkönnen mit guter Genauigkeit dieFormeln aus der Hertzschen Theoriebeigezogen werden.

5. Die maximale Vergleichsspan-nung im weichen Radkörper tritt imLochleibungsbereich zwischen Na-be und Radkörper auf. Sie ist mass-gebend vom Rollendurchmesserund dem Verhältnis der Elastizitäts-moduln abhängig.

6. Die maximalen Dehnungentreten im weichen Radkörper auf,sind aber von unkritischer Grösse,und zwar für vernetzte und unver-netzte Elastomere.

7. Abweichungen von der einge-setzten Poissonzahl �1 = 0,35 desLaufmantels sind von vernachlässig-bar geringem Einfluss.

8. Die Resultate bestätigen dieTatsache, dass der neuartige Rollen-aufbau zu einem vergleichsweiseweichen Verformungsverhalten beigleichzeitig sehr geringem Roll-widerstand führt.

Die nachstehenden Berech-nungsformeln gelten in den Berei-chen 0,4 ≤ dG /dR ≤ 0,8; 0,2 ≤ dN /dR ≤0,6; 0,25 ≤ dN /dG ≤ 0,83 bzw. 0,17 ≤ (1 – dN /dG) ≤ 0,75; 0,15 ≤ l /dR ≤ 0,6; 1,0≤ E1/E2 ≤ 200.

■ Achsverschiebung für zylindrische LaufmantelprofileDie Verschiebung der Rollenachse, bei1K-Rollen als Abplattung bezeichnet,unter der radialen Last F kann für zy-lindrische Laufmantelprofile anhandder Beziehung

berechnet werden, worin

die Abplattung der entsprechenden1K-Rolle bedeutet [6]. Mit (1) und (2)werden die Resultate aller untersuch-ten zylindrischen 2K-Rollen mit einerStandardabweichung von 14,2% er-fasst. In (2) ist

der Vergleichs-Elastizitätsmodul fürden Kontakt zwischen Kunststoff-Laufmantel (E1: Kriechmodul des Laufmantels in Abhängigkeit der sta-tischen Belastungsdauer) und Lauf-bahn bzw. Unterlage (EL: Elastizitäts-modul der Laufbahn).

■ Achsverschiebung für andereLaufmantelprofileUnter der Voraussetzung einer relativhohen Steifigkeit der Unterlage gilt EC << EL, und damit folgt aus (3) EV ≈ 2 · E1. Zwecks Separation der Verfor-mungsanteile von Laufmantel undRadkörper lässt sich dann Beziehung(1) umformen zu

Darin ist der erste Summand wK die lokale Verformung des Laufmantelsin der Kontaktzone. Der zweite Sum-mand erfasst den weichen Radkörper

mit seinem Verformungsbeitrag, dermit E1 = E2 verschwindet. Beziehung(4) ist zugleich auch eine Verallgemei-nerung von (1) für andere als rein zy-lindrische Laufmantelprofile. Da dieAbplattung kompakter Laufmantel-rollen zur Hauptsache von der loka-len Verformung in der Kontaktzonebestimmt wird, kann bei solchen fürwK in guter Näherung die jeweils gel-tende Abplattungsformel eingesetztwerden, so namentlich für zylindri-sche Laufmantelrollen mit partiellerAbstützung [7] sowie für Rollen mitdachartigem [8] oder mit balligem [9]Profil. Die Resultate aller untersuch-ten Varianten weisen je nach Profilund Abmessungsverhältnissen mit (4)

Standardabweichungen von 6,5 bismaximal 11,7% auf. Dies darf für diePraxis als gut brauchbar bezeichnetwerden.

Abb. 5: Achsverschiebungverschiedener Rollen (dR = 100 mm, l = 30 mm)unter Belastung im Vergleich von Messung,FEM-Analyse und Berechnungsformel [2].A:dG = 60 mm, dN = 40 mm.B: dG = 80 mm, dN = 40 mm.C: dG = 80 mm, dN = 60 mm.

DankDie vorliegende Arbeit entstand

im Rahmen des Forschungspro-

jekts «Grundlagen für die Aus-

legung von Kunststoffkonstruk-

tionen». Für dessen Förderung

danken die Verfasser dem For-

schungsfonds der HSR Hoch-

schule für Technik Rapperswil

und der Gebert Rüf Stiftung,

Basel. Der Kundert AG, Jona, sei

für die kostenlose Bereitstellung

der 2K-Rollen gedankt.

(1)

(2)

(3)

(4)

■ Maximaler Kontaktdruck und VergleichsspannungenDer maximale Kontaktdruck im zylin-drischen Laufmantel kann mit der be-kannten Formel aus der HertzschenTheorie [4, 5] berechnet werden, diezugleich auch der maximalen Ver-gleichsspannung nach der Gestaltän-derungsenergiehypothese (GEH, vonMises) entspricht gemäss

(5)

Für andere als zylindrische Laufman-telprofile sind die jeweils geltendenBeziehungen zu verwenden, wobei zu beachten ist, dass der maximaleKontaktdruck und die maximale Vergleichsspannung unterschiedlichgross sind.Im weichen Radkörper tritt die maxi-male Vergleichsspannung im Lochlei-bungsbereich zwischen Nabe undRadkörper auf, hängt aber nicht ent-scheidend vom Nabendurchmesserab, sondern vom Rollendurchmesserund dem Verhältnis der Elastizitäts-moduln, nach der GEH in der Form

(6)

■ Maximale DehnungenDie grössten positiven Dehnungen,die für die Abgrenzung gegenüberdem Versagenskriterium Rissbildungmassgebend sind, treten im weichenRadkörper auf, und zwar infolge dervergleichsweise grossen Schubverfor-mung des weichen Radkörpers an derGrenzfläche zwischen den beidenstoffschlüssig verbundenen Kompo-nenten (Abb. 6). Ihre Grössenordnungvon rund 1 bis 2% ist aber angesichtsder hohen schädigungsfreien Ver-formbarkeit von vernetzten und un-vernetzten Elastomeren absolut un-kritisch. Im Laufmantel gelten für dieDehnungen im Wesentlichen die Be-ziehungen, wie sie früher für kom-pakte Laufmantelrollen entwickeltworden sind.

■ RollwiderstandObwohl die Bestimmung des Roll-widerstands nicht Gegenstand derUntersuchung war, wurde in einerFEM-Studie mit viskoelastischemWerkstoffgesetz der Rollwiderstandeiner 2K-Rolle mit steifem Laufmantelund weichem Radkörper demjenigenvon je einer kompakten Rolle aus stei-fem und aus weichem Kunststoff,aber mit sonst gleichen Abmessungengegenübergestellt. Dabei zeigte sich,dass die 2K-Rolle einen nur unwesent-lich grösseren Rollwiderstand auf-weist als die kompakte Rolle hoherSteifigkeit, und dies trotz vergleichs-weise weichem und damit abstands-tolerantem Verformungsverhalten(Abb. 7). Dies bestätigt grundsätzlichdie Vorstellung, dass der Rollwider-stand zur Hauptsache von der lokalen

Verformung im Laufmantel abhängt.Genauere Angaben zur Bestimmungdes Rollwiderstands bedürfen einerspezifischen Untersuchung mit Ein-bezug praktischer Versuche.

Interessante PerspektivenDie dargelegten Gedanken stellen dieneuartig aufgebaute 2K-Rolle mit ih-rer günstigen Eigenschaftskombina-tion – weiches Verformungsverhal-ten, geringer Rollwiderstand – vor. Sieist damit ein ebenso einfaches wieüberzeugendes Beispiel für die inte-ressanten Perspektiven, die sich mitAnwendung der 2K-Technik als Kons-truktionsprinzip bieten. Für die Aus-legung solcher Rollen wird eine kon-taktmechanische Beziehung präsen-tiert, die von der zylindrischen Lauf-mantelgeometrie ausgeht, sich aberin guter Näherung für die Erfassungvon Anfasungen und partielle Abstüt-zungen sowie auf dachartige und bal-lige Profile verallgemeinern lässt. Die-se Erkenntnisse zu nutzen, ist die Her-ausforderung von Konstruktionspra-xis und Verarbeitungstechnik.

FORSCHUNG

Abb.6: Typisches FEM-Verformungsbild einer Rollenhälfte mitgrosser achsialer Querdehnung im weichen Radkörper (linkssei-tig; rechts liegt die unverformte Symmetrieebene).

Abb.7: Abplattung bzw. Achsverschiebung und Rollwiderstandder 2K-Rolle im Vergleich zur Massivrolle mit steifem (POM)bzw. weichem (TPU) Radkörper [2].

(5)

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Literatur[1] Ehrig, F., Henne, M., Kunz, J.: Wenn ungleiche Partner sich binden. Plastverar-beiter 57(2006)12, S. 62–63.[2] Kunz, J., Studer, M.: ForschungsprojektAuslegung von Kunststoff-Laufrollen. Diverse interne, unveröffentlichte Doku-mente. HSR Hochschule für Technik Rapperswil, 2006/07.[3] Föllmi, M.: Untersuchung des Kontakt-verhaltens von Kunststofflaufrollen inZwei-Komponenten-Technik. StudienarbeitHSR Hochschule für Technik Rapperswil,2004.[4] Grothe, K.-H., Feldhusen, J. (Hrsg.): Dubbel – Taschenbuch für den Maschinen-bau. Springer Verlag Berlin, 21. Aufl., 2005.[5] Czichos, H., Hennecke, M. (Hrsg.): Hütte – Das Ingenieurwissen. Springer Verlag Berlin, 32. Aufl., 2004.[6] Kunz, J.: Kontaktmechanik zylindrischerKunststoff-Laufmantelrollen. Kunststoffe-Synthetics 52(2005)6, S. 19–22.[7] Kunz, J., Studer, M.: Zylindrische Lauf-mantelrolle mit partieller Abstützung.Kunststoffe-Synthetics 53(2006)1, S. 18–21.[8] Kunz, J., Holzinger, M.: Kunststoffrol-len mit dachartigem Laufmantelprofil.Kunststoffe-Synthetics 53(2006)11, S. 24–27.[9] Kunz, J., Bürzle, W., Studer, M.: Kontakt-mechanik balliger Kunststoff-Laufmantel-rollen. SwissPlastics 29(2007)6, S. 31–34.

Separatdruck aus SwissPlastics 3/2008, S. 17–20 Vogt-Schild Medien AG, CH-4501 Solothurn