neurologiebeispiel-1
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Studentische Epikrise
Patient N., Geburtsjahr 1936Station N340aUntersucht am 1.1.2001Erstellt am 3.1.2001Von Frank Lust, 03641 654321, [email protected] Dr. Immer Da, 03641 9323499, [email protected]
KurzzusammenfassungHerr N. ist ein 65-jähriger praktizierender Rechtsanwalt, der sich wegen fluktuierender Sehstörungen vor dem rechten Auge und Kopfschmerzen zur weiteren Diagnostik vorstellt.
Aktuelle KrankheitsgeschichteAm 25.12.2000 setzte erstmals aus völliger Gesundheit heraus und ohne Auslöser innerhalb von Sekunden ein „Flimmern vor den Augen“ ein, das auch „wie ein Schleier“ empfunden wurde und das rechte Gesichtsfeld betraf. Die Sehstörungen hielten in fluktuierendem Maße über Tage an, störten den Patienten aber nicht beim Autofahren u.ä., bis sie dann nach etwa einer Woche nicht mehr bemerkt wurden. Begleitend werden ziehende, links nuchal betonte Kopfschmerzen mit Ausstrahlung bis in beide Augen bis 4/10 (visuelle Analogskala) berichtet, die allerdings mit ASS gut beherrschbar waren.Weitere neurologische Ausfälle sind nicht aufgefallen. Etwaige Trigger wie Stress (bis auf Weihnachtsfest), aktuelle Krankheiten etc. werden verneint. Der Patient beklagt seit Monaten morgendliche Schulterschmerzen mit Druckempfindlichkeit. Die aktuellen Beschwerden führten den Patienten über den Hausarzt zum Augenarzt, der den Patienten notfallmäßig zur stationären Aufnahme in der Neurologie einwies.Seit Aufnahme wird der Patient unter dem Verdacht auf Riesenzellarteriitis mit Prednisolon 100 mg p.o. behandelt, worunter er eine deutliche Besserung der Kopfschmerzen verspürt; Schulterschmerzen und Druckempfindlichkeit der Muskulatur treten nicht mehr auf.
VorerkrankungenAktiv
Arterielle Hypertension Stadium II seit mehreren Jahren, mit Lorzaar, Metoprolol und Hydrochlorothiazid seit 3 Jahren unverändert therapiert.
Linksherzinsuffizienz NYHA IIa seit > 3a, mit HCTZ, Metoprolol behandelt.
? benigne Prostata-Hyperplasie, derzeit in urologischer Abklärung.
Früher OPs: Appendektomie 1965 Cholezystekomie 1978 @ Jena. Als Kind ? rheumatisches Fieber mit Angina und
Gelenkbeschwerden.
Früher häufiger „Migräne“ (am ehesten Spannungskopfschmerz: ziehende bitemporale stressabhängige Kopfschmerzen)
MedikationLorzaar 1-0-0Disalunil 25 1-0-0Metoprolol 47,5 1-0-1ASS 500 b.B., seit Jahren nicht mehr, aktuell häufigGinseng (seit 4 Jahren, selbstbezahlt)Vitamin C Tabletten
AllergienParacetamol Ausschlag.
Systemüberblick Herzinsuffizienzzeichen: vereinzelt Ödeme, 1 Kissen Orthopnoe,
Gehstrecke 300m oder 1 Stockwerk Atemnot, Nykturie x 2, nächtliche Dyspnoe nie.
In den letzten Jahren häufig Gelenkschmerzen an der Hüfte. Früher häufiger Spannungskopfschmerz Aspirin b.B. Chronische Verstopfung Brille: nah und fern. Hörstörungen rechts > links seit vielen Jahren. Gewicht 110 kg, Größe 178cm Alltagstätigkeiten: keine wesentliche Einschränkung, bis auf
Gehstrecke 300m.
Sozialanamnese Praktizierender Rechtsanwalt, eigene Praxis Verheiratet, lebt mit Ehefrau, 2 Kinder (erwachsen) Rauchte bis vor 4a zirka 1 Schachtel/d für 25 a = 25 py Trinkt regelmäßig ~1 Glas Rotwein, mehrmals pro Woche bis zu 1
Flasche Rotwein Keine Drogen. Kein berufliche Toxin-Exposition. Fernreisen: Ägypten 2000, Malaysien 1998 Haustiere: Hund seit > 6a Sexualanamnese: monogam seit > 25a
FamilienanamneseVater: 67 Myokardinfarkt, Stroke, HypertensionMutter: 76 Herzinsuffizienz, HypertensionGroßeltern: nicht bekannt, ? Krieg2 Geschwister: Bruder gesund, Schwester Myokardinfarkt2 Kinder: gesundKeine rheumatologischen Erkrankungen, keine Migräne.
Körperliche Untersuchung
Allgemein
Herr N. wirkt agil und erwartungsvoll. Trotz Adipositas ist er in seiner Beweglichkeit nicht wesentlich eingeschränkt, jedoch etwas kurzatmig, was vor allem bei längeren Sätzen und nach leichterer Belastung auffällt. Er ist bei normalem Kräfte- und gutem Allgemeinzustand.
Vitalparameter
RR 130/70 (links), f 78/min, AF 18/min, SaO2: nicht vorh., Temp 36.7° (nach Kurve)
Haut
Leichte faziale Teleangiektasien, senile Angiome am Körper. Keine zervikale, axilläre oder inguinale Lymphadenopathie.
Kopf/Hals
Augen nicht gerötet. Konjunktiven frei. Zahnstatus saniert, Teilprothese. Keine Schleimhautveränderungen. Tonsillen narbig verändert. Schilddrüse leicht vergrößert ohne Knoten tastbar. Nasennebenhöhlen nicht klopfschmerzhaft.A. temporalis rechts leicht knotig tastbar, links nicht tastbar.
Herz
Jugularvenendruck ~12 cm H2O. Herzspitzenstoß im 5. ICR, etwas verbreitert, hebend. Herz perkutorisch vergrößert. Auskultatorisch: betonter S2, S3 vorhanden, leises fauchendes 2/6-Systolikum rechts parasternal ICR 2 mit Ausstrahlung in Carotiden rechts > links.
Kreislauf
A. tibialis post. rechts < links tastbar, sonst alle Pulse tastbar. Keine Extremitätenödeme.
Lunge
Perkutorisch etwas hypersonorer Klopfschall, verminderte Atemverschieblichkeit (4 cm) bei tiefstehenden Lungengrenzen. Auskultatorisch vereinzelt basale feinblasige RGs, weghustbar, nach Anstrengung leichtes exspiratorisches Giemen.
Abdomen
CHE-Narbe rechts subcostal, AE-Narbe rechts inguinal. Nicht gebläht, druckschmerzfrei. Rege Peristaltik über allen 4 Quadranten, keine Pulsationsgeräusche. Leber perkutorisch ~11 cm in MCL, Milz nicht tastbar.
Neurologisch allgemein
Keine wesentliche Beeinträchtigung der ADLs festzustellen. Kann sich eigenständig aus dem Bett aufsetzen und ohne Hilfsmittel laufen, schreiben, mit Brille lesen, mit beiden Händen und Besteck essen. Er bewegt sich im Zimmer und auf dem Gang ohne Hilfsmittel und findet sich komplikationslos auf der Station zurecht. Kein Meningismus, kein Kalottenklopfschmerz, NAP frei. Lasègue, Kernig, Brudzinski negativ.
Hirnnerven
I nicht getestet – anamnest. kein Hinweis auf Störung des Geruchssinns
II Visus nach Snellen-Chart: korrigiert, 20/20. Gesichtsfelder fingerperimetrisch unauffälligPupillen isokor 3 mm, mit prompter direkter und indirekter LichtreaktionSwinging-flashlight-Test: Kein Anhalt für RAPDFundus: Hypertensive Retinopathie I°, keine Papillenveränderungen.
III,IV,VI Blickfolge leicht sakkadiert. Keine Okulomotorikstörung. Kein Nystagmus. Keine Diplopie.
V Sensibel intakt für Oberflächensensibilität, Schmerz.Motorisch intakt
VII Symmetrisch, kein Anhalt für Geschmacksstörung, Tränenflussstörung
VIII Flüstern rechts < links verstanden. Weber ohne Lateralisation. Rinne bds. Luftleitung > Knochenleitung.
IX/X Würgereflex bei der Untersuchung vergessen, Gaumenbögen symmetrisch, Hustenreflex intakt
XI Kopfwendung 5/5 bds.Schulterhebung 5/5
XII Symmetrisch. Keine Faszikulationen.
Stand/Gang
Herr N. läuft sicher und ohne Fallneigung, allerdings etwas breitbasig und schwerfällig. Er kann problemlos auf Zehen und Hacken laufen. Im Tandemgang wirkt er etwas unbeholfen, jedoch nicht unbedingt über das für sein Alter und seine Korpulenz zu erwartende Maß hinausgehend, insbesondere ohne veritable Fallneigung. Bei geschlossenen Augen ist der Gang nicht merklich unsicherer, der Romberg-Test ist negativ. 1-Bein-Hüpfen ist rechts schlechter als links – der Patient äußert hier Hüftschmerzen als Erklärung.
Motorik
Arm- und Beinhalteversuch ohne Gegensteuern, Pronation.Die orientierende Kraftprüfung ergibt allseits 5/5 bis auf die Hüftflexion rechts, die 4+/5 erreicht, bei schmerzbedingt reduzierter Kraftentwicklung.Tonus seitengleich normal. Keine Atrophien. Keine zusätzlichen Bewegungen, insbesondere kein Tremor.
Sensibilität
Distale Pallhypästhesie 4/8 bimalleolär, 6/8 Tuberositas tibiae, 7/8 sonst. Propriozeption UE < OE, jedoch ohne Seitenunterschiede.Oberflächensensibilität unbeeinträchtigt.Thermästhesie/Algesie: intakt, symmetrisch.2-Punkt-Diskrimination und Graphästhesie nicht getestet.
Feinmotorik/Koordination
Feinmotorik OE altersgerecht, UE reduziert. Finger-Nase-Finger-, Finger-Folge-Versuch gut. Knie-Hacke-Versuch bds. leicht ataktisch. Keine Rumpfataxie, sitzstabil.
Reflexe
Mittellebhaft, seitengleich, keine ASR auslösbar, trotz Bahnung. Kein Babinski.
Sprache
Keine Dysarthrie. Keine Aphasie.
Mentaler Status
Mini mental status test: 28/30 (immediate recall 1, serial-seven 1).Kein Anhalt für kognitive Beeinträchtigung, Denkstörungen, Antriebsstörungen. Psychomotorisch eher unruhig, etwas fahrig. Stimmung adäquat leicht verängstigt, gut moduliert. Kein Anhalt für Suizidalität.
Bisherige Diagnostik Routinelabordiagnostik bei Aufnahme: CRP erhöht mit 56, BSG
80 mm/h. Leberwerte leicht erhöht mit ALT 1,2, AST 0,9, GGT 2,3. MCV diskret erhöht mit 94 fl. Ansonsten unauffälliges Routinelabor.
CCT bei Aufnahme: Innere und äußere Liquorräume erweitert. Keine ICB. Keine frischen Infarktzeichen.
Dopplersonographie: Arteriosklerose. Keine hämodynamisch relevanten Stenosen. Kein sicherer Anhalt für entzündliche Veränderungen der A. temporalis bei Kaliberschwankungen rechts > links.
Röntgen Thorax in 2 Ebenen: Vergrößerte ICR und tiefstehende Lungengrenzen → V.a. COPD. Keine Infiltrate, kein Erguss. Linksventrikulär betont vergrößerter Herzschatten.
Bisherige spezifische TherapieSeit Aufnahme 100 mg Prednisolon p.o.
Einschätzung65-jähriger Rechtsanwalt mit bekannter Hypertension, Linksherzinsuffizienz, der sich wegen Sehstörungen rechts und Kopfschmerzen zur weiteren Diagnostik vorstellt.
Die Befunde sind sehr gut vereinbar mit der bereits geäußerten Verdachtsdiagnose einer Arteriitis temporalis – von den 5 ACR-Kriterien sind 4 erfüllt:
Alter > 50 Neue Kopfschmerzen Auffälligkeiten der A. temporalis Erhöhte BSG
Zur Bestätigung der Verdachtsdiagnose steht noch eine Temporalarterienbiopsie aus, die bereits gebahnt wurde. Da schon bei Verdacht zu behandeln ist, erhält der Patient 100 mg Prednisolon p.o. Die gute Wirkung liefert einen weiteren Hinweis auf die Richtigkeit der Hypothese.
Differentialdiagnose. Neben der Verdachtsdiagnose könnten die aktuellen Beschwerden (Kopfschmerzen und fluktuierende Visusminderungen) auch durch folgende Erkrankungen erklärt werden:
Entzündlicho Arteriitis temporalis
Pro: hohe Entzündungswerte, Tastbefund. Contra: Spontane Regredienz der Beschwerden. Diagnostik: BiopsieTherapie: Cortison, auch vor Biopsie möglich
o Andere Vaskulitideno Meningitis/Enzephalitis:
Pro: langer VerlaufContra: kein MeningismusDiagnostik: LP
o Entzündliche Begleitreaktion bei viraler ErkrankungPro: CRP / BSGContra: Kein sonstiger Anhalt für Infekt
o Lokalinfektion Nasennebenhöhlen/AugenPro: LokalisationContra: Augenärztliche US unauffällig, kein auffälliger HNO-Befund.
Vaskuläro ICB ausgeschlossen durch CCTo SAB möglich LP
Idiopathischo Migräne mit visueller Aura
Pro: Kopfschmerz nach visuellem Phänomen, Reaktion auf ASSContra: Langer Verlauf, keine Migräne-Anamnese, keine FA
o Spannungskopfschmerzo Pseudotumor cerebri
Pro: AdipositasContra: Visusminderung nicht typisch – nur Vergrößerung des blinden Flecks. Fundus zeigt kein Papillenödem.Diagnostik: Druckmessung bei LP
o Clusterkopfschmerz:Contra: Alter, keine Lokalsymptome.
Neoplastischo Kein sicherer TU-Ausschluss durch CCT cMRT erwägen
Spezifische Diagnostik
Lumbalpunktion Aufklärung geben Ggf. cMRT Ggf. Temporalarterienbiopsie, kann auch trotz Cortisongabe
gemacht werden
Spezifische Therapie
Cortison weiter 100 mg Prednisolon / d zur Verhinderung eines Visusverlustes bei V.a. Arteriitis temporalis
ASS 1000 mg b.B.: KopfschmerzenBei Arteriitis temporalis ist auch eine spezifische Wirkung von ASS auf den Verlauf der Erkrankung vermutet worden – daher könnte erwogen werden, das Medikament fest anzusetzen.
Weitere Einschätzung und Plan nach Organsystemen
Herz-Kreislauf*
o Arterielle Hypertonie Stadium II, mögliche Entgleisung unter Cortison-TherapieDiagnostik: RR-Tagesprofil Therapie: Fortführung HCTZ, Metoprolol, Lorzaar
o Linksherzinsuffizienz NYHA IIa, jetzt gut kompensiertDiagnostik: Röntgen-Thorax als Ausgangsbefund vorhanden, TTE ergänzen, um Ätiologie herauszubekommen (Klappenfehler? – Strömungsgeräusch!)Therapie: Fortführung HCTZ, Metoprolol, AT1-Antagonist
o Vitien: Siehe Herzinsuffizienz. o KHK: nicht bekannt, jedoch positive Familienanamnese und
Risikofaktoren (Hypertonie, Adipositas, Z.n. Nikotinabusus). Daher elementare Diagnostik (EKG, Troponin) stationär ergänzen und weitere Abklärung in die Hand des Hausarztes. Eine prophylaktische Gabe von ASS 100 mg wäre aus Sicht der KHK allein nicht notwendig, kann aber wegen der Arteriitis temporalis zusätzlich gegeben werden.
o Arrhythmie: anamnestisch und im EKG nicht vorhanden Pulmo*
o Klinisch V.a. Emphysem/COPD, aktuell nicht exazerbiert, jedoch mit BelastungsdyspnoeDiagnostik: Röntgen-Thorax , FEV1Therapie: noch keine, ggf. Empfehlung an HA zur weiteren Diagnostik
Gastrointestinal*
o Bei chronischer Verstopfung sorgfältige Stuhlüberwachung, ab 3. Tag Lactulose
Renal*: Krea, HST i.O. kein Anhalt für Niereninsuffizenz
Endo*
o Befürchte Glukoseanstieg unter CortisontherapieDiagnostik: BZ-TagesprofilTherapie: Insulin-Gleitschema
o Schilddrüse leicht vergrößert TSH abnehmen. Infektion*: Erhöhte Entzündungsparameter am ehesten durch
Arteriitis erklärt. DD elementares Infektscreening: Röntgen Thorax schon erfolgt, Urin-Sediment noch wegschicken. Ausschluss chronisch entzündliche ZNS-Erkrankung durch LP.
Elyte*: i.O. Uro: BPH ohne spezifische Therapie. Ortho: V.a. Coxarthrose – ambulante Diagnostik über HA HNO: Erwäge HNO-Konsil z.A. NNH-Affektion Ernährung*: Cholesterinarme Vollkost. Flüssigkeit*: Oral. Zugänge*: iv-Zugang aktuell nicht mehr erforderlich. Kein DK. Prophylaxe*: Unter Cortisontherapie mglw. erhöhte
Thromboseneigung, Pt. jedoch mobil, daher nur Thrombosestrümpfe, keine medikamentöse Thromboseprophylaxe.
Reanimation*: Keine Einschränkung. Pt. will über Vorsorgevollmacht nachdenken.
Schmerzen*: Unter Kontrolle. Kontakte*:
o Angehörige: Ehefrau (Tel. 345234) wird vom Pt. informierto Hausarzt (Dr. E. Gall, Dornburger Str. 23, 07740 Jena,
34523) ist noch zu kontaktieren, um Vorbefunde einzuholeno Augenarzt (Name? → in Visite erfragen) wegen Vorbefund
kontaktieren Disposition*: Weiter stationär zur Diagnostik bis inkl.
Temporalarterienbiopsie, dann Entlassung mit Cortison ohne Rehabilitation. Weitere ambulante Betreuung durch unsere Poliklinik und/oder niedergelassenen Neurologen.
Felix Joachimski, 3.1.2008
Hier noch ein paar Tips für das Schreiben der Epikrise: Es gibt keine ideale Epikrise; finden Sie einen Stil, der den
Patienten besonders gut beschreibt und der Ihnen gefällt. Versuchen Sie nicht, Ihren Patienten in ein Schema zu pressen,
wenn er nicht hineinpasst. Im Zweifel schreiben Sie lieber einen ausführlichen Satz als ein Stichwort.
Verrenken Sie sich nicht unnötig: Sie müssen sich in der Anamnese nicht „dumm stellen“, als ob Sie nicht wüssten, was der Patient nachher hatte. Es geht darum, diejenigen Informationen zu bringen, die den weiteren Gedankenablauf in der Differentialdiagnose und Therapie ermöglichen.
In der Einschätzung sollten Sie die medizinische Kernfrage diskutieren, die bei Ihrem Patienten besteht. Ein paar Beispiele:
o Wenn bei einem Patienten ein Hirninfarkt anhand des MRTs bewiesen wurde, dann hat dieser Patient einen Hirninfarkt und Sie müssen in der DD nicht mehr über Hirnblutungen
und Tumoren nachdenken. Viel wichtiger ist es in diesem Fall, die Ätiologie zu klären – hier hilft vielleicht die Aufstellung der Schlaganfall-Ursachen in der NePs-Bibliothek Neurologie. Stellen Sie eine vorläufige Verdachtsätiologie fest (z.B. cardioembolisch) und legen Sie anhand dessen eine vorläufige Therapie fest. Diskutieren Sie, was an Diagnostik noch erforderlich ist und wie sich das auswirken wird. Diskutieren Sie, welcher Therapie der Pt. bedarf noch bedarf (z.B. Logopädie, Ergotherapie, Physiotherapie, Sozialdienst, Rehabilitation, Heimunterbringung).
o Wenn ein Patient eine langjährige MS hat und jetzt etwa wegen einer vorübergehenden Verschlechterung stationär aufgenommen wurde, sind typische Fragen:
Stimmt die Diagnose? Welche Kriterien wurden angewendet, welche paraklinischen Untersuchungen gemacht?
Welche Verlaufsform hat der Patient? Handelt es sich wirklich um einen Schub oder nur
um eine Verschlechterung der vorbestehenden Symptomatik?
Welche Therapie ist für den vermeintlichen Schub erforderlich? Was kann man machen, wenn dies noch nicht erreicht, um die Symptome zurück zu drängen?
Welche Immunmodulation ist bei diesem Pt. sinnvoll – muss man vielleicht umstellen?
Wenn Sie nicht wissen, ob etwas wichtig ist oder nicht, dann schreiben Sie es lieber auf.
Nehmen Sie sich die Zeit, das Geschriebene zu überdenken: Ist die Behandlung des Patienten überhaupt richtig? Kann ich alle Symptome, die er berichtet, pathophysiologisch erklären?
Bedenken Sie in Ihrer Epikrise, dass Ihr Patient komplexer ist als seine Krankheiten. Versuchen Sie dem gerecht zu werden, in dem Sie auch die sozialen und psychischen Aspekte beleuchten.
Versuchen Sie, die Einschätzung nach Organsystemen dazu zu verwenden, um die Nebendiagnosen des Pt. kennen zu lernen. Wenn Ihr Patient eine Herzinsuffizienz hat, überlegen Sie sich, ob es sich um eine Links-, Rechts- oder Globalinsuffizienz handelt, Vorwärts- oder Rückwärtsversagen, welches Stadium, welcher Grade, welche Ätiologie …
Nehmen Sie sich Zeit. Beraten Sie sich mit Ihren Kommilitonen. Stellen Sie im Zweifel Fragen im Forum, wenn Ihnen etwas unklar ist.
Wenn Sie nicht sicher sind, ob man verstehen kann, was Sie schreiben, formulieren Sie es ausführlicher. Im Zweifel ist ein prosaischer Text informationsreicher als eine Stichwortliste.
Viel Spaß bei Ihrer EpikriseWünscht das NePs-Team