next - Willkommen bei PwC Deutschland · Das Prinzip Verantwortung 4 next: Geld allein macht nicht...

44
next: Das Magazin für Vorausdenker www.pwc.de September 2012 Altruismus Weshalb immer mehr Unternehmer ihr Geld stiften Protektionismus Warum die Welt ins handelspolitische Klein-Klein zurückfällt Antagonismus Wie die Chinesen die europäischen Windradbauer unter Druck setzen Corporate Social Responsibility macht auch betriebswirtschaftlich Sinn. Denn nachhaltig geführte Unternehmen sind oft sehr viel erfolreicher als andere Das Prinzip Verantwortung

Transcript of next - Willkommen bei PwC Deutschland · Das Prinzip Verantwortung 4 next: Geld allein macht nicht...

Mut zur Wahrheit BayWa-Chef Klaus Lutz zum Welt- ernährungsproblem

Mut zur KlarheitWarum sich gutes Deutsch für Verwaltun-gen und Unternehmen lohnt

Mut zur Nachhaltigkeit Die Ostseepipeline setzt neue Maßstäbe für künftige Großprojekte

next:Das Magazin für Vorausdenker

Juli 2011

www.pwc.de

next:Das Magazin für Vorausdenker

www.pwc.de

September 2012

Altruismus Weshalb immer mehr Unternehmer ihr Geld stiften

ProtektionismusWarum die Welt inshandelspolitische Klein-Klein zurückfällt

Antagonismus Wie die Chinesen die europäischen Windradbauer unter Druck setzen

Corporate Social Responsibility macht auch betriebswirtschaftlich Sinn. Denn nachhaltig geführte Unternehmen sind oft sehr viel erfolreicher als andere

Das Prinzip Verantwortung

next: Inhalt

3

3

3

2 next:

Titel

Das Prinzip Verantwortung: Immer mehr Unternehmen bekennen sich zu nachhaltigem Wirtschaften – auch, weil die Investoren neben den reinen Finanzdaten mittlerweile sehr genau hinschauen, wie sozial und ökologisch die Unternehmen agieren Seite 4

Das kleine ABC der Nachhaltigkeit: Die wichtigsten Initiativen im Überblick Seite 8

Interview: Michael Werner, Leiter des Bereichs Sustainability bei PwC, über die Verantwortung in der Wertschöpfungskette, die Macht der Kunden – und eine Zahl, nach der alle Experten gerade suchen Seite 10

Märkte

Gegenwind aus Fernost: Wie die chinesischen Windradbauer die europäische Industrie unter Druck setzen Seite 12

Vor geschlossenen Türen: Bald jeden Tag werden irgendwo auf der Welt neue Handelsschranken errichtet. Wie die deutschen Exportunternehmen dem ausufernden Protektionismus mit einer cleveren Zollstrategie Paroli bieten können Seite 16

Trends Seite 21

Lösungen

Eine Frage des Budgets: Wie Manager mit Unschärfen rechnen, die Nachteile strenger Planungsziffern vermeiden und ihre Ziele dabei trotzdem nicht aus den Augen verlieren Seite 22

Der Fluch der Meere: Im Kampf gegen die Piraterie fühlen sich die deutschen Reeder von der Politik weitgehend alleingelassen. Sie greifen deshalb immer häufiger zur Selbsthilfe Seite 26

Trends Seite 31

Wissen

Hey Big Spender: Wenn in Deutschland davon die Rede ist, das Geld gehe stiften, denken alle immer nur an Steuerflucht. Doch das stimmt nicht. Warum immer mehr Unternehmer sich jetzt gemeinnützig engagieren Seite 32

Da ist der Wurm drin: Wenn Hacker wirklich wollen, kommen sie überall rein. Doch die Unternehmen sind an der Cyberkriminalität nicht ganz unschuldig. Allzu oft machen sie es den Ganoven viel zu leicht Seite 36

Trends Seite 41

What’s next: Seite 42

Impressum Seite 43

3

3

next: Editorial

september 2012 3

geht es Ihnen auch so? „Nachhaltigkeit“, „Globalisierung“ oder „Zukunft“ sind häufig nur

noch Schlagworte und schrecken mich vom Lesen ab. Der Grund: Viel Meinung, viel

Oberfläche - und wenig Fakten, die für Unternehmen relevant sind.

Warum wir dem Thema „Nachhaltigkeit“ in dieser Ausgabe von next: sogar den Aufmacher

widmen und uns aus Unternehmenssicht in weiteren Beiträgen mit den Facetten der

„Globalisierung“ und „Zukunft“ beschäftigen, hat konkrete und aktuelle Gründe:

Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an einer Rechtsvorschrift, die Unternehmen

zur Nachhaltigkeits-Berichterstattung und zur Entwicklung einer Nachhaltigkeits-Strategie

verpflichten soll. Fakten und Beispiele hierzu liefern wir Ihnen auf den nächsten Seiten.

Nachdem chinesische Unternehmen viele deutsche Solarenergie-Anbieter deutlich in den

Schatten gestellt haben, droht nun der heimischen Windenergie-Branche Konkurrenz aus Süd Ost.

Die Angst ist greifbar. Doch statt in Schockstarre zu verfallen, bereiten sich die deutschen Firmen

auf den Ansturm aus China vor. Experten sehen vereinzelt sogar Wachstumsmöglichkeiten.

Den „ungezügelten Welthandel“, wie vor allem Globalisierungsgegner gerne den Außenhandel

beschreiben, gibt es heute wahrscheinlich weniger denn je: Immer mehr Auflagen erschweren den

Weg in ausländische Absatzmärkte. Wollen deutsche Unternehmen ihre Produkte nach

Argentinien, Russland oder China exportieren, müssen sie im Gegenzug immer häufiger heimische

Produkte wie Reis, Leder oder Wein kaufen - und entwickeln daher intelligente Strategien, damit

diese modernen Handelsbarrieren nicht zur Stolperfalle werden.

Trotz bewaffneter Schutzeinsätze der EU-Operation „Atalanta“ kämpfen Schiffsreeder noch immer

mit den Folgen der Piraterie: An Bord immer häufiger mit eigenen Sicherheitsdiensten, am Schreib-

tisch mit immer weiter steigenden Kosten. Eine Entwicklung, die nicht nur deutschen Reedern

Sorge bereitet.

Sorgen ganz anderer Art haben Firmen, die ihre Budgetziele nicht erreichen. Die Planung der

Zukunft hat ihre Tücken. Haben Sie es schon einmal ohne starre Budgetpläne versucht? Die

Svenska Handelsbanken, die finanzstärkste Großbank Europas, tut es schon seit Jahren. Mehr

über den ‚Beyond-Budgeting‘-Gedanken auf den kommenden Seiten.

Der Ausblick wie immer am Ende des Hefts: Immer mehr Geld investieren Unternehmen

in die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Gemeinsam mit dem renommierten HWWI

beleuchten wir, welche Rolle die private Wirtschaft in punkto Bildung übernommen hat und wie

die Schwerpunkte der Schul- und Hochschulausbildung künftig aussehen könnten.

Ich wünsche Ihnen eine anregende und informative Lektüre.

Norbert Winkeljohann, Vorstandssprecher von PwC

Liebe Leserinnen und Leser,

next: Titel

Wenn sich Unternehmer und Manager für die Belange von Umwelt und Gesellschaft einsetzen, reden sie auch gerne darüber. Bislang allerdings aus freien Stücken. Doch jetzt will die EU-Kommission die Berichterstattung über nachhaltiges Wirtschaften zur Pflicht machen. Ein Experiment mit fragwürdigem AusgangVon Stefan Schmortte

Das Prinzip Verantwortung

4 next:

Geld allein macht nicht glücklich – auch nicht einen Mann wie VW-Chef Martin Winterkorn. „Für ein Un-ternehmen wie Volkswagen reicht es nicht, gute Autos zu bauen und wirtschaftlich erfolgreich zu sein“, sagt er auf der Hauptversammlung, gleich nachdem er sei-ne Aktionäre über die neusten Erfolgszahlen zu Um-satz und Ergebnis informiert hat. „Damit Wirtschaft funktioniert, braucht es verantwortliches Handeln.“

So weit, so gut – und vor allen Dingen so freiwillig. Wenn sich Deutschlands Unternehmen heute zu nachhaltigem Wirtschaften bekennen, ihre CO2-Emis-sionen über die gesetzlichen Anforderungen hinaus reduzieren, Bildungsprojekte in Schwellen- und Ent-wicklungsländern unterstützen oder ihre Mitarbeiter für soziales Engagement freistellen, dann geschieht das in der Regel aus eigenem Antrieb. Niemand hat sie dazu verpflichtet, geschweige denn gezwungen, über solche Aktivitäten auch regelmäßig zu berichten.Das jedoch könnte sich bald ändern. Nachdem die EU-Kommission im Oktober vorigen Jahres eine neue Strategie „für die soziale Verantwortung der Unter-nehmen“ vorgestellt hat – neudeutsch Corporate Social Responsibility (CSR) genannt –, arbeiten die Politiker in Brüssel jetzt an einer Rechtsvorschrift, nach der den Unternehmen künftig vorgeschrieben wäre, die Öffentlichkeit über alles zu informieren, was „Auswirkungen auf die Gesellschaft hat“. Ein kategorischer Imperativ des „Tue Gutes und rede darüber“ sozusagen. Zwar erkennt die EU-Kommission positiv an, dass mittlerweile schon 850 Unternehmen ihre Nachhaltig-keitsberichte nach den Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI) veröffentlichen, aber das reicht den Abgeordneten in Brüssel nicht. Ihre Forderung: Bis 2014 sollen sich alle Großunternehmen auf eine CSR-Strategie verpflichten. Und die Mitgliedsstaaten, quasi als Sanktionsmechanismus, bei der öffentlichen Auf-tragsvergabe verstärkt darauf achten, dass nur solche Unternehmen zum Zug kommen, die sich sozial und ökologisch vorbildlich verhalten.„Das ist ein massiver Eingriff in die unternehmerische Gestaltungsfreiheit“, sagt Christoph Sprich, Nachhal-tigkeitsexperte beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). „Statt das freiwillige Engagement der Unternehmen weiter zu fördern, setzt die Kommission jetzt auf bürokratische Vorgaben und Verpflichtungen.“ Dabei sei die Aufgabe eines jeden Unternehmens doch nicht die „Erfüllung politisch erwünschter Ziele“, sondern in erster Linie „die langfristige Sicherung der eigenen Wirtschaftlichkeit“. Genau genommen geht es beim Thema Nachhaltigkeit also um sehr grundsätzliche Fragen der Unterneh-mensführung. Reicht es aus, wenn ein Betrieb

Politik

NGOs

KundenMitarbeiter

Aktionäre

4000

6000

5000

3000

1000

2000

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Neue WachstumsstoryAnzahl der Nachhaltigkeitsberichte, die weltweit jedes Jahr veröffentlicht werden

Umwelt- undKlimaschutz

Ziele derNachhaltigkeit

Anforderungen an die Unternehmen

SozialesEngagement

Spende,Corporate Volunteering

Mittel- und langfristigeZielorientierung für wirtschaftliches Wachstum

Nachhaltige Produktion,

Energieeffizienz,CO2-Reduktion

Arbeitsbedingungen,faire Löhne,Förderung vonHumankapital

Arbeitsbedingungen, Umweltschutz,Image der Produkte

Rentables Wirtschaften,langfristiger Erfolg

Umweltschutz,Klimaschutz,Arbeitsbedingungen

Umweltschutz,Verpflichtung zu CSR,Datenschutz,gesellschaftlichesEngagement

Wirt-schaftlicheNachhaltigkeit§

Wenn sich Unternehmer und Manager für die Belange von Umwelt und Gesellschaft einsetzen, reden sie auch gerne darüber. Bislang allerdings aus freien Stücken. Doch jetzt will die EU-Kommission die Berichterstattung über nachhaltiges Wirtschaften zur Pflicht machen. Ein Experiment mit fragwürdigem AusgangVon Stefan Schmortte

Das Prinzip Verantwortung

september 2012 5september 2012 5

Politik

NGOs

KundenMitarbeiter

Aktionäre

4000

6000

5000

3000

1000

2000

1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Neue WachstumsstoryAnzahl der Nachhaltigkeitsberichte, die weltweit jedes Jahr veröffentlicht werden

Umwelt- undKlimaschutz

Ziele derNachhaltigkeit

Anforderungen an die Unternehmen

SozialesEngagement

Spende,Corporate Volunteering

Mittel- und langfristigeZielorientierung für wirtschaftliches Wachstum

Nachhaltige Produktion,

Energieeffizienz,CO2-Reduktion

Arbeitsbedingungen,faire Löhne,Förderung vonHumankapital

Arbeitsbedingungen, Umweltschutz,Image der Produkte

Rentables Wirtschaften,langfristiger Erfolg

Umweltschutz,Klimaschutz,Arbeitsbedingungen

Umweltschutz,Verpflichtung zu CSR,Datenschutz,gesellschaftlichesEngagement

Wirt-schaftlicheNachhaltigkeit

next: Titel

profitabel wirtschaftet, Arbeitsplätze sichert und seine Investoren mit einer ordentlichen Rendite belohnt? Oder müssen die Manager heute auch den Klimaschutz vorantreiben, die Artenvielfalt sichern, auf die Einhaltung der Menschenrechte drängen, Diversität in ihren Beschäftigungsverhältnissen garantieren und sich als „gute Bürger“ der Zivilgesell-schaft profilieren?

„Der alte Shareholder-Value-Ansatz hat ausgedient“, sagt Josef Wieland, Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung in Konstanz. „Bei CSR geht es nicht um Gutmenschentum. Es geht darum, wie man sicherstellen kann, dass man sein Geschäft auch morgen noch ausüben kann. Deshalb müssen bei jeder Entscheidung die Ansprüche aller Stakeholder Berücksichtigung finden. Nicht nur die Interessen der Anteilseigner, sondern auch die von Mitarbeitern, Lieferanten und Kunden.“Unternehmer wie Claus Hipp, Eigner des gleichnami-gen Babykost-Herstellers, haben diesen Ansatz bereits verfolgt, lange bevor die Vokabel CSR überhaupt exis-tierte. „Dafür stehe ich mit meinem Namen“, machte er schon vor zwanzig Jahren Werbung für sein auf Nach-haltigkeit getrimmtes Unternehmen. Damals stand er damit ziemlich alleine da, heute hingegen will jeder ein bisschen „hipp“ sein. Die großen Dax-Konzerne von Adidas bis VW sowieso, aber auch Mittelständler wie etwa die Apetito-Gruppe im nordrhein-westfäli-schen Rheine. Als erstes deutsches Unternehmen der Lebensmittelindustrie ist der Tiefkühlkost-Hersteller (8.700 Mitarbeiter, Umsatz 2011: 690 Millionen Euro) 2010 dem Ethikstandard „Gobal Compact“ der Verein-ten Nationen beigetreten. „Freiwillig“, wie Vorstands-chef Andres Ruff betont. „Wir halten nichts davon, wenn das Thema Nachhaltigkeit jetzt reglementiert werden soll.“

Auch ohne Zwang bewegt sich in der Wirtschaft schon ziemlich viel in die gewünschte Richtung. Zum Beispiel bei Puma: Als weltweit erster Konzern bilanziert der Sportartikel-Hersteller in Euro und Cent, wie stark seine Produktion Luft und Wasser belasten. Und nicht nur das. Auf dem Umweltgipfel in Rio de Janeiro kündigte der Verwaltungsratsvor-sitzende Joachim Zeitz kürzlich an, er wolle nicht ausschließen, dass Puma bei der Herstellung von Sportschuhen aus Umweltschutzgründen künftig vollkommen auf Leder verzichten könnte, weil die Rinderzucht die CO2-Bilanz weltweit mit am stärks-ten belastet.

Das findet prinzipiell jeder lobenswert, doch machen solche Aktivitäten auch betriebswirtschaftlich Sinn? Dankt es der Kunde, wenn Fußbälle nicht von Kinderhänden zusammengenäht werden? Oder Unternehmen wie BMW, E.ON und Linde weltweit Bildungs- und Sozialkampagnen unterstützen? Wie jede andere Investition müssen sich schließlich auch die Ausgaben für CSR unterm Strich rechnen. Der Konflikt ist den Unternehmenslenkern sehr wohl bewusst. Eine Umfrage des Deutschen Aktien-instituts unter 714 börsennotierten Gesellschaften ergab: Die Anforderungen der Nachhaltigkeit stehen häufig in Widerspruch mit kurzfristigen finanziellen Zielen. „Die Kunst liegt darin, beide Anforderungen in Balance zu bringen“, sagt Rüdiger von Rosen, Ge-schäftsführer des DAI. „Das Management der nach-haltigen Unternehmensentwicklung ist deshalb auch ein innovatives Management von Zielkonflikten.“ Selbst wenn der Kunde die Anstrengungen der Unternehmen nicht immer sofort honoriert – etwa, indem er auch höhere Preise für ökologisch kor-rekte Produktionsverfahren akzeptiert –, kann der Verzicht darauf ziemlich teuer werden. „Gewisse

6 next:

rund 3 Mio.Klein- und

Mittelstands-unternehmen

Nur 2.500europäische

Unternehmen veröffentlichten

2011 Nachhaltig-keitsberichte,

bei etwa

42.000Großunternehmen,die in der EUoperieren,

Die Vorreiter

Quelle:EU-Kommission

und

Supermacht USAAus welchen Ländern die meisten Nachhaltigkeitsberichte stammen, 2011, Angaben in Prozent

USA Großbritannien Deutschland Brasilien Kanada

Quelle: CR Reporting Awards ’12

ItalienAustralienFrankreich

4 %

Japan Spanien

4 %4 %4 %4 %5 %6 %7 %10 %12 %

Mindest erwartungen muss heute jedes Unternehmen erfüllen. Die Gefahr, wegen Umweltsünden oder der Missachtung von Menschenrechten auf Facebook & Co. an den sozialen Pranger gestellt zu werden, ist viel zu groß“, sagt Franz-Rudolf Esch, Professor für Marketing an der Justus-Liebig-Universität Gießen und Direktor des Instituts für Marken- und Kommuni-kationsforschung. „Außerdem können CSR-Maßnah-men, wenn sie zur Marke passen und die zentralen Produktversprechen erfüllt sind, einen zusätzlichen Impuls bei der Kaufentscheidung liefern.“Vorausgesetzt, das nach außen demonstrierte En-gagement ist in sich stimmig. Der Return on Social Investment stellt sich nicht automatisch ein, nur weil ein Unternehmen die Katastrophenhilfe sponsert oder den Kindergarten um die Ecke fördert. „Einfach nur zu spenden, bringt wenig“, sagt Hendrik Fink, PwC-Experte für Corporate Citizenship. Nur 39 Prozent der deutschen Großunternehmen, so eine aktuelle PwC-Umfrage zum Thema, verbinden der-zeit klar definierte Ziele mit ihrem gesellschaftlichen Engagement. „Damit verschenken die Unternehmen wertvolle Chancen“, sagt Fink. „Nur wenn die Aktivi-täten sachgerecht gesteuert werden und sich an den Kernkompetenzen des Unternehmens ausrichten, zahlen sich diese Maßnahmen am langen Ende auch aus.“ Im besten Fall sogar auf durchaus vielfältige Weise. „Nachhaltiges Wirtschaften ist eine Investition in die Gesellschaft, deren Rendite sich nicht aus-schließlich in purem Verkaufserfolg messen lässt“, sagt Michael Werner, Leiter des Bereichs Sustain-ability von PwC. Als vertrauensbildende Maßnahme könne CSR darüber hinaus die Mitarbeitermotivation steigern, die Attraktivität der Arbeitgebermarke po-sitiv beeinflussen und nicht zuletzt auch am Kapital-markt überzeugen.

„Wir beobachten seit knapp zwei Jahren, dass insti-tutionelle Investoren immer stärker auf Nachhaltig-keitskriterien achten“, sagt Stefan Löbbert, CSR-Verantwortlicher bei der HypoVereinsbank. „Wer als Großunternehmen in Indizes wie dem Dow Jones Sustainability nicht gut positioniert ist, bekommt auf Dauer ein Problem.“ Den Fondsmanagern gehe es dabei nicht einmal um ethisch korrekte Grundsätze der Geldanlage. Vielmehr sei bei ihnen die Erkennt-nis gewachsen, dass nachhaltig geführte Unterneh-men oft auch nachhaltige Renditen erwirtschaften. „Zumindest sind die Kursausschläge bei ihnen oft nicht so groß, was bei Fondsmanagern ja bekanntlich schnell zum Herzrasen führt“, sagt Löbbert.

Ähnlich wichtig ist die Einhaltung von CSR-Kriterien mittlerweile auch bei der Kreditvergabe. 80 Prozent aller Projektfinanzierungen weltweit laufen heute unter den Standards der „Equator Principles“ – einem freiwilligen Regelwerk der Banken zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards. „Wenn man heute ein Unternehmen finanziert, das gegen bestimmte Tabus verstößt, setzt man seinen eigenen Ruf aufs Spiel“, sagt Löbbert. „Jede große Bank achtet deshalb darauf, ihr Reputationsrisikomanagement stetig weiter zu optimieren.“ Unternehmen, die sich nach-weislich vorbildlich verhalten, hätten es in jedem Fall leichter, sich zu refinanzieren – sei es über Kredite oder den Kapitalmarkt.Kein Wunder deshalb, dass die Investoren mittlerwei-le verstärkt darauf drängen, von den Unternehmen bessere und valide Daten zu ihrem Nachhaltigkeits-management zu erhalten. „Um die Chancen und Ri-siken eines Investments abzuwägen, reicht der Blick auf die Finanzdaten heute einfach nicht mehr aus“, sagt Ralf Frank, Geschäftsführer der Deutschen §

september 2012 7

auf gut

850im Jahr

2011

Die GRI-Anhänger

Die Zahl der europä-ischen Unternehmen,

die ihre Nach-haltigkeitsberichte

an den Grundsätzen der Global Reporting Initiative ausrichten,

stieg von

270im Jahr

2006

Quelle:EU-Kommission,CR Reporting Awards ’12

2 % 21 %

Süd-amerika

4 % 6 % 6 % 3 % 1 %23 % 17 % 20 % 20 % 9 %

Quelle: CR Reporting Awards ’12

Kontrolliert nachhaltig Wie stark die CSR-Berichterstattung der Unternehmen weltweit auf Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit geprüft wird, Angaben in Prozent

geprüft nach AA100 geprüft nicht geprüft

Afrika Asien Australasien EuropaNord-

amerika

next: Titel

Vereinigung für Finanzanalyse und Asset-Manage-ment. „Die Auswirkungen des Kerngeschäfts auf Umwelt und Gesellschaft sind für die Kapitalanleger heute genauso relevant wie die Daten der Finanz-berichterstattung.“An der Systematisierung allerdings hapert es noch gewaltig. Während das Financial Accounting über Jahrzehnte hinweg internationale Standards definiert hat, steht die Nachhaltigkeitsberichterstattung noch relativ am Anfang. Zwar gibt es jede Menge Orien-tierungshilfen für die Unternehmen – vom Global Compact der Vereinten Nationen über die ISO-Norm 26000 bis hin zu den GRI-Richtlinien –, doch bis heute existiert kein verbindliches Rahmenwerk, das konkrete Regeln vorschreibt, welche Informationen die Unternehmen überhaupt liefern sollen. Das liegt in gewisser Weise in der Natur der Sache begründet, denn was im Einzelfall nachhaltiges

Wirtschaften bedeutet, kann von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich sein. „Dass Microsoft oder SAP kein relevantes CO2-Problem haben, dürfte jedem klar sein“, sagt Frank. „Das sind Unternehmen, die unter dem Aspekt der Nachhaltig-keit besser über ihr Humankapital berichten sollten. Also etwa darüber, wie sie versuchen, den Intellekt in ihren Unternehmen zu halten.“

Selbst gesamtgesellschaftlich fehlt es bislang an einer Formel, die wirtschaftliche Prosperität unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit betrachtet. „Das Brutto-inlandsprodukt ist heute kein sinnvoller Maßstab für Wachstum mehr“, sagt Franz Ehrnsperger, Inhaber der Ökobrauerei Lammsbräu im oberpfälzischen Neumarkt. „Wir messen noch immer alles in Geld-einheiten. Damit werden die Freizeit- und Wohlfühl-gewinne doch gar nicht erfasst. Wir brauchen eine

8 next:

Anders als bei Rechnungslegungsstandards wie

den IFRS, in denen verbindlich geregelt ist, wie

ein Unternehmen bilanziert, steht die Stan-

dardisierung der CSR-Berichterstattung noch

relativ am Anfang. Die wichtigsten Initiativen:

Deutscher Nachhaltigkeitskodex DNK

Nach einem zweijährigen

Dialog mit Wirtschaft,

Wissenschaft und Zivilge-

sellschaft wurde der Kodex

im Oktober 2011 beschlossen. Bislang

haben 16 Unternehmen sogenannte Ent-

sprechungserklärungen unterschrieben

(Stand: Juli 2012). Abgefragt werden

20 Kriterien – etwa zur Frage der Einhal-

tung grundlegender Arbeitnehmerrechte

über die gesamte Wertschöpfungskette

hinweg. Die Bundesregierung hat ange-

kündigt, dass sie Unternehmen, an denen

der Staat Anteile hält, empfehlen will, den

DNK ebenfalls anzuwenden.

Global Compact

Der globale Pakt der

Vereinten Nationen wurde

1999 vorgestellt, um die

Globalisierung sozialer

und ökologischer zu gestalten. Unterneh-

men, die den Global Compact unterschrei-

ben, bekennen sich zu insgesamt zehn

Grundsätzen, in denen sie zum Beispiel

garantieren, dass sie an der Abschaffung

der Kinderarbeit mitwirken und Initia-

tiven zur Förderung des Umweltbewusst-

seins ergreifen.

Global Reporting Initiative

Bei der Initiative handelt

es sich um einen kontinu-

ierlichen internationalen

Stakeholder-Dialog, der

eine Vielzahl von Anspruchsgruppen ein-

bezieht – neben den Unternehmen etwa

Menschenrechts-, Umwelt- und Arbeitsor-

ganisationen. Die aktuelle GRI-Richtlinie

„G3“ wurde im Oktober 2006 vorgestellt

und umfasst gut 120 Indikatoren, die die

Unternehmensleistung und auch die Form

des Berichts selbst beschreiben.

ISO-Norm 26000

Diese Norm ist kein

zertifizierbares Manage-

mentsystem, sondern ein

Leitfaden, an dem sich

Organisationen jeglicher Art orientie-

ren sollen, damit sie als gesellschaftlich

verantwortlich angesehen werden können.

Der Leitfaden, an dem Regierungen, Unter-

nehmen und NGOs mitgearbeitet haben,

wurde im November 2010 veröffentlicht.

OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen

Die Leitsätze beschreiben,

was von Unternehmen bei

ihren globalen Aktivitäten

im Umgang mit Gewerk-

schaften, beim Umweltschutz oder der

Wahrung von Verbraucherinteressen

erwartet wird. Alle Vertragsstaaten haben

nationale Kontaktstellen eingerichtet, an

die Verstöße gemeldet werden können.

Standard AccountAbility (AA 1000)

Dahinter verbirgt sich ein

weltweit gültiges Regel-

werk für die Prüfung von

Nachhaltigkeitsmanage-

ment und -reporting. Eine Prüfung nach

AA 1000 bescheinigt die Zuverlässigkeit

von CSR-Berichten und erhöht so die

Glaubwürdigkeit gegenüber den Stake-

holdern.

Das kleine ABC der Nachhaltigkeit

neue Kennziffer für Wachstum, wenn wir unsere Lebensgrundlagen nicht selbst zerstören wollen.“ Bereits seit 20 Jahren berichtet Ehrnsperger regelmä-ßig über die Nachhaltigkeit in seinem Betrieb – und das überaus erfolgreich. Im Ranking des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) belegt seine Brauerei aktuell Platz 1 für den besten CSR-Bericht eines Unternehmens mit weniger als 250 Beschäf-tigten. Von einer verpflichtenden Berichterstattung, wie sie die EU–Kommission nun anstrebt, hält er trotzdem nichts. „Zwang führt in der Regel nur zu Vermeidungsstrategien“, sagt er. Viel besser sei es, Unternehmen zu belohnen, wenn sie sich stärker für Umweltbelange einsetzen – etwa, indem sie bei der öffentlichen Auftragsvergabe bevorzugt würden.

Das allerdings setzt noch mehr Transparenz und Vergleichbarkeit voraus. Der Rat für Nachhaltige Entwicklung hat im Herbst vorigen Jahres deshalb einen neuen Kodex verabschiedet, der nach insge-samt 20 Kriterien prüft, wie sozial und ökologisch ein Betrieb in der Praxis wirtschaftet. 16 Unternehmen haben bereits sogenannte Entsprechungserklärungen dazu unterschrieben, darunter auch der Energiekon-zern RWE. „Jetzt wäre es wünschenswert zu sehen, dass diese Informationen vom Kapitalmarkt bei In-vestmententscheidungen aufgegriffen werden“, sagt Peter Terium, seit Juli neuer Vorstandschef in Essen. Ausgeschlossen ist das nicht. Denn CSR überzeugt oft auch an der Börse. Das zumindest legt eine neue Studie der Ratingagentur oekom nahe. Insgesamt 300 vergleichsweise nachhaltig geführte Großunter-nehmen weltweit wurden über einen Zeitraum von sieben Jahren mit der Performance des MSCI World Index verglichen. Ergebnis: Unternehmen mit einer ausgefeilten CSR-Strategie bringen dem Anleger im Schnitt eine um 15 Prozent höhere Rendite als konventionell geführte Betriebe. „Eine strenge Kausa-

lität“, schränkt oekom-Direktor Rolf Häßler ein, „ist das nicht. Wir können nicht mit Sicherheit nachwei-sen, ob diese Unternehmen trotz oder gerade wegen ihrer CSR-Strategie erfolgreicher sind als andere.“Noch steht der Beweis dafür aus. Noch suchen die Wirtschaftswissenschaftler nach einer Kennziffer, die genau diesen Zusammenhang beweisen soll. „Solan-ge wir dieses Problem noch nicht befriedigend gelöst haben, ist es für mich aber eine plausible Forschungs-hypothese, anzunehmen, dass Unternehmen, die sich sozial und ökologisch vorbildlich verhalten, am Markt langfristig auch die erfolgreicheren Akteure sind“, sagt CSR-Experte Wieland.

Das zeigt sich momentan vielleicht nirgends deutli-cher als auf dem hart umkämpften Drogeriemarkt. Während Anton Schlecker mit seinem Imperium gerade ruhmlos unterging, steht dm-Gründer Götz Werner nun als Gewinner da. Jahrzehntelang haben die beiden um die Gunst der Kunden gekämpft – allerdings mit sehr unterschiedlichen Konzepten: Anton Schlecker sah sich stets mit Vorwürfen des Lohn-Dumpings und der Mitarbeiterbespitzelung konfrontiert, während Götz Werner mit seiner Idee des bedingungslosen Grundeinkommens in zahllosen Talkshows auftrat und sich bereits sehr früh zu den Werten der Nachhaltigkeit bekannte.Auch das ist kein harter Beweis dafür, dass sich ge-sellschaftliches Engagement am Ende auszahlt, aber vielleicht ein erster Hinweis. Frei nach dem Motto: Das Gute siegt am Ende eben doch.www.pwc.de/nachhaltigkeit

september 2012 9 §

gegen-über2006

ein Plus von gut

1.900EU-Unternehmen

haben sich 2011 zur Einhaltung der zehnCSR-Grundsätze des Global Compact der

Vereinten Nationenverpflichtet ...

Die Global-Compact-Anhänger

300 %Quelle:

EU-Kommission

Brasilien

50 %

Japan

12 %

Großbritannien

12 %

Deutschland

17 %

Dänemark

19 %

Südafrika

51 %

Spanien

59 %

Portugal

62 %

Global auf PortugiesischLänder, in denen die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) die größte und die geringste Berücksichtigung finden, Angaben in Prozent für die Jahre 2006 bis 2011 im Verhältnis zur absoluten Anzahl der Berichte

Quelle: CR Reporting Awards ’12

nicht nachGRI-Standard

nach GRI-Standard

Anzahl Berichte

Geringste BerücksichtigungGrößte Berücksichtigung

40003000

20001000

500

10 next:

Zwanzig Jahre nachdem sich die internationale Staatengemeinschaft erstmals zu den Zielen der Nachhaltigkeit bekannte, ist in Rio de Janeiro gerade die Nachfolgekonferenz zu Ende gegangen. Sind die Unternehmen grüner, verantwortlicher und auch sozialer als damals?Das glaube ich schon. Nur gibt es dabei leider ein Problem: Wir haben in allen Bereichen ein so im-menses Wachstum, etwa bei der Bevölkerung und beim Ressourcenverbrauch, dass unsere relativen Effizienzgewinne vom absoluten Wachstum immer wieder aufgezehrt werden. Wir müssen noch dra-matisch besser werden, um die Herausforderungen zu meistern.

Wie wichtig ist den Investoren die Erfüllung von Nachhaltigkeitskriterien?In Deutschland baut sich das gerade erst auf. Aber in anderen Ländern wie Norwegen, den Nieder-landen oder auch in Großbritannien schauen die Investoren schon sehr genau hin. Das hat auch damit zu tun, dass diese Länder sehr stark mit kapitalbasierten Alterssicherungssystemen arbei-ten. Die Fondsmanager sind also gezwungen, bei ihren Investments einen langen Anlagehorizont zu berücksichtigen.

Heißt das, nachhaltig geführte Unternehmen schneiden auf Dauer ertragsmäßig besser ab als konventionell geführte Betriebe?Alle suchen momentan nach einer mathematischen Beziehung, die genau diesen Zusammenhang be-weisen soll. Noch hat niemand diese Zahl gefunden. Aber es gibt viele Indikationen, die nahelegen, dass sich Nachhaltigkeit auch betriebswirtschaftlich po-sitiv auswirkt. Etwa, weil ein Unternehmen, das sich intensiv mit den großen Trends auseinandersetzt, auch die Risiken seines Geschäfts sehr viel besser berücksichtigt und von Krisen deshalb weniger hart getroffen wird.

Was zeichnet ein gutes CSR-Management aus?Das Allerwichtigste ist Wesentlichkeit. Wenn Puma heute einen Nachhaltigkeitsbericht herausbrächte, der nur beschreiben würde, was in der Konzernzen-trale Stand der Dinge ist, wäre das ein sehr dünner

Bericht. Schließlich wird die gesamte Produktion von Zulieferern erledigt. Das heißt: Wesentlich wird die Berichterstattung bei Puma erst dadurch, dass das Unternehmen seine gesamte Lieferkette unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit betrachtet.

Ganz ehrlich, ist es für ein Unternehmen über-haupt zu leisten, alles zu kontrollieren, was irgendwo auf der Welt passiert?Hundertprozentig kann niemand etwas garantieren. Aber ein Unternehmen kann Strukturen und Prozes-se aufsetzen, die zeigen, dass es bereit ist, Verant-wortung zu übernehmen. Also beispielsweise dafür zu sorgen, dass es keine Kinderarbeit duldet. Dieser Anspruch wird im Übrigen auch einen Verände-rungsprozess in jenen Ländern einleiten, an die wir jetzt gerade denken. Letztlich müssen die Kunden entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgeben.

Die scheint es aber nicht zu stören, wenn sie beispielsweise erfahren, dass ihre iPhones unter fragwürdigen Bedingungen in China zusammen-geschraubt werden.Stimmt. Aber unabhängig von diesem Beispiel: Un-ternehmen können eine Zeit lang gegen soziale oder ökologische Anforderungen verstoßen, ohne dass sie deshalb abgestraft werden. Aber es gibt einen Zeitpunkt, wo diese Entwicklung kippt. Irgendwann hilft dann weder das coole Design noch der niedrige Preis. Das Markenimage ist bei schlechtem Verhal-ten immer in Gefahr.

Muss die Berichterstattung über Nachhaltigkeit so selbstverständlich werden wie die Finanzbericht-erstattung?Das wäre wünschenswert. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass wir beim Financial Accounting auf mehr als 100 Jahre Erfahrung zurückblicken. Da ha-ben wir uns auf eine Handvoll Kennzahlen geeinigt, um die wirtschaftliche Situation adäquat zu be-schreiben. Was die Entwicklung von Standards bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung betrifft, stehen wir dagegen noch relativ am Anfang. Ein paar Jahre wird dieser Prozess ganz sicher noch dauern, aber es ist klar, dass wir keine 100 Jahre mehr warten können, bis wir so weit sind.

next: Titel

„Die Unternehmen erwarten klare Rahmenbedingungen“Nachhaltigkeit ist heute kein Nice-to-have mehr: Michael Werner, Leiter des Bereichs Sustainability bei PwC, über die Verantwortung in der Wertschöpfungskette, die Macht der Kunden – und eine Zahl, die alle Experten gerade suchenVon Stefan Schmortte

Im Vorfeld des Rio-Gipfels „plus 20“ haben Sie gut 140 Konzernlenker nach ihren Erwartungen gefragt. Was waren die wichtigsten Ergebnisse?71 Prozent der CEOs haben uns bestätigt, dass sie bereit sind, verstärkt in grünes Wirtschaften zu investieren. Allerdings haben bis jetzt erst weniger als die Hälfte der Unternehmen ihre Anstrengungen auch tatsächlich intensiviert. Die Unternehmen erwarten, dass die Staaten national verbindliche Rahmenbedingungen schaffen.

Das hört sich ja fast wie ein Ruf nach Regulierung an.Man darf nicht unterschätzen, dass die Unterneh-men für ihre Investitionsentscheidungen stabile politische Rahmenbedingungen brauchen. Wir reden hier von Zeithorizonten von 30, in Einzelfäl-len sogar von 40 Jahren. Nehmen Sie die deutsche Energiewende: Erst wird der Ausstieg beschlossen, dann der Ausstieg vom Ausstieg und am Ende wie-der der Ausstieg. Wenn die Unternehmen nicht wis-sen, wo die Politiker eigentlich hin wollen, stellen sie ihre Investitionen erst einmal zurück. Oder sie investieren gleich in Regionen, wo die Rahmenbe-dingungen sehr viel klarer sind. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin ganz bestimmt kein Anhänger von Planwirtschaft, aber in China beispielsweise sind die politischen Rahmenbedingungen momen-tan klarer als hierzulande.www.pwc.de/rio20

Die Erfüllung von Nachhaltigkeits-kriterien, sagt PwC-Experte Michael Werner, wird für die Investoren immer wichtiger. Kein Unternehmen kann es sich deshalb leisten, darauf zu verzichten.

september 2012 11

next: Märkte

Steife Brise aus FernostWindradbauer aus China drängen mit Macht auf den Weltmarkt. Schon fürchten Beobachter, den hiesigen Herstellern könne nun ein ähnlich desaströser Niedergang wie den Anbietern von Fotovoltaik-anlagen drohen. Doch diesmal dürfte es die Konkurrenz aus dem Reich der Mitte schwerer haben Von Ralph Diermann

12 next:

Windige ZeitenDie Entwicklung der weltweit installierten Windenergie-Leistung in Megawatt

Quelle: Bundesverband Windenergie

2000 20112001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 20100

50.000

100.000

150.000

200.000

250.000

Neben diesem Riesenrad sehen konventionelle Windkraftanlagen aus wie Kinderspielzeuge: Die Flügel erreichen eine Spannweite von jeweils 125 Metern – das ist länger als ein Fußballfeld. Fast dreihundert Meter ragen die „Upwind“-Rotoren in die Höhe. Damit erzeugt eine Zwanzig-Megawatt-Anlage Strom für 30.000 Haushalte. Zwar existiert das XXL-Windrad bislang nur als Entwurf. Doch dem

Giganten gehört die Zukunft. „Obwohl noch einiges an Forschung nötig ist, werden wir innerhalb der nächsten zehn Jahre Zwanzig-Megawatt-Anlagen im Einsatz sehen“, sagt Projektleiter Jos Beurskens vom Energy Research Centre of the Netherlands – einem der europäischen Forschungsinstitute und Unter-nehmen, die für das „Upwind“-Projekt ihre Kräfte gebündelt haben.Mit Ingenieurskunst und Innovationskraft dominier-te die europäische Windindustrie über viele Jahre den Weltmarkt. Doch jetzt bläst den Anbietern der Wind mächtig ins Gesicht, trotz solch ambitionierter Großprojekte. Chinesische Konzerne bedrohen die Vormachtstellung der Anlagenbauer aus Deutschland, Dänemark und Spanien. Mit Sinovel und Goldwind be-legen schon zwei Anbieter aus Fernost die Plätze zwei und drei unter den Top Ten der Branche. Noch vor fünf Jahren war kein einziger Anbieter aus China in diesem Ranking vertreten. „Die chinesischen Windenergie-Unternehmen haben sich ganz auf ihren Heimatmarkt konzentriert“, sagt Norbert Schwieters, Energy Leader Germany bei PwC. Das erklärt ihren Erfolg. Denn kein anderes Land in-vestiert so massiv in die Windenergie wie China. Allein im Vorjahr gingen dort Anlagen mit einer Leistung von 18 Gigawatt ans Netz. In Deutschland, Großbritannien und Spanien, den drei wichtigsten Märkten in Europa, waren es nur vier Gigawatt. Alleiniger Profiteur des China-Booms sind die Hersteller aus Fernost, die auf ihrem Heimatmarkt einen Marktanteil von gut 90 Prozent erzielen. §

Das Lächeln der Konkurrenz: Chi-nesische Konzer-ne bedrohen die Vormachtstellung der europäischen Windradbauer. Kein Land weltweit investiert derzeit so stark in die Alternativenergie.

september 2012 13

Doch die Heimat reicht der neuen Ökostrom-Super-macht jetzt nicht mehr. Goldwind baut gerade für zweihundert Millionen Dollar einen riesigen Windpark in den USA. Und Sinovel verzeichnet erste Aufträge aus Nord- und Osteuropa. Die Asiaten punkten mit niedrigen Preisen. Kostet ein Windrad aus chinesischer Fabrikation heute rund 400 Euro pro Kilowatt, müssen Investoren für westliche Produkte etwa das Doppelte zahlen.Dabei sind die Preise der europäischen Anbieter in den vergangenen drei Jahren bereits um fast 25 Prozent gefallen, ohne dass die Fertigungskosten im gleichen Maße sanken. Zudem wächst die Branche gerade deutlich langsamer als in den Jahren zuvor – allen Bekenntnissen zum raschen Ausbau der erneuerbaren Energien zum Trotz. Der Investitionsstau, ausgelöst durch die Finanzkrise, löst sich nun zwar langsam auf. Doch wegen der langen Projektvorlaufzeiten dürfte sich das in den Bilanzen der Hersteller erst in den nächsten Jahren positiv niederschlagen. Einige Anbie-ter, darunter Marktführer Vestas, haben im vorigen

next: Märkte

Geschäftsjahr rote Zahlen geschrieben. Andere, wie das Hamburger Unternehmen Powerwind oder der Zulieferer Siag Schaaf aus Rheinland-Pfalz, mussten sogar Insolvenz anmelden.Droht der heimischen Windindustrie also das gleiche Schicksal wie den Herstellern von Fotovoltaikanla-gen? Werden die Newcomer aus China nach Q-Cells oder Solon nun auch die Rotoren-Hersteller in die Pleite treiben? Schwieters warnt vor Panikmache. „Die westlichen Anbieter werden sicher noch einige Zeit vom Qualitätsvorsprung profitieren, den sie sich in all den Jahren erarbeitet haben“, sagt er. Bei den qualitätsbewussten Kunden in Europa und Amerika dürften sich die chinesischen Hersteller des-halb auf absehbare Zeit schwertun. Dazu kommt der aufwendige Transport der Anlagen. „Anders als Fo-tovoltaikmodule kann man Windräder nicht einfach in Container packen und verschiffen. Die logistischen Anforderungen sind deutlich höher. Die Kostenvorteile der chinesischen Produktion werden dadurch zum Teil aufgezehrt“, sagt der PwC-Experte. Darüber hinaus investiert die heimische Industrie ge-rade kräftig in Forschung und Entwicklung, um ihren Technologievorsprung zu wahren. Im Schatten spek-takulärer Leuchtturmprojekte wie „Upwind“ arbeiten die Hersteller mit Hochdruck daran, die Effizienz ihrer Windräder zu steigern. Besonders bei den Anla-gen auf hoher See erzielen sie schon große Fortschrit-te. Liegt die Spitzenleistung der Offshore-Rotoren heute noch bei fünf Megawatt, hat Vestas bereits ein Sieben-Megawatt-Windrad im Programm. Und auch die Zuverlässigkeit der Anlagen nimmt stetig zu, etwa durch neue Getriebekonzepte. Das schützt sie besser vor den rauen Bedingungen auf hoher See. „Auf dem Offshore-Markt sind Innovation, Zuverlässigkeit und Systemdenken äußerst wichtig“, sagt Andreas Reuter, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES). „Deshalb ist der Ein-tritt für die Chinesen hier auch viel schwerer.“

Auch an Land wollen die europäischen Anbieter die asiatische Konkurrenz mit Innovationen auf Abstand halten, etwa, indem sie ihre Anlagen besser in die bestehende Energielandschaft integrieren. Denn der Ertrag der Windräder variiert je nach Wetter-lage: Bei Sturm fluten gewaltige Mengen Strom in die Netze, bei Flaute fehlt die Energie. Deshalb verlangen Staaten wie Deutschland, Spanien, Großbritannien oder Irland von den Anlagenbetreibern, sogenannte Systemdienstleistungen zu erbringen. Dazu gehört zum Beispiel, dass sich die Windräder bei Störungen im Netz nicht automatisch abschalten oder dass sie kurzzeitige Schwankungen bei der Netzfrequenz und -spannung ausgleichen. „Das sind einige der Aufga-ben, bei denen die deutsche Windindustrie ihre Stärke ausspielt. Die Branche nutzt dieses Know-how, um

Erst Sonne, jetzt Wind: Nachdem chinesische Hersteller mit Niedrigstpreisen die westliche Fotovoltaikbranche aufgemischt haben, nehmen sie jetzt den Windenergie-Markt ins Visier. Doch diesmal dürfte es für die Konkurrenz aus Fernost schwerer werden.

18.000

6.810

3.019

Quelle: Bundesverband Windenergie

Ökostrom-Macht aus FernostDie Top-Fünf-Länder der Windenergie 2011, Neubau in Megawatt

Indien

2.086

Deutschland

1.293

Großbritannien

China

USA

14 next:

sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten“, sagt Johannes Schiel, Referent für Windenergie und Brennstoffzellen beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA). Um den Billigangeboten aus Fernost Paroli bieten zu können, sucht die Branche darüber hinaus nach Möglichkeiten, ihre Kosten noch weiter zu reduzieren. Das Start-up-Unternehmen Timbertower etwa hat eine Holzkonstruktion entwickelt, die die traditionellen Stahltürme ablösen soll. Holz ist günstiger als Stahl, erfordert weniger Wartung und lässt sich zudem güns-tiger transportieren. In Hannover errichtet Timber-tower zurzeit einen hundert Meter hohen hölzernen Prototyp mit einer 1,5-Megawatt-Turbine, die Strom für 2.000 Haushalte erzeugen soll.

Ein weiterer wichtiger Hebel zur Kostensenkung ist die Automatisierung, die in der Branche noch in den Kinderschuhen steckt. Bis heute wird in den Werks-hallen viel per Hand erledigt, etwa beim Lackieren der Rotorblätter. „Hier können die heimischen Hersteller noch stark von den Erfahrungen aus dem Maschinen- und Anlagenbau profitieren“, sagt Schiel. Doch selbst wenn es den chinesischen Windradbauern eines Tages gelingen sollte, den Technologievorsprung der westlichen Hersteller einzuholen, muss das nicht zwangsläufig das Aus für die europäische Industrie bedeuten. „Es ist gut möglich, dass westliche Firmen auf andere Geschäftsmodelle ausweichen – zum Bei-spiel, indem sie sich auf Projektierung, Finanzierung, Planung, Betrieb und Wartung der Anlagen konzent-rieren“, sagt Fraunhofer-Forscher Reuter. „Das sind die Bereiche, in denen sich hohe Margen erzielen lassen. Die Fertigung der Windräder überlassen sie dann den Chinesen, die das günstig in großer Stückzahl über-nehmen können.“ Schon heute beziehen westliche Unternehmen wich-tige Komponenten aus dem Reich der Mitte. Repower zum Beispiel versorgt sich für einen dreistelligen Milli-onenbetrag im Jahr mit Equipment aus China, Nordex kauft Gussteile dort ein. Umgekehrt gehen exportori-entierte chinesische Anlagenbauer dazu über, Bauteile wie Generatoren, Getriebe oder Lager von westlichen Zulieferern wie Siemens, Bosch, Winergy oder SKF zu beziehen. „Die Zweiteilung in westliche und chine-sische Hersteller verschwimmt zusehends, denn die Komponenten werden längst weltweit eingekauft. Das ist schließlich ein Grundprinzip der Globalisierung“, sagt Arndt Krakau, Windenergie-Analyst bei der HSH Nordbank.Aus diesem Grund hält Krakau Einfuhrzölle auf chinesische Windräder auch für unsinnig. Solche Zwangsabgaben haben die USA vor wenigen Wochen eingeführt, um die lokale Windindustrie zu schützen. Ein Fehler, meint der Analyst: Wenn ein Investor auf den Bau eines Wind- oder Solarparks verzichte, weil

Drei Spitzenplätze für China Die zehn größten Windrad-Hersteller der Welt, Marktanteile 2011 in Prozent

Enercon (Deutschland)

Quelle: BTM Consult

Vestas (Dänemark)

Sinovel (China)

Goldwind (China)

Gamesa (Spanien)

MingYang Wind Power (China)

General Electric (USA)

Repower (Deutschland)

Guodian United Power (China)

Siemens (Deutschland)

9,0

8,7

8,0

7,8

12,7

7,6

7,4

6,3

3,6

7,7

die Zölle das Projekt unwirtschaftlich machen, leiden auch diejenigen, die vor Ort damit Geld verdienen könnten – etwa die Spezialisten, die sich um die In-stallation der Anlagen kümmern.„Ich kann mir gut vorstellen, dass wir innerhalb der nächsten ein oder zwei Jahre erleben, dass asiatische Hersteller europäische Konkurrenten übernehmen“, sagt Fraunhofer-Experte Reuter. Goldwind und Sinovel etwa sollen bereits mit Banken beraten haben, wie sich eine Übernahme des Marktführers Vestas finanzieren ließe. Eine Blaupause dafür bietet die Solarindustrie, wo gleich mehrere chinesische Kon-zerne die Misere deutscher Anbieter genutzt haben, um sich bei ihnen einzukaufen oder sie gleich ganz zu übernehmen. Der Zeitpunkt dafür wäre ideal, denn die Börsen-kurse vieler renommierter Hersteller aus Europa sind momentan so niedrig wie seit Jahren nicht mehr. Aber auch das muss nicht das Ende der heimischen Wind-radproduktion bedeuten. Im Gegenteil. Angesichts der hohen Transportkosten wäre es auch für chinesische Konzerne sinnvoll, die Nachfrage aus Europa durch Anlagen zu decken, die vor Ort gefertigt werden. Das zeigt das Beispiel Repower: Die Hamburger Firma wur-de vor einigen Jahren vom indischen Turbinenbauer Suzlon übernommen. Statt die Produktion zu verla-gern, hat der neue Eigentümer die deutschen Stand-orte sogar noch erweitert. So wurde die steife Brise aus Fernost am Ende sogar zum Rückenwind für Repower.www.pwc.de/gruenes-china

september 2012 15

Wir machen den Weg dichtDie Weltpolitik fällt ins handelspolitische Klein-Klein zurück: Bald jeden Tag werden neue Handelsschranken errichtet. Wie deutsche Exportunternehmen die schlimmsten Auswüchse mit einer cleveren Zollstrategie kontern könnenVon Heiner Sieger

next: Märkte

Körner und Kuhhäute – das sind normalerweise nicht die Produkte, mit denen Autohersteller handeln. Doch was ist schon normal in der neuen Welt der Handelsschranken? Um auf dem lukrativen argen-tinischen Markt weiterhin ihre Autos verkaufen zu können, macht BMW neuerdings in Reis und Leder und Porsche in Wein. Andere Unternehmen kaufen Erdnüsse und Granatäpfel auf, um mit den Südame-rikanern im Geschäft zu bleiben. Denn seit Ende ver-gangenen Jahres zwingt das Land seine Lieferanten, argentinische Güter im gleichen Wert auszuführen wie sie Ware ins Land schaffen. So sehen Handels-schranken heute aus.

Und das nicht nur in Argentinien. Zwar geloben die mächtigsten Industrienationen regelmäßig, ihre

Märkte offen zu halten, doch die Wirklichkeit beweist das Gegenteil. Rund um den Globus fällt die Welt-wirtschaft ins handelspolitische Klein-Klein zurück. „Wir machen den Weg dicht“, lautet immer häufiger das Motto auch in Brasilien, Russland, Indien oder China – also ausgerechnet in jenen Regionen der Welt, von denen sich die deutschen Exportunterneh-men die größten Wachstumschancen erhoffen. Teilweise über Nacht errichten die Länder neue Bar-rieren, selbst im freiheitsliebenden Amerika. Wahl-kämpfer Barack Obama bricht dort mit Strafzöllen auf chinesische Solar- und Windkraftanlagen-Importe neue Handelskriege vom Zaun und positioniert sich als Schutzpatron heimischer Arbeitsplätze. „Ich will keine im Ausland hergestellten Windturbinen, Solarmodule oder Batterien. Ich will, dass die bei

16 next:

uns produziert werden“, donnert der US-Präsident. „Durch zahlreiche bürokratische Regelungen werden den Exporteuren Steine in den Weg gelegt“, schimpft Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). „Stän-dig wechselnde Einfuhrvorschriften, umfangreiche Dokumentationspflichten und spezielle Zertifizie-rungsanforderungen behindern die Ausfuhren unse-rer Betriebe. Das kostet Zeit, Geld und Nerven.“Eine aktuelle Studie der EU belegt den Trend zum globalen Mauerbau. Allein zwischen September 2011 und Mai 2012 zogen die 31 beobachteten Länder von Ägypten bis Vietnam jeden zweiten Tag eine neue Schranke hoch. Insgesamt wurden in diesem Zeit-raum 123 neue Handelsbeschränkungen eingeführt – ein Anstieg um 50 Prozent gegenüber der Vorjah-

resperiode von Oktober 2010 bis September 2011. „Argentinien ist mittlerweile überall“, konstatiert Alexander Lau vom Europareferat der IHK München-Oberbayern.Dabei hat in den vergangenen Jahren die Zahl bilateraler Freihandelsabkommen, wie etwa zuletzt zwischen Deutschland und Südkorea, stark zugenom-men. Das lässt die Zölle zwischen einzelnen Ländern zwar sinken. Desto stärker jedoch wuchern seitdem die nichttarifären Handelshemmnisse mit bürokrati-schen Regulierungen und Sondersteuersätzen. „Der Zollabbau hat dazu geführt, dass in vielen Ländern hinter der Grenze wieder neue Hindernisse aufgebaut wurden, denn die Kreativität der Regierungen hat ja nicht abgenommen. Dagegen kann man als Unter-nehmen fast nichts machen. Das ist ein großes §

september 2012 17

next: Märkte

Problem, weil diese nichttarifären Hemmnisse nicht von der WTO sanktioniert werden und daher leichter einzuführen sind“, sagt Sara Borella, Referatsleiterin Handelspolitik des DIHK in Brüssel.

Selbst die Freihandelsabkommen bedeuten zunächst einmal zusätzlichen betrieblichen Aufwand. „Um in den Genuss niedrigerer Präferenzzölle zu kommen, muss ein exportierendes Unternehmen nachweisen, dass es seine Waren auch wirklich zollfrei liefern darf, weil ihr Ursprung überwiegend im Heimatland liegt“, sagt PwC-Zollexperte Michael Schäfer. Ohne tiefgreifend in IT und interne Prozesse einzugreifen, falle dieser Nachweis bei einer zunehmend globalen Arbeitsteilung immer schwerer.

Längst beeinflussen Zölle und nichttarifäre Handels-hemmnisse unternehmensstrategische Entscheidun-gen – mit weitreichenden betriebswirtschaftlichen Folgen. Allerdings will kaum ein Vorstandschef offen darüber lamentieren. „Die betroffenen Unterneh-men wollen es sich offenbar nicht mit den jeweiligen Regierungen verscherzen“, mutmaßt Felix Kuhnert, Head of Automotive Europe bei PwC. „Besonders die exportorientierte Automobilindustrie“, sagt er, „sieht derzeit fast alle Handelshemmnisse gleichzeitig auf sich zukommen.“ So hat etwa BMW Ende Mai seine Pläne für ein neues Werk in Brasilien vorerst einmal gestoppt. Dort wurde von einem Tag auf den ande-ren eine neue Mehrwertsteuer für Luxusfahrzeuge in Höhe von 30 Prozent eingeführt. „Wir bewerten derzeit die veränderte Situation“, gab Vorstandschef Norbert Reithofer leicht genervt zu Protokoll.Vor vergleichbaren Problemen stehen Audi, BMW, Daimler und Porsche auch andernorts. So hat zuletzt Indien über Nacht die Zolltarife für Premiumautos auf 60 Prozent erhöht. Und in Russland gilt seit Kurzem das „Dekret 166“. Wer zollfreie Teile ins Land bringen will, ist nun gezwungen, 60 Prozent Local Content zu nutzen. „Das ist aufgrund der schlechten Zulieferstruktur oft gar nicht möglich“, sagt Kuhnert.Äußerst nachteilig wirkt sich der neue Protektionis-mus auch in der exportstarken Chemieindustrie aus. „Für einige Produkte erhalten wir nicht die erforder-lichen nationalen Zulassungen, etwa im Pharma-bereich. Oft sind die Registrierungsverfahren weder transparent noch zeitnah“, sagt Gangolf Schrimpf, Manager External Corporate Communications beim Pharma- und Chemiekonzern Merck. „In einigen Ländern können wir nicht selbst als Importeur unse-rer Waren auftreten und sind deshalb auf nationale Importeure angewiesen. Diese Vorgehensweise hat natürlich Einfluss auf die Marge und erschwert die

Rechtskonformität.“ Auch wenn die Auswirkungen im Unternehmen insgesamt schwer zu quantifizie-ren und die Exportgeschäfte grundsätzlich positiv zu bewerten seien, liegen die Nachteile klar auf der Hand. „Verursacht durch die Handelsbarrieren stei-gen die Kosten für die administrative Abwicklung bei Merck kontinuierlich. In einigen Ländern stagnieren die Umsätze, in anderen Ländern können wir die vereinbarten Lieferzeiten wegen der administrativen Hürden nicht einhalten“, sagt Schrimpf.

Leidtragende der ausufernden Barrierenflut sind nicht nur die Konzerne. Auch der Mittelstand ist betroffen. „Viele Unternehmen befinden sich in einer Zwickmühle“, sagt Marc Tenbieg, Vorstand beim Deutschen Mittelstands-Bund. „Einerseits spüren die Unternehmen den Zwang, sich international aufzu-stellen. Andererseits sind sie mit immer schwerer zu kalkulierenden Risiken konfrontiert, etwa bei Verflechtungen wie Joint Ventures, beim Einkauf von

534

400

305

Quelle: EU-Kommission

Die Schrankender WeltAnzahl der nicht-tarifären Handels-hemmnisse

Oktober 2010

200

Oktober 2009

802008

April 2012

September 2011

18 next:

Rohstoffen und beim Know-how-Transfer. So muss man etwa in China Dinge kaufen, die man gar nicht kaufen wollte, und Verflechtungen eingehen, die man so nicht will.“Weiteres Ungemach droht den Unternehmen ausge-rechnet vonseiten der Europäischen Union. Die Pläne der Kommission für eine Neuregelung des Zollwe-sens, fürchten Beobachter, werden zu einer massiven Belastung führen. Selbst für Kleinstsendungen sind nach dem Entwurf künftig schriftliche statt der bis-her üblichen mündlichen Zollanmeldungen vor Ort vorgesehen. Der modernisierte Zoll-Kodex würde die bewährte Praxis aushebeln und stattdessen unnötige Kon-trollhürden errichten, warnt Utz Tillmann, Haupt-geschäftsführer beim Verband der Chemischen Industrie (VCI). „Die Pläne der EU könnten zu einer uferlosen Bürokratie im Zollwesen führen, was die Kosten für die Unternehmen erheblich in die Höhe treiben dürfte“, sagt er. Auf 100 Millionen Euro im

Jahr taxieren die Industrie- und Handelskammern die Mehrkosten. Allein die zusätzlichen Ausgaben für die notwendige IT könnten laut Berechnungen des VCI je nach Unternehmensgröße bis zu siebenstellige Beträge pro Jahr kosten.„Um all den Zöllen und Hemmnissen Herr zu werden, sollten exportierende Unternehmen deshalb eine regelrechte Zollstrategie entwickeln“, empfiehlt Jochen Schmidt, bei PwC als Partner verantwortlich für den Bereich Internationale Steuern und Zölle. „Im Vordergrund muss dabei stehen, Steuersicherheit herzustellen und nur einmal statt mehrfach belastet zu werden.“Eine solche Strategie setzt voraus, dass alle rele-vanten Daten für die Beteiligten jederzeit verfügbar sind – darunter vor allem eine Analyse von Märkten, mit denen Freihandelsabkommen bestehen und von denen aus ein Import in Länder mit hohen Zöllen möglicherweise günstiger ist. Es geht, kurz gesagt, um eine Antwort auf die Frage: Welche Regularien sind zu berücksichtigen, um Ware in ein Land herein- und auch wieder herauszubekommen? Dazu muss das Management die Gesetzgebung im Detail sehr genau unter die Lupe nehmen. Nicht nur, um zu verstehen, wie eine neue Steuer über-haupt zu interpretieren ist, sondern vor allem, um Anpassungsmechanismen zu finden, die helfen, Handelshemmnisse abzumildern und wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben. In Brasilien etwa lässt sich die Mehrwertsteuer minimieren, wenn ein Unternehmen Forschungs- und Entwicklungsleistungen mit ins Land nimmt.

Unternehmen sind gut beraten, wenn sie für ihre Ent-scheidungen ganze Regionen betrachten und nicht nur ein einzelnes Land. „Das Management muss sich also überlegen, wie die Wertschöpfungskette und die Supply Chain zu strukturieren sind und welche Güter- und Leistungsströme so umgeleitet werden können, dass bestehende Freihandelsabkommen nutzbar werden“, sagt Kuhnert. „Globale Unter-nehmen operieren etwa über Thailand, Vietnam, Indonesien, Philippinen und Singapur, um von dort verstärkt nach China zu exportieren und das Freihan-delsabkommen der ASEAN-Länder zu nutzen.“Für die Erschließung von Auslandsmärkten ist dar-über hinaus die Standortentscheidung zentral. „In Zeiten des Freihandels galt lange Zeit die Leitlinie: Die Produktion folgt dem Markt. Wenn genügend Nachfrage vorhanden ist, errichten wir in einem Land eine Fertigung. Heutzutage wird aufgrund staatlicher Regulierung viel früher erwogen, in einen Markt zu gehen, damit man schon als Produzent vor Ort §

9,5

5,1EU 27

3,5USA

Russland

26,0

13,7

13,0*

* 2009Quelle: WTO für 2010

Bitte verzollenAngewandte Durch-schnittszölle auf Importe in Prozent

Indien

12,6

Argentinien

9,6

China

Iran

Brasilien

september 2012 19

ist, bevor einen die Handelsbarrieren überhaupt treffen und man so konkurrenzfähige Preise anbieten kann“, sagt Thomas Sieber, Leiter Steuern, Zölle und Ausfuhrkontrolle bei BMW. Auch deshalb hat der Münchner Autobauer im südindischen Chennai ein CKD-Werk errichtet, in dem Pkw-Teile zusammen-gebaut werden. Für die Teile fällt weniger Zoll an als für ein komplettes Auto. Allerdings sind die Anforde-rungen der lokalen Wertschöpfung einzuhalten.Um die oft gegen null gehenden Präferenzzölle aus den Freihandelsabkommen nutzen zu können, kommen Unternehmen am Ursprungsnachweis der Materialien, die in den jeweiligen Local Content eingehen, nicht mehr herum. Dazu ist allerdings eine aufwendige IT-Lösung unumgänglich. Als richtung-weisend gilt die Ursprungsdatenbank OPAL (Origin and Preference Portal) von BMW – eine elektro-nische Lösung auf SAP-Standard. „Wir bauen eine Welt-Zollplattform, zunächst für Europa, später für die ganze Welt“, sagt Sieber. „Für mehr als 8,5 Mil-liarden Euro jährliches Import- und Exportvolumen in Deutschland muss die Werke- und Kundenver-sorgung durch einen solchen Prozess sichergestellt werden. Damit können wir die gesamten Präferenzen für unsere Fahrzeuge kalkulieren.“

next: Märkte

BMW weiß somit auf Knopfdruck, welche Teile aus welchem Drittland kommen. „Voraussetzung für das Management von Zöllen und Sondersteuern ist die komplette Vernetzung aller relevanten Prozesse im Unternehmen“, sagt Sieber. „Zoll ist eine Disziplin, die über alle Prozessketten Einfluss auf das Unter­nehmensergebnis hat: Einkauf, Wareneingang, Entwicklung, Produktion, Vertrieb – alle Ressorts im Unternehmen sind betroffen. Da muss man genau schauen, dass alle Prozesse und Schnittstellen aufein-ander abgestimmt sind. Ist das nicht der Fall, kann sich schnell ein Produktionsproblem ergeben, das sich bis zum Verkauf ziehen kann.“Mit OPAL hat BMW seine Handelsströme künftig gut im Griff – mit einer kleinen Ausnahme allerdings. Körner und Kuhhäute aus Argentinien müssen wei-terhin über Broker verkauft werden. Nehmen Han-delshemmnisse dieser Art weiter zu, dürfte es aber auch dafür bald eine spezielle IT-Lösung geben.www.pwc.de/internationalisierung

Schotten dicht in Argentinien Die zehn Länder mit den meisten nichttarifären Handels-barrieren zwischen Oktober 2008 und April 2012

China*

Quelle: Europäische Kommission

Argentinien*

Russland*

Indonesien*

Brasilien*

Kasachstan

Indien*

Südafrika*

Vietnam

Südkorea*

86

59

38

30

119

22

22

20

17

24

* G20 Länder

20 next:

„Besonders die exportorientierte Automobilindustrie sieht derzeit fast alle Handelshemmnisse gleichzeitig auf sich zukommen.“ PwC-Experte Felix Kuhnert

next: Trends

Sechs von insgesamt sieben AutomotiveInnovations-Awards holten sich in diesem Jahr die deutschen Automobilhersteller. Als innovationsstärkster Konzern wurde Volkswagen gekürt – gefolgt von BMW und Daimler auf Platz zwei und drei. Damit

standen erstmals in der Geschichte des Wett-bewerbs, ausgerichtet vom Center of Automotive Management (CAM) in

Bergisch-Gladbach, drei deutsche Unter-nehmen auf dem Siegerpodest. Nur in der

Kategorie „Alternative Antriebe“ konnte Toyota den Siegeszug der schwarz-rot-goldenen Flotte durchbrechen. Auf dem Prüfstand standen insgesamt 955 Innovationen. „Die Spitzenpositionierungen deutscher Hersteller in sechs der sie-ben Preiskategorien unterstreichen die technologische Kompe-tenz und Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie“, sagt Felix Kuhnert, Leiter des Bereichs Automobilindustrie bei PwC in Deutschland und Europa. Allerdings sei der Vorsprung ins-besondere vor japanischen und koreanischen Autoherstellern teilweise knapp. Kuhnert: „Es bleibt daher nicht viel Zeit, die Innovationsführerschaft auch in Markterfolge umzusetzen.“

september 2012 21

+61 2 8266 5697 ist die Telefonnummer von Christian Holle, Inter-

national Tax Partner bei PwC in Sydney, der den

German Client Services Desk in Australien leitet. Er

kümmert sich um die steuerlichen Angelegenheiten

vieler deutscher Tochtergesellschaften in Australien

und koordiniert die Dienstleistungen in anderen

Bereichen wie Prüfung und Transaction Services für

deutsche Mandanten vor Ort.

Wo das Geld zu Hause ist

Sechs von sieben

Die Euro-Krise drückt auch die Stimmung in der Private-Equi-ty-Branche. Wann ist Besserung in Sicht?Die Unsicherheit auf den Finanzmärkten betrifft natürlich auch den Transaktionsmarkt. Die Private-Equity-Häuser haben aber wie in früheren Krisenzeiten darauf reagiert: Sie wehklagen nicht über weniger Deals, sondern verstärken ihre Aktivitäten in Bereichen wie Deal Sourcing, also im Aufspüren und Bewerten von Transaktionskandidaten. Lassen sich in diesem Umfeld Transaktionen überhaupt finan-zieren? Die klassische Finanzierung durch Fremdkapital mittels Leve-raged-Buy-out ist zwar nach wie vor möglich, dauert aber viel länger als noch vor drei Jahren. Das erschwert Investments in

Unternehmen. Aber auch auf der Verkaufsseite beobachten wir, dass die Zeitspanne immer größer wird, um eine Transaktion abzuschließen.Verändert sich jetzt das Geschäftsmodell von Private-Equity-Häusern?Der Fokus liegt derzeit zunehmend auf der Portfoliogesellschaft. Aber auch Compliance-Themen gewinnen an Bedeutung, und Nachhaltigkeit wird zu einem immer wichtigeren Kriterium. Das betrifft sowohl die Portfoliogesellschaften als auch die Private-Equity-Häuser selbst. Sie arbeiten intensiv daran, künftig noch schneller auf immer kürzere Konjunkturzyklen, zunehmende Volatilität und veränderte Finanzierungsbedingungen reagieren zu können. www.pwc.de/trend-report-2012

Steve Roberts, Leiter Private Equity bei PwC Deutschland

Drei Fragen an …

50 Prozent der Aktiva der globalen Bankenbranche dürften nach PwC-Prognosen im Jahr 2050 von Instituten aus den E7-Staaten (China, Brasilien, Russland, Indien, Mexiko, Indonesien und

Türkei) gehalten werden. Im Jahr 2009 lag der Anteil der E7-Banken erst bei rund zehn Pro-

zent der weltweiten Aktiva. Weitere Informati-onen liefert die Studie „Project Blue: Capitalising

on the rise and interconnectivity of the emerging markets“. www.pwc.de/saaame

Deutschland auf dem SiegerpodestDie erstplatzierten Konzerne in den sieben bewerteten Kategorien

Quelle: CAM 2012

- Alternativen AntriebenInnovationsstärkster Konzern bei:

- Vernetztes Fahrzeug- SicherheitssystemenInnovationsstärkster Konzern bei:Innovationsstärkste Automobilmarke

- Fahrzeugkonzepte- Konventionellen Antrieben

Innovationsstärkster Konzern bei:Innovationsstärkster Automobilkonzern

Platz1.

Deutschland auf dem SiegerpodestDie erstplatzierten Konzerne in den sieben bewerteten Kategorien

Quelle: CAM 2012

- Alternativen AntriebenInnovationsstärkster Konzern bei:

- Vernetztes Fahrzeug- SicherheitssystemenInnovationsstärkster Konzern bei:Innovationsstärkste Automobilmarke

- Fahrzeugkonzepte- Konventionellen Antrieben

Innovationsstärkster Konzern bei:Innovationsstärkster Automobilkonzern

Platz1.

Deutschland auf dem SiegerpodestDie erstplatzierten Konzerne in den sieben bewerteten Kategorien

Quelle: CAM 2012

- Alternativen AntriebenInnovationsstärkster Konzern bei:

- Vernetztes Fahrzeug- SicherheitssystemenInnovationsstärkster Konzern bei:Innovationsstärkste Automobilmarke

- Fahrzeugkonzepte- Konventionellen Antrieben

Innovationsstärkster Konzern bei:Innovationsstärkster Automobilkonzern

Platz1.

Deutschland auf dem SiegerpodestDie erstplatzierten Konzerne in den sieben bewerteten Kategorien

Quelle: CAM 2012

- Alternativen AntriebenInnovationsstärkster Konzern bei:

- Vernetztes Fahrzeug- SicherheitssystemenInnovationsstärkster Konzern bei:Innovationsstärkste Automobilmarke

- Fahrzeugkonzepte- Konventionellen Antrieben

Innovationsstärkster Konzern bei:Innovationsstärkster Automobilkonzern

Platz1.

next: Lösungen

ZahltagRechnen mit Unschärfen: Wie Manager die Nachteile starrer Budgetierung überwinden und ihre Ziele dabei trotzdem nicht aus dem Auge verlierenVon Detlef Gürtler

Kennen Sie noch das Dezemberfieber? Wenn kurz vor Jahresende schnell noch unverbrauchte Mittel ausgegeben werden, um ansonsten drohende Bud-getkürzungen zu vermeiden? Oder das Gegenstück davon: die Novemberstarre? Wenn selbst die sinnvolls-ten Ausgaben nicht mehr getätigt werden, weil das Budget sie nicht mehr hergibt? Oder vielleicht sogar beide Krankheiten auf einmal, nur getrennt von einer Abteilungsgrenze?Besonders hart und häufig schlagen diese beiden Krankheiten bei öffentlichen Institutionen zu. Aber auch Unternehmen der Privatwirtschaft sind dagegen nicht immun: Je größer die Einheiten sind und je hie-rarchischer ihre Struktur, desto wichtiger ist die starre Budgetplanung als Kontrollinstrument. Natürlich, Unternehmen, die ihre Etats zentral planen, sind in der Regel auch geschickt genug, um allzu auffälligen Jahresendabweichungen im Ausgabever-halten auf die Schliche zu kommen. Aber damit sind längst nicht alle Nachteile der strikten Budgetsteue-rung gebannt. Ein solches System, sagen die britischen Unternehmensberater Jeremy Hope und Robin Fraser, führt unter anderem dazu, dass die Beteiligten • sich weniger um die Kunden als um die Budgetvor-gaben kümmern• ihr Wissen nicht mit anderen Abteilungen teilen• mehr an Ressourcen verlangen, als sie tatsächlich brauchen, um sich dann herunterhandeln zu lassen• das ihnen gesetzte Ziel zwar erreichen, aber selten übertreffen, weil sich die gute Performance von heute in die Mindestanforderung von morgen verwandeln kann.

Kurz gesagt: Ins Korsett starrer Budgetvorgaben ge-zwängt, verhalten sich die Menschen wie in der Plan-wirtschaft des real existiert habenden Sozialismus. Statt die wirklichen Notwendigkeiten am Jahresende neu zu überprüfen, triumphiert die Fortschreibung der Vergangenheit und damit auch die Fortschreibung von Fehlern. Die Chancen der Zukunft tauchen in den Vorgaben oft gar nicht erst auf. Auf staatlicher Ebene sind die Folgen wohl bekannt. Planwirtschaftliche Systeme sind zugrunde gegangen, weil sie der Konkurrenz marktwirtschaftlich agieren-der Systeme nicht gewachsen waren. Auf unterneh-

merischer Ebene hingegen sind Budgets noch immer gängige Praxis. Mittlerweile allerdings in durchaus un-terschiedlichen Ausprägungen: Der Zwang zu Effizienz und Rentabilität, dem alle Unternehmen unterliegen, hat einer Vielzahl von sanften oder radikaleren Modi-fikationen den Weg gebahnt – vom „rollenden Budget“ bis hin zur Korridor-Budgetierung.Der radikalste Ansatz, wie ihn die „Beyond Budgeting“-Bewegung vertritt, entstand bereits in den Siebziger-jahren. Und zwar ganz am Rande der kapitalistischen Welt – in Schweden. Dort war es die Bank Svenska Handelsbanken, deren damals neu ernannter Chef Jan Wallander dem Unternehmen eine radikale Dezentra-lisierung und einen fast völligen Verzicht auf die tradi-tionelle Budgetierung verordnete. Statt mit jährlichen Budgets zu arbeiten, setzte er auf die Steuerung aller Unternehmensbereiche durch den Vergleich der erziel-ten Resultate mit denen der jeweiligen Peer Group. Ein Ansatz, der sich als durchaus erfolgreich erweisen sollte. In der schwedischen Bankenkrise der frühen Neunzigerjahre war Handelsbanken die einzige nationale Großbank, die keine Staatshilfen annehmen

22 next:

musste. Und auch die jüngste globale Wirtschaftskrise hat das Institut überdurchschnittlich gut gemanagt: Im vergangenen Jahr schnitt Svenska Handelsbanken in einem Ranking von „Bloomberg Markets“ Svenska als finanzstärkste Großbank Europas ab – und als zweitstärkste der Welt, gleich hinter Oversea-Chinese Banking aus Singapur.Die Kombination von Dezentralisierung und Entbudge-tierung, einhergehend mit größeren Spielräumen für das lokale Management, hat auch andere Unterneh-men inspiriert. Die Zentrale der Budget-Rebellen, der „Beyond Budgeting Round Table“ (BBRT) im südeng-lischen Lymington, nennt unter anderem Southwest Airlines, Hilti, Google, StatoilHydro und die Droge-riemarktkette dm als Beispiele für Unternehmen, die den Beyond-Budgeting-Gedanken zumindest in Teilen praktizieren. „Wir haben uns in den Neunzigerjahren vom Hierarchiedenken gelöst“, sagt etwa dm-Chef Erich Harsch. „Es gibt bei uns keine Budgets, keine Vorgaben, so gut wie keine Anweisungen, und es gibt auch keine erfolgsabhängige Vergütung. Bei uns ist oben dort, wo der Kunde ist.“ In den Mainstream der Unternehmenssteuerung ist diese Methode bisher trotzdem nicht vorgedrungen. Das mag zum einen an dem Beharrungsvermögen bestehender Strukturen liegen, aber auch an den hohen Hürden, die bei der Umstellung überwunden werden müssen. „Die Führung muss dafür nicht nur Teile verändern, sondern das gesamte System“, sagt Franz Röösli, Professor für Finanzmanagement an der Hochschule für Wirtschaft in Basel. „Sie muss sich vom Konzept zentraler Steuerung, basierend auf hierar-chischer Kontrolle und kurzfristig ausgehandelter

Zielvereinbarungen, trennen.“ Technische Innovatio-nen und organisatorische Umstrukturierungen allein führen dabei nicht zum Ziel. Es geht vielmehr um eine kulturelle Umwälzung des Unternehmens. Denn wo die Plan-Kennziffer die Belegschaft nicht mehr auf Kurs hält, müssen andere, verbindliche Prinzipien greifen – etwa Kundennähe, Verantwortung oder Transparenz.

Ebenfalls nicht nur Vorteile bietet ein anderes Ver-fahren, um der Planwirtschaftsfalle zu entkommen: das sogenannte Zero Base Budgeting. Hierbei werden Budgets nicht aus den Erfahrungen der Vorperiode er-stellt, sondern für die kommende Periode vollkommen neu erarbeitet. Jede Abteilung fängt also jedes Jahr gedanklich wieder bei Null an. In der Praxis hat sich dieses Verfahren als sinnvoll erwiesen, wenn es darum geht, mit eingefahrenen Verhaltensweisen zu bre-chen. Als Dauereinrichtung jedoch lässt sich der Geist permanenter Neugründung nur schwer in betriebliche Strukturen implementieren. So sich stellt die Budgetierung – bei allen Nachteilen, die sie aufweist – für viele Unternehmen noch immer als relativ alternativlos dar. Ein bisschen verhält es sich damit wie mit der Demokratie, über die Winston Churchill einmal sagte: „Sie ist die schlechteste aller Regierungsformen – abgesehen von all den anderen Formen, die von Zeit zu Zeit ausprobiert worden sind.“Ein wirklicher Trost ist das freilich nicht. Denn die Formen traditioneller Budgetierung geraten durch die Informations- und Kommunikationsrevolution immer stärker unter Druck. Die festen Strukturen, aus denen Unternehmen früher bestanden, verflüssigen sich §

september 2012 23

next: Lösungen

zunehmend. Die kleinste Einheit ist nicht mehr die Abteilung, sondern das Team, das sich von Projekt zu Projekt neu zusammensetzt – über die alten Abteilungs-grenzen hinweg. „Das erfordert Flexibilität und Mobi-lität in ganz neuen Dimensionen“, sagt David Bosshart, Leiter des Züricher Gottlieb-Duttweiler-Instituts. „Schnelle Anpassung ist der Schlüssel. Soziale Formen und Institutionen müssen sich heute in viel kürzeren Zeiträumen arrangieren und regenerieren können.“

Weil Projekte einen immer größeren Teil der Arbeits-zeit einnehmen und sich nur selten an den Zeitablauf des Kalenderjahrs halten, hat diese Entwicklung auch Einfluss auf die Budgetplanung. „Das Geschäftsjahr mag ja die richtige Zeiteinheit für die Berichterstattung an Investoren und Aktionäre sein“, sagt Danture Wick-ramasinghe, Professor für Accounting an der britischen Universität Hull. „Aber es ist sicher nicht die richtige Zeiteinheit, um sein Business zu managen. Wertschöp-fung muss ein kontinuierliches Ziel sein, nicht von Peri-odengrenzen zerhackt. Ein Projekt sollte dann bewilligt werden, wenn es sinnvoll ist, und nicht dann, wenn der Kalender es gerade erlaubt.“Werden die Planungshorizonte zudem durch äußere Ereignisse auf den Kopf gestellt, so wie etwa gerade in der Energiebranche, zeigen sich die Nachteile starrer

Budgetierung besonders stark. Dementsprechend steigt die Nachfrage nach neuen Steuerungsmetho-den, die mehr Flexibilität bieten.Eine dieser Methoden wurde im Rahmen des von der Bundesregierung angestoßenen Wettbewerbs „Deutschland – Land der Ideen“ erst kürzlich ausge-zeichnet: die Korridor-Budgetierung von PwC. Ein Instrument, das den Prozess im Unternehmen stärker an die Weise annähert, wie Menschen für sich selbst planen – mit Unschärfen und Unsicherheiten statt fixer Zielvorgaben. „Wir plädieren dafür, die Unsicherheit mit in die Budgetierung aufzunehmen“, sagt PwC-Experte Michael Hofmann. „Gerade weil wir wissen, dass wir den genauen Punkt niemals treffen können, ist es sinnvoll, Korridore festzulegen.“

Bei diesem Ansatz wird von den Planungsverantwort-lichen von Anfang an nicht nur die Angabe einzelner Werte verlangt, sondern auch die realistisch mögliche Abweichung davon – selbstverständlich nach oben wie nach unten und jeweils mit einer plausiblen Begrün-dung versehen. Auf diese Weise entstehen atmende Budgets, bei denen das Unternehmen zu jedem Zeitpunkt seinen aktuellen Stand mit den ursprüng-lich prognostizierten Korridoren vergleichen kann. Die Folge sind höhere Planungssicherheit, bessere Planungsqualität und eine genauere Einschätzung der Risikosituation des Unternehmens.Die Korridor-Budgetierung sei ein Beitrag, um „Wachstumspotenziale besser auszuschöpfen“, urteilte die „Land der Ideen“-Jury. Und damit wohl auch ein Beitrag zur Ausrottung des Dezemberfiebers.

Die zwölf GeboteUnternehmen, die ohne Budgets auskommen wollen, brauchen andere, verbindliche Prinzipien, um die Belegschaft auf Kurs zu halten. Die Initia-tive des Beyond Budgeting Round Table nennt insgesamt zwölf Prinzipien

Sechs Führungsprinzipien 1. Kundennähe: Machen Sie alle Mitarbeitenden für die Zufriedenstellung der Kunden verantwortlich. 2. Netzwerke: Bilden Sie Netzwerke mit verantwortungsvollen Teams. 3. Verantwortung: Stellen Sie sicher, dass jeder wie ein Unternehmer denkt und handelt. 4. Autonomie: Übertragen Sie den Teams die Freiheit zu handeln. 5. Wertvorstellungen: Schaffen Sie Rahmenregelungen, die auf klaren Werten und Zielen basieren. 6. Transparenz: Schaffen Sie offene und „ehrliche“ Informationssysteme, die für „eine Wahrheit“ in der Organisation sorgen.

Sechs Prozessprinzipien 1. Ziele: Setzen Sie relative Ziele für eine ständige Leistungsverbesserung. 2. Belohnung: Belohnen Sie Erfolg aufgrund von relativer Leistung. 3. Planung: Machen Sie die Planung zu einem umfassenden und kontinuierlichen Prozess. 4. Kontrollen: Führen Sie Kontrollen auf relative Leistungsindikatoren und Trends zurück. 5. Ressourcen: Stellen Sie Ressourcen nach Bedarf zur Verfügung. 6. Koordination: Koordinieren Sie Aktivitäten dynamisch.Quelle: Beyond Budgeting Round Table

24 next:

september 2012 25

Dürfen wir uns Ihren Korridor wie einen langen, schmalen Budget-Flur vorstellen?Hofmann: Eher wie einen sich nach vorne öffnenden Fächer. Sie kennen das vermutlich vom 15-Tages-Trend bei der Wettervorhersage: Je weiter man in die Zukunft blickt, desto größer wird die Unsicher-heit – und desto breiter der Korridor.

Aber weiter als die nächsten 15 Tage reicht Ihr Korridor schon, oder?Hofmann: Natürlich. Die Korridor-Budgetierung eignet sich sehr gut für die Mittelfristplanung bis maximal fünf Jahre. Darüber hinaus sind eher Szenariomethoden sinnvoll.

Was budgetiert man so am besten? Absatzmengen, Materialpreise, Lohnkosten?Hofmann: Das kommt darauf an, was die Treiber Ihres Geschäftes sind: Makrodaten wie die Entwick-

lung der Industrieproduktion oder der Energiekos ten kommen hierfür genauso in Frage wie Vertriebsmen-gen oder -preise.

Und wie werden die Grenzen des Korridors festge-legt – zentral oder dezentral?Hofmann: Sowohl als auch. Bei Absatzdaten bei-spielsweise liegt es nahe, die Korridore bottom-up an den Prognosen des Vertriebs zu orientieren, andere Bandbreiten werden eher top-down in der Zentrale entwickelt.

Budgets spielen also auch in Zukunft eine Rolle?Hofmann: Nur weil die Erstellung von Budgets mit einer zunehmenden Unsicherheit behaftet ist, muss man sie ja nicht einfach wegwerfen. Unser Ansatz sieht stattdessen vor, die Unsicherheit mit in die Budgetierung aufzunehmen.www.pwc.de/korridorbudgetierung

Planen mit Unsicherheiten: PwC-Manager Michael Hofmann zu der von ihm mitentwickelten Korridor-Budgetierung

„Ein bisschen wie bei der Wettervorhersage“

Die Nebelschwaden liegen friedlich wie Wattebäu-sche über dem Golf von Oman. Unbeirrt hält die „Artemis Glory“ ihren Kurs Richtung Südost. Das Tankschiff, eines der größten der Welt, ist an diesem frühen Morgen im Mai 2011 auf dem Weg nach China. An Bord: 320.000 Tonnen Rohöl, das der Supertanker kurz zuvor im saudi-arabischen Ras Ta-nura geladen hat. Ein winziger Punkt weit draußen am Horizont irritiert die Mannschaft. Ist es nur ein harmloses Fischerboot? Oder doch etwas anderes?Piraten lieben das diffuse Morgenlicht im Golf von Oman – eine der High-Risk-Zonen der internationa-

len Schifffahrt. Gerade jetzt, zur Zeit des Sommer-monsuns, zieht es die Seeräuber gen Norden, weil das Meer dort sehr viel ruhiger ist als vor der somali-schen Küste. Schüsse fallen. Also doch: Aus nächster Nähe feuern die Piraten mit leichten Waffen auf die 23-köpfige Besatzung der „Artemis Glory“. Der Kapitän lässt unverzüglich einen Notruf absetzen. Mit Erfolg: Ein Helikopter der US-Marine eilt dem Tanker zur Hilfe und versenkt das Piratenboot samt vierköpfiger Besatzung.Tragische Ausgänge dieser Art wünscht sich keiner – auch nicht Jürgen Salamon, Chef der Dr. Peters

Hinterm Horizont geht’s weiter: ein somalischer Pirat auf der Suche nach lukrativer Beute.

next: Lösungen

26 next:

Group in Dortmund, für die die „Artemis Glory“ unter der Panamaflagge auf den Weltmeeren unter-wegs ist. Schon sechs Mal wurden die Schiffe seiner Firmengruppe, die Nummer zwei der Branche in Deutschland, Ziel von Piratenangriffen. Fünf Mal konnten Salamons Seeleute die Attacken abwehren. Einmal mussten Soldaten einer US-Fregatte eingrei-fen, um die Mannschaft, die sich in einem Sicher-heitsraum verbarrikadiert hatte, zu befreien. „Die Piraten müssen erkennen, dass sie ein gefährliches Spiel treiben“, sagt Salamon. „Uns steht das Recht zu, Mannschaft und Schiff zu verteidigen.“

Zwar ging die Zahl der weltweit registrierten Pira-tenangriffe nach der Statistik der Internationalen Seefahrtsbehörde (IMB) 2011 erstmals wieder leicht zurück – von 445 Fällen 2010 auf nunmehr 439 Attacken –, doch der finanzielle Schaden für die Reedereien nimmt immer größere Dimensionen an. 160 Millionen US-Dollar, taxieren die IMB-Experten, haben die Piraten allein im vorigen Jahr kassiert – soviel wie nie zuvor. „Während vor fünf Jahren noch Lösegelder von 150.000 bis 300.000 US-Dollar pro Schiff gezahlt wurden, sind es heute bis zu fünf Millionen“, sagt Dieter Berg, Abteilungsleiter §

Der Fluch der MeereSinkende Frachtraten und steigende Treibstoffprei se: Als hätten Deutschlands Reeder nicht schon genug Probleme, müssen sie sich jetzt auch noch im Kampf um die ausufernde Piraterie zur Wehr setzen. Von der Regierung weitgehend alleingelassen, greifen sie immer häufiger zur Selbsthilfe Von Bernd Mertens

september 2012 27

next: Lösungen

Marine Underwriting bei der Münchener Rückversi-cherung. Den Piraten Paroli zu bieten, kostet Geld – sehr viel Geld sogar. Allein für die Abwehrschlacht vor der Küste Somalias beziffern Experten des US-Instituts One Earth Future die Gesamtkosten für 2011 auf rund sieben Milliarden US-Dollar. Ein wichtiger Kostenfaktor dabei: erhöhte Treibstoffkosten durch Umwegefahren und Volldampfgeben. Wenn die Mannschaften ein Piratenboot sichten und an Bord das Kommando „Volle Fahrt voraus!“ ertönt, wird es richtig teuer: 2,7 Milliarden US-Dollar kostete es die Reeder 2011, weil sie ihre Maschinen immer häufiger unter Volldampf laufen lassen mussten. Ihr schwacher Trost: Bislang wurde noch kein Schiff gekapert, das mit mehr als 18 Knoten durch die See pflügt. Der aufwendige Kampf gegen die Piraten trifft die Branche zur Unzeit – nicht nur, weil die Treibstoff-preise, im Branchenjargon Bunkerkosten genannt, sich binnen der vergangenen zwei Jahre von 200 auf 600 US-Dollar pro Tonne verdreifacht haben. Auch auf der Ertragsseite sieht es derzeit ziemlich mau aus. Lediglich 70 Prozent der deutschen Reeder haben ihre Schiffe momentan ausgelastet, so das

Ergebnis einer PwC-Umfrage unter gut 100 Topent-scheidern der deutschen Schifffahrtsunternehmen. Und auch die Entwicklung der Fracht- und Charter-raten macht nicht gerade Mut. Kostete der Transport eines Containers von Shanghai nach Rotterdam vor zwei Jahren noch 2.000 US-Dollar, sind es aktuell nur noch 1.400. Immerhin, ein Trost bleibt den Ree-dern: Sie erwarten jetzt eine leichte Verbesserung der Ertragssituation. Unterdessen lassen sie nichts unversucht, um den Seeräubern das Kapern ihrer Schiffe so schwer wie eben möglich zu machen. Sie fahren riesige Umwege durch piratenfreie Gewässer, ummanteln die Bordwände mit Stacheldrahtrollen und Elektrozäunen, schrecken die Angreifer mit Wasserwerfern und ohrenbetäubend lauten Schall-kanonen ab und engagieren unter fremden Flaggen zunehmend private Sicherheitstrupps, um sich gegen die Piraten zur Wehr zu setzen.

Insbesondere die militärische Präsenz in den gefähr-deten Seegebieten scheint erste Erfolge zu zeigen. Zumindest stehen die Piraten nun immer häufiger mit leeren Händen da. Die Zahl der geglückten Hija-ckings lag 2011 bei nur noch 28 Fällen – gegenüber dem Vorjahr ein Rückgang um mehr als 40 Prozent. Die Bundesregierung verweist darauf, dass die

Hilfe aus der Luft: Hubschrauber der EU-Operation „Atalanta“ eilen Schiffsbesatzun-gen im Notfall zur Hilfe.

28 next:

Erfolgsquote der Piraten dank der internationalen Intervention gesunken sei. Und auch Reeder Jürgen Salamon räumt ein: „Die militärischen Verbände arbeiten immer effektiver. Früher sind die nur spa-zieren gefahren.“ Ungeachtet dieser Erfolge sind aber immer noch rund zwei Dutzend Schiffe und mehr als 250 Gei-seln in den Händen der Piraten. Nur mit Lösegeld-zahlungen in Millionenhöhe gelingt es den Reede-reien, ihre Schiffe und Besatzungen nach Monaten wieder auszulösen. Und damit ist die Rechnung noch längst nicht beglichen. „Aus einer Lösegeldfor-derung über eine Million US-Dollar werden durch langwierige Konsultationen, Zwischenhändler und Hubschraubereinsätze schnell vier Millionen“, sagt Jürgen Hahn, der als geschäftsführender Gesellschafter des Hamburger Schadensabwicklers Stichling Hahn Hilbrich schon mehrfach mit Piraten verhandelt hat. Ist das Schiff dann endlich wieder frei, muss es nach der Rückholung oft aufwendig inspiziert und repa-riert werden. Insgesamt kann es ein Jahr und länger dauern, bis das Schiff erneut auf Fahrt gehen kann. Inzwischen ist es deshalb üblich, diese Ausfallzei-ten, „Loss of hire“ genannt, neben der Lösegeld-forderung quasi als Verdienstausfallversicherung vorsorglich gleich mit zu versichern. Über konkrete Beträge schweigen die Reeder, um die Lösegeld-forderungen der Piraten nicht ins Astronomische steigen zu lassen.Aber auch so langen die Versicherungen kräftig zu. „Sie verlangen für die Durchquerung der Piraten-gebiete erhebliche Zuschläge auf die Prämien“, sagt Max Johns, Sprecher des Verbands Deutscher Reeder (VDR). Außerdem behielten sie es sich vor, Schiffe erst gar nicht zu versichern, wenn sie keine bewaffneten Sicherheitskräfte an Bord hätten. Von deren Anwesenheit machen sie in der Regel auch die Höhe der Versicherungsprämie abhängig, beobachtet Claus Brandt, Leiter des Maritimen Kom-petenzzentrums von PwC. „Setzt eine Kreuzfahrt-reederei bei einer Passage um das Horn von Afrika keine zusätzlichen Sicherheitskräfte ein, erhöht sich die Versicherungsprämie um 20 bis 25 Prozent“, sagt er. Umsonst arbeiten freilich auch die bewaffneten Sicherheitsdienste nicht. „Knapp 100.000 Dollar kostet ein vierwöchiger Einsatz“, sagt Hermann Ebel, Vorstandsvorsitzender der Hamburger Schiffs-beteiligungs GmbH & Co. KG. Allerdings ist die Rechtslage für deren Einsatz bisher so nebulös

wie das Durchschippern einer Nebelbank auf dem Ärmelkanal. „Der Kapitän und der Reeder ist eigentlich immer der Dumme“, sagt VDR-Sprecher Johns. „Private Sicherheitskräfte an Bord wer-den stillschweigend geduldet, werden aber nicht gestattet, wenn direkt danach gefragt wird.“ Es sei unverständlich, dass Deutschland mit der weltweit drittgrößten Handelsflotte eine jahrelange Diskussi-on darüber führe, „wie Besatzungen legal geschützt werden könnten“.Auch wegen dieser Rechtsunsicherheit haben zahlreiche Schiffseigner ihre Flotten zum Teil ausgeflaggt. Der Hamburger Reeder Ebel hat es so gemacht und auch die zum Oetker-Konzern zäh-lende Reederei Hamburg Süd. Von der insgesamt 3.659 Schiffe umfassenden deutschen Armada schippern mittlerweile nur noch 1.570 in Schwarz-Rot-Gold über die Weltmeere. Denn die so genann-ten Billigflaggen wie Liberia oder Antigua kennen keine Restriktionen beim Einsatz schwer bewaff-neter Sicherheitsdienste. „Viele davon erlauben das Mitführen von großkalibrigen, automatischen Waffen, die auf bundesdeutschen Schiffen verboten sind“, sagt Seerechtsexperte Uwe Jenisch, Professor für internationales Recht an der Uni in Kiel.Dass die Situation für die deutschen Reeder völlig unbefriedigend ist, scheinen die Politiker

Es gibt inzwischenSicherheitsdienste

an Bord

Quelle: PwC

Prämien-PokerDie schlimmsten Folgen der Piraterie

Die Versicherungs-prämien haben

sich erhöht

Wir haben einenPanic Room an Bord*

Wir nehmen großeUmwege in Kauf

Wir haben Schiffsum-bauten vorgenommen(Stacheldraht, Schall-

kanonen o. Ä.)**

* Information wurde 2011erstmals erhoben ** Information wurde 2012 erstmals erhoben

Es ist schwieriggeworden, für

bestimmte PassagenPersonal zu finden

58 %

56 %

55 %

52 %

26 %

29 %

Freibeuters fette BeuteWas die Piraterie vor der Küste Somalias kostet, in Mio. US-Dollar

Umwege fahren

Quelle: One Earth Future, Stand: 2011

Höhere Geschwindigkeit

Militärkosten

Schutzteams/Sicherheitsausrüstung

Versicherungen

Lohnaufschläge

Lösegeld

Zivile Anti-Piraterie-Maßnahmen

Strafverfolgung

1.300

1.100

635

583

2.700

160

21

16

195

Gesamtkosten ca. 7 Mrd. Dollar

§

september 2012 29

Keine Entwarnung Die Belastung der maritimen Wirtschaft durch das Piratenproblem in den vergangenen zwölf Monaten …

Quelle: PwC

… hat sich vergrößert

… ist etwa gleich geblieben

… hat sich verringert

weiß nicht/k. A.

mittlerweile einzusehen. So soll das Anheuern von bewaffneten Schutzleuten ab nächstem Jahr auch unter deutscher Flagge offiziell möglich sein – vorausgesetzt, die privaten Dienstleister haben sich von der Bundespolizei und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle zuvor zertifizieren lassen. Auf jeden Fall spricht die Erfolgsquote der Sheriffs an Bord für sich. „Es ist noch kein Schiff geentert worden, auf dem private Sicherheitsdienstleister anwesend waren“, sagt VDR-Sprecher Johns.

Deshalb wollen fast 60 Prozent der deutschen Reeder nicht mehr auf private Sicherheitskräfte verzichten. „Vor einem Jahr heuerte dagegen nur jeder dritte Schiffseigner Security-Profis an“, sagt PwC-Experte Brandt. Alle tun es, aber reden wollen darüber nur die wenigsten. Der eloquente Dortmunder Reeder Salamon ist eine seltene Ausnahme. „Für mich gibt es kein besseres Mittel als die Abschreckung, und die erreiche ich mit den Sicherheitsteams, die wir an Bord holen“, sagt er. Denn auch die Piraten setzen bei ihren dunklen Geschäften auf immer pro-fessionellere Strukturen und eine perfekte techni-sche Ausrüstung. „Die Mär vom armen somalischen Fischer hat einen langen Bart“, sagt Piraterie-Experte und Buchautor Eigel Wiese. „Das ist organisierte Kriminalität, deren Macher in Finanzzentren wie London oder New York sitzen.“ Bis in die kleinsten Häfen reiche ihr weltumspannendes Netzwerk von

next: Lösungen

Helfern und Helfershelfern. Die Piraten wüssten deshalb ganz genau, ob die Schiffe bewaffnete Kräfte an Bord hätten oder nicht.Salamon zieht daraus eine sehr pragmatische Schlussfolgerung: „Solange es Schiffe gibt, die auf Sicherheitsmaßnahmen verzichten und leichter zu entern sind, trifft es nicht uns.“ Er ist sich sicher: „Hätten wir schon auf der ‚Artemis Glory‘ ein Sicher heitsteam gehabt, wäre es damals erst gar nicht zu der Attacke gekommen.“www.pwc.de/hochseereederei

Schiffe versenken: die deutsche Fre-gatte „Hamburg“ auf Patrouillen-fahrt vor der Küste Somalias.

30 next:

next: Trends

september 2012 31

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels

wird der War for Talents für den Unternehmenserfolg

immer wichtiger. Bereits heute investieren die Betriebe

viel Geld in die Außendarstellung, in Incentivie-

rungs- und Recruiting-Programme. Doch erst wenn

Personalmanagement und Unternehmensstrategie eng

miteinander verzahnt werden – man spricht von Stra-

tegic Workforce Planning (SWP) – können die wachsenden

Herausforderungen auch gemeistert werden. Gemeinsam mit der Uni-

versität St. Gallen hat PwC deshalb untersucht, wie die Unternehmen

SWP funktional in ihre Strukturen integrieren und welche Inhalte sie

damit abdecken. Befragt wurden mehr als 100 HR-Ver-

antwortliche aus Unternehmen unterschiedlicher Größe

und Branchen. Zentrales Ergebnis: Nur 25 Prozent der

Befragten gaben an, die Personaldaten mit verschiede-

nen Entwicklungsszenarien für das eigene Unternehmen

zu Wirkungsgefügen zu verbinden. Die überwiegende

Mehrheit beschränkt sich bisher auf einfache Gap-Analysen

und die lineare Extrapolation vorhandener Personaldaten. Die

Studie „Unternehmenserfolg nachhaltig sichern durch strategische Per-

sonalplanung“ zeigt auf, wie das Instrument SWP am besten in einem

Unternehmen etabliert werden kann. www.pwc.de/swp

Insgesamt 15 Risiko-bereichen sehen sich international agierende Unternehmen täglich ausgesetzt. Das ergab eine PwC-Umfrage unter mehr als 1.500 Managern welt-weit. Die Investitionen und der organisatorische Aufwand, um alle Risiken zu managen, sind für alle Unternehmen enorm, die Zusammenarbeit mit der Internen Revision aber ist sehr unterschiedlich aus-geprägt. Viel zu häufig, so das Fazit der PwC-Studie, sei die Revision nicht voll-ständig in die Risikosteu-erung des Unternehmens eingebunden. Ein Fehler, denn nur dadurch lässt sich das Gefährdungs-

potenzial minimieren. Wie eine Neuausrichtung der Internen Revision bei Unternehmen gelingen kann, zeigt die Studie „Die Interne Revision am Scheideweg“. www.pwc.de/scheideweg

Jedes dritte deutsche Unternehmen arbeitet derzeit an einer

veränderten Strategie, der Risikoplanung oder am Geschäfts­

modell. Das war ein zentrales Ergebnis im Rahmen des CEO

Survey von PwC Anfang 2012. Doch wie effizient werden die

nötigen Planungsrunden in der Praxis gestaltet? Welche Kosten

entstehen den Unternehmen dadurch und welche Qualität

haben die neuen Weichenstellungen überhaupt? In der neuen

Studie „Alles nach Plan?“ befragte PwC nun 57 in Deutschland

und Österreich ansässige Unternehmen unterschiedlicher

Größe aus neun Branchen zu ihren Planungsprozessen. Danach

wird vor allem der Zeitbedarf für die Erstellung der Planung oft

als kritisch angesehen. So benötigen die besten 20 Prozent der

Unternehmen kaum mehr als drei Monate für ihren gesamten

Planungsprozess, während der Durchschnitt aller Unterneh­

men fast fünfeinhalb Monate dafür aufwendet. Die Studie zeigt

auf, wo im Einzelfall Verbesserungspotenzial besteht und wie

sich die Kosten für die Planung senken lassen. Die Studien­

autoren unterscheiden dabei nach strategischer, mittelfristiger

und operativer Planung, geben einen Überblick über die in der

Praxis verwendeten Planungssysteme der Softwareanbieter

und zeigen mit Hilfe von Benchmarks auf, wie effizient und

zielführend Planung sein kann. www.pwc.de/planung

Revision, aber richtig

Personalstrategie

Planung mit Plan

Wirtschaftliche Unsicherheit

Regulierungen und staatliche Vorgaben

Wettbewerb

Finanzmärkte

Datenschutz und Datensicherheit

Nachwuchs und Personal

Reputation und Marke

Verschiebungen an den Handelsmärkten

Energie­ und Roh­stoffkosten

staatliche Ausgaben und Besteuerung

Produkt-einführungen

Fraud und Ethik

Business Continuity

M&A und Joint Ventures

Großprojekte

Die 15 meistgenannten Risikobereiche

Quelle: PwC

next: Wissen

Stiften gehenDeutschland im Wohltätigkeitsrausch: 9.000 neue Stiftungen gingen allein in den vergangenen zehn Jahren an den Start. Doch nicht immer ist ihre Arbeit gut koordiniertVon Heike Littger

In Hannover tickt die Uhr der Welt. Eine Digitalanzeige mit zehn Stellen. Sie zeigt an, wie viele Menschen auf dem Planeten leben. Gut sieben Milliarden sind es im Moment, jede Sekunde kommen zwei bis drei dazu. Das sind knapp 83 Millionen pro Jahr – und damit mehr Menschen als in Deutschland leben. „Am schnellsten wächst die Bevölkerung in Afrika“, sagt Renate Bähr von der Stiftung Weltbevölkerung. Die Mütter: oft junge Mädchen, die keinen blassen Schimmer von Verhütung haben. Deshalb klärt die Stiftung Jugendliche in Ostafrika auf: Wie funktioniert das mit dem Schwangerwerden? Und: Wie schützt man sich davor? Dass Dirk Roßmann, Gründer und Chef der gleichnamigen Drogeriemarktkette, hinter der Stiftung steckt, wissen nur die wenigsten.Wenn in Deutschland davon die Rede ist, das Geld gehe stiften, ist damit in aller Regel der Weg nach Luxemburg oder in die Schweiz gemeint. Doch der Eindruck täuscht. Zwar gibt es hierzulande kaum bekannte Größen wie Bill Gates oder Warren Buffett, die medienwirksam gleich den Großteil ihres Vermö-gens weggeben. Doch gestiftet wird auch zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen. Knapp 19.000 Stiftungen gibt es hierzulande mittlerweile – fast die Hälfte ging erst in den vergangenen zehn Jahren an den Start. Das geschätzte Gesamtvermögen: rund 100 Milliarden Euro.Den Einwand, der Stiftungsboom sei gar kein Stifter-boom, lässt Hans Fleisch, Generalsekretär des Bun-desverbandes Deutscher Stiftungen in Berlin, nicht gelten. Zwar seien in der Vergangenheit oft Unterneh-men, Vereine oder öffentliche Körperschaften aktiv gewesen, doch mittlerweile engagieren sich wieder verstärkt Privatpersonen. Und das nicht zu knapp. Insgesamt verzeichnet die Szene einen Zuwachs von 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Wenn das so weitergeht“, sagt Fleisch, „haben wir noch vor 2050

32 next:

§

dreimal so viele Stiftungen wie heute.“ Nicht schlecht für ein Land, das sich bei der Lösung sozialer Pro-bleme traditionell eher auf das Wohlfahrtssystem des Staates verlässt. Doch welche Motive stecken eigentlich hinter dem Gründerboom? Ist es das Come-back des sozialen Unternehmertums? Oder werden Stiftungen eher aus egoistischen Motiven gegründet? Also: Image aufpolieren, Steuer sparen und die Nach-folge sichern?

Nach Angaben des Bonner Instituts für Mittelstands-forschung (IfM) stehen jedes Jahr 71.000 Familienun-ternehmen vor der Frage, wer das Ruder übernehmen soll, wenn der Gründer nicht mehr ist. „Die Stiftung kann ein attraktives Modell sein, um das Lebens-werk zu schützen“, sagt Markus Heuel, Mitglied der Geschäftsleitung des Deutschen Stiftungszentrums (DSZ). Insbesondere die Doppelstiftung sei eine attraktive Lösung. Denn damit können Unternehmer gleich mehrere Ziele auf einmal erreichen: die Nach-folge sichern, Steuern sparen und dabei auch noch Gutes tun.

Bei diesem Konstrukt werden zwei Stiftungen gegründet: eine eigennützige Familienstiftung und eine gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts. Die erste erhält den Großteil der Stimmrechte, um auch weiterhin den Kurs des Unternehmens bestimmen zu können; die zweite übernimmt den Großteil des Vermögens, um es vor dem Fiskus zu schützen. „Für die Ausstattung einer gemeinnützigen Stiftung fallen weder Schenkungs- noch Erbschaftssteuer an“, erklärt Berthold Theuffel-Werhahn, Leiter der Stif-tungsberatung bei PwC. Zudem profitiert der Stifter bei der Einkommensteuer. Seit 2007 kann er über den allgemeinen Spendenabzug hinaus bis zu einer Milli-on Euro zusätzlich als Sonderausgaben abziehen,

Stiften – aber richtig

Wie können Stifter kontrollieren, ob die Stiftung ihre Ziele

auch erreicht? Wie sieht ein angemessenes Controlling und

Berichtswesen aus? Wer haftet, wenn das Stiftungsvermögen

schrumpft? Und wie sollte die Vergütung der hauptamtlichen

Vorstände aussehen? Denn wenn sie zu hoch ausfällt, besteht

die Gefahr, dass die Gemeinnützigkeit von den Behörden

infrage gestellt wird. „Eine Stiftung zu errichten, zu leiten und

zu kontrollieren ist nicht einfach“, sagt Berthold Theuffel-

Werhahn, Leiter des Bereichs Stiftungsberatung bei PwC.

„Es gibt keine Standardstrategie.“ Gemeinsam mit anderen

Experten erstellt PwC deshalb gerade einen Praxisleitfaden für

gemeinnützige Einrichtungen. Unterteilt in die vier Bereiche:

Ziele und Strategie; Umsetzung, Steuerung und Wirkung; Fi-

nanzierung und Gemeinnützigkeit; Überwachung. Ab Herbst

wird der Leitfaden zu beziehen sein.

september 2012 33

next: Wissen

Ehepaare zwei Millionen. Entweder sofort und auf einen Schlag oder über zehn Jahre verteilt, allerdings nur einmal in zehn Jahren.Ein prominentes Beispiel für eine solche Doppelstif-tung ist das Unternehmen Bosch. Die gemeinnützige Robert Bosch Stiftung verfügt über 92 Prozent des Stammkapitals, die eigennützige Familienstiftung steuert über die Robert Bosch Industrietreuhand KG mit 93 Prozent der Stimmen den weltweit größten Automobilzulieferer. „Der Vorwurf Steuersparmodell zieht trotzdem nicht“, sagt Heuel. Denn Stiftungen haben nicht nur Vorteile, sondern auch einen ganz gravierenden Nachteil: „Was einmal in der Stiftung steckt, steht für die Familie nicht mehr zur Verfü-gung.“ Stiften heißt also, sich von einem Teil seines Vermögens endgültig zu trennen. Lediglich ein Drittel der Zins- und Beteiligungserträge kann der Firmen-chef im Notfall für sich und seine engsten Angehörigen beanspruchen. Zwei Drittel sind für die Allgemeinheit reserviert.

Für PwC-Mann Theuffel-Werhahn ist „Gutes tun“ deshalb auch das wesentliche Motiv der allermeisten Stifter. Das belegen auch die Zahlen. Lediglich etwa vier Prozent aller Stiftungen in Deutschland werden errichtet, um den Fortbestand des Unternehmens und das Wohlergehen der Familie zu sichern. Ein Bei-spiel dafür sind etwa die Stiftungen „Siepmann“ und „Markus“ der Aldi-Brüder Theo und Karl Albrecht. Wie eine Art Aufsichtsrat wachen sie über das operative Geschäft des Lebensmitteldiscounters. Ein Geschäfts-zweck, den allerdings nur die wenigsten verfolgen. Der ganz große Rest, also die übrigen 96 Prozent der Stiftungen in Deutschland, tut das, was man gemein-hin von ihm erwartet: junge Künstler ins Ausland schicken, Migrantenkinder fördern oder den Regen-wald schützen. Oft verbunden mit sehr viel Herzblut und wenig öffentlichem Tamtam. „Viele deutsche Großspender und Stifter, die uns unterstützen, agieren lieber im Hintergrund und wollen anonym bleiben“, sagt Michael Hofmann, Marketingvorstand der Welthungerhilfe.

Dazu passt, dass Dirk Roßmann für seine Stiftung persönlich nicht zu sprechen ist. Lieber verweist er auf Geschäftsführerin Bähr. Und auch sonst hält er sich in der Öffentlichkeit mit seinem Afrika-Engagement vor-nehm zurück. „Soziales Verhalten ist das Natürlichste der Welt“, hat er einmal gesagt. „Es gibt kein Über-Ich, das sagt: Du musst.“ Viel mehr will er dazu offenbar nicht sagen. Auch Friede Springer, erst kürzlich mit der goldenen Medaille für Verdienste um das Stiftungswesen ausge-zeichnet, lehnt so gut wie alle Interviewanfragen zum

Thema ab. Gleich zwei Stiftungen hat die Verlegerin seit 2004 gegründet. „Weil der Staat nicht alles kann“, so ihre knappe Begründung. Der Corona-Stifter agiert sogar vollkommen anonym. DSZ-Mann Heuel darf noch nicht einmal verraten, ob eine Frau oder ein Mann dahintersteckt. Immerhin 42 Millionen Euro ist dem Stifter die Erforschung der Autoimmunerkran-kung Polyarthritis wert. Weniger scheu verhält sich die neue Stiftergeneration. „Sie verstehen sich nicht als Mäzene, die aus der Ferne wohlwollend ihr Werk betrachten“, sagt Volker Then, geschäftsführender Direktor des Centrums für soziale Investitionen und Innovationen an der Universität Heidelberg (CSI). Sie bringen nicht nur ihr Geld ein, sondern auch sich selbst. Einer der Jüngsten in der Szene heißt Curd Bems – 35 Jahre alt und Gründer des Regensburger Internet-providers InterNetX. „Am Großglockner und am

34 next:

Name der Stifterin: Friede Springer Name der Stiftung: Friede Springer StiftungGründungsjahr: 2010

Stiftungszweck: Förderung wissenschaftlicher, künstlerischer und kultureller Projekte, Stiftungsprofessuren und Stipendien

Stiftungsvermögen: 80 Millionen Euro„Ich finde es richtig, wenn Wohlhabende mit einem Großteil ihres Vermögens Gutes tun.“ Friede Springer

Name des Stifters: Götz WernerName der Stiftung: dm-Werner Stiftung Gründungsjahr: 2005Stiftungszweck: Förderung der Waldorfpädagogik sowie

Projekte im Sinne Rudolf SteinersStiftungsvermögen: k. A., 2010 hat Werner alle seine Unternehmensanteile auf die Stiftung übertragen „In Amerika ist reich werden keine Schande, reich sterben durchaus.“Götz Werner

Name des Stifters: Klaus TschiraName der Stiftung: Klaus Tschira StiftungGründungsjahr: 1995

Stiftungszweck: Förderung von Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik, Projekte an Kindergärten, Schulen

und Hochschulen Stiftungsvermögen: 2,08 Mrd. Euro„Kinder haben Spaß an Mathe und Physik – aber im Laufe der Schulzeit scheint dieser Spaß verloren zu gehen. Schade um die vielen potenziellen Talente.“ Klaus Tschira

Sechs Wohltäter und ihre MotiveInsgesamt 19.000 Stiftungen gehen in Deutschland ihrer Arbeit nach. Sechs davon stellen wir hier vor. Mit ihren Gründern und ihren Motiven

Überhaupt: Sich für soziale Belange zu engagieren, treibt laut der Statistik des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen die meisten Wohltäter an (30,8 Prozent), gefolgt von Bildung und Erziehung (15,3), Kunst und Kultur (15,1 Prozent), Wissenschaft und Forschung (12,9 Prozent) sowie Umweltschutz (3,8 Prozent). Die konkreten Themen hinken der öffentlichen Debatte meist hinterher. Nach dem Pisa-Schock kam die Bil-dungsoffensive. Allmählich rücken nun Wasserman-gel, Rechtsextremismus und Deutschlands struktur-schwache Regionen in den Fokus der Stifter.

Auf dem diesjährigen Stiftungstag in Erfurt gab es dazu jede Menge Vorträge. 1.600 Vertreter tausch-ten ihre Erfahrungen dort aus – und zwar durchaus selbstkritisch. Eine der zentralen Fragen: Wie können wir mit unserem Geld noch mehr erreichen? Schon seit Längerem beklagen Kritiker den Wildwuchs im deutschen Stiftungswesen. Zu viele Organisationen kümmern sich um ein und dieselbe Sache, ohne sich untereinander abzusprechen. Ein Beispiel dafür sind die vielen MINT-Projekte an deutschen Schulen. Gut 1.000 Initiativen scharen sich um dieses Thema, etli-che werden von Stiftungen finanziert. Die Förderung von Mathematik, Informatik, Natur-wissenschaften und Technik ist sinnvoll, keine Frage. Denn Deutschland braucht dringend neue Ingenieure, Fahrzeugbauer, Biologen. Doch wie sieht die Förde-rung konkret aus? Der Klassiker sind die sogenannten MINT-Tage, an denen Schüler Katzenfuttermaschinen bauen oder die Nervenimpulse einer Schabe unter-suchen. „Spannend, aber nicht immer nachhaltig“, sagt Fleisch. Besser wäre es, gemeinsam zu überlegen, wie die Rahmenbedingungen sich verändern müs-sen, damit alle profitieren. Sein Appell: strategische Stiftungsarbeit statt Projektitis, langfristige Förderung statt Kurzfristdenke. Was allen Stiftungen derzeit am meisten Kopfzerbre-chen bereitet, ist das niedrige Zinsniveau. „Mit der alten Anlagestrategie, die auf Sicherheit setzt, schaf-fen es viele nicht mehr, ihr Vermögen zu sichern“, sagt Heuel. Die Experten raten deshalb unisono: Wer heute noch eine neue Stiftung gründen will, sollte sich gut überlegen, ob es nicht sinnvoller wäre, sein Geld in eine bestehende Stiftung einzubringen oder Mitstreiter für seine Projekte zu suchen. Gerade Klein-stiftungen mit weniger als 100.000 Euro seien auf Dauer nicht überlebensfähig. Eine andere Möglich-keit: grün investieren. Denn nicht nur mit ihren Projekten können Stifter Gutes tun. „Auch ihr Vermögen kann im Sinne des Stif-tungszwecks arbeiten“, sagt Fleisch. „Ethisch, ökologisch und sozial korrekt.“www.pwc.de/stiften

Aletschgletscher kann ich sehen, dass der Klima-wandel kein bloßes Gerede ist“, sagt er. „Wir haben ein echtes Problem und ich will zu denjenigen gehö-ren, die es lösen.“ Vor sieben Jahren verkaufte er seine Unternehmensanteile und gründete mit 300.000 Euro die Regensburger Stiftung zur Erforschung erneuer-barer Energien, die zusammen mit Universitäten nun eifrig Grundlagenforschung betreibt. Schwerpunkt: Geothermie. Auch Bernard Eßmann macht mittlerweile nur noch das, woran sein Herz hängt. Mit vierzig stand für den erfolgreichen Private-Equity-Unternehmer fest: „Ich will nicht länger die Rendite von Investoren maximie-ren.“ Heute arbeitet der Münchner Vollzeit für seine Stiftung Peppercorn, die sich für HIV-Waisen in Afrika einsetzt: 13, 14 Jahre alte Jungs und Mädchen, die oft selbst infiziert sind und sich um ihre noch jüngeren Geschwister kümmern müssen.

Name des Stifters: Michael OttoName der Stiftung: Michael Otto Stiftung für UmweltschutzGründungsjahr: 1993Stiftungszweck: Förderung von Projekten zum Erhalt der

Lebensgrundlage WasserStiftungsvermögen: k. A.„Naturschutz ist die Voraussetzung für eine globale Entwicklung in Frieden und Wohlstand.“ Michael Otto

Name des Stifters: Ernst Prost, Inhaber des Schmiermittel­herstellers Liqui MolyName der Stiftung: Ernst Prost Stiftung Gründungsjahr: 2010

Stiftungszweck: Unterstützung von Menschen, die unverschuldet in Not geraten sindStiftungsvermögen: 500.000 Euro„Ich will nicht als Arschloch sterben.“ Ernst Prost

Name des Stifters: Curd BemsName der Stiftung: Stiftung zur Erforschung erneuerbarer EnergienGründungsjahr: 2007

Stiftungszweck: Förderung von Forschungsvorhaben im Bereich Geothermie, Solarenergie, Windkraft Stiftungsvermögen: 300.000 Euro„Wenn ich etwas habe, will ich teilen – das ist ein Reflex.“ Curd Bems

Sechs Wohltäter und ihre MotiveInsgesamt 19.000 Stiftungen gehen in Deutschland ihrer Arbeit nach. Sechs davon stellen wir hier vor. Mit ihren Gründern und ihren Motiven

september 2012 35

next: Wissen

36 next:

Die Mail wirkte auf den ersten Blick ziemlich echt. Und auch ein wenig bedrohlich. „WICHTIG: Wenn Sie eine E-Mail erhalten, in der Sie gebeten werden, Ihren Benutzernamen und Passwort anzugeben, ant-worten SIE NICHT. Wir würden niemals nach solchen Daten fragen.“ Adressiert war die Mail an die Nutzer des europäi-schen Emissionshandelssystems ETS, unterzeichnet von einem Security Manager namens Hans Frederick. Weil das Handelssystem in jüngster Zeit Ziel von Hackerangriffen geworden sei, forderte Frederick etliche deutsche Unternehmen auf, ihre Eingaben ab sofort mithilfe eines kryptografischen Sicherheits-schlüssels zu codieren. Um den zu erhalten, müssten sich die Mailempfänger nur auf einer eigens einge-richteten Website registrieren – mit Benutzernamen und Passwort. So einfach geht das. Etliche Manager fielen auf den Trick herein, gaben ihre Identifikation preis und machten den angeblichen Security Manager richtig reich. Blitzschnell wurden Emissionsrechte deutscher Unternehmen im Wert von 3,2 Millionen Euro an Firmen in Dänemark und Großbritannien verkauft. Allein die Papierfabrik Drewsen aus Lachendorf bei Celle war danach um 1,1 Millionen Euro ärmer.

Gut zwei Jahre ist der dreiste Coup schon her, doch die Täter sind bis heute nicht gefasst. Ihre Masche jedoch funktioniert bis heute hervorragend. Gerade erst meldeten Experten des amerikanischen Sicher-heitsunternehmens McAfee, sie seien einem weltweit operierenden Ring von Finanzbetrügern auf die Spur gekommen. Die Dimension diesmal: noch größer, noch erschreckender und sehr viel teurer. Die „High Roller“ genannte Bande soll mit ihren Schadprogram-men insgesamt 60 Banken ins Visier genommen und großzügig deren Kundenkonten abgeräumt haben. Noch ist der Schaden nicht genau beziffert, aber es könnten nach Schätzung von Experten bis zu zwei

Milliarden Euro gestohlen worden sein. Allein in Deutschland haben sie 176 betroffene Konten iden-tifiziert.Zwei Beispiele, die zeigen, welche Dimension die Cyberkriminalität mittlerweile angenommen hat. Mit Computerverbrechen wird heute mehr verdient als mit dem Handel von Marihuana, Kokain und Heroin. Gut 388 Milliarden US-Dollar, bilanziert der US-Sicherheitsdienstleister Symantec, wurden allein im vergangenen Jahr von Onlinenutzern geraubt – das ist ungefähr das Hundertfache dessen, was die UNICEF jährlich ausgibt.

„Früher war das Internet mit seinen einfachen Web-seiten für professionelle Kriminelle nicht besonders interessant“, sagt Norbert Pohlmann, Leiter des Insti-tuts für Internet-Sicherheit und Informatikprofessor an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. „Heute haben wir immer mehr vernetzte IT-Systeme mit immer wertvolleren Informationen. Die genutzte Technologie ist dafür nicht mehr sicher genug.“ Angriffe, bei denen professionelle Schadenscode-Programmierer, Informationshändler und Cyber-kriminelle zusammenarbeiten, um an wertvolle Informationen zu kommen, gehören längst zum Unternehmensalltag. Neben virtuellen Gütern wie Emissionszertifikaten sind vor allem Kundendaten für die Gangster interessant, liefern sie doch vielfach Mu-nition für weitere Verbrechen, etwa den Missbrauch von Kreditkarten. Um an Zahlungsinformationen, Passwörter und andere Daten zu gelangen, brechen sie regelmäßig in Unternehmenssysteme ein. Der Elektronikkonzern Sony etwa wurde innerhalb von nur zwei Jahren 13 Mal Ziel von Hackerangriffen. Allein im vorigen Jahr gerieten dabei Daten von mehr als 100 Millionen Kunden in die Hände Unbekannter. Das Unternehmen schätzt, es müsse für die Bereini-gung der Schäden 168 Millionen Dollar aufbringen. Und Sony ist längst nicht der einzige Fall. Auch §

Wenn Hacker wollen, brechen sie in fast jedes Netzwerk ein. Die Unternehmen sind daran nicht ganz unschuldig. Denn sie machen es den Cyberkriminellen bei ihren Millionen-Raubzügen oft erstaunlich leicht Von Lars Reppesgaard

Kabelsalat: Elektronische Verbindungen sind die Nervenadern der modernen Wirtschaft. Immer häufiger werden sie das Ziel von Cyberkriminellen.

Da ist der Wurm drin

september 2012 37

next: Wissen

das amerikanische Business-Netzwerk LinkedIn muss-te kürzlich einräumen, dass Hacker die Passwörter von 6,5 Millionen Kunden kopiert und ins Internet gestellt hatten.

Ganz unschuldig sind die Unternehmen an dem Da-tenklau nicht. Denn sie machen es den Gangstern mit-unter fahrlässig leicht. Möglich war der Einbruch bei LinkedIn unter anderem deshalb, weil das Netzwerk seine Nutzerdaten nicht nach dem neusten Stand der Technik verschlüsselt aufbewahrte. Auch die Server selbst, auf denen die Kundendaten vorgehal-ten werden, sind oft so schlecht gegen Angriffe von außen abgesichert, dass die Kriminellen nicht einmal über fundiertes Programmierer-Know-how verfügen müssen. Häufig reicht schon eine gewisse Hartnäckig-keit bei der Suche nach Systemschwachstellen aus. Beispiel Citibank: Im Juni 2011 konnten Unbekannte

durch das simple Manipulieren eines Codes auf der Webseite des Instituts mehr als 360.000 Kunden-datensätze kopieren. Rund 200.000 Kreditkarten mussten danach neu ausgestellt werden. Eine Schwachstelle im System gibt es fast immer. Zwar enthalten moderne Softwarepakete sehr viel weniger Fehler als früher. Aber auf 10.000 Zeilen Code kommen auch heute noch etwa drei Soft-warefehler – bei mehreren Millionen Codezeilen für nur ein Betriebssystem. „Wir gehen davon aus, dass ein modernes Betriebssystem heute etwa 3.000 Feh-ler enthält“, sagt Pohlmann. „Angreifer finden also immer Angriffspunkte.“

Ein Beispiel dafür, dass sich professionelle Cyberkri-minelle durchaus die Zeit für ihre extrem aufwendi-gen Attacken nehmen, ist die Operation „Aurora“. Im Herbst 2010 bemerkten Techniker des Internet-unternehmens Google, dass jemand versuchte, in die E-Mail-Konten tibetanischer Menschenrechtsaktivis-ten einzubrechen. Im Zuge der Ermittlungen zeigte sich dann, dass dies nur die Spitze des Eisbergs war. Neben Google waren auch das Softwareunternehmen Adobe, General Electric und die Investmentbank Mor-gan Stanley Opfer der Cyberangriffe geworden. Insgesamt zählte der IT-Sicherheitssoftwareanbieter McAfee mehr als 200 Unternehmen, deren Netz-werke im Zuge der Operation zum Teil mehr als ein Jahr ausgespäht worden waren. Jede einzelne der Attacken war individuell auf das angegriffene Un-ternehmen zugeschnitten. Sie alle aber hatten einen gemeinsamen Ausgangspunkt: eine Computeradresse in China. „Nur ein sehr naiver Beobachter kann glau-ben, dass Deutschland von solchen Attacken bisher verschont geblieben ist“, sagt Wieland Alge, General Manager beim Firewallanbieter Barracuda Networks.Bis heute ist nicht klar, welche Informationen bei der Operation „Aurora“ erbeutet wurden oder wer hinter der Angriffswelle steckte. Klar ist aber, dass Unternehmen sehr schnell ein Problem bekommen, wenn Unbekannte in ihren Netzwerken monate- oder jahrelang unbeobachtet tun können, was sie wollen: Sie können Konstruktions- oder Investitionspläne kopieren, Rezepturen und Designstudien stehlen oder Vertragsentwürfe, in denen eine geplante Übernah-me skizziert wird. „Bei den betroffenen Unterneh-men können die monetären Schäden leicht in die Millionen gehen, die negativen Auswirkungen auf das Firmenimage nicht einmal mitberechnet“, sagt Pohlmann.Dass auch in Deutschland längst ein lukrativer Markt für gestohlene Firmendaten existiert, erfuhr vor eini-ger Zeit ein Manager aus der Lebensmittelbranche.

Big DealAngaben von 2011

Ungefähr 295 Milliarden US-Dollar werden auf dem Schwarzmarkt weltweit mit Marihuana, Kokain und Heroin verdient

Rund 3,65 Milliarden Dollargibt die UNICEF jährlich aus

338 Mrd. US-Dollarhaben Internetbetrüger von Online-Nutzern in 24 Ländern gestohlen

Quelle: Symantec

AttackeAnzahl der hochprofessionellen und individualisierten Hackerangriffe auf Unternehmen im Monatsdurchschnitt weltweit (2011)

Quelle: Symantec

25

150

175

125

100

75

50

0 Jan. Feb. März Apr. Mai Juni Juli Aug. Sep. Okt. Nov. Dez.

26

154

38 next:

§

Ihm wurde für 250.000 Euro ein Notebook angebo-ten, auf dem sich die Rezepturen der Konkurrenz befanden. Der Mann lehnte dankend ab und erstatte-te Anzeige. Eine Garantie, dass alle Führungskräfte so vorbildlich reagieren, gibt es allerdings nicht.Den Unternehmen bleibt deshalb nichts anderes übrig, als kontinuierlich in den Aufbau und die Pflege von Sicherheitssoftware wie Firewalls, Intrusion Detection Systemen und Verschlüsselungslösungen zu investieren. „Wir empfehlen, beim Aufbau einer Sicherheitsarchitektur erst einmal zu analysieren, welche schützenswerten Daten es überhaupt gibt“, sagt Joachim Mohs, IT-Experte bei PwC. „Erst danach wird in Grundlagentechnik zur Absicherung inves-tiert. Hinzu kommen dann noch Ausgaben für die Schulung der Mitarbeiter und die kontinuierliche Betreuung der Technik.“ Solche Investitionen zahlen

sich rasch aus – auch deshalb, weil Cyberkriminelle sehr schnell auf leichtere Ziele ausweichen, wenn sie auf ein Netz mit einer durchdachten Abwehrstrategie treffen.

Um zu lernen, wie Hacker agieren und denken, gehen auch die Sicherheitsprofis verstärkt krumme Wege. Die Ruhr-Universität Bochum etwa bietet für Studenten der Fachrichtung Informationstechnik mittlerweile ein sogenanntes Hacker-Praktikum an. Der Name ist dabei Programm: Die IT-Fachleute sollen jene Kniffe in der Praxis erproben, die auch professionelle Hacker zum Einbruch in Systeme nutzen. Denn nur wer weiß, wie man in Firmennetzwerke eindringt, kann Technolo-gien entwickeln, die eben das verhindern. Darüber hinaus schmieden die Forscher Allianzen, um die Abwehrtechnologien noch effektiver zu

september 2012 39

next: Wissen

gestalten. So entwickeln die Gelsenkirchener Sicher-heitsforscher gerade mit dem Horst Görtz Institut für IT-Sicherheit der Ruhr-Universität Bochum sowie den IT-Sicherheitsanbietern Avira und Sirrix AG eine innovative Sicherheitsmethode zur besseren Erken-nung von Schadsoftware und deren Verbreitung auf IT-Endgeräten. Ziel des Projekts: Die IT-Endsysteme

sollen selbst in der Lage sein, nach einem Befall durch Schadsoftware Gegenmaßnahmen einzuleiten – etwa indem sie das Kopieren von Informationen verhindern. Statt eines Netzwerks, das von einer zen-tral verwalteten Firewall geschützt wird, gibt es dann ein Netzwerk, das aus intelligenten Geräten besteht, die sich selbst und alle gegenseitig schützen.Weil auch industrielle Komponenten zunehmend über das Internet gesteuert werden, etwa Stromnetze oder Produktionsanlagen, sind solche Weiterentwick-lungen absolut erforderlich.„Viele Unternehmen verwenden noch IT-Systeme in ihren Produktionsstätten, die seit zehn Jahren nicht mehr verändert wurden“, sagt Pohlmann. „Jeder Angreifer entdeckt hier ohne Weiteres Hunderte von Schwachstellen, die er für erfolgreiche Angriffe nutzen kann.“ Sollten Hacker künftig nicht nur Kundendaten steh-len, sondern auch die Systeme in Stromnetzen, Che-mieanlagen oder in der Wasserversorgung knacken, könnten die Folgen noch sehr viel ernster sein als die Schäden, die sie schon heute verursachen. Dann nämlich wäre die Gesellschaft als Ganzes erpressbar.www.pwc.de/crime-survey-2011

40 next:

Unternehmen geben viel Geld für ihre IT-Systeme aus. Wie schaffen Sie es, trotzdem in die Netzwerke einzudringen? Die größten Schwachstellen finden wir oft dort, wo Unternehmenssysteme für die Zusammenarbeit mit Kunden und Geschäftspartnern erweitert wurden. Das sind Portale, über die Mitarbeiter, Kunden, Freelancer oder andere externe Dienstleister von außen mit den Firmen kommunizieren, zum Beispiel weil diese Form der Zusammenarbeit Reisekosten spart. Die Zahl dieser Schnittstellen wächst enorm. Gleichzeitig werden diese Systeme stetig angepasst, und jede Änderung birgt die Gefahr, dass eine Lücke entsteht.

Was passiert dann?Wir dokumentieren die Schwachstellen, damit sie geschlossen werden können und nicht jemand anders sie ausnutzen kann. Allerdings stoßen wir mitunter auch auf Unverhofftes – etwa, dass jemand anders

uns beim Aufbau solcher Hintertüren schon zuvor ge-kommen ist. Bei einer Bank brachen wir einen Pene-trationstest ab, weil wir merkten, dass schon jemand vor uns da war. In diesem Fall haben meine Kollegen eine forensische Analyse gemacht und die Beweise gesichert. Erst dann wurde das Leck geschlossen. Versuchen Sie es auch mit psychologischen Tricks? Ja, der Faktor Mensch kann schnell ausgenutzt wer-den. Wir haben oft Erfolg mit trickreich formulierten E-Mails oder Anrufen, bei denen wir als angebliche Sicherheitsbeauftragte Passwörter abfragen. Notfalls schlendern wir im Anzug wie selbstverständlich am Pförtner vorbei. Neulich verschanzten wir uns danach in einem Konferenzraum einer Bank. Alle Compu-terleitungen, die wir probierten, waren vorbildlich abgesichert. Dann haben wir das Kabel bei einem der VoIP-Telefone rausgezogen. Von dort sind wir durch das Intranet dann problemlos bis zum Handelssystem gelangt.

Joachim Mohs, IT-Experte bei PwC, über Penetrationstests, mit denen er die Sicherheitslücken in den IT-Systemen der Unternehmen aufspürt

„Manchmal ist uns jemand zuvorgekommen“

next: Trends

september 2012 41

Die Rechnung bitte

Konsolidierungskreis, Revenue Recognition oder Finanzinstrumente, das sind die Themenfelder, über die leitende Unter-nehmensvertreter aus Konzernrechnungswe-sen, Konsolidierung und Bilanzen am 18. und 19. September in Frankfurt mit Experten des IASB und DRSC diskutieren. PwC organisiert das hochrangig besetzte Expertenforum bereits zum zwölften Mal. Trends und Perspektiven

der internationalen und nationalen Rechnungsle-gung stehen dabei im Mit-telpunkt. Anmeldungen sind noch möglich unter www.pwc.de/experten-forum

Die Auslegung der Steu-ervorschriften durch die Finanzverwaltung ist aus Sicht der Unternehmen der gravierendste Steuer-nachteil in Deutschland. 45 Prozent der rund 130 befragten Teilnehmer auf dem PwC-Steuerforum in Berlin rügen diesen Missstand. Die Gewerbe-steuer identifizierten nur 28 Prozent als stärksten Hemmschuh im internati-onalen Wettbewerb. Nicht mehr zeitgemäß sind für gut 80 Prozent der Befrag-ten die Vorschriften zum Ergebnisabführungsvertrag

(EAV). Gut 60 Prozent spre-chen sich dafür aus, dass endgültige Verluste auslän-discher Tochterkapitalge-sellschaften in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden sollten – auch wenn dies zu Einnahmeverlusten für den Fiskus führt. www.pwc.de/steuerfo-rum

Finanzkommunikation im Wandel „Man sollte nur in Firmen investieren, die auch ein absoluter

Vollidiot leiten kann, denn eines Tages wird genau das passieren!“

Mit diesem Leitspruch ist Warren Buffett reich geworden. Trotz-

dem verlässt sich ein klassischer Investor lieber auf harte Kenn-

zahlen – auch wenn die Finanzkrise den Blick auf die Bilanzen

deutlich verändert hat. Waren noch Mitte des vorigen Jahrzehnts

Leverage, Rentabilität und Wertschöpfung zentrale Aspekte

der Unternehmensbewertung, stehen nun Liquidität, Net-Debt-

Überleitungsrechnungen und Finanzschulden im Fokus. Das zeigt

eine PwC-Befragung unter Investoren. Allerdings hat sich bislang

nur knapp die Hälfte der 28 untersuchten Dax-Unternehmen auf

die veränderten Informationsbedürfnisse eingestellt. Nur beim

Thema Verschuldungsgrad überschreitet der Anteil berichtswilli-

ger Firmen mittlerweile die 50-Prozent-Marke.

Im Wettbewerb um das Kapital, so die PwC-Experten, wird künf-

tig auch die ökonomische Bedeutung von Nachhaltigkeitsfaktoren

steigen. Das im August 2010 gegründete International Integrated

Reporting Council (IIRC) etwa plant noch für 2012 die Veröffent-

lichung eines Entwurfs für einen Standard zur integrierten Un-

ternehmensberichterstattung. Kernforderung hier: die Verknüp-

fung von Informationen über Strategie und Performance unter

Berücksichtigung des ökonomischen, ökologischen und sozialen

Umfelds. www.pwc.de/kennzahlenkommunikation

Der Anteil von Frauen in den Aufsichtsräten der Dax-30-

Konzerne ist seit Anfang 2011 um mehr als ein Drittel gestie-

gen. Derzeit sind 18,2 Prozent von insgesamt

500 Aufsichtsratsmitgliedern weiblich (Stand:

31. Mai 2012). Anfang 2011 lag die Quote

erst bei 13,4 Prozent. Mittelfristig streben

die Konzerne eine Durchschnittsquote von gut

22 Prozent an. Einige haben ihr selbst gesteck-

tes Ziel bereits erfüllt oder liegen sogar schon

darüber. 14 Unternehmen streben noch eine Erhöhung des

Frauenanteils an. www.pwc.de/aufsichtsraetinnen

Besser steuern

Frauenpower

… neben der Angabe ihrer Netto-verschuldung eine ausführliche Überleitungsrechnung aufstellten

Dax-Unternehmen, die…Angaben in %

Quelle: PwC

32,12006

46,42010

7,12006

201017,9

… einegrafische

Darstellung derFälligkeiten ihrer

Verbindlichkeiten vornahmen

what’s next:

Milliarden Euro …28,6

42 next:

… geben deutsche Unternehmen für die betriebliche Weiterbildung aus. Aber das wird für die Zukunft kaum reichen

28,6

september 2012 43

Qualifizierte Mitarbeiter sind der Schlüssel zu wirtschaftlichem Erfolg. Doch der demografische Wandel führt dazu, dass die gut ausgebildeten Fachkräfte immer weniger werden und der Kampf um die besten Köpfe immer härter. Um im Wettbe-werb bestehen zu können, müssen die Unternehmen deshalb noch stärker als in der Vergangenheit in die betriebliche Weiterbildung investieren. 28,6 Mil-liarden Euro, bilanziert das Institut der deutschen Wirtschaft, haben die Unternehmen allein 2010 für Weiterbildungsmaßnahmen ausgegeben – gut sechs Prozent mehr als noch 2007.Auf den Staat allein können sich die Unternehmen längst nicht mehr verlassen. Qualifikationsdefizite, entstanden etwa durch die international standardi-sierte Bachelor- und Masterausbildung, müssen heu-te immer häufiger durch innerbetriebliche Ausbil-dungsmaßnahmen ausgeglichen werden. Doch wo ist die Grenze der Belastbarkeit erreicht? Welche Art von Bildung sollte der Staat aus Unternehmenssicht auf jeden Fall vermitteln? Was soll nach Ansicht der Betriebe in der Hoheit von Staat und Ländern blei-ben? Welche Bildungsfelder wollen sie lieber selbst übernehmen? Und sind die steuerlichen Anreize noch angemessen, wenn sie immer mehr Geld in die Ausbildung ihrer Mitarbeiter investieren?Um einen umfassenden Überblick über die betriebli-che Bildungssituation in Deutschland zu gewinnen, hat sich PwC jetzt entschlossen, gemeinsam mit Experten des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) 200 Mittelständler und Großunternehmen aus den Branchen Finanzdienstleistungen, Phar-maindustrie, Maschinenbau und Automobilindus-trie nach ihren Bedürfnissen zu fragen. Die Studie wird die demografischen und wichtigsten globalen Trends identifizieren, die monetären und zeitlichen Aufwendungen beziffern, die Staat, Unternehmen und Haushalte für Bildung betreiben, und abschlie-ßend einige wirtschaftspolitische Empfehlungen formulieren, damit Deutschland die gut qualifizier-ten Mitarbeiter auch künftig nicht ausgehen. Ende September werden die Ergebnisse vorliegen.

Herausgeber:PricewaterhouseCoopers AG WirtschaftsprüfungsgesellschaftFriedrich-Ebert-Anlage 35-37, 60327 Frankfurt am Main www.pwc.de

Verantwortlich für den Inhalt (V. i. S. d. P.):Oliver Heieck (PwC)

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder.

Chefredaktion:Oliver Heieck (PwC) Stefan Schmortte (Facts & Figures) Redaktionelle Mitarbeit: Nicole Susann Roschker (PwC)E-Mail an die Redaktion: [email protected]

Art-Direktion: Frauke Backer/backerdesign.com

Chef vom Dienst: Heiko Hamann

Bildredaktion: Anneli Wülfing

Litho: Stephan Müller-Siemens

Infografik: Markus Kluger, Maria Steffen

Lektorat: Helmut Hillger

Herstellung: Matthias Richter

Verlagsleitung: Karsten Krämer

Verlag:Facts & Figures GmbH(ein Unternehmen der G+J Wirtschaftsmedien AG & Co. KG)Am Baumwall 11, 20459 HamburgTel.: 040 3703-8622, E-Mail: [email protected]

Bildnachweis/Copyright-Vermerk:Seite 2: plainpicture, Aly Song/Reuters, Ho New/Reuters, Getty Images;Seite 3: PwC, Seite 8: Getty Images (4), picture alliance/dpa, plainpicture; Seite 5: Corbis, pepperprint /mauritius images; Seite 8: Bayer AG; Seite 11: PwC; Seite 12: Wang wen/Imaginechina/laif; Seite 13: Reuters (2); Seite 16-17:Getty Images; Seite 18: Christian Charisius/Reuters; ; Seite 20: Amit Dave / Reuters; Seite 21: Automotive Innovations Award, PwC, Getty Images; Seite22-25: Istockphoto; Seite 25: PWC; Seite 26-27: Getty Images; Seite 28: Panos Pictures/VISUM, Joerg Glaescher/laif; Seite 30: Reuters; Seite 31: Getty Images (2), plainpicture; Seite 32-33: Getty Images; Seite 34: Getty Images, picture alliance/dpa, Hans-Bernhard Huber/laif, Tim Wegner/laif; Seite 35: Achim Multhaupt/laif, picture alliance / dpa, exorka GmbH; Seite 36: Getty Images; Seite 39: Getty Images; Seite 40: Getty Images, PwC ; Seite 41: plainpicture, Getty Images, picture alliance/dpa, plainpicture; Seite 42: Getty Images

Druck:Druckhaus Berlin-Mitte GmbHSchützenstraße 18, 10117 Berlin

next: erscheint dreimal im Jahr in einer Auflage von 10.000 Exemplaren.

© September 2012. PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Alle Rechte vorbehalten.

„PwC“ bezeichnet in diesem Dokument die PricewaterhouseCoopers Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die eine Mitgliedsgesellschaft der PricewaterhouseCoopers International Limited (PwCIL) ist. Jede der Mitgliedsgesellschaften der PwCIL ist eine rechtlich selbstständige Gesellschaft.

Papier aus verantwortungsvollen Quellen

Impressum

Erfolgsformeln

G=E-KDiese Formel berechnet auf einfachste Form den unternehmerischen Gewinn. Erlös (E) minus Kosten (K) ergibt das, was als Gewinn (G) unterm Strich übrig bleibt. Doch ist diese Rechnung heute noch zeitgemäß? Müssen unter K nicht auch jene Posten verbucht werden, die vermeintlich nichts oder nur sehr wenig kosten? Die Belastung der Umwelt oder die Kinderarbeit am anderen Ende der Welt beispielsweise? Warum immer mehr Unternehmen die ökologische und soziale Verantwortung in ihrer Erfolgsrechnung mitbilanzieren, lesen Sie ab Seite 4.