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Nicole Bellin Klassenkomposition, Migrationshintergrund und Leistung

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Nicole Bellin

Klassenkomposition, Migrationshintergrund und Leistung

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VS RESEARCH

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Nicole Bellin

Klassenkomposition,Migrationshintergrundund LeistungMehrebenenanalysen zumSprach- und Leseverständnisvon Grundschülern

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Hans Merkens

VS RESEARCH

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Dissertation Freie Universität Berlin, 2008

D 188

1. Auflage 2009

Alle Rechte vorbehalten© VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009

Lektorat: Christina M. Brian / Dr. Tatjana Rollnik-Manke

VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.www.vs-verlag.de

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Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, HeidelbergSatz und Layout: D.A.S.-Büro Schulz, ZülpichGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN 978-3-531-16167-9

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Geleitwort

Schulpädagogische Studien, in denen der Fragestellung nachgegangen wird, wel-che Bedingungen dazu beitragen, Erfolg oder Misserfolg in Bildungskarrieren zu beeinflussen, sind in Deutschland immer noch die Ausnahme. Es gibt zwar in-zwischen eine Reihe von Untersuchungen, die querschnittlich angelegt sind, in denen soziale Disparitäten als Einflussfaktor auf den Bildungserfolg identifiziert worden sind, aber die Art der Untersuchung ließ in diesen Fällen nur hypotheti-sche Aussagen in Bezug auf Ursachen und Wirkungen zu. Benötigt werden Längsschnittuntersuchungen, die es erst ermöglichen, Wirkungen für Ursachen zu identifizieren. Frau Bellin hat in ihrer Arbeit zwei Fragestellungen verfolgt, die in der bisherigen Forschung bei Kindern mit Migrationshintergrund immer wieder diskutiert wurden. Dass erstens soziale Disparitäten gerade in Bezug auf den mangelnden Schulerfolg dieser Gruppe von Kindern eine wichtige Rolle spielen, bedarf keiner besonderen Begründung. Wie allerdings zweitens Kompo-sitionseffekte von Klassen und Kontextfaktoren eine zusätzliche Wirkung aus-üben, ist bisher in entsprechenden Studien nicht untersucht worden. Insofern liefert dieses Buch einen wesentlichen Beitrag für die weitere Diskussion der be-sonderen Problematik, vor die Schulen und Lehrkräfte beim Unterricht von Kin-dern mit Migrationshintergrund gestellt sind. Methodisch ist die Verwendung von Mehrebenenanalysen geeignet, den Einfluss auf verschiedenen Aggregat-ebenen zu kontrollieren. Insbesondere für die Arbeit und Gestaltung des Unter-richts in Grundschulen werden Forschungsergebnisse vorgestellt, die geeignet er-scheinen, zukünftige bildungspolitische Entscheidungen zu beeinflussen. Auch für die Grundschulpädagogik gibt die vorliegende Arbeit wesentliche Impulse.

Prof. Dr. Hans Merkens

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Vorwort

Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Tätigkeit am Arbeits-bereich „Empirische Erziehungswissenschaft“ von Prof. Dr. Hans Merkens. An dieser Stelle möchte ich Prof. Dr. Hans Merkens für die fachliche Betreuung und motivierende Unterstützung danken. Prof. Dr. Harm Kuper danke ich für die Be-reitschaft, sich als Zweitgutachter für diese Arbeit zur Verfügung zu stellen.

Weiterhin möchte ich den Mitarbeitern am Arbeitsbereich für die zahl-reichen hilfreichen Gespräche danken, insbesondere Mary Meyer. Darüber hin-aus gilt mein Dank für das akribische Lesen der Entwürfe und die zahlreichen Korrekturhinweise Sandra Bellin.

Schließlich gilt mein besonderer Dank für die Unterstützung und kritische Auseinandersetzung zum Gelingen dieser Arbeit Sven Mularski.

Nicole Bellin

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Inhaltsverzeichnis

Geleitwort ............................................................................................................. 5 Vorwort................................................................................................................. 7 Inhaltsverzeichnis ................................................................................................. 9 Abbildungsverzeichnis ....................................................................................... 13 Tabellenverzeichnis ............................................................................................ 15

1 Einleitung..................................................................................................... 19 1.1 Die Einbeziehung unterschiedlicher Analyseebenen ........................... 22 1.2 Gliederung der Arbeit .......................................................................... 23

2 Theoretische Erklärungsansätze zur Entstehung von Bildungsungleichheiten............................................................................... 27 2.1 Problemstellung ................................................................................... 27 2.2 Die Humankapitaltheorie ..................................................................... 29 2.3 Primäre und sekundäre Effekte von Bildungsungleichheit –

– Der Ansatz von Boudon .................................................................... 31 2.4 Neuere Ansätze zur Erklärung von Bildungsungleichheit ................... 35

2.4.1 Erikson und Jonsson (1996)...................................................... 35 2.4.2 Breen und Goldthorpe (1997) ................................................... 37 2.4.3 Esser (1999) .............................................................................. 38

2.5 Zusammenfassung – Migrationshintergrund und Bildungsungleichheit ........................................................................... 40

3 Schulische Disparitäten von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund............................................................................... 43 3.1 Migrationshintergrund und Bildungsteilhabe –

Deskriptive Darstellung ....................................................................... 43 3.1.1 Betrachtung des Merkmals Migrationshintergrund................... 44 3.1.2 Der Sekundarbereich................................................................. 46 3.1.3 Primarbereich und Übergang von der Primar- in die

Sekundarstufe............................................................................ 52

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10 Inhaltsverzeichnis

3.2 Schulische Disparitäten von Kindern mit Migrationshintergrund – Empirische Forschungslage zu den Ursachen von Bildungsungleichheit ........................................................................... 55 3.2.1 Primäre Herkunftseffekte bei Kindern mit

Migrationshintergrund .............................................................. 55 3.2.2 Sozioökonomische und soziokulturelle Faktoren ..................... 56 3.2.3 Sekundäre Effekte: Der Übergang vom Primar- zum

Sekundarbereich: Institutionelle Vorgaben und Bildungsentscheidungen ........................................................... 62

3.3 Primäre und sekundäre Effekte – Ausreichend für die Erklärung von Disparitäten? ................................................................................. 67

4 Auswirkungen von Kompositionseffekten der Schul- bzw. Klassenzusammensetzung auf die Schulleistungen – Überblick über die Forschungsliteratur und empirische Befundlage .... 69 4.1 Einleitung............................................................................................. 69 4.2 Der Einfluss der Schul- bzw. Klassenzusammensetzung auf die

Schulleistung........................................................................................ 72 4.2.1 Effekte der Klassen- bzw. Schulkomposition auf die

Schulleistungen: Empirische Forschungsergebnisse................ 72 4.2.1.1 Kompositionseffekte aufgrund sozialer Merkmale ..... 72 4.2.1.2 Kompositionsmerkmale aufgrund von

Leistungsgruppierung.................................................. 83 4.2.2 Die Schulklasse als Lernumwelt: Wirkungsmechanismen

von Kompositionseffekten ........................................................ 90 4.2.2.1 Peergroup-Effekte ....................................................... 91 4.2.2.2 Normative und komparative Vergleichsprozesse ........ 93 4.2.2.3 Instruktion und Lehrer-Schüler-Interaktion................. 94

5 Bilanz: Qualitätsentwicklung im Spannungsfeld von Unterrichtsentwicklung und Schuleffektivitätsforschung ....................... 97 5.1 Fragestellungen .................................................................................... 97 5.2 Die Klasse als Betrachtungsebene für die Untersuchung von

Bedingungsfaktoren ........................................................................... 100 5.3 Konzeptionelles Modell ..................................................................... 106

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Inhaltsverzeichnis 11

6 Methode ..................................................................................................... 109 6.1 Die Datengrundlage der Berliner Längsschnittstudie zur

Lesekompetenzentwicklung von Grundschulkindern ........................ 109 6.1.1 Ethnische Zusammensetzung der Schülerschaft an Berliner

Grundschulen.......................................................................... 109 6.1.2 Beschreibung der Untersuchungspopulation der

BeLesen-Studie....................................................................... 111 6.1.3 Auswahl der Klassen und Schüler für die

vorliegende empirische Untersuchung.................................... 113 6.1.4 Soziodemografische Beschreibung der Schülerstichprobe ..... 114

6.2 Operationalisierung............................................................................ 116 6.2.1 Abhängige Variablen .............................................................. 116 6.2.2 Hintergrundmerkmale der Schüler.......................................... 117 6.2.3 Variablen auf Klassenebene.................................................... 118

6.3 Statistisches Vorgehen ....................................................................... 119 6.3.1 Hierarchische Datenstruktur ................................................... 119 6.3.2 Verfahren ................................................................................ 120 6.3.3 Umgang mit fehlenden Werten ............................................... 122 6.3.4 Methodische Probleme bei der Schätzung von

Kompositionseffekten............................................................. 124

7 Empirische Ergebnisse I – Betrachtung der Disparitäten in der Leseleistung und im Sprachverständnis.................................................. 125 7.1 Deskriptive Darstellung auf der individuellen Ebene ........................ 125 7.2 Deskriptive Darstellung auf der Klassenebene .................................. 135

7.2.1 Sozioökonomischer Status ...................................................... 136 7.2.2 Anteil an Kindern nichtdeutscher Herkunftssprache .............. 137 7.2.3 Mädchenanteil......................................................................... 138 7.2.4 Kognitive Leistungsfähigkeit.................................................. 139 7.2.5 Einschätzung des Lernerfolgs und des Sprachstandes

durch die Lehrkräfte................................................................ 140 7.2.6 Kontextmerkmale.................................................................... 141 7.2.7 Zusammenhänge zwischen den Kompositionsmerkmalen...... 142 7.2.8 Klassenkomposition und Leseleistung.................................... 143

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12 Inhaltsverzeichnis

8 Empirische Ergebnisse II – Ein Mehrebenenmodell zur Erfassung der Veränderung der Leseleistung und des Sprachverständnisses....... 149 8.1 Individuelle Determinanten für die Entwicklung des Lese- und

Sprachverständnisses für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund........................................................................ 149 8.1.1 Individuelle Determinanten: Betrachtung der einzelnen

Herkunftsgruppen ................................................................... 150 8.1.2 Individuelle Determinanten: Ergebnisse zur

Lesegeschwindigkeit............................................................... 154 8.1.3 Individuelle Determinanten:

Ergebnisse zum Leseverständnis ............................................ 159 8.1.4 Individuelle Determinanten:

Ergebnisse zum Sprachverständnis......................................... 163 8.2 Zusammenfassung.............................................................................. 166 8.3 Ein Mehrebenenmodell zur Erfassung der Veränderung der

Leseleistung und des Sprachverständnisses unter Einbeziehung der Klassenebene................................................................................ 170 8.3.1 Bestimmung der Varianzanteile zwischen den Klassen.......... 170 8.3.2 Die Einbeziehung von Kontextfaktoren.................................. 179

8.3.2.1 Fluktuation ................................................................ 179 8.3.2.2 Lehrerwechsel ........................................................... 181

8.3.3 Effekte der sozialen und kognitiven Zusammensetzung der Klasse................................................................................ 183

8.3.4 Lesegeschwindigkeit und Kompositionseffekte ..................... 186 8.3.5 Leseverständnis und Kompositionseffekte ............................. 191 8.3.6 Sprachverständnis und Kompositionseffekte.......................... 196

8.3.6.1 Die Bedeutung der kognitiven Heterogenität von Schulklassen .............................................................. 198

8.3.7 Betrachtung des Sprachstands und des Lernerfolgs unter Einbeziehung der Klassenebene.............................................. 202

8.4 Zusammenfassung.............................................................................. 207

9 Zusammenfassende Betrachtung der Befunde und Diskussion ............ 211 9.1 Migrationshintergrund und Bildungserfolg........................................ 211 9.2 Ausblick und Forschungsdesiderate................................................... 216

Literaturverzeichnis ....................................................................................... 219

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1: Darstellung der Analyseebenen .............................................. 23 Abbildung 2.1: Primäre und sekundäre Effekte der sozialen Herkunft auf

Bildungschancen und Bildungserfolge ................................... 32 Abbildung 4.1: Modell zu Peer-Effekten ......................................................... 91 Abbildung 5.1: Vermittlungsmodell von Baumert, Stanat und Watermann

(2006).................................................................................... 104 Abbildung 5.2: Eigene Modellannahmen zu Kompositions- und

Kontexteffekten auf Klassenebene, modifiziert nach Baumert, Stanat und Watermann (2006)............................... 107

Abbildung 6.1: Zu- und Abgänge über die Messzeitpunkte........................... 112 Abbildung 6.2: Mehrebenenstruktur .............................................................. 119 Abbildung 7.1: Entwicklung der Leistungen im basalen Lesen nach

Herkunftssprache .................................................................. 129 Abbildung 7.2: Entwicklung der Leistungen im Leseverständnis nach

Herkunftssprache .................................................................. 130 Abbildung 7.3: Entwicklung der Leistungen im Sprachverständnis nach

Herkunftssprache .................................................................. 131 Abbildung 7.4: Entwicklung der basalen Leseleistung (WLLP) nach

Familiensprache bei Kindern türkischer Herkunftssprache .. 133 Abbildung 7.5: Sozioökonomischer Status innerhalb der Klassen ................ 136 Abbildung 7.6: Anteil Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache .................. 137 Abbildung 7.7: Mädchenanteil in Prozent...................................................... 138 Abbildung 7.8: Klassenmittelwerte und -standardabweichung CFT.............. 139 Abbildung 7.9: Einschätzung Sprachstand Klassenmittelwerte ..................... 141 Abbildung 7.10: Fluktuation ............................................................................ 142 Abbildung 7.11: Lesegeschwindigkeit (Ende Klasse vier)

in Abhängigkeit vom SNDH-Anteil in der Schulklasse........ 145 Abbildung 7.12: Klassenmittelwert und -streuung WLLP Ende Klasse 3 ....... 146 Abbildung 8.1: Disparitäten am Ende der vierten Klasse nach

Herkunftssprache nach Kontrolle individueller Merkmale in Punkten............................................................ 168

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14 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 8.2: Interaktion zwischen türkische Herkunftssprache und Anteil Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache (ohne Kontrolle von Kovariaten) für die basale Leseleistung......... 191

Abbildung 8.3: Der Zusammenhang zwischen Lesegeschwindigkeit und Sprachstand auf Klassenebene am Ende der ersten Klasse ... 202

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 3.1: Schulabschlüsse von Deutschen und Ausländern an allgemein bildenden Schulen von 1998 bis 2000 ................... 47

Tabelle 3.2: Schulabschlüsse von Deutschen und Ausländern an allgemein bildenden Schulen von 2001 bis 2003 ................... 48

Tabelle 6.1: Ausländische Schüler an Grundschulen in Berlin am 27. August 2004 nach Staatsangehörigkeit ............................... 110

Tabelle 6.2: Übersicht Verteilung der Schulen auf die Verkehrszellen von Berlin ........................................................ 111

Tabelle 6.3: Übersicht über die Anzahl der Klassen nach Klassenformen ... 112 Tabelle 6.4: Verteilung der ausgewählten Klassen auf die Verkehrszellen .. 113 Tabelle 6.5: Übersicht über die Messzeitpunkte ........................................... 114 Tabelle 6.6: Übersicht Schülermerkmale...................................................... 115 Tabelle 7.1: Leseleistung und Sprachverständnis in Abhängigkeit

vom Testzeitpunkt..................................................................... 126 Tabelle 7.2: Korrelationen zwischen Lesegeschwindigkeit

als Funktion des Messzeitpunktes............................................. 126 Tabelle 7.3: Korrelationen zwischen Leseverständnis

als Funktion des Messzeitpunktes............................................. 127 Tabelle 7.4: Korrelationen zwischen Sprachverständnis

als Funktion des Messzeitpunktes............................................. 127 Tabelle 7.5: Korrelationen der schulischen Leistungen mit

Individualmerkmalen ................................................................ 128 Tabelle 7.6: Familiensprache und Herkunft.................................................. 132 Tabelle 7.7: Unterschiede zwischen den Kindern verschiedener

Herkunftssprachen über die Messzeitpunkte............................. 134 Tabelle 7.8: Zusammenhänge der Merkmale auf der Klassenebene............. 143 Tabelle 7.9: Korrelationen zwischen den Kompositionsmerkmalen

und der Leseleistung bzw. Sprachverständnis........................... 144 Tabelle 7.10: Varianzanteile auf Schüler- und Klassenebene

zum jeweils ersten Messzeitpunkt............................................. 147 Tabelle 8.1: Ergebnisse für die Lesegeschwindigkeit (WLLP)

nach Herkunftsgruppen............................................................. 151

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16 Tabellenverzeichnis

Tabelle 8.2: Ergebnisse für das Leseverständnis (ELFE) nach Herkunftsgruppen............................................................. 152

Tabelle 8.3: Ergebnisse für das Sprachverständnis (C-Test) nach Herkunftsgruppen ..................................................................... 154

Tabelle 8.4: Drei-Ebenen-Modell für die Lesegeschwindigkeit (WLLP)..... 155 Tabelle 8.5: Ergebnisse WLLP am Ende der vierten Klasse ........................ 159 Tabelle 8.6: Drei-Ebenen-Modell zum Leseverständnis (ELFE).................. 160 Tabelle 8.7: Ergebnisse ELFE am Ende der vierten Klasse.......................... 162 Tabelle 8.8: Drei-Ebenen-Modell zum Sprachverständnis (C-Test) ............. 164 Tabelle 8.9: Ergebnisse C-Test am Ende der vierten Klasse ........................ 166 Tabelle 8.10: Nullmodell unter Einbeziehung der Klassenebene ................... 171 Tabelle 8.11: Zerlegung der Varianzkomponenten (WLLP) .......................... 172 Tabelle 8.12: Zerlegung der Varianzkomponenten (ELFE)............................ 172 Tabelle 8.13: Zerlegung der Varianzkomponenten (C-Test) .......................... 172 Tabelle 8.14: Reliabilität für individuelle Wachstumsparameter und

durchschnittliche Wachstumsparameter der Klassenebene....... 173 Tabelle 8.15: Drei-Ebenen-Modell zur Bestimmung der Varianz

zwischen den Klassen unter Berücksichtigung individueller Merkmale .................................................................................. 174

Tabelle 8.16: Varianzzerlegung nach Kontrolle der Eingangsvoraussetzungen (WLLP)........................................... 175

Tabelle 8.17: Varianzzerlegung nach Kontrolle der Eingangsvoraussetzungen (ELFE)............................................ 175

Tabelle 8.18: Varianzzerlegung nach Kontrolle der Eingangsvoraussetzungen (C-Test)........................................... 176

Tabelle 8.19: Drei-Ebenen-Modell zur Bestimmung der Varianz und Stabilität der Klassenunterschiede unter Berücksichtigung individueller Merkmale (Ende Klasse 4) .................................. 178

Tabelle 8.20: Varianzanteile zwischen den Klassen am Ende der vierten Klasse...................................................................... 179

Tabelle 8.21: Effekte der Fluktuation ............................................................. 181 Tabelle 8.22: Effekte des Lehrerwechsels ...................................................... 182 Tabelle 8.23: Beschreibung der Modellsequenz für die

Drei-Ebenen-Analysen.............................................................. 185 Tabelle 8.24: Modellierung der Kompositionseffekte (WLLP)...................... 186 Tabelle 8.25: Anteil an aufgeklärter Varianz für die

Lesegeschwindigkeit (WLLP) .................................................. 189 Tabelle 8.26: Ergebnisse für Kompositionseffekte nach

Herkunftsgruppen für die Lesegeschwindigkeit (WLLP) ......... 190 Tabelle 8.27: Modellierung der Kompositionseffekte (ELFE) ....................... 192

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Tabellenverzeichnis 17

Tabelle 8.28: Anteil an aufgeklärter Varianz für das Leseverständnis (ELFE-Test) .............................................................................. 194

Tabelle 8.29: Ergebnisse für Kompositionseffekte nach Herkunftsgruppen für das Leseverständnis (ELFE)................................................ 195

Tabelle 8.30: Modellierung der Kompositionseffekte für das Sprachverständnis (C-Test)....................................................... 197

Tabelle 8.31: Anteil an aufgeklärter Varianz für das Sprachverständnis (C-Test)..................................................................................... 198

Tabelle 8.32: Ergebnisse für Kompositionseffekte nach Herkunftsgruppen für das Sprachverständnis ......................................................... 199

Tabelle 8.33: Ergebnisse für die Streuung der kognitiven Leistungsfähigkeit auf Klassenebene........................................ 201

Tabelle 8.34: Herkunftssprachen und Einschätzung des Sprachstandes ......... 203 Tabelle 8.35: Ergebnisse für die Lesegeschwindigkeit (WLLP) unter

Betrachtung des Sprachstandes ................................................. 204 Tabelle 8.36: Ergebnisse für das Leseverständnis (ELFE) unter

Betrachtung des Sprachstandes ................................................. 205 Tabelle 8.37: Ergebnisse für das Sprachverständnis (C-Test) unter

Betrachtung des Sprachstandes ................................................. 206

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1 Einleitung

Bereits in den 1970er Jahren konstatierte Preuß bezüglich sozialer Ungleichheit im Bildungssystem:

„(…) daß es unter den gegebenen Bedingungen noch lange nicht ausreicht, ein be-gabter Schüler zu sein, ja noch nicht einmal, auch die erforderlichen charakterlichen Eigenschaften... vorweisen zu können, um die weiterführenden Bildungsinstitutio-nen mit Erfolg zu durchlaufen. Vielmehr (bedarf) (...) es dabei der motivierenden Rückendeckung und hilfreichen Unterstützung durch das Elternhaus (...), womit ge-rade Unterschichtfamilien überfordert sind“ (Preuß, 1970, S. 77).

Die Ergebnisse des Programme of International Student Assessment der OECD (vgl. u.a. Baumert & Schümer, 2001) haben bezüglich des Bildungserfolgs von Schülerinnen1 und Schülern unterschiedlicher Sozialschichten und für Schüler mit Migrationshintergrund verdeutlicht, dass es dem Bildungssystem seither nicht gelungen ist, diesen Schülergruppen eine angemessene Bildungsteilhabe zu ermöglichen. Der Zusammenhang zwischen Sozialstatus bzw. auch Migrations-hintergrund und Kompetenzerwerb konnte auch für den Grundschulbereich durch die IGLU-Studie belegt werden (vgl. Bos, Lankes & Prenzel, 2004). Dar-über hinaus weisen Reanalysen der Mikrozensen darauf hin, dass die Verhältnis-se bezüglich der Bildungschancen zwischen den Sozialschichten über die Zeit ebenfalls relativ stabil geblieben sind, insbesondere in Hinblick auf den Zugang zum Gymnasium (vgl. Schimpl-Neimanns, 2000). Für das Bildungssystem stellt sich die Frage der Bildungsteilhabe dringender denn je, denn unter Bezugnahme auf das Migrationskonzept wird deutlich, dass mehr als ein Viertel der Schüler einen Migrationshintergrund haben und es darüber hinaus eine Vielfalt von Mi-grationskonstellationen gibt, die es zu berücksichtigen gilt (vgl. Avenarius u.a., 2006). Kinder mit Migrationshintergrund können somit nicht als eine homogene Gruppe aufgefasst werden. Für die Analyse von Disparitäten ist zusätzlich eine differenzierte Betrachtung nach Herkunftsgruppen und auch Regionen erforder-lich, da sich die Zusammensetzung und Bildungsteilhabe der jeweiligen Migra-

1 Im Folgenden wird aufgrund der besseren Lesbarkeit die männliche Form verwendet, darin ist

das andere Geschlecht miteinbezogen.

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20 1 Einleitung

tionspopulation auf Stadt- und Bundeslandebene beziehungsweise zwischen den Bundesländern unterscheidet (vgl. Hunger & Thränhardt, 2004).

Ethnische Schichtung, demnach vertikale ethnische Ungleichheiten, sind gekennzeichnet durch den systematischen Zusammenhang zwischen ethnischen und kulturellen Merkmalen und Ungleichheiten in Bildung, Einkommen sowie dem Zugang zu zentralen gesellschaftlichen Institutionen (vgl. Esser, 2001). In der Reproduktion von Bildungsungleichheiten2 übernehmen schulische Leistun-gen eine wichtige Vermittlungsgröße (vgl. Ditton, 2004). Sofern also systemati-sche Bildungsbenachteiligungen abgebaut werden sollen, ist das Schulsystem gefordert, auf die vorhandene Heterogenität innerhalb der Schülerschaft bezüg-lich der Bildungsvoraussetzungen und individuellen Ressourcen einzugehen. Um zu bestimmen, inwieweit schulische Disparitäten von Kindern mit Migrations-hintergrund überhaupt als Benachteiligung aufgefasst werden können, ist es notwendig, die Ursachen von schulischen Leistungsunterschieden näher zu be-trachten.

In der einschlägigen Forschung, die seit den Ergebnissen der ersten interna-tional vergleichenden Schulleistungsstudien wieder verstärkt an Aufmerksamkeit gewinnt, werden mehrere Erklärungsansätze für die Disparitäten in den schuli-schen Leistungen von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund diskutiert, wobei unterschiedliche Ebenen (Individuum/ Schulsystem) betrachtet werden. Als Einflussfaktoren für die geringeren schulischen Leistungen werden in der Li-teratur am häufigsten sozioökonomische, soziokulturelle und schulorganisato-rische Merkmale angeführt. Kindern aus sozial schwachen Familien und aus Familien mit Migrationserfahrungen verfügen oftmals nicht über die Ressourcen, welche für den schulischen Erfolg notwendig wären. Darüber hinaus sind Unter-richt und Schulorganisation so ausgerichtet, dass bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten der Schüler bereits vorausgesetzt werden. Eine zweite Argumenta-tion bezieht sich auf die Struktur des Bildungswesens, indem zu einem frühen Zeitpunkt bereits eine Selektion und die Aufteilung auf die verschiedenen Schul-formen erfolgt. Dieser Argumentation folgend entstehen und verfestigen sich Disparitäten durch das Schulsystems selbst (vgl. u.a. Blossfeld & Shavit, 1993; Nauck, Diefenbach & Petri, 1998; Alba, Handl & Müller, 1994; Stanat, 2006; Diefenbach, 2007, 2003, 2002; Ditton, 2007). Die Frage, die sich im Anschluss an diese Perspektiven stellt ist, inwieweit diese Merkmale und Faktoren spezi-

2 In der Betrachtung von Bildungsdisparitäten stellt sich die Frage, ob es sich dabei um ungerechte

Ungleichheiten handelt oder nicht. Diese Frage bezieht sich auf ein normatives Gesellschafts-modell und so lässt sich nur dann von Bildungsungleichheiten sprechen, „wenn sich beim Bil-dungserfolg eine soziale Differenzierung unter Berücksichtigung der primären (legitimen) Über-gangskriterien zeigt“ (Hillmert, 2004, S.78).

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1 Einleitung 21

fisch für die Erklärung von Bildungsungleichheit bei Schülern mit Migrations-hintergrund sind.

Eine theoretische Fassung dieser beiden Argumentationsstränge bietet das Modell von Raymond Boudon (1974). Analog dieses Modells ist davon auszuge-hen, dass primäre Herkunftseffekte, also Effekte der Verfügbarkeit von ökono-mischen, sozialen und kulturellen Ressourcen, einen Einfluss auf die schulischen Leistungen und somit die Bildungschancen ausüben. Auf den Migrationskontext übertragen, bedeutet dies, dass Bildungserfolge mit der Ausstattung an Ressour-cen zusammenhängen, welche zum Teil spezifisch für die Aufnahmegesellschaft sind (beispielsweise Sprachkenntnisse). Daneben existieren sekundäre Her-kunftseffekte, welche die Unterschiede der Bildungsentscheidungen aufgrund der unterschiedlichen sozialen Positionen der Akteure bezeichnen und die Struktur des Bildungssystems mit einbeziehen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen:

„Bei der Reproduktion von Bildungsungleichheit wirken mit der sozialen Herkunft verbundene individuelle Faktoren, institutionelle Faktoren auf der Ebene des Unter-richts und der einzelnen Schule, des Schulsystems sowie schließlich kontextuelle und regionale Bedingungen zusammen“ (Ditton, 2004, S.248).

Die Ursachen ungleicher Bildungschancen sind also vielfältig und entstehen im Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren. Die Zielsetzung der vorliegenden Arbeit besteht darin, Disparitäten in den schulischen Leistungen im Grundschul-bereich zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund über die Ein-beziehung von individuellen Merkmalen hinaus zu erklären. Im Mittelpunkt steht die Überlegung, wie die Schule aufgrund ihrer Organisation durch Merkmale der Klassenkomposition Disparitäten generiert oder beibehält. Auch hier lässt sich nach Effekten differenzieren, die bezogen auf den Migrationskontext spezifisch sind. Die Fragestellung lautet demnach, ob auch Merkmale der Klassenebene, also Merkmale über die Individualebene hinaus, Disparitäten erzeugen und gege-benenfalls verstärken. Dies würde bedeuten, dass sich auch im Grundschul-bereich die von Baumert, Stanat und Watermann (2006) für die Sekundarstufe festgestellten differenziellen Entwicklungsmilieus3 zeigen. Geht man von den theoretischen Annahmen aus, dass Bildungsungleichheit durch primäre und se-kundäre Effekte (vgl. Boudon, 1974) bedingt wird, dann stellt sich zunächst die Frage, inwieweit es im Grundschulbereich gelingt, vor der ersten wichtigen Se-lektionsschwelle eine Nivellierung von Disparitäten der primären Herkunfts-effekte zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund zu erreichen. Dar-über hinaus werden auf der Klassenebene und deren Zusammensetzung mög-

3 Die Definition umfasst ebenfalls die unterschiedlichen pädagogisch-didaktischen Traditionen die

in den unterschiedlichen Schulformen des Sekundarschulwesens vorhanden sind; dieser Aspekt ist nicht auf den Grundschulbereich zu übertragen.

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22 1 Einleitung

licherweise spezifische Disparitäten erzeugt, die über die primären Effekte hin-aus wirksam werden. Zusätzliche Benachteiligungen entständen dann nicht erst durch die Selektionsschwellen, sondern bereits durch die Organisation von Schu-le selbst. Die Analyseperspektive auf die Ursachen von Bildungsbenachteiligung wird hierdurch um einen dritten Aspekt ergänzt. Somit befindet sich die Thema-tik der Arbeit an der Schnittstelle zwischen erziehungswissenschaftlicher und (migrations-)soziologischer Bildungsforschung.

1.1 Die Einbeziehung unterschiedlicher Analyseebenen

Wie im vorherigen Abschnitt deutlich wurde, ist an der Entstehung von Bildung-sungleichheit eine Vielzahl von Faktoren beteiligt. Disparitäten in den schuli-schen Leistungen von Kindern mit und ohne Migrationshintergrund hängen von unterschiedlichen gesellschaftlichen sowie individuellen Bedingungen und Kon-texten ab. Diese Ursachenzuschreibungen für Bildungserfolg bzw. Bildungs-misserfolg lassen sich auf verschiedenen Analyseebenen, wie in Abbildung 1.1 dargestellt, verorten. Dieses Modell geht auf Bronfenbrenners ökologischem Modell der Humanentwicklung zurück und basiert auf der Annahme, dass sich das Individuum und seine Umwelt in ihrer Entwicklung gegenseitig beein-flussen. Bronfenbrenner unterscheidet in seinem Modell fünf Systeme (Mikro-, Meso-, Exo-, Makro- und Chronosystem) in denen Interaktionen stattfinden. Von allen Ebenen können entwicklungsfördernde als auch entwicklungshemmende Einflüsse ausgehen (vgl. Bronfenbrenner, 1981). Es wurde von einer Arbeits-gruppe der OECD auf das Bildungssystem übertragen. Nach diesem Modell ist der Schüler von nahen und entfernten Schichten umgeben, die miteinander inter-agieren (vgl. Baumert, Blum & Neubrand, 2003). Auf Basis dieses Modells las-sen sich unterschiedliche Ebenen identifizieren, auf denen die Analyse von Dis-paritäten erfolgen kann.

Anhand dieses Modells ist ein erster Überblick über die betrachteten Ebe-nen möglich. Aufgrund der Fragestellung der Arbeit stehen neben individuellen Faktoren auf der Schülerebene auch strukturelle Merkmale der Schul- und Klas-senebene im Fokus. Beschrieben werden hierbei Wirkmechanismen auf der hori-zontalen Ebene. Merkmale der Schul- bzw. Klassenebene, anhand derer der Ein-fluss der Zusammensetzung dieser beiden Ebenen auf die schulischen Erfolge diskutiert wird, üben einen Einfluss zusätzlich zu den individuellen Faktoren aus und lassen sich demnach unter einer vertikalen Achse in diesem Modell verorten.

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1.2 Gliederung der Arbeit 23

Gesellschaftliche Ebene

Systemebene

Kommunale Ebene

Schulebene

Klassenebene

LehrerebeneSchülerebene

Abbildung 1.1: Darstellung der Analyseebenen Quelle: Baumert, Blum und Neubrand (2003)

Auch wenn im Folgenden die einzelnen Merkmale der unterschiedlichen Ebenen getrennt betrachtet werden, stehen immer mehrere Ebenen und Merkma-le miteinander in wechselseitiger Beziehung. Es kann daher nur um eine analyti-sche Betrachtungsweise gehen. Die vorliegende Arbeit betrachtet die Ursachen-komplexe auf der Mesoebene und es wird davon ausgegangen, dass die sozial homogenen Lernumwelten bedingt werden durch homogene Sozialräume und zusätzlich in einer Weiterführung durch die frühe Selektion im Schulsystem verstärkt wirksam werden.

1.2 Gliederung der Arbeit

Die Arbeit ist in einen theoretischen und einen empirischen Teil gegliedert. Der theoretische Teil gliedert sich in vier Kapitel (Kapitel 2 bis 5). Kapitel 2 verfolgt das Ziel, den theoretischen Bezugsrahmen der Arbeit bezüglich Bildungs-ungleichheit aufgrund sozialer Disparitäten herzustellen. Bezug genommen wird hierbei auf die Humankapitaltheorie und insbesondere auf das von Boudon (1974) entwickelte Modell zur Wahl von Bildungswegen. Im Weiteren werden, anknüpfend an dieses Modell, neuere Ansätze zur Erklärung von Bildungs-

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24 1 Einleitung

ungleichheit vorgestellt und hinsichtlich ihrer Erklärungskraft für die Situation von Kindern mit Migrationshintergrund im deutschen Schulwesen diskutiert. Im Anschluss daran wird in Kapitel 3 eine Zustandsbeschreibung der Bildungssitua-tion von Kindern mit Migrationshintergrund gegeben. Im Fokus stehen dabei der Primarbereich und der Übergang von der Primar- in die Sekundarstufe. Hierbei ist es notwenig, eine nach Herkunftsgruppen differenzierte Betrachtung vorzu-nehmen, da dadurch spezifische Benachteiligungen sichtbar werden. Im Anschluss daran wird die empirische Forschungslage zu den Ursachen der Dis-paritäten der schulischen Leistung dargestellt und diskutiert. Die Ursachen-zuschreibungen lassen sich unter die von Boudon unterschiedenen primären und sekundären Herkunftseffekte einordnen. Offen bleiben in dieser Betrachtung Eigenschaften der Zusammensetzung auf Schul- bzw. Klassenebene als Dispari-täten erzeugende Merkmale. Kapitel 4 widmet sich schließlich einem Ursachen-komplex, der in der deutschen Bildungsforschung bislang vernachlässigt wurde, nämlich dem Einfluss von Kompositionseffekten auf die Lernentwicklung. Har-ker und Tymms (2004) verstehen unter Kompositionsmerkmalen aggregierte Individualmerkmale auf einer nächsthöheren Ebene. Ein Aspekt, der bei der Un-tersuchung von Kompositionseffekten zu beachten ist, besteht in der neuen Be-deutungszuweisung für aggregierte Individualmerkmale. Kompositionsmerkmale üben somit einen Einfluss auf die Lehr- und Lernumgebung aus, welche die schulische Leistung beeinflussen können und somit Disparitäten möglicherweise verstärken oder auch abschwächen. Das Kapitel stellt zentrale Forschungsergeb-nisse zum Einfluss der sozialen und intellektuellen Zusammensetzung der Schule bzw. Klasse auf die Leistungen vor. Im Anschluss daran werden einige in der Forschungsliteratur angenommene Wirkungsmechanismen von Kompositions-effekten diskutiert. Der theoretische Abschnitt schließt mit Kapitel 5, in dem die zentralen und die Analyse leitenden Fragestellungen abgeleitet werden.

Der empirische Teil der Arbeit gliedert sich in drei Kapitel. In Kapitel 6 er-folgen die Beschreibung der Datenbasis, die Operationalisierung der Variablen sowie die Erläuterung des eingesetzten statistischen Verfahrens zur Berücksich-tigung der Mehrebenenstruktur und Beantwortung der Forschungsfragen. Kapitel 7 gibt die deskriptiven Ergebnisse für die betrachteten schulischen Leistungs-merkmale für die Individual- und Klassenebene wieder. In Kapitel 8 wird auf der individuellen Ebene die Leistungsentwicklung vom Beginn der Grundschulzeit bis zum Ende der vierten Klasse für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund modelliert und die Klassenebene wird in die Betrachtung einbezogen. Der Fokus dieses Kapitels liegt auf den differenziellen Effekten der Klassenzusammenset-zung für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund sowie der Erklärungskraft sozialer Kompositionsmerkmale für die Ausgangsleistung und die Leistungs-entwicklung über die Grundschulzeit. Unter Berücksichtigung der theoretischen

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1.2 Gliederung der Arbeit 25

Ausführungen und empirischen Analysen werden die Ergebnisse in Kapitel 9 zusammengefasst und diskutiert.

Der in der vorliegenden Arbeit analysierte Datensatz entstammt dem For-schungsprojekt der „Berliner Längsschnittstudie zur Lesekompetenzentwicklung von Grundschulkindern“ (BeLesen) des Interdisziplinären Zentrums für Lehr-Lernforschung der Freien Universität (IZLL), welches im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport unter der Leitung von Prof. Dr. Hans Merkens (Freie Universität Berlin) und Prof. Dr. Agi Schründer-Lenzen (Universität Potsdam) durchgeführt wurde (2003/4 bis 2006/7).

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2 Theoretische Erklärungsansätze zur Entstehung von Bildungsungleichheiten

2.1 Problemstellung

Disparitäten im Bildungserfolg aufgrund von Schichtzugehörigkeit sind durch die empirische Sozial- und Bildungsforschung vielfach belegt. Wobei der Bil-dungsbereich eine Dimension sozialer Ungleichheit abbildet, die aber für die Entstehung und Verfestigung ungleicher Lebensverhältnisse bedeutend ist. Unter sozialer Ungleichheit lässt sich im Anschluss an Hradil (1987): „(…) gesell-schaftlich hervorgebrachte, relativ dauerhafte Lebensbedingungen, die es be-stimmten Menschen besser und anderen schlechter erlauben, so zu handeln, daß allgemein anerkannte Lebensziele für sie in Erfüllung gehen“ (S. 9) verstehen. Ebenfalls lässt sich eine Konzentration von bestimmten Benachteiligungen in Minderheitengruppen der Bevölkerung feststellen (vgl. Hradil, 1987). Auch durch die Bildungsexpansion sind herkunftsspezifische Bildungsmuster – mit Ausnahme der Niederlande und Schweden – nicht abgebaut worden. In Deutsch-land zeigt sich eine leichte Angleichung über die Jahre, doch gerade im Zugang zum Gymnasium bestehen weiterhin deutliche Ungleichheiten (vgl. Blossfeld et al., 1993; Erikson & Jonsson, 1996). Dieser Befund wird auch im internationa-len Vergleich deutlich (vgl. u.a. Phillips & Chin, 2005). „Insgesamt brachte die Bildungsexpansion einen Zuwachs an Bildungschancen für alle Sozialgruppen, aber keinen umfassenden Abbau der sozialen Ungleichheit von Bildungschan-cen“ (Becker & Lauterbach, 2004, S.10, Hervorhebung durch die Autoren).

Es existiert nicht nur eine ungleiche statistische Verteilung der Bildungs-chancen bezüglich der sozialen Herkunft sondern es werden auch migrations-spezifische Muster der Ungleichheit innerhalb des Bildungssystems deutlich. Anzunehmen ist, dass im Merkmal Migrationshintergrund eine Reihe von weite-ren Merkmalen gebündelt ist und dieser nicht per se für Bildungsungleichheit sorgt, da sich in der Bildungsbeteiligung auch Unterschiede zwischen den ethni-schen Herkunftsgruppen zeigen (vgl. u. a. Kalter, 2006; Stanat & Christensen, 2006). Vor diesem Hintergrund stellt sich somit die Frage, wie systematische schichtspezifische und ethnische Unterschiede im Bildungsverhalten zustande