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Die ITF und der Kampf gegen den Faschis- mus Internationale Transport- arbeiter-Föderation ¡No pasarán!

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Die ITFund derKampfgegenden

Faschis-mus

Internationale Transport-arbeiter-Föderation

¡No pasarán!

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Internationale Transport-arbeiter-Föderation49-60 Borough Rd,

London SE1 1DR, GroßbritannienTel.: (+4420) 7403 2733

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¡No pasarán! Die ITF und der Kampfgegen den Faschismus

© ITF 2016

Umschlagbild: Plakat aus demSpanischen Bürgerkrieg ausdem Jahr 1936 von Pere Catalá

Vom ITF-Vertreter JaapOldenbroek erstellter

Augenzeugenbericht ausdem Jahr 1933 über die

Situation in Deutschlandnach der Macht-

übernahme der Nazis

ITF-Bericht aus dem Jahr1935 über die gewerk-

schaftlichen Unter-grundnetzwerke

in Nazi-Deutschland

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Der Kampf um die Niederschlagung des Faschismus im 20. Jahr-hundert begann nicht erst mit dem Ausbruch des Zweiten Welt-

kriegs im Jahr 1939. Der antifaschistische Widerstand war schon seitvielen Jahren im Gange. Gewerkschafter/innen waren unter den ers-ten, die die besonderen Gefahren erkannten, die von dieser auf rassi-scher Überlegenheit, Antisemitismus, Militarismus und Diktatur beru-henden, Verderbnis bringenden Ideologie ausging.

Gewerkschaftsaktivist/innen waren eine der Hauptzielscheiben fa-schistischer Repression. In Italien wurden sie nach der Machtüber-nahme Mussolinis im Jahr 1922 auf schwarze Listen gesetzt und be-straft. Streiks wurden gesetzlich verboten und Gegner des faschisti-schen Regimes brutal verfolgt.

Ab 1933 erlitten die Gewerkschafter/innen in Deutschland unter Hit-lers Herrschaft ein ähnliches Schicksal. Gewerkschaften wurden ge-schlossen, ihr Eigentum konfisziert und Tausende von Gewerk-schaftsaktivist/innen in nationalsozialistische Konzentrationslagergeschickt.

Die Gewerkschaften leisteten Widerstand und kämpften in all diesenJahren gegen den Faschismus. In Ländern, die unter der Knute fa-schistischer Diktaturen standen, geschah das heimlich, in anderenLändern, deren Regierungen gegenüber dem Faschismus eine desas-tröse Appeasement-Politik verfolgten, gingen sie hingegen offener vor.

Verkehrsgewerkschaften und die ITF spielten in diesem Kampf eineführende Rolle.

¡NO PASARÁN!Die ITF und der Kampfgegen den Faschismus

Für ITF-Publikationen in den1930er Jahren erstellte Anti-

Nazi-Karikatur

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Die Diktatur von Miklós Horthyin Ungarn war zwar kein erklär-

termaßen faschistisches Re-gime, trug in der Zeit von 1920bis 1944 aber viele repressive,faschistische Züge und führte

Ungarn in ein Bündnis mit Nazi-Deutschland. Im Sommer 1920

organisierte die ITF aus Protestgegen die Verfolgung von Ge-werkschaftsmitgliedern undanderen Regimegegnern eineinternationale Blockade der

Schienengrenzübergänge nachDeutschland. Dadurch sah sich

die Regierung zu Zugeständnis-sen genötigt.

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Von ITF-Gewerkschaften inden 1920er Jahren produzier-tes Italienisches Plakat, dasVerkehrsbeschäftigte zum Wi-derstand gegen den Faschis-mus aufruft.

Nachdem Mussolini an dieMacht kam, wurden in Italienüber 30.000 Bahnbeschäftigteentlassen. Die Hauptge-schäftsstelle der Gewerk-schaft wurde geschlossen,ihre Führungskräfte wurdenverhaftet und erst wieder frei-gelassen, nachdem die ITFüber die Internationale Ar-beitsorganisation Druck aus-übte. Nach demselben Musterwurden in allen Sektoren derVerkehrswirtschaft Repressio-nen ausgeübt. Ab 1926 warennur noch faschistische Organi-sationen zur Vertretung derBeschäftigten berechtigt.

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Nach Hitlers Aufstieg zur Macht im Jahr 1933 beteiligte sich dieITF, die damals ihrem Sitz in Amsterdam (Niederlande) hatte,

aktiv an antinationalsozialistischen Untergrundaktivitäten in Deutsch-land. ITF-Funktionär/innen führten verdeckte Missionen aus, undüber geheime Gewerkschaftsnetzwerke wurden antifaschistischeFlugblätter und Mitteilungsblätter verteilt.

Bei Entdeckung drohte den Gewerkschafter/innen jedoch enorme Ge-fahr. Hermann Jochade, ITF-Präsident von 1904 bis 1916 und Vorsit-zender des verbotenen Einheitsverbands der Eisenbahner Deutsch-lands, wurde von KZ-Wächtern im Jahr 1939 zu Tode geprügelt.

Er war nicht der einzige führende Verkehrsgewerkschafter, der durchdie Hand der Nationalsozialisten starb. Ludvik Buland von der nor-wegischen Eisenbahngewerkschaft Norsk Jernbaneforbund (NJF) undPierre Semard von der französischen Föderation der Bahnbeschäftig-ten Fédération des cheminots CGT wurden ebenfalls ermordet.

Im Jahr 1933 begann die ITF mit der Publikation der vierzehntägigerscheinenden Zeitschrift Hakenkreuz über Deutschland. Sie wurdespäter in Faschismus umbenannt und weitete ihre Berichterstattungauf Italien, Österreich, Spanien und Portugal aus. Sie erschien biszum Ende des Zweitens Weltkriegs 1945.

Die meisten dieser Druckwerke stammten aus den Niederlanden undwurden von den Skippern und Besatzungen holländischer Binnen-schiffe nach Deutschland geschmuggelt. Diese Aktionen trugen dazubei, dass in Holland schon früh das politische Bewusstsein gegen denFaschismus geweckt wurde und viele Niederländer/innen Erfahrun-gen in geheimen Operationen und dem Aufbau von Untergrundorga-nisationen sammelten – die sich im Zweiten Weltkrieg als nützlich er-weisen würden.

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HermannJochade: von

den Nazisermordet

Die antifaschistische Zeit-schrift Faschismus wurde von

der ITF bis zum Jahr 1945publiziert

ANTI-NAZI-AKTIVITÄTEN

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Auf einer Gedenktafelin der Geschäftsstelleder Gewerkschaft derBeschäftigten bei den

Bahnen und immaritimen Sektor

RMT in London sinddie Namen der bri-

tischen Seeleute undBahnbeschäftigteneingraviert, die frei-

willig am SpanischenBürgerkrieg teil-

nahmen.

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Von 1936 bis 1939 konzentrierte sich der internationale Kampfgegen den Faschismus auf die Verteidigung der Spanischen Re-

publik gegen einen von General Franco angeführten und von Hitlerund Mussolini unterstützten Aufstand.

Im Spanischen Bürgerkrieg beteiligten sich die ITF und Verkehrsge-werkschaften in aller Welt aktiv an den Bemühungen, eine weiterefaschistische Machtübernahme in Europa zu verhindern.

Sie warnten davor, dass ein Sieg Francos zur Erstarkung der faschisti-schen Diktatoren führen und unvermeidlich in einen katastrophalenWeltkrieg münden werde. Sie sollten Recht behalten: Im September1939, nur fünf Monate nach der Niederlage der Spanischen Republikerklärten Großbritannien und Frankreich Hitler-Deutschland denKrieg.

Hunderte von Verkehrsbeschäftigten schlossen sich auch den Interna-tionalen Brigaden an, den 35.000 Freiwilligen aus über 50 Ländern,die in einer beeindruckenden Demonstration internationaler Solidari-tät zu den Waffen griffen, um für die Spanische Republik zu kämpfen.

Gewerkschaften waren zudem maßgeblich an humanitären Aktionenbeteiligt, bei denen Nahrungsmittel und medizinische Versorgungsgü-ter nach Spanien geschickt und Kriegsflüchtlinge unterstützt wurden.

Die Spanische Republik hatte Sozialreformen eingeführt, Frauen dasWahlrecht erteilt, den Bildungsbereich ausgebaut und Machtkompe-tenzen aus Madrid abgezogen.

Diese Maßnahmen waren den faschistischen und reaktionären Kräftender spanischen Gesellschaft ein Dorn im Auge. Die westlichen Demo-kratien hielten sich indessen aus dem Krieg heraus und verboten Waf-fenverkäufe an die Republik, womit sie deren Niederlage besiegelten.

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Die ITF erstellte geheimeBerichte über Waffen-

lieferungen und Truppen-bewegungen im faschistisch

besetzten Teil Spaniens.

DER SPANISCHE BÜRGERKRIEG

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Der internationale Brigadist Jack Jones, einHafenbeschäftigter aus Liverpool, war von 1969 bis

1978 der Generalsekretär der größten britischenGewerkschaft Transport and General Workers'Union (TGWU). In dieser Zeit war er auch Vize-präsident der ITF. Das Foto rechts zeigt ihn (inLederjacke) mit anderen internationalen Briga-

disten vor der Schlacht am Ebro im Sommer 1938.

Britische Freiwillige nann-ten ihre Einheit nach TomMann, dem ITF-Präsidentenvon 1896 bis 1901 (Barce-lona im September 1936).

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Großbritannien und Frankreich betrieben eine Nichteinmischungs-politik und verschlossen die Augen vor Angriffen auf Schiffe, diemit dem republikanischen Spanien rechtmäßig Handel trieben. Beidiesen Angriffen deutscher und italienischer Bomber und U-Bootewurden Hunderte von Seeleuten getötet und verletzt. Mindestens 29 britische Schiffe wurden versenkt.

Nur die Sowjetunion und Mexiko standen der Republik zur Seite.Ihre Hilfe wurde jedoch von der weitaus überlegenen Zahl vonWaffen, Flugzeugen und Truppen, die das faschistische Italien undHitler-Deutschland zur Unterstützung Francos entsandten, in denSchatten gestellt. Weitere Stärkung wurde Franco von Seiten wohl-gesonnener US-Unternehmen zuteil, die ihm lebenswichtiges Erdölund Lkws verkauften.

Der Spanische Bürgerkrieg war der erste große "moderne" Krieg un-serer Zeit. Zivilbevölkerung und Ballungszentren wurden von denFaschisten bewusst als Zielscheiben gewählt. Ein Beispiel dafür, dieBombardierung von Guernica, wurde in einem Gemälde desselbenNamens festgehalten, das Pablo Picasso für die Spanische Republikmalte.

Wie später im Zweiten Weltkrieg wurden im Bürgerkrieg mehr Zi-vilpersonen als Kämpfer/innen getötet. Der Anblick von Flüchtlin-gen, die zu Tausenden vor den vorrückenden faschistischen Truppenin Spanien flohen, sollte sich bald in weiten Teilen Europas wieder-holen.

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Dieses spanische Plakat ausdem Jahr 1937 besagt: "AlleVölker der Welt stehen dem

spanischen Volk in den Inter-nationalen Brigaden zur

Seite."

Das britische Schiff Stanwellnach einem Bombenangriff auf

den Hafen von Tarragona.

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Während des Spanischen Bürger-kriegs strahlte eine Gruppe exilierterdeutscher Antifaschisten regelmäßigRadiosendungen aus Barcelona undMadrid zur Unterstützung des Wider-stands in Deutschland aus. Unter an-derem wurden Vorträge von Politikernund Schriftstellern übertragen, dieoftmals in Paris aufgenommen unddann nach Spanien gebracht wurden.In den Sendungen wurde die ITF-Un-tergrundzeitung Faschismus erwähnt.

Der Künstler John Heartfield gestalte-te dieses Werbeplakat für die Radio-übertragungen.

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Der Aufruf zur Unterstützung der Spanischen Republik hatte zurFolge, dass viele Schiffe mit Kurs auf von Franco-Truppen ge-

haltene Häfen durch Gewerkschaftsaktionen boykottiert wurden. DieITF sammelte Spenden für die Entsendung von Lebensmittelschiffenins republikanische Spanien, und ITF-Generalsekretär Edo Fimmenund weitere Führungskräfte der ITF reisten zur Koordinierung derHilfsmaßnahmen mehrmals nach Spanien.

Einem Bericht zufolge hatte die ITF sogar ihre eigene Einheit, dieauf der Seite der antifaschistischen Milizen kämpfte.

Seit dem Kriegsausbruch rief die ITF die ihr angeschlossenen Ge-werkschaften auf, alle Lieferungen nach Spanien zu inspizieren, umWaffenlieferungen an die Aufständischen zu verhindern.

Bei ihren Aufenthalten in Spanien trafen Führungskräfte der ITF mitspanischen Verkehrsgewerkschaften zusammen, um die Unterstüt-zung zu koordinieren. Zwei Krankenwagen wurden gespendet, undzur Unterstützung der Angehörigen von im Kampf gefallenen Mit-gliedern von Verkehrsgewerkschaften wurde ein Sonderfonds einge-richtet.

Skandinavische Verkehrsgewerkschaften forderten einen völligenHandelsboykott Franco-Spaniens. Dies stieß jedoch auf den Wider-stand britischer Gewerkschaften, die sich der Nichteinmischungs-politik ihrer Regierung nicht entgegenstellen wollten.

Mehrere Einzelgewerkschaften griffen jedoch ein, namentlich dieHafenbeschäftigten in Antwerpen (Belgien).

Der Norsk Transportarbeiderforbund (NTF) rief im August 1936 alleörtlichen Geschäftsstellen in einem Rundschreiben dazu auf, übernorwegische Häfen geleitete Waffen- und Munitionslieferungen insfaschistische Spanien zu kontrollieren und zu stoppen.

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Dieser ITF-Bericht informiertüber U-Boot-Aktivitäten rund

um Spanien in den 12 Monatenvor Februar 1938.

UNTERSTÜTZUNG FÜR SPANIEN

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Eine von der ITF inMexiko organisierte

antifaschistischeHilfskonferenz für

Spanien im Jahr 1938

Der berühmte belgische Gewerk-schafter Omer Becu – der in der Zeit

von 1947 bis 1960 zunächst Präsidentund dann Generalsekretär der ITF war –organisierte den Waffenschmuggel insrepublikanische Spanien an Bord der

Raymond. Dafür wurde er 1937 verhaftetund kam für kurze Zeit ins Gefängnis.

Während des Zweiten Weltkriegs lebteBecu im Exil in London und New York,wo er als Generalsekretär der Inter-national Mercantile Marine Officers’

Association (IMMOA) eng mit den Alli-ierten zusammenarbeitete, insbeson-dere dem Office for Strategic Studies(OSS), einem Kriegsgeheimdienst der

USA. Becu warb weitere Spitzenge-werkschafter für das OSS an und bauteein Spionageabwehrnetz auf, das einen

wichtigen Beitrag zum Kampf gegendeutsche U-Boote leistete.

Eine belgischeZeitung be-richtet über

die Verhaftungvon Omer Becu

wegenWaffen-

schmuggelsnach Spanien.

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Zur gleichen Zeit startete der nationale norwegische Gewerkschafts-verband Arbeidernes Faglige Landsorganisasjon (AFL) mit Unterstüt-zung des NTF eine Solidaritätskampagne, um Mittel für die finan-zielle Unterstützung spanischer Gewerkschaften und der Sozialisti-schen Partei Spaniens aufzubringen.

Im Herbst 1936 plädierte die norwegische SeeleutegewerkschaftNorsk Sjømannsforbund (NSF) für die Blockade aller von den Fa-schisten gehaltenen Häfen Spaniens. Sie forderte ihre Mitglieder auf,von Schiffen, die diese Häfen anliefen, abzumustern.

Über 550 Dänen, die meisten von ihnen Seeleute, gingen nach Spa-nien, um sich den Internationalen Brigaden anzuschließen.

Richard Jensen, der Vorsitzende der dänischen Gewerkschaft derMarinemechaniker, wurde Agent bei einer der spanischen Regierunggehörenden Schifffahrtsgesellschaft. Er kaufte und charterte Schiffe,meist mit dänischen Besatzungen, und schmuggelte Munition undWaffen in die Spanische Republik.

In Deutschland gelang es dem geheimen Informationsnetzwerk derITF, vor allem von den Beschäftigten im Hamburger Hafen Informa-tionen über Waffenlieferungen an Hitlers Legion Condor in Spanienzu erhalten.

Auch in den Häfen von Cardiff, Rotterdam, Antwerpen und Gdyniawurden Beobachtungsposten der ITF eingerichtet, um den Schiffs-verkehr nach Spanien zu überwachen. Zahlreiche Waffen- und Muni-tionslieferungen wurden gestoppt.

Seeleute in von Franco gehaltenen Häfen übermittelten der ITF auchmilitärische Informationen, die dann an die spanischen republikani-schen Stellen weitergeleitet wurde.

Als Ende 1938 jedoch klar wurde, dass Franco gewinnen würde, ver-lagerte die ITF ihr Engagement in Spanien mehr und mehr auf dieUnterstützung von Flüchtlingen.

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Beschäftigte im HamburgerHafen, von wo aus die Einheitenvon Hitlers Legion Condor nach

Spanien verschifft wurden,überwachten heimlich die

Schiffstransporte insfrankistische Spanien.

Flugzeugteile warten imHamburger Hafen auf dieVerladung auf ein Schiff

mit Kurs auf Spanien.

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Die in Antwerpen publizierte antifaschistische ZeitungDie Schiffahrt wurde unter deutschen Seeleuten verteilt

und in Antwerpen, Rotterdam und weiteren Häfen inDänemark, Norwegen und den USA verbreitet.

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Der folgende Text ist ein Auszug aus der illegalen deutschen ITF-Zeitung Die Schiffahrt, die von 1936 bis 1938 publiziert wurde,

mit der Überschrift "Spanien"…

Der Kampf der werktätigen Bevölkerung Spaniens gegen die reaktionä-re, faschistische Militärclique geht weiter. Jeder Arbeiter, jeder Bauer,jeder Seemann u. jeder Angestellte weiss heute, worum der Kampf geht.Die Werktätigen kämpfen für Freiheit und Brot, d.h. ein sozialistischesSpanien.

Die Rebellengeneräle kämpfen für die Unterdrückung der Arbeiterund ihrer Gewerkschaften und politischen Parteien. Sie wollen die Herr-schaft des profitgierigen Kapitalismus, des reaktionären Grossgrund-besitzes und die Macht der finsteren spanischen Geistlichkeit vereinigenin einer fortschrittsfeindlichen Diktatur.

Die deutsche Gruppe der I.T.F. hat der Solidarität aller deutschenSeeleute und Binnenschiffer praktischen Ausdruck gegeben, indem eineReihe ihrer Vertrauensleute und Aktivsten nach Spanien gegangen sind,um auf der Seite der Volksfrontregierung an den Kämpfen gegen dieFaschisten teilzunehmen.

Deutsche Seeleute! Meldet alle Waffentransporte die aus deutschenHäfen an die spanischen Faschisten abgehen! Verhindert solche Trans-porte unter Anwendung aller Mittel!

Nieder mit dem Faschismus! Es lebe der Sieg der spanischen Arbeiterund Bauern!

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Auszüge aus Berichten, die der ITF im Jahr 1938

von entkommenen Insassendeutscher Konzentrations-

lager übergeben wurden

SOLIDARITÄT DER SEELEUTE

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Edo Fimmen (oben) und NathanNathans (unten)

In den 1930er Jahren befand sich der Hauptsitz der ITF inAmsterdam. In Erwartung des Krieges wurde der Groß-teil des ITF-Personals im August 1939 nach London ver-legt. Arie Treurniet bleib freiwillig als Einziger zurück,um im Büro in Amsterdam die Stellung zu halten. Dortwar er dann auch, als die Nazis ein Jahr später in dieNiederlande einfielen. Er wurde kurz darauf verhaftetund verbrachte über zwei Jahre im KonzentrationslagerBuchenwald.

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Drei Holländer an der Spitze der ITF werden eng mit dem anti-faschistischen Kampf in Verbindung gebracht.

Edo Fimmen führte die ITF als ihr Generalsekretär durch die Zeit desAufstiegs des Faschismus in Europa. Er nahm die Untergrundtätig-keit in Nazi-Deutschland in die eigenen Hände und war ein starkerVerfechter der Demokratie in Spanien.

Nathan Nathans, ein ehemaliger Angestellter der niederländischenEisenbahn, fungierte seit 1924 als stellvertretender Generalsekretärder ITF. Er setzte sich in den ersten Monaten des Spanischen Bür-gerkriegs unermüdlich für die Spanische Republik ein, bis er 1937während einer Hilfsmission für spanische Flüchtlinge bei einemFlugzeugabsturz ums Leben kam.

Auf Fimmen, der 1942 starb, folgte ein weiterer Holländer in dasAmt des ITF-Generalsekretärs: Jaap Oldenbroek. (Er wurde 1949zum ersten Generalsekretär des Internationalen Bunds Freier Ge-werkschaften ernannt.)

Oldenbroek arbeitete über das Untergrundnetz der ITF-Gewerk-schaften mit den Geheimdiensten der Alliierten zusammen, um denNazismus zu besiegen. Er beaufsichtigte zahlreiche verdeckte Ope-rationen, darunter auch Sabotageakte gegen Verkehrseinrichtungender Achsenmächte.

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Ein Brief des exiliertendeutschen Antifaschisten

Willy Brandt an ITF-Generalsekretär

Edo Fimmen

HOLLÄNDER AM RUDER

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Weitere Informationen

� ‘The International TransportworkersFederation 1914-1945: The Edo FimmenEra’ von Bob Reinalda (Hrsg.), Stich-ting beheer IISG: Amsterdam, 1997

� ‘Solidarity: The First 100 Years of theInternational Transport Workers’ Fede-ration (kein Autor), Pluto Press: Lon-don, 1996

� ‘Widerstand und internationale So-lidarität. Die Internationale Transport-arbeiter-Föderation (ITF) im Wider-stand gegen den Nationalsozialismus’von Dieter Nelles, Klartext Verlag,Essen, 2001

� ‘La Marina Mercante y el TráficoMarítimo en la Guerra Civil’ von RafaelGonzález Etchegaray, Editorial SanMartín, Madrid, 1977

� ITF-Archive im Modern RecordsCentre, University of Warwick; siehewww2.warwick.ac.uk/services/library/mrc/studying/docs/antifascism

� Artikel auf der Website von StichtingSpanje 1936-1939, Dutch InternationalBrigades memorial association:https://spanje3639.org/2015/04/24/zender-298

� Siehe auch das finnische ‘Train toSpain’-Projekt zur Erinnerung an dieskandinavischen Freiwilligen im Spa-nischen Bürgerkrieg, an dem Künstler/innen, Historiker/innen und Gewerk-schaftsaktivist/innen beteiligt sind:www.atraintospain.com

� ITF-Zeitung Die Schiffahrt, Nr. 10,November 1936: http://library.fes.de/itf/pdf/schiffahrt/1936/schiffahrt_1936_10.pdf

Der heroische Einsatz von Verkehrsgewerkschaftern, die gegenden Faschismus antraten, verdient es, heute nicht in Vergessen-

heit zu geraten. In den ersten Jahrzehnten des letzten Jahrhundertserlebte der moderne Faschismus seinen Aufstieg, eine Verderbnisbringende Gesinnung, die im 21. Jahrhundert noch lebendig ist –wenngleich sie ihr wahres Wesen zu verbergen sucht. Faschistischmotivierte Einstellungen haben noch immer die Macht, die Beschäf-tigten zu spalten, rassische und ethnische Auseinandersetzungen zuprovozieren, Menschenrechte mit Füßen zu treten – und Kriege zuverursachen.

Gewerkschaften in aller Welt müssen angesichts dieser Herausforde-rungen stets wachsam sein. Dabei können wir uns von der Genera-tion mutiger Verkehrsgewerkschafter inspirieren lassen, die in Spa-nien allen Widrigkeiten zum Trotz und oft unter Aufopferung ihresLebens als erste Antifaschisten erklärten: "Sie werden nicht durch-kommen!" – "¡No pasarán!"

WIDER DAS VERGESSEN

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"Geld für Hitler heißt Krieg in Europa": Von der ITF in den 1930er Jahren verbreiteter Anti-Nazi-Aufkleber

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Die von Mick Jones zum100-jährigen Bestehen

der ITF im Jahr 1996gestaltete Gedenktafel

verweist auf die Rolle der ITF

im Kampf gegen den

Faschismus.

Mit freundlichem Dank an

�Rien Dijkstra von Stichting Spanje 1936-1939,Amsterdam

�Tore Are Johansen von Arbeiderbevegelsens Arkivog Bibliotek, Oslo

�Reinhardt Silbermann vom Kämpfer und Freundeder Spanischen Republik 1936-1939 e.V., Hamburg

Dieses Projekt wurdeauch von der britischenLokführergewerkschaftASLEF und der norwegi-schen Lokführergewerk-schaft NLF unterstützt.

Der Verfasser dieses Heftes istJim Jump vom International BrigadeMemorial Trust, London (Groß-britannien).

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Kampf gegen den Faschismus