November 2018 Praxis Journal - onkologie-velbert.de · Journal – ein Wunder? O nkologen sind...

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Ob Schritte oder Kalorien zählen, Körpergewicht oder Laborwerte dokumentieren: Gesundheits-Apps bieten durchaus die Möglich- keit, den eigenen Gesundheitszustand über die Zeit zu dokumentie- ren. Letztlich können sie dadurch sogar gesundheitsfördernd wirken, weil sie ihre Nutzer zu aktiver Auseinandersetzung mit Gesundheit und Krankheit motivieren. Gesundheits-Apps wollen allerdings immer mit mehr oder weniger sensiblen Daten gefüttert werden. Und spätes- tens da stellen sich ein paar Fragen: Wer hat Zugriff auf diese Daten? Können nicht vielleicht doch anfangs verborgene Kosten anfallen? Wie lassen sich Daten wieder löschen? Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. hat eine Checkliste herausgegeben, die konkrete Kriterien zur Be- wertung einer Gesundheits-App auflistet. Dazu gehören beispielsweise ein Impressum, eine leicht zugängliche Datenschutzerklärung, ein regelmäßiges Update mindestens alle 6 Monate sowie der Hinweis, dass die Nutzung einer Gesundheits-App keinesfalls den Besuch bei einer Ärztin oder einem Arzt ersetzt. Die Checkliste steht zum kostenlosen Download zur Verfügung unter www.aps-ev.de/patienteninformation/. TI A PA D UN G ALISIERUN TA G DI IT TION TIENTENINFORMA A PA P P P IT DIG TA ALISIERUNG UND PA AT HERHEIT C N TIENTENSI TIENTENSICHERHEIT pps A Gesundheits- on utzung v N Checkliste für die Checkliste für Gesundheits-Apps Menschen mit Krebs haben einen nahezu unstillba- ren Hunger nach Information. Und das ist verständ- lich; denn schließlich will man auf keinen Fall auch nur den Hauch einer Chance auf eine neue Behand- lungsmöglichkeit verpassen. In dieser Situation kann es geschehen, dass Betroffene, die mit Informationen aus dem Internet normalerweise durchaus kritisch umgehen, Nachrichten für bare Münze nehmen, die aus nicht eindeutig identifizierbarer oder einwand- freier Quelle stammen. Deshalb unser Rat: Wenn Sie im Internet recherchie- ren, achten Sie auf den Absender der Information. Uneingeschränkt empfehlen können wir Ihnen im deutschen Sprachraum zumindest zwei Quellen: www.krebsinformation.de des deutschen Krebsfor- schungszentrums in Heidelberg sowie www.deut- sche-krebsgesellschaft.de, das ist die Infoseite der ärztlichen Fachgesellschaft für Krebsmedizin. Und übrigens: Selbstverständlich sind die Inhalte in unserem PraxisJournal sehr sorgfältig erstellt worden und auf die Bedürfnisse unserer Patienten angepasst. Auf das, was Sie hier lesen, können Sie sich verlassen. Herzlichst Ihr Praxisteam Dr. Naser Kalhori, Dr. Arnd Nusch und Dr. Werner Langer Liebe Patientin, lieber Patient, November 2018 Nur für unsere Patienten, nicht zur Weitergabe bestimmt. Praxis Journal Überblick Spontanheilung bei Krebs- erkrankungen – Wunder lassen sich nicht erzwingen Nachgefragt Was genau ist eigentlich Psycho-Onkologie? Therapie Schmerzen und Schmerzbehandlung – Schmerztherapie ist immer individuell Ratgeber Worauf Angehörige und Mitbewohner im Zusam- menleben achten sollten Ernährung Kurzzeitfasten – Auf keinen Fall auf eigene Faust fasten! Aktuelle Meldungen Händewaschen – für Krebspatienten besonders wichtig Auch Jungen gegen HPV impfen Nobelpreis für Medizin verliehen Neue Patientenleitlinie zu fortgeschrittenem Prostatakrebs 2 4 5 6 8 7 Dr. med. Naser Kalhori · Dr. med. Arnd Nusch · Dr. med. Werner Langer Praxis für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie Friedrichstraße 311 · 42551 Velbert Tel. 02051 / 31 25 11 · Fax 02051 / 31 25 13 Sprechzeiten: Mo, Di, Do 8 – 16.30 Uhr; Mi, Fr 8 – 14 Uhr Mülheimer Str. 37 · 40878 Ratingen Tel. 02102 / 892 47 30 · Fax 02102 / 892 47 31 Sprechzeiten: Mo – Do 8 – 14 Uhr und nach Vereinbarung MVZ am EVK Mettmann Gartenstr. 2 · 40822 Mettmann Tel. 02104 / 8193 990 · Fax 02104 / 8193 993 Sprechzeiten: Mi, Do, Fr 8 – 13 Uhr und nach Vereinbarung E-Mail: [email protected] [email protected] [email protected] Web: www.onkologie-velbert.de Impressum © 36 | 11 | 2018, LUKON GmbH ISSN 1436-0942 Lukon Verlagsgesellschaft mbH Postfach 600516, 81205 München Redaktion: Tina Schreck, Ludger Wahlers (verantwortlich) Anzeigen: Lisa Westermann, Anschrift wie Verlag Grafik-Design, Illustration: Charlotte Schmitz Druck: flyeralarm GmbH

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Ob Schritte oder Kalorien zählen, Körpergewicht oder Laborwertedokumentieren: Gesundheits-Apps bieten durchaus die Möglich-keit, den eigenen Gesundheitszustand über die Zeit zu dokumentie-ren. Letztlich können sie dadurch sogar gesundheitsfördernd wirken,weil sie ihre Nutzer zu aktiver Auseinandersetzung mit Gesundheitund Krankheit motivieren. Gesundheits-Apps wollen allerdings immermit mehr oder weniger sensiblen Daten gefüttert werden. Und spätes-tens da stellen sich ein paar Fragen: Wer hat Zugriff auf diese Daten?Können nicht vielleicht doch anfangs verborgene Kosten anfallen? Wielassen sich Daten wieder löschen?

Das Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. hat eine Checkliste herausgegeben, die konkrete Kriterien zur Be-wertung einer Gesundheits-App auflistet. Dazu gehören beispielsweise ein Impressum, eine leicht zugänglicheDatenschutzerklärung, ein regelmäßiges Update mindestens alle 6 Monate sowie der Hinweis, dass die Nutzungeiner Gesundheits-App keinesfalls den Besuch bei einer Ärztin oder einem Arzt ersetzt.

Die Checkliste steht zum kostenlosen Download zur Verfügung unter www.aps-ev.de/patienteninformation/.

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onutzung v

NCheckliste für die

Checkliste für Gesundheits-Apps

Menschen mit Krebs haben einen nahezu unstillba-ren Hunger nach Information. Und das ist verständ-lich; denn schließlich will man auf keinen Fall auchnur den Hauch einer Chance auf eine neue Behand-lungsmöglichkeit verpassen. In dieser Situation kannes geschehen, dass Betroffene, die mit Informationenaus dem Internet normalerweise durchaus kritischumgehen, Nachrichten für bare Münze nehmen, dieaus nicht eindeutig identifizierbarer oder einwand-freier Quelle stammen.

Deshalb unser Rat: Wenn Sie im Internet recherchie-ren, achten Sie auf den Absender der Information.Uneingeschränkt empfehlen können wir Ihnen im

deutschen Sprachraum zumindest zwei Quellen:www.krebsinformation.de des deutschen Krebsfor-schungszentrums in Heidelberg sowie www.deut-sche-krebsgesellschaft.de, das ist die Infoseite derärztlichen Fachgesellschaft für Krebsmedizin.

Und übrigens: Selbstverständlich sind die Inhalte inunserem PraxisJournal sehr sorgfältig erstellt wordenund auf die Bedürfnisse unserer Patienten angepasst.Auf das, was Sie hier lesen, können Sie sich verlassen.

Herzlichst Ihr Praxisteam Dr. Naser Kalhori, Dr. Arnd Nusch und Dr. Werner Langer

Liebe Patientin,lieber Patient,

November 2018

Nur für unsere Patienten, nicht zur Weitergabe bestimmt.

PraxisJournal

ÜberblickSpontanheilung bei Krebs-erkrankungen – Wunder lassen sich nicht erzwingen

NachgefragtWas genau ist eigentlich Psycho-Onkologie?

TherapieSchmerzen und Schmerzbehandlung –Schmerztherapie ist immer individuell

RatgeberWorauf Angehörige und Mit bewohner im Zusam-menleben achten sollten

Ernährung Kurzzeitfasten – Auf keinenFall auf eigene Faust fasten!

Aktuelle Meldungen Händewaschen – für Krebspatienten besonderswichtig

Auch Jungen gegen HPV impfen

Nobelpreis für Medizin verliehen

Neue Patientenleitlinie zu fortgeschrittenem Prostatakrebs

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Dr. med. Naser Kalhori · Dr. med. Arnd Nusch · Dr. med. Werner Langer Praxis für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische OnkologieFriedrichstraße 311 · 42551 VelbertTel. 02051 / 31 25 11 · Fax 02051 / 31 25 13Sprechzeiten: Mo, Di, Do 8 – 16.30 Uhr; Mi, Fr 8 – 14 UhrMülheimer Str. 37 · 40878 RatingenTel. 02102 / 892 47 30 · Fax 02102 / 892 47 31Sprechzeiten: Mo – Do 8 – 14 Uhr und nach VereinbarungMVZ am EVK Mettmann Gartenstr. 2 · 40822 MettmannTel. 02104 / 8193 990 · Fax 02104 / 8193 993Sprechzeiten: Mi, Do, Fr 8 – 13 Uhr und nach VereinbarungE-Mail: [email protected] [email protected] [email protected]: www.onkologie-velbert.de

Impressum© 36 | 11 | 2018, LUKON GmbHISSN 1436-0942Lukon Verlagsgesellschaft mbH Postfach 600516, 81205 MünchenRedaktion: Tina Schreck, Ludger Wahlers (verantwortlich)Anzeigen: Lisa Westermann,Anschrift wie VerlagGrafik-Design, Illustration: Charlotte SchmitzDruck: flyeralarm GmbH

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Wenn von einem Wunderdie Rede ist, reagieren ge-standene Onkologen ge-

wöhnlich eher zurückhaltend. Schließlich ar-beiten sie mit naturwissenschaftlich aner-kannten Methoden, sie verstehen sich alsaufgeklärte Ärzte und nicht als Voodoo-Priester. Wunder: das klingt in ihren Ohren,wenn schon nicht nach höheren Mächten,dann zumindest nach niederen Instinkten,nach skrupelloser Geschäftemacherei selbst-ernannter Heiler. Und doch ist es so: Jederauf wissenschaftlicher Basis arbeitendeKrebsspezialist kennt Patienten, bei denenjede Hoffnung auf Heilung aufgegeben wor-den war und bei denen sich dennoch – teil-weise ohne ärztliches Zutun – der Tumorwieder zurückbildete.

Spontanremissionen sind häufigerals ein Sechser im Lotto

Weil sie mit dem Begriff Wunder ihreSchwierigkeiten haben, reden Mediziner lie-ber von Spontanremission: Sie ist definiertals spontane, dauerhafte oder zeitlich be-grenzte Rückbildung des Tumors, ohne dasseine gezielte medizinische Behandlung statt-gefunden hat. Bei der vollständigen oderkompletten Remission (CR) sind Tumorzei-chen überhaupt nicht mehr nachweisbar, beider teilweisen (partiellen) Remission (PR)sind sie um mindestens die Hälfte zurückge-gangen.

Vergleichsweise häufig sind Spontanremis-sionen beim Schwarzen Hautkrebs (Mali-gnes Melanom). Etwa jeder zehnte bis fünf-zehnte Primärtumor soll sich der internatio-nalen Literatur zufolge spontan zurückbil-den. Anders dagegen die Metastasen des

Schwarzen Hautkrebses: Nur bei jedem 400.Patienten tritt diesbezüglich eine Spontan-remission auf.

Auch beim Nierenkrebs beobachten Ärzte inbis zu 7 Prozent der Fälle eine Spontanre-mission, bei langsam voranschreitendenNon-Hodgkin-Lymphomen (NHL) sind eszwischen 5 und 23 Prozent. Ein selten vor-kommender Tumor des Nervensystems, dassogenannte Neuroblastom, kann sich beiKindern in einem bestimmten Stadiumsogar in bis zu 80 Prozent der Fälle spontanzurückbilden.

Spontanremission bedeutet aber nichtzwangsläufig auch Heilung. Genaue Zahlenkennt man nicht, aber Experten gehen davonaus, dass etwa 10 bis 20 Prozent der Spon-tanremissionen dauerhaft anhalten unddamit einer Spontanheilung entsprechen.Umgekehrt kommt der Krebs in 80 bis 90Prozent der Fälle aber wieder zurück.

Vorsicht vor „gemachten Wundern“

Natürlich gibt es auch Wunder, die in Wirk-lichkeit gar keine sind. Wenn jemand plötz-lich und unerwartet von einer lebensbedroh-lichen Erkrankung genesen ist, dann ist es le-gitim nachzufragen, ob das Leiden richtig di-agnostiziert wurde. Nicht jeder verdächtigeSchatten im Röntgenbild ist ein Lungen-krebs, trotzdem empfinden viele Betroffenedie Korrektur der ursprünglich falschen Di-agnose als Mirakel.

Wunder können auch „gemacht“ sein. Prin-zipiell ist das ganz einfach. Man erklärt bei-spielsweise eine völlig harmlose Substanz,die im Blut vorkommt, als Marker für dasWachstum eines Tumors. Wird bei der Blut-

Spontanheilungbei Krebserkrankungen

Ü b e r b l i c k

Haben Sie davon nicht auch schon einmal geträumt? Dass der Krebseinfach wieder verschwindet. Ganz spontan und ohne weitere Behand-lung. Tatsächlich kommen solche Spontanheilungen vor, auch wennunter Fachleuten darüber nur selten offen geredet wird.

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untersuchung die Substanz nachgewiesen,dann gilt das als Zeichen für Tumorwachs-tum. Findet der „Therapeut“ dann Mittel undWege, die Konzentration dieser Substanz imBlut abzusenken, dann steht das für die ver-meintliche Rückbildung des Tumors. Wohl-gemerkt: Kein Tumorwachstum ist bei die-sem kriminellen Handeln beeinflusst worden,lediglich die Konzentration einer harmlosenSubstanz im Blut. Beim Patienten wird aberder Eindruck erweckt, der „Therapeut“ habeein Wunder vollbracht.

Andererseits gibt es auch Wunder, die im Laufder Zeit erklärbar und als Heilerfolg wieder-holbar geworden sind. Vor 35 Jahren bei-spielsweise kam die Rückbildung eines Ho-dentumors einem Wunder gleich. Heute kön-nen mehr als 90 Prozent der betroffenen –meist vergleichsweise jungen – Männer vondiesem Tumor geheilt werden. Aus dem Wun-der von gestern ist der Therapieerfolg vonheute geworden.

Biologische Mechanismen verstehen

Die systematische Beschäftigung mit „wirkli-chen“ Wunder-Phänomenen ist enorm wich-tig; denn dahinter stecken häufig biologischeMechanismen, die der Organismus selbst zurBekämpfung von Tumorwachstum einsetzt.Wenn man diese Mechanismen verstandenhat, lassen sich daraus unter Umständen auchneue Strategien zur Behandlung von bösarti-gen Tumoren ableiten.

Tatsächlich haben sich in der modernenKrebstherapie bereits einige Verfahren etab-liert, die letztlich biologische Modelle der Tu-morbekämpfung nachahmen. Bei der Be-handlung bestimmter Brustkrebsarten wer-den heute beispielsweise Medikamente ein-gesetzt, die den Hormonhaushalt der Frau sobeeinflussen, dass sie die Situation nach denWechseljahren imitieren. Im Labor hergestell-te Antikörper, die exakt eine einzige Strukturauf der Oberfläche bestimmter Krebszellenerkennen, sind unter anderem bei der Be-kämpfung sogenannter Non-Hodgkin-Lym-phome (NHL) schon lange Zeit Standard.

Seit gut drei Jahren ist es bei bestimmtenKrebsarten auch möglich, das Immunsystemdes Patienten gezielt für die Bekämpfung desTumorwachstums zu (re-)aktivieren. Aus-schlaggebend war die Erkenntnis, dass Tumo-ren in der Lage sind, die Abwehrzellen wiedurch das Umlegen eines Schalters gewisser-maßen lahmzulegen und so dem Angriff des

Immunsystems zu entgehen. Mit gezielt wir-kenden Medikamenten, sogenannten Check-point-Inhibitoren, wird das Umlegen diesesSchalters verhindert – und das Immunsystemkann Tumorzellen aktiv bekämpfen. Beson-ders gut gelingt das beim schwarzen Haut-krebs, bei bestimmten Lungenkrebsformenund urologischen Tumoren. Ohne die jahre-lange Beschäftigung mit den zugrunde liegen-den biologischen Mechanismen wären Check-point-Inhibitoren nie entwickelt worden.

Viele offene Fragen

Trotz dieser beeindruckenden Forschungser-folge kann man nicht erwarten, dass sichjedes Wunder oder jede Spontanremissionschon bald erklären lässt. Das biologische Sys-tem Mensch funktioniert nicht so einfach wieein Schalter, der nur auf An oder Aus stehenkann.

So lässt sich häufig nicht genau bestimmen,welchen Anteil eine medikamentöse Therapiean der erfolgreichen Bekämpfung eines Tu-mors wirklich hat. Ist es die Wirksubstanz al-lein oder ist es auch die Veränderung der Le-bensumstände seit der Diagnose? Ist es dieAuseinandersetzung mit der Krankheit oderder Entschluss, die Krankheit zunächst zuverdrängen? Welche Rolle spielt die Unter-stützung durch das soziale Umfeld?

Wunder lassen sich nicht erzwingen

Eine schlüssige Antwort auf diese Fragen gibtes bisher nicht, und ob es sie jemals gebenwird, erscheint aus Sicht eines Patienten zu-

nächst zweitrangig. Denn es gilt, erst einmaldie Erkrankung möglichst wirkungsvoll zubehandeln und gegebenenfalls auch die Tat-sache zu bewältigen, dass eine komplette Hei-lung nicht möglich ist.

Festzuhalten ist, dass unerklärbare Heilungs-verläufe in der Krebsbehandlung häufiger

sind als gemeinhin angenommen. Festzuhal-ten ist auch, dass sich Wunder nicht erzwin-gen lassen. Es ist bisher nicht gelungen, zwi-schen dem Auftreten von Spontanremissio-nen einerseits und willentlicher Anstrengung,bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen, fes-ten Überzeugungen oder dem Umgang mitder Erkrankung andererseits einen Zusam-menhang herzustellen.

Keine individuelle Prognose

Das Phänomen der Spontanremissionen re-lativiert auch den Wert von sogenanntenPrognosen. Viele Patienten wollen wissen, wieviel Zeit ihnen noch bleibt. Es gibt große Stu-dien, in denen die mediane Überlebenszeit inAbhängigkeit von einer bestimmten Therapieuntersucht wurde; diese Ergebnisse lassensich jedoch nie auf den Einzelfall übertragen– gerade wegen der immer wieder möglichenüberraschenden Wendung im Krankheitsge-schehen. Oder anders ausgedrückt: Wenn Sievon medianer Überlebenszeit hören, dannmachen Sie sich klar, dass jedem zweiten Pa-tienten mehr Zeit verbleibt als die dort ange-gebenen Monate oder Jahre.

Falsche Heilsversprechen

Und noch ein Rat: Seien Sie misstrauisch,wenn Ihnen jemand Heilung oder gar Wun-derheilung verspricht. Heilsversprechen oderauch nur die Aussicht auf Heilung bei schwe-ren Tumorerkrankungen ohne objektivenWirksamkeitsnachweis sind unlauter, imschlimmsten Fall kriminell, spätestens dann,wenn mit Angst oder der möglichen Aussicht

auf Heilung Geschäfte großen Stils gemachtwerden.

Sie haben das Recht, alles zu tun, was Ihnengut tut – je offener Sie mit uns darüberreden, was Sie tun, um die Erkrankung zuüberwinden, desto wirkungsvoller könnenwir Sie dabei unterstützen. ‹‹

PraxisJournal

– ein Wunder?

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Onkologen sind Fachleute für Krebserkrankungen; sie kümmern sich in erster Linieum die optimale Behandlung der körper lichen Symptome. Für die psychisch-

seelischen Aspekte der Erkrankung sind Psycho-Onkologen zuständig. Weil uns dazu vonvielen Patienten ähnliche Fragen gestellt werden, haben wir diese gesammelt; so könnenSie unsere Antworten in Ruhe zuhause nachlesen.

Benötigt jeder Krebspatient eine psy-cho-onkologische Betreuung?Nein, keineswegs. Viele Patienten kommenmit der seelischen Verarbeitung ihrer Erkran-kung gut alleine klar. Es ist aber kein Zeichenvon Schwäche, wenn man solch eine Betreu-ung wünscht.

Was genau geschieht denn beim Psy-cho-Onkologen?Das kommt selbstverständlich immer auf denEinzelfall an. Grundsätzlich aber wird zu-nächst die Krankengeschichte noch einmalbesprochen, und zwar nicht nur die medizi-nische. Es geht auch um Fragen zum Arbeits-platz, zur Kinderversorgung oder finanzielleProbleme, aber natürlich auch um die Bezie-hungen zum Partner oder zur Partnerin undandere persönliche Sorgen und Ängste.

Es hilft vielen Patienten sicher schon,über all das zu reden, aber was wird dannkonkret getan?Um zu wissen, was getan werden soll, mussman sich zunächst über das Ziel der Behand-lung klar werden. Zwei wichtige Ziele jederpsycho-onkologischen Behandlung sind:

a) zu lernen, mit der Krankheit zu leben, alsodie Krankheit zu verarbeiten, und b) trotz der Krankheit die Selbständigkeit zu-rückzugewinnen, die man benötigt, um einselbstbestimmtes Leben führen zu können,sprich autonom zu bleiben.

Das hört sich gut an, aber noch einmal: Wie geht das praktisch?

Ganz praktisch wird zunächst versucht, he-rauszufinden, in welchen Bereichen Unter-stützung notwendig ist. Geht es um finanzielleProbleme, kann ein Sozialarbeiter hinzugezo-gen werden, der beim Beantragen von Förder-leistungen unterstützt. Ist das Beziehungsge-füge in der Familie gefährdet, kann es sinnvollsein, die Familie zu einer Familientherapie zubewegen. Hadert der Patient mit seinem Gott,ist er also in einer spirituellen Krise, dann istseelsorgerische Unterstützung notwendig.

Ein Psycho-Onkologe ist also im wesent-lichen Vermittler?Ein guter Psycho-Onkologe versucht zu-nächst, sich einen Gesamt-Eindruck vom Pa-tienten und seiner Krankengeschichte zu ver-schaffen, um dann gezielte Anregungen zurUnterstützung zu geben. Da aber ein Menschallein nicht Experte für alles sein kann, arbei-ten Psycho-Onkologen häufig in einem Netz-werk mit anderen Experten zusammen.

Und was macht der Psycho-Onkologeletztlich selbst?Viele Psycho-Onkologen sind zunächst ein-mal Gesprächspartner des Patienten. Gemein-sam wird besprochen, wie der Patient seineStärke und Selbständigkeit wieder gewinnenkann. Dazu gehören meist ganz einfache, kon-krete Absprachen und Vereinbarungen. EinPatient verspricht etwa, täglich einen Spazier-gang zu machen oder wieder unter Leute zugehen, beispielsweise mit Freunden einenFilm im Kino anzuschauen. In den folgendenSitzungen wird dann besprochen, inwieweitdie Absprachen auch umzusetzen waren.

Sind Psycho-Onkologen eigentlichimmer Psychologen?Alle Psycho-Onkologen haben sich in ihrerAusbildung intensiv mit Psychologie befasst.Als Psycho-Onkologen tätig sind speziell aus-gebildete ärztliche oder psychologische Psy-chotherapeuten und zum Teil auch Sozialar-beiter.

Welche Patienten benötigen eine psycho-onkologische Betreuung?Diejenigen, die mit der Belastung nicht mehrfertig werden, die eine Krebserkrankung be-deutet. Medizinisch ausgedrückt leiden diesePatienten an einer sogenannten schweren Be-lastungsstörung.

Lässt sich sagen, wann diese Beschwer-den bevorzugt auftreten?Häufig nach Abschluss aller therapeutischenMaßnahmen – also nach Operation, Strahlen-oder Chemotherapie. Bis dahin wurde vonärztlicher Seite immer aktiv etwas gegen denKrebs getan, jetzt gibt es nur noch einennächsten Termin für die Nachsorgeunter -suchung. Und der Krebs macht aber weiterAngst, wir nennen das Progredienzangst. EinTeil dieser Patienten sucht dann professionelleHilfe.

Wie kommt man zum Psycho-Onkolo-gen?Indem man den behandelnden Arzt oder diebehandelnde Ärztin um eine Überweisungbittet.

Zahlt die gesetzliche Krankenversiche-rung die Behandlung?Wer in Deutschland eine psycho-onkologi-sche Betreuung benötigt, der erhält sie – auchals Kassenpatient. Für den ambulanten Be-reich gilt, dass der niedergelassene Psychothe-rapeut eine entsprechende Kassenzulassunghaben muss und die Zusatzqualifikation „Psy-cho-Onkologie“ erworben hat. Im Kranken-haus hat jedes Krebs-Organzentrum einenPsycho-Onkologen im Team. ‹‹

Psycho-Onkologie?

Was genau ist eigentlich

Nachgefragt

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Schmerzen und Schmerzbehandlung

Durchschnittlich jeder zweite Krebspatientklagt im Verlauf seiner Krankheit überSchmerzen, in fortgeschrittenen Stadiensind es sogar 70 Prozent. Manche Patientengeraten in einen regelrechten Teufelskreisaus Schmerz und Angst, die sich gegenseitigverstärken. Was also kann man tun?

Die Einstellung „Ein Indianer kennt keinenSchmerz“ ist grundfalsch: Wenn Sie gegenDauerschmerzen nichts tun, trainiert derKörper gewissermaßen die Übertragung vonSchmerzsignalen, und es entwickelt sich einregelrechtes „Schmerzgedächtnis“. Die Folge:Schmerzen verselbständigen sich, ohne dasses eines schmerzauslösenden Reizes bedarf.

Die Behandlung von Schmerzen, die mit einerKrebserkrankung einhergehen, beginnt immermit der Verkleinerung oder Beseitigung desTumors. In diesem Sinn sind also auch Ope-ration, Chemo- und Strahlentherapie Teil einerwirksamen Schmerzbehandlung. Leidet einPatient trotzdem noch unter Schmerzen, müs-sen diese wie eine eigene Krankheit behandeltwerden.

Schmerztherapie ist immer individuellund multimodalSchmerzen werden natürlich mit Medika-menten bekämpft, aber das allein reicht meistnicht aus. Wir verfügen über ein ganzes Arse-nal von Möglichkeiten zur Schmerztherapie.Dazu gehören Bestrahlung, die Blockade oderauch die Stimulation von Nerven, häufig auchMassagen und Krankengymnastik, Akupunk-tur und psychologische Verfahren. Auch mä-ßige, aber regelmäßige körperliche Aktivitätwirkt schmerzlindernd. Schmerztherapie be-steht immer aus vielen Bausteinen, die nach-einander oder teilweise auch gleichzeitig ein-gesetzt werden. Mediziner sagen: Schmerzthe-rapie ist multimodal.

Nicht jeder Therapiebaustein passt zu jedemPatienten, eines aber gilt für alle: Je mehr Siesich selbst an der Schmerzbekämpfung betei-ligen, desto größer sind die Erfolgsaussichtender Schmerzbehandlung. Erfolg bedeutetnicht zwangsläufig absolute Schmerzfreiheit.Von Erfolg sprechen wir, wenn der Patientberichtet, dass die Schmerzen für ihn nun ak-zeptabel sind, weil sie ihn im Alltag nichtmehr beeinträchtigen. Und das gelingt bei 95Prozent aller Schmerzpatienten.

Medikamentöse SchmerztherapieZwei große Gruppen von Schmerzmedika-menten stehen für die Behandlung zur Verfü-gung: Die „leichteren“ Schmerzmittel wirkenin der Regel am Ort der Schmerzentstehung.Zu dieser Gruppe gehören Präparate wie Ace-tylsalicylsäure (ASS), Diclofenac oder Parace-tamol. Wer diese Schmerzmedikamente überlängere Zeit einnehmen muss, benötigt zusätz-lich Präparate zum Schutz der Schleimhaut imMagen-Darm-Trakt.

Die zweite große Medikamentengruppe wirktnicht am Ort der Schmerzentstehung, son-dern beeinflusst die Schmerzweiterleitung und-verarbeitung im Rückenmark und im Ge-hirn. Der bekannteste Wirkstoff ist das Mor-phin. Es handelt sich dabei um einen Bestand-teil des aus dem Schlafmohn stammendenOpiums, weshalb Medikamente dieser Grup-pe auch als Opioide bezeichnet werden. Je

nach Ausmaß der schmerzlindernden Wir-kung unterscheidet man schwache und starkeOpioide.

Medikamente regelmäßig einnehmen!Neben diesen Schmerzmitteln im engerenSinne setzen wir zur Schmerzbekämpfungauch andere Medikamente ein: BestimmteAntidepressiva können ebenso wie einigekrampflösende Mittel die Schmerzempfin-dung dämpfen; sogenannte Bisphosphonatebekämpfen Knochenschmerzen durch Hem-mung des Knochenabbaus. Wichtig istimmer, Medikamente vorschriftsgemäß nacheinem festen Zeitplan einzunehmen – undnicht erst, wenn der Schmerz wieder auftritt,ansonsten entsteht das „Schmerzgedächtnis“.Und dann wird eine Schmerztherapie sehrschwierig.

Werden Sie selbst aktivWenn Dank einer wirksamen Behandlungeine Besserung der Beschwerden zu verzeich-nen ist, wird es Zeit, wieder körperlich aktivzu werden. Meist beginnen entsprechendeMaßnahmen mit einer sanften Physiothera-pie, durch die sich beispielsweise auchschmerzverursachende Fehlhaltungen korri-gieren lassen. Eine auf Ihre Bedürfnisse ange-passte körperliche Aktivität verbessert IhrWohlbefinden. Und auch die Erfahrung, etwasfür sich selbst tun zu können, wirkt schmerz-lindernd – probieren Sie’s aus! ‹‹

PraxisJournalTherapie

Massagen und Krankengymnastik sind ein wichtiger Baustein der erfolgreichen

Schmerzbekämpfung

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Erbrochenen solltendeshalb Handschuhegetragen werden unddas Erbrochene in derToilette mit gründli-chem Nachspülen be-seitigt werden.

Nach einer Infusion oder Medikamentenein-nahme nimmt die Konzentration in den Kör-perflüssigkeiten über die Zeit ab. Am höchstenist sie in den ersten 48 Stunden nach der Verab-reichung oder nach der Einnahme; nach etwaeiner Woche kann man davon ausgehen, dass inStuhl, Urin und anderen Körperflüssigkeitenkein Wirkstoff mehr enthalten ist.

Hygieneregeln einhaltenDie Einnahme von Medikamenten ist überle-benswichtig, und sie darf auf keinen Fall ausSorge um eine mögliche Belastung der Umweltoder der Angehörigen unterbrochen oder aus-gesetzt werden. Angehörige beziehungsweiseMitbewohner können sich in jeder Phase derErkrankung wirkungsvoll und einfach schüt-zen, indem sie ein paar Regeln beachten (sieheKasten).

Soziale Kontakte nicht einschränkenUmarmungen und Zärtlichkeiten sind auchwährend der Chemotherapie erlaubt. Eine Ge-fährdung von Erwachsenen oder Kindern istnicht zu befürchten. Allerdings gilt selbstver-ständlich: Der oder die Patient(in) setzt die

Grenzen. Bei sehr ein-geschränkter Immun-abwehr ist enger Kon-takt wegen der Infekti-onsgefahr unter Um-ständen für den Pa-tienten nicht ohne Ri-siko.

Bei intimen Kontaktensind Kondome ein ab-solutes Muss, denn Ab-

bauprodukte von Krebsmedikamenten sindauch im Sperma und im Vaginalsekret nach-weisbar. Kondome bieten darüber hinausSchutz vor Infektionen und sind Teil der wäh-rend dieser Zeit empfohlenen Verhütungsmaß-nahmen. ‹‹

Die Mehrzahl allerKrebspatienten wirdnach vergleichsweisekurzer Zeit aus demKrankenhaus entlas-sen und dann ambu-lant weiterbehandelt.In der Praxis bekom-men sie Infusionen oder erhalten Tabletten,die zuhause regelmäßig eingenommen wer-den. Die Medikamentenkonzentration inden Körperflüssigkeiten kann zeitweiserecht hoch sein. Und manche Angehörigenbeziehungsweise Mitbewohner fragen sich,ob ein besonderes Risiko besteht, wenn es zuKontakt mit Schweiß, Urin oder anderenAusscheidungen des Patienten kommt.

Um es gleich zu Anfang zu sagen: Das Risikoist vergleichsweise gering, und wer ein paar Hy-gieneregeln einhält, bringt sich nicht selbst inGefahr, wenn er oder sie eine benutzte Windeltauscht oder Erbrochenes beseitigt. Die beiKrebspatienten eingesetzten Medikamente undihre Abbauprodukte werden vor allem überUrin und Stuhlgang ausgeschieden. In Spurensind die meisten Substanzen auch im Schweiß,im Speichel oder in Tränenflüssigkeit nachweis-bar. Die Konzentration von gegebenenfallsschädlichen Stoffen ist in den Medikamentenselbst naturgemäß am höchsten. Einmal in denKörper gelangt, werden sie im Blut und ande-ren Flüssigkeiten allerdings so weit verdünnt,dass Ausscheidungennicht als Gefahrenstof-fe eingestuft werden.Benutzte Windeln,Einmaltücher oder La-texhandschuhe, die beider Pflege verwendetwurden, können ein-fach in der Restmüll-tonne entsorgt werden.

Wirkstoffkonzen-tration nimmt mit der Zeit abBesondere Aufmerksamkeit ist geboten, wennPatienten kurz nach der Einnahme einer vonuns verordneten Tablette erbrechen. In diesemFall kann die Wirkstoffkonzentration in einemhöheren Bereich liegen. Bei der Beseitigung des

Ratgeber

So lassen sich Risiken minimieren

Die wichtigste Maßnahme ist re-gelmäßiges Händewaschen, insbeson-dere nach Kontakt mit Ausscheidun-gen; das gilt im Übrigen auch, wenn –was ebenfalls empfehlenswert ist –Handschuhe getragen worden sind.Schutzkittel sind nicht erforderlich,wenn verschmutzte Kleidung sofortgewechselt und gewaschen wird.

Patienten können auf dieselbe Toi-lette gehen wie ihre Mitbewohner.Nach der Benutzung sollte bei ge-schlossenem Deckel zweimal nachge-spült werden. Verunreinigungen soll-ten sofort sorgfältig und mit einemReinigungsmittel beseitigt werden.

Durch Ausscheidungen verunrei-nigte Kleidung, Bettwäsche, Handtü-cher und ähnliches müssen umgehendgewechselt und am besten getrenntvon der restlichen Wäsche gewaschenwerden. Ist sofortiges Waschen nichtmöglich, sollte die verschmutzte Wä-sche in einem Plastiksack aufbewahrtwerden, der nach Leerung zu entsor-gen ist.

Schwer zu reinigende Polster, Tep-piche, Kissen, Decken und Matratzensollten mit Ausscheidungen nicht inBerührung kommen. Ein Matratzen-schutzbezug ist empfehlenswert. Solltees doch einmal passieren, ist die sorg-fältige Reinigung mit haushaltübli-chen Mitteln notwendig.

mit Krebspatienten Zusammenleben

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Dass die Kombination aus vollwertiger Ernährung und regelmäßiger Bewegungauch für Krebspatienten segensreiche Wirkungen entfaltet, ist mittlerweile all-gemein anerkannt. Dass Krebspatientenaber auch von kurzzeitigem Fasten profi-tieren sollen, dass dadurch sogar die Wir-kung einer medikamentösen Therapie ver-bessert werden kann – das ist eine derzeitäußerst kontrovers diskutierte These.

Vor etwa sechs Jahren sorgte eine US-amerikanische Studie für große Auf-regung in der Fachwelt. In Tierversu-

chen fand eine Gruppe um Valter Longo he-raus, dass kurzzeitiges Fasten die Wirkungeiner Chemotherapie verstärken kann. Offen-bar, so die Theorie, fahren gesunde Zellen beifehlender Nahrungszufuhr ihren Stoffwechselherunter und schützen sich so vor der Wir-kung der aggressiven Therapie. Tumorzellensind dagegen auf ständiges Wachstum, alsoständige Teilung programmiert; sie könnenihren Stoffwechsel nicht herunterfahren undreagieren daher empfindlicher auf eine The-rapie mit zellteilungshemmenden Medika-menten.

Nur wenige Studien mit Krebspatienten

Studien zum Kurzzeitfasten mit Krebspatien-ten gibt es bislang allerdings nur wenige. Eshandelt sich durchweg um Untersuchungenmit sehr kleinen Patientenzahlen, in denengeprüft wurde, ob Fasten für Krebspatientenohne größere Schäden möglich ist. Vier sol-cher kleinerer Studien sind publiziert und dieErgebnisse kann man als ermutigend bezeich-nen: Die Teilnehmer fasteten jeweils mindes-tens 24 Stunden vor bis einige Stunden nachder – höchstens eintägigen – Chemotherapie.Die Nebenwirkungen des Kurzzeitfastenshielten sich in Grenzen. Die Patienten berich-teten in unterschiedlichem Ausmaß über Mü-digkeit, Kopfschmerzen und Schwindel.

Positive Wirkungen waren ein verringertesGefühl von Schwäche, weniger Bauchschmer-zen und Verdauungsprobleme, und auch ei-nige Laborwerte waren durch das Fasten of-fenbar verbessert. Allerdings war keine derStudien geeignet, tatsächlich den Nachweis zuführen, dass Fasten während der Chemothe-rapie objektiv von Nutzen ist. Dafür warendie Patientengruppen nicht nur zu klein, esgab auch keinen systematischen Vergleich vonTeilnehmern, die fasteten, und solchen, diesich weiter normal ernährten.

Kurzzeitfasten

Ernährung

Größere Studien in Vorbereitung

Größere klinische Studien sind jetzt in Vor-bereitung, um den Stellenwert des Kurzzeit-fastens systematisch zu prüfen; angekündigtsind zunächst Untersuchungen mit Brust-krebs-Patientinnen. Und bevor die nicht ab-geschlossen sind, kann man über den Stellen-wert einer zeitlich begrenzten Nahrungska-renz während der Chemotherapie nichtswirklich Abschließendes sagen.

Selbst wenn Sie angesichts der positiven Hin-weise das Fasten für sich persönlich als durch-aus attraktiv bewerten, bedenken Sie bitte,dass selbst Befürworter des Kurzzeitfastensausdrücklich davor warnen, auf eigene Faustzu fasten. Fasten muss in jedem Fall profes-sionell begleitet sein, um nicht zu schaden.Fasten ist mehr, als einfach eine Zeitlang mitdem Essen aufzuhören.

Auf keinen Fall auf eigene Faust fasten!

Wenn das Kurzzeitfasten zum Gewichtsver-lust führt, stellt es sogar einen Risikofaktordar, das ist in vielen großen Studien zweifels-frei nachgewiesen. Also handeln Sie bittenicht vorschnell, sondern reden Sie mit uns,wenn Sie das Thema interessiert. ‹‹

während der Chemo?

PraxisJournal

Page 8: November 2018 Praxis Journal - onkologie-velbert.de · Journal – ein Wunder? O nkologen sind Fachleute für Krebserkrankungen; sie kümmern sich in erster Linie um die optimale

Nobelpreis für Medizin verliehenDer US-Amerikaner James Allison und der Ja-paner Tasuku Honjo sind die diesjährigen Trä-ger des Nobelpreises für Medizin. Die beidenImmunologen haben – so das Nobelkomiteein Stockholm – ein „vollkommen neues Prin-zip der Krebstherapie“ etabliert. Konkret gehtes um die seit etwa drei Jahren breit eingesetz-ten Immun-Checkpoint-Inhibitoren, mitdenen es bei bestimmten Krebsarten gelingt,das körpereigene Immunsystem im Kampfgegen die Tumorzellen zu aktivieren. Die Er-folge in der Therapie des schwarzen Haut-krebses und bestimmter Arten des Lungen-krebses sowie bestimmter urologischer Tumo-ren bezeichnen Experten als bahnbrechend.❮❮

Händewaschen – für Krebspatientenbesonders wichtigDie Bundeszentrale für gesundheitliche Auf-klärung empfiehlt speziell Krebspatienten,sich durch regelmäßiges Händewaschen vorViren und Bakterien zu schützen. 80 Prozentaller Infektionskrankheiten werden über dieHände übertragen. Das passiert unbewusst,wenn man im Bus die Haltestange oder imSupermarkt den Griff des Einkaufswagens be-rührt. Auch wer einem erkälteten Menschendie Hand gibt, erhöht sein Infektionsrisikomassiv. Mit den Händen fährt man sichimmer mal wieder über das Gesicht, unddann ist es geschehen: Viren und Bakterien ge-langen über die Schleimhäute an Augen, Naseund Mund in den Körper. 20 bis 30 SekundenHändewaschen reduziert das Infektionsrisikound kann so dazu beitragen, gesünder durchden Winter zu kommen. ❮❮

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Blutendes Zahnfleisch ist eine häufige Neben-wirkung einer Chemo- oder Strahlentherapie.Die Kariessanierung der Zähne und die sog.

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Neue Patientenleitlinie zu fortgeschrit-tenem ProstatakrebsSeit Mitte Oktober 2018 steht die Patienten-leitlinie für Männer mit fortgeschrittenemProstatakrebs in aktualisierter Form zur Ver-fügung. Sie kann unter www.leitlinienpro-gramm-onkologie.de kostenlos heruntergela-den werden. Angesprochen sind Männer,deren Erkrankung bereits über die Prostataherausgewachsen ist und/oder Tochterge-schwulste gebildet hat. Die Patientenleitliniebasiert auf der medizinischen Leitlinie fürÄrzte. Im Leitlinienprogramm erhältlich sindzwei weitere Broschüren, die sich den Themenbegrenzter Prostatakrebs und Früherkennungvon Prostatakrebs widmen. ❮❮

Auch Jungen gegen HPV impfenEnde August 2018 ist die Empfehlung derständigen Impfkommission (STIKO) des Ro-bert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin in Kraftgetreten, wonach nicht nur Mädchen, sondernauch Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahrengegen humane Papillomviren (HPV) geimpftwerden sollen. Das Ziel ist, dadurch die Zahlder durch HPV verursachten Tumoren zu re-duzieren. Im Jahr 2013 erkrankten nach An-gaben des RKI 1360 Männer an einer Krebs-art, die durch HPV ausgelöst war. Am häufigs-ten wurden bösartige Tumoren des Mund-und Rachenraums registriert, gefolgt vonAnalkarzinomen und Peniskarzinomen. Imgleichen Jahr erkrankten 6240 Frauen an einerdurch HPV ausgelösten Krebserkrankung, dieMehrheit an Gebärmutterhalskrebs, gefolgtvon Analkarzinomen, Vulva- und Vaginaltu-moren sowie Tumoren des Mund-Rachen-Raums.❮❮

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