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Südtiroler Landwirt 1 48. Jahrgang Bozen, 4. März 2005 Nr. 4 Raiffeisenverband Südtirol M I T T E I L U N G E N Mitgliederkonzept sichert Erfolg Sichere Zukunft durch Mitgliederförderung – Seminar mit Prof. Theresia Theurl Wollen Genossenschaften auch in Zukunft erfolgreich bleiben, so tun sie gut daran, ein Mitgliederkonzept zu erar- beiten. Dieser Auffassung ist Theresia Theurl, Direktorin des Instituts für Genossen- schaftswesen an der Universität Münster. W ir leben in einer Epoche der Mit- gliedschaft. Ob Lebensmittelge- schäft, Sportclub oder Fluggesell- schaft viele Unternehmen locken mit Billigangeboten und Vergünstigungen für ihre Club- mitglieder. „Die Mitgliedschaft in einer Genossenschaft ist mehr als nur eine reine Clubmitglied- schaft“, unterstrich Theresia Theurl, seit 1990 geschäfts- führende Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen an der Universität Münster, in ihrem Seminar in Bozen. Nach der Klau- surtagung des Verwaltungsrates des Raiffeisenverbandes, bei der sie als Expertin zugezogen wurde, hielt sie für die Mitglieder der angeschlossenen Obst- und Kel- lereigenossenschaften ein eintägi- ges Seminar, in dem sie über die Zukunft der Genossenschaft refe- rierte. Theurl ist von der Genos- senschaft als moderne Wirt- schaftsform überzeugt. Kern der Genossenschaft ist und bleibt das Mitglied. Dieses bietet heute Wett- bewerbsvorteile, denn es ermög- licht Dauerbeziehungen in einem sehr labil erscheinenden Markt. Neben dem Vorteil der lokalen Verankerung und emotionalen Bindung muss eine Genossen- schaft heute marktgerechte Lösungen anbieten, um die Wert- schöpfungskette zu optimieren, meinte Theurl, die ihr Konzept einer Genossenschaft präsentierte und Wege aufzeigte, wie Genos- senschaften wettbewerbsfähig bleiben können. Mehr dazu im folgenden Gespräch: Raiffeisenverband: Sehr geehrte Frau Prof. Theurl, Obst- und Wein- genossenschaften sind einem immer stärker werdenden globalen Wettbe- werb ausgesetzt. Wie können sie sich dem stellen? Theresia Theurl: Sie können sich dem stellen, indem sie ihren Markt sehr gut kennen und dafür Spezialisten einset- zen, die die Marktentwicklun- gen und Trends einschätzen können. Dann müssen sie ihren Mitgliedern klar aufzeigen, wohin die Entwicklung geht, und diese auch in die Lage ver- setzen, darüber entscheiden zu können. Die Mitglieder sind das Rückgrat einer Genossenschaft. Wie sollte Ihrer Meinung nach ein Mitglieder- konzept von heute ausschauen? Ein Mitgliederkonzept von heute muss ganz klar zwei Kom- ponenten einbeziehen: die erste ist jene, welche die Leistungs- beziehungen zwischen den Mit- gliedern und der Genossen- schaft betrifft, und die zweite ist jene der Eigentümerfunktion an ihrer Genossenschaft. Es geht darum, dass das Mitglied nicht nur seine Rechte ausüben kann, sondern auch die Ver- pflichtungen erkennt, die damit verbunden sind. Mitglieder einer Genossenschaft sind nicht nur Mitglieder, sondern auch Eigentümer und Lieferanten derselben Genossenschaft. Wie kann eine Genossenschaft dieses Bezie- hungsgeflecht verwalten? Man muss klare Spielregeln aufstellen, die Rechte und Pflichten festschreiben. Diese Spielregeln müssen zudem transparent und verbindlich sein. Sollte gegen diese Spielre- geln verstoßen werden, dann müssen auch Sanktionen grei- fen, die man vorher für solche Situationen vereinbart hat; denn sonst sind diese Regeln nicht glaubwürdig. Worin besteht die Modernität einer Genossenschaft? Sie besteht darin, dass sie wie kein anderes Organisationsmo- dell es schaffen kann, die Vor- teile der Größe einer Organisa- tion zu verbinden mit den Vor- teilen von Kleinheit und dezen- tralem Unternehmertum. Was ist die dringlichste Aufgabe einer Genossenschaft von heute? Was einer Genossenschaft von heute gelingen muss, ist, das komplizierte Innenleben in den Griff zu bekommen. Das heißt, es muss gelingen, unterschiedli- che Interessen, die in einer Genossenschaft vorhanden sind, zu koordinieren und dafür zu sorgen, dass es nicht strukturel- le Verlierer gibt. Die Alternative zur Genossen- schaft ist der Alleingang. Da ist dann aber der einzelne Bauer zu klein, um auf einem sehr schwierigen Markt bestehen zu können. Interview: Stefan Nicolini Aufmerksame Zuhörer aus den Sektoren Obst und Wein beim Seminar „Zukunft durch Member Value“ mit Prof. Theurl Theresia Theurl, Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen an der Universität Münster: „Ohne Spielregeln ist ein Mitglieder- konzept sinnlos.“ Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 04 vom 4. März 2005 Suppl. S.I.A.P. 50%

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Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 04 vom 4. März 2005 Suppl. S.I.A.P. 50% Wollen Genossenschaften auch in Zukunft erfolgreich bleiben, so tun sie gut daran, ein Mitgliederkonzept zu erar- beiten. Dieser Auffassung ist Theresia Theurl, Direktorin des Instituts für Genossen- schaftswesen an der Universität Münster. senschaften wettbewerbsfähig bleiben können. Mehr dazu im folgenden Gespräch: Südtiroler Landwirt 1 Interview: Stefan Nicolini

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Südtiroler Landwirt 1

48. Jahrgang Bozen, 4. März 2005 Nr. 4

Raiffeisenverband SüdtirolM I T T E I L U N G E N

Mitgliederkonzept sichert Erfolg Sichere Zukunft durch Mitgliederförderung – Seminar mit Prof. Theresia Theurl

Wollen Genossenschaftenauch in Zukunft erfolgreichbleiben, so tun sie gut daran,ein Mitgliederkonzept zu erar-beiten. Dieser Auffassung istTheresia Theurl, Direktorindes Instituts für Genossen-schaftswesen an der UniversitätMünster.

Wir leben in einerEpoche der Mit-gliedschaft. ObLebensmittelge-

schäft, Sportclub oder Fluggesell-schaft – viele Unternehmenlocken mit Billigangeboten undVergünstigungen für ihre Club-mitglieder. „Die Mitgliedschaft ineiner Genossenschaft ist mehr alsnur eine reine Clubmitglied-schaft“, unterstrich TheresiaTheurl, seit 1990 geschäfts-führende Direktorin des Institutsfür Genossenschaftswesen an derUniversität Münster, in ihremSeminar in Bozen. Nach der Klau-surtagung des Verwaltungsratesdes Raiffeisenverbandes, bei dersie als Expertin zugezogen wurde,hielt sie für die Mitglieder derangeschlossenen Obst- und Kel-lereigenossenschaften ein eintägi-ges Seminar, in dem sie über dieZukunft der Genossenschaft refe-rierte. Theurl ist von der Genos-senschaft als moderne Wirt-schaftsform überzeugt. Kern derGenossenschaft ist und bleibt dasMitglied. Dieses bietet heute Wett-bewerbsvorteile, denn es ermög-licht Dauerbeziehungen in einemsehr labil erscheinenden Markt.Neben dem Vorteil der lokalenVerankerung und emotionalenBindung muss eine Genossen-schaft heute marktgerechteLösungen anbieten, um die Wert-schöpfungskette zu optimieren,meinte Theurl, die ihr Konzepteiner Genossenschaft präsentierteund Wege aufzeigte, wie Genos-

senschaften wettbewerbsfähigbleiben können. Mehr dazu imfolgenden Gespräch:

Raiffeisenverband: Sehr geehrteFrau Prof. Theurl, Obst- und Wein-genossenschaften sind einem immerstärker werdenden globalen Wettbe-werb ausgesetzt. Wie können sie sichdem stellen?

Theresia Theurl: Sie könnensich dem stellen, indem sieihren Markt sehr gut kennenund dafür Spezialisten einset-zen, die die Marktentwicklun-gen und Trends einschätzenkönnen. Dann müssen sie ihrenMitgliedern klar aufzeigen,wohin die Entwicklung geht,und diese auch in die Lage ver-setzen, darüber entscheiden zukönnen.

Die Mitglieder sind das Rückgrateiner Genossenschaft. Wie sollteIhrer Meinung nach ein Mitglieder-konzept von heute ausschauen?

Ein Mitgliederkonzept vonheute muss ganz klar zwei Kom-ponenten einbeziehen: die erste

ist jene, welche die Leistungs-beziehungen zwischen den Mit-gliedern und der Genossen-schaft betrifft, und die zweite istjene der Eigentümerfunktionan ihrer Genossenschaft. Esgeht darum, dass das Mitgliednicht nur seine Rechte ausübenkann, sondern auch die Ver-pflichtungen erkennt, die damitverbunden sind.

Mitglieder einer Genossenschaftsind nicht nur Mitglieder, sondernauch Eigentümer und Lieferantenderselben Genossenschaft. Wie kanneine Genossenschaft dieses Bezie-hungsgeflecht verwalten?

Man muss klare Spielregelnaufstellen, die Rechte undPflichten festschreiben. DieseSpielregeln müssen zudemtransparent und verbindlichsein. Sollte gegen diese Spielre-geln verstoßen werden, dannmüssen auch Sanktionen grei-fen, die man vorher für solcheSituationen vereinbart hat;denn sonst sind diese Regelnnicht glaubwürdig.

Worin besteht die Modernitäteiner Genossenschaft?

Sie besteht darin, dass sie wiekein anderes Organisationsmo-dell es schaffen kann, die Vor-teile der Größe einer Organisa-tion zu verbinden mit den Vor-teilen von Kleinheit und dezen-tralem Unternehmertum.

Was ist die dringlichste Aufgabeeiner Genossenschaft von heute?

Was einer Genossenschaft vonheute gelingen muss, ist, daskomplizierte Innenleben in denGriff zu bekommen. Das heißt,es muss gelingen, unterschiedli-che Interessen, die in einerGenossenschaft vorhanden sind,zu koordinieren und dafür zusorgen, dass es nicht strukturel-le Verlierer gibt.

Die Alternative zur Genossen-schaft ist der Alleingang. Da istdann aber der einzelne Bauerzu klein, um auf einem sehrschwierigen Markt bestehen zukönnen.

Interview: Stefan Nicolini

Aufmerksame Zuhörer aus den Sektoren Obst und Wein beim Seminar„Zukunft durch Member Value“ mit Prof. Theurl

Theresia Theurl, Direktorin desInstituts für Genossenschaftswesenan der Universität Münster: „OhneSpielregeln ist ein Mitglieder-konzept sinnlos.“

Sonderdruck aus „Der Landwirt“ Nr. 04 vom 4. März 2005Suppl. S.I.A.P. 50%

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Nr. 4 - 4. März 2005RAIFFEISEN

RAIFFEISENVERBAND-MITGLIEDER NACH 13 HOMOGENEN GRUPPEN GEORDNET (STAND 31.12.2004)

2 Südtiroler Landwirt

Mitglieder Anzahl Aufnahmen Austritte Anzahl Geschäftsanteil1.1.2004 31.12.2004 Euro %

1 Raiffeisenkassen 52 - - 52 134.160 31,98

2 Obst- und Saatbaugenossenschaften 41 2 5 38 85.160 20,30

3 Kellereigenossenschaften 17 - - 17 39.732 9,47

4 Sennereigenossenschaften/Milchhöfe 15 - - 15 20.076 4,79

5 Konsum- und Bezugsgenossenschaften 13 - - 13 6.708 1,60

6 Wassergenossenschaften 19 - - 19 9.804 2,34

7 Energiegenossenschaften 42 2 - 44 22.592 5,39

8 Wohnbaugenossenschaften 18 8 - 26 13.160 3,14

9 Kindergarten- u. 22 - 1 21 10.836 2,58Kulturheimgenossenschaften

10 Sonstige Genossenschaften 75 2 1 76 43.216 10,30

11 Soziale Genossenschaften 6 - - 6 3.064 0,73

12 Genossenschaftsverbände 13 - - 13 19.092 4,55

13 Körperschaften ohne Revisionspflicht 20 - 1 19 11.852 2,83

Zusammen 353 14 8 359 419.452 100%

Sozialbeiträgesteigen

Für Genossenschaften, dielandwirtschaftliche Produkteverarbeiten und vermarkten,ist ab 1. Juli 2005 eineErhöhung der Sozialbeiträgefür landwirtschaftliche Fix-und Saisonarbeiter im Ausmaßvon 0,6 % vorgesehen. DieseErhöhung geht zu Lasten desArbeitgebers. Die Sozialbeiträ-ge für alle anderen Kategorienvon Landarbeitern wurdenbereits ab 1. Jänner 2005 um0,2 Prozent zu Lasten desArbeitgebers erhöht, weist diePersonalabteilung des Raiffei-senverbandes in ihrem Rund-schreiben hin.

Ein neues Fernheizwerk für FeldthurnsNeue Genossenschaft gegründet – Versorgung soll für das ganze Dorf reichen

Viele Gemeinden Südtirolsdenken über alternative Ener-gieformen nach. In Feldthurnssoll noch in diesem Jahr eineHackschnitzelanlage in Betriebgehen, die das Gemeindegebietmit Warmwasser versorgt. Ausdiesem Grund wurde eineGenossenschaft gegründet.

Nach einer Vorlaufzeitvon nur zwei Jahrenwar man sich in derGemeinde Feld-

thurns bereits einig, ein neuesFernheizwerk zu bauen. Feder-führend war der Wirtschaftsaus-schuss und mit ihm der Obmannder neuen Fernheizwerkgenos-senschaft Feldthurns AlbertObrist. „Wir wollen das Dorf mitumweltfreundlicher Energie ver-sorgen und die vielen rauchen-den Schlote aus der Welt schaf-fen“, sagt Obrist. Als Rohstoff die-nen Abfälle holzverarbeitenderBetriebe der Umgebung, die mitZukäufen ergänzt werden. DasWerk, das noch in diesem Jahrerrichtet werden soll, erzielt dreiMegawatt an Leistung. Damitkönnen 160 Haushalte mitWarmwasser versorgt werden.Nicht nur die privaten Haushal-te, auch das Gemeindehaus, dieSchule, der Kindergarten unddas Altersheim sollen dann an

das neue Netz angeschlossen wer-den. Potentiell können alleHaushalte des Dorfes an dasFernheizwerk angeschlossen wer-den. Das neue Werk soll in derGewerbezone von Feldthurns aufeiner Fläche von 2000 m2 entste-hen. Ingenieur Hannes Hepp-berger wurde mit den Bau derAnlage betraut. Die anberaumtenGesamtkosten belaufen sich auf 3Mio. Euro. Die Anschlussleistungbeträgt 3810 kw, die Netzleistung2660 kw und der jährliche Wär-

ren amortisiert zu haben.Anfang April werden die Rohr-leitungen verlegt, im Juli sollmit dem Bau der Anlage begon-nen werden. Im Spätherbst wer-den die ersten Haushalte bereitsdie Fernheizung aktivieren kön-nen.

Neben Albert Obrist gehörendem Verwaltungsrat AntonBacher, Lukas Blasbichler, Tho-mas Brunner, Herbert Dorf-mann, Martin Kantioler, GeorgSellemond an. �

mebedarf liegt bei drei Mio.kw/h.

Diese Energieform bringtdem einzelnen Haushalt auchfinanzielle Vorteile. „Die Kostenreduzieren sich pro Haushaltum ca. 10–15 Prozent, was sichüber die Jahre in jedem Falllohnt“, meint Obrist. Zur Zeithat die Genossenschaft ca. 60Mitglieder, Tendenz steigend.Wenn alles nach Plan verläuft,dann hoffen die Betreiber, dieInvestitionskosten in zehn Jah-

Feldthurns: Im Gewerbegebiet soll ein neuesFernheizwerk entstehen.

Obmann Albert Obrist:„Umweltfreundliche Energie für das Dorf“

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Südtiroler Landwirt 3

RAIFFEISENNr. 4 - 4. März 2005

„MEHR ALS DIE HÄLFTE FRAUEN“

Bewusst sparen und damit finanzieren Geschäftszweig „Ethical Banking” boomt – 60 Prozent Zuwachs im Jahre 2004

Damit haben wir nichtgerechnet“, sagt Hel-mut Bachmayer, Pro-motor und Koordina-

tor von Ethical Banking in derRaiffeisenkasse Bozen. Im Jahr2000 startete die RaiffeisenkasseBozen das Projekt „Ethical Ban-king“. Mittlerweile haben sichzwölf weitere Südtiroler Raiffei-senkassen angeschlossen. Sie bie-ten den Anlegern die Möglich-keit, ihr Erspartes über Förder-sparbriefe zu einem selbstgewählten Zinssatz zwischen Nullund 1,5 Prozent zur Verfügungzu stellen. Ethical Bankingkonnte im vergangenen Jahr innahezu allen Sparten regeZuwächse verzeichnen. Insge-samt beliefen sich die verwalte-ten Sparmittel am Jahresendeauf rund 8,7 Millionen Euro.Gegenüber 2003 bedeutet dieseinen Zuwachs von zwei Dritteln.

Mehr KrediteAuch bei den vergebenen

Krediten hat Ethical Banking imVorjahr stark zugelegt. Soerhöhte sich die Summe derausgegebenen Kredite um 29Prozent. Neben den Ethical-Banking-Krediten machen wei-tere Finanzierungen zu Sonder-zinssätzen durch die Raiffeisen-kasse Bozen rund vier MillionenEuro aus.

Raif feisenverband:Wie erklären Sie sichdiesen gewaltigen Zu-spruch?

Helmut Bachmay-er: Die Sparer be-gnügen sich nichtmehr, ihr Spargeldanonym der Bankzur Verfügung zustellen. Sie wollenwissen, wo ihr Spar-geld wirkt. Es sollsich nicht herausstellen, dasses am Ende zu Schäden fürsich und die Umwelt, z. B.Gentechnik, Waffengeschäfte,Chemie usw., führt.

Wie sieht das Identikit ihres Spa-rers aus?

Interessanterweise sind über60 Prozent jener, die sich fürethische Sparformen entschei-den, Frauen, da sie nicht egois-

tisch an sich, son-dern zuerst an dieZukunft ihrer Kin-der und an ihrsoziales Umfelddenken.

Wer entscheidet,welche Projekte mitdem Geld gefördertwerden?

Die Sparer ent-scheiden selber,

für welche ethische Inves-titionslinie sie ihre Sparanla-gen in Form von Sparbriefenoder Sparbüchern binden wol-len. Die Vergabe der Sparmit-tel aus dem FörderkontoSonne über die Raiffeisenkas-se Bozen wird von der Abtei-lung Ethical Banking vorge-schlagen und vom Verwal-tungsrat genehmigt.

Interview: Stefan Nicolini

Hilfe zur Selbsthilfe: Neue Photovoltaikanlage in Algund

ABI-Kommission beim LandeshauptmannDie regionale Kommission

der italienischen Bankenverei-nigung ABI, der alle lokalenBanken angehören, war ver-gangene Woche zu Besuchbeim Landeshauptmann. Imvergangenen Jahr wurden itali-enweit regionale Kommissio-nen der ABI mit dem Ziel ein-gerichtet, die Interessen derBankenwelt stärker als bisherauch lokal zu vertreten.

Die Kommission vertritt daslokale Bankensystem undpflegt die Kontakte mit denlokalen Institutionen undBehörden, wobei sie auch dielokale Gesetzgebung verfolgt.Konrad Palla, Präsident der

Kommission und Direktor desRaiffeisenverbandes, wieswährend der Unterredung u. a.auch darauf hin, dass im neuenKollektivvertrag des Banken-sektors nun auch die Ausbil-dung zum „Banklehrling“ vor-

gesehen ist, wofür die Provinzden Rechtsrahmen noch schaf-fen muss. LandeshauptmannLuis Durnwalder begrüßte denSchritt und bot die Unterstüt-zung und Zusammenarbeit derSüdtiroler Landesregierung an.

Immer mehr Menschen in Südtirol zeigen soziales Gewissenund setzen ihr Erspartes bewusst ein. Ethical Banking verzeichne-te im vergangenen Jahr einen Anstieg der Sparmittel um mehr als60 Prozent. Ein Beitrag für mehr Gerechtigkeit, soziale Sicherheitund für eine gesündere Umwelt.

Konkrete Projektebereits umgesetzt

Mittlerweile konnten auch imRahmen des neu eingeführtenSparbriefes „Erneuerbare Ener-gien“ die ersten Finanzierungenmit den angesammelten Spargel-dern umgesetzt werden. Durchein Darlehen in der Höhe von21.000 Euro zu einem Sollzins-satz von 2,43 Prozent konnte bei-spielsweise eine Bauernfamilieaus Algund eine neue Photovol-

taikanlage errichten. Damit wirdelektrische Energie erzeugt undgleichzeitig ein Beitrag zur Ent-lastung der Umwelt geleistet.Ethical Banking fördert aus-schließlich Projekte von Bio-Ver-bänden, der Genossenschaft desgerechten Handels, dem Bäuer-lichen Notstandsfonds, der Süd-

tiroler Gewerkschaftskammer,der Sozialgenossenschaft „Han-diCar“ und dem Bozner Fil-mclub. Neben den 13 Raiffei-senkassen Südtirols gibt esbereits Bankinstitute aus demVeneto, die sich an dem Projektbeteiligen wollen. Mehr dazu:www.ethicalbanking.it. �

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Nr. 4 - 4. März 2005RAIFFEISEN

4 Südtiroler Landwirt

RAIFFEISEN-WEITERBILDUNGSKURSETermin Kursangebot Ort

21.3. Basisseminar für EDV-Koordinatoren Raiffeisenhaus/für EDV-Koordinatoren mit wenig Berufserfahrung BZ – PC-Raum

22.3. Arbeitssicherheit (Neuerungen) Lichtenburg/für Sicherheitsbeauftragte und Sicherheitssprecher Nalsin Raiffeisenkassen

23.3. Arbeitssicherheit (Neuerungen) Lichtenburg/für Sicherheitsbeauftragte und Sicherheitssprecher Nalsin Genossenschaften (ausgenommen Raiffeisenkassen)

22./23.3. Privatkundenbetreuung 1 Kandlburg/für Kundenbetreuer und jene, die als solche Mühlbachausgebildet werden sollen

24.3. Schon wieder eine Sitzung Hotel Eberle/für Leiter von Sitzungen und Besprechungen Bozen

24.3. Kunden in besonderen Lebenssituationen Neustift/begegnen und ansprechen ... aber wie? Vahrnfür Führungskräfte und Mitarbeiter im Servicebereich

25.3. Workshop Wertpapiere Hotel Eberle/für Sachbearbeiter Bozen

30.3. Wohnbaufinanzierung Hotel Eberle/für Mitarbeiter, die in der Baufinanzierung Bozenvorbereitet werden sollen (Anfänger)

1.4. Spezialkredite Hotel Eberle/für Firmenkundenberater und -betreuer Bozenund Kreditsachbearbeiter

Redaktion und Gestaltung: Dienststelle für Presse und Öffentlichkeitsarbeit im Raiffeisenverband, Tel. 0471 945453, Fax 0471 970228, E-Mail: [email protected] Leiter: Dr. Stefan Nicolini; Redaktion: Mag. Thomas Hanni; Fotos: Archiv, Raiffeisenkasse BozenInternetadresse: www.raiffeisen.it/mitteilungen

R a i f f e i s e n v e r b a n d S ü d t i r o l - M i t t e i l u n g e n - I m p r e s s u m

Vinschger Obstbau um 1500Im fernen Jahre 1518

verfasste Hans Haring,Spitalgeistlicher amAnnenberg und Schlos-skaplan in der BurgLatsch, das sog. „Pelz-büchl“. Die Hand-schrift besteht aus 15Heften zu je 12 Blatt imschwäbischen Dialekt –eine in der damaligenZeit im deutschenSprachraum einheitli-che Hochsprache.Neben den BereichenFischerei, Hausmedizinund Bergwerk beschreibt Haringauf über 60 Seiten den Obstbau.Er befindet sich am Übergang zurNeuzeit, an der Schnittstelle zwi-schen wissenschaftsfeindlichemMittelalter und dem Wunsch nachErforschung der Natur, was seineSchrift auch auszeichnet. Nachdem Schwabenkrieg, der mit dervernichtenden Niederlage derTiroler in der Calven-Schlacht bei

Glurns 1499 endete, herrschte imoberen Vinschgau lange ZeitArmut und Verwüstung vor.Haring stellte ernsthafte Überle-gungen an, wie man den Ertragsteigern könne, um eine gedeihli-che wirtschaftliche Entwicklungfür den Vinschgau zu ermögli-chen. Er ist damit einer derersten Obstbaupioniere unseresLandes. �

Das „Pelzbüchl“,herausgegebenvon der Genossenschaftder VinschgerObst- und Gemüseprodu-zenten (VIP),erläutert undkommentiertvon HermannTheiner undHermannOberhofer.

Genossenschaften: „Mitarbeiter sind Kapital“Tagung des Arbeitsförderungsinstituts (AFI) – Vertragspartner im Gespräch

Die Entwicklungen im Südti-roler Obstbau und die Auswir-kungen auf den „FaktorArbeit“ – dies der Titel derTagung, zu der das Arbeitsför-derungsinstitut ins Pastoralzen-trum Bozen geladen hatte.

Wie kein zweiter ist der Obst-sektor dem globalen Wettbe-werb ausgesetzt und muss sichständig neuen Rahmenbedin-gungen anpassen. Dies betrifftin zunehmendem Maße auchdie Mitarbeiter der Obstgenos-senschaften. Angesichts derraschen Änderungen stehensowohl die Unternehmen alsauch die Arbeiter/innen vor derSituation, neue Formen der Pro-duktion und neue Arbeitsweisenzu probieren und einzuführen.„Wir sollten nie vergessen, dassdie Mitarbeiter unser Kapitalsind“, meinte Karlheinz Wörn-hart, Direktor der Genossen-

schaft der Obsterzeuger inSchlanders (GEOS), Teilneh-mer am Runden Tisch, an demüber die Zusammenarbeit derKollektivvertragsparteien disku-tiert wurde. Christian Tanner,Leiter der Personalabteilung imRaiffeisenverband, unterstrichdas konstruktive Verhältnis zwi-schen der Arbeitgeberseite undden Gewerkschaften, das trotz

gegenteiliger Ansichten vorherr-sche.

In Südtirol gibt es 8.600Betriebe, die auf einer Flächevon 19.000 ha tätig sind. Diedurchschnittliche Anbauflächeliegt pro Unternehmer unter 2 ha. Über 90 Prozent der Ker-nobsternte Südtirols wird beiden Raiffeisen-Genossenschaf-ten eingelagert. Bauernbundob-

mann Georg Mayr verwies aufdas Genossenschaftswesen, dassich in Südtirol als Garant fürWachstum und Produktivität inder Landwirtschaft etabliert hat.Cinzia Turello vom Gewerk-schaftsbund A.G.B.-C.G.I.L kriti-sierte, dass man zwar in moder-ne Technologien investierthätte, aber die Aus- und Weiter-bildung der Mitarbeiter/innenvielfach auf der Strecke bliebe.In den vergangenen Jahren wur-den vermehrt Saisonarbeiter ausden neuen osteuropäischen EU-Staaten angestellt. Von den2170 Angestellten stammen 240aus Nicht-EU-Staaten. DieseTendenz stelle für die einheimi-schen Arbeiter/innen eine wei-tere Gefahr dar. „Die Genossen-schaften sollten sich ihrer urei-gensten Aufgabe besinnen undin erster Linie einheimischeArbeitskräfte einstellen“, meinteTurello. �

Runder Tisch mit Christian Tanner, Leiter Personalabteilung im Raiffei-senverband, Karlheinz Wörnhart, Direktor GEOS, Moderator WernerPramstrahler (AFI), Georg Mayr, Bauernbund-Landesobmann