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Nr. 4 April 2005 Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei ANGST im Polizeialltag? EuroCOP: Arbeitsbedingungen von Polizisten in der EU im Fokus Demokratie: Vertrauen der Deutschen schwindet bedenklich In dieser Ausgabe: Beamtenversorgung: Abgeflachter Anstieg der Versorgungsanpassung Digitalfunk: Ökonomische Aspekte Soft-Air-Waffen: Rechtliche und technische Problemstellungen Verkehrssicherheit: Start in die Motorradsaison

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Nr. 4 April 2005 Zeitschrift der Gewerkschaft der Polizei

ANGSTim Polizeialltag?

EuroCOP:Arbeitsbedingungen von Polizisten in der EU im Fokus

Demokratie:Vertrauen der Deutschenschwindet bedenklich

In dieser Ausgabe: Beamtenversorgung:Abgeflachter Anstieg derVersorgungsanpassung

Digitalfunk:Ökonomische Aspekte

Soft-Air-Waffen:Rechtliche und technischeProblemstellungen

Verkehrssicherheit:Start in die Motorradsaison

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4/2005 Deutsche Polizei 1

KOMMENTAR

BEAMTENVERSORGUNG

RECHT/BÜCHER

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KURZ BERICHTET

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Waffenrecht: GdP-Initiative zeigt Wirkung

Druckauflage dieser Ausgabe:185.981 ExemplareISSN 0949-2844

Inhalt:100% RecyclingpapierUmschlag:chlorfrei gebleicht

Deutsche

PolizeiTitelgestaltung: Rembert Stolzenfeld

Nr. 4 • 54. Jahrgang 2005 • Fachzeitschriftund Organ der Gewerkschaft der Polizei

Herausgeber:Gewerkschaft der Polizei,Forststraße 3a, 40721 Hilden,Telefon Düsseldorf (0211) 7104-0,Fax (0211) 7104-222Homepage des Bundesvorstands der GdP:http://www.gdp.de

Redaktion Bundesteil:Marion TetznerGewerkschaft der Polizei, Pressestelle,Stromstraße 4, 10555 Berlin,Telefon (030) 39 99 21 - 114Fax (030) 39 99 21 - 190E-Mail: [email protected]

Verlag:VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBHAnzeigenverwaltungForststraße 3a, 40721 HildenTelefon Düsseldorf (0211) 7104-183,Fax (0211) 7104-174E-Mail: [email protected]

Geschäftsführer:Bodo Andrae, Lothar Becker

Anzeigenleiter:Michael SchwarzEs gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 29vom 1. Januar 2005

Herstellung:L.N. Schaffrath GmbH & Co.KG,DruckMedienMarktweg 42-50, 47608 Geldern,Postfach 1452, 47594 Geldern,Telefon (02831) 396-0, Fax (02831) 89887

Grafische Gestaltung & Layout:Rembert Stolzenfeld, Dipl.-Designer

Die unter Verfassernamen erschienenenArtikel stellen nicht in jedem Fall die Meinungder Redaktion dar. Für unverlangt eingesandteManuskripte kann keine Gewähr übernommenwerden. Mitteilungen und Anfragen bitten wiran den jeweiligen Landesbezirk zu richten.

Erscheinungsweise und Bezugspreis:

Monatlich 2,90 EURO zuzüglich Zustellgebühr.Bestellung an den Verlag.Für GdP-Mitglieder ist der Bezug durch denMitgliedsbeitrag abgegolten

INHALT

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FORUM

TITEL/ANGST IMPOLIZEIALLATG

ARBEITSSCHUTZ

EUROCOP-KONFERENZ

DEMOKRATIE

VERKEHRSSICHERHEIT

HÄUSLICHE GEWALT

INFORMATIONS- UNDKOMMUNIKATIONS-TECHNIK

Sicherheit braucht Instrumentarien

Wie hoch ist die berufliche Belastungim Polizeialltag?

Arbeitsbedingungen von Polizistenin der EU im Fokus

Kriminologische Studienwoche

Einführung des Digitalfunks –ökonomische Aspekte

Abgeflachter Anstieg derVersorgungsanpassung

Vertrauen der Deutschenschwindet bedenklich

Start in die Motorradsaison

SENIORENJOURNAL

Digitalfunk: Wichtiger Schrittfür die Innere Sicherheit und

die Sicherheit der Polizei

Ohne natürliche Angst wäre dieMenschheit ausgestorben

Angst im Kollegenkreis –niemanden allein lassen

1114

Ängste im Polizeialltag –Forderungen an den Dienstherren16

Aktivitäten sind gefragt

Bundesseniorenvorsitzender:Nicht nur Jugend, auchSenioren brauchen Zukunft!

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2 4/2005 Deutsche Polizei

KURZ BERICHTET

WAFFENRECHT:

GdP-Initiative zeigt WirkungZwei wichtige Schritte

vorwärts für das beharrlicheEintreten der GdP gegen dasungehinderte Führen vonSoft-Air-Waffen in der Öf-fentlichkeit:

1. Die CDU/CSU-Bundes-tagsfraktion hat Mitte März2005 die Initiative der GdPaufgegriffen und einen Antragim Deutschen Bundestag zum„Verbot des Führens von An-scheinswaffen“ beschlossen.

2. Das Bundesinnenmini-sterium hat zusammen mitdem Fachbeirat Schießsporteine Ächtungskampagne be-schlossen, die die Verwendungvon Waffen mit dem Aus-sehen von vollautomatischenKriegswaffen als unerwünschterklärt.

Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion zielt auf Waf-fennachbildungen im „Milita-ry-Look“, die seit dem Weg-fall des so genannten An-scheinsparagraphen im altenWaffengesetz den Marktüberschwemmen. Nach dem

DIGITALFUNK:

Wichtiger Schritt für die InnereSicherheit und die Sicherheitder Polizei

Als einen erfreulichenDurchbruch hat GdP-Vorsit-zender Konrad Freiberg, dasEnde des Streits über die Ein-führung des digitalen Polizei-funks begrüßt: „Das ist einwichtiger Schritt für die Inne-re Sicherheit in Deutschlandund auch für die Sicherheitder Polizeibeamtinnen und-beamten. Für die GdP, die ei-nen jahrelangen Kampf umden Austausch der alten, stör-anfälligen und nicht abhör-sicheren Technik geführt hat,ist das ein großer gewerk-schaftspolitischer Erfolg.“

Die Staatssekretäre derInnenminister und -senatorenhatten sich am 15. März dar-auf verständigt, ein bundes-einheitliches System einzu-führen und bis spätestensEnde 2010 in Betrieb zu neh-men.

Erste Hürde genommenDas Gesetz über die Deutsche

Hochschule der Polizei hat Mit-te Februar 2005 die erste Hürdegenommen. Der Landtag desLandes Nordrhein-Westfalenverabschiedet das Gesetz, dasnunmehr von den übrigen Parla-menten des Bundes und der Län-der behandelt werden muss.

Erst wenn der „Rundlauf“durch alle Parlamente beendetund das Abkommen über dieÄnderung des Abkommens überdie einheitliche Ausbildung fürden höheren Polizeivollzugs-dienst und über die Polizei-führungs-Akademie geändert ist,

HAMBURG: Warnstreik

Für drei Stunden verließen am25.2.2005 Hamburger Kollegin-nen und Kollegen ihren Arbeits-platz, um gemeinsam mit ver.diauf dem Rathausplatz eineWarnstreikaktion durchzufüh-ren. Die Gewerkschaften wollen

alten Waffengesetz galtschlicht alles als verbotenerGegenstand, was den Ein-druck einer automatischenKriegswaffe hervorrief – un-abhängig davon, ob es sich umein Original oder um ein Imi-tat handelte. Die CDU/CSU-Fraktion hat sich das Argu-ment der GdP zu Eigen ge-macht, dass die Verwechs-lungsgefahr mit einer scharfenKriegswaffe zu lebensgefähr-lichen Situationen in der Öf-fentlichkeit führen kann,wenn nämlich Polizistinnenoder Polizisten von einer un-mittelbaren realen Bedro-hung ausgehen.

Innenministerium undFachbeirat wollen mit ihrerÄchtungskampagne dafürSorge tragen, dass dem Miss-brauch, der sich durch Nach-bildungen und unbrauchbargemachte Kriegswaffen ent-wickelt hat, entgegengewirktwird.

W. D.

Konrad Freiberg appellier-te an die Länder, nicht bis2010 zu warten, sondern überdas Rumpfnetz des Bundes ander Entwicklung des Funk-systems mitzuwirken. Er habezwar Verständnis dafür, dasseinzelne Länder finanzielleProbleme hätten, der anvisier-te Termin für die Einführungdes digitalen Funknetzes bis2010 dürfe aber „nicht über-schritten” werden. Denn derFunk sei für die Polizei keineFrage des Komforts.

„Wenn bei einer laufendenFahndung zum Beispiel voneingesetzten Kräften wichtigeInformationen, wie die Be-waffnung des Täters, nichtaufgenommen werden kön-nen, kann dies über Gesund-heit und Leben entscheiden.“(s. auch S. 29)

hol

wird aus der Polizeiführungs-Akademie die Deutsche Hoch-schule der Polizei.

Damit ist dann ein wesentli-ches gewerkschaftliches Ziel zurQualifizierung des Polizeiberufserreicht; der erste Schritt war dieEinführung des Studiums an ei-ner Fachhochschule als Qualifi-kation für den gehobenenDienst, dem nunmehr die konse-quente Fortsetzung über das Stu-dium an der Deutschen Hoch-schule der Polizei folgt. DieHochschule verleiht als Ab-schluss einen Master-Grad.

W. D.

damit erreichen, dass vom Ham-burger Senat und von der Tarif-gemeinschaft deutscher Länder(TDL) die vereinbarte Tarif-reform ohne Abstriche über-nommen wird.

Text und Foto: Lamp

HOCHSCHULE DER POLIZEI:

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4/2005 Deutsche Polizei 3

ÖSTERREICH:

SchärfereStrafen fürVerkehrssünder

Gurtmuffeln droht ab sofort inÖsterreich eine Geldstrafe inHöhe von 35 Euro (bisher 21Euro). Auch wer ohne Frei-sprecheinrichtung zum Handygreift zahlt in Österreich jetzt 25statt bisher 21 Euro.

Vom 1. Mai 2005 an ist außer-dem auch in Österreich vorge-schrieben, eine Warnweste imWagen mitzuführen, die immerdann anzulegen sind, wenn einePerson auf dem Standstreifen derAutobahn aus dem Fahrzeug aus-steige oder etwa wegen einesUnfalls oder einer Panne einWarndreieck aufgestellt werdenmüsse.

Wer auf Österreichs Autobah-nen unterwegs ist, sollte auchdaran denken, dass seit 1. Febru-ar 2005 dort nur noch die neueVignette in der Farbe mintgrüngültig ist. Sie löst die bisherigerubinrote Plakette ab. DieVignettenpflicht gilt übrigensauch teilweise auf Bundesstra-ßen und Autobahnzubringern,die über Raststätten und Tank-stellen führen, ebenso auf einigenStreckenabschnitten in Wien,Tirol und Vorarlberg:• Wien: Nordbrücke und Pra-

terbrücke• Tirol: Landecker-Tunnel• Vorarlberg: A14 Rheintal-

autobahn. Die Vignetten-pflicht ab Bregenz beginntbereits auf der Autobahnauf-fahrt Hörbranz-Lochau (inFahrtrichtung Deutschland)

Übrigens dürfen nur maximalzwei österreichische Maut-vignetten auf der Windschutz-scheibe angebracht werden. Au-ßerdem ist es ratsam, denVignettenabschnitt unbedingtaufzuheben, damit man sich eineErsatzvignette beschaffen kann,sollte die Windschutzscheibeetwa durch Unfall, Steinschlagoder sonstige Umstände zuBruch gehen.

tetz nach ACE-Infos

Bundesinnenminister OttoSchily und Bundesjustizmini-sterin Brigitte Zypries haben am2. März 2005 einen bilateralenVertrag über die grenzüber-schreitende polizeiliche und diestrafrechtliche Zusammenarbeitunterzeichnet. Er enthält aufmehreren Gebieten neue Di-mensionen gemeinsamer Sicher-heitskooperation: So könnenkünftig im eigenen Land Polizei-kräfte des jeweils anderen Lan-des eingesetzt werden, die dabeials der Polizei des „Gastlandes“Unterstellte auch hoheitlicheAufgaben wahrnehmen können.So könnten Polizeibeamtinnenund -beamte beider Länderbeispielsweise Einsätze bei derFußballweltmeisterschaft 2006zur Sicherung von Spielstättenund Verkehrswegen gemeinsamdurchführen. Das gegenseitigeZusammenwirken im Wege derUnterstellung wird künftig auchfür gemeinsame Einsatzformenzur Gefahrenabwehr, durch ge-meinsame Streifen oder gemein-sam besetzte Kontroll-, Auswer-tungs- und Observationsgruppenvon Bedeutung sein.

DEUTSCHLAND/NIEDERLANDE:

Neuer Vertrag sichert SonderrechteIm strafrechtlichen Bereich

bildet der Vertrag die rechtlicheGrundlage für die Übermittlungund den Abgleich von DNA-Identifizierungsmustern wäh-rend eines laufenden Ermitt-lungs- oder Strafverfahrens.Zudem eröffnet es die Möglich-keit von so genannten Spontan-übermittlungen. Vor allem dieStaatsanwaltschaften könnendamit in Zukunft strafrechtlichrelevante Informationen an ihreKolleginnen und Kollegen imNachbarstaat zügig weitergeben,wenn sie Grund zur Annahmehaben, dass die Informationenfür Verfahren im Nachbarlandbedeutsam sind. Bislang ist diesnur möglich, wenn ein entspre-chendes Rechtshilfeersuchenvorliegt.

Der neue Vertrag erweitertund ergänzt die Schengener Re-gelungen zur grenzüberschrei-tenden Observation und Nachei-le bei der Strafverfolgung. Bei-spielsweise können in ZukunftPolizeibeamte und Staatsanwäl-te aus der Haft im eigenen Landgeflüchtete Straftäter im jeweilsanderen Land beobachten und

Personen, die sich einer Fahn-dungskontrolle entziehen, auchauf dem Gebiet des Nachbar-staates verfolgen. Diese Möglich-keiten erstrecken sich nun auchauf den Bereich der Gefahrenab-wehr. So können Observationenin Zukunft auch zur Verhinde-rung bestimmter Straftatendurchgeführt und auch solchePersonen verfolgt werden, diesich polizeilichen Kontrollen ent-ziehen und dabei die öffentlicheSicherheit gefährden. Dabei istdie Nacheile im Nachbarlandräumlich und zeitlich nicht be-grenzt und kann auch über dieLuft- und Wassergrenzen erfol-gen. Bei besonderer Dringlich-keit kann ausnahmsweise auchohne die Zustimmung des Nach-barstaates gehandelt werden; indiesem Fall ist die zuständigeBehörde baldmöglichst zu unter-richten.

Daneben schafft der Vertrageine Grundlage für den grenzü-berschreitenden Einsatz ver-deckter Ermittler und enthältBestimmungen zur „kontrollier-ten Lieferung“ von Rauschgiftoder anderen unerlaubten Gü-tern. Bislang finden sich in die-sem Bereich nur rudimentäreRegelungen.

tetz nach PM aus demBundesministerium für Justiz

BREMEN:

Erster Teilerfolg – Absolventenwerden übernommen

Die Sparvorschläge des BremerFinanzsenators treffen u. a. denöffentlichen Dienst und in beson-derem Maße die Polizei. Stellen-

Foto: W. Ahlers

einsparungen, Streichung derSonderzahlungen, Eigenbeteili-gung an der Beihilfe, Verlängerungder Lebensarbeitszeit sind nur ei-

nige Beispiele der grenzenlosenSparwut. Völlig unakzeptabel wardie Absicht, die derzeit in der Aus-bildung befindlichen jungen Be-amtinnen und Beamten nichtkomplett in den Polizeidienst zuübernehmen. Dieser skandalösePlan avancierte folgerichtig zumzentralen Thema der Auftakt-demonstration am 11. März (s.Foto).

Die massiven Proteste der GdP,die im Anschluss geführten Ge-spräche mit der Politik und dasgleich lautende Bemühen des Se-nators für Inneres brachten einenersten Teilerfolg: Zumindest dieAuszubildenden haben ihren Ar-beitsplatz sicher, die Übernahmealler H.f.ö.V.-Absolventen wurdeinzwischen zugesagt.

Der Landesbezirk Bremenwird seine Protestaktionen fort-setzen. ahl

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4 4/2005 Deutsche Polizei

KOMMENTARZu: Ausbildungsplätzein der Polizei lösen sichin Luft auf, DP 3/05

Ich verstehe die Aufregungder Kollegen nicht. Wir alle wis-sen doch, dass es um die öffentli-chen Haushalte schlecht bestelltist und eingespart werden muss.Ihr seht die Maßnahmen zu ein-seitig aus Sicht der Gewerkschaf-ten. Ich möchte euch mal die an-dere Seite zeigen.

Die Kürzungen bei den Ein-stellungen sind doch absolutnachvollziehbar und konsequent.Nach der beginnenden An-hebung der Lebensarbeitszeit beiden Polizeibeamten stehen dieheutigen Kollegen ja auch längerzur Verfügung, um die Lückenbei den Neueinstellungen zuschließen. Die Verlängerung derWochenarbeitszeit wird einÜbriges tun.

Mit der Verlängerung derLebensarbeitszeit wird die Zeitder Pensionszahlungen um diezusätzliche aktive Zeit des Be-amten gekürzt. Chancen für wei-tere Einsparungen ergeben sichaus der Hoffnung, dass die Kol-legen, bedingt durch den Schicht-dienst, ihr Lebensalter im Ruhe-stand nicht zu weit in die Höhetreiben.

Jetzt könnte ja jemand be-haupten, dass durch das hoheAlter der Polizeibeamten die in-nere Sicherheit in Gefahr ist.Doch weit gefehlt. Die angebo-tenen Lehrgänge die der Ge-sunderhaltung der Kollegen die-nen sollen, ermöglicht es demDienstherrn, seine Beamten bisins hohe Alter fit zu halten. So-mit hat dann ein gut gepflegter62-jähriger POK auch die Chan-ce, einen durch die Perspektiv-losigkeit gefrusteten, mit FastFood gemästeten und durch Zi-garetten-, Alkohol- und Dogen-konsum körperlich geschwäch-ten, arbeitslosen Jugendlichennach einem Ladendiebstahl über100 m zu verfolgen und zu stel-len. Denn weiter kommt der Tä-ter dann wahrscheinlich nichtmehr.

Da die Lebenserwartung derheutigen Jugend damit auch

Sicherheit braucht InstrumentarienOtto Schily zeigt in Sachen

Sicherheit entschlossenes Han-deln – pragmatisch setzt erSchritt für Schritt Möglichesum, damit Deutschland auf ei-nem aktuell nötigenSicherheitsstandard steht. Man-chem geht sein Drängen zu

forsch, manchen stößt er vorden Kopf, dennoch war er alsZugpferd sowohl bei den 2002geschnürten Sicherheitspaketen1 und 2 als auch bei seinen Vor-stößen und der Umsetzung desTerrorismusabwehrzentrumserfolgreich.

Als Anfang 2002 in Deutsch-land die zwei Sicherheitspaketein Kraft traten, verpflichtetesich die Bundesregierung, nachdrei Jahren einen Erfahrungs-bericht vorzulegen. Und hattedamit die Aufregungwenigstens zum Teil neutrali-siert. Denn Kritiker sahenbereits den totalenÜberwachungsstaat und sämtli-che Bürger unter General-verdacht gestellt …

Der Bericht aus dem Innen-ministerium über die Bewer-tung der Sicherheitspakete 1und 2 liegt nun – als internesPapier – vor und wird vomBundestag beraten. Erste Re-aktionen bestätigen von so gutwie allen politischen Seiten,

dass mit den neuen gesetzlichenMöglichkeiten überaus verant-wortungsvoll umgegangen wird.Es fielen Bezeichnungen wiebesonnener, sensibler und effi-zienter Einsatz der Mittel sowievon zurückhaltender Nutzung.Man hat also weder offensiv inallen Konten der Deutschen ge-forstet noch sämtliche Handysüberwacht, die Post der Bürgergeöffnet oder ihre Reise-ambitionen erforscht.

Dass der Bürger in seinerFreiheit eingeschränkt war,kann ich nicht erkennen, wenngerade mal bei 150 Verdächti-gen die neuen Überwachungs-möglichkeiten genutzt wurden.Zum größten Teil mit Erfolg:Ohne die Gesetze wärebeispielsweise das Verbot desAachener Al-Aksa-Vereinsnicht möglich gewesen. Ermitt-lungen konnten nämlich zwei-felhafte Geber und Nehmer sei-ner Geldzahlungen nachweisen– darunter u. a. Familienpalästinensischer Selbstmord-attentäter.

Die Terrorismusgefahr istkeinesfalls gebannt. Darüber istman sich in Sicherheitskreisendurchaus einig. Bundesinnen-minister Otto Schily fordertdeshalb, die Sicherheitspakete 1und 2 weiter zu führen und nunein drittes zu schnüren: Er willz. B. Telekommunikations-firmen dazu verpflichten, sämt-liche Daten ihrer Kunden imInternet- und Mobilfunk-bereich bis zu einem Jahr zuspeichern. In Deutschland wer-den sie bisher nur drei Monatelang aufbewahrt.

Auch die GdP sieht in derAnwendung der Telekom-munikationsüberwachung eineSchlüsselfunktion für die Fahn-dung. In Madrid konntendadurch die Verantwortlichenfür die Anschläge identifiziertund in Deutschland in fünf Fäl-len Anschläge verhindert wer-

den. Wer hier Einschränkungenwill, der handelt verantwor-tungslos.

Aber wir fordern darüber hi-naus seit langem weitere Maß-nahmen: eine neueKronzeugenreglung, die DNAals erkennungsdienstlicheStandardmaßnahme und diepraxisgerechte Verankerungder akustischen und optischenWohnraumüberwachung.

Denn die Sicherheitsbehör-den haben einen Auftrag zu er-füllen: Sicherheit zu garantie-ren. Und wir sind uns wie OttoSchily des schmalen Grats zwi-schen dem hohen Gut unsererFreiheitsrechte und einer anden Erfordernissen ausgerich-teten Sicherheitspolitik be-wusst. Unsere weltweit aner-kannten individuellen Grund-rechte müssen aber auch wirk-sam verteidigt werden können.Das geht aber nicht mit „Faust-keil und Rauchzeichen“. Wirbrauchen das, womit wir demÜbel Herr werden können –keine überzogenen, aber sehrwohl pragmatische Fahndungs-instrumentarien. Und wir brau-chen genügend Leute, die sieanwenden können. Ein rudi-mentärer Polizeikörper kannnicht effizient arbeiten.

Sicher wäre es besser, mankönnte sich all die Fahndungs-mechanismen sparen – denn siekosten auch richtig Geld. Aberleider schlafen weder die Terro-risten noch die OrganisierteKriminalität. Und als Ermittlerkönnen wir nicht ewig den glo-balen und technischen Möglich-keiten, die unsere freizügigeWelt bietet und von denen dieVerbrecher regen Gebrauchmachen, hinterher rennen.

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4/2005 Deutsche Polizei 5

FORUM

Die Redaktion behält sich vor,Leserbriefe zu kürzen, ummöglichst viele Kolleginnenund Kollegen zu Wort kom-men zu lassen. AbgedruckteZuschriften geben nichtunbedingt die Meinung derRedaktion wieder.

Anonyme Zuschriften werdennicht berücksichtigt.

Kontakt zur Redaktion:

GdP-BundesvorstandRedaktion Deutsche PolizeiStromstraße 410555 BerlinTel.: 030/39 99 21-114Fax: 030/39 99 21-190E-Mail:[email protected]

wieder sinken dürfte und als Fol-ge die Bevölkerungszahl weiterabnehmen wird, haben wirandersherum natürlich die Mög-lichkeit, weiter Stellen bei derPolizei abzubauen, bzw. ausschei-dende Kollegen nicht zu erset-zen.

Und für die Jugendlichen, diedoch noch den Willen haben, et-was zu lernen, gibt es ja noch dieMöglichkeiten der Ausbildungzum Hilfspolizisten, um dannehrenamtlich und durch die Po-lizei ausgebildet erstmal Erfah-rung sammeln zu können. DieVergütung wäre dann durchHartz IV/ ALG II zu regeln.Vielleicht ergibt sich nach einerBewährungszeit hier die Mög-lichkeit in den Polizeidienst ein-zutreten …

Ist hiermit nicht allen gehol-fen? Ich finde, unser Dienstherrbeweist damit Weitsicht.

Ich werde auf jeden Fall übereure Argumente noch mal nach-denken.

Detlef Martin, per E-Mail

Zu: Verkehrsgerichtstag,DP 3/05

Der Verkehrsgerichtstag be-schäftigte sich überwiegend mitden Straftaten im Straßenver-kehr, wobei es doch zu überden-ken wäre, die alltäglichen Ord-nungswidrigkeiten härter zu ahn-den. Ein deutscher Autofahrererlaubt es sich i. d. R. nicht, in Ita-lien, in Österreich oder in derSchweiz zu schnell zu fahrenoder zu drängeln. Hier wird dem„kleinen Verkehrsrowdy“ sehrtief in die Tasche gegriffen, unddas auch dann, wenn er schonlängst wieder in der Heimat ist.In Deutschland hingegen belä-cheln die Raser die kleinenVerwarngelder und Geldbußenund kaufen sich gegen einen klei-nen Obolus eventuell noch vomFahrverbot frei. Man sollte Geld-bußen auch vom Einkommen ab-hängig machen, Fahrverbotedurchsetzen und diese vor allemauch im ZEVIS (ZentralesVerkehrsinformationssystem)eintragen.

Thomas Wagner, per E-Mail

Zu: Die Netzwerke derrechten Szene, DP 1/05

In dem o. g. Artikel vonStephan Braun heißt es, im Os-ten sei es Rechtsextremisten ge-lungen, so genannte national be-freite Zonen zu schaffen, in de-nen Rechtsextremismus zur do-minierenden Alltagskultur auf-gestiegen sei.

Dazu muss folgendes gesagtwerden: Es spricht einiges dafür,dass Rechtsextremisten inOstdeutschland von „nationalbefreiten Zonen“ träumen. Ge-waltbereiten Jugendlichen ge-lingt es mitunter, durch gezielteDrohszenarien gegenüber Be-richterstattern den Eindruck zuerwecken, sie beherrschen Berei-che, so dass diese von zeitweili-gen „Angstträumen“ berichte-ten. Von real existierenden „na-tional befreiten Zonen“ jedochkann in Brandenburg undsicherlich auch anderswo inOstdeutschland überhaupt nichtdie Rede sein.

Ich habe während meiner Tä-tigkeit sowohl als Präsidentin desPolizeipräsidiums Frankfurt(Oder) als auch jetzt als Leiterinder Verfassungsschutzbehörde inBrandenburg feststellen können,dass es solche Zonen nicht gibt.Es handelt sich vielmehr um pro-pagandistische Wunschvor-stellungen rechter Extremisten.Ohne wirkliche Belege für einesolche Behauptung aufzustellen,erweckt den haltlosen Eindruck,dass der Rechtsstaat nicht in derLage sei, solche Zonen zu verhin-dern. Auch die Effektivität derPolizeiarbeit vor Ort wird sogrundlos in Frage gestellt.

Die Behauptung, der Rechts-extremismus könne in Ost-deutschland geographische Bo-dengewinne verzeichnen, schürtVorurteile zwischen Ost undWest und verängstigt die Men-schen unnötig. Dem Kampf ge-gen den Rechtsextremismus istdagegen damit nicht gedient.

Ich bin mit dem Autor in Kon-takt getreten, damit seine Aussa-ge einer Prüfung unterzogen wer-den kann. Dabei habe ich ihn

gebeten, konkrete Beispiele „na-tional befreiter Zonen“ zu nen-nen und diese mit mir zu berei-sen. Er wird mit Sicherheit fest-stellen, dass Brandenburg einsehr schönes Bundesland ist.National befreite Zonen wird eraber vergeblich suchen.

Winfriede Schreiber,Leiterin der Verfassungsschutz-

behörde Brandenburg

Zu: Meine Empfehlungan die Föderalismus-kommission, DP 3/05

Weshalb denn so halbherzig-bescheiden? Konsequent wäredoch: (endlich) wieder jedemDorfschulzen „seinen“ Orts-gendarmen zuzubilligen mitselbstverständlich separater (se-paratistischer?) Uniform! Dannkönnen übrigens aus Feuerwa-chen („Spritzhäuser“) wiederHilfsgefängnisse werden, wasKosten für Neubauten und Re-novierungen spart; die Finanz-und Justizminister wird’sfreuen …

Klaus Wetzel, Berlin

Zu: Grün oder Blau? –Polizeiliche Farben-vielfalt, DP 3/05

Als alter „Grenzschützer“ warich über den unprofessionellenBeitrag doch etwas verwundert.Bereits im Jahre 1976 wurden dieLaufbahnausbildungen der„Grenzschützer“ an die der Lan-despolizeien angeglichen. Gera-de der Verfasser sei als ehemali-ger „Transportpolizist“ an dieZeit kurz nach der Wende erin-nert. So unterstützten damalsBGS-Beamte aus ganz Deutsch-land ihn und seine Kollegen, undzwar als Polizeibeamte des Bun-des.

Auf 14 Großflughäfen, im Be-reich der Bahnpolizei, bei denVerfassungsorganen, in derNord-/Ostsee und – immer noch– an der Grenze (Aufgaben nichtabschließend), sind diese„Grenzschützer“ als Polizei-beamte zuständig. Der Name

Bundesgrenzschutz wird dieserSonderpolizei mit ihren vielfälti-gen Aufgaben nicht mehr ge-recht.

Anlass für die polizeilicheFarbenvielfalt ist nicht zuletzt diezunehmende Intensivierung dergrenzüberschreitenden Zusam-menarbeit mit anderen, bereitsüberwiegend in blau uniformier-ten Polizeien der EU-Staaten.

Kaum zu glauben aber war:Sogar diese „Verwandlungs-künstler“ – gemeint ist der Bun-desgrenzschutz – verfügen mitt-lerweile über „ganz normalePolizeiautos“. Der Verfasser seiin zweierlei Hinsicht beruhigt:

1. Die Umstellung wird ab2005 sukzessive über einen Zeit-raum von rund fünf Jahrenkostenneutral realisiert.

2. Die Bundespolizisten tragenkünftig nicht nur blaue Unifor-men in grünen Streifenwagen,sondern versehen ihren Dienst inebenfalls blauen „normalenPolizeiautos“ (und auch Hub-schraubern). Darüber hinaus istsogar „richtige Polizei“ drin. Ga-rantiert.

Joachim Finkbeiner,per E-Mail

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6 4/2005 Deutsche Polizei

TITEL

AngstAngstWahre Polizeibeamte undPolizeibeamtinnen sindsportlich, schlank, cleverund cool von den Haar- biszu den Fußspitzen, zupa-ckend, entscheidungs-freudig, sie haben Nervenwie Drahtseile, bewältigenKrisen und helfen anderenbei der Krisenbewältigung.Sofern sie Führungskräftesind, kommen noch Mana-gementfähigkeiten ein-schließlich des betriebs-wirtschaftlichen Know-how hinzu. In einigen Bun-desländern blitzt ein ver-steckter Shareholder-Value im Auge einer jedenFührungskraft. Angst istihnen völlig fremd.Ein 20.15 Uhr Klischeeaus ARD, ZDF, & Co.?Ich schließe nicht aus,dass es Kolleginnen undKollegen gibt, die ein sol-ches Ich-Ideal pflegen,doch die Realität siehtanders aus:Der Krankenstand ist in ei-nigen Bereichen sehrhoch, wir haben konstan-te bis steigende Suizid-zahlen. Betriebsklima-untersuchungen zeigen er-nüchternde Bilder, Auf-fälligkeiten aus dem Poli-zeidienst sorgen für eineschlechte Presse. Semina-re mit dem Inhalt „inner-betriebliches Konflikt-management“ sind immerhäufiger gefragt. Mobbing,Bossing und sexuelle Be-lästigung sind Haupt-themen.

Wo liegen die Ursachendes beschriebenenDilemmas?

In einer Arbeitswelt der Indivi-dualisierung, Leistungskennzah-len, BKV (belastungsmäßigeKräfteverteilung), steigendenFallzahlen, Personaleinsparungen,(Pseudo-)Betriebswirtschaft-lichkeit, Leistungsverdichtung,Besoldungseinbußen, mangelhafterlebter Führung etc. wächst derDruck auf die einzelnen Kollegin-nen und Kollegen, einschließlichder Führungskräfte. Sie kämpfenan mehreren Fronten (die Spracheverrät hier den Zustand).

Ich empfinde starke Angst…

vor einem Leichenfund 1,5vor Kündigung (z.B. auf Grund einer Polizeireform) 1,55vor meinem Vorgesetzten 1,6einem Angehörigenden Tod eines nahen Verwandten mitzuteilen 2,7bei einem Einsatz die Waffe einsetzen zu müssen 3einen Kollegen melden zu müssen,weil er sich regelwidrig Verhalten hat 2,5in einen Raubüberfall verwickelt zu werden 2,1bei einem Einsatz einen Fehler zu machen 2,15vor einem Einsatz in Krawallen 2,55vor Mobbing 2,1bei einem Einsatz selbst Gewalt anzuwenden 2,1vor Verantwortung 1,45vor ungewissen Situationen 2,35vor Waffengewalt von Aggressoren 3,4selbst diskriminiert zu werden 2,05versetzt zu werden 1,95bei einem Einsatz verletzt zu werden 2,25bei der Beförderung übergangen zu werden 2,2bei einem Einsatz als Geisel genommen zu werden 2meine Gefühle zu äußern 1,7eine schlechte Beurteilung zu erhalten 2,05eine neue Aufgabe nicht bewältigen zu können 2,15vor oder bei sexueller Belästigung 1,25bevor ich in einen Einsatz gehe 1,8einem anderen Mitarbeiter oder Kollegendie Meinung zu sagen 1,95

Die spezifischen, forderndenund belastenden Situationen desPolizeidienstes will ich hier nichtgesondert erörtern, sie sind den ge-neigten Leserinnen und Lesernaus eigener Erfahrung bekannt.Darauf sind wir in der Regel gutvorbereitet. Bei Auswertung vielerBefragungs- und Evaluierungs-ergebnisse wird jedoch klar, dassdas innerdienstliche Verhalten undErleben für die Entstehung vonÄngsten eine große Bedeutunghat und in der Folge Stress auslöst.

Für die Entwicklung einerStichprobenuntersuchung zumThema „Angst im Polizeidienst“im Jahr 2003 wurden allein 14Items von den Beteiligten identi-

fiziert, die die Unternehmens-kultur, d. h. den Umgang mitein-ander auf der Dienststelle, betref-fen. Sie sind im unteren Kastenblau unterlegt.

(Skala 1 – 5gar nicht-völlig,operativer Dienst, LA II, N=50)

Die Untersuchung zeigt deut-lich, dass Mängel in den zwi-schenmenschlichen Beziehungenüber die Hälfte der belastendenSituationen ausmachen. Hinterden Rechenwerten versteckensich viele Einzelfälle, die zuunprofessionellem polizeilichenHandeln führen oder ein Angstbesetztes Betriebsklima be-schreiben.

In Seminaren zu den Themen„Stress“, „innerbetrieblichesKonfliktmanagement“, „Ethik,Werte und Kultur“, „Posttrauma-tische Belastungsreaktionen“,wurden Angstsituationen imvergangenen Jahr wie folgt be-schrieben:

ANGST ...... davor, Partei für Minderhei-

ten zu ergreifen und sich dabeigegen Mehrheiten der Gruppezu stellen. So wird man zu Mittä-tern und Möglichmachern. Den„Opfern“ fehlt dadurch oftmalseine wichtige Bezugsperson, ander man sich festhalten könnte.

... davor, sich für Normen undWerte einzusetzen, die im Privat-leben selbstverständlich sind, imDienst aber die Gefahr heraufbeschwören, sich lächerlich zumachen.

… davor, sich für das Niveauvon Witzen, Kalendern, Betriebs-ausflügen, Geschenken und Fei-erlichkeiten, der Umgangsspra-che und Arbeitsplatzgestaltungeinzusetzen.

... davor, sich offen zu der ei-genen Religiosität und der Not-

ANGST IM POLIZEIALLTAG

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wendigkeit religiöser Orientie-rung im Dienst zu bekennen.

... davor, sich gegen bestehen-de Mehrheiten positiv zu ethi-schen und moralischen Fragestel-lungen zu äußern.

... von Kolleginnen vor Kolle-ginnen, die man als Gegnerinnenmit geradezu frauenfeindlichenEinstellungen erlebt.

... von Kolleginnen, Frau zusein mit der Folge von Vermänn-lichung.

... vor der „Einsamkeit“ aufGrund nicht konformen Verhal-tens in einer Gruppe; statt des-sen werden die bestehenden Er-wartungen (wie Sprache, Um-gang mit Bürgern, mit Vorge-setzten, mit Frauen ...) erfüllt;dieses Konformitätsphänomenist gleichermaßen stark bei Mit-arbeitern wie bei Führungs-kräften der 1.und 2. Ebene zu be-obachten (Gruppenleiter, WDF,DGL, PI-Leiter ...)

... von Fortbildern, diese The-men anzupacken, um nicht dieAkzeptanz der Gruppe zu verlie-ren.

... vor sich selbst und eigenenAngst machenden Bedürfnissen,Gewohnheiten, Wünschen, Träu-men, Verhaltensweisen: Sie ha-ben keine Fähigkeit zur Selbst-reflexion, sie zeigen Vermei-dungsverhalten.

... von Männern, von Frauendienstlich dominiert zu werden.

... von Frauen, von vermänn-lichten Frauen in Führungs-positionen dominiert zu werden.

Hinter all diesen Nennungenstecken erlebte Situationen,empfundene Ängste einzelnerKolleginnen und Kollegen. Ängs-te, die aus einem in keiner Weiseakzeptablen Betriebsklima her-rühren.

Erfahrungen aus Seminarenmit Führungskräften beleuchtenaußerdem spezielle Angstfelder,es sind soziale Ängste. Dabeihandelt es sich einmal um dieAngst vor dem Unerwarteten,wie beispielsweise bei einer Be-förderung nicht berücksichtigt zuwerden, die Benutzung vonControllingdaten zum eigenenNachteil, vor dem Versagen imEinsatz, erniedrigt zu werden.Man erwartet etwas, was man

emotional negativ besetzt hat. Esist die Erwartungsangst, die be-drückt.

Überforderungsängste

Dadurch werden z. B. Über-forderungsängste entwickelt. Eswerden vor allem soziale undemotionale Überforderungenbefürchtet. Kaum jemand ist fürsoziale Anforderungen ausgebil-det, auf emotionale Anforderun-gen vorbereitet. Das gilt für alleAnforderungen: die der Mitar-beiter, des polizeilichen Gegen-übers, der Politik, der Personal-räte etc. Wer die Erwartungenseiner Mitarbeiter nicht kennengelernt hat, weil er ihre Wertein-stellungen nicht kennt, ihre Er-wartungen nicht erspürt, kannihren Erwartungen nicht genü-gen. Es ist dann eine merkwür-dige Spannung vorhanden: DieWertschöpfung, die der Vorge-setzte einbringt, wird gemessenan der Summe der Wert-schöpfungen, die seine unmittel-baren Mitarbeiter erbringen.Wenn die Führungskraft dannihre Wertschöpfung bei Null ein-ordnen muss, kommen die Über-forderungsängste. Die Folge istoft Führung mit Druck undAngst. Druck und Angst erzeu-gen Fehler und krankheits-bedingte Ausfallkosten.

Die Ängste werden größer, jegrößer die Einsamkeit wird beiMenschen, die es nicht verstehen,Vertrauensfelder aufzubauen.

Die hohen Gehälter in einemAutomobilkonzern erklärt derPersonalvorstand damit, dass sei-ne Führungskräfte nicht für die

Wertschöpfung bezahlt werden,die sie erbringen, sondern fürihre Einsamkeit. Die Angststeigt, sie kann in der Einsamkeitnicht artikuliert werden. Über-mächtige Angst führt zu Fehlent-scheidungen. Eine erschrecken-de Vorstellung für die Führungs-kräfte und für die Mitarbeiter.Wir müssen aber nicht in allemder Wirtschaft folgen.

Angst kann auch nach demBesuch von Unternehmensbera-tern (und Ergebnissen vonReformkommissionen) in Unter-nehmen aufkommen.

Ist die Kommunikations-struktur desolat, gibt es kein Ver-trauen. Alle haben Angst vordem Unklaren und befürchten,den jetzt kommenden Anforde-rungen nicht gerecht zu werden,möglicherweise Funktionen zuverlieren. Die Mitarbeiter fühlensich hilflos. Dann ist das Angst-maximum erreicht. Die Folgensind ökonomisch messbares Mi-nus, einschließlich innerer Kün-digung, Diebstahl und Sabotage.

Die an Versagensängsten lei-denden Kolleginnen und Kolle-gen kommen früher oder späterzu dem Entschluss: Ich bin einVersager! Das führt zu vermehr-ter Angst. Man wird von derAngst besessen sein. In diesemStadium wird selbst bei erbrach-ter Leistung das Gefühl des Ver-sagens bleiben.

Auch Angst vor dem Älter-werden ist bei Führungskräftenausgeprägt. Es ist eine Frage desSelbstwertgefühls – wie definie-re ich meine Identität, wenn Sta-tus, Anerkennung, Macht, wennall dies zurück bleibt?

Die Angst vor Sinnlosigkeit istzu überwinden, wenn man sei-nem Leben (Beruf) einen Sinngibt. Es mag sein, dass etwasGöttliches unserem Leben einenSinn verleiht, es ist oft schwererkennbar. Also muss man selberseinem Leben (Beruf) einen Sinngeben. Das setzt voraus, dass wiretwas haben, dem wir folgen kön-nen, auch in schwierigen Situati-onen.

Die Angst vor Verlusten anAnsehen, Einfluss, Macht, Ver-mögen ist unter Führungskräfteneine verbreitete Angst. Die Men-schen besitzen nicht Macht, An-sehen usw.: Sie sind davon beses-sen. Besessen sein schränkt dieeigene Freiheit ein. In Bespre-chungen wird dann z. B. nichtsanderes getan, als den eigenenClaim abzustecken, anstatt bes-te Lösungen zu finden.

Das fördert die Angst vor In-trigen und die Einsamkeit.

Was ist jedoch Angst?

Ist Angst ein Gefühl, eineWahrnehmung oder eine physi-ologische Reaktion?

„Im Krieg haben alle Angst,ausgenommen die Dummen, dieUnerfahrenen und angstfreienPsychopathen“ – so lautete derLeitsatz der Royal Air Force im2. Weltkrieg.

Wir befinden uns also in einemguten Zustand, wenn wir Angstverspüren können. Sie ist ein Si-gnal, das uns vor Gefahren warnt.Angst ist lebenserhaltend, wert-voll und gesund.

Bald nach der Geburt werdenwir in einen emotionalen und

Auszug aus einer Studieder Universität St. Georgen:

„Neben der ökonomischenVerantwortung ist der Aufbauvon Vertrauensfeldern nachinnen und außen die wichtigs-te Aufgabe einer Führungs-persönlichkeit im Unterneh-men. Wenn sie das nicht ist,sondern mit Angst und Miss-trauen regiert, dann haben wires mit einer Führungskraft,nicht aber mit einer Füh-rungspersönlichkeit zu tun.“

Extreme Belastung:Polizeieinsatz am Gutenberg-Gymnasium 2002 in Erfurt

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sozialen Uterus hineingeboren.Das ist verbunden mit der ele-mentaren Urangst, nämlich die-ses emotionale und sozialeGeborgensein verlassen zu müs-sen. Im Säuglingsalter erlebe ichdie Welt entweder als gute undbefriedigende Lebenssphäreoder als Ort des Schmerzes, derEnttäuschung und der Unsicher-heit. Aus diesen Gefühlen gegen-

über Menschen entwickeln sichUrvertrauen oder Urmisstrauen.Entweder entsteht das grundle-gende Gefühl einer guten, zuver-lässigen und beherrschbarenWelt oder einer schlechten/bö-sen, bedrohlichen und unbere-chenbaren Welt. Und nur aus ei-nem vielfältigen Gefühlslebenkönnen wir die Ausbildung eineraufgeschlossenen Lernbereit-schaft und der späteren Reali-tätsbewältigung erwarten.

Die Angst hat ihr eigenesemotionales Gedächtnis, imLimbischen System, in derAmygdala, in unserem Gefühls-gedächtnis, in unserem Furcht-/Angstgedächtnis. Wie wir Angst

empfinden, ist von Mensch zuMensch verschieden. Ob dies nurmit dem Lernen als Säugling zutun hat oder auch Vererbungoder evolutionäre Entwicklun-gen eine Rolle spielen, lässt sichfür den Einzelnen selten genauklären. Es ist für unsere Ausein-andersetzung mit der Angst re-lativ unerheblich.

Was passiert, wenneine polizeiliche Einsatz-situation oder dasBetriebsklima Angstauslösen?

Das Limbische System steuertdas Zusammenspiel von explizi-tem und implizitem Gedächtnis.Die Bewertung der wahrgenom-menen Situation erfolgt durchGefühle und zwar bevor wir dieSituation rational analysiert ha-

ben. Das ist für die meisten Situ-ationen unserer Vorfahren in ih-rer Naturwelt Lebens erhaltendgewesen. Unsere Kulturwelt undLebensform passt nicht zu dieserÜberlebensstrategie. Unser Ge-hirn ist nicht auf Erkenntnis an-gelegt, sondern Überleben ist diePrämisse. Vor diesem Hinter-grund reagieren die neuronalenNetzwerke und in der Folge gibtes motorische, muskuläre, vege-tative und endokrine Reaktio-nen. Das heißt, der gesamte Or-ganismus reagiert mit demKampf-Flucht-System:

Kognitiv: Die Wahrnehmungwird eingeengt auf die Angst aus-lösenden Reize.

Emotional: Je nach persönli-cher Lerngeschichte sind Gefüh-le zwischen „gefordert sein – un-wohl fühlen – innere Unruhe –Panik“ möglich.

Vegetativ: Aktivierung, Adre-nalin und Cortisol werden ausge-schüttet, der Atem wird schnel-ler, Herz und Kreislauf legen zu,Pupillen weiten sich, Blutgefäßeverengen sich, Verbrennungsvor-gänge werden beschleunigt, dieImmunabwehr sinkt, Magen undDarm verringern die Aktivität.

Muskulär: Die gesamte Ske-lettmuskulatur ist gespannt. AlleRessourcen sind für die Bewäl-tigung der Situation aktiviert.

Diese Warnsignale gilt es alsSelbstbeobachtung zu erkennen.Es sind Signale, die auch die/derPartnerin/Partner im Leben undim Dienst wahrnehmen können.Der Körper ist hier Seismographfür unsere Empfindungen, fürunseren Zustand. Es ist der ersteSchritt, gegensteuern zu könnenund Ressourcen für die Bewälti-gung der Angst zu heben.

Angst als Chancebegreifen

Angst ist ein Warnsignal unddie natürliche Reaktion auf eineNotlage. Sie macht uns auf einebestimmte Gefahr oder nichtbegreifbare Bedrohung auf-merksam.

Angst tritt in Situationen auf,denen wir uns nicht oder nochnicht gewachsen fühlen. OhneAngst wären wir längst tot. Sie istSpannung und Herausforderung.

Angst kann als Lähmung(Angst = Enge – ich bin in dieEnge getrieben) empfunden wer-den. Diese Angst macht hand-lungsunfähig und krank.

Angst beeinträchtigt aber auchdie Lebensqualität des/der einzel-nen Polizeibeamten/-innen unddas professionelle Einschreiten!

Für Polizeibeamte ist dieAngstkontrolle, das Wahrneh-men und Beherrschen der AngstVoraussetzung bei den dienstli-chen Anforderungen. Gefühlteoder vermeintliche Hilflosigkeitsind in der Einsatzsituation undin der Unternehmenskultur dieschlimmsten Angstauslöser.

Was hilft gegen Angst?Eine aktive und passive Ver-

trauenskultur, in der wir arbeiten:• Anerkennung in Politik und

Gesellschaft für die Polizei, fürmeine Tätigkeit,

• ein achtsamer und vertrauens-voller Umgang miteinander in

DerAutor:

Erich TraphanPolizeibeamter, SachgebietsleiterKonfliktprävention/-intervention,Extrembelastungen Supervisor,Institut für Aus- und Fortbildungder Polizei NRW BZ Münster

Die nachfolgend aufgeführ-ten häufig auftretenden Reak-tionen können ein persönli-cher Indikator für auftreten-de Angst sein. Sie zu erfühlenund zu erkennen, ist der ersteWeg der Gegensteuerung.

Muskuläre Reaktionenstarre MimikFingerzitternZähneknirschenZuckenSpannungskopfschmerzenRückenschmerzenStotternnervöse GestikZittern

Vegetative Reaktionentrockener MundHerzklopfen/-sticheBlutdruckanstiegFlaues GefühlÜbelkeitSchwitzenErrötenweiche KnieEngegefühl in der Brust

Emotionale ReaktionenAngstSchreckPanikNervositätSpannungskopfschmerzenVerunsicherungGefühlsstauÄrgerWutGereiztheit

Kognitive ReaktionenLeere im KopfKonzentrationsmangelDenkblockadenGedanken:- das geht schief- auch das noch- das schaffe ich nie

ANGST IM POLIZEIALLTAG

Verkehrs-kontrolle:ungewiss,wie derInsassereagiert

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der direkten Führungsbe-ziehung,

• eine Kultur, in der Fehler mög-lich sind

(„Vertrauen bedeutet für mich, dass ich, wenn ich Fehler

gemacht habe, ohne Angst zumeinem Chef gehen unddarüber sprechen kann“),

• Mitarbeiter- und Führungs-

persönlichkeiten nehmen sichals Menschen an,

• Hilfe und Verständnis mussangeboten und gefördert wer-den,

• Wir-Gefühl und gemeinsameErfahrungen müssen kultiviertwerden,

• Angst muss mitgeteilt werdenkönnen.

Fachliche und logistischeVorbereitung:• fachliche Sicherheit für meine

Entscheidungen,

• logistische und technische Un-terstützung,

• Handlungsabläufe sind trai-niert worden.

Persönliche Vorbereitung:• Reflexion über meine Angst-

felder,• positive Selbstinstruktionen

beeinflussen das Selbstbild,

• Spontanentspannungen sind in der Situation einsetzbar,• Gefährdungen müssen real ein-

geschätzt werden können, siemüssen „normal“ sein,

• Entspannungstrainings,• systematische Desensibilisie-

rung,• Konfrontation mit der Situati-

on,• Realitätsprüfung – Umbewer-

tung von Belastungsfaktoren,• soziale Unterstützung (man

weiß: Die Überlebensrate vonKrebspatienten wird durch dieGruppentherapie und Mitar-beit in einer Selbsthilfegruppeerhöht. Je weniger soziale Be-ziehungen ein Mensch hat, jekürzer ist seine Lebenserwar-tung. Es besteht eine Wechsel-wirkung zwischen sozialer Be-ziehung und Krankheit),

• ein funktionierendes Werte-system ist stabilisierend.

Vertrauensfelderaufbauen

Von Polizeibeamtinnen undPolizeibeamten wird erwartet,

AbnormaleReaktionenin abnormalenSituationensind nichtabnormal, son-dern normal.

Viktor E. Frankl

Miteinander im Büro: vertrauensvolles, angstfreies Klima?

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dass sie motiviert sind, sie sollenihr Bestes für die Polizei geben.Dafür ist ein angstfreies KlimaVoraussetzung.

Auf Dauer ist das nur möglichin einer Atmosphäre des gegen-seitigen Vertrauens. Vertrauens-felder aufzubauen und zu erhal-ten, ist die Aufgabe von obennach unten und von unten nachoben. Voraussetzung ist, ich trauemir selbst, bevor ich anderentrauen kann. Misstrauenskul-turen beginnen immer bei mirselbst.

Für ein vertrauensvolles Kli-ma benötigen wir Kolleginnenund Kollegen aller Funktionenund Hierar-chien, die sichweiterentwi-ckeln von derArbeitskraftzur Arbeits-persön l i ch -keit und vonder Führungs-kraft zur Füh-rungspersön-lichkeit.

Die Refle-xion des eige-nen Verhal-tens und Han-delns ist Vor-aussetzung,um Selbstdis-ziplin und po-sitive Verän-derung zu er-möglichen.

(Eine Un-ternehmens-beratung in ei-nem Automobilunternehmenbrachte es an den Tag: Führungs-kräfte nehmen ihren Kranken-stand mit. Wurden Führungs-kräfte während eines Projektesversetzt, veränderten sich mit ih-rem Wechsel die Krankenständein den Abteilungen.)

Welche Hilfe istindividuell möglich?

In aller Regel ist es die zwi-schenmenschliche Unterstüt-zung, das Wahrnehmen der eige-nen Ängste und die der anderen.Ich denke, Ängste werden beiuns selbst nur dadurch behoben,

dass wir auf andere Menschenvertrauen, ihnen Vertrauenschenken. Das können wir aufDauer nur, wenn wir Vertrauenempfangen. Vertrauen kannnicht im Seminar trainiert wer-den. Gespräche, Achtsamkeit,

kollegialer Austausch/Beratunglassen die eigenen Ressourcenzur Angstbewältigung erkennen.

Für die Vorbereitung konkre-ter fordernder Situationen gibt esvielfältige Seminarformen, wieoben beschrieben.

Ist das Angstklima so intensiv,dass die Ressourcen von Kolle-ginnen und Kollegen nicht mehr

reichen, gibt es einzelneGesprächsangebote oder Beglei-tung von (Dienst-) Gruppen bei

der Bearbeitung von innerdienst-lichen Konflikten. Erst wenn dieAngst eine Störung im Sinne ei-nes Krankheitsbildes darstellt, isteine therapeutische Begleitungerforderlich und muss angebotenwerden. Die meisten Ängste

können nach unseren Erfahrun-gen ohne Therapie gemeistertwerden.

„Angst essen Seele auf“!– versus – Wie die Seeledie Angst schlafen legt

Ein kurzer literarischer Streif-zug offenbart „Rezepte“, wie

man mitAngst umge-hen, sie an-nehmen oderüberwindenkann.

In „HarryPotter und

der Gefangene von Askaban“:Harry fürchtet keine „weltli-chen“ Dinge, sondern die Furcht

Der Mensch soll lernen, Dingen wie Angst undZwang ins Gesicht zu sehen und ins Gesicht zulachen. Viktor E. Frankl

Freude und Angst sindVergrößerungsgläser

Sprichwort aus Flandern

ANGST IM POLIZEIALLTAG

an sich und das, was sie mit unsmacht: Einsamkeit, Traurigkeitund Verzweiflung, eine Weltohne Licht. Wie kann der Angstbegegnet werden? Ein ersterSchritt ist es, die Ängste zu er-kennen und sich ihnen zu stellen.

Das tut Harry Potter auch. Undvor allem die Liebe zu seinemPatenonkel Sirius führt dazu,dass er seine große Angst vor denDementoren überwindet und ih-nen mit aller Macht begegnet.

Was nützt es uns Angst zu ha-ben, wenn wir nicht darüber spre-chen können?

Warum konnte der Böse im„Stein der Weisen“ Harry Potternichts tun? Weil Harry einenMenschen hatte, der ihn liebte.

Im Märchen „Von einem derauszog das Fürchten zu lernen“erfahren wir, das der Furchtloseerst glücklich werden konnte, alser das „Gruseln“ gelernt hatte.

Selbst Jesus kennt die Angst.Beim Gebet in Getsemani heißtes: Da ergriff ihn Furcht undAngst. Er bat, dass die Stunde,wenn möglich, an ihm vorübergehe. Jesus geht seinen Weg wei-ter mit der Angst: „Aber nichtwas ich will, sondern was du willstsoll geschehen.“ (Markus14.33).

Beim Sturm auf dem See er-griff seine Jünger die Angst. Ersagte zu ihnen: Warum habt ihrsolche Angst, habt ihr keinenGlauben? (Markus 4.40).

An was glauben wir? AnKennzahlen, an Vorgesetzte,an ...? Befreit uns nicht der Glau-be an eine „höhere Macht“ vonder Angst vieler Alltagssitua-tionen?

Also schauen wir uns unsereAngst an, reden wir mit unsererAngst, reden wir miteinanderdarüber. Sorgen wir dafür, dasswir unsere Mitmenschen liebenund geliebt werden. Prüfen wirunsere Abhängigkeiten.

Erich Traphan

Einsatz bei Krawallen: Gewalt aushalten, Eskalationen einrechnen Fotos (4): ddp

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Angst zählt zu den grundle-genden Emotionen des Men-schen, sie ist sozusagen Teil einer„emotionalen Grundausstat-tung“. Als biosoziales Signalträgt sie entscheidend zu einersicheren zwischenmenschlichenBindung und risikobewusstenAuseinandersetzung mit derUmwelt bei. Angst drückt Bedro-hung aus, verweist auf Gefahren.Der Mensch lernt in seinem Le-ben innere und äußere Gefahrendifferenziert wahrzunehmen undrational zu bewerten. Das beein-flusst das Ausmaß des individu-ell tolerierten Angstniveaus undprägt damit auch das Verhalten,um beispielsweise für sich wiederSicherheit herzustellen bzw.Schutzsysteme oder Abgrenzun-gen zu aktivieren. Angst ist alsoein durchaus normal psychologi-sches Phänomen von höchstemadaptiven Wert.

Angst zählt neben Freude,Trauer, Furcht, Wut, Überra-schung und Ekel zu den so ge-nannten primären Emotionen,also zu angeborenen Reaktions-mustern auf der motorischen, derkörperlichen und der subjektiv-psychologischen Ebene.

Reaktionen auf:• der motorischen Ebene in

Form bestimmter Verhaltens-weisen (z. B. Fluchtreflex, Ver-meiden, Erstarren, Kämpfen),

• auf einer körperlichen Ebenein Form von vegetativen Reak-tionen (sympathikotono Inner-vation, Stress-Hormon-Ant-wort),

• auf einer subjektiven Ebene in Form bestimmter Kognitio-

nen (Gedanken an Gefahr, Ka-tastrophe, Beschämung).

Diese drei Anteile treten je-doch nicht immer gleichzeitigund gleich stark auf. MancheMenschen nehmen eher die kör-perlichen Anteile wahr, andereeher die gedanklichen oder dieVerhaltensanteile. Alle drei An-teile spielen jedoch eine Rollesowohl bei der Entstehung als

Ohne natürliche Angst wäre dieMenschheit ausgestorben

auch bei der Aufrechterhaltungvon Angst.

Die mit den primären Emoti-onen einhergehenden Körper-und Ausdrucksreaktionen, insbe-sondere die Gesichtsmimik sindangeboren und fallen auch kul-turübergreifend sehr ähnlich aus.

Warum haben wir Angst?

Ohne Angst wäre die Mensch-heit ausgestorben!

Alle biologisch orientiertenEmotionstheorien betonen ohneAusnahme die entwicklungsge-schichtliche Herkunft von Emo-tionen (z. B. Angst) und derenVerankerung in spezifischenHirnstrukturen. Das Entstehenvon Angst ist eine Aktivität, dieden Organismus darauf vorberei-tet, in einer bestimmten Weisemit seiner Umwelt zu interagie-ren. Als die Menschen noch inder freien Natur lebten, warAngst lebensnotwendig als Vor-bereitung auf Flucht oder Kampf.

Ein gewisses Maß an Angst istauch heute noch sinnvoll, z. B. alsAlarmreaktion. Kommt bei-spielsweise ein Auto mit großerGeschwindigkeit auf Sie zu, lässtSie diese automatische Angst-reaktion rasch zur Seite springenund rettet Ihnen möglicherweisedas Leben. Die damit einherge-henden physiologischen (körper-lichen) Veränderungen, die mitAngst verbunden sind, beispiels-weise ein erhöhter Herzschlagoder eine stärkere Durchblutungder Muskeln, dienen zur Vorbe-reitung des Körpers auf schnel-les Handeln: in diesem Fall dar-auf, rasch weg zu springen.

Ein bisschen Angst muss jederhaben – diese allgemeine Weis-heit trifft immer zu. Wer vorsich-tig Auto fährt, die Türen gut ab-schließt oder sich auf Prüfungenaus Angst vor dem Versagen lan-ge vorbereitet, hat durchaus Vor-teile im Leben. „Angst lähmtnicht nur“, wie es landläufigheißt, „sondern enthält die un-

endliche Möglichkeit des Kön-nens, die den Motor menschli-cher Entwicklung abbildet“(Sören Kirkegaard). Angst isthäufig auch die treibende Kraftfür neue Höchstleistungen(„Lampenfieber“) und steigertunsere Phantasie und Kreativität.

Wenn Angst krankmacht

Falls die Angst allerdings einsinnvolles Ausmaß überschreitet,bringt sie mehr Nachteile als Vor-teile mit sich. Die Übergängezwischen kleinen alltäglichenÄngsten und echten Angst-erkrankungen sind fließend.Menschen, die aus Angst dasHaus nicht mehr verlassen kön-nen, die morgens schon mit un-erklärlichem Herzrasen und Zit-tern aufstehen, die sich vor Tref-fen mit Freunden bereits Mutantrinken müssen, sind mit Si-cherheit krank.

Angst wird zur Krankheit,wenn:• sie unangemessen stark ist,• sie zu häufig und zu lange auf-

tritt,• man die Kontrolle über die

Angst verliert,• man vermeintliche Angstsitu-

ationen vermeiden muss,• man stark unter ihr leidet.

Wie entsteht eineAngstkrankheit?

Wie entsteht beispielsweiseeine Panikstörung? Bei vielenMenschen wird angenommen,dass es eine genetische Empfäng-lichkeit gibt. Allerdings reicht derFaktor Genetik jedoch nicht fürdie Erklärung der Entstehungderartiger Ängste aus. Hinzukommen belastende Kindheits-erfahrungen, insbesondere Tren-nungserlebnisse oder Bezie-hungsprobleme, Gewalt in derFamilie, sexueller Missbrauchoder andere belastende Lebens-

ereignisse. Bei einer derartigenVorschädigung können schwer-wiegende belastende Ereignisseim Erwachsenenleben, wieScheidung oder Tod, sehr oftTrennung oder auch beruflicheExtrembelastungen zu einemAusbruch oder zu einer Ver-schlechterung einer Panik-erkrankung führen. Es werdensozusagen „alte Wunden aufge-rissen“. Es ist auch möglich, dassbei Menschen mit der oben ge-nannten Empfänglichkeit undschlimmen Erlebnissen in derKindheit schon bei relativ gerin-gen äußeren StressereignissenAngst entwickeln. Diese frühenErfahrungen können zu einerÜberempfindlichkeit neuro-biologischer Angststrukturen imHirn führen und diese Menschenfür alle Stresssituationen äußerst

Untersuchungen belegen,dass Angsterkrankungen inder Bevölkerung weit ver-breitet sind. So geht mandavon aus, dass über die ge-samte Lebensspanne• 2 % der Bevölkerung un-

ter Panikstörung,• 5 % unter Agoraphobie,• 10 % unter spezifischer

Phobie,• 2,5 % unter sozialer Pho-

bie,• 5 % unter generalisierter

Angsstörung leiden.

Frauen erkranken dop-pelt so häufig wie Männer.Auffällig ist, dass Angst-patienten häufig getrenntleben, geschieden oder ver-witwet sind.

empfindsam machen. Sie könnenbereits auf harmlose Symptome,wie Herzrasen oder Herz-stolpern mit Panik reagieren unddiese häufigen Bagatell-symptome überinterpretieren. Indem Augenblick der Überbewer-tung von körperlichen Sympto-men führt dies zu einem Teufels-

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kreis der Angst: Die Fehlinter-pretation der Symptome als ge-fährlich führt zu verstärkterAngst, diese wiederum führt zuverstärkten vegetativen Sympto-men und diese werden wiederumzusätzlich als gefährlich interpre-tiert. Ein Aufschaukelungspro-zess hat begonnen und führt zudem, was man üblicherweise Pa-nik nennt – eine normale Reakti-on im Arbeitsalltag ist so gut wieausgeschlossen (s. nebenstehendeAbbildung ).

Häufig treten Panikattackenin bestimmten Situationen aufund natürlich wird der Betroffe-ne diese Situation meiden wol-len. Aber genau dadurch wird dieAngst nochmals stärker: Vermei-dung suggeriert immer, dass essich um etwas Gefährliches han-deln müsse, sonst hätte man jadie bestimmte Situation nichtvermieden. Dies ist der Beginn

einer Chronifizierung der Stö-rung. Und spätestens hierbraucht der Betreffende Hilfe.

Ursachen fürAngststörungen

Es gibt vielfältige Ursachen,die zu einer Angsterkrankungführen können:

Neben körperlichen Erkran-kungen, Entwicklung (Erzie-hung, Kindheitsentwicklung),bestimmten Persönlichkeits-faktoren und genetischen Prädis-position spielen psychosozialeBelastung in der Partnerschaftund Familie, aber zunehmendauch auf Arbeitsebene, wesent-liche Rollen.

Dabei sind zu unterscheiden:• Angsterkrankungen, die mit

plötzlich auftretenden Angst-anfällen (Panik) auftreten undeine maximale Angst in kurzerZeit entwickeln können,

• Angsterkrankungen, die an-dauernd mit dauerhaft erhöh-ten Angstgefühlen ohne er-sichtliche Ursache bestehen

• Angsterkrankungen, die sichauf bestimmte Objekte oderSituationen beziehen.

Angststörungen verlaufen in derRegel lang dauernd, allerdings

finden sich bei 20-30 % der Pati-enten eine komplette Rückbil-dung der Symptomatik. Erschre-ckend ist jedoch, dass zwischendem Auftreten der Krankheitund der Diagnosestellung durch-schnittlich mehr als zehn Jahreliegen. Die Krankheit manisfes-tiert sich in dieser Zeit und wirdchronisch. Für den Patienten be-deutet dieser lange Zeitraum z.T. gravierende psychosozialeKonsequenzen im Alltag undBeruf.

Therapiemöglichkeiten

Viele Ängste sind mit gutenHeilungschancen therapierbar.Je eher die Therapie beginnt, des-to günstiger.

Die heute angewandten ver-haltenstherapeutischen Verfah-ren konnten in vielen Studienihre sehr gute Wirksamkeit mithohen Erfolgsraten zeigen.Grundsätzlich unterscheidetman dabei die Methoden derExpositionsverfahren (man setztsich genau den Situationen aus,die man aus Angst vermeidet),der kognitiven Therapiestrate-gien (man versucht, den irratio-nalen Ängsten rationale Gründeund Wahrscheinlichkeiten ent-gegen zu halten) und der Ent-

Prof. Dr. med. MichaelZaudig, Arzt für Psychiatrie,Psychotherapie und Psycho-therapeutische Medizin; seit1.2.1992 Chefarzt der Psy-

chosomati-schen Kli-nik Wind-ach; Mit-glied desB u n d e s -vorstandesder Deut-schen Ge-

sellschaft für Psychothera-peutische Medizin (DGPM)sowie des Vorstandes derbayerischen DGPM; seit1994 Landesbeauftragterder Deutschen ÄrztlichenGesellschaft für Verhaltens-therapie (DÄVT).

Im deutschsprachigenRaum begann mit der Öff-nung der Psychosomati-schen Klinik Windach imJahr 1976 die stationäreverhaltenstherapeutischeVersorgung. Die KlinikWindach hat sich seither u.a. auf die Intensivbehand-lung von Angsterkrankun-gen spezialisiert.

spannungsverfahren, wie z. B. dieProgressive Muskelentspannungnach Jacobson.

Die Verhaltenstherapie unddie kognitive Therapie erwiesensich in Studien als effektiver alsdie medikamentösen Therapienund zeigten gute Langzeiteffekte.

Typische Phasen der kogniti-ven und Verhaltenstherapie beiAngststörungen (aber auch beiZwangsstörung) sind:• Diagnostik und Vorbereitungs-

phase mit Aufbau einer thera-peutischen Beziehung. Im Mit-telpunkt steht die Diagnostikdes Verhaltens und Entste-hung der Erkrankung, die Vor-bereitung auf die Konfrontati-on oder Exposition sowie Er-klärung des Krankheits-modells (siehe Teufelskreis derAngst).

• Expositionsphase: Hier wer-den die Patienten mit den ver-miedenen Situationen (z. B. beider Agoraphobie) konfron-tiert. Sie müssen die Angst aus-halten bis sie spüren, dass dieAngst absinkt. Im Vorfeldglaubt der Patient immer, dieAngst wächst ins Unendliche.Diese Konfrontationen müs-sen häufig durchgeführt wer-den, bis die Angst minimal ge-worden ist.Im Rahmen der kognitiven

Therapie werden die Gedankenpositiv umstrukturiert, weg vonden katastrophisierenden irrati-onalen Gedanken. Zudem ist esdringend notwendig, die auf-rechterhaltenden Bedingungenfür die Angststörung zu klärenund zu verändern, durch An-gehörigengespräche, Training so-zialer Kompetenzen und die be-rufliche Reintegration.

Ziele einer Therapie vonAngststörungen sind immer: Reduzierung der Panikatta-cken, der Erwartungsangst, derVermeidung sowie Verbesserungder Lebensqualität und der All-gemeinzustände.

Und in den allermeisten Fäl-len können diese Ziele auch er-reicht werden.

Prof. Dr. med. Michael Zaudig

Teufelskreis der Angst

ANGST IM POLIZEIALLTAG

Der Autor:

Grafik: Klinik Windach/Prof. Zaudig

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Über Angst muss man reden...

Bei Großlagen undKatastropheneinsätzenist sie bundesweit eineSelbstverständlichkeit –die bedarfsorientiertepsychologische Unter-stützung der Kolleginnenund Kollegen vor Ort.Doch auch die wenigerspektakuläre Bewälti-gung des Polizeialltags,Spannungen in derDienststelle oder Konflik-te im privaten Umfeld,belasten Beschäftigte inder Polizei auf vielfältigeWeise – und lösen Ängs-te aus, mit denen jederEinzelne konfrontiertsein kann. Und dennochsind sie in den meistenDienststellen noch einTabuthema. Grund für dieFrauengruppe (Bund),sich eines Beschlussesdes GdP-Bundes-kongress 2002 anzuneh-men, dieses Problem zuthematisieren und in ei-ner Arbeitsgruppe aufzu-bereiten.

„Wie entstehen diese ‚kleinenÄngste’, die jeder von uns kennt?Worin liegen die Ursachen, wienimmt sie der Einzelne wahr undwie bekommt man sie in denGriff? Das waren unsere Aus-gangsfragen“, schildert UrsulaFendl, Koordinatorin derArbeitsgruppe „Ängste im Poli-zeialltag“, die Ausgangsfragenfür die Diskussion in der Frauen-gruppe (Bund). „Aus unsererUmfrage in den Ländern wissenwir: In vielen Polizeibehördenlässt es das dienstliche Klimakaum zu, offen über Ängste zusprechen. Um den Betroffenenzu helfen, muss dieses Tabu ge-brochen werden. Dazu wollenwir unseren Beitrag leisten“, soUrsula Fendl weiter.

Kleine Ängste –großes Thema

Doch wer mit schnellen Ant-worten und einfachen Lösungengerechnet hatte, stellte rasch fest:Kleine Ängste sind ein großesThema. Schon mit dem Begriff„Angst“ mussten sich die Frau-en ausführlich auseinander-setzen. „Zuerst gilt es, gesundeAngst, die uns vor Gefahrenschützt, zu unterscheiden vonAngst, die zur Krankheit wird,uns unverhältnismäßig belastetund unsere Lebensqualität ein-schränkt,“ formuliert MartinaFilla (NW), Mitglied der AG„Ängste im Polizeialltag“ einewichtige Erkenntnis, die sie ausden Referaten der Arbeitstagunggewonnen hat.

Angst hat viele Ursachen

Vielfältig sind auch die Anläs-se und die Erscheinungsformender alltäglichen Ängste – auchdas wurde in den Debatten derFrauengruppe (Bund) deutlich.Heike Rensch aus Bremen,ebenfalls aktiv in der AG, fasstdas Diskussionsergebnis ihresWorkshops zusammen: „Ängstekönnen sehr persönlich motiviertsein, z. B. wenn es um die Über-nahme von Verantwortung oderum eigenes Fehlverhalten geht.Sie werden aber auch durch Sor-ge über finanzielle Einbußenoder um die eigene Existenz-grundlage ausgelöst. Und selbst-verständlich können der Arbeits-platz selbst sowie schwierige Be-ziehungen zu KollegInnen undVorgesetzten Quelle zahlreicherÄngste sein, vor allem wenn esum die Anerkennung der eige-nen Leistung oder Auseinander-setzungen im Team geht.“

„Um mit Ängsten umgehen zulernen, ist es besonders wichtig,sich eigene Ängste einzugeste-hen und auch bei anderen solcheSignale zu erkennen, so die ein-hellige Meinung der Kollegin-nen, die auf der Arbeitstagungnach Möglichkeiten suchten,

GdP-Frauengruppe (Bund) thematisiert „Angst”:

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Ängste in den Griff zu bekom-men.“ beschreibt GundulaThiele-Heckel (HH), das wich-tigste Ergebnis ihres Workshops.

Über Ängste muss mansprechen dürfen

Ein gesundes Betriebsklima,das Polizistinnen und Polizistengern zum Dienst kommen lässt,und eine Atmosphäre, in der sieindividuelle Ängste auch anspre-chen dürfen, sind die beste Vor-sorge gegen Angst, die krankmacht – darüber waren sich dieKolleginnen der Frauengruppeals Zwischenbilanz ihrer Diskus-sionen einig. „Dazu muss derDienstherr seinen Beitrag leistenund entsprechende Rahmen-bedingungen schaffen“, meintKerstin Rothe (TH) aus der AG„Ängste im Polizeialltag“.

Daher diskutiert die Frauen-gruppe (Bund) derzeit, wie die-se Rahmenbedingungen genauaussehen sollen und auf welcheWeise sie herzustellen sind.„Möglicherweise münden unse-re Überlegungen auch in eineausformulierte Muster-Dienst-vereinbarung, mit der diePersonalvertreter vor Ort dieLeitungen ihrer Dienststellen indie Pflicht nehmen können“,schlägt Anke Kawald (SH) vor.Auch an einem Forderungs-katalog, der die Fürsorgepflichtdes Dienstherrn in konkreteMaßnahmen gegen „Ängste imPolizeialltag“ umsetzt, arbeitendie Kolleginnen der AG. weu

Angst im Kollegenkreis –niemanden allein lassen

Was bei akuten Ängstengetan werden kann

Im Rahmen unserer Artikelkönnen wir zwar weder auf sämt-liche Feinheiten des Vorgehensbei akuten Ängsten eingehen,noch die so genannten großenLagen, die Ängste auslösen kön-nen, allumfassend beleuchten,aber einen Leitfaden zum Um-gang mit der Angst anbieten.

Hier sind eher die kleinenÄngste des Alltags gemeint, diemit zunehmender Arbeitsver-dichtung, Personalabbau, damitverbundenem steigenden Ar-beitsdruck und fehlender Aus-tauschmöglichkeiten so mancheKolleginnen und Kollegen in ei-nen Kreislauf von Problemenbringen, die sie/er allein nichtmehr lösen können.

Wie erkenne ich Ängsteder Kolleginnen undKollegen

Jeder Mensch sendet Signaleaus, die seinen Zustand anzeigen.Diese Signale richtig zu deutenist aber für Außenstehendemitunter sehr schwer, denn selbstdie Betroffenen können ihr Un-behagen oft nicht erklären. Einegute Beobachtungsgabe undSensibilität sind hier gefragt, aberdas gehört in unserem Beruf ei-gentlich zum Handwerkszeug.

Was also sollte nachdenklichmachen, wenn sich eine Kolleginoder ein Kollege plötzlich verän-dert?

Äußere Faktoren hierfürkönnen sein:• Reizbarkeit• Ablehnung• Schauspielerei• Rückzug

Zu beobachten sind häufig einallgemeiner Leistungsabfall,Verhinderungsstrategien, Verlustder Freude am Beruf bis hin zurArbeitsverweigerung. Es wird

immer öfter eine so genannte„Auszeit“ genommen. Krank-meldungen häufen sich vor undnach Wochenenden, dem Urlaub,vor geplanten Einsätzen.

Auffällig sind auch Verände-rungen im Aussehen, im Wesen,körperliche Veränderungen: DieKleidung wird nachlässiger;dunkle, insbesondere schwarzeKleidung wird bevorzugt; dasKörpergewicht nimmt rapide abbzw. zu; es tritt äußere Verwahr-losung ein. Kontaktangstherrscht vor, die Betroffenen zie-hen sich immer mehr zurück. Daskann von Hilflosigkeit bis hin zurSelbstaufgabe der Betroffenenführen und als ich-bin-nicht-gut-genug-Syndrom bezeichnetwerden.

Handlungsmöglichkeitenals Außenstehender

Die schlechteste Strategie istpassives Abwarten, ein Überspie-len der Situation. Natürlich ist esim Moment leichter, einfach dieAugen zu verschließen, eigentlichsind doch die anderen, die Dienst-vorgesetzten gefordert.

Aber gerade wir, die wir täg-lich eng mit den Betroffenen zu-sammen arbeiten und unsauf sie verlassen müssen,haben ein besseres Ge-spür und einen besse-ren Zugang zu ih-nen.

Falsch wärenallerdings die sogenannten gutenRatschläge, die„Gesprächszer-störer“ wie:• du musst nur

wollen• reiß dich zusam-

men• lass dich nicht so gehen• probier´s mal mit

Melissentee• was ist nur los mit dir,

du hast doch alles• du musst nur mal auf

andere Gedanken kommen• geh mal zum Arzt XY• das wird mal böse mit dir enden

Was kann ich tun um dieÄngste anderer zu erkennen, wiekann ich helfen?

Erste Schritte können sein:• Sensibilisierung/Beobachtung• Angebote/Weitervermittlung• Hilfe zur Selbsthilfe

Zunächst ist es wichtig, offenfür meine Kolleginnen und Kol-legen zu sein, ihr Verhalten zu be-obachten, auf ihre BelangeRücksicht zu nehmen. Dazu ge-hört auch, das gesamte Umfeldnicht außer Acht zu lassen, ggf.die Gesprächskultur an derDienststelle zu überdenken undzu verändern.

Notwendig und hilfreich kön-nen aber auch direkte Ge-sprächsangebote an die Betrof-fenen sein. Meist reicht zunächsteinmal aus, sich dafür Zeit zunehmen und ruhig zuzuhören.Damit zeige ich Mitgefühl, Für-sorge und Verständnis für die Be-lange, kann dadurch Vertrauenvermitteln. Ein Rat oder irgend-

welche Verhaltensmaßregelnsind oft in dieser Situation

gar nicht gewünscht.Grundhaltung sollte

sein: keine Vorwürfe,keine Ablehnung,nicht genervt sein, denBetroffenen nicht be-drängen.

Sollte eine Kon-taktaufnahme ausverschiedenen Grün-den nicht möglichsein, kann diese auch

über eine nahe stehen-de Vertrauensperson er-

folgen. Mein Beitragwäre in diesem Fall, ihneneinen so genannten„Schutzraum“ zur Verfü-gung zu stellen. Ein Ge-spräch in sicherer Atmos-phäre wirkt oft Wunder.

ANGST IM POLIZEIALLTAG

Bisherige Ergebnisse derAG stellen wir auf den folgen-den Seiten vor und hoffen,dass viele Kolleginnen undKollegen sie als Diskussions-grundlage nutzen und uns ihreErfahrungen zum Thema,Vorschläge und Ergänzungenmitteilen:Gewerkschaft der PolizeiRedaktionDEUTSCHE POLIZEIKennwort:AG „Ängste im Polizeialltag“Stromstrasse 4, 10555 BerlinE-Mail:[email protected]: 030 – 39 99 21 190

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Möglichkeiten der Hilfe indieser Situation können gemein-same Vereinbarungen sein, diedann auch eingehalten werden.Durch Motivation und Anerken-nung der Arbeit kann das Selbst-wertgefühl wieder gestärkt wer-den.

Es muss jedoch nicht alles aufmeinen Schultern lasten, ichkann und sollte mir ggf. auch Ver-bündete suchen. Hier ist an denDienstvorgesetzten, die Polizei-seelsorge, den Polizeiarzt oderauch die Gleichstellungsbeauf-tragte zu denken, denn Proble-me lassen sich meist nicht vonheute auf morgen lösen.

Wichtig bei meiner Unterstüt-zung ist jedoch immer der Ge-danke „Mache die Ängste ande-rer nicht zu deinen eigenenÄngsten“.

Handlungsmöglichkeitenals Betroffeneund Betroffener

Auch ich selbst kann einmal inSituationen geraten, die plötzlichÄngste in mir auslösen und michin einen Kreislauf geraten lassen,aus dem ich mich selbst nichtmehr befreien kann. Es gibt nurzwei Möglichkeiten, die unter-schiedliche Ergebnisse erzielen:

Ich tue etwas in den Bereichen:• besseres Selbstwertgefühl• Steigerung der Selbstachtung• bessere Lebensqualität• Berufsfähigkeit• Familie• soziale Kontakte• Freude am Leben

Ich resigniere:• größere und häufigere Ängste• Verlust von Beziehungen• äußerst unangenehme Körpergefühle• Berufsunfähigkeit• Depression, Sucht, Isolation• sozialer Abstieg• häufiger Aufenthalt in Kliniken

Folgende Schritte sind vorstellbar:• Eingeständnis der Ängste• professionelle Hilfe• Selbsthilfe

Zunächst muss ich mir gegen-über meine Ängste auch einge-stehen, darf keine Ausredenmehr suchen.

Vielleicht sollte ich mich selbsteinmal hinterfragen:• Wie gehe ich eigentlich mit mir

um?• Wie ist meine Ehe/Partner-

schaft beschaffen?• Wie sehen die Beziehungen zu

Eltern, Freunden, Kindern,Kollegen aus?

• Macht mir mein Beruf Spaß?• Kann/muss ich mein Verhal-

tensmuster ändern?

Wichtig ist auch die Frage, obich mir ggf. eine Vertrauensper-son suchen sollte.

Über diese Vertrauenspersonkann ich dann um Hilfe und Ver-ständnis für meine Lage bitten,gemeinsam den Tagesablaufstrukturieren, mir für einige Zeitden Rücken freihalten lassen.

Zu empfehlen ist auch einStress- oder Gefühlstagebuch zuführen, denn in Worte gefassteÄngste und Gefühle bringenOrdnung in das Chaos. Auch soll-te ich mich nicht scheuen, profes-sionelle Hilfe in Anspruch zunehmen, wenn es notwendig ist.

Selbsthilfe bedeutet auch, ichmuss zunächst offen mit mir undmeinen Ängsten sein, Kontakt zuKolleginnen und Kollegen su-chen, Stärke zeigen und Schwä-chen zulassen. Ich muss lernen,mich selbst zu lieben, zu akzep-tieren, nett zu mir sein.

Das stärkt das Selbstwert-gefühl, macht eigene Fortschrit-te für sich erkennbar und gibtFreude am Leben zurück, dennSelbsterkenntnis ist immer nochder erste Weg, um die Ängste zubesiegen.

Unsere Aufgabe ist es also, Be-troffene zu unterstützen sowiedie strukturellen Voraussetzun-gen und Hilfsangebote zu schaf-fen.

Denn es geht um:• Wahrnehmung und Verantwor-

tung,• Sorgen und Nöte von Men-

schen,• die Kultur der Polizei.

fu

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Forderungen an den DienstherrenViele Kolleginnen und Kolle-

gen werden von Ängsten heim-gesucht. Die Grundlagen dafürsind durchaus auch in unseremBeruf und in unseren inner-dienstlichen Verhältnissen zu fin-den. Aber keine Polizeibeamtinund kein Polizeibeamter ist dafürausgebildet, alles ertragen zukönnen und ertragen zu müssen.Das Wichtigste, was der Dienst-herr in dieser Frage tun kann istPrävention.

Fürsorgepflicht desDienstherrn

Fest steht: Der Dienstherr hateine Fürsorgepflicht, die zwargesetzlich festgeschrieben ist, derer aber oft nicht umfassend nach-kommt. Nötig wäre aber, dass je-der Leiter mit Wissen und sozia-

ler Kompetenz die Situation inseiner Dienststelle zu analysie-ren und ein gesundes Betriebs-klima zu fördern vermag.

Rahmenbedingungen

Für ein gesundes Betriebsklima,das Polizistinnen und Polizistenangstfrei und selbstbewusst zumDienst kommen lässt und das denPolizeiberuf als Berufung unter-stützt, sind Rahmenbedingungenerforderlich. Dazu zählen:• eine zukunftsorientierte Poli-

zeipolitik,• eine grundsätzliche Reform-

politik mit einem endgültigenResultat,

• eine vernünftige Personal- undStellenplanung sowie

• eine transparente Informati-onspolitik.

Diese Rahmenbedingungen sol-len darauf ausgerichtet sein, dassjeder Mitarbeiter der Polizei:

• seinen Platz kennt,• sich über seine Aufgabe und

persönliche Perspektive imKlaren ist bzw. rechtzeitig in-formiert wird,

• über Veränderungsabsichtenauf Dienststellen informiertwird und in den Veränderungs-prozess eingebunden wird so-wie

• sich sicher sein kann, dass derDienstherr – auf welcher Ebe-ne auch immer – hinter ihmsteht.

Gesundheitszustandkennen

Weiterhin hat der Dienstherrdie Pflicht, sich global über denGesundheitszustand seiner Mit-arbeiter zu informieren (wie vie-le Mitarbeiterinnen und Mitar-

beiter sind nur eingeschränktpolizeidienstfähig, wie viele sindüber längeren Zeitraum arbeits-unfähig, wie viele Mitarbeiter invorzeitigen oder in regulärenRuhestand gehen werden). Die-se Analyse ist gemeinsam mitdem Polizeiärztlichen Dienst/Polizeipsychologischen Dienstregelmäßig zu führen und dahin-gehend zu hinterfragen, ob essich um psychosomatische Er-krankungen, innere Kündigungoder Ähnliches handelt.

Zudem ist dringend eineKopplung mit den geltendenArbeitsschutzrichtlinien notwen-dig. Wird Arbeitsschutz wirklichüberall eingehalten? Wie sieht esaus mit der Bereitstellung vonComputerarbeitsplätzen, mitLärmbelästigung, Nichtraucher-schutz etc.?

Wenn immer weniger Mitar-beiter immer mehr leisten müs-sen, wirkt sich dies negativeinerseits auf das Betriebsklima

andererseits auf den Gesund-heitszustand aus.

Weg und Ziel

Jeder Mitarbeiter, vom Tarif-beschäftigten bis hin zum Beam-ten des höheren Dienstes muss mitdem Phänomen „Ängste imPolizeialltag “ konfrontiert wer-den. Wichtig ist eine umfassendeAus- und Fortbildung aller Mitar-beiter, um Ängste zu erkennenund die soziale Kompetenz desUmgangs mit Ängsten zu erlernen.

Hilfreich wären so genannteAngststudien in den Bundeslän-dern. Das Thema erscheint sowichtig, dass es sich als Lehr-thema an den Verwaltungs-fachhochschulen ebenso anbietetwie als Thema für Diplom-arbeiten. In der Auseinanderset-zung mit dem Thema Angstdurch unsere jungen, heranwach-senden Führungskräfte wird einsensiblerer Umgang mit Ängs-ten, ein besseres Erkennen, mitder Möglichkeit auf Ängste zureagieren, geschult. Der Blicköffnet sich für zwischenmensch-liche Konflikte und Probleme desPolizeialltages.

Verfahrensregelungenim Umgang mit Angst

Es ist äußerst wichtig, klareund überschaubare Strukturendes psychologischen Dienstes zuschaffen und zu publizieren.

Egal, wer in den einzelnenBundesländern in die psycholo-gische Betreuung eingebundenist – ob Polizeipfarrer, Krisen-interventionsteams, Psychologen– die Struktur muss klar und ein-deutig geregelt sein. Die in denpolizeipsychologischen Diensteingebundenen Mitarbeiter,müssen eine ständige (örtliche)Erreichbarkeit garantieren. Umdiesem hohen Anspruch Rech-nung zu tragen, sind die Schaf-fung von Netzwerken derAnsprechpartner notwendig.

In der Polizei bringt jeder Tagunvorhersehbare Ereignisse mitsich. Aus kleinen banalen Einsät-zen können sich große besonde-re Einsatzlagen entwickeln.

Deshalb sollte es Checklistengeben, die ein Verhaltensrasterfestschreiben (was für ein Ereig-nis, wen informiert, tags, nachts,Gesprächsbedarf, wann weiter-geleitet, Kollege nach Hause ge-schickt, Krankschreibung ...).

Darüber hinaus sind dringendVerfahrensregelungen zur späte-ren Hilfe sowie Nachbetreuungerforderlich. In jedem Fall isteine psychologische Unterstüt-zung durch soziale Ansprech-partner zu gewährleisten.

Sind wirkliche Ängste aufge-treten und drohen sich zu poten-zieren, so ist die Hilfeleistungdurch Dritte auszubauen. Ambu-lante und stationäre Therapiedurch externe Fachleute ist zugewährleisten. Die Schweige-pflicht analog derer von Ärztenist dabei einzuhalten.

Der Dienstherr hat dafür zusorgen, dass eine schnelle Wie-dereingliederung ohne jeglicheDiskriminierung der Mitarbeitererfolgt.

Diese gesamte Verfahrens-weise sollte in einer Richtliniezusammengefasst werden, die so-wohl den Umgang mit denChecklisten regelt als auch dieKrisenintervention.

Aktion statt Reaktion

Hier schließt sich der Kreisder Forderungen. Mehr Wissenüber das Phänomen Angstschafft Aufklärung. Damit wirddas Thema Angst aus der Tabu-zone genommen. BetroffeneKolleginnen und Kollegen erken-nen, dass sie Hilfe in Anspruchnehmen können und sollten. Auf-grund von Akzeptanz erfahrendie Betroffenen Verständnis inihren Arbeitsbereichen, werdendort sozusagen aufgefangen undeine schnellere Wiederein-gliederung wird wahrscheinlich.

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Wenn immer weniger Mitarbeiter immer mehrleisten müssen, wirkt sich dies negativ auf dasBetriebsklima und den Gesundheitszustand aus.

ANGST IM POLIZEIALLTAG

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Wie hoch ist die beruflicheBelastung im Polizeialltag?

Polizeibeamtinnen und Poli-zeibeamte werden in der Ausü-bung ihres Berufes mit einerVielzahl verschiedener Aufgabenund Anforderungen und dem-entsprechend auch mit einer Fül-le unterschiedlicher psychischerBelastungen konfrontiert. DasSpektrum der Belastungen reichtdabei von Extremsituationen imEinsatz wie z. B. dem Gebrauchder Schusswaffe, schweren Ver-kehrsunfällen, Leichenfundenund dem Überbringen vonTodesnachrichten über dieWechselschichtarbeit, zwischen-menschliche Konflikte mit Kol-legen/innen, bis hin zu Unzufrie-denheit mit der Organisation derArbeit.

Nicht jede/r empfindet Belas-tungssituationen gleich – unter-schiedliche Personen reagierenverschieden auf diese Situatio-nen. Allerdings werden die obenskizzierten Situationen mithoher Wahrscheinlichkeit vonden meisten Polizeibeamtinnenund -beamten als belastend be-trachtet. Solche stressinduzie-renden Situationen könnennegative Folgen nach sich ziehen,wie z. B. Unzufriedenheit, Krank-heiten und Konflikte.

Gefördert durch die Bundes-anstalt für Arbeitsschutz undArbeitsmedizin (BAuA) führtdas Institut für Aus- und Fortbil-dung der Polizei NRW (IAF) inKooperation mit der Univer-sitätsklinik Münster (UKM) einForschungsprojekt zu dieser The-matik durch. (DP berichtete inden Ausgaben 11/03 und 4/04sowie im Mitgliederbereich derGdP-Homepage aktuell).

Im Rahmen des Projekteswurde ein polizeispezifischerFragebogen zur Selbsteinschät-zung der eigenen beruflichenBelastung entwickelt. Der Frage-bogen soll Polizeibeamtinnenund Polizeibeamten bei der Be-trachtung ihrer eigenen berufli-chen Belastung helfen und ihnen

Empfehlungen und Hinweise zurVerringerung ihres persönlichenBelastungs- und Beanspruch-ungsniveaus geben. So könnenschwere Erkrankungen vermie-den, die Betreuungsbedürfnisseder Betroffenen besser erfüllt,Ausfallzeiten verringert und dieArbeitszufriedenheit gesteigertwerden.

Das Instrument wurde spezi-ell für die Mitarbeiterinnen undMitarbeiter der Polizei entwi-ckelt und umfasst Belastungs-

situationen, die aus dem berufli-chen Tätigkeitsfeld erwachsenkönnen. Dazu zählen einzelneschwere Belastungen (Extrem-situationen), aber auch chroni-sche berufliche Belastungen und/oder alltägliche „Ärgernisse“.Bevor das entwickelte Verfahrenin der Praxis eingesetzt werdenkann, soll es abschließend vordem Hintergrund einer wissen-schaftlichen Güteprüfung in ei-ner Online-Befragung von ca.2.000 Polizeibeamten/innen er-probt werden. Um dieses Vorha-ben realisieren zu können, möch-ten wir Sie bitten, uns im Rah-men unserer Arbeit zu unterstüt-zen und an der Online-Befra-gung teilzunehmen. Der Frage-bogen wird in einer Online-Ver-sion eingesetzt, um

a) möglichst viele Kollegen/innen möglichst leicht und in ei-

nem geschützten Raum zu errei-chen,

b) einen möglichst hohen,wirtschaftlich effizienten Rück-lauf sicherzustellen,

c) sowie vor allem, um denPolizistinnen und Polizisten dieMöglichkeit zu geben, einen ers-ten eigenen Eindruck und eineRückmeldung über ihr aktuellesBelastungsausmaß zu bekom-men – ohne sich an Dritte wen-den zu müssen und ohne das Ein-schalten von Vorgesetzten oderanderen Dienststellen.

Nur wenn möglichst viele Kol-leginnen und Kollegen den Fra-gebogen erproben, ist eine zuver-lässige und gültige Aussage überden subjektiv empfundenen ak-tuellen Belastungszustand desEinzelnen möglich.

Teilnehmen an der Online-Befragung können alle Mitarbei-ter/innen der Polizei bundesweit– unabhängig von der gegenwär-tigen Funktion oder Verwendungunter http://web2.muenster-pfi.polizei.nrw.de/opti (Intranetder Polizei NRW).

Im Internet ist der Fragebogenunter www.opti-online.de einge-stellt.

Stefan Reinecke, Institut fürAus- und Fortbildung der

Polizei Nordrhein-Westfalen

Belastung nach schweremVerkehrsunfallFoto: Innenministerium NRW

KONFLIKT-BEWÄLTIGUNG

GdP vergibtCD „Konflikt-bewältigungam Arbeits-platz“

Konflikte begegnen uns tag-täglich, ob im morgendlichenStau, am Arbeitsplatz, in der Fa-milie oder bei Freunden. Konflik-te zu meistern, d. h. sie zu verste-hen, zu handeln, mit den Emoti-onen umzugehen und sie zu lö-sen ist Ziel von Seminaren undArbeitshilfen der Gewerkschaftder Polizei. Als Begleitmaterialwurde eine Arbeits- und Lern-CD entwickelt, die sich mit die-ser Thematik beschäftigt.

Mit einem virtuellen Kon-fliktbewältigungsseminar bietetsich den GdP-Kolleginnen und-Kollegen die Möglichkeit, mehrüber Konflikte und die Metho-den der Konfliktführung zu er-fahren. Die CD beinhaltet viel-fältige Texte, Informationen undinteraktive Tests. Sie wurde fürKollegen/innen entwickelt, diesich aufgrund ihrer gewerk-

schaftlichen und/oder berufli-chen Position mit diesem Themaauseinander setzen müssen.

Die CD „Konfliktbewältigungam Arbeitsplatz“, aber auch dieArbeitshilfen zu den Themen„Konfliktbewältigung“ und„Konfliktfähigkeit“, sind kosten-los über die GdP-Landesbezirkebzw. -Bezirke erhältlich.

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ARBEITSSCHUTZ

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EUROCOP-KONFERENZ

Arbeitsbedingungen vonPolizisten in der EU im Fokus

Am 28. Februar 2005 hat in der lettischen HauptstadtRiga die zweite EuroCOP-Konferenz zur Zusammenarbeitder Polizei in der erweiterten EU stattgefunden. NebenTeilnehmern von EuroCOP-Mitgliedsorganisationen freutesich Heinz Kiefer, Präsident der European Confederationof Police, auch über eine rege Beteiligung von Kollegenaus Lettland, Estland, Litauen und Bulgarien.

Mit dem Veranstalten einergroßen Konferenz in Lettlandhat EuroCOP auch ein Zeichenzur Unterstützung der Kollegin-nen und Kollegen in Lettland ge-setzt: Lettland ist das einzigeMitgliedsland der EuropäischenUnion, in dem Polizistinnen undPolizisten sich bisher weder inBerufsorganisationen noch inGewerkschaften organisierendürfen. Erst auf den anhaltendenDruck von EuroCOP hin, ist jetztBewegung in die Lettische Poli-tik gekommen:

Während draußen der letti-sche Winter das Land mit Eis undSchnee fest im Griff hatte,leitete der lettische Innen-

minister Eriks Jekabsons auf derEuroCOP-Konferenz für seinePolizisten den Frühling ein, in-dem er die Bedeutung einer Ge-werkschaft für die Polizei aner-kannte. Er stellte sich ausdrück-lich hinter die zurzeit im Seim(Parlament in Lettland) auf demTisch liegende Gesetzesvorlage,die das Verbot der Gründungenvon Gewerkschaften in der Poli-zei in Lettland beenden wird.

Im Mittelpunkt des erstenTeils der Konferenz stand dannauch die konstruktive Rolle, dieGewerkschaften bei der Gestal-tung von Veränderungspro-zessen in der Polizei spielen kön-nen. Einar Hendriksen, Polizei-präsident in Norwegen arbeitete

in seinem Vortrag klar die grund-legenden Voraussetzungen für ei-nen konstruktiven Dialogheraus: Weit reichende Ein-beziehung der Gewerkschaftenund Personalvertreter in dieEntscheidungsprozesse in derPolizei und ein gegenseitiges Ver-antwortungsgefühl, das aufbeiden Seiten vorhanden seinmuss. Dabei ist entscheidend,dass ein Klima geschaffen wird,

in dem Gespräche auf Augenhö-he stattfinden können. Hen-driksen ließ dabei allerdings kei-nen Zweifel daran, dass gesetz-lich geregelte Teilhaberechte derPersonal- und Gewerkschafts-vertreter hierfür eine Grundvor-aussetzung sind.

Davon, dass dieser Zu-stand keine Selbstver-ständlichkeit ist, konntensich die Teilnehmer imanschließenden Vortragvon Kalle Liivamägiüberzeugen, der als Vor-sitzender des EstnischenGewerkschaftsdach-verbands ROTAL überdie schwierige Aufbau-phase der Polizeigewerk-schaft in Estland berich-tete, wo sich seit der Zu-lassung einer Polizei-gewerkschaft im Jahr2000 erst langsam eineKultur des Dialogs zwi-schen Gewerkschaft undRegierung etabliert.

Damit war zu Beginnder anschließenden Dis-kussion ein weites Spek-trum eröffnet: Gemein-sam mit dem GdP-Vorsit-zenden Konrad Freiberg,

diskutierten Einar Hendriksenund Kalle Liivamägi unter derModeration von Clint Elliott,Mitglied des EuroCOP Exeku-tivkomitees und Generalsekretärder Police Federation of Englandand Wales, welche Konsequen-zen sich aus unterschiedlichensozialen Standards für Polizistenrund um die Ostsee für diepolizeiliche Zusammenarbeit er-geben.

Dabei kamen auch klar dieeklatanten Unterschiede in derBesoldung zur Sprache – ange-sichts des Drucks leerer öffentli-cher Kassen auch in den neuenEU-Mitgliedsstaaten ein heißesThema. Vor allem für junge Men-schen, so zeigte die Diskussion,spielt die Frage einer angemes-senen sozialen und wirtschaftli-chen Absicherung neben Auf-stiegs- und Weiterbildungs-chancen eine herausragendeRolle bei der Berufswahl, wieKonrad Freiberg feststellte. Ge-rade angesichts der steigendenAnforderungen an die Polizisten.Die Diskutanten waren sich da-her einig in der Forderung, dassSicherheit ihren Preis hat, wieHeinz Kiefer es in seiner Zusam-menfassung formulierte. „Dersozialen und wirtschaftlichenAbsicherung derjenigen, die ineinem demokratischen Gemein-wesen für die Sicherheit der Bür-ger sorgen, kommt eine zentraleBedeutung zu“, so Kiefer. „Si-cherheit ist nicht alles, aber allesist nichts ohne Sicherheit“.

Einigkeit herrschte darüber,dass ohne entsprechende Anrei-ze mittelfristig die Qualität derPolizeiarbeit leiden werde –insbesondere angesichts der stei-genden Anforderungen an diePolizei die letztlich auch Resul-tat einer zunehmenden grenzü-berschreitenden Vernetzungsind.

Genau um diese grenzüber-schreitende Vernetzung der Po-lizei und die daraus erwachsen-den Herausforderungen ging esim Anschluss: ganz konkret umdie Frage, wie sich Europol, Netz-werke von Verbindungsbeamtenin den EU-Mitgliedsstaaten, ver-schiedene bi- und multilateraleAbkommen zur polizeilichenZusammenarbeit und eine unü-bersichtliche Vielfalt von Mög-lichkeiten des Datenaustauschsmiteinander verbinden lassen –und das möglichst ohne unnöti-ge Doppelungen und Verschwen-dung knapper Ressourcen.

Was sich wie die Quadraturdes Kreises anhört, kommt tat-sächlich einem gordischen Kno-ten sehr nahe.

Aus Sicht von Jytte Ekdahl,Vertreterin der OK Koordi-

Konrad Freiberg mit Berndt Georg Thamm undBKA-Verbindungsbeamter in Riga, Georg Schuh

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nierungsstelle der DänischenPolizei sind vor allem die Mit-gliedsstaaten der EU selbst ge-fragt, wenn es darum geht, dieverschiedenen Möglichkeiten ef-fizient zu koordinieren. So hatdie Dänische Polizei alle interna-tionalen Kontakte in einer einzi-gen Dienststelle zusammenge-fasst, die als zentrale Schnittstel-le zum Ausland fungiert. Dazukommt eine klare Konzentrationauf Europol zur Koordinationvon Verfahren innerhalb der EU.Dieses Modell funktioniert inDänemark anscheinend hervor-

ragend – so konnten schon meh-rere scheinbar unscheinbare De-likte, wie z. B. ein Autodiebstahlin Dänemark mit internationalenBanden der Organisierten Krimi-nalität (OK) verbunden werden.

Gerade zur analytischenVerknüpfung von Informationenaus unterschiedlichen Mitglieds-staaten ist Europol hervorragendaufgestellt. Das wurde im Vor-trag von Reiner Wenning vonEuropol deutlich: Ihm ging es vorallem darum, Missverständnisseüber die Rolle von Europol zubeseitigen. Die Stärke vonEuropol liege in der analytischenUnterstützung der nationalenBehörden, so Wenning, der auchseinerseits ein praktisches Bei-spiel vorstellte, dass in Däne-mark mit der Entdeckung einesgestohlenen LKW begonnenhatte: Nachdem die DänischePolizei Europol eingeschaltet

hatte, konnte ein OK Netzwerkausgehoben werden, in dem 600Einzelpersonen und 29 Firmenaus Großbritannien, Dänemark,den Niederlanden, Luxemburg,der Tschechischen Republik, Po-len und Russland angehörtenund deren Aktivitäten von Kfz-Diebstahl über Drogen-schmuggel bis hin zur Prostituti-on reichten. Mit nationalen Res-sourcen allein, wäre dieser Fallkaum zu lösen gewesen, soWenning. Europol sei eben keinEuropäisches FBI, das mit dennationalen Behörden konkurrie-

re, sondern aufgrund seiner ein-zigartigen Möglichkeiten zurVerknüpfung von Informationenaus den Mitgliedsstaaten bestensin der Lage, nationale Investi-gationen zu unterstützen.

Wie nötig das ist, wurde an-schließend im Vortrag des Publi-zisten Berndt Georg Thammdeutlich, der ein bedrohlichesBild der Möglichkeiten kriminel-ler Organisationen von Al Qaidabis zur Mafia zeichnete.Spätestens nach dem Vortrag vonHerrn Thamm war allen Teilneh-mern der Konferenz klar, dass esbei der Herausforderung, diegrenzüberschreitende Zusam-menarbeit effizient zu gestalten,nicht um Autodiebstähle, Ein-brüche und Strafzettel geht, son-dern um die Verteidigung dermodernen Demokratie und ihrerErrungenschaften schlechthin.

Jan Velleman

Aufmerksame Zuhörer: Eriks Jekabsons, lettischer Innenminister mitIlze Peterzone, zuständig für internationale Beziehungen im lettischenInnenministerium Fotos: EuroCOP

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Vertrauender Deutschen

schwindet bedenklichNur noch 28 Prozent derOstdeutschen und 56 Pro-zent der Westdeutschensind zufrieden damit, wieunsere Demokratie funktio-niert. Im europäischen Ver-gleich spricht eine Analysedes Zentrum für Umfragen,Methoden und Analysen(ZUMA) in Mannheim* voneiner geradezu „dramati-schen“ Entwicklung.

Jahrelang waren die Deut-schen mit ihrer Demokratie zu-friedener als die EU-Bürger imSchnitt. Von Herbst 2002 bis

Frühjahr 2004 ist ihr Vertrau-en in das System aber – gegenden europäischen Trend undquer durch alle Bevölkerungs-gruppen – schlagartig abgesackt:um 15 Prozentpunkte im Westen,um 16 im Osten. Mit nur 51 Pro-zent Zustimmung liegt esnunmehr unter EU-Niveau (sie-he Tabelle). Nur 1997, dem letz-ten Jahr der Kohl-Regierung,waren die Deutschen noch unzu-friedener mit dem politischenSystem als heute. Auffällig ist,dass es bis 1990 in Westdeutsch-land eine ziemlich stabile Zufrie-denheit mit dem System gab:Mehr als drei Viertel der Bürger-innen und Bürger waren zwi-schen 1976 und 1990 jeweils zu-frieden oder sogar sehr zufriedenmit ihrer Demokratie. Danachbegann ein Abwärtstrend alsZickzackkurs, mit heftigen Aus-schlägen.

Jüngere zufriedener

Das insgesamt niedrigere Ni-veau der Demokratiezufrieden-heit in Ostdeutschland ordnet dieAnalyse angesichts der kürzerendemokratischen Geschichte als„nicht verwunderlich“ ein. Derstarke Zufriedenheitsverlustjetzt sei aber selbst im Vergleichmit den mittel- und osteuropäi-

schen EU-Neumitgliedern und -Kandidaten auffällig. Nur dieSlowakei (20 %), Polen (16 %),Bulgarien (19 %) und Rumäni-en (18 %) bringen an diesemPunkt noch weniger Zufriedenezusammen. Entgegen mancherBefürchtungen sind in Ost-deutschland aber die Jüngeren(16- bis 34-Jährige) deutlich zu-friedener (43 %) mit der De-mokratie als die Älteren (32 %).

Tagespolitik nichtausschlaggebend

Demokratiezufriedenheitwird normalerweise wenig vonder Tagespolitik beeinflusst. Erstwenn Bürger länger mit Politi-kern und Parteien unzufriedensind, glauben sie, dass auch durchWahlen nichts zu verbessern ist.

In den westeuropäischen Län-dern haben bei der Einschätzungpolitische Gründe ein deutlichstärkeres Gewicht – Vertrauen indie politischen Institutionen so-wie Polizei und Justiz. In Mittel-und Osteuropa dagegen spielenfür die Demokratiezufriedenheitwirtschaftliche Erwartungeneine wichtigere Rolle, und vorallem auch: die persönliche wirt-schaftliche Perspektive. Der in-nerdeutsche Vergleich entsprichtdiesem europäischen Bild. DieOstdeutschen haben bei den Be-wertungen stark die persönlichewirtschaftliche Lage im Blick, imWesten haben politische Fakto-ren ein größeres Gewicht. Fürganz Deutschland macht dieZUMA-Analyse aber einen„ausgeprägten wirtschaftlichenPessimismus der Bevölkerung“als eine Ursache der Verdrossen-heit aus.

Regina Droge*Angelika Scheuer: Demo-

kratiezufriedenheit in Deutsch-land sinkt unter EU-Niveau. In:Informationsdienst Soziale Indi-katoren (ISI) 33, 1/2005

aus Böckler Impuls 3/2005

DEMOKRATIE

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BEAMTENVERSORGUNG

Abgeflachter Anstieg derVersorgungsanpassungDas BMI legte Anfang März den Entwurf einesVersorgungsnachhaltigkeitsgesetzes vor. Damit soll dasPensionsniveau entsprechend der Rentenreform weiterabsinken.

Am 1. Januar 2005 trat das„Gesetz zur Sicherung der nach-haltigen Finanzierungsgrundla-gen der gesetzlichen Rentenver-sicherung vom 21. Juli 2004“ –(RV-Nachhaltigkeitsgesetz) inKraft. Mit diesem Gesetz wirderstmals ein Nachhaltigkeits-faktor in die Rentenanpassungs-formel aufgenommen. Diesergibt die Relation von Renten-beziehern zu Beitragszahlernwieder und soll eine sachgerech-te Belastungsaufteilung derRentenfinanzen auf Beitrags-zahler und Rentner bis 2030 ge-währleisten. Der Nachhaltig-keitsfaktor berücksichtigt die de-mographische Entwicklung,nämlich die höhere Lebenser-wartung sowie den Geburten-und Erwerbstätigenrückgang.

Nachhaltigkeitsformelauch fürBeamtenversorgung

Bei der Verabschiedung desRV-Nachhaltigkeitsgesetzes wur-de in einer Entschließung fest-gehalten, dass das Gesetz wir-kungsgleich auf die Beamten-versorgung zu übertragen ist.

Das soll nun mit dem nun vor-gelegten „Entwurf eines Geset-zes zur Sicherung der nachhalti-gen Finanzierung der Versorgungvon Beamten, Richtern und Sol-daten sowie zur Änderungdienstrechtlicher Vorschriften“(VersNG) geschehen. Schwer-punkte sind dabei die• Absenkung des Versorgungs-

niveaus durch Dämpfung derVersorgungsanpassungen sowie

• Begrenzung der Berücksichti-gung von Hochschulausbil-dungszeiten als ruhegehalt-fähige Dienstzeiten.

Gemeinsam mit dem DGBund den anderen ÖD-Gewerk-schaften hatte die GdP bereitsvor der Umsetzung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes auf dieBeamtenversorgung gefordert,dass die Versorgungsempfängerbei der Umsetzung des Gesetzesnicht stärker belastet werden alsdie Rentner. Für die GdP ist dieWirkungsgleichheit aufgrund derunterschiedlichen Alterssiche-rungssysteme nur dann gegeben,wenn die Nachhaltigkeitsformeldes Rentenrechts auch in derBeamtenversorgung angewendetwird.

Nach Prüfung des Gesetzent-wurfs kann die GdP feststellen,dass das BMI der Ansicht vonGdP und DGB grundsätzlich ge-folgt ist.

Einzelheiten

Der nun vorliegende Gesetz-entwurf des BMI sieht im Einzel-nen wie folgt aus:

Gegenüber dem Versorgungs-änderungsgesetz 2001 führt dervorliegende VersNG-Entwurf zueiner Absenkung des Anpas-sungsfaktors von bisher 1,79375auf 1,77825. Der Höchstruhe-gehaltssatz beträgt somit nachdem fünften Anpassungsschritt71,13 v. H.

Stärkung derVersorgungsrücklagen

Erfreulich aus gewerkschaftli-cher Sicht ist, dass die mit demVersorgungsnachhaltigkeitsgesetzin Verbindung mit dem Versor-gungsänderungsgesetz 2001 er-sparten Beträge – beginnend mitder 4. Anpassung nach dem 31.Dezember 2002 und endend mitder 8. Anpassung – vollständigden Versorgungsrücklagen desBundes und der Länder zuge-führt werden sollen (nach bishe-rigem Recht flossen die Minder-ausgaben durch das Versor-gungsänderungsgesetz 2001 nurzu 50 Prozent den Versor-gungsrücklagen zu).

Die Berechnungen des BMIergeben, dass die Verminderun-gen der Versorgungsausgaben imgenannten Zeitraum aufgrundder Übertragung des Nachhal-tigkeitsfaktors auf die Beamten-versorgung rund 850 Mio. Eurobetragen. Dabei unterstelltedas BMI eine jährliche Anpas-sung der Versorgungsbezüge von1,5 v. H.

Anrechnung vonHochschulausbildungs-zeiten

Der Gesetzentwurf sieht desWeiteren vor, die Hochschulaus-bildungszeiten nur noch fürinsgesamt 855 Tage als ruhe-gehaltfähige Dienstzeiten zu be-rücksichtigen (nach bisherigem

Recht wurden Hochschulaus-bildungszeiten bis zu drei Jahrenals ruhegehaltfähig anerkannt).Der Abschmelzprozess wird ge-stuft bis 2010 erfolgen. DasBundesinnenministerium vertrittdie Auffassung, dass die Reduzie-rung der berücksichtigungs-fähigen Hochschulausbildungs-zeiten eine wirkungsgleicheÜbertragung der entsprechen-den rentenrechtlichen Bestim-mung darstellt. Gemäß dem RV-Nachhaltigkeitsgesetz verlierenHochschulausbildungszeiten miteiner vierjährigen Übergangsfristihre rentenerhöhende Wirkung.

Erhöhung der Hinzu-verdienstgrenze

Die Hinzuverdienstgrenze fürVersorgungsempfänger, die we-gen Dienstunfähigkeit vorzeitigin den Ruhestand versetzt wor-den sind, wird an das Renten-recht angeglichen: Anstelle desbisherigen festen Betrages von325,00 Euro tritt 1/7 der monat-lichen Bezugsgröße (zurzeit2.415 Euro) gemäß § 18 ViertesBuch Sozialgesetzbuch (ent-spricht 345,00 Euro).

Der Geschäftsführende Bun-desvorstand der GdP hat sich aufseiner März-Sitzung mit demGesetzentwurf beschäftigt unddabei nochmals herausgestellt,dass der DGB und seine Mit-gliedsgewerkschaften sich gegendie Implementierung desNachhaltigkeitsfaktors in dieRentenanpassungsformel ausge-sprochen hatten. Da aber seitdem 1. Januar 2005 das RV-Nachhaltigkeitsgesetz in Kraftgetreten ist, nahm der Geschäfts-führende Bundesvorstand denGesetzentwurf über eine zu-kunftsfähige Beamtenversor-gung zur Kenntnis.

HJA

• Die nächsten fünf Versor-gungsanpassungen werdenje Anpassungsschritt zu-sätzlich zum Versorgungs-änderungsgesetz 2001 umweitere 0,2 Prozent abge-flacht.

• Vor dem fünften An-passungsschritt erfolgt eineÜberprüfung, ob die erfolg-te Dämpfung des Anstiegsder Versorgungsbezüge derDämpfung des Rentenan-stiegs durch den Nach-haltigkeitsfaktor entspricht.

• Bei Abweichen der Werteerfolgt eine Nachjustierungder nachfolgenden An-passungsschritte.

§§

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WAFFENRECHT

Soft-Air-Waffen:Erläuterungen zur rechtlichen undtechnischen Problemstellung

Das Thema Soft-Air-Waffen ist aufgrund der intensivenArbeit der GdP inzwischen in Politik und Medien ange-langt (siehe hierzu DP 11/04 und 2/05). Das Themawird durch zahlreiche weitere Vorfälle aktuell gehalten;die Liste wird fast täglich ergänzt. Zweierlei Sorgen be-wegen die GdP:

• Es kommt zu einem Schusswaffengebrauch, weil dieBedrohung durch eine Waffe (die sich später als Soft-Air-Imitation herausstellt) ernst genommen wird, undein Mensch ist tot.

• Ein Kollege/eine Kollegin zögert mit dem Schuss-waffengebrauch, weil die Möglichkeit, dass es sichum eine Nachbildung handeln kann, bekannt ist, dasGegenüber hat aber eine scharfe Waffe und schießtzuerst. Dann stirbt möglicherweise ein Polizist/einePolizistin.

Beides will die GdP nicht.Daher engagiert sich die GdP sosehr, um das Problem dieser täu-schend ähnlichen Nachbildungenscharfer Waffen zu lösen. Daseinfachste wäre, derlei exakteKopien scharfer Waffen zu ver-bieten.

Das ist – wie sich herausge-stellt hat – rechtlich und tatsäch-lich nicht realistisch. Daher liegtder Schwerpunkt der GdP-Ar-beit bei einem gesetzlichen Ver-bot des Führens in der Öffent-lichkeit.

Die GdP befindet sich in in-tensiven Gesprächen mit demBundesinnenministerium, woinzwischen die Dringlichkeit desProblems erkannt ist. Zudemsind aufgrund der GdP-Aktivitä-ten im politischen Raum (Bundund Länder) Stimmen laut ge-worden, die die GdP-Positionstützen.

Zur rechtlichenProblematik:

Zu unterscheiden ist zwischenNachbildungen von Faustfeuer-waffen (Revolver, Pistolen) undvon Maschinenwaffen (Kriegs-waffen). Zwar ist der so genann-te „Anscheinsparagraph“ – § 37WaffG alt – ersatzlos weggefal-len, aber es ist nach wie vor eineDefinition der gemeinten Waffendenkbar, die vom objektiviertenLaien-Horizont ausgeht (Sicht

eines Bedrohten mit laienhaftenKenntnissen in Bezug auf Waf-fen).

Bei Nachbildungen von Pisto-len und Revolvern ist das Defi-nitionsproblem deutlich schwieri-ger. Ein Totalverbot, also Besitz-verbot, ist schon deshalb unrealis-tisch, weil es inzwischen millionen-fach derlei „Waffen“ in Privatbe-sitz gibt. Wer will ein solchesBesitzverbot, das sich dann auchauf den Altbesitz beziehen würde,wirksam durchsetzen? Im Übrigensteht einem Handelsverbot dieGewerbefreiheit entgegen, so lan-ge der betreffende Gegenstandselbst nicht rechtlichen Beschrän-kungen unterliegt.

Diese Nachbildungen sindrechtlich keine Waffen, sondernSpielzeug, sofern die Bewegungs-energie unter 0,5 Joule liegt. Da-her herrscht bislang die Meinungvor, dass eine Erfassung im Waf-fenrecht nicht möglich ist. DieGdP arbeitet an einem Vor-schlag, die Definition, was eineWaffe ist, um derlei Nachbildun-gen zu erweitern, kann aberzurzeit nicht sagen, ob diese Lö-sung letztlich Bestand habenwird. Auf jeden Fall wären damitnur exakte Kopien von scharfenWaffen erfasst.

Genau da besteht das juristi-sche Problem: Nach bisherigerherrschender Rechtsmeinung

reicht es aus, nur geringfügigeÄnderungen gegenüber demOriginal vorzunehmen, um kei-ne Kopie im juristischen Sinnemehr zu haben. Dafür würde esbeispielsweise genügen, die Zahlder Griffrillen auf dem Ver-schlussstück einer Pistole gegen-über dem Original zu ändern –eine Abweichung, die selbst fürFachleute so unbedeutend ist,dass der Kopie dasselbe Bedro-hungspotential innewohnt wiedem Original.

Auch Abweichungen von derGröße helfen letztlich nicht wei-ter. Natürlich ist ein Zünd-plättchen-Revolver für Kinderschon von der Größe her von ei-ner Originalwaffe zu unterschei-den. Wenn der Original-Maßstabdas rechtliche Kriterium würde,ab welcher Abweichung wäredann ein Spielzeug optisch unter-scheidbar? Ab 7/8 der Original-Größe, ab 6/8 der Größe?

Eine weitere Überlegung, dieim Oktober 2002 in Bezug aufGaspistolen bereits den Bundes-rat beschäftigt hat, würdeletztlich die Situation noch ver-schlimmern. Damals wurde vor-geschlagen, Gaspistolen nurnoch farbig anbieten zu dürfen,damit sie sich von scharfen Waf-fen unterscheiden. Dann hätten– so die Begründung – Polizistendie Gewissheit, dass es sich „nur“um eine Gaspistole und nicht um

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eine scharfe Waf-fe handeln würde.Der Vorschlag,der jetzt wiederin Bezug auf Soft-Air-Waffen wie-derholt wird, istan Naivität nichtzu überbieten:abgesehen davon,dass es längstscharfe Pistolenin himmelblaugibt (z. B. Vector-Pistole, Kal. 9 mmx 19, aus Süd-afrika), ist es ein-fach, eine farbigeKopie einerscharfen Schuss-waffe mittelsFarbspray umzu-färben; anderer-seits kann aucheine scharfe Waffe eingefärbtwerden, um einen Polizisten arg-listig zu täuschen.

Zurzeit erscheint eine gesetz-liche Regelung zum Verbot desFührens einer Maschinenwaffen-Imitation am ehesten und somitam schnellsten durchsetzbar.Diese könnte analog zur Verord-nung des Wirtschaftsminis-teriums in Bezug auf unbrauch-bar gemachte Kriegswaffen gere-gelt werden; dort ist der Besitzdieser unbrauchbar gemachtenKriegswaffen erst ab 18 Jahrenerlaubt, das Führen in der Öf-fentlichkeit ist bußgeldbewehrt.

Ein Verbot des Führens vonNachahmungen von Faustfeuer-waffen ist – wie geschildert – un-gleich schwieriger zu erreichen,weil der Gegenstand, auf den sichdas Verbot des Führens beziehensoll, juristisch und technisch ex-akt beschrieben werden muss.Eine nur ungefähre Definitionwürde ungewollte Folgen haben:Das Verbot des Führens vonzweifelsfrei als Spielzeug ge-meinter Zündplättchenrevolveroder -gewehre würde plötzlichauch für das Indianerspiel imWald gelten.

Vor diesem Hintergrund er-scheint ein Totalverbot der inRede stehenden Nachbildungenzwar als prinzipiell wünschens-wert, ist aber aus praktischen undjuristischen Gründen nicht rea-lisierbar.

Angesichts fast täglicherneuer Vorfälle ist Eile geboten.Daher versucht die GdP, dass amehesten Erreichbare möglichstschnell umzusetzen, nämlich dasVerbot des Führens in der Öf-fentlichkeit, auch wenn sich diesim ersten Schritt nur auf Maschi-nenwaffen bezieht. Um aber beiNachbildungen von Faust-feuerwaffen wenigstens einenSchritt weiter zu kommen, sindnoch andere Überlegungen imGange, die unterhalb einerBußgeldbewehrung liegen; dis-kutiert wird die Verpflichtung fürden Handel, beim Verkauf aufdie Gefährlichkeit beim Hantie-ren in der Öffentlichkeit hinzu-weisen und sich dies vom Er-werber quittieren zu lassen (ana-log zu der Verpflichtung, beimVerkauf von Gaspistolen auf dasErfordernis des Kleinen Waffen-scheins beim Führen in der Öf-fentlichkeit hinzuwesen).

Eine Möglichkeitjenseits rechtlicherLösungen

Die einfachste Lösung desProblems wäre es zweifellos,wenn der Handel auf den Ver-kauf dieser Soft-Air-Imitate ver-zichten würde. Hergestellt wer-den diese „Waffen“ zum großenTeil in Fernost. Das Ganze ist ein

riesiges Geschäft. Soft-Air-Waf-fen, die hier für ca. 50 Euro an-geboten werden (z. B. Nachbil-dung des Sturmgewehrs G 36 derBundeswehr), kosten in der Her-

stellung rund 50 Cents (!). DenHerstellern ist es also völlig egal,wie die Rechtslage in den einzel-nen Ländern aussieht. DieSchachteln tragen in aller Regelden wenig auffälligen Aufdruck,dass die rechtlichen Bestimmun-gen des betreffenden Landes zu

„Spielzeug“ mit Zubehör – Dieeiner echten Waffe täuschendähnlich aussehende wird imInternet als „Spielzeug fürdraußen“ angepriesen. Übrigenskönnen auch die mitgeliefertenkleinen Plastikkügelchen zurGefahr werden.

Fotos: Quelle Polizei

beachten sind. Maßgeblich fürdie Situation in Deutschland sindalso nicht die Hersteller, sonderndie Importeure und der Groß-und Einzelhandel.

Wenn schon inzwischen einhohes Maß an Aufmerksamkeitin Politik, Medien und Öffent-lichkeit gegeben ist, wäre es einErfolg, wenn eine öffentlicheÄchtung dieses Geschäfts er-reicht werden könnte. Es kannsich niemand damit herausreden,von den lebensgefährlichen Ri-siken, die mit dem Hantieren mitsolchen „Waffen“ in der Öffent-lichkeit verbunden sind, nichtsgewusst zu haben. Hier wird alsozumindest billigend in Kauf ge-nommen, dass Menschen zuSchaden kommen.

Ein entsprechender Appell –vielleicht verbunden mit einemAufruf zur Vernichtung bzw. Ab-gabe – könnte die gesetz-geberischen Überlegungen un-terstützen und ergänzen.

W. D.

Auf einer Pressekonferenz zum Thema Soft-Air-Waffen zeigt Oberkommissar Christian Hack-bart eine Dienst-MPI-5 von Hecker & Koch und als Pendant das täuschend echt aussehende„Spielzeug“ – für Laien und auch erfahrene Polizisten im Ernstfall nicht zu unterscheiden.

WAFFENRECHT

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Start in dieMotorradsaisonDie ersten Strahlen der Frühlingssonne weckenwie jedes Jahr diese krankheitsähnlichen Symptome indir: Es juckt in den Fingern, die Plane unter der dasObjekt der Begierde eingewintert wurde, wird schon malein wenig gelupft, ein verklärter Blick streicht überMetall, Lack und Gummi. Beim Autofahren wird sogarin den Kurven des Stadtverkehrs nach der Idealliniegesucht, kurz: der Motorradbazillus hat seine volle Kraftentwickelt und du bist ihm wie in jedem Jahr wiedereinmal hilflos ausgeliefert!Vorbereitende Maßnahmen? Na klar!

Die MaschineDie Maschine wird nach der

monatelangen Standzeit gründ-lich durchgecheckt.

Motorölstand und Kühl-flüssigkeitsstand prüfen, einBlick auf die Ausgleichsbehälterfür die Bremsflüssigkeit. Ist siehell und klar oder tendiert dieFarbe in Richtung braun?Spätestens dann ist der Wechsel

Hat die Batterie im Fahrzeugüberwintert, empfiehlt es sich, siemit einem geeigneten Ladegerätaufzufrischen und nach demLadevorgang und einer kurzenRuhezeit eventuell fehlendeFlüssigkeit mit demineralisier-tem Wasser (umgangssprachlichdestilliertes Wasser) bis zur obe-ren Markierung aufzufüllen.Nach eigenen Erfahrungen ren-tiert sich zur Überwinterung derBatterie die Anschaffung einesautomatischen Ladegerätes, dasdie Batterie in gewissen Zykleninnerhalb eines bestimmten Rah-mens selbständig teilentlädt undauflädt. Einmal angeschlossen,hat man über die WinterzeitRuhe und muss sich zum Saison-start nicht mit einer tief-entladenen oder gar zerstörtenBatterie befassen.

Nächster Checkpunkt sind,falls vorhanden, die Vergaser.Wurden die Schwimmerkam-mern über den Winter nicht ab-gelassen, haben sich sehr wahr-scheinlich die leicht flüchtigenStoffe des Benzins in Luft aufge-löst, mit der Folge, dass Nadel-ventile und Düsen möglicher-weise verklebt und dicht sind, sodass im ungünstigsten Fall derMotor nicht mehr anspringt.Liegt der Fall so, ist ein Transportzur Werkstatt oft unvermeidlich.

Ebenso sollten Rad-, Lenk-kopf- und Schwingenlager kurzgeprüft werden und last but notleast empfiehlt sich ein Checkder Bereifung. > Seite 27

Zum Autor:Michael Szymanowski, 48

Jahre alt, Polizeibeamter beider BereitschaftspolizeiBraunschweig in Nieder-sachsen. M. Szymanowskihat selber jahrelang Motor-radsicherheitstrainingsdurchgeführt. Seine bishergrößte Tour machte er miteinem selbstgebauten Ge-spann durch die OutbreaksAustraliens.

fällig. Die meisten Herstellerempfehlen oder schreiben einenWechsel alle zwei Jahre vor.Einmal bei der Bremsanlage istauch der Blick auf die Stärke derBremsbeläge angezeigt. In denmeisten Fällen kann hierzu dieKunststoffabdeckung der Brems-sättel leicht abgehebelt werden.Die in die Beläge eingefrästenNuten geben den Hinweis aufden Verschleiß. Sind sie nichtmehr sichtbar, ist ein Austauschfällig.

VERKEHRSSICHERHEIT

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Dies umfasst die Kontrolle desLuftdrucks, der Profiltiefe unddie Prüfung auf etwaige Risse inden Reifenflanken oder in denProfilrillen. Reifen unterliegenauch Alterungsprozessen. Siehärten über die Zeit aus und ver-lieren erheblich an ihrer Haft-fähigkeit. Um hier auf der siche-ren Seite zu sein, sollten sie da-her nach meinen Erfahrungennicht länger als 4 Jahre aufgezo-gen sein. Das Reifenalter kannauf der Reifenflanke im Bereichder DOT-Nummer abgelesenwerden. Es handelt sich um einevierstellige Zahl, deren erstenbeiden Ziffern die Herstellungs-woche und die letzten beiden dasHerstellungsjahr angeben.

Ein letzter Blick gilt den ver-bauten Bowdenzügen und derenFunktionsfähigkeit und wenn al-les in Ordnung ist, kann es austechnischer Sicht losgehen.

Reaktion undFahrtechnik trainieren

Damit komme ich zur oberenHälfte des Motorrads:

Schließlich ist er da, der per-fekte Tag für die erste Saisonaus-fahrt. Kann mir mal jemand er-klären wieso so ein unbenutzerKombi über den Winter immereinläuft und das bei fachgerech-ter Lagerung? Egal. Es wirdschon!

Allen Erfahrungen zum Trotzsind Reaktionund Fahr-technik nochnicht wiederso perfekt wiezum Ende derletzten Saison, daher gilt es, sichzunächst langsam an das alteFahrgefühl heranzutasten.

Die Hausstrecke sollte nichtgleich für die erste Ausfahrt ge-wählt werden weil hier die Ge-fahr besteht, dass man es wegender guten Streckenkenntnis einwenig zu forsch angehen lässt.Darum zum Eingewöhnen bes-ser eine weniger bekannte Stre-cke wählen.

Wichtig ist, sich die alten Er-fahrungen und Reaktionenwieder Schritt für Schritt anzu-eignen:

Los geht es mit dem Lesen derFahrbahn, der Blickführung, derWahl der richtigen Kurven-technik, dem richtigen Bremsenund der Verwendung der Lenk-impulstechnik.

Um dies alles wieder zu ent-wickeln, eignen sich vor allemSicherheitstrainings. Angebotehierzu gibt es mittlerweile vonverschiedensten Anbietern in

Hülle und Fülle. Das Angebotreicht vom eintägigen Sicher-heitstraining auf Übungsplätzenbis zu mehrtägigen Veranstaltun-gen für die Sparten Trial, Enduro,Cross und Rennstreckentraining,wobei ich hier gerade für denSaisonstart eine echte Empfeh-

lung für die eintägigen Sicher-heitstrainings aussprechenmöchte. Auch mit meiner lang-jährigen Motorraderfahrungnehme ich immer mal wieder ansolchen Veranstaltungen teil –getreu dem Motto: Gas gebenkann jeder, Motorrad fahren istwas anderes.

Zu den Eingewöhnungs-schwerpunkten kommen geradein den ersten Wochen zusätzlicheGefahren. So mag es tagsüberbereits einigermaßen warm sein,jedoch kann in den Abend-stunden oder am frühen Morgen

stellenweise noch Raureif für ge-fährliche Glätte sorgen. Darüberhinaus ergeben sich Gefahren-momente durch vom winterli-chen Streudienst liegen-gebliebener Rollsplitt und unver-mutete Fahr-bahnschäden wieFrostaufbrüche . Das gilt auch fürausgebesserte Fahrbahnstellenund Fahrbahnmarkierungen. Ge-rade diese bergen bei NässeRutschgefahr.

Zeit der GewöhnungUnd dann sind da noch die

anderen Verkehrsteilnehmer.Leider gehen immer noch mehrals 2/3 aller Kollisionen zwischenAutos und Motorrädern auf das

Konto der Autofahrer. Geradezum Saisonbeginn müssen siesich wieder auf die Anwesenheitvon uns Motorradfahrerinnenund Motorradfahrern einstellen.Darum ist es gerade jetzt wich-tig, für die anderen Verkehrsteil-nehmer mitzudenken und siewieder an uns zu gewöhnen.

In diesem Sinne wünsche ichuns allen einen guten Start in dieSaison und ich bin sicher, dasssich der Kombi bis zum Beginnder Badesaison wieder geweitethat! Michael Szymanowski

VERKEHRSSICHERHEIT

Das Institut für Kriminologi-sche Sozialforschung der Univer-sität Hamburg veranstaltet vom12. bis 16. September 2005 eineKontaktstudienwoche (berufsbe-gleitende, wissenschaftliche Wei-terbildung) zum Thema: „Häus-liche Gewalt – Partnerschaft imFokus von Wissenschaft undPraxis“.

Die aktuelle repräsentativeUntersuchung „Lebenssituation,Sicherheit und Gesundheit vonFrauen in Deutschland“ vomBundesministerium für Familie,Senioren, Frauen und Jugend (s.DP 2/05, S. 19 ff., die Red.) ergabu. a., dass ca. 25% der in Deutsch-land lebenden Frauen Gewaltdurch den derzeitigen oder ehe-maligen Lebenspartner erlebthaben. Ob und wie viele MännerGewalt durch aktuelle oder frü-here BeziehungspartnerInnenerfahren haben, kann derzeitaufgrund einer Pilotstudie le-diglich vermutet werden.

Im Mittelpunkt der Studien-woche stehen die Ergebnisse derStudien, die Evaluation des Ge-waltschutzgesetzes, die Inter-ventionsprojekte und darüberhinaus die landesspezifischenVorgehensweisen, Erfahrungenund Evaluationen aus dennördlichen Bundesländern(Hamburg, Niedersachsen undSchleswig-Holstein). Zudem sol-len der Erfahrungs- und Infor-mationsaustausch all derer unter-stützt werden, die mit der The-matik in Berührung kommenund neue bzw. weitergehendeKonzepte im Umgang mit„Häuslicher Gewalt“ diskutiertwerden.

Bewerbungsschluss: 15. Juli 2005Teilnahmegebühr: 248 EuroWeitere Informationen: BettinaPaul, Universität Hamburg, Ins-titut für Kriminologische Sozial-forschung,Tel.: 040-42838-3329;Fax: 040-42838-2328E-Mail:[email protected]://www.rrz.uni-hamburg.de/kriminol/Fkstk.html

HÄUSLICHE GEWALT

KriminologischeStudienwoche

Aus dem Straßengraben gehievt –dem kann man vorbeugen

Gas geben kann jeder, Motorrad fahren ist was anderes

Foto: Polizei

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INFORMATIONS- UND KOMMUNIKATIONSTECHNIK

Einführung des Digitalfunks –ökonomische Aspekte

An der Wissenschaftlichen Hochschule für Unter-nehmensführung (WHU) in Vallendar präsentierteAnfang März 2005 Prof. Dr. Jürgen Weber, Inhaber desLehrstuhls für Controlling & Telekommunikation, dieErgebnisse der Studie „Ökonomische Aspekte derEinführung des Digitalfunks BOS in Deutschland“ vorPolitik, Wirtschaft und Medien.

Die Studie setzt an der Stellean, an der sich die Geister bislangscheiden – an den Kosten.

Vier Aspekte werden beson-ders hervorgehoben:

1. Zur späteren Bewertung derAngebote können nur die Krite-rien dienen, die in den Vergabe-unterlagen explizit genannt wer-den. Auch wenn die Zeit drängt,dürfen Auswahlkriterien nichtvoreilig festgelegt werden:Schnellschüsse können weitrei-chende negative Konsequenzenhaben.

2. Das Projekt muss ganzheit-lich betrachtet werden. In bereitsveröffentlichten Studien und imAbschlussbericht der Experten-gruppe von Bund und Ländern(Gruppe Anforderungen an dasNetz-GAN) sind beispielsweiseLeitstellen und Endgeräte unddie damit einhergehenden Kos-ten nicht berücksichtigt. DieWHU-Studie zeigt, dass durchletztere Kostenposition zusätzli-che Kosten in Höhe des 0,25fa-chen bis hin zum 1,5fachen derim Abschlussbericht der GANveranschlagten 3,06 Mrd. desGesamtprojektes entstehen kön-nen.

3. Auch die Ausgestaltung derEigentumsverhältnisse an Netzund Netzbetreibergesellschaftund damit einhergehend unter-schiedliche Organisationsformensind wichtige Kostentreiber. Hierwird insbesondere darauf ver-wiesen, dass eine mögliche Auf-teilung des Gesamtprojektesaufgrund der föderalen Strukturder Bundesrepublik Deutsch-land zu erheblich höheren Kos-ten führen kann als eine Gesamt-ausschreibung. Ein deutlich hö-herer Koordinationsbedarf kannhierfür ebenso als Grund ge-nannt werden, wie negative Syn-ergien zum Beispiel beim Zu-sammenwirken der Teilnetze.

4. Die Studie hält fest, dassunterschiedliche Zeitpunkte derKostenentstehung berücksichtigtund entsprechend bewertet wer-den müssen, da für diese ver-schieden hohe Finanzierungs-

kosten entstehen. Sie zeigt dabeiauch, dass die zeitliche Gestal-tung der Zahlungen erheblichbeeinflusst werden kann.

Nach Weber dürfe aus finanz-taktischen Gründen nichtzugunsten einer vorhandenenTechnologie entschieden werden,ohne vorher zu prüfen, ob dieseAlternative tatsächlich den ge-forderten Ansprüchen genügtund die kostengünstigste ist.

GdP-Sicht

Zu Beginn der Veranstaltunghatte die GdP Gelegenheit, denAnwesenden die Standpunkteaus Sicht der Polizei als Nutzer-gruppe des Digitalfunks BOSdarzulegen. Demnach steht fest,dass schon seit Mitte der 90erJahre über die Einführung einesmodernen digitalen Sprach- undDatenfunknetzes für die deut-schen Sicherheitsbehörden dis-kutiert wird. Zuletzt wirkte dieimmer noch offene Frage derKostenverteilung zwischen Bundund Länder als Hemmschuh füreine zügige Umsetzung des Vor-habens. Viel zu wenig berücksich-tigt wird bei der Finanzierungs-frage, dass die Kosten für denanalogen Funk (Betrieb, War-tung, Ersatzbeschaffung usw.) inden nächsten Jahren die Kostenfür den Betrieb digitaler Funk-systeme erheblich überschreitenwerden: Für den Weiterbetriebdes analogen Funksystems wur-den für den Zeitraum von 2006bis 2015 durch die ZED Gesamt-kosten von 5.372 Mio. EUR kal-kuliert, wobei davon ausgegan-

gen wurde, dass die bestehendeInfrastruktur bis 2015 komplettausgetauscht werden müsste.

Wegen der dezentralen Struk-tur des Analogfunks und der Ver-teilung auf eine Vielzahl vonHaushalten und Titeln waren dieder ZED übermittelten Datenjedoch nicht vollständig. Vorhan-dene Lücken wurden daherdurch Hochrechnungen und Ver-gleiche vervollständigt.

Bei den im GAN-Papier ge-nannten Kosten von rd. 3 Mrd.Euro für ein digitales Funknetzgilt es zu berücksichtigen, dassdiese Kosten für den Netzaufbauund Betrieb über eine Laufzeitvon 10 Jahren errechnet wurden.Nicht enthalten sind jedoch dieKosten für die Endgeräte und dieLeitstellenanbindung.

Standort-Thema fürdie Wirtschaft

Nach Dr. Carsten Kreklau,Mitglied der Hauptgeschäfts-führung des Bundesverbandesder deutschen Industrie e.V.(BDI) handele es sich bei demGroßprojekt „Digitalfunk für dieBOS Deutschland“ um einindustriepolitisches und Standortbezogenes Thema erster Güte.Vordringliches Ziel müsse essein, dass die Einführung desDigitalfunks für die BOS „Si-cherheit“ gewährleisten soll: zumeinen öffentliche Sicherheit,denn öffentliche Sicherheit seizunehmend ein wichtiger Stand-ortfaktor, den der Einzelhandel,aber auch die Wirtschaft und dieIndustrie insgesamt ihren

Investitionsentscheidungen zu-grunde legen.

Zum anderen beinhalte Si-cherheit als Standortfaktor auchdie Planungs- und Rechts-sicherheit für die Wirtschaft. Undin diesem Bereich sei das bishe-rige Verfahren zur Einführungdes Digitalfunks für die BOS ausder Sicht des BDI nicht geradeein Vorzeigeprojekt. Der BDI seiAnfang Februar positiv von demEngagement des Bundesinnen-ministers überrascht und beein-druckt gewesen. Nachdem mandie konkreten Vorschläge dannaber erfahren habe, sei sehrschnelle Ernüchterung eingetre-ten, da die Initiative des Bundes-innenministers viele Fragen of-fen lasse.

Wenige Tage später erklärteBundesinnenminister Schily ge-genüber dem Sport-Informati-ons-Dienst (sid), er wolle derdeutschen Polizei pünktlich zurWM 2006 im eigenen Land mo-dernste Technik zur Verfügungstellen. Auf dem Weg zur optima-len Sicherheit sollen Funkgerätemit Digital-Technologie zumEinsatz kommen. Dies geltezumindest für die ausgewähltenBallungsräume und damit für dieUmgebung von WM-Austra-gungsorten. Er setze auf die Ko-operation der Länder, ihren An-teil dazu beizutragen. Es wäre einUnding, unsere Kräfte nicht soauszurüsten, wie es in Hollandoder Finnland bereits Standardsei. Die Bundesregierung habedie Weichen gestellt, um die Blo-ckade dieses Themas aufzulösen.Der Bund werde mit der Errich-tung eines Rumpfnetzes 50 Pro-zent der Fläche eines jeden Bun-deslandes abdecken. Die zweiteHälfte müssten die Bundeslän-der übernehmen. Er erklärte:„Wir weisen den Weg aus derSackgasse. Damit tun wir etwasfür die Sicherheit, für den Sportund für die Wirtschaft“.

An anderer Stelle erklärte er,dass die Präferenz des Bundesauf einem eigenen Netz liegenwerde. Dazu werde es einetechnikoffene Ausschreibunggeben. Ein System, bei dem derBund nur draufsetze, sei aberunwahrscheinlich.

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SENIORENJOURNAL

Auf ein Wort Aktivitäten sind gefragtLiebe Seniorinnen,liebe Senioren,

so ist das, wenn man ein Amtauf Bundesebene hat: Man hatnicht oft die Gelegenheit, euch„vor Ort“ anzusprechen, mit

euch zu disku-tieren oder An-regungen ent-g e g e n z u n e h -men. Von daherbietet mir unserSeniorenjournalalle zwei Mona-te ein Forum,über unsere Ak-tivitäten und In-itiativen zu be-richten bzw. zuin formieren ;

aber auch Themen aufzugreifen,die uns Senioren interessierenund betreffen.

Es hat mich daher sehr ge-freut, dass die Artikel über dieEntwicklung eines „Aktivpro-gramms Senioren“ und die Gast-beiträge „Was heißt hier alt?“ so-wie „Die Chance der 60plus-Ge-neration“ in den letzten Ausga-ben ein so positives Echo gefun-den haben. Die vielen zustim-menden Zuschriften und Leser-briefe belegen dies. Sie liefernuns den Beweis, dass wir mit un-seren Ideen und Aktionen aufdem richtigen Weg sind. KritischeZuschriften mit konstruktivenVorschlägen sind für die Verfas-ser des Seniorenjournals stetseine willkommene Anregung, dieauch ernst genommen wird, umdas eine oder andere nochmalszu überdenken. Das Informati-ons- und Kommunikations-verhalten einer Gewerkschaftmuss sich nämlich an den Erwar-tungen und Wünschen der Mit-glieder orientieren. Nur wer gutinformiert ist, kann gewerk-schaftliche Aktivitäten nachvoll-ziehen, oder sich auch gege-benenfalls daran beteiligen. Nurdurch gegenseitigen Informati-onsaustausch und mit entspre-chenden Aktivitäten können wiretwas bewegen und erreichen.Besonders in einer Zeit der Kür-zungen und Einsparungen, der

zunehmenden Anzahl der Seni-oren wird dies dringend erforder-lich sein. Es wird nicht mehr ge-nügen, auf Delegiertentagen undKonferenzen die Lage zu erör-tern und sich zu empören. Wirwerden verstärkt handeln müs-sen, um auf unsere Probleme auf-merksam zu machen.

Hierzu ist jeder von uns auf-gerufen und aufgefordert!

Leben im Alter – Zukunftder Seniorenarbeit

„Werden wir eine Republikder Alten?“ Diese Frage wirdeindeutig beantwortet durchFaktoren wie die demografischeEntwicklung. Das führt zu vor-hersehbaren Veränderungen inunserer Gesellschaft, und zwar ineiner gar nicht mehr so fernenZeit. Die BundesrepublikDeutschland wir in absehbarerZukunft zu einem großen Teilvon älteren Bürgerinnen und

Bürgern bevölkert werden. Die-se, von manchen als dramatisch,wenn nicht gar als bedrohlich,empfundene Entwicklung stelltuns heute und morgen vor im-mense Probleme. Dem gegenü-ber erscheinen uns Themen wieGesundheitsfürsorge für die äl-teren Menschen und Pflegever-sicherung, eine sinnvolle Lebens-gestaltung im Seniorenalter undFormen der aktiven Beteiligungälterer Menschen am gesell-schaftlichen Leben als dieweitaus geringeren Probleme.

Eine viel schwerer zu lösendeAufgabe ist die Entwicklung von

Formen solidarischen Mitein-anders und Füreinanders vonJungen und Alten. Senioren-arbeit in den Verbänden und Or-ganisationen darf kein Selbst-zweck sein. Natürlich geht es umdie Mitwirkungs- und Mitbestim-mungsrechte der Älteren in un-serer Gesellschaft, um Teilhabean den politischen Entschei-dungsprozessen. Esgeht auch um dieVerhinderung vonA l t e r s d i s k r i m i -nierung. Darüberhinaus sollten sichalle – das gilt auchfür unsere Gewerk-schaft der Polizei –künftig viel stärkermit Themen be-schäftigen, die fürdie Zusammenar-beit zwischen Jungund Alt wichtigsind. Es muss deut-lich werden, dassdamit der so ge-nannte Generati-onskonflikt aufgelöst werdenkann. Für uns, die Seni-orengruppe der GdP, ist diesnicht nur ein Lippenbekenntnis,sondern auch eine Verpflichtung.

Ich glaube, dass wir – JUNGEGRUPPE und SENIOREN-GRUPPE – mit unserem ge-meinsam erarbeiteten Zukunfts-papier „Dialog der Generatio-nen“ auf dem richtigen Weg sind.Dieses Papier muss aber nunauch in der Praxis umgesetzt wer-den. Hier sind nicht nur die Vor-stände der beiden Personen-gruppen gefordert, sondern alleMitglieder aufgerufen, sich aktivdaran zu beteiligen.

Vor diesem Hintergrund be-reitet es mir schon Sorge, wennwir in letzter Zeit immer häufi-ger mit der Frage konfrontiertwerden „Was tut ihr denn?“ an-statt „Wo kann ich mitmachen,wo kann ich mich einbringen?“Auch eine Gewerkschaft brauchtMenschen, die nicht nur fragen,was sie für sich selbst tun kön-nen, sondern auch danach, wasfür die Gemeinschaft wichtig istund was sie für andere tun kön-

nen. Auch ist es immer leichter,zu kritisieren, als sich für eine ge-meinsame Sache zu engagieren.

Wir müssen uns überall da, woes möglich ist, in die Diskussioneinschalten, uns zu Wort melden.Wir müssen die handelnden Po-litiker ständig mahnen und anihre Verpflichtung erinnern,dafür zu sorgen, dass die Solida-

rität zwischenden Generatio-nen dauerhafteGrundlage unse-rer Sozialsystemesein muss.

Es geht aberauch um die Fra-ge: Wie kann eineauf Zukunft ge-richtete Politikgegenüber derGeneration der„Enkel-Gerech-tigkeit” waltenlassen, damit ih-nen nicht um desGenerationen-

vertrages willen unerträglicheLasten aufgebürdet werden? Ichmeine, wir müssen auch sehen,dass der Sozialstaat erneuertwerden muss, wenn wir ihn für

Es wird nicht mehrgenügen, auf Dele-giertentagen undKonferenzen die Lagezu erörtern und sich zuempören. Wir werdenverstärkt handelnmüssen, um aufunsere Problemeaufmerksam zu ma-chen.

... künftig vielstärker mit Themenbeschäftigen, die fürdie Zusammenarbeitzwischen Jung undAlt wichtig sind. Esmuss deutlichwerden, dass damitder so genannteGenerationskonfliktaufgelöst werdenkann.

Auch eine Gewerk-schaft braucht Men-schen, die nicht nurfragen, was sie fürsich selbst tun kön-nen, sondern auchdanach, was für dieGemeinschaft wichtigist und was sie fürandere tun können.Auch ist es immerleichter, zu kritisieren,als sich für einegemeinsame Sachezu engagieren.

die nachfolgenden Generationenerhalten wollen. Allerdings müs-sen unsere Politiker endlich be-greifen, dass man bei Reformendie Menschen auf diesem Wegmitnehmen, vor allem einbezie-

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Nicht nur Jugend, auch Seniorenbrauchen Zukunft!Die jüngste Mitgliederver-

sammlung der Fachgruppe Senio-ren in der Kantine des Hambur-ger Polizeipräsidiums war gut be-sucht. Der Bundesvorsitzende derGdP-Senioren, Heinz Blatt, warangereist, um über aktuelleSeniorenthemen zu informieren.

Heinz Blatt verstand es, die Se-nioren mit dem Thema währendder gesamten Versammlung zu fes-seln und sprach allen aus demHerzen, die sich mit der aktuellensozialen und politischen Entwick-lung beschäftigen: Er stellte denProzess und Katalog von Unver-schämtheiten und Frechheiten ausWirtschaft und Politik in Bund undLändern deutlich und unverblümtdar.

Die demographische Entwick-lung ist natürlich eins der Haupt-felder, die Veränderungen erfor-derlich machen. Die Menschendürfen aber nicht in die Armutgestürzt und keine zusätzlichensozialen Probleme verursacht wer-den. Am 31.12.2003 hatte Deutsch-land 83 Millionen Einwohner,davon waren 17 Millionen Men-schen über 60 Jahre alt, d. h., jederfünfte Bürger war über 60. Im Jahr2010 wird es jeder vierte und 2040wird es jeder dritte Bürger sein.Der Anteil der Senioren steigtdeutlich.

Und deshalb betonte derBundesvorsitzende: „Nicht nur dieJugend, auch die Senioren brau-chen eine Zukunft!“

Wenn der zweifellos schwierigeBalanceakt eines gerechten Aus-gleichs zwischen Jung und Alt,Arm und Reich, sowie Arbeits-platzbesitzern und Arbeitslosenzugunsten einer Kahlschlagpolitikaufgegeben wird, dann drohen derGesellschaft auch ernsthafte zwi-schenmenschliche Probleme, näm-lich Egoismus, Missgunst, undNeid anstatt zu teilen, zu helfenund miteinander zu gestalten. Vondaher sollten wir den so genann-ten Modernisierern die selbstimmer auf der sicheren Seite ste-

hen, das Feld nicht kampflos über-lassen.

Alle brauchen wir Gewerk-schaften – genauso wie wir Senio-ren – heute und morgen.

Heinz Blatt formulierte ange-sichts der Ungerechtigkeiten: „Giergefährdet das Gemeinwohl!“

Während Arbeitnehmer undRentner zunehmend belastet wer-den, kann wohl niemand einleuch-tend darlegen, dass es richtig seinsoll, wenn die Herren Ackermannund Schrempp je 10 MillionenEuro im Jahr bekommen, dem frü-

heren Mannesmann-Chef Esserfür seinen Handel mit Vodafoneungestraft 30 Millionen Euro in dieHand gedrückt werden dürfen, dieDeutsche Bank Millionen Gewin-ne erwirtschaftet, aber über 6.000Stellen einsparen will, Langzeitar-beitslose aber 2.000 Euro mühsamErspartes erst einmal verbrauchenmüssen, bevor sie das Arbeitslo-sengeld II erhalten.

Hier geht es nicht um Neid, son-dern es geht darum, was der frü-here Chef der WestdeutschenLandesbank Ludwig Poullain vorkurzem beklagt hat:

„Redlichkeit, moralische Prin-zipien, Ethik, Anstand, Treuhän-derschaft, die Bereitschaft zumDienst an der Gesellschaft, amStaat, an der Wirtschaft, seien beivielen verloren gegangen, die sichgern zu Elite zählen. Stattdessenhätten sich Instinktlosigkeit, Un-anständigkeit und die Gier zur Be-

reicherung ausgebreitet. Aber Un-moral kollidiert ja nicht mit demStrafgesetzbuch!“

Heinz Blatt ging auch auf aktu-elle Äußerungen aus der Politikein. So zeichnet sich Otto Schily u.a. durch folgende Äußerung aus:

„Die Versorgungsempfängerbekommen ja nicht weniger, siebekommen ja nur weniger hinzu!Es ist lediglich eine Abflachungder Anhebung!“ Der Gedankeliegt nahe zu fragen, wann OttoSchily zum letzten Mal Kartoffelnund Brot eingekauft hat und sich

über Mieterhöhungen Gedankenmachen musste.

Vor etlichen Jahren wurde manbelächelt, wenn man sich für einBeschäftigungsverhältnis im Öf-fentlichen Dienst entschieden hat,weil die Bezahlung insgesamt un-ter dem gesamten Durchschnittlag. Heute gilt man als Ruhe-standsbeamter als „fetter Pensio-när“. So verändern sich Anschau-ungen. So wird auch die Bevölke-rung entsolidarisiert.

Der Ankündigung von HeinzBlatt für 2006, nicht wieder alsBundesvorsitzender der Seniorenantreten zu wollen, wurde von al-len Teilnehmern heftig widerspro-chen. Dazu Hans-HerrmannFritsche: „Lieber Heinz, wir lassendich noch lange nicht gehen. Ma-che bitte weiter!“

Jürgen Lamp,Geschäftsführer GdP Hamburg

hen, muss. Die Ängste der Men-schen müssen ernst genommenwerden.

„Wie gestalte ich meinen drit-ten Lebensabschnitt?“, fragensich viele Kolleginnen und Kol-legen vor ihrem Ausscheiden ausdem Berufsleben. Hier kann ichnur empfehlen, sich rechtzeitigmit dieser Frage zu befassen undsich auf diese Phase vorzuberei-ten, denn wir brauchen Konzep-te und Orientierung für eineGestaltung der Lebensphasenach dem Ausscheiden aus demaktiven Dienst.

Von daher meine Bitte an dieNeu(Jung)-Pensionäre: Infor-miert euch über das Seniorenan-gebot der GdP vor Ort, das spe-ziell auf eure Bedürfnisse undInteressen zugeschnitten ist. Sokann man sich zum Beispiel mitPartner oder Partnerin auf denRuhestand vorbereiten und aufInformationsveranstaltungen die

... unsere Politikerendlich begreifen,dass man bei Refor-men die Menschen aufdiesem Weg mitneh-men, vor allem einbe-ziehen, muss. DieÄngste der Menschenmüssen ernst genom-men werden.

notwendigen Kenntnisse überVersorgungsrecht und Beihilfe-regelungen erwerben. Auch dieGeselligkeit kommt nicht zukurz.

Ich möchte mich bei allen Kol-leginnen und Kollegen bedan-ken, sie sich mit großem Enga-gement für die Belange unsererSenioren einsetzen, Informati-onsveranstaltungen durchführenund entscheidend mit dazu bei-tragen, dass die Mitglieder nachihrem Ausscheiden aus dem ak-tiven Dienst bei „ihrer Gewerk-schaft der Polizei“ nicht verges-sen sind.

Bis zur nächsten Ausgabeeuer

Heinz Blatt, Vorsitzender derSeniorengruppe

Höchste Aufmerksamkeit beim Vortrag im HamburgerPolizeipräsidium Foto: J. Lamp

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Beamtenrecht:Im Zeugnis darf es auch schonmal „salopp“ zugehen

Aus dem Betrieb ausscheiden-de Arbeitnehmer müssen vonihrem Arbeitgeber in einem qua-lifizierten Zeugnis „wohlwol-lend“ beurteilt werden, um beimSuchen nach einer neuen Stellenicht behindert zu werden. Die-ser Grundsatz gilt nicht beidienstlichen Beurteilungen vonBeamten. Hier hat das Wohlwol-len „hinter der Pflicht zur Wahr-heit zurückzutreten“, weil es hierdarum geht, Beamte in Leistungund Eignung miteinander zu ver-gleichen. Staatsdiener müssendabei auch einzelne „unange-messene, saloppe, ungeschickteoder missglückte Formulierun-gen“ hinnehmen, nicht aber eh-renrührige Aussagen.Oberverwaltungsgericht desSaarlandes, 1 Q 71/04

W. B.

Kündigung:Bis zum letzten Tag darf gearbei-tet werden

Ist einem Arbeitnehmer ge-kündigt worden, so hat er An-spruch darauf, bis zum Ende desArbeitsverhältnisses weiter-beschäftigt zu werden. Der Ar-beitgeber dürfte ihn nur dannfreistellen, wenn „verboteneHandlungen in der Firma“ durchden Gekündigten zu befürchtensind.Arbeitsgericht Frankfurt amMain, 9 Ga 14/05

W. B.

Krankengeld:500 Meter Fußweg müssen schonmöglich sein

Kann eine (hier: 52jährige)Frau nach einer Kniescheiben-fraktur eine 500 Meter langeGehstrecke nicht mehr bewälti-gen und besitzt sie keinen Pkw,so muss ihr ihre Krankenkasseweiterhin Krankengeld zahlen,weil sie nach der Zeit der Ar-beitsunfähigkeit nicht in derLage ist, ihre Arbeitsstelle zu er-

reichen. Die Kasse kann nichtargumentieren, sie wäre wieder„arbeitsfähig“ - dazu gehört auchdas „gesundheitliche Vermögen,Wege zwischen Arbeitsplatz undWohnung zurücklegen zu kön-nen“, so das Sozialgericht Dort-mund.AZ: S 13 KR 211/02

W. B.

Unfallversicherung:Obduktion darf nicht verlangt –aber berücksichtigt werden

Stirbt der Bezieher einer Ren-te, die er wegen einer anerkann-ten Berufskrankheit bezogen hat,so kann seinen HinterbliebenenWitwen- und Waisenrente zuste-hen, wenn zu vermuten ist, dassdie Berufskrankheit zum Todgeführt hat. Die Berufsgenossen-schaft darf nicht verlangen, dassbeim Verstorbenen eine Obduk-tion zur Feststellung des Zusam-menhangs durchgeführt wird.Wurde der Tote jedoch obduziert(hier auf Veranlassung seinerEhefrau), so darf das Ergebnisvon der Berufsgenossenschaftberücksichtigt werden (was hierzur Ablehnung der Hinterbliebe-nenrenten führte).Bundessozialgericht,B 2 U 3/04 R

W. B.

Gewerkschaftsrecht:In Staatsgebäuden gibt es keineUnterschriftenaktionen

Eine Polizeigewerkschaft hatnicht das Recht, Unterschriften-listen in Dienstgebäuden der Po-lizei auszulegen, in denen dasPublikum dazu aufgefordertwird, eine Vermehrung der Plan-stellen für Polizeibeamte zu un-terstützen. Weil die „Besucher“der Dienststelle den Eindruckerhalten könnten, mit der Unter-schrift den Beamten einen Gefal-len zu tun (so dass auch die Be-handlung ihres Anliegens unter-schwellig beeinflusst wird), wi-derspricht die Aktion in einemstaatlichen Dienstgebäude dem„bestimmungsgemäßen Ge-brauch“.Bundesarbeitsgericht, 1 AZR657/03

W. B.

Urteile

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Neuer Ratgeber hilftbei Rentenberechnung

Sicher ist zwar, dass jeder eineRente erhält, der die Vorausset-zungen zur Leistung erfüllt. Aberwie hoch wird der Betrag wirk-lich sein? Und was können Rent-ner von morgen tun, um zu ver-hindern, dass sich Versorgungs-lücken auftun? Allen, die in dergesetzlichen Rentenversicherungversichert sind, bietet der Ratge-ber „Meine Rente“ Unterstüt-zung beim persönlichen Renten-check.

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Olympiastadion Berlin

Controlling in derPolizei

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