Nummer 36 Samstag, 10. September 2016 Wochenend Spätzle ... · miger Joghurt zuhause sind, sondern...

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Für 18 Prozent der Deutschen ist das eigene Auto mehr als nur ein Fahrzeug – es ist ein guter Freund. 22 Prozent sprechen sogar manchmal mit ihrem Auto. Wer allerdings sein Auto ständig be- schimpft oder nur Blech redet, sollte sich nicht wundern, wenn sich sein Auto irgendwann als un- tankbar erweist. Oberklasse-Limousinen wollen zudem standesgemäß angesprochen werden, man bringe sich dafür also in eine aufrechte Siezpositi- on. Am besten wirkt Lob, das geht je- dem Auto runter wie Öl. Mein bester Freund will kein Blech hören n Unten, links Michael Fassbender (39) ist bereits zweimal für einen Oscar nominiert worden – sich zurückleh- nen und auf Angebote warten möchte er trotzdem nicht, sagte der deutsch-irische Schauspie- ler der »Süddeutschen Zei- tung«. »Aber wenn man ein be- stimmtes Level erreicht hat, kann man ja auch erst aktiv werden, kann einfach sagen: Können wir mal zusammen einen Kaffee trinken? Ich fände es gut, wenn wir zusam- menarbeiten.« Hollywood-Star Michael Fassbender ist selbst aktiv n Liebling der Woche Wer aufgrund eines nachweislich falsch gehenden Tachos viel schneller als erlaubt fährt, verliert unter Umständen nicht den Führerschein. Denn er begeht keinen groben Pflichtenverstoß. Das geht aus einem Urteil (Az.: 19 OWi Js 2669/15- 258/15) des Amtsgerichts Lüdinghausen hervor, auf das der ADAC hinweist. Eine Radarkontrolle erwischte einen Mann, der mit seinem Auto in- nerorts 32 km/h zu schnell fuhr. Nachweislich wich sein Tacho aber um 22 km/h nach unten von der tatsächlichen Geschwindigkeit ab. Nach Ansicht der Richter sei ein grober Pflichtenver- stoß nicht anzunehmen. Der Tacho habe dem Fahrer zur Orientierung gedient. Defekter Tacho bewahrt vor Fahrverbot n Tipp der Woche Bevor es am Montag wieder darum geht, die Schulbank zu drücken, kann man heute oder morgen bei einem Abenteuer in schwindel- erregender Höhe noch mal Adrenalin aus- schütten. Manch einem läuft beim Blick in die Tiefe ein wohliger Schauer über den Rücken. In unserer Bilderstrecke haben wir einige der spannendsten Kletter- und Hochseilgärten der Region zusammengetragen! n Mehr unter http://www.schwabo.de/1a6 Wohliger Höhen-Schauer n Klick der Woche n Auflösung Anneta Politi, Radiomoderato- rin griechischer Herkunft Hellenin, die morgens den Stau verkürzt RÄTSELHAFT Geboren wurde sie 1977 in einer alten Stauferstadt im Rems-Murr-Kreis. Ihre Eltern stammen aus dem Land, in dem nicht nur der Berg Athos und ein ebenso fettreicher wie cre- miger Joghurt zuhause sind, sondern auch die Philosophie und die klassische Tragödie. Auch die Gesuchte ist im öf- fentlichen Leben eine Darstelle- rin. Allerdings hört man sie öf- ter, als dass man sie sieht. Und zwar meistens im Zusammen- spiel mit einem Mann. Derzeit ist es Jonathan Schächter. Die Inhalte, die sie in ihrem Format transportiert, sind komischer, nicht tragischer Art. Besonders zu schätzen weiß man sie unter Umständen morgens im Stau. Seit 2010 leiht sie ihre Stimme für die Haltestellenansagen im Bereich des Karlsruher Ver- kehrsverbunds. Als Sprecherin hat sie für Stella Bettermann das Hörbuch »Ich trink Ouzo, was trinkst du so« vertont. In der Comedy-Serie »Nix verste- hen in Athen« ihres Radiosen- ders spricht sie Tochter »Retsi- na«: Ja Papa? Ist gut, Papa! Nummer 36 Samstag, 10. September 2016 Wochenend JOURNAL Spätzle-Blues In den 70er-Jahren rockten mehrere Liedermacher plötzlich auf Schwäbisch. u Panorama Nicht nur Kirchner In Balingen boomt parallel zur Kirchner-Schau die Street-Art. u Kulturelles Leben Ulrike Walter mit der Hauptdarstellerin: Das Buch erzählt vom Schwarzwaldwurm Wilma, die zur Gattung Lumbri- cus Badensis gehört. Ein Regenwurm, den es im Schwarzwald tatsächlich gibt. Foto: Neumann n 2015 Der deutsche Bildhauer Wolfgang Laib erhält den »Praemium Imperiale«. Die Auszeichnung gilt als weltweit wichtigster Kunstpreis. n 1966 Muhammad Ali vertei- digt in Frankfurt seinen Titel als Boxweltmeister im Schwerge- wicht gegen den Deutschen Karl Mildenberger durch einen technischen K.-o.-Sieg in der zwölften Runde. n 1926 Deutschland wird in den Völkerbund aufgenommen. n 1898 Auf der Uferpromena- de des Genfer Sees ersticht ein italienischer Anarchist die als »Sisi« bekannt gewordene Kai- serin Elisabeth von Österreich. n Zeitenspiegel 10. September Wilma erobert den Schwarzwald Bei der Freiburger Autorin Ulrike Walter ist im positiven Sinne der Wurm drin / »Sie ist wilder als andere« n Von Till Neumann Eine vermasselte Bioklausur hat Ulrike Walters Leben auf den Kopf gestellt. Als ihre Tochter eine Prüfung in den Sand setzt, hat die 52-Jährige die Idee ihres Lebens: ein Kin- derbuch zu schreiben – über Wilma, den Schwarzwaldwurm. In das Projekt hat sie viel Herz, Zeit und Geld gesteckt. Mitt- lerweile wohnt Wilma sogar bei ihr. »Mama, ich glaube, ich bin durch die Bio-Klausur gefal- len. Aber ich habe den Schwarzwaldwurm erfun- den.« Das sagte Marcia Wal- ter ihrer Mutter im März 2014 am Telefon. »Schatz, wenn du durchgefallen bist, scheib’ doch einfach ein Kin- derbuch über den Wurm«, antwortete die 52-Jährige prompt. »Das kannst du bes- ser«, erwiderte die Tochter. Die Studentin sollte recht behalten. »Die Idee hat so eingeschla- gen in mein Bauchgefühl. Ich habe mir am gleichen Tag Stift und Papier neben mein Bett gelegt«, erinnert sich Ulrike Walter beim Gespräch in ihrem Wohnzimmer. Mit dabei ist Riesen- regenwurm Wilma. Als Stofftier liegt sie auf dem Sofa und lauscht regungslos ihrer Schöpferin. Mehr als einen Meter groß ist das goldige Tier- chen mit pinkem Bollenhut. In Wilma steckt viel Auto- biografisches: »Sie ist wilder als andere Würmer«, schwärmt Walter. Das sei sie selbst im Kindergarten auch gewesen. »Ich war ungezähmter als die anderen Kinder, bin oft auf Bäume geklettert – genau wie Wilma«, erzählt die Autorin, die hauptberuflich als Coach arbeitet. Sie hilft Menschen da- bei, ihr Büro und Leben auf Vordermann zu bringen. »Ein kleiner Traum wird wahr. Endlich darf ich ein Kinderbuch illustrieren!« Als der Anruf ihrer Tochter kam, schrieb sie bereits an einem Buch. Das Thema: Wie organisiere ich mein Arbeitsle- ben? Doch Wilma ließ sie nicht los. Innerhalb von rund drei Monaten hatte sie die Ge- schichte auf Papier. »Es floss aus der Feder«, erinnert sie sich. Das Buch erzählt vom Schwarzwaldwurm Wilma, der zur Gattung Lumbricus Baden- sis gehört. Ein Regenwurm, den es im Schwarzwald tatsächlich gibt. Die Tiere werden bis zu einem Meter lang. Bei Wilma geht’s um Freund- schaft, Mut, Anderssein, Glück und Heimat. Wilma hat ein hängendes Augenlid, und man kann ihr Herz auf der Brust se- hen. Beides trifft quasi auch auf die Autorin zu. Wenn sie müde ist, hänge ihr Augenlid ein we- nig, berichtet Walter. Und ihr Herz scheint vor Euphorie zu glühen: »Ich habe eine Mission, ich will den Menschen Freude bringen«, erzählt sie in ihrem rosarot leuchtenden Kleid. Um den Traum vom Kinder- buch wahr werden zu lassen, hat Walter weder Kosten noch Mühen gescheut. Als ihr Text fertig war, wandte sie sich an SWR-Reporter Klaus Gülker. Der half ihr, die Geschichte flüssiger zu reimen. Dann das Design: Gleich fünf Grafiker ließ sie Entwürfe von Wilma zeichnen. Den Zuschlag bekam Wolli Ruf, der selbst sagte: »Ein kleiner Traum wird wahr. End- lich darf ich ein Kinderbuch il- lustrieren!« Begeistert ist auch Mirko Bastian, Haupt- geschäftsführer des Schwarzwaldvereins. Die tiefgründige Erzäh- lung sei ein erster Ein- stieg in die Schwarzwäl- der Heimat- kunde, lobt er im Vorwort des Buchs. Rund 30 000 Euro hat Walter in das Pro- jekt investiert. Ihr Arbeitsaufwand nicht mit einberechnet. Um das zu stemmen, starte- te sie eine Crowd- funding-Kampagne. Nach einem Workshop dazu be- gann sie über die Plattform »Startnext« Spenden zu sammeln. Mehr als 10 000 Euro kamen so zusammen. Ein Teil davon ist von ihr selbst. »Wenn jemand abnehmen möchte, empfehle ich eine Crowdfunding-Kampagne«, sagt Walter und lacht. Denn das sei ganz schön stressig. 2500 Exemplare ihres Buchs sind vor knapp einem Jahr ge- liefert worden. Ein Teil davon auch auf Französisch und Eng- lisch, damit auch Touristen es lesen können. Rund 1000 Bü- cher hat sie seitdem verkauft, berichtet Walter. Dafür grün- dete sie den Land-Sehen-Ver- lag – Akquise, Marketing und Versand stemmt sie alleine. Durch Wilma hat sie »wunder- bare Dinge« erlebt: Wurmfor- scher riefen sie an, das Buch wurde auf andere Kontinente bestellt und eine Kindergarten- Freundin, die sie im Buch ver- ewigt hatte, konnte sie in Kana- da ausfindig machen. Die bei- den haben sich zuletzt vor ihrem alten Kindergarten ge- troffen. Wilmas Geschichte ist noch lange nicht zu Ende. Stoff für eine zweite Folge hat Walter schon. Doch zuerst soll das Buch ins Alemannische und den Dialekt ihrer Mutter über- setzt werden, die aus Hauen- eberstein (Eberschde) kommt, einem Stadtteil von Baden-Ba- den. Außerdem will Walter das Buch auf Arabisch veröffentli- chen, um mit Flüchtlingen arbeiten zu können. Ist der Rie- senwurm ausgewachsen? Wal- ter ist sicher: »Never ever, Wil- ma wächst so lange ich lebe.« WEITERE INFORMATIONEN: u Ulrike Walter ist am Sonntag, 11. September, ab 14.30 Uhr bei Hansy Vogt auf der Kul- turbühne der Baden Messe in Freiburg zu sehen. Die Auto- rin liest aus ihrem Buch und gibt ein Interview. u Am Sonntag, 18. September, gibt sie ab 12.30 Uhr, eben- falls ein Interview auf der Ba- den Messe. Wilma – Schwarzwaldwurm Idee und Text Ulrike Walter Zeichnungen Wolli Ruf DAS BUCH: u Ulrike Walter »Wilma Schwarzwaldwurm«, Land- Sehen-Verlag, 24 Seiten, 15 Euro (plus Versandkosten)

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Für 18 Prozent der Deutschen ist das eigeneAuto mehr als nur ein Fahrzeug – es ist ein guterFreund. 22 Prozent sprechen sogar manchmal mitihrem Auto. Wer allerdings sein Auto ständig be-schimpft oder nur Blech redet, sollte sich nicht wundern, wenn sich sein Auto irgendwann als un-tankbar erweist. Oberklasse-Limousinen wollen zudem standesgemäß angesprochen werden,

man bringe sich dafür also ineine aufrechte Siezpositi-

on. Am besten wirktLob, das geht je-dem Auto runterwie Öl.

Mein bester Freund will kein Blech hören

n Unten, links

Michael Fassbender (39) ist bereits zweimal füreinen Oscar nominiert worden – sich zurückleh-

nen und auf Angebote wartenmöchte er trotzdem nicht, sagteder deutsch-irische Schauspie-ler der »Süddeutschen Zei-tung«. »Aber wenn man ein be-stimmtes Level erreicht hat,kann man ja auch erst aktivwerden, kann einfach sagen:

Können wir mal zusammen einenKaffee trinken? Ich fände es

gut, wenn wir zusam-menarbeiten.«

Hollywood-Star Michael Fassbender ist selbst aktiv

n Liebling der Woche

Wer aufgrund eines nachweislich falsch gehendenTachos viel schneller als erlaubt fährt, verliertunter Umständen nicht den Führerschein. Denner begeht keinen groben Pflichtenverstoß. Das geht aus einem Urteil (Az.: 19 OWi Js 2669/15-258/15) des Amtsgerichts Lüdinghausen hervor,auf das der ADAC hinweist. Eine Radarkontrolleerwischte einen Mann, der mit seinem Auto in-nerorts 32 km/h zu schnell fuhr. Nachweislich wich sein Tacho aber um 22 km/h nach untenvon der tatsächlichen Geschwindigkeit ab. NachAnsicht der Richter sei ein grober Pflichtenver-stoß nicht anzunehmen. Der Tacho habe demFahrer zur Orientierung gedient.

Defekter Tacho bewahrt vor Fahrverbot

n Tipp der Woche

Bevor es am Montag wieder darum geht, dieSchulbank zu drücken, kann man heute oder morgen bei einem Abenteuer in schwindel-erregender Höhe noch mal Adrenalin aus-schütten. Manch einem läuft beim Blick in dieTiefe ein wohliger Schauer über den Rücken.In unserer Bilderstrecke haben wir einige derspannendsten Kletter- und Hochseilgärten derRegion zusammengetragen! n Mehr unter http://www.schwabo.de/1a6

Wohliger Höhen-Schauer

n Klick der Woche

n Auflösung

Anneta Politi, Radiomoderato-rin griechischer Herkunft

Hellenin, die morgens den Stau verkürzt

RÄTSELHAFT

Geboren wurde sie 1977 ineiner alten Stauferstadt imRems-Murr-Kreis. Ihre Elternstammen aus dem Land, in demnicht nur der Berg Athos undein ebenso fettreicher wie cre-miger Joghurt zuhause sind,sondern auch die Philosophieund die klassische Tragödie.Auch die Gesuchte ist im öf-fentlichen Leben eine Darstelle-rin. Allerdings hört man sie öf-ter, als dass man sie sieht. Und zwar meistens im Zusammen-spiel mit einem Mann. Derzeitist es Jonathan Schächter. Die Inhalte, die sie in ihrem Formattransportiert, sind komischer,nicht tragischer Art. Besonderszu schätzen weiß man sie unterUmständen morgens im Stau.Seit 2010 leiht sie ihre Stimme für die Haltestellenansagen imBereich des Karlsruher Ver-kehrsverbunds. Als Sprecherinhat sie für Stella Bettermanndas Hörbuch »Ich trink Ouzo,was trinkst du so« vertont. Inder Comedy-Serie »Nix verste-hen in Athen« ihres Radiosen-ders spricht sie Tochter »Retsi-na«: Ja Papa? Ist gut, Papa!

Nummer 36 Samstag, 10. September 2016

WochenendJOURNAL

Spätzle-BluesIn den 70er-Jahren rockten mehrere Liedermacher plötzlich auf Schwäbisch.

u Panorama

Nicht nur KirchnerIn Balingen boomt parallel zur Kirchner-Schau die Street-Art.

u Kulturelles Leben

Ulrike Walter mit der Hauptdarstellerin: Das Buch erzählt vom Schwarzwaldwurm Wilma, die zur Gattung Lumbri-cus Badensis gehört. Ein Regenwurm, den es im Schwarzwald tatsächlich gibt. Foto: Neumann

n 2015 Der deutsche BildhauerWolfgang Laib erhält den»Praemium Imperiale«. DieAuszeichnung gilt als weltweitwichtigster Kunstpreis.

n 1966 Muhammad Ali vertei-digt in Frankfurt seinen Titel alsBoxweltmeister im Schwerge-wicht gegen den DeutschenKarl Mildenberger durch einentechnischen K.-o.-Sieg in derzwölften Runde.

n 1926 Deutschland wird inden Völkerbund aufgenommen.

n 1898 Auf der Uferpromena-de des Genfer Sees ersticht einitalienischer Anarchist die als»Sisi« bekannt gewordene Kai-serin Elisabeth von Österreich.

n Zeitenspiegel10. September

Wilma erobert den SchwarzwaldBei der Freiburger Autorin Ulrike Walter ist im positiven Sinne der Wurm drin / »Sie ist wilder als andere«

n Von Till Neumann

Eine vermasselte Bioklausurhat Ulrike Walters Leben aufden Kopf gestellt. Als ihreTochter eine Prüfung in denSand setzt, hat die 52-Jährigedie Idee ihres Lebens: ein Kin-derbuch zu schreiben – überWilma, den Schwarzwaldwurm.In das Projekt hat sie viel Herz,Zeit und Geld gesteckt. Mitt-lerweile wohnt Wilma sogarbei ihr. »Mama, ich glaube, ichbin durch die Bio-Klausur gefal-len. Aber ich habe denSchwarzwaldwurm erfun-den.« Das sagte Marcia Wal-ter ihrer Mutter im März2014 am Telefon. »Schatz,wenn du durchgefallen bist,scheib’ doch einfach ein Kin-derbuch über den Wurm«,antwortete die 52-Jährigeprompt. »Das kannst du bes-ser«, erwiderte die Tochter. DieStudentin sollte recht behalten.

»Die Idee hat so eingeschla-gen in mein Bauchgefühl. Ichhabe mir am gleichen Tag Stiftund Papier neben meinBett gelegt«, erinnertsich Ulrike Walterbeim Gespräch inihrem Wohnzimmer.Mit dabei ist Riesen-regenwurm Wilma.Als Stofftier liegt sieauf dem Sofa undlauscht regungslosihrer Schöpferin.Mehr als einen Metergroß ist das goldige Tier-chen mit pinkem Bollenhut.

In Wilma steckt viel Auto-biografisches: »Sie ist wilderals andere Würmer«, schwärmtWalter. Das sei sie selbst imKindergarten auch gewesen.»Ich war ungezähmter als dieanderen Kinder, bin oft aufBäume geklettert – genau wieWilma«, erzählt die Autorin,die hauptberuflich als Coacharbeitet. Sie hilft Menschen da-bei, ihr Büro und Leben aufVordermann zu bringen.

»Ein kleiner Traum wird wahr. Endlich darf ich ein Kinderbuch illustrieren!«

Als der Anruf ihrer Tochterkam, schrieb sie bereits aneinem Buch. Das Thema: Wie

organisiere ich mein Arbeitsle-ben? Doch Wilma ließ sie nichtlos. Innerhalb von rund dreiMonaten hatte sie die Ge-schichte auf Papier. »Es flossaus der Feder«, erinnert siesich. Das Buch erzählt vomSchwarzwaldwurm Wilma, derzur Gattung Lumbricus Baden-sis gehört. Ein Regenwurm, denes im Schwarzwald tatsächlich

gibt. Die Tiere werden bis zueinem Meter lang.

Bei Wilma geht’s um Freund-schaft, Mut, Anderssein, Glückund Heimat. Wilma hat einhängendes Augenlid, und mankann ihr Herz auf der Brust se-hen. Beides trifft quasi auch aufdie Autorin zu. Wenn sie müdeist, hänge ihr Augenlid ein we-nig, berichtet Walter. Und ihrHerz scheint vor Euphorie zu

glühen: »Ich habe eine Mission,ich will den Menschen Freudebringen«, erzählt sie in ihremrosarot leuchtenden Kleid.

Um den Traum vom Kinder-buch wahr werden zu lassen,hat Walter weder Kosten nochMühen gescheut. Als ihr Textfertig war, wandte sie sich anSWR-Reporter Klaus Gülker.Der half ihr, die Geschichteflüssiger zu reimen. Dann dasDesign: Gleich fünf Grafikerließ sie Entwürfe von Wilmazeichnen. Den Zuschlag bekamWolli Ruf, der selbst sagte: »Einkleiner Traum wird wahr. End-lich darf ich ein Kinderbuch il-

lustrieren!« Begeistert istauch Mirko Bastian, Haupt-

geschäftsführer desSchwarzwaldvereins.Die tiefgründige Erzäh-lung sei ein erster Ein-

stieg in dieSchwarzwäl-

der Heimat-kunde, lobt er

im Vorwort desBuchs.

Rund 30 000 Eurohat Walter in das Pro-jekt investiert. Ihr

Arbeitsaufwand nichtmit einberechnet. Umdas zu stemmen, starte-

te sie eine Crowd-funding-Kampagne. Nach

einem Workshop dazu be-gann sie über die Plattform»Startnext« Spenden zusammeln. Mehr als 10 000

Euro kamen so zusammen.Ein Teil davon ist von ihr selbst.»Wenn jemand abnehmenmöchte, empfehle ich eineCrowdfunding-Kampagne«, sagt Walter und lacht. Denndas sei ganz schön stressig.

2500 Exemplare ihres Buchssind vor knapp einem Jahr ge-liefert worden. Ein Teil davonauch auf Französisch und Eng-lisch, damit auch Touristen eslesen können. Rund 1000 Bü-

cher hat sie seitdem verkauft,berichtet Walter. Dafür grün-dete sie den Land-Sehen-Ver-lag – Akquise, Marketing undVersand stemmt sie alleine.Durch Wilma hat sie »wunder-bare Dinge« erlebt: Wurmfor-scher riefen sie an, das Buchwurde auf andere Kontinentebestellt und eine Kindergarten-Freundin, die sie im Buch ver-ewigt hatte, konnte sie in Kana-da ausfindig machen. Die bei-den haben sich zuletzt vorihrem alten Kindergarten ge-troffen.

Wilmas Geschichte ist nochlange nicht zu Ende. Stoff füreine zweite Folge hat Walterschon. Doch zuerst soll dasBuch ins Alemannische undden Dialekt ihrer Mutter über-setzt werden, die aus Hauen-eberstein (Eberschde) kommt,einem Stadtteil von Baden-Ba-den. Außerdem will Walter dasBuch auf Arabisch veröffentli-chen, um mit Flüchtlingenarbeiten zu können. Ist der Rie-senwurm ausgewachsen? Wal-ter ist sicher: »Never ever, Wil-ma wächst so lange ich lebe.«

WEITERE INFORMATIONEN:u Ulrike Walter ist am Sonntag,

11. September, ab 14.30 Uhrbei Hansy Vogt auf der Kul-turbühne der Baden Messe inFreiburg zu sehen. Die Auto-rin liest aus ihrem Buch undgibt ein Interview.

u Am Sonntag, 18. September,gibt sie ab 12.30 Uhr, eben-falls ein Interview auf der Ba-den Messe.

www.wilma-schwarzwaldwurm.de

ISBN 978-3-00-047693-8LAND-SEHEN-VERLAG, Freiburg i. Br.

Wilma Schwarzwaldwurm ©

Wilma – Schwarzwaldwurm

U

lrike M. W

alter

Wer erobert die Herzen im Sturm?Mit Bollenhut? – Wilma, der Schwarzwaldwurm.

Wilma –Schwarzwaldwurm

Idee und Text Ulrike WalterZeichnungen Wolli Ruf

DAS BUCH:u Ulrike Walter »Wilma

Schwarzwaldwurm«, Land-Sehen-Verlag, 24 Seiten, 15Euro (plus Versandkosten)