Oberflächenablation,LASIKoder InKooperationmit ...-6 dpt. Für hyperope Korrekturen wird die...

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22 SCHWERPUNKT Concept Ophthalmologie 1/2020 Oberflächenablation, LASIK oder refraktive Lentikelextraktion (SMILE)? Eine kritische Gegenüberstellung Einleitung Seit Beginn der laserassistierten Hornhautchirurgie vor fast 33 Jah- ren haben sich unterschiedliche Techniken zur Korrektur von Fehl- sichtigkeiten entwickelt. So stehen seit 1987 die Photorefraktive Kera- tektomie (PRK), seit 1998 auch als Laserassistierte subepitheliale Ke- ratomileusis (LASEK) oder seit 1999 auch als Transepitheliale Photore- fraktive Keratektomie (Trans-PRK), seit 1990 die keratomgeführte Laser-assistierte in situ Keratomi- leusis (LASIK), seit 2003 die femto- sekundenlasergeführte Laser- assistierte In-situ-Keratomileusis (Femto-LASIK), und seit 2006 die femtosekundenlasergeführte re- fraktive Lentikelextraktion (seit 2006 als „SMILE“, seit 2020 auch als „SmartSight“) als Optionen zur Verfügung. Auf Basis einer sorgfäl- tigen Anamnese und Diagnostik kristallisiert sich heraus, ob ein keratorefraktiver Lasereingriff überhaupt möglich und welche der drei Methoden im individuellen Einzelfall die empfehlenswerte ist. Um herauszufinden, welche Ver- fahren für eine Behandlung in Aus- wahl kommen, müssen die entspre- chenden Ein- und Ausschlusskriteri- en geprüft werden. Dies beinhaltet insbesondere die Beachtung der Empfehlungen der Kommission Re- fraktive Chirurgie (KRC) hinsicht- lich des Anwendungsbereichs be- treffend der Höhe der zugrundelie- genden Ametropie. Eine detaillier- te Auflistung der aktuellen KRC- Empfehlungen (Stand Februar 2019) ist unter dem Link http:// aad.to/krc/qualit.pdf zu finden. [1] Stehen am Ende zwei oder drei Ver- fahren einander zur Auswahl ge- genüber, so müssen die jeweiligen Vor- und Nachteile der Verfahren gewichtet und die basierend auf der individuellen Befundkonstella- tion zu erwartenden klinischen Be- handlungsergebnisse samt mögli- cher Risiken einer jeden OP-Tech- nik gegenübergestellt werden, um gemeinsam mit dem Patienten die richtige Entscheidung zu treffen. Oberflächenverfahren (PRK/ Trans-PRK/LASEK, Epi-LASIK) Bei der klassischen PRK wird das Epithel mechanisch mittels Bürste oder Hockeymesser entfernt, bei der LASEK mit Alkohol vorbehan- delt und anschließend zur Seite ge- schoben. Nach erfolgtem Abtrag des Hornhautstromas kann bei der LASEK das Epithel als „natürliche Kontaktlinse“ repositioniert oder entfernt werden. In der Regel wird das Epithel verworfen („epi-off LASEK“). Das Epithel kann aber auch direkt mittels Excimerlaser be- handelt werden („Trans-PRK“). Ein Vorteil der Trans-PRK seitens des Operateurs ist die einfache Ausfüh- rung der Behandlung. Es sind keine zusätzlichen operativen Schritte zur Entfernung des Hornhautepi- thels notwendig, was auch einen Vorteil für den Patienten darstellt, da die Operationszeit verkürzt und der Eingriff durch Wegfall der ma- nuellen Manipulation am Auge subjektiv als weniger belastend empfunden wird. Bei der Epi- LASIK kommt ein Mikrokeratom zum Ein- satz, anstelle einer scharfen Metall- klinge wird hier eine stumpfe Kunststoffklinge verwendet, die das Epithel von der Bowman- Grenzschicht separiert. Hierbei kommt es allerdings gelegentlich zu Defekten des Hornhautstromas, die zu Irregularitäten der Hornhaut führen können, ein Grund warum die Epi-LASIK heute weitestgehend verlassen worden ist. Bei allen Oberflächenverfahren wird die Höhe des Abtrags auf- grund der wachsenden Häufigkeit eines Haze nach oben limitiert. Es ist zu erwähnen, dass die KRC bei Primärbehandlungen den Einsatz von Mitomycin C aufgrund fehlen- der wissenschaftlicher Grundlagen nicht empfiehlt. Die Oberflächen- ablation ist eine Alternative zur LASIK oder refraktiven Lentikelex- traktion bei Patienten, die eine zu flache (K-Werte unter 40 dpt) oder Daniel Kook, Wolfgang J. Mayer Die unterschiedlichen kornealen Laserverfahren zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten werden in diesem Beitrag dargestellt und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile beleuchtet. Für jedes einzelne Verfahren gilt, dass eine sorgfältige präoperative Anamnese, klinische Untersuchung und eingehende Diagnostik sowie Berücksichtigung genereller und auch spezieller Ein- und Ausschlusskriterien wegweisend für den Behandlungserfolg ist. In Kooperation mit: CME

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  • 22 SCHWERPUNKT

    Concept Ophthalmologie 1/2020

    Oberflächenablation, LASIK oder

    refraktive Lentikelextraktion (SMILE)?

    Eine kritische Gegenüberstellung

    Einleitung

    Seit Beginn der laserassistierten

    Hornhautchirurgie vor fast 33 Jah-

    ren haben sich unterschiedliche

    Techniken zur Korrektur von Fehl-

    sichtigkeiten entwickelt. So stehen

    seit 1987 die Photorefraktive Kera-

    tektomie (PRK), seit 1998 auch als

    Laserassistierte subepitheliale Ke-

    ratomileusis (LASEK) oder seit 1999

    auch als Transepitheliale Photore-

    fraktive Keratektomie (Trans-PRK),

    seit 1990 die keratomgeführte

    Laser-assistierte in situ Keratomi-

    leusis (LASIK), seit 2003 die femto-

    sekundenlasergeführte Laser-

    assistierte In-situ-Keratomileusis

    (Femto-LASIK), und seit 2006 die

    femtosekundenlasergeführte re-

    fraktive Lentikelextraktion (seit

    2006 als „SMILE“, seit 2020 auch als

    „SmartSight“) als Optionen zur

    Verfügung. Auf Basis einer sorgfäl-

    tigen Anamnese und Diagnostik

    kristallisiert sich heraus, ob ein

    keratorefraktiver Lasereingriff

    überhaupt möglich und welche der

    drei Methoden im individuellen

    Einzelfall die empfehlenswerte ist.

    Um herauszufinden, welche Ver-

    fahren für eine Behandlung in Aus-

    wahl kommen, müssen die entspre-

    chenden Ein- und Ausschlusskriteri-

    en geprüft werden. Dies beinhaltet

    insbesondere die Beachtung der

    Empfehlungen der Kommission Re-

    fraktive Chirurgie (KRC) hinsicht-

    lich des Anwendungsbereichs be-

    treffend der Höhe der zugrundelie-

    genden Ametropie. Eine detaillier-

    te Auflistung der aktuellen KRC-

    Empfehlungen (Stand Februar

    2019) ist unter dem Link http://

    aad.to/krc/qualit.pdf zu finden. [1]

    Stehen am Ende zwei oder drei Ver-

    fahren einander zur Auswahl ge-

    genüber, so müssen die jeweiligen

    Vor- und Nachteile der Verfahren

    gewichtet und die basierend auf

    der individuellen Befundkonstella-

    tion zu erwartenden klinischen Be-

    handlungsergebnisse samt mögli-

    cher Risiken einer jeden OP-Tech-

    nik gegenübergestellt werden, um

    gemeinsam mit dem Patienten die

    richtige Entscheidung zu treffen.

    Oberflächenverfahren(PRK/ Trans-PRK/LASEK,Epi-LASIK)

    Bei der klassischen PRK wird das

    Epithel mechanisch mittels Bürste

    oder Hockeymesser entfernt, bei

    der LASEK mit Alkohol vorbehan-

    delt und anschließend zur Seite ge-

    schoben. Nach erfolgtem Abtrag

    des Hornhautstromas kann bei der

    LASEK das Epithel als „natürliche

    Kontaktlinse“ repositioniert oder

    entfernt werden. In der Regel wird

    das Epithel verworfen („epi-off

    LASEK“). Das Epithel kann aber

    auch direkt mittels Excimerlaser be-

    handelt werden („Trans-PRK“). Ein

    Vorteil der Trans-PRK seitens des

    Operateurs ist die einfache Ausfüh-

    rung der Behandlung. Es sind keine

    zusätzlichen operativen Schritte

    zur Entfernung des Hornhautepi-

    thels notwendig, was auch einen

    Vorteil für den Patienten darstellt,

    da die Operationszeit verkürzt und

    der Eingriff durch Wegfall der ma-

    nuellen Manipulation am Auge

    subjektiv als weniger belastend

    empfunden wird. Bei der Epi- LASIK

    kommt ein Mikrokeratom zum Ein-

    satz, anstelle einer scharfen Metall-

    klinge wird hier eine stumpfe

    Kunststoffklinge verwendet, die

    das Epithel von der Bowman-

    Grenzschicht separiert. Hierbei

    kommt es allerdings gelegentlich

    zu Defekten des Hornhautstromas,

    die zu Irregularitäten der Hornhaut

    führen können, ein Grund warum

    die Epi-LASIK heute weitestgehend

    verlassen worden ist.

    Bei allen Oberflächenverfahren

    wird die Höhe des Abtrags auf-

    grund der wachsenden Häufigkeit

    eines Haze nach oben limitiert. Es

    ist zu erwähnen, dass die KRC bei

    Primärbehandlungen den Einsatz

    von Mitomycin C aufgrund fehlen-

    der wissenschaftlicher Grundlagen

    nicht empfiehlt. Die Oberflächen-

    ablation ist eine Alternative zur

    LASIK oder refraktiven Lentikelex-

    traktion bei Patienten, die eine zu

    flache (K-Werte unter 40 dpt) oder

    Daniel Kook, Wolfgang J. Mayer

    Die unterschiedlichen kornealen Laserverfahren zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten werden in diesemBeitrag dargestellt und ihre jeweiligen Vor- und Nachteile beleuchtet. Für jedes einzelne Verfahrengilt, dass eine sorgfältige präoperative Anamnese, klinische Untersuchung und eingehende Diagnostiksowie Berücksichtigung genereller und auch spezieller Ein- und Ausschlusskriterien wegweisend fürden Behandlungserfolg ist.

    In Kooperation mit:

    CME

  • 23SCHWERPUNKT

    1/2020 Concept Ophthalmologie

    zu steile steile (K-Werte über

    48 dpt) Hornhaut haben oder de-

    ren Hornhaut zu dünn ist bzw. die

    stromale Restdicke nach einem Ein-

    griff 250 µm (idealerweise 280 µm)

    unterschreiten würde. Ideale Kan-

    didaten sind Patienten mit einer

    Myopie bis -6 dpt oder Astigmatis-

    musbis5dpt,diekeinerhöhtesRisi-

    ko für eine subepitheliale Hazebil-

    dung haben. Oberflächenbehand-

    lungen sollten grundsätzlich auf

    eine Abtragstiefe von 100 µm be-

    schränkt werden, um stärkere

    Hazebildung zu vermeiden. Diese

    stromale Ablationstiefe entspricht

    je nach Durchmesser der Ablations-

    zone einer Korrektur von bis zu

    -6 dpt. Für hyperope Korrekturen

    wird die Oberflächenablation

    gänzlich nicht mehr empfohlen

    u. a. wegen Regression. [1] Absolu-

    te Grenzwerte sind für die Myopie

    -8 dpt, für die Hyperopie +3 dpt

    und für Astigmatismen 6 dpt. Die

    Oberflächenablation ist auch eine

    geeignete Option bei Patienten,

    für die aus beruflichen Gründen

    oder aufgrund bestimmter Sport-

    arten ein Lentikelschnitt nicht emp-

    fehlenswert ist. Bei der Entschei-

    dung für eine Oberflächenablation

    sollte der Patient über die deutlich

    längere optische Rehabilitation

    von bis zu mehreren Wochen und

    den Nachteil postoperativer

    Schmerzen für 1-3 Tage postopera-

    tiv aufgeklärt werden.

    Nachkorrekturen nach

    Oberflächenverfahren

    Das Verfahren der Wahl zur Nach-

    korrektur nach Oberflächenabla-

    tionwird inderRegeleineerneute

    Abb. 1e

    Abb.1a-e: Ausgangssituation vor refrakti-ver Nachkorrektur nach myoper PRK (rech-tes Auge) a) Biomikroskopischer Befund derHornhaut mit zentraler Narbe, b) OCT-Auf-nahme, c) Scheimpflugaufnahme mit er-kennbar gut zentrierter Ablation, d) Epi-thelmapping mit erkennbar zentral hetero-gener Epitheldicke, e) BiomikroskopischerBefund der Hornhaut 1 Woche postoperativnach topographiegestützter Trans-PRK

    Abb. 1d

    Abb. 1cAbb. 1b

    Abb. 1a Alle Abb.: Autoren

    CME

  • 24 SCHWERPUNKT

    Concept Ophthalmologie 1/2020

    Oberflächenablation sein und nur

    in Einzelfällen ein lamelläres Ver-

    fahren, falls dies die korneale

    Stromadicke zulässt. Zur Vermei-

    dung einer postoperativen Haze-

    bildung empfiehlt sich hier bei

    den voroperierten Hornhäuten

    immer die intraoperative Applika-

    tion vom Mitomycin C. Bei residu-

    alem Astigmatismus mixtus und

    kritischer Stromadicke bieten

    antiastigmatische Schnitte eine

    Korrekturoption an, wenngleich

    deren Vorhersagbarkeit nicht der-

    jenigen des Excimerlasers ent-

    spricht. Während manuelle anti-

    astigmatische Keratotomien das

    Risiko für eine postoperative Epi-

    theleinwachsung in die Inzisionen

    bergen, besteht dieses Risiko für

    femtosekundenlaserassistierte in-

    trastromale Keratotomien nicht.

    Grundsätzlich gilt es zu bedenken,

    dass bei voroperierten Hornhäu-

    ten mit einer unregelmäßigen

    irregulären kornealen Vorderflä-

    che ein regenerativer epithelialer

    Ausgleich der oberflächlichen

    stromalen Vertiefungen vorliegen

    kann als ein sog. „epithelial remo-

    deling“. Hier ist zu beachten, dass

    dieser Ausgleich durch eine me-

    chanische Entfernung des Epithels

    verloren geht, die Basis für das ge-

    plante Ablationsprofil aber die

    Epithelvorderfläche samt Tränen-

    film ist. Erfolgt in solchen Fällen

    der Abtrag nach mechanischer

    EntfernungdesEpithels, istdiesei-

    ne erhebliche Fehlerquelle. Hier

    bietet die transepitheliale PRK ei-

    nen Vorteil. Zur Illustration zeigt

    Abbildung 1 die präoperativen

    Befunde eines Auges nach gut

    zentrierter myoper Oberflächen-

    ablation vor 3 Jahren. (�Abb. 1a

    Biomikrosopischer Befund,

    �Abb. 1b OCT der Hornhaut,

    �Abb. 1c Scheimpflugaufnahme

    der Hornhaut, �Abb. 1d Epithel-

    dickenprofil der Hornhaut). In der

    Scheimpflugaufnahme ist die in-

    homogene Epitheldicke über der

    zentralen Hornhautnarbe nicht

    erkennbar. Der Ausgangsvisus

    betrug sc = 0,4 und cc -0,25/

    -0,75/60° = 0,63. Verfahren der

    Wahl zur Nachkorrektur war in

    diesem Fall eine einzeitige Trans-

    PTK in Kombination mit einer

    topographiegestützten PRK.

    �Abb. 1e zeigt den biomikrosko-

    pischen Befund 1 Woche postope-

    rativ, Visus sc/cc 0/-0,25/18° = 1,0.

    LASIK/Femto-LASIK

    Das Indikationsfenster bzw. der

    Anwendungsbereich nach der ak-

    tuellen Empfehlung der KRC sind

    Myopien bis

    -8 dpt, Hyper-

    opien bis

    +3 dpt und

    Astigmatis-

    men bis 5 dpt.

    Der absolute

    Grenzbereich

    ist für die My-

    opie -10 dpt,

    für die Hyper-

    opie +4 dpt

    und für Astig-

    matismen

    6 dpt. Der

    Grund für die

    Einschrän-

    kung im hyper-

    open Bereich basiert auf den im

    Vergleich zur myopen LASIK häufi-

    geren Komplikationen wie Regres-

    sion, Unterkorrektur, Epithel-

    einwachsung, Blendempfindlich-

    keit oder trockenes Auge. Als

    sicherer und effektiver Eingriff mit

    dem Vorteil einer sehr schnellen

    Rehabilitation in der Regel bereits

    nach einem Tag postoperativ führt

    die LASIK allerdings meist zu einer

    hohen Patientenzufriedenheit,

    unter Voraussetzung einer richti-

    gen Patientenselektion sind

    schwere Komplikationen heute

    sehr selten. Voraussetzung ist der

    Ausschluss vonPatienten,diekeine

    guten Voraussetzungen für eine

    LASIK bieten, insbesondere Patien-

    ten mit einer engen Lidspalte oder

    Lidfehlstellungen wie einem La-

    gophthalmos, Patienten mit

    schwerer Blepharitis oder mit einer

    Vaskularisierung der zentralen

    Hornhaut. Um ein sicheres Arbei-

    ten des Mikrokeratoms zu gewähr-

    leisten, sollten sehr steile und sehr

    flache Hornhäute ausgeschlossen

    werden. Die zentrale Hornhaut-

    dicke sollte an ihrer dünnsten Stel-

    le über 500 µm liegen und die

    stromale Restdicke nach Ablation

    immer mindestens 250 µm, idealer-

    weise mindestens 280 µm betra-

    gen, um das Risiko einer postope-

    rativen iatrogenen Keratektasie zu

    minimieren. Mit der Wahl einer

    geringen Lentikeldicke lässt sich

    Stromagewebe sparen.

    WeithäufigeralsdasKeratomwird

    mittlerweile in Deutschland der

    Femtosekundenlaser für das

    Schneiden des Lentikels eingesetzt

    (�Abb. 2). Die Vorteile der Femto-

    LASIK liegen in einer besseren

    Reproduzierbarkeit der Lentikel-

    dicke, höheren Genauigkeit der

    angestrebten mittleren Hornhaut-

    dicke, höheren Astigmatismus-

    neutralität, geringeren induzier-

    ten höheren Aberrationen und ins-

    besondere einer im Vergleich zu

    Abb.2: Intraoperative Momentaufnahme nach Aufklappen des Fem-tosekundenlaser- generierten Flaps im Rahmen einer Femto-LASIK

    CME

  • 25SCHWERPUNKT

    1/2020 Concept Ophthalmologie

    modernen Mikrokeratomen noch

    minimaleren Komplikationsrate

    hinsichtlich des Lentikelschnit-

    tes. [2] Die Mindestdicke der Horn-

    haut für eine Femto-LASIK sollte

    mindestens 480 µm betragen.

    Nachkorrekturen nachLASIK/Femto-LASIK

    Nach keiner Primärbehandlung

    bieten sich so viele Nachkorrektur-

    optionen wie nach der LASIK. Die

    am häufigsten angewandten sind

    der Re-Lift des Flaps und die Ober-

    flächenablation auf dem Flapstro-

    magewebe. Die Ergebnisse hin-

    sichtlich Vorhersagbarkeit, Effek-

    tivität und Sicherheit dieser bei-

    den Nachkorrekturoptionen sind

    vergleichbar. [3] Beträgt die post

    Nachkorrektur residuale Reststro-

    madicke sicher über 250 µm, stellt

    der Re-Lift in vielen Fällen die Me-

    thode der Wahl dar. Die Länge des

    Zeitintervalls nach primärer LASIK

    und das OP-Verfahren (Femtose-

    kundenlaser versus Mikrokera-

    tom) spielen hier eine Rolle in dem

    Entscheidungsalgorithmus, da bei

    älteren und insbesondere älteren

    Mikrokeratomschnitten aufgrund

    der Schnittkonfiguration des Flaps

    (Meniskus beim Mikrokeratom

    versus Deckel beim Femtosekun-

    denlaser [4]), das Risiko für eine

    postoperative Epitheleinwach-

    sung ansteigt. In besonderen Fäl-

    len bieten sich ferner folgende

    Nachkorrekturoptionen an: Neu-

    er Lentikelschnitt unterhalb des

    ersten Schnittes, vertikaler Schnitt

    innerhalb des ursprünglichen Len-

    tikels zur Reduktion des Risikos

    einer postoperativen Epithelein-

    wachsung, dünnerer und kleine-

    rer Miniflap im ursprünglichen

    Flap bei kritischer Reststroma-

    dicke und sog. „Undersurface Ab-

    lation“ auf der Unterseite des ur-

    sprünglichen Lentikels ebenso bei

    kritischer Reststromadicke. Bei

    residualem Astigmatismus mixtus

    und kritischer Stromabettdicke

    unterhalb des Flaps bieten anti-

    astigmatische Schnitte auch nach

    LASIK eine Korrekturoption an.

    Refraktive Lentikel-extraktion (SmartSight,SMILE)

    Bei der refraktiven Lentikelex-

    traktion wird ausschließlich der

    Femtosekundenlaser eingesetzt.

    Dieser führt einen Doppelschnitt

    in der Hornhaut durch und er-

    zeugt damit eine Gewebeschei-

    be, die über

    eine oder

    zwei kleine

    seitliche Inzi-

    sion(en) ent-

    fernt wird

    (�Abb. 3).

    Den anterio-

    ren Teil der

    Hornhaut,

    der anders als

    bei der LASIK

    nicht aufge-

    klappt wird,

    bezeichnet

    man als

    „Cap“. Der

    von der KRC

    empfohlene

    Anwendungsbereich für die Myo-

    pie ist von -1 dpt bis -8 dpt und für

    Astigmatismen bis 5 dpt. Der

    Grenzbereich für die Myopie be-

    trägt bis -10 dpt. Wie bei der LASIK

    sollte die zentrale Hornhautdicke

    an ihrer dünnsten Stelle über

    500 µm liegen und die stromale

    Restdicke nach Ablation immer

    mindestens 250 µm, idealerweise

    mindestens 280 µm betragen. Hin-

    sichtlich der optischen Rehabilita-

    tion ist die refraktive Lentikelex-

    traktion teils vergleichbar mit der

    LASIK teils dauert sie jedoch län-

    ger [5] und nimmt damit eine Mit-

    telstellung zwischen LASIK und

    Oberflächenverfahren ein. Ein

    Vorteil der refraktiven Lentikelex-

    traktion ist die geringere Affekti-

    on oberflächlicher Nervenfasern,

    so dass ein weniger starkes Auftre-

    ten postoperativer Siccasymptome

    im Vergleich zur LASIK in mehre-

    ren Studien gezeigt wurde.

    Nachkorrekturnach refraktiverLentikelextraktion

    Eine Nachkorrektur nach refrakti-

    ver Lentikelextraktion mittels des

    gleichen Verfahrens ist derzeit

    nicht möglich – als Optionen kom-

    men hier ein Oberflächenverfah-

    ren mit Einsatz von Mitomycin C

    oder das sog. Circle-Verfahren in

    Frage. Letztgenanntes erweitert

    den alten Capschnitt nach peri-

    pher zu einem neuen LASIK-Lenti-

    kelschnitt und stellt in vielen

    Fällen das Verfahren der Wahl dar

    (�Abb. 4). Hinsichtlich der Sicher-

    heit und der Effektivität zeigen

    beide Nachkorrekturvarianten

    vergleichbar gute Ergebnisse mit

    im Detail kleinen Unterschieden

    [6, 7]. Insbesondere die in einigen

    Fällen sehr lange Rehabilitations-

    zeit nach Oberflächenablation

    nach refraktiver Lentikelextrakti-

    on stellt für den in der Regel jun-

    gen, berufstätigen Patienten und

    Abb.3: Intraoperative Momentaufnahme der Extraktion des refrak-tiven Lentikels mit einer Pinzette im Rahmen einer refraktivenLentikelextraktion (SMILE)

    CME

  • 26 SCHWERPUNKT

    Concept Ophthalmologie 1/2020

    den betreuenden Arzt eine echte

    Herausforderung dar. Bei residu-

    alem Astigmatismus mixtus und

    kritischer Stromabettdicke unter-

    halb des Caps bieten antiastigma-

    tische Schnitte eine Korrektur-

    alternative zum Circle-Verfahren

    an. Die Nachkorrektur nach re-

    fraktiver Lentikelextraktion ist da-

    her also kein Problem, allerdings

    gilt es zu bedenken, dass je nach

    angewandtem Laserverfahren im

    Falle einer Nachkorrektur auch

    Vorteile einer initialen refraktiven

    Lentikelextraktion gegenüber der

    LASIK entfallen können.

    Oberflächenablation,LASIK und refraktiveLentikelextraktionmöglich –wie entscheiden?

    In vielen Fällen stehen nach Prü-

    fung der Ein- und Ausschlusskrite-

    rien immer noch mehrere Verfah-

    ren zur Auswahl. Diese Situation

    ergibt sich meist bei einer besteh-

    enden mittelgradigen Myopie

    oder eines mittelgradigen myopen

    Astigmatismus. Wichtige Aspekte

    bei diesem Entscheidungsalgorith-

    mus sind die zu erwartenden post-

    operativen klinischen Ergebnisse,

    die Bewertung des Risikos des Auf-

    tretens möglicher intraoperativer

    und postoperativer Komplikatio-

    nen, die Wahrscheinlichkeit für die

    Notwendigkeit einer Nachkorrek-

    tur, bestehende Möglichkeiten zur

    Nachkorrektur inklusive der zu er-

    wartenden klinischen Ergebnisse

    und die optische Rehabilitations-

    zeit. An dieser Stelle ist zu erwäh-

    nen, dass auch phake Implantate

    im Anwendungsbereich ab T3 dpt

    eine alternative und reversible

    Option darstellen.

    Die klassischen Parameter refrak-

    tivchirurgischer Eingriffe wie

    Sicherheit, Effektivität, Präzision

    und Stabilität spielen in diesem

    Zusammenhang eine eher unter-

    geordnete Rolle, da die klinischen

    Ergebnisse der drei verschiedenen

    Laserverfahren zumindest unter

    strenger Beachtung der empfohle-

    nen Indikationsfenster weitge-

    hend vergleichbar sind. So ist bei-

    spielsweise das Risiko einer post-

    operativen Regression in erster

    Linie abhängig von der Höhe der

    Ausgangsametropie und weniger

    vom Typ des verwendeten Verfah-

    rens. Allerdings gibt es im Detail

    doch auch Unterschiede in den

    klinischen Ergebnissen, beispiels-

    weise bei der Korrektur hoher kor-

    nealer Astigmatismen, hier zeigt

    derzeit die LASIK in zahlreichen

    Studien bessere Ergebnisse als die

    refraktive Lentikelextraktion. [8]

    Die Bewertung bzw. Gewichtung

    eineseinzelnenKomplikationsrisi-

    kos per se ist von Einzelfall zu Ein-

    zelfall sehr verschieden. So ist die

    häufigste postoperative Kompli-

    kation, das transient trockene Au-

    ge, abhängig von der Ausgangssi-

    tuation des Tränenfilms. Ist dieser

    z. B. bereits präoperativ gestört,

    so kann das die Entscheidung in

    Richtung Oberflächenverfahren

    oder refraktive Lentikelextraktion

    lenken. Ist dagegen vor dem Hin-

    tergrund der Ausgangsrefraktion

    – beispielsweise bei Vorliegen ei-

    nes höheren kornealen Astigma-

    tismus – die Wahrscheinlichkeit

    für eine Nachkorrektur erhöht, so

    stellt die LASIK in dieser Situation

    unter Umständen eine geeignete-

    re Behandlungsoption dar als

    Oberflächenablation oder refrak-

    tive Lentikelextraktion.

    Eine der seltensten, aber schwer-

    wiegendsten postoperativen

    Komplikationen stellt die Entwick-

    lung einer iatrogenen Keratekta-

    sie dar. Somit ist die Vermeidung

    ihres Auftretens ein sehr wichtiges

    Ziel in der Weichenstellung betref-

    fend der Auswahl des Laserverfah-

    rens (oder der Wahl eines phaken

    Linsenimplantates als eine Alter-

    native). Die meisten publizierten

    Fälle finden sich nach LASIK mit ei-

    ner beschriebenen kumulativen

    Inzidenz von 0,02-0,6 %. Keratekt-

    asien können aber auch nach

    Oberflächenablation auftreten, so

    dass diese bei auffälligen Horn-

    häuten auch bei geringer Aus-

    gangsametropie keine Behand-

    lungsalternative darstellen sollte.

    In einer Studie von Randleman et

    al. traten immerhin 4 % aller un-

    tersuchten Keratektasien nach

    PRK auf. [9] Auch nach refraktiver

    Lentikelextraktion ist das Auftre-

    ten von Keratektasien beschrie-

    ben, wenngleich diese bislang Ein-

    zelfälle darstellen, meist auf dem

    Boden eines vorbestandenen un-

    erkannten Form Frust Keratoko-

    nus. [10] An dieser Stelle ist zu be-

    tonen, dass die iatrogene Keratek-

    tasie eine Langzeitkomplikation

    darstellt, die in vielen Fällen erst

    zahlreiche Jahre nach der Operati-

    on auftritt. Die publizierten Inzi-

    denzen nach LASIK beziehen sich

    zwar nicht, fallen aber in einen

    Zeitraum von fast 30 Jahren seit

    Einführung der LASIK mit bislang

    geschätzten 50 Millionen Behand-

    lungen weltweit. Betreffend der

    refraktiven Lentikelextraktion bli-

    cken wir auf einen deutlich kürze-

    ren Zeitraum von 14 Jahren mit ei-

    ner Anzahl von etwa 2 Millionen

    Behandlungen. Dem hypotheti-

    Abb. 4: Intraoperative Momentaufnahmedes Femtosekundenlaser-assistiertenSchnittes zur Erweiterung des horizonta-len Cap-Schnittes nach SMILE nach peri-pher zu einem Flap-Schnitt (Circle)

    CME

  • 27SCHWERPUNKT

    1/2020 Concept Ophthalmologie

    schen Vorteil der refraktiven Lenti-

    kelextraktion betreffend der Bio-

    mechanik aufgrund der Erhaltung

    der anterioren Hornhaut stehen

    zudem widersprüchliche eigene

    klinischeErgebnisseundDatenaus

    der Literatur gegenüber. [11, 12]

    Nachdem weiterhin bislang in vivo

    ein Vorteil der refraktiven

    Lentikelextraktion gegenüber der

    LASIK betreffend der biomechani-

    schen Stabilität im Langzeitverlauf

    nicht belegt ist, sollte die präope-

    rative Risikoabschätzung für die

    Entwicklung einer Keratektasie

    für die refraktive Lentikelextrakti-

    on gleich zur LASIK erfolgen.

    Zusammenfassung

    In der heutigen refraktiven Laser-

    chirurgie gibt es nicht das eine

    beste Verfahren, sondern drei

    gleichwertige Verfahren, die alle-

    samt auf eine langjährige Erfah-

    rung und Weiterentwicklung zu-

    rückblicken. Unter Vorausset-

    zung der Beachtung der entspre-

    chenden Anwendungsbereiche

    zeigen alle drei Laserverfahren

    vergleichbar gute Ergebnisse hin-

    sichtlich Sicherheit, Vorhersag-

    barkeit, EffektivitätundStabilität

    – mit im Detail kleinen Unter-

    schieden. Wegweisend für die

    richtige Wahl einer Laserbehand-

    lung zur Korrektur einer besteh

    enden Fehlsichtigkeit ist nach ei-

    ner sorgfältigen präoperativen

    Anamnese, klinischer Untersu-

    chung und Diagnostik die Berück-

    sichtigung genereller und auch

    spezieller Ein- und Ausschlusskri-

    terien. Stehen mehrere Verfah-

    ren zur Auswahl, sollte eine ob-

    jektive Zusammenschau von indi-

    vidueller Befundkonstellation, zu

    erwartendem klinischen Ergeb-

    nis, sorgfältiger Risikoprofilana-

    lyse und Erwartungshaltung die

    richtigen Weichen stellen, um ge-

    meinsam mit dem Patienten das

    für ihn beste Verfahren zu finden.

    Schlüsselwörter:

    Oberflächenablation, PRK, LASEK,

    LASIK, refraktive Lentikelextrakti-

    on, SMILE, Hornhautlaser, Fehl-

    sichtigkeit, refraktive Chirurgie

    Literatur:1. Deutsche Ophthalmologische

    Gesellschaft (DOG); Berufsver-band der Augenärzte Deutsch-lands e.V. (BVA). Evaluation andquality assurance of refractivesurgery by the German Society ofOphthalmology and the Profes-sional Association of GermanOphthalmologists-Commissionfor refractive surgery recommen-dations: Status February 2019.Ophthalmologe.2019;116(8):735-45

    2. Kohnen T et al. Short-term com-plications of femtosecond laser-assisted laser in situ keratomileu-sis cuts: Review of 1210 consecuti-ve cases. J Cataract Refract Surg.2016;42(12):1797-1803

    3. Ortega-Usobiaga J, Llovet-OsunaF, Katz T, Djodeyre MR, DruchkivV, Bilbao-Calabuig R, Baviera J.Comparisonof5468retreatmentsafter laser in situ keratomileusisby lifting the flap or performingphotorefractive keratectomy onthe flap. Arch Soc Esp Oftalmol.2018;93(2):60-8

    4. Von Jagow B, Kohnen T. Cornealarchitecture of femtosecond laserand microkeratome flaps imagedby anterior segment optical cohe-rence tomography. J CataractRefract Surg. 2009;35(1):35-41

    5. Liu M et al. Clinical OutcomesAfter SMILE and FemtosecondLaser-Assisted LASIK for Myopiaand Myopic Astigmatism: A Pros-pective Randomized Comparati-ve Study. Cornea.2016;35(2): 210-6

    6. Siedlecki J et al. EnhancementAfter Myopic Small Incision Lenti-cule Extraction (SMILE) UsingSurface Ablation. J Refract Surg.2017;33(8):513-8

    7. Siedlecki J et al. CIRCLE Enhance-ment After Myopic SMILE. JRefract Surg 2018;34(5):304-9

    8. Khalifa MA et al. Vector analysisof astigmatic changes after small-incision lenticule extraction andwavefront-guided laser in situ ke-ratomileusis. J Cataract RefractSurg 2017;43(6):819-824

    9. Randleman JB et al. Risk Assess-ment for Ectasia after CornealRefractive Surgery. Ophthalmo-logy. 2008;115:37-50

    10. Moshirfar M et al. Ectasia follo-wing small-incision lenticuleextraction (SMILE): a review ofthe literature. Clin Ophthalmol.2017;11:1683-88

    11. Sefat SM et al. Evaluation ofChanges in Human Corneas AfterFemtosecond Laser-AssistedLASIK and Small-Incision Lenticu-le Extraction (SMILE) Using Non-Contact Tonometry and Ultra-High-Speed Camera (Corvis ST).Curr Eye Res. 2016;41(7):917-22

    12. Raevdal P et al. Comparison ofcorneal biomechanical changesafter refractive surgery by non-contact tonometry: small-incisionlenticule extraction versus flap-based refractive surgery - a syste-matic review. Acta Ophthalmol.2019;97(2):127-36

    Korrespondenzadresse:

    Prof. Dr. med. Daniel Kook, FEBOProf. Kook & PartnerAugenarztpraxisBahnhofstraße 9a82166 Grä[email protected]

    Prof.Dr.med.WolfgangJ.Mayer, FEBOAugenklinik der LMU MünchenMathildenstraße 880336 Mü[email protected]

    Prof. Dr. med.Wolfgang J. Mayer

    Prof. Dr. med.Daniel Kook

    CME