Übersetzen mit Stil – ein unmögliches Ziel?1 Übersetzen mit Stil – ein unmögliches Ziel?...

30
1 Übersetzen mit Stil – ein unmögliches Ziel? Cathrine Fabricius-Hansen 1. Angleichendes und verfremdendes Übersetzen in stilistischem Zusammenhang In der Übersetzungstheorie werden adaptierendes (angleichendes, eindeutschendes) und verfremdendes Übersetzen als zwei Grundstrategien des Übersetzens unterschieden. 1 Es sind Strategien, die – oder deren Ergebnisse – in ihren jeweiligen extremen Erscheinungsformen leicht erkennbar, aber selten anzutreffen sind; in Wirklichkeit haben wir es natürlich mit einer Skala der Anpassung bzw. Verfremdung zu tun, so daß konkrete Übersetzungen ('Translate') mehr oder weniger angleichend bzw. mehr oder weniger verfremdend erscheinen, und zwar relativ zu einer u.a. zeitlich bestimmten Varietät der Zielsprache. Die Gegenüberstellung zwischen anpassendem und verfremdendem Übersetzen scheint in erster Linie mit Bezug auf den Wortschatz (z.B. kulturspezifische Begriffe), Redeweisen u.ä. getroffen worden zu sein. Sie ist jedoch auch für den syntaktisch-stilistischen Bereich relevant und wirft hier u.a. folgende Fragen auf: (i) Handelt es sich bei den erwähnten Strategien tatsächlich immer um echte Alternativen? Das heißt, inwieweit kann der Übersetzer frei wählen? (ii) Was steuert die Wahl zwischen den beiden Verfahren, sofern eine Wahlmöglichkeit überhaupt vorliegt? (iii) Was besagt der Unterschied auf syntaktischer Ebene, etwa im Bereich der Wortstellung und des Satzbaus? Die Aktualität dieser Fragen läßt sich beispielsweise anhand der beiden folgenden Zitate veranschaulichen. Das erste Zitat ist einem in der dänischen Wochenzeitung 1 Vgl. z.B. Koller (1992: 52, 234f.).

Transcript of Übersetzen mit Stil – ein unmögliches Ziel?1 Übersetzen mit Stil – ein unmögliches Ziel?...

1

Übersetzen mit Stil – ein unmögliches Ziel?

Cathrine Fabricius-Hansen

1. Angleichendes und verfremdendes Übersetzen in stilistischemZusammenhang

In der Übersetzungstheorie werden adaptierendes (angleichendes, eindeutschendes)und verfremdendes Übersetzen als zwei Grundstrategien des Übersetzensunterschieden.1 Es sind Strategien, die – oder deren Ergebnisse – in ihren jeweiligenextremen Erscheinungsformen leicht erkennbar, aber selten anzutreffen sind; inWirklichkeit haben wir es natürlich mit einer Skala der Anpassung bzw.Verfremdung zu tun, so daß konkrete Übersetzungen ('Translate') mehr oderweniger angleichend bzw. mehr oder weniger verfremdend erscheinen, und zwarrelativ zu einer u.a. zeitlich bestimmten Varietät der Zielsprache.

Die Gegenüberstellung zwischen anpassendem und verfremdendem Übersetzenscheint in erster Linie mit Bezug auf den Wortschatz (z.B. kulturspezifischeBegriffe), Redeweisen u.ä. getroffen worden zu sein. Sie ist jedoch auch für densyntaktisch-stilistischen Bereich relevant und wirft hier u.a. folgende Fragen auf:(i) Handelt es sich bei den erwähnten Strategien tatsächlich immer um echteAlternativen? Das heißt, inwieweit kann der Übersetzer frei wählen?(ii) Was steuert die Wahl zwischen den beiden Verfahren, sofern eineWahlmöglichkeit überhaupt vorliegt?(iii) Was besagt der Unterschied auf syntaktischer Ebene, etwa im Bereich derWortstellung und des Satzbaus?

Die Aktualität dieser Fragen läßt sich beispielsweise anhand der beiden folgendenZitate veranschaulichen. Das erste Zitat ist einem in der dänischen Wochenzeitung

1 Vgl. z.B. Koller (1992: 52, 234f.).

2

Weekendavisen erschienenen Artikel "Hvad er højest, Rundetårn eller ettordenskrald?"2 entnommen, in dem der Verfasser als Mitglied der zuständigen EU-Kommission darlegt, welche Kriterien der Vergabe des von der EU gestiftetenAristeion-Übersetzerpreises "für eine hervorragende [europäische] Übersetzungeines wichtigen zeitgenössichen literarischen Werkes” zugrundeliegen.

“Opmuntret af dette indledende blodbad begav juryen sig ud i en principieldiskussion af, hvordan man kan kende en god oversættelse, udover altså at derikke må være for mange fejl i den. Et vigtigt punkt, som denne jury var enigom, var, at oversættelselsen bør være ligeså “normal” eller ligeså særprægetpå sit eget sprog som originalen er det på sit. Det er et krav, som ikke altidlader sig honorere, men som i praksis betyder, at man gerne vil have, atoversættelsen så vidt muligt fremtræder, som om den var “født” på sit egetsprog, og at man ser med umilde øjne på oversættelser der er så præget aforiginalsprogets f.eks. sætningsbygning eller stående vendinger, at de virkerunødigt aparte i forhold til oversættelsessproget.”3 [Hervorhebung von mir](Thomas Harder in Weekendavisen 3.-9. Februar 1995)

Es wird hier im Hinblick auf die sprachliche Gestaltung, den Stil, für ein maximaladaptierendes Verfahren plädiert, indem verlangt wird, daß dem Zieltext die fremdeHerkunft soweit möglich nicht anzusehen ist. Der Verfasser des zweiten Zitats – auseiner in der norwegischen Wochenzeitung Morgenbladet erschienenen Rezensioneiner norwegischen Übersetzung von Kants Kritik der Urtheilskraft – scheintdemgegenüber dem verfremdenden Verfahren einen etwas größeren Spielraum zulassen; ganz eindeutig ist die Aussage, der Übersetzer habe die Eigenart desKantschen Textes bewahrt, allerdings nicht.

2 'Was ist höher/lauter, der Runde Turm [ein 36 Meter hoher Turm in Kopenhagen] oder einDonnerschlag?'3 'Von diesem Blutbad ermuntert ließ sich die Jury auf eine grundsätzliche Diskussion ein, wie einegute Übersetzung zu erkennen sei, abgesehen davon, daß sie nicht allzu viele Fehler enthalten solle.Ein wichtiger Punkt, in dem sich diese Jury einigen konnte, war, daß die Übersetzung ebenso"normal" oder ebenso auffällig in ihrer eigenen Sprache sein sollte wie das Original in seiner. DieseForderung, die sich nicht immer erfüllen läßt, bedeutet in der Praxis, daß gewünscht wird, daß dieÜbersetzung soweit möglich den Anschein erweckt, als sei sie in ihrer eigenen Sprache "geboren",und daß man ungern Übersetzungen sieht, die z.B. vom Satzbau oder von festen Wendungen derAusgangssprache so stark geprägt sind, daß sie im Verhältnis zur Zielsprache unnötig eigenartigwirken.' (Der Leser möge selber beurteilen, wo auf der Skala Adaption-Verfremdung diese von mirvorgenommene Übersetzung des Zitats anzusiedeln ist.)

3

“Pax Forlags oversettelse [af Kants Kritik der Urteilskraft] representerer kun etutvalg, men estetikkdelen som er oversatt, er i seg selv et massivt løft.Oversetteren Espen Hammer har utført en profesjonell job. Etter mitt skjønnhar har han ikke bare lykkes med å overføre en meget komplisert tekst tilnorsk, men han har også bevart Kants stil og skrivemåte slik at tekstensegenart blir ivaretatt.” 4 [Hervorhebung von mir](Ståle Finke in Morgenbladet 23.-29. juni 1995)

Im folgenden soll nun die hier angeschnittene Thematik der syntaktisch-stilistischenAnpassung bzw. Verfremdung mit Bezug auf die Übersetzung aus dem Deutschenins Norwegische konkretisiert werden. Im Abschnitt 2 wird die Relevanz derTextsorte für die Wahl der Übersetzungsstrategie kurz erörtert, anschließend wirdder Unterschied zwischen syntaktisch-stilistischer Anpassung und Nicht-Anpassungbei der Übersetzung deutscher Sachprosatexte ins Norwegische exemplarischveranschaulicht (Abschnitt 2); im letzten, umfangreichsten Abschnitt wird dieFragestellung schließlich etwas ausführlicher mit Bezug auf die Übersetzungliterarischer Kunstprosa diskutiert, und zwar ganz konkret anhand der norwegischenÜbersetzung von Robert Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaften.5

2. Relevanz der Textsorte

Es leuchtet ein, daß die Textsorte eines zu übersetzenden Textes, die sich ihrerseitsu.a. durch die primäre Funktion des Textes bestimmt, ceteris paribus die Wahl desVerfahrens in entscheidender Weise beeinflußt.

Betrachten wir einerseits das, was man neutrale Sachprosa nennen könnte, d.h.Sachtexte mit primär informativer oder handlungssteuernder Funktion, bei denendie Vermittlung des Inhalts oder genereller: der 'Botschaft' die Hauptsache ist undformal bedingte ästhetische Aspekte keine oder nur im negativen Sinne eine Rollespielen, insofern als der sprachliche Ausdruck kein Störfaktor sein darf. Unter der 4 'Die im Pax Verlag erschienene Übersetzung [von Kants Kritik der Urteilskraft] bietet nur eineAuswahl, aber schon der übersetzte Ästhetik-Teil stellt eine große Leistung dar. Der ÜbersetzerEspen Hammer hat professionelle Arbeit geleistet. Nach meinem Ermessen ist es ihm nicht nurgelungen, einen sehr komplizierten Text ins Norwegische zu übertragen, er ist auch Kants Stil undSchreibweise treu geblieben, so daß die Eigenart des Textes erhalten bleibt.'5 Norw. Übersetzung von Ole Michael Selberg. Mannen uten egenskaper. Bd. 1ff. Oslo 1990ff.:Solum.

4

Voraussetzung, daß eine funktional adäquate Übersetzung gewünscht wird, istnatürlich bei solchen Texten ein angleichendes, stilistische Adäquatheit sicherndesVerfahren sinnvoll. Es muß z.B. beim Übersetzen eines sprachlich unauffälligeninformativen und/oder argumentativen Sachprosatextes im typischen Fall eben vorallem darum gehen, die Information bzw. Argumentation präzise wiederzugeben,und zwar so, daß auch zielsprachliche Leser sich an der Sprache selber nicht stören.Folglich muß der Zieltext den Stilnormen angepaßt werden, die in der Zielsprache -oder richtiger: in der betreffenden Sprachgemeinschaft - für Texte der betreffendenSorte herrschen:

"Für die Sachtextübersetzung gilt die Forderung nach sprachlich-stilistischerAdäquatheit. […] Sprachlich-stilistische Aäquatheit bezieht sich erstens aufgrammatische Korrektheit und zweitens auf die Einhaltung der für diebetreffenden Texte geltenden sprachlich-stilistischen Gebrauchsnormen."(Koller 1992: 286).

Solche Normen oder Regularitäten sind wiederum primär quantitativ bestimmt,durch die Häufigkeit, mit der bestimmte Erscheinungen, die eine Wahl zwischenAusdrucksalternativen repräsentieren, in Texten der betreffenden Sorte tendenziellvorkommen.6 Stilistische Adäquatheit heißt bei der Übersetzung solcher Textem.a.W., daß der Zieltext sich zu den zielsprachlichen Textkonventionen möglichst soverhalten sollte wie der Ausgangstext zu den ausgangssprachlichen; verfremdendesÜbersetzen ist funktional unangemessen, weil die Verfremdung zielsprachliche Leserund Leserinnen von der Hauptsache – der primären 'Botschaft' des Textes –ablenken kann.

Das Prinzip der maximalen stilistischen Angleichung läßt sich jedoch nicht soleicht befolgen bei Sachprosatexten, die in einem sehr persönlichen Stil abgefaßtsind; denn für Normabweichungen in der Ausgangssprache wird es oft keine soklaren Entsprechungen oder Orientierungsmuster in der Zielsprache geben. Undnoch problematischer wird es natürlich bei dem anderen Extrem, den literarischen

6 Siehe dazu z.B. Fabricius-Hansen (1995). Dies schließt natürlich eine entsprechende explizite,präskriptive Normierung nicht aus; faktische Normen gibt es aber auch ohne Normierung, währendumgekehrt präskiptive Sprachnormen, die in der Praxis nicht befolgt werden, keine sprachlicheExistenz besitzen. – Auf die Frage, wie faktische Stilnormen, auf denen die stilistische 'Kompetenz'und Stilbewertungen der Sprachteilhaber basieren, sich objektiv nachweisen lassen, kann hier nichteingegangen werden. Siehe dazu vor allem Biber (1988).

5

Kunstprosatexten, deren Zweck und Wirkung wesentlich mit ihrer sprachlichenGestaltung zusammenhängen und für deren Bewertung auch ästhetische Kriterienmehr oder weniger stark zum Tragen kommen.7 Je kunstvoller, stilistischmarkanter und sprachspielerischer der Ausgangstext geschrieben ist und je weiterdie Strukturmöglichkeiten und Stilkonventionen der beiden Sprachen bzw.Sprachgemeinschaften auseinanderliegen, um so unmöglicher erscheint dieVorstellung eines stilistisch adaptierenden Übersetzungsverfahrens im strengenSinne. Der Mann ohne Eigenschaften dürfte ziemlich weit oben auf dieser Skalaanzusiedeln sein. Bevor ich (im Abschnitt 4) auf die Übersetzung dieses Romanseingehe, sollen jedoch einige wichtige Aspekte der syntaktisch-stilistischenAnpassung bei der Übersetzung deutscher Sachprosatexte an ein paar Beispielenerörtert werden.

3. Aspekte der Übersetzung deutscher Sachprosa ins Norwegische

Allem Anschein nach ist die neutrale Sachprosa des heutigen Norwegisch in ihrertypischen Ausprägung im Vergleich zur deutschen durch relativ große syntaktischeEinfachheit gekennzeichnet, d.h. durch eine 'horizontale', ziemlich starkparataktische Struktur und geringe hypotaktische Tiefe auf (Gesamt-)Satz- wie aufSatzgliedebene.8 Es handelt sich dabei zweifellos weitgehend um echteSprachgebrauchsunterschiede, die sich nicht auf strukturelle Unterschiede zwischenden beiden Sprachen zurückführen lassen, sondern historisch-kulturell zu erklärensind.

Darüber hinaus unterscheiden Deutsch und Norwegisch sich strukturell-typologisch in einer Weise voneinander, die für die Informationsstrukturierung oder'Informationsverpackung' auf Satzebene schwerwiegende Konsequenzen hat, ähnlichwie Doherty in mehreren Publikationen für das Sprachenpaar Deutsch-Englisch

7 Hinter der Gegenüberstellung von 'neutraler Sachprosa' und 'literarischer Kunstprosa' verbergensich in Wirklichkeit mindestens zwei Gegensätze (Koller 1992: 272ff.): Sachtexte vs. Fiktivtexteeinerseits und neutrale, nicht formorienterte (Gebrauchs-)Prosa vs. (formorientierte) Kunstprosaandererseits. Vgl. Trivialliteratur und kunstvolle Sachprosa als Beispiele für nicht-formorienterteFiktionsprosa und formorienterte Sachprosa.8 Siehe zu dieser Annahme und Möglichkeiten ihrer Überprüfung Fabricius-Hansen/Solfjeld(1994), Fabricius-Hansen (1995), Solfjeld (1996).

6

dargelegt hat.9 Das Deutsche ist durch sog. Linksdirektionalität (Rechtsperipherität)des Verbs gekennzeichnet, insofern Objekte etc. grundsätzlich vor dem regierendenVerb stehen, dieses also, wenn infinit oder im Nebensatz realisiert, am Ende(rechtsperipher) steht und von rechts nach links regiert; außerdem werden diegrammatischen Funktionen (Subjekt, Objekt) primär durch den morphologischenKasus signalisiert, so daß die Satzgliedstellung ansonsten weitgehend für semantischeund pragmatische Zwecke, darunter eben Zwecke der Informationsstrukturierung,zur Verfügung steht. Norwegisch hingegen ist eine morphologisch armerechtsdirektionale (linksperiphere) Sprache, in der grammatische Funktionen primärpositionell signalisiert werden. Andererseits sind Deutsch und Norwegisch beide imUnterschied zum Englischen sog. Verb-Zweit-Sprachen: Das finite Verb erscheint indeklarativen Hauptsätzen an zweiter Stelle, so daß das Subjekt nach dem finitenVerb stehen muß (sog. Inversion), wenn ein anderes Satzglied in die Topikpositionam Satzanfang, d.h. ins sog. Vorfeld, gerückt wird.

In unserem Zusammenhang interessieren vor allem folgende Auswirkungen derdeutsch-norwegischen Strukturunterschiede:(i) Das Subjekt kann im Deutschen zum Zwecke der Fokussierung (Rhematisierung)ziemlich weit hinten im Satz stehen und dabei u.a. einem Objekt nachfolgen; dies istim Norwegischen ausgeschlossen.(ii) Freie (lokale, temporale- kausale, …) Adverbiale haben im Deutschen ihrennormalen Platz im sog. Mittelfeld, d.h. vor dem übergeordneten Verb in derkanonischen Verb-Letzt-Position; im Norwegischen hingegen lassen sich solcheAdverbiale vor oder nach dem Verb unterbringen. Sind mehrere valenzfreieSatzglieder vorhanden, wird demnach im Deutschen das Mittelfeld aufschwellen wiein (1a)10, während die Informationen im Norwegischen auf Positionen vor und nachdem Verb verteilt werden können wie in (1b-c); eine Häufung von Adverbialen vordem Verb wie in (1d) wirkt eher schwerfällig.

1a … daß Ulrich einige Jahre vorher gleichwohl aus unbekannten Gründen dasStudium gewechselt hatte.

1b … at Ulrik likevel hadde skiftet studium noen år før av ukjente grunner.

9 Siehe z.B. Doherty (1996) und Macheiner (1991, 1995) mit weiteren Hinweisen. Zurtypologischen Charakterisierung des Deutschen siehe auch Askedal (1996).10 Von der sog. Ausklammerung als einer markierten zusätzlichen Möglichkeit im Deutschenwurde hier abgesehen. Vgl. zur Stellung der Adverbiale auch Macheiner (1991: 69ff.).

7

1c … at Ulrik likevel av ukjente grunner hadde skiftet studium noen år før .1d … at Ulrik likevel noen år før av ukjente grunner hadde skiftet studium.

In Übereinstimmung mit dem Direktionalitätsunterschied auf Satzgliedebene scheintdas Deutsche generell eine linkslastige Informationsverteilung, d.h. eine Häufung vonInformationen vor dem Kern einer Phrase besser zu tolerieren als das Norwegische,das eher einen Informationsausbau rechts vom Kern bevorzugt. So wird auch dasVorfeld im Deklarativsatz in deutschen Sachtexten anscheinend tendenziell stärkerausgebaut als in norwegischen; und charakteristisch ist vor allem der vergleichsweisestärkere pränominale Ausbau ('Linkserweiterung') der Substantivgruppe imDeutschen (s. unten).11 Stark ausgebaute Vorfelder und umfangreiche, pränominaleAttribuierungen 'passen' eben im Hinblick auf erforderliche Verarbeitungsstrategienzu der Satz- oder Verbalklammer des Deutschen, laufen aber der vorherrschendenRechtsdirektionalität im Norwegischen zuwider.12

Gehen wir von den hier angedeuteten stilistischen Kontrasten zwischen der heutigendeutschen und der heutigen norwegischen neutralen Sachprosa aus, so wird einsyntaktisch-stilistisch angleichendes Übersetzungsverfahren im typischen Fall u.a.folgende Typen von Abweichungen gegenüber der Vorlage verlangen:

• Reduktion von komplexen (Gesamt-)Sätzen mit vielen und tief eingebettetenNebensätzen;

• Reduktion oder Auflösung ('Sententialisierung', 'Verbalisierung'13) vonkomplexen umfangreichen Nominalphrasen;

• Änderung der Satzgliedstellung u.dgl. zum Zweck einer dem Norwegischenangemessenen Informationsstrukturierung (Thema-Rhema-, Fokus-Hintergrund-Struktur etc.), darunter Entlastung der 'Satzmitte' und Reduktion starklinkslastiger Vorfelder.

Anpassungsstrategien dieser Art wurden bei der Übersetzung des untenstehendendeutschen Textes – es handelt sich um einen in einer Fachzeitschrift erschienenen

11 Siehe Fabricius-Hansen/Solfjeld (1994: 27ff., 54ff.); vgl. auch Ditlevsen (1996).12 Siehe hierzu auch die interessanten Überlegungen bei Hawkins (1994: 342ff.).13 Siehe Solfjeld (1996).

8

sprachwissenschaftlichen Aufsatz – ins Norwegische verwendet. (Die einzelnen Sätzesind hier der Übersichtlichkeit wegen getrennt; in der Vorlage gehören sie zumselben Absatz.)

Kommentare:(a) Im zweiten Satz wurde das (in eckigen Klammern stehende) vorangestellteerweiterte Partizipialattribut der unterstrichenen Substantivphrase mit einemRelativsatz übersetzt, und die ganze Substantivphrase, die im Ausgangstext dieSatzmitte aufschwellen läßt, ist im norwegischen Satz als Subjekt im Vorfelduntergebracht. Zurückübersetzt lautet dieser Satz: Der Streit, den L.J. angezettelthat, handelt sich oberflächlich betrachtet darum, wie […] .(b) Damit nun die im Ausgangtext vorhandene syntaktische Parallelität zwischendem zweiten und dem dritten Satz, die mit der Vorfeldkontrastierung Oberflächlichbetrachtet– Tatsächlich aber zusammenhängt, nicht zerstört wird, müssenentsprechende Umstellungen auch im zweiten Satz vorgenommen werden.Zurückübersetzt: Aber die Frage, die gestellt wird, ist in Wirklichkeit, nachwelcher Methodik […]. (c) Im vierten Satz wurde die sehr kompakte unterstrichene Substantivphraseaufgelöst und teilweise sententialisiert. Zurückübersetzt: […] keine Einigkeitdarüber, welcher Typ Wissenschaftlichkeit gefordert werden soll und nach welchenKriterien sie beurteilt werden soll.

9

(2)

Es gibt Qualitätsunterschiede in jederDisziplin, so auch in der Sprachwissenschaft.

Oberflächlich betrachtet geht es [bei dem vonLudwig Jäger (1993) angezettelten] Streitadarum, ob die Sprachwissenschaft immerschlechter oder im Gegenteil immer besserwird.

Tatsächlich aber b handelt es sich eher um dieFrage, nach welcher Methodik und in welchemwissenschaftstheoretischen Kontext Sprach-wissenschaft angemessen betrieben werdensoll.

Wie in anderen Bereichen der komplexenKognitions- und Kulturwissenschaften gibt eskeinen Konsens über Typus undUrteilskriterien der zu fordernden]Wissenschaftlichkeitc.

Stattdessen gibt es mit gutem Grundunterschiedliche Wissenschaftssichten undWissenschaftsstile.

Sichten und Stile, die von den eigenenabweichen, als schlechte Wissenschaft

abzuqualifizierend, ist zwar beliebt, aber

unangemessene.

(Aus: Helmut Schnelle, WelcherSprachwissen- schaft auf der Spur? einPlädoyer für größere Klarheit und Toleranz.Zeitschrift für Sprachwissenschaft 13 (1994),110-120)

Det finnes kvalitetsforskjeller innen alledisipliner, også innen språkvitenskapen.

Den debatten som Ludwig Jäger (1993) harstarteta, dreier seg overfladisk sett om hvorvidtspråkvitenskapen stadig går tilbake eller omden tvertimot stadig gjør fremskritt.

Men det spørsmål som reises, er ivirkelighetenb etter hvilken metode og i hvilkenvitenskapsteoretisk kontekst det er mesthensiktsmessig å drive språkvitenskap.

Som det er tilfelle innen andre grener av dekomplekse kognisjons- og kulturvitenskaper,er det ingen enighet om hvilken typevitenskapelighet som skal kreves og hvilkekriterier den skal bedømmes etterc.

I stedet finner vi – av gode grunner –forskjellige vitenskapssyn og forskjelligevitenskapelige stilarter.

Det er populært å avfeie syn og stilarter som

avviker fra ens egned, som dårlig vitenskap.

Men det er ikke hensiktsmessige.

(Übersetzung von CFH)

(d-e) Im letzten Satz schließlich wurde die Linkslastigkeit des Vorfeldes durchExtraponierung der Infinitivkonstruktion (nach rechts) radikal reduziert. Dies machtewiederum eine Verselbständigung (Sententialisierung) des Kontrastprädikats aberunangemessen nötig, da die Kontrastierung sonst den Nachdruck verlieren würde,den ihr im Ausgangstext die Schlußstellung verleiht. Zurückübersetzt: Es ist beliebt,

10

Sichten und Stile, die von den eigenen abweichen, als schlechte Wissenschaftabzuqualifizieren. Aber es ist nicht angemessen.

Bei einem syntaktisch-stilistisch nicht-angleichenden Übersetzungsverfahren wird imHinblick auf die obenerwähnten Parameter möglichst wenig von der Vorlageabgewichen.14 Der so entstehende norwegische Text wird stilistisch mehr oderweniger stark auffallen, irgendwie fremdartig oder altmodisch wirken undnorwegischen Lesern von heute vermutlich schwerfälliger oder eigenartigererscheinen, als der Ausgangstext Lesern der Ausgangssprache vorkommt. AlsBeispiel mag die Übersetzung der folgenden komplexen Periode (3) aus HannahArendts Vita Activa dienen.

14 Dabei fragt sich hier natürlich, wann ein durch verfremdendes Übersetzen entstandener Zieltextaufhört, ein akzeptabler zielsprachlicher Text zu sein.

11

(3)

Die Organisation der Polis, derenphysischer Bestand durch die Stadtmauer undderen geistiges Gesicht durch das Gesetzgegründet und festgelegt ist (nämlich um zuverhindern, daß diese einmalige Physiognomiesich in der Folge der Generationen zurUnkenntlichkeit verändert), ist ihrem Wesennach ein organisiertes Andenken, in demaber, im Unterschied zu dem, was wir von denRömern her unter Erinnerung verstehen, dasVergangene nicht als Vergangenes durch dasKontinuum der Zeit hindurch mit demBewußtsein eines zeitlichen Abstands erinnertwird, sondern unmittelbar, in zeitlich nichtveränderlicher Gestalt, in einerimmerwährenden Gegenwärtigkeit gehaltenwird.

(Aus: Hannah Arendt: Vita activa. Oder vomtätigen Leben. München 1960, S. 191)

APolis, hvis fysiske eksistens var tuftet påbymuren og hvis åndelige fremtoning varfastlagt av loven (for å forhindre at denneenestående fysiognomien skulle forandre sig tildet uigjenkjennelige i generasjonenes løp), er isitt vesen et organisert minne hvor detforgjengelige imidlertid, til forskjell fra det vietter romerne forstår som erindring, ikke blirhusket med en bevissthet om avstanden i tid,som noe som har gått tapt gjennom tidens løp,men snarere holdes fast som noe umiddelbart, ien form som er uforanderlig overfor tiden, ievig samtidighet.

BPolis’ fysiske eksistens var altså tuftet påbymuren, og dens åndelige fremtoning varfastlagt av loven (for å forhindre at denneenestående fysiognomien skulle forandre sig tildet uigjenkjennelige i generasjonenes løp).I sitt vesen er polis et organisert minne,men til forskjell fra det vi etter romerne forstårsom erindring, blir det forgjengelige her ikkehusket med en bevissthet om avstanden i tid,som noe som har gått tapt gjennom tidens løp,det holdes snarere fast som noe umiddelbart, ien form som er uforanderlig overfor tiden, ievig samtidighet.(Übersetzung von Christian Janss)

Unter A ist der Ausgangssatz analog15 mit einem einzigen komplexen Satzgefügewiedergegeben, was die Verwendung des eher veralteten genitivischenRelativpronomens hvis als Ensprechung des (doppel unterstrichenen) attributivenGenitivs deren im (gepünktelten) Relativsatz der Vorlage voraussetzt. Dieserumfangreiche und komplex gebaute nicht-restriktive Relativsatz modifiziert das

15 Siehe zu diesem Terminus Macheiner (1995: 22, 293), die unter Analogie formal-syntaktischeGleichheit zwischen Ausgangs- und Zieltext versteht und die Bezeichnung Äquivalenz für formal-syntaktische Übereinstimmung reserviert.

12

Satzsubjekt im Vorfeld und reißt dadurch den (fettgedruckten) Hauptsatzauseinander. Die Übersetzung unter B ist dem norwegischen 'Normalstil' insofernbesser angepaßt, als sie aus zwei Ganzsätzen – genauer: zwei Satzreihen – besteht.Der erste entspricht dem Vorfeld-Relativsatz der Vorlage, wobei das (unterstrichene)Adverb altså 'also, wie gesagt' den Bezug auf Vorerwähntes herstellen soll, der imAusgangstext und in der Analogübersetzung A durch die nicht-restriktiveRelativsatzkonstruktion erreicht wird. Erst im zweiten Satz folgen dann dieEntsprechungen des Matrixsatzes und des zweiten, mit in dem (doppelunterstrichen) eingeleiteten Relativsatzes, der nicht als Relativsatz, sondern alskoordinativ angeschlossener Verb-Zweit-Satz mit anaphorischem Ortsadverbial her'hier' (unterstrichen) wiedergegeben wird. Insgesamt weist die Zieltextversion Bsomit eine weniger hypotaktische, eine horizontalere Struktur auf als dieAnalogübersetzung A; vgl. Fig. 1. Um eine radikale Vereinfachung handelt es sichjedoch nicht, denn auch in der B-Fassung wird man den Satzbau wohl aus heutigerSicht als recht kompliziert und schwerfällig charakterisieren müssen; insofern scheintdie moderat angleichende B-Übersetzung der syntaktisch-stilistischen Eigenart desAusgangstextes einigermaßen gerecht zu werden. Es läßt sich aber durchausdiskutieren, ob Hannah Arendts eigenwillige, verschachtelte Prosa dadurch nichtdoch zu sehr 'normalisiert' wird und die verfremdende A-Version deshalbvorzuziehen wäre. Die Entscheidung muß letzten Endes vom Adressatenkreis undZweck der Übersetzung abhängen. Soll vor allem ausreichende Verständlichkeit fürnorwegische Leser gesichert werden, dürfte zumindest eine moderate Angleichung,wie sie in der B-Version vorliegt, am Platze sein. Gehört jedoch die Vermittlung derkunstvollen Form, in die die Gedanken gekleidet sind, mit zum primären Zweck derÜbersetzung, könnte die A-Fassung trotz ihrer geringeren Verständlichkeit in Fragekommen.

13

Die

Org

anis

atio

n de

r P

olis

,de

ren

phys

. Bes

tand

du

rch

d. S

tadt

mau

erun

d de

ren

geis

tiges

Ge-

sich

t dur

ch d

as G

eset

zge

grün

det u

nd fe

stge

-le

gt

ist,

ist i

hrem

Wes

enna

ch e

in o

rgan

isi

erte

ns A

nden

ken, in d

em

, im

Unt

ersc

hied

zu d

em,

das

Ver

gang

ene

nich

t …

erin

nert

w

ird, s

onde

rn …

geha

lten

wird

.

1a

2 un

d 3

1b

6a

7

6b

Po

lis' f

ysi-

ske

eksi

sten

s va

r al

tså

tuft

et

på b

ymur

en

dens

ånd

e-lig

e fr

emto

ning

var

fast

lagt

av

love

n

I si

tt v

ese

n

er

po

lis e

tor

gani

sert

min

ne

,

vi e

tter

rom

erne

fors

tår

som

er

indr

ing,

blir

det

fo

rgj

enge

lige

her

ikke

hu-

ske

t …

so

m n

oe

det h

olde

s sn

a-re

re fa

st s

omno

r um

idde

lb

art

… .

til

fors

kje

llfr

a de

t

12

3

4

og

me

n

(um

zu

verh

inde

rn, da

ß d

iese

… P

hysi

-o

gn

om

ie s

ich

…zu

r U

nken

ntlic

h-ke

it ve

ränd

ert)

,

4

5

was

wir

…un

ter

Erin

-ne

rung

ver

steh

en,

(for

å

forh

indr

eat

den

ne…

fy

siog

nom

i-en

sku

lle fo

r-an

dre

seg

…)

.

som

har

gået

tapt

…,

12a

3

2b

4

5

Fig. 1

14

Wir haben in diesem Abschnitt einerseits einen stilistisch recht neutralen Sachtext (2)betrachtet und andererseits einen Sachtext, der wesentliche Charakteristika derKunstprosa aufweist (3). Wenden wir uns jetzt der eigentlichen literarischenKunstprosa in der Gestalt von Robert Musils Roman Der Mann ohne Eigenschaftenzu. Diskutiert werden soll dabei vor allem die im Abschnitt 1 aufgeworfene Frage,wieweit Angleichung und Verfremdung im syntaktisch-stilistischen Bereich echteAlternativen darstellen.

4. Zur Übersetzung von Musils Der Mann ohne Eigenschaften

Stilistisch fällt der Der Mann ohne Eigenschaften u.a. durch folgende Merkmaleauf:• Die Ganzsätze oder Perioden sind trotz erheblicher Variation durchgängig

ausgesprochen lang und recht komplex gebaut mit Nebensätzen auch drittenoder eines noch höheren Ranges16; im Hinblick auf den (Gesamt-)Satzbauerweist sich Der Mann ohne Eigenschaften, der vor etwa 60 Jahren erschien,mithin als recht typisch für die ältere deutsche Literatursprache, wie sie Eggers(1978) und Admoni (1987) beschrieben haben.

• Die sog. Satz- oder Verbalklammer wird im allgemeinen eingehalten. Das heißtu.a., daß freie adverbiale Satzglieder, wenn nicht topikalisiert im Vorfeld, someistens 'eingeklammert' im Mittelfeld (s. oben) stehen. Auch adverbialeNebensätze sind oft am Anfang des Mittelfeldes als sog. 'Zwischensätze'untergebracht.

• Die Nominalphrasen weisen im allgemeinen keinen übertriebenen Ausbau nachrechts auf; dafür scheinen erweiterte vorangestellte (Adjektiv- oder Partizipial-)Attribute relativ frequent zu sein (exakte Auszählungen wurden jedoch nichtvorgenommen).

• Im Konjunktiv wird die sog. würde-Umschreibung häufig auch dann verwendet,wenn sie nach den gängigen Regeln überflüssig sein sollte; außerdem kommt

16 So bestehen die Ganzsätze der ersten fünf Kapitel durchschnittlich aus 38 Wörtern, d.h. sieliegen weit über der sog. "mittleren Satzlänge" von 13-20 Wörtern (Braun #), die auch bei den inFabricius-Hansen/Solfjeld (1994) untersuchten modernen Zeitungstexten vorlag.

15

der sog. Referatskonjunktiv an vielen Stellen vor, wo man ihn heute nichterwarten würde. Der Konjunktiv wird überhaupt sehr gezielt und differenzierteingesetzt.17

• Mit Wortbildungsregeln des Deutschen wird sehr spielerisch und kreativumgegangen.

• Der Text ist außerordentlich reich an neuen, überraschenden Metaphern undVergleichen.

Diese Charakteristika werfen beim Übersetzen jeweils verschiedene Probleme auf,wie unten demonstriert werden soll, wobei jedoch die Wortbildung und dieMethaphorik unserer Thematik entsprechend unberücksichtigt bleiben.

Generell ist die von Seeberg vorgelegte Übersetzung sprachlich ziemlichkonservativ, was nicht nur syntaktisch (s. unten), sondern auch in der Orthographie(z.B. efter statt etter) und in der Flexion (wenig sog. 'doppelte Bestimmtheit') zumAusdruck kommt. Die Konservativität beruht, wie einem Zeitungsinterview zumErscheinen der Übersetzung zu entnehmen war, auf einer bewußten Wahl vonseitendes Übersetzers. Sie scheint auch sinnvoll: Die Anpassung an die ältere norwegischeLiteratursprache – die aus heutiger Sicht einer gewissen Verfremdung gleichkommt– soll sicherstellen, daß der übersetzte Roman auf norwegische Leser von heuteähnlich eigenartig wirkt wie das Original auf deutsprachige Leser (von heute?). Einefreie Wahl hat der Übersetzer jedoch auch in dem hier interessierendensyntaktischen Bereich oft nicht. Beispielsweise besitzt das Norwegische keinenKonjunktiv und folglich auch keine stilistisch verwertbare Entsprechung derModusopposition Indikativ - Konjunktiv I - Konjunktiv II im indirekten Referat. Esgibt m.a.W. hier keine Möglichkeit der Verfremdung gegenüber dem heutigenSprachgebrauch: Der aus heutiger Sicht auffallende Konjunktiv Präsens befinde in(4) muß – wie der optionale Konjunktiv-II ließe nach ohne daß im Nebensatz –wohl oder übel mit dem (moduslosen) Präteritum befant übersetzt werden, das alsMittel der indirekten Redewiedergabe keinen besonderen stilistischen Wert hat, weiles eben keine Alternative gibt. Gegenüber dem im Modusbereich ärmerenNorwegischen geht das Musilsche Spiel mit dem Konjunktiv in der Übersetzungsomit verloren. Entsprechendes gilt für die Variation zwischen würde-Umschreibung

17 Siehe zum Konjunktiv bei Musil auch #.

16

und synthetischem Konjunktiv II. Es findet m.a.W. in diesen Fällen eine stilistischeNeutralisation statt, die durch die geringere Differenzierung des verbalenKategoriensystems im Norwegischen ausgelöst wird.18

(4)

An diesem Geräusch, ohne daß sich seineBesonderheit beschreiben ließe, würde einMensch nach jahrelanger Abwesenheit mitgeschlossenen Augen erkannt haben, daß ersich in der Reichshaupt- und ResidenzstadtWien befinde. (MoE 9)

På denne støyen ville en mann, uten at deteiendommelige ved den lot seg beskrive, ogsåefter årelangt fravær med lukkede øyne haforstått at han befant seg i residens- ogrikshovedstaden Wien. (Ü 9)

Was die Linkserweiterungen (erweiterte attributive Adjektiv- und Partizipialphrasen)in Nominalphrasen betrifft, sind in der Übersetzung vor allem folgende, untenveranschaulichte Strategien zu beobachten: Bei relativ einfachen Erweiterungen isteine analoge Übersetzung üblich (a); komplexere Linkserweiterungen können inunterschiedlicher Weise vereinfacht werden und so links vom substantivischen Kernstehenbleiben (b-d); und das vorangestellte Attribut kann nach rechts 'verschoben'werden, sei es in der Form eines entsprechenden Relativsatzes (e-g) oder – wiedervereinfacht – als nicht-satzförmiges nachgestelltes Attribut (h).

18 Vgl. Zur Neutralisation im lexikalischen Bereich Koller (1992: 231).

17

(5)

a die kalt berechnenden Menschen

b ein teilweise noch erhalten gebliebenerGarten aus dem achtzehnten oder gar ausdem siebzehnten Jahrhundert

c die von der Entfernung ausgewaschenenGesichter der Fußgänger

d der den meisten Menschen eignende Sinnfür ihre wirklichen Möglichkeiten

f … einer gesetzlich nicht umschriebenen,aber desto achtsamer zu respektierendenGrenze

g diese in der Jugend erworbenen und imMannesalter befestigten Beziehungen

h das auf den Köder beißende Leben

e ein vor den Toren liegender Sommersitz

de koldt beregnende naturer'die kalt berechenenden Naturen'

en delvis bevart have fra det attende ellerkanskje endog syttende århundre'ein teilweise erhaltener Garten …'

fotgjengernes avstandsuskarpe ansikter'der Fußgänger entfernungsunscharfeGesichter'

de fleste menneskers sans for sine virkeligemuligheter'der meisten Menschen Sinn für ihre wirklichenMöglichkeiten'

… av en grense som ikke var juridisk definert,men som det gjaldt å respektere med destostørre aktsomhet'… einer Grenze, die nicht gesetzlich definiertwar, die es jedoch mit um so größererAchtsamkeit zu respektieren galt'

disse forbindelser som var blitt knyttet i hansunge år og befestet i hans manddomstid'diese Beziehungen, die in seinen jungen Jahrenerworben worden und in seinem Mannesalterbefestigt worden waren

det liv som biter på kroken'das Leben, das auf den Köder beißt'

en sommerresidens utenfor bygrensen'ein Sommersitz jenseits der Stadtgrenze'

Nun sind komplexe adjektivische und partizipiale Linkserweiterungen derNominalphrase und Rechtserweiterungen unterschiedlicher Art (Genitiv,Präpositionalphrase, Relativsatz, …) auf weiten Strecken echte Alternativen imDeutschen. Insofern ist es, wie oben angedeutet, ein stilistisches Merkmal desOriginals, daß komplexe Linkserweiterungen mit einer gewissen Regelmäßigkeitvorkommen. Und diese Eigenart geht zwangsläufig verloren, wenn die analogeÜbersetzung in der Mehrheit der aktuellen Fällen aus zielsprachlichen Gründen einerAlternative (etwa Relativsatz) weichen muß, die auch in der Ausgangssprache hätte

18

gewählt werden können, aber eben nicht gewählt wurde. Der zielsprachliche Textwird im Ergebnis, was den Bau der Nominalphrasen betrifft, weniger markant,weniger variiert, stilistisch 'flacher' als der Originaltext19, ähnlich wie wir es oben fürModusbereich sahen. Eine Verfremdungseffekt ist nur im beschränkten Ausmaß zuerreichen.

Anders liegt es im Bereich des Satz- und Periodenbaus. Es kommt zwar vor, daßeiner Periode des Originals in der Übersetzung eine Sequenz von zwei (oder sogarmehr) Perioden entspricht, weil z.B. eine Konjunktion oder Subjunktion sozusagendurch Punkt ersetzt wird, wie wir etwa in den folgenden Beispielen sehen.

(6)

Er tat in der Politik nichts anderes, als wasschon seinerzeit sein Amt gewesen war, einüberlegenes und zuweilen sanft verbesserndesWissen mit dem Eindruck zu vereinen, daßman sich auf seine persönliche Ergebenheittrotzdem verlassen könne, und hatte es, wiesein Sohn behauptet, ohne wesentlicheVeränderung vom Hauslehrer zumHerrenhauslehrer gebracht. (MoE 15)

Er war sehr stolz auf diesen Satz gewesen, aberer hatte sich vielleicht nicht verständlich genugausgedrückt, denn es entstand großeAufregung darüber, und man hätte ihm beinaheaus der Schule entfernt, wenngleich man zukeinem Entschluß kam, weil man sich nichtentscheiden konnte, ob seine vermesseneBemerkung als Lästerung des Vaterlands oderals Gotteslästerung aufzufassen sei. (MoE 19)

Han gjorde i politikken ikke annet enn det somogså tidligere hadde vært hans oppgave, nemligå forene en overlegen og undertiden mildtkorrigerende viten med et inntrykk av man ikkedesto mindre kunne stole på hans personligehengivenhet. Slik hadde han - efter hva hanssønn påstod, uten å forandre seg nevneverdig -bragt det fra huslærer til herrehuslærer. (Ü 14)

'[…] So hatte er es […].'

Han hadde vært svært stolt av denne setningen,men muligens hadde han ikke uttrykt segforståelig nok, for det var blitt storoppstandelse, og han var på et hengende hårblitt utvist fra skolen. Imidlertid hadde manikke klart å fatte noen beslutning, da man ikkekunne bestemme seg for om hans bemerkningskulle oppfattes som en hån mot fedrelandeteller som gudsbespottelse. (Ü 17)

'Jedoch hatte man […].'

Im allgemeinen ist die Übersetzung jedoch im Hinblick auf den Perioden- undSatzbau als hochgradig analog zu bezeichnen, insofern die Satzgrenzen der Vorlageweitgehend respektiert werden, Satzreihen (parataktisch verbundene Sätze) mithin

19 Daß Übersetzungen in formal-ästhetischer Hinsicht häufig 'flacher' sind als die Vorlagen, istbekannt (vgl. Koller 1992: 256).

19

als Satzreihen und Nebensätze soweit möglich als entsprechende Nebensätzeerscheinen; vgl. (7), wo analoge Nebensatzeinleiter und Konjunktionen halbfettmarkiert, nicht-analoge unterstrichen sind.(7)

Das weckt das Denken, und Ulrich schrieb inseinem Aufsatze über die Vaterlandsliebe, daßein ernster Vaterlandsfreund sein Vaterlandniemals das beste finden dürfe; ja mit einemBlitz, der ihn besonders schön dünkte,obgleich er mehr von seinem Glanz geblendetwurde, als daß er sah was darin vorging, hatteer diesem verdächtigen Satz noch den zweitenhinzugefügt, daß wahrscheinlich auch Gott vonseiner Welt am liebsten im Conjunctivuspotentialis spreche (hic dixerit quispiam = hierkönnte einer einwenden. . .), denn Gott machtdie Welt und denkt dabei, es könnte ebensogutanders sein. (MoE 18-19)

Es wäre wichtig, zu wissen, warum man sichbei einer roten Nase ganz ungenau damitbegnügt, sie sei rot, und nie danach fragt,welches besondere Rot sie habe, obgleichsich das durch die Wellenlänge aufMikromillimeter genau ausdrücken ließe;wogegen man bei etwas so vielVerwickelterem, wie es eine Stadt ist, in derman sich aufhält, immer durchaus genauwissen möchte, welche besondere Stadt dassei. (MoE 9)

Det setter tankene i sving, og Ulrich skrev i sinstil om fedrelandskjærligheten at en oppriktigfedrelandsvenn aldri har lov til å anse sitt egetfedreland som det beste; ja, i en plutseligåpenbaring, som forekom ham særlig skjønn,selv om han mer ble blendet av dens glans ennhan så hva som foregikk i den, hadde han tildenne suspekte setning føyd ytterligere en, omat også Gud sannsynligvis helst omtalte sinverden i coniunctivus potentialis (hic dixeritquispiam = her ville kanskje noen innvende . ..), for Gud lager verden, og tenker samtidig atdet kunne like gjerne vært annerledes. (Ü 17)

Det ville ikke være av veien å vite hvorfor man,stilt overfor en rød nese, ganske upresist nøyerseg med at den er rød, uten å spørre hva slagsspesiell nyanse av rødt den oppviser, uaktetdette ved hjelp av bølgelengden ville kunneuttrykkes nøyaktig på mikromillimeteren,mens man derimot, når det dreier seg om noeså meget mer innviklet som en by hvor manoppholder seg, alltid ønsker å vite helt nøyaktighvilken spesiell by det er. (Ü 9)

'Es wäre nicht schlecht, zu wissen, warum mansich, einer roten Nase gegenübergestellt, ganzungenau damit begnügt, daß sie rot ist, ohne zufragen, welche besondere Nuance von Rot sieaufweist, obgleich das durch die Wellenlängeauf Mikromillimeter genau ausgedrücktwerden könnte, während man, wenn es umetwas so viel Verwickelteres geht wie eineStadt, in der man sich aufhält, immer wünscht,ganz genau zu wissen, welche besondere Stadtdas ist.

Charakteristisch ist auch, daß 'eingeklammerte' adverbiale Nebensätze und andeream Anfang des Mittelfeldes stehende freie Adverbiale in der Übersetzungregelmäßig eine analoge Stellung im Satzinnern beibehalten, d.h. im Hauptsatz

20

zwischen dem finiten Verb und etwaigen infiniten Teilen des Prädikats und imNebensatz zwischen dem Subjekt und dem finiten Verb. Man vergleiche dazu dieÜbersetzungen (8); hier sind freie nicht-satzförmige Adverbiale normal und'eingeklammerte' Adverbialsätze gepünktelt unterstrichen; das finite Verb sowieinfinite Teile des Prädikats sind zur Orientierung halbfett markiert.

(8)

Da seine Ideen, soweit sie nicht müßigeHirngespinste bedeuten, nichts als noch nichtgeborene Wirklichkeiten sind, hat natürlichauch er Wirklichkeitssinn; […] (MoE 17)

[…] und [er] hatte es, wie sein Sohnbehauptete, ohne wesentliche Veränderung vomHauslehrer zum Herrenhauslehrer gebracht.(MoE 15)

kurz, er steckte, nachdem er eine Weile imKopf gerechnet hatte, lachend die Uhr in dieTasche […]. (MoE 12

Siden hans ideer, i den grad de ikke består avørkesløst hjernespinn, ikke er annet enn ennåufødte virkeligheter, har selvfølgelig også hanvirkelighetssans. (Ü 16)

Slik hadde han – efter hva hans sønn påstod,uten å forandre seg nevneverdig – bragt det frahuslærer til herrehuslærer. (Ü 14)20

kort sagt: han stakk, efter en stundshoderegning, leende uret i lommen […] (Ü 12)

Das im Hinblick auf den Satz- und Periodenbau weitgehend analogeÜbersetzungsverfahren führt zu einem norwegischen Text, der auf heutigenorwegische Leser wahrscheinlich komplizierter, sprachlich konservativer undeigenartiger wirkt als das Original auf heutige deutschsprachige Leser. Die Strategiehat m.a.W. einen gewissen Verfremdungseffekt, und das ist, wie oben angedeutetwurde, sicherlich auch berechtigt, denn bei einer stärkeren Normalisierung, einerstärkeren Anpassung an den heutigen norwegischen Sprachgebrauch – sofern manbei literarischer Kunstprosa überhaupt von d e m heutigen Sprachgebrauch redenkann –, würde von der Musilschen Eigenart eher wenig übrigbleiben.

20 Zurückübersetzt: 'So hatte er es – nach dem, was sein Sohn behauptete, ohne sich wesentlich zuverändern – vom Hauslehrer zum Herrenhauslehrer gebracht.' Nach der Übersetzung gehört mithineindeutig nur die adverbial-infinitivisch ausgedrückte Proposition (daß sich der Vater nichtverändert [hat]) zu dem, was der Sohn über den Vater behauptet. Den Ausgangstext würde manwohl eher dahingehend deuten, daß der ganze Trägersatz des wie-Satzes im Skopus von 'behaupten'steht.

21

Selbstverständlich kommt es auch vor, daß beispielsweise ein 'eingeklammerter'adverbialer Nebensatz des Originals in der Übersetzung dem Trägersatz nachfolgtoder aber ins Vorfeld gerückt wird. Dafür kann es rein strukturelle Gründe geben,wie wir in (9) sehen: Der (unterstrichene) Konditionalsatz muß dem Objekt familienY i Store X-gate 'die Familie Y aus der Großen X-Gasse' nachfolgen, da dieseNominalphrase als Antezedens des im Nebensatz vorkommenden (kursivierten)anaphorischen Pronomens den 'ihr' dient. Zwischen Objekt und Objektsprädikativläßt sich jedoch im Norwegischen kein adverbialer Nebensatz einschieben. So bleibtfür den aktuellen Nebensatz nur der Platz am Satzende.

(9)

Nun sind Kinder Aufschneider, lieben dasSpiel Räuber und Gendarm und sind jederzeitbereit, die Familie Y aus der Großen X-gasse,wenn sie ihr zufällig angehören, für die größteFamilie der Welt zu halten. (MoE 18)

Nå er jo barn skrythalser, de liker å leke politiog røver, og er rede til når som helst å ansefamilien Y i Store X-gate som verdensbetydeligste hvis de tilfeldigvis selv tilhører den.(Ü 17)

'Nun sind Kinder Aufschneider, lieben es,Räuber und Gendarm zu spielen, und sindbereit, jederzeit die Familie Y aus der GroßenX-gasse für die bedeutendste in der Welt zuhalten, wenn sie ihr selbst zufällig angehören.'

Umgekehrt können strukturelle Verhältnisse, darunter auch anaphorischeBeziehungen zwischen Adverbial(satz) und Matrix- oder Restsatz, gerade eineVerschiebung des Adverbials an den Satzanfang oder an das Satzende ceterisparibus erschweren oder sogar verhindern. So ist der 'eingeklammerte' adverbialeNebensatz im ersten Beispiel von (8) selber in einen Nebensatz eingebettet und läßtsich folglich nicht nach links versetzen. Seine Verschiebung ans Ende desMatrixsatzes wäre aber auch nicht günstig, da der Hauptsatz des ganzen Gefügeserst nachfolgt und somit ein Sprung vom tiefer eingegebetten Nebensatz zumHauptsatz entsteht, der bei der vorliegenden Stellung des Adverbialsatzes vermiedenwird; vgl. dazu Fig. 2.

22

Da seine Ideen,

Siden hans ideer,

soweit sie nicht müßige Hirngespinste bedeuten,

i den grad de ikke består av ørkesløst hjernespinn

hat natürlich auch er Wirklichkeitssinn

har selvfølgelig også han virkelighetssans

nichts als noch nicht geborene Wirklichkeiten sind,

ikke er annet enn ennå ufødte virkeligheter,

Siden hans ideer ikke er annet enn ennå ufødte virkeligheter,

soweit sie nicht müßige Hirngespinste bedeuten,

i den grad de ikke består av ørkesløst hjernespinn

hat natürlich auch er Wirklichkeitssinn

har selvfølgelig også han virkelighetssans

Da seine Ideen nichts als noch nicht geborene Wirklichkeiten sind,

Fig. 2

Instruktiv ist hier auch der folgende Satz:

(10)

An diesem Geräusch, ohne daß sich seineBesonderheit beschreiben ließe, würde einMensch nach jahrelanger Abwesenheit mitgeschlossenen Augen erkannt haben, daß ersich in der Reichshaupt- und ResidenzstadtWien befinde. (MoE 9)

På denne støyen ville en mann, uten at deteiendommelige ved den lot seg beskrive, ogsåefter årelangt fravær med lukkede øyne haforstått at han befant seg i residens- ogrikshovedstaden Wien. (Ü 9)

'An diesem Geräusch würde ein Mann, ohnedaß sich das Eigentümliche an ihmbeschreiben ließe, auch nach jahrelangerAbwesenheit mit geschlossenen Augen erkannthaben, daß er sich in der Reichshaupt- undResidenzstadt Wien befand.'

23

Hier finden wir im Ausgangstext einen im Vorfeld stehenden parenthetischenAdverbialsatz (gepünktelt) und zwei im Mittelfeld stehende präpositionale Adverbiale(unterstrichen), deren Zieltextentsprechungen in der authorisierten Übersetzung alledrei in der Satzmitte, zwischen dem Subjekt und dem infiniten Verbal, untergebrachtsind. Obwohl die Satzmitte im norwegischen Satz dadurch stark belastet wird, istdiese im Prinzip analoge Serialisierung ceteris paribus zweifelsohne dieangemessenste, und zwar u.a. weil dem Hauptverb forstått' 'erkannt' ein Objektsatzfolgt; vgl. die in (10') aufgeführten Alternativen.

(10')

'An diesem Geräusch, würde ein Mann, ohnedaß sich das Besondere an ihm beschreibenließe, mit geschlossenen Augen erkannt haben,daß er sich in der Reichshaupt- undResidenzstadt Wien befand(,) auch nachjahrelanger Abwesenheit.'

'An diesem Geräusch würde ein Mann, ohnedaß sich seine Besonderheit beschreiben ließe,mit geschlossenen Augen erkannt haben nachjahrelanger Abwesenheit, daß er sich in derReichshaupt- und Residenzstadt Wien befand.'

'An diesem Geräusch würde ein Mann auchnach jahrelanger Abwesenheit mitgeschlossenen Augen erkannt haben, daß ersich in der Reichshaupt- und ResidenzstadtWien befinde, ohne daß sich das Besondere an?ihm/dem Geräusch sich beschreiben ließe.'

'Ohne daß sich das Besondere an ihm sichbeschreiben ließe würde ein Mensch andiesemGeräusch auch nach jahrelanger Abwesenheitmit geschlossenen Augen erkannt haben, daßer sich in der Reichshaupt- und ResidenzstadtWien befinde.

APå denne støyen ville en mann, uten at deteiendommelige ved den lot seg beskrive, medlukkede øyne ha forstått at han befant seg iresidens- og rikshovedstaden Wien også efterårelangt fravær.

BPå denne støyen ville en mann, uten at deteiendommelige ved den lot seg beskrive, medlukkede øyne ha forstått også efter årelangtfravær at han befant seg i residens- ogrikshovedstaden Wien .

CPå denne støyen ville en mann også efterårelangt fravær med lukkede øyne ha forstått athan befant seg i residens- og rikshovedstadenWien, uten at det eiendommelige ved?den/støyen lot seg beskrive.

DUten at det eiendommelige ved den lot segbeskrive, ville en mann på denne støyen ogsåefter årelangt fravær med lukkede øyne haforstått at han befant seg i residens- ogrikshovedstaden Wien.

In Variante A führt die Stellung des freien Satzadverbials am Ende des ganzenSatzes zu einer strukturellen Ambiguität, in Variante B trennt das Adverbial das

24

regierende Verb und den Objektsatz, der dadurch sozusagen unnötigerweise alsextraponiert erscheint, und in Variante C, wo der Adverbialsatz ganz nach hintenverschoben ist, geraten das Topikglied på denne støyen 'an diesem Geräusch' undder darauf bezogene Adverbialsatz zu weit auseinander – die argumentativeStruktur wird zerstört und die Verankerung der Anapher den 'ihm' wird unklar. Umdie Satzmitte etwas zu entlasten, könnte man schließlich auch den Adverbialsatz insVorfeld an den Satzanfang ziehen, wie in Variante D; dadurch würde jedochwiederum die für das Original und die authorisierte Übersetzung charakteristischeklare Thematisierung des Geräusches verlorengehen, so daß der Satz schlechter inden vorgegebenen Kontext hineinpassen würde. Und damit sind wir bei einemPunkt, der bisher nicht so richtig ins Blickfeld getreten ist: Was es zu übersetzen gilt,ist nicht einfach eine Sequenz von Sätzen, sondern ein Text; und derZusammenhang, in dem der einzelne Satz steht, ist in höchstem Grademitbestimmend dafür, welche von mehreren an sich durchaus akzeptablen undvielleicht sogar stilistisch gleichwertigen Übersetzungen eines Satzes im konkretenFall vorzuziehen ist.

Betrachten wir dazu die in Beispiel (11) wiedergegebene, sehr lange Periode, dieunmittelbar auf den als eigener Absatz dienenden Satz Diese Wohnung und diesesHaus gehörten dem Mann ohne Eigenschaften. / Denne bolig og dette hus tilhørteMannen uten egenskaper. folgt.

25

(11)

Er stand hinter einem der Fenster, sah durchden zartgrünen Filter der Gartenluft auf diebräunliche Straße und zählte mit der Uhr seitzehn Minuten die Autos, die Wagen, dieTrambahnen und die von der Entfernungausgewaschenen Gesichter der Fußgänger, diedas Netz des Blicks mit quirlender Eile füllten;er schätzte die Geschwindigkeiten, die Winkel,die lebendigen Kräfte vorüberbewegterMassen, die das Auge blitzschnell nach sichziehen, festhalten, loslassen, die während einerZeit, für die es kein Maß gibt, dieAufmerksamkeit zwingen, sich gegen sie zustemmen, abzureißen, zum nächsten zuspringen und sich diesem nachzuwerfen;kurz, er steckte, nachdem er eine Weile imKopf gerechnet hatte, lachend die Uhr in dieTasche und stellte fest, daß er Unsinn getriebenhabe. (MoE 12)

Der han stod ved ett av vinduene og stirret utpå den brunlige gaten gjennom haveluftensmykgrønne filter, hadde han i de siste timinutter, med uret i hånden, talt bilene,vognene, trikkene og fotgjengernesavstandsuskarpe ansikter, som fylte blikketsnett med hvirvlende hast;

han anslo hastighetene, vinklene, de levendekrefter i forbi-ilende masser, som lynsnarttrekker øyet til seg, holder det fast, slipper detog i et tidsrom det ikke finnes mål for, tvingeroppmerksomheten til å stemme seg mot dem,briste, og så hoppe til neste og kaste seg efterdenne;

kort sagt: han stakk, efter en stundshoderegning, leende uret i lommen ogkonstaterte at det han hadde bedrevet, varmeningsløst. (Ü11-12)

Die Periode besteht im Originaltext aus drei komplexen Gesamtsätzen, deren jedermit dem anaphorischen Pronomen er anfängt, das sich auf das im vorhergehendenEinzelsatz-Absatz eingeführte Thema – den Mann ohne Eigenschaften – bezieht.Diese Parallelität wird in der Übersetzung insofern zerstört, als der erste Gesamtsatzdort mit einem Nebensatz (Der han stod … 'Wie er … stand …') beginnt, der in derVorlage keine Entsprechung hat. Ausgelöst wurde die Abweichung vom Originalsicherlich durch den Umstand, daß das (unterstrichene) durative Zeitadverbial i desiste ti minutter im Unterschied zu seit zehn Minuten sich nicht mit einem einfachenTempus (in casu: Präteritum) verbinden läßt, sondern ein Perfekttempus (hierPlusquamperfekt) verlangt. Die gewählte Lösung, die beiden ersten koordiniertenVerbalphrasen – stod … 'stand' … und så… 'sah' – im vorangestellten Nebensatzunterzubringen und das dritte Konjunkt, zu dem das betreffende Zeitadverbialgehört, dem Hauptsatz zuzuordnen, ist jedoch nicht optimal: Nicht nur verwischt siezum Teil die thematische Parallelität, sie ändert auch die Gewichtung der im erstenSatz gebrachten Informationen über dieses Thema. Aus solchen Gründen wäre m.E.eine Übersetzung wie die in (11'B) vorgeschlagene im vorliegenden Fall derauthorisierten Fassung in (11), unten als (11'A) wiederholt, vorzuziehen. In (11'B)

26

wurde der erste Satz des Ausgangssatzes in zwei gespalten; der erste beschreibt, woder Mann ohne Eigenschaften sich gerade befindet, der zweite spezifiziert, was erdort die letzten zehn Minuten gemacht hat und immer noch macht, und zwar wirddazu das Plusquamperfekt einer typisch skandinavische Progressivumschreibung21

(hadde stått og talt … 'hatte gestanden und gezählt …') verwendet.

(11')

'Wie er an einem der Fenster stand und durchden zartgrünen Filterder Gartenluft auf diebräunliche Straße sah, hatte er die letzten zehnMinuten, mit der Uhr in der Hand, die Wagen,die Trambahnen und dieentfernungsunscharfen Gesichter derFußgänger gezählt, die das Netz des Blicks mitquirlender Eile füllten;'

'Er stand an einem der Fenster und sah durchden zartgrünen Filterder Gartenluft auf diebräunliche Straße; dort hatte er die letzte zehnMinuten mit der Uhr in der Hand gestandenund die Wagen, die Trambahnen und dieentfernungsunscharfen Gesichter derFußgänger gezählt, die das Netz des Blicks mitquirlender Eile füllten; er […]; kurz, er […].'

ADer han stod ved ett av vinduene og stirret utpå den brunlige gaten gjennom haveluftensmykgrønne filter, hadde han i de siste timinutter, med uret i hånden, talt bilene,vognene, trikkene og fotgjengernesavstandsuskarpe ansikter, som fylte blikketsnett med hvirvlende hast;

BHan stod ved ett av vinduene og stirret ut påden brunlige gaten gjennom haveluftensmykgrønne filter; der hadde han stått i de sisteti minutter med uret i hånden og talt bilene,vognene, trikkene og fotgjengernesavstandsuskarpe ansikter, som fylte blikketsnett med hvirvlende hast; han […]; kort sagt,han […].

Derselbe Umstand, der die Übersetzung (11'B) gelungener als (11'A) erscheinenläßt, erklärt, warum die gewählte analoge Übersetzung des dritten Gesamtsatzes in(11) (= 11''A) im gegebenen Kontext der in (11''B) präsentierten Alternativevorzuziehen ist, in der das Mittelfeld durch Topikalisierung des unterstrichenenTemporaladverbials – in der Vorlage handelt es sich um einen Temporalsatz –entlastet ist: Das Vorrücken des Adverbials im dritten und letzten Gesamtsatz derPeriode zerstört die Identität der drei Satzanfänge. - Von den beiden anderen in(11'') durchgespielten Umstellungen kommt (11''D) nicht in Frage, weil sie dieForderung nach inhaltlicher Äquivalenz verletzt: nach dieser Version rechnet Ulricherst, nachdem er die Uhr in die Tasche gesteckt hat. In (11''C) wiederum schiebt sichdas Adverbial zwischen die beiden Verbalphrasen stakk 'steckte' […] und konstaterte

21 Siehe Ebert (1989).

27

'konstatierte' […], die deshalb nicht im selben Grad wie in der Originalübersetzungals die Beschreibung eines einzigen Vorgangs erscheinen.

(11'')

'kurz, er steckte, nach einer WeileKopfrechnen, lachend die Uhr in die Tascheund stellte fest, daß das, was er getrieben hatte,sinnlos war.'

'[…]; kurz, nach einer Weile Kopfrechnensteckte er lachend die Uhr in die Tasche undstellte fest, daß …'

'[…]; kurz, er steckte lachend die Uhr in dieTasche nach einer Weile Kopfrechnen undstellte fest, daß […].'

'[…]; kurz, er steckte lachend die Uhr in dieTasche und stellte nach einer Weile fest, daß[…].'

Akort sagt: han stakk, efter en stundshoderegning, leende uret i lommen ogkonstaterte at det han hadde bedrevet, varmeningsløst. (Ü11-12)

B[…]; kort sagt, etter en stunds hovedregningstakk han leende uret i lommen og konstaterteat det han hadde bedrevet, var meningsløst.

C[…]; kort sagt, han stakk leende uret ilommen etter en stunds hovedregning ogkonstaterte at […].

D[…]; kort sagt, han stakk leende uret i lommenog konstaterte etter en stunds hovedregning at[…].

Betrachten wir zum Schluß die Übersetzung des ersten Absatzes im Kapitel 3, dasdie Überschrift Auch ein Mann ohne Eigenschaften hat einen Vater mitEigenschaften trägt. Der Absatz besteht aus drei Perioden. In der ersten erscheintder Mann ohne Eigenschaften, der durch die Überschrift als (Teil-)Thema desganzen Kapitels ausgewiesen wird, im Vorfeld, d.h. als der Topik des Satzes, überden wir die Hauptinformation erhalten, daß er das im vorhergehenden Kapitelbesprochene Schlößchen gemietet hat; wann das geschah, wird eher beiläufig inForm des parenthetisch eingeschobenen Temporalsatzes, d.h. als Nebeninformation,erwähnt, und zusätzliche Informationen über das Schlößchen erhalten wir in einemnicht-restriktiven Relativsatz (… dieses Schlößchen …, das …). Nach einem Exkurs(in der zweiten Periode) über finanzielle Aspekte seiner 'Anschaffung' führt die drittePeriode wieder das (eine) Hauptthema des Kapitels in Form eines Pronomens alsSatzthema ein.

28

(12)

(1) Der Mann ohne Eigenschaften hatte, alser vor einiger Zeit aus dem Auslandzurückkehrte, eigentlich nur aus Übermut undweil er die gewöhnlichen Wohnungenverabscheute, dieses Schlößchen gemietet, daseinst ein vor den Toren liegender Sommersitzgewesen war, der seine Bestimmung verlor, alsdie Großstadt über ihn wegwuchs, und zuletztnicht mehr als ein brachliegendes, auf dasSteigen der Bodenpreise wartendesGrundstück darstellte, das von niemandbewohnt wurde. (2) Der Pachtzins wardementsprechend gering, aber unerwartet vielGeld hatte das Weitere gekostet, alles wieder inStand setzen zu lassen und mit denAnsprüchen der Gegenwart zu verbinden; daswar ein Abenteuer geworden, dessen Ausgangihn zwang, sich an die Hilfe seines Vaters zuwenden, was ihm keineswegs angenehm war,denn er liebte seine Unabhängigkeit. (3) Erwar zweiunddreißig Jahre alt, und sein Vaterneunundsechzig.(MoE 13)

(1) Da Mannen uten egenskaper for en tidsiden vendte hjem fra utlandet, hadde han,egentlig bare av pur overgivenhet og fordi hanikke kunne utstå vanlige leiligheter, leid dettelille paleet som opprinnelig hadde vært ensommerresidens utenfor bygrensen, mensenere hadde mistet sin funksjon efter hvertsom storbyen vokste forbi det, inntil det til sistbare lå hen som et ubebodd stykke brakkland, ipåvente av at tomteprisene skulle stige. (2)Forpakt-ningsavgiften var tilsvarende lav, mendet øvrige - å sette alt i stand og bringe det påhøyde med nåtidens krav - hadde vist seguventet kostbart, og var blitt et eventyr hvisutgang hadde tvunget ham til å ty til farenshjelp, noe han slett ikke satte pris på, for hanvar glad i sin uavhengighet. (3) Han vartoogtredve år gammel, og hans far varniogseksti. (Ü

'Als der Mann ohne Eigenschaften vor einigerZeit aus dem Ausland zurückkehrte, hatte er,eigentlich nur aus Übermut und weil ergewöhnliche Wohnungen verabscheute, diesesSchlößchen gemietet, das […].'

In der authorisierten Übersetzung ist der temporale Nebensatz aus seinerparenthetischen Positions ins Vorfeld gerückt und hat dabei das Satzsubjekt ausseiner topikalisierten Stellung verdrängt; das entlastet zwar die Satzmitte (dasadverbiale 'Nexusfeld' zwischen finitem und infinitem Verb), macht aber denthematischen Anschluß an die Kapitelüberschrift und die Brücke zwischen der erstenund der dritten Periode weniger deutlich. Insofern erscheint die in (12'A) geboteneanaloge Übersetzung, bei aller Strapazierung der Satzmitte, aus diskursstrukturellerPerspektive angemessener. Die Satzmitte kann auch durch eine Verschiebung desTemporalsatzes (oder der anderen einsgeschobenen Adverbiale) nach rechts zurPosition nach dem infiniten Verbteil entlastet werden, wie in (12'B) gezeigt wird.Dann läßt sich jedoch die Nebeninformation über das Schlößchen nicht mehr wie imOriginal und in der authorisierten Übersetzung bzw. der Analogvariante alsRelativsatz anschließen, sondern sie verlangt einen neuen Satz (1b), in dem dette

29

lille paléet 'dieses Schlößchen' anaphorisch wiederaufgenommen wird. Dadurcherhält wiederum das Schlößchen mehr thematisches Gewicht, als ihm in diesemKapitel eigentlich zusteht, und es muß eine größere Brücke zu dem eigentlichenDiskursthema geschlagen werden, das erst in der letzten Periode als Satztopikwieder deutlich in Erscheinung tritt.

(12')

'Der Mann ohne Eigenschaften hatte, als er voreiniger Zeit aus dem Ausland zurückkehrte,eigentlich nur aus Übermut und weil ergewöhnliche Wohnungen verabscheute, diesesSchlößchen gemietet, das […].

'Der Mann ohne Eigenschaften hatte,eigentlich nur aus Übermut und weil ergewöhnliche Wohnungen verabscheute, diesesSchlößchen gemietet, als er vor einiger Zeit ausdem Ausland zurückkehrte. Es warursprünglich eine Sommerresidenz jenseits derStadtgrenze gewesen […]. Der Pachtzins …[…]. Er […].'

AMannen uten egenskaper hadde, da han foren tid siden vendte hjem fra utlandet, egentligbare av pur overgivenhet og fordi han ikkekunne utstå vanlige leiligheter, leid dette lillepaleet som […]

B(1a) Mannen uten egenskaper hadde,egentlig bare av pur overgivenhet og fordi hanikke kunne utstå vanlige leiligheter, leid dettelille paleet, da han for en tid siden vendte hjemfra utlandet. (1b) Det hadde opprinnelig værten sommerreidens utenfor bygrensen, menhadde senere mistet sin funksjon efter hvertsom storbyen vokste forbi det, inntil […]. (2)Forpaktningsavgiften […].(3) Han […].

5. Fazit

Unsere Überlegungen zur Musil-Übersetzung haben gezeigt, daß Musils Sätze undPerioden feine Gewebe sind, an denen sich im Kontext punktuell wenig ändern läßt.Meistens sind z.B. Verschiebungen und Umstellungen von Adverbialen oderNebensätzen nicht möglich, ohne weit radikalere Eingriffe erforderlich zu machen,die sich wiederum sehr ungünstig auf die Textstruktur auswirken können. DaßAdverbiale und Nebensätze stehen, wo sie stehen, hat eben seine Gründe. DiePosition eines Adverbials z.B. sagt einerseits etwas über seine semantischeReichweite und Fokusverhältnisse aus und ist andererseits mitbestimmend für diemögliche Fortsetzung des Satzes bzw. für die Bezugsmöglichkeiten der faktischen

30

Fortsetzung.22 Wird ein Adverbial entgegen der Vorlage ans Satzende verschoben,so kann das für die Fortsetzung gravierende Folgen haben, weil pronominale undinhaltliche Zusammenhänge dadurch zerrissen werden können. Und Entsprechendesgilt natürlich für Nebensätze in einem Satzgefüge. Die Auflösung von syntaktischkomplizierten Sätzen in eine Sequenz von einfacheren Sätzen, die sich bei derÜbersetzung informativer Sachtexte weitgehend als möglich und meistens auch alsratsam erweist, ist bei einem Musilschen Satzgefüge ein Weg, der mit größterVorsicht zu betreten ist. Denn er kann in seiner letzten Konsequenz zu einer sotiefgreifenden Umgestaltung führen, daß die Grenze dessen, was man eineÜbersetzung nennen möchte, überschritten wird; und auf jeden Fall geht dabei ein inästhetischer Hinsicht wichtiges und auffallendes Merkmal des Musilschen Prosastilsverloren. In anderen syntaktischen Bereichen wiederum gibt es zur stilistischenAngleichung an die Zielsprache (Norwegisch) praktisch keine Alternative; Beispieledafür bildeten die Kennzeichnung der indirekten Rede und die erweitertenvorangestellten Attribute.

Verallgemeinernd können wir somit feststellen, daß bei der Übersetzung vonsyntaktisch komplexer literarischer Kunstprosa aus dem Deutschen ins Norwegischeim ganzen wenig Raum bleibt für eine freie Wahl zwischen stilistischer Adaption undVerfremdung. Zwischen der Scylla einer syntaktisch vereinfachenden Übersetzung,die dem inmdividuellen Stil des Originals nicht gerecht wird, und der Charybdiseiner syntaktisch weitgehend analogen Übersetzung, die dem Zieltext ein deutlichfremdartiges Gepräge verleiht, ist nur nur ein ganz schmaler und stellenweise sogarversperrter Weg zu erkennen.

22 Siehe hierzu auch Macheiner (1991: 69ff.) und Doherty (1996).