Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung welche Beschlüsse sind – noch – möglich?...

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung welche Beschlüsse sind – noch – möglich? Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung RA FA Miet-/WE-Recht Alexander C. Blankenstein, Düsseldorf

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

welche Beschlüsse sind – noch – möglich?

Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Stein des Anstoßes

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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BGH v. 10.10.2014, V ZR 315/13, ZMR 2015, 239

1. Die durch eine Öffnungsklausel legitimierte Mehrheitsmacht wird materiellrechtlich u.a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte begrenzt; ein in solche Rechte ohne Zustimmung der nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer eingreifender Beschluss ist schwebend unwirksam.

2. Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren Mitgliedschaftsrechten gehört das sog. Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) – sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender – Leistungspflichten schützt.

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BGH, Urt. v. 10. Oktober 2014 – V ZR 315/13, ZMR 2015, 239

• Öffnungsklausel = bloße Legitimation für Mehrheitsentscheidungen

• Begrenzt u.a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte

• Unentziehbar aber verzichtbar = u.a. Belastungsverbot

• Belastungsverbot = keine Aufbürdung neuer bzw. originärer Leistungspflichten, die sich nicht bereits aus Gesetz oder Gemeinschaftsordnung ergeben

• „u.a.“ = Existenz anderer unentziehbarer, aber verichtbarer Mitgliedschaftsrechte

• Hiergegen verstoßender Beschluss ist ohne Zustimmung der nachteilig Betroffenen schwebend unwirksam

• Zustimmungsverweigerung = Beschlussnichtigkeit

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Wesen der Öffnungsklausel

Legitimation für Mehrheitsentscheidungen in formeller Hinsicht

=> Keine Aussage über materiell-rechtliche Reichweite

=> Entsprechend der Rechtslage bei gesetzlichen Öffnungsklauseln (§§ 12 Abs. 4, 16 Abs. 3 u. 4, 21 Abs. 7, 22 Abs. 2 WEG)

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Formelle Voraussetzungen ordnungsmäßiger Beschlussfassung

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Formelle Voraussetzungen

Erforderliches Quorum

=> Erforderliche Mehrheit stets abhängig von konkreter Öffnungsklausel

Bsp.: „Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mehrheitlich geändert werden.“

= einfache Mehrheit genügt („einfache“ Öffnungsklausel)

Bsp.: „Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mit 2/3-Mehrheit geändert werden.“

= qualifizierte Mehrheit ist erforderlich („qualifizierte“ Öffnungsklausel)

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Formelle Voraussetzungen

Ermittlung der erforderlichen Mehrheit

Bsp.: „Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mit 2/3-Mehrheit geändert werden.“

• Berechnungsbasis alle Wohnungseigentümer?

oder

• die in der Versammlung anwesenden bzw. vertretenen Wohnungseigentümer?

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Formelle Voraussetzungen

Ermittlung der erforderlichen Mehrheit

Beispielformulierung: „Die Eigentümer können mit 2/3 Mehrheit einen anderen Kostenverteilungs- schlüssel beschließen.“

=> BGH (v. 10.6.2011, V ZR 2/10, ZMR 2011, 808): „Da der Bezugspunkt der qualifizierten Mehrheit nicht konkretisiert wird, ist die Klausel nächstliegend dahin auszulegen, dass die Abänderung eine 2/3-Mehrheit aller und nicht nur der in der Versammlung anwesenden Wohnungs- eigentümer erfordert.“

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Formelle Voraussetzungen

Ermittlung der erforderlichen Mehrheit

Beispielformulierung: „Der von der Teilungserklärung vorgegebene Verteilungsschlüssel kann von der Wohnungseigentümerversammlung mit ¾-Mehrheit geändert werden.“

=> BGH (v. 1.4.2011, V ZR 162/10, ZMR 2011, 652): „Die Klausel ist nächstliegend dahin auszulegen, dass die Abänderung eine ¾-Mehrheit aller und nicht nur der in der Versammlung anwesenden Wohnungseigentümer erfordert.“

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Formelle Voraussetzungen

Nichterreichen des erforderlichen Quorums

=> Verkündung eines positiven Beschlusses

• lediglich anfechtbarer Beschluss?

oder • nichtiger Beschluss?

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umstritten

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Formelle Voraussetzungen

Nichterreichen des erforderlichen Quorums

=> h. M.: Beschluss lediglich anfechtbar:

• LG Berlin (v. 23.9.2014, 55 S 89/13, ZMR 2015, 327)

• LG München I (v. 13.1.2014, 1 S 1817/13, ZWE 2014, 186)

• LG Köln (v. 15.10.2009, 29 S 102/09, ZMR 2010, 313)

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Formelle Voraussetzungen

Nichterreichen des erforderlichen Quorums

Argumentationshilfe für Nichtigkeit: AG Lichtenberg (v. 14.5.2012, 12 C 33/11, ZWE 2012, 321)?

=> wohl kaum, da Nichterreichen des erforderlichen Quorums nicht thematisiert wurde

Im Übrigen Intention des Gesetzgebers bei gesetzlicher Öffnungsklausel des § 16 Abs. 4 WEG: BT-Drucks 16/887, S. 25: „Wird bei der Beschlussfassung die gemäß Absatz 4 Satz 2 WEG erforderliche Stimmenzahl nicht erreicht, so ist ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss wirksam, aber anfechtbar.“

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Formelle Voraussetzungen

Nichterreichen des erforderlichen Quorums+

Verkündung eines positiven Beschlusses

LG Bamberg (v. 16.4.2015, 11 T 8/15 WEG, ZWE 2015, 378): „Der Verwalter als Versammlungsleiter darf einen positiven Beschluss nur verkünden, wenn die für den Beschluss erforderliche Stimmenmehrheit erreicht ist. Die Verkündung eines positiven Beschlusses trotz Fehlens der erforderlichen Mehrheit kann ohne weiteres die Kostenfolge des § 49 Abs. 2 WEG auslösen.“

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Formelle Voraussetzungen

Verkündung eines positiven Beschlusses

mit Bedenkenhinweis arbeiten! und diesen in der Versammlungsniederschrift dokumentieren!

BGH (v. 25.9.2015, V ZR 244/14, NZM 2015, 821): „Ferner muss vor der Beschlussfassung über eine Kreditaufnahme wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung gewesen sein … Die entsprechende Unterrichtung der Wohnungseigentümer ist in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren.“

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Formelle Voraussetzungen

Wann stellt sich Problematik nicht?

• Wenn man Mehrheitsentscheidung als Vereinbarung qualifiziert

=> absolut herrschende Meinung: Beschluss

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Formelle Voraussetzungen

Welches Stimmprinzip ist maßgeblich?

BGH (v. 10.7.2015, V ZR 198/14, ZWE 2015, 410): „Das Kopfstimmprinzip nach § 25 Abs. 2 WEG ist auch im Sachbereich des § 16 Abs. 3 WEG abdingbar.“

• Grundsätzlich dann auch bei vereinbarter Öffnungsklausel etwa abweichend vereinbartes Stimmprinzip maßgeblich

• Ausnahme: Öffnungsklausel selbst schreibt für die Abänderung ausdrücklich ein abweichendes bzw. besonderes Stimmprinzip vor.

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Materielle Voraussetzungen Sachlicher Grund erforderlich?

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Materielle Voraussetzungen

Sachlicher Grund erforderlich?

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

Zeitraum bis 30.6.2007

Ja Inkrafttreten der WEG-Reform

1.7.2007

Diskussion

Zeitraum ab 1.7.2007

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Materielle Voraussetzungen

Sachlicher Grund erforderlich?

BGH (v. 01.04.2011, V ZR 162/10, ZMR 2011, 652) für gesetzliche Öffnungsklausel des § 16 Abs. 3:

Weiter Ermessensspielraum

Maßstab ordnungsmäßiger Verwaltung

Kein Verstoß gegen das Willkürverbot

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Materielle Voraussetzungen

Sachlicher Grund erforderlich?

BGH (v. 10.6.2011, V ZR 2/10, ZMR 2011, 808) für Kostenverteilungsänderung hinsichtlich Maßnahmen der Instandhaltung und Instandsetzung:

„Auch bei der Änderung eines Kostenverteilungsschlüssels aufgrund einer in der Teilungserklärung enthaltenen Öffnungsklausel steht den Wohnungseigentümern ein weiter Gestaltungsspielraum zu.“

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Materielle Voraussetzungen

Sachlicher Grund erforderlich?

BGH (v. 10.10.2014, V ZR 315/13, ZMR 2015, 239) hinsichtlich Übertragung von Instandhaltung und Instandsetzungsverpflichtungen:

„Bei der Frage, ob die beschlossene Änderung den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, ist den Wohnungseigentümern aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter – lediglich durch das Willkürverbot beschränkter – Gestaltungsspielraum eingeräumt.“

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Materielle Voraussetzungen

sachlicher Grund erforderlich?

Im Anschluss LG Köln (v. 15.4.2015, 29 S 121/14, NZM 2015, 829) im Hinblick auf gewerbliche Nutzungserweiterung:

„Bei der Frage, ob die beschlossene Änderung den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht, ist den Wohnungseigentümern auf Grund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter – lediglich durch das Willkürverbot beschränkter – Gestaltungsspielraum eingeräumt. Zum Schutz der Minderheit bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten.“

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Materielle Voraussetzungen

Sachlicher Grund erforderlich?

LG Frankfurt/Oder (v. 13.4.2015,16 S 133/14, ZWE 2015, 369):

„Für die Aufhebung einer Veräußerungsbeschränkung nach § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG ist ein sachlicher Grund erforderlich. Den Eigentümern kommt aber ein weiter Beurteilungsspielraum zu, der nur beim Vorliegen besonderer Gründe des Einzelfalles und einem deutlichen Überwiegen der Schutzgesichtspunkte der Veräußerungsbeschränkung überschritten werden kann.“

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Materielle Voraussetzungen

Öffnungsklausel schreibt sachlichen Grund ausdrücklich vor

Problem: Ist sachlicher Grund kompetenzbegründend?

Führt also Fehlen des sachlichen Grunds lediglich zur Anfechtbarkeit oder gar zur Nichtigkeit?

=> umstritten

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Materielle Voraussetzungen

Öffnungsklausel schreibt sachlichen Grund ausdrücklich vor

AG Lichtenberg (v. 14.5.2015, 12 C 33/11, ZWE 2012, 321):

„Ein Beschluss, der unter Bezugnahme auf eine Öffnungsklausel gefasst wurde, die einen sachlichen Grund vorschreibt ist nicht nur anfechtbar, sondern nichtig, wenn diese Voraussetzung nicht vorlag.“

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Materielle Voraussetzungen

Öffnungsklausel schreibt sachlichen Grund ausdrücklich vor

LG Berlin (v. 19.4.2013, 55 S 170/12, ZWE 2013, 333):„Bei den in einer Öffnungsklausel genannten Voraussetzungen, nach denen sachliche Gründe vorliegen müssen und kein einzelner Eigentümer unbillig benachteiligt werden darf, handelt es sich nicht um Voraussetzungen für die Beschlusskompetenz, sondern um einen Rechtmäßigkeitsmaßstab, anhand dessen der Beschlussinhalt zu überprüfen ist.“

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Materielle Voraussetzungen

Öffnungsklausel schreibt sachlichen Grund ausdrücklich vor

Dötsch (in Timme, Beck'scher O-K WEG, Stand: 1.10.2015, § 10 Rn. 249):

„Die Rechtslage ist in diesem Bereich insgesamt noch wenig geklärt. Ob die Instanzgerichte eine derart feine Unterscheidung mitmachen werden, kann ohnehin als eher fraglich angesehen werden.“

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Materielle Voraussetzungen Regelungs-Reichweite

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Materielle Voraussetzungen

Reichweite abhängig von konkreter Öffnungsklausel

• allgemeine Öffnungsklausel = unbeschränkte Beschlusskompetenz:

„Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer geändert werden.“ (grundsätzlich zulässig, vgl. LG Berlin v. 23.9.2014, 55 S 89/13, ZMR 2015, 327)

• konkrete bzw. spezifizierte Öffnungsklausel = beschränkte Beschlusskompetenz:

„Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung zur Kostenverteilung können mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer geändert werden.“

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Materielle Voraussetzungen

Exkurs: Kostenverteilungsänderung nach § 16 Abs. 3 WEG„Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer geändert werden.“

§ 16 Abs. 3 WEG ermöglicht grundsätzlich einfachmehrheitliche Kostenverteilungsänderung

=> Bestimmung der Gemeinschaftsordnung nicht maßgeblich (§ 16 Abs. 5 WEG)

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Materielle Voraussetzungen

Exkurs: Kostenverteilungsänderung nach § 16 Abs. 4 WEG„Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer geändert werden.“

§ 16 Abs. 4 WEG setzt ¾-Mehrheit voraus

Bestimmung der Gemeinschaftsordnung erleichtert Beschlussfassung

=> Bestimmung der Gemeinschaftsordnung ist maßgeblich

Aber Achtung: nur bei Einzelfall-Beschlussfassung!

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Materielle Voraussetzungen

Exkurs: Kostenverteilungsänderung nach § 16 Abs. 4 WEG„Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mit einer Mehrheit von 4/5 der Wohnungseigentümer geändert werden.“

LG München I (v. 13.1.2014, 1 S 1817/13, ZWE 2014, 186): „Eine Öffnungsklausel kann auch Beschlusskompetenz für die dauerhafte Änderung des Kostenverteilerschlüssels für die Instandsetzungskosten verleihen.“

Bestimmung der Gemeinschaftsordnung ist maßgeblich und nicht gesetzliche Erleichterung

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Materielle Voraussetzungen

Exkurs: Regelungsbereich des § 21 Abs. 7 WEG„Die Wohnungseigentümer sind nicht verpflichtet, am Lastschriftverfahren teilzunehmen.… Die Bestimmungen dieser Gemeinschaftsordnung können mit einer Mehrheit von 2/3 der Wohnungseigentümer geändert werden.“

§ 21 Abs. 7 WEG ist nach h.M. abdingbar=> Beschlussfassung über Verpflichtung zur Teilnahme am Lastschriftverfahren

Bestimmung der Gemeinschaftsordnung ist maßgeblich und nicht gesetzliche Erleichterung

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Materielle Voraussetzungen Grenzen der „Vereinbarungs-Kompetenz“

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Materielle Voraussetzungen

Grundsatz: „Das was schon durch Vereinbarung nicht wirksam geregelt werden kann, kann erst recht nicht aufgrund vereinbarter Öffnungsklausel geregelt werden.“=> Grenzen: §§ 134, 138, 242 BGB

keine Haftung des Erstehers in der Zwangsversteigerung für Hausgeldrückstände des Wohnungseigentümers

keine Kostenverteilung entgegen HeizKV

keine Umwidmung von Sonder- in Gemeinschaftseigentum und umgekehrt

kein Eingriff in gesetzliche Öffnungsklauseln

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Materielle Voraussetzungen

Grenzen des WEG § 5 Abs. 2 WEG (zwingende Bestandteile des Gemeinschaftseigentums können nicht zu Sondereigentum erklärt werden)

Teile des Gebäudes, die für dessen Bestand oder Sicherheit erforderlich sind, können selbst dann nicht Gegenstand des Sondereigentums sein, wenn sie sich im Bereich der im Sondereigentum stehenden Räume befinden. Gemeint sind hiermit insbesondere tragende Mauern und Geschossdecken. Bei Terrassen ist auch Sondereigentum möglich, sofern diese nicht für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind. Weiter kann an Anlagen und Einrichtungen Sondereigentum nicht begründet werden, soweit diese dem gemeinschaftlichen Gebrauch der Wohnungseigentümer dienen. Von Bedeutung sind hier insbesondere Treppen, Flure und die zentralen Versorgungseinrichtungen des Hauses und Telefonanschlüsse. Zwingend dem Gemeinschaftseigentum zugehörige Bereiche der Wohnanlage können auch nicht etwa in der Teilungserklärung dem Sondereigentum zugeordnet werden. Derartige Regelungen sind unwirksam (z.B. Wohnungseingangstüren: BGH v. 25.10.2013, V ZR 212/12, WuM 2013 S. 756; Versorgungsleitungen: BGH v. 25.10.2013, V ZR 212/12, NJW 2013, 1154).

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Materielle Voraussetzungen

Grenzen des WEG

§ 6 WEG (kein isoliertes Sondereigentum)

Es ist nicht möglich, Sondereigentum ohne den Miteigentumsanteil am Grundstück zu erwerben (OLG München v. 6.7.2010, 34 Wx 043/10, NJW-RR 2010, 1525). Gleichermaßen ist es nicht möglich, das Sondereigentum allein zu veräußern, zu belasten, zu pfänden oder zu verpfänden.

§ 11 WEG (Aufhebung der Gemeinschaft)

Ein Wohnungseigentümer kann grundsätzlich nicht die Aufhebung der Eigentümergemeinschaft verlangen. Eine Ausnahme ist lediglich für den Fall vorgesehen, dass das Gebäude ganz oder teilweise zerstört wird und eine Verpflichtung zum Wiederaufbau nicht besteht (vgl. § 17 WEG).

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Materielle Voraussetzungen

Grenzen des WEG § 12 Abs. 1 WEG (wichtiger Grund zur Versagung vereinbarter Veräußerungszustimmung)

Die Wohnungseigentümer können vereinbaren, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf. Diese Zustimmung jedoch darf nur aus wichtigem Grund versagt werden. Und eben diese Tatsache ist in der Gemeinschaftsordnung unabdingbar. Ein wichtiger Grund für die Versagung der Zustimmung wird allgemein nur dann anerkannt, wenn die Veräußerung des Wohnungseigentums eine gemeinschaftswidrige Gefahr für die Gemeinschaft der übrigen Wohnungseigentümer darstellt. So kann die Gemeinschaftsordnung zwar Beispiele für Versagungsgründe enthalten, stets aber muss es sich um wichtige Gründe handeln. Gründe, die also keinen wichtigen Grund i. S. d. Vorschrift darstellen, können in der Gemeinschaftsordnung nicht zu solchen gemacht werden.

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Materielle Voraussetzungen

Grenzen des WEG

§ 12 Abs. 4 WEG (Aufhebung vereinbarter Veräußerungszustimmung)

Die Beschlusskompetenz zur Aufhebung einer Veräußerungsbeschränkung kann nicht eingeschränkt werden.

§ 16 Abs. 5 WEG (Kostenverteilungsänderung)

Die Beschlusskompetenz zur Änderung der Kostenverteilung gemäß § 16 Abs. 3 und 4 kann nicht eingeschränkt werden.

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Materielle Voraussetzungen

Grenzen des WEG

§ 18 WEG (Entziehung des Wohnungseigentums)

Als Korrektiv zur Unauflösbarkeit der Gemeinschaft können die Wohnungseigentümer von einem anderen Wohnungseigentümer die Veräußerung seines Wohnungseigentums verlangen, wenn sich dieser einer so schweren Verletzung der ihm gegenüber den anderen Wohnungseigentümern obliegenden Verpflichtungen schuldig gemacht hat, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem betreffenden Wohnungseigentümer nicht mehr zugemutet werden kann. Und eben dies kann nicht abbedungen werden.. Wohl aber kann in Abweichung von § 18 Abs. 3 S. 1 WEG ein qualifiziertes Mindestquorum vereinbart werden (z.B. Mehrheit von 2/3 der stimmberechtigten Wohnungseigentümer, LG Hamburg v. 14.12.2011, 318 S 42/11, ZMR 2012, 468).

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Materielle Voraussetzungen

Grenzen des WEG § 20 Abs. 2 WEG (Verwalterbestellung)

Die Bestellung eines Verwalters kann auch durch Vereinbarung nicht ausgeschlossen oder erschwert werden (vgl. OLG Frankfurt/Main v. 10.11.2010, 20 W 309/07, ZWE 2011 S. 361).

§ 22 Abs. 2 Satz 4 WEG (Modernisierungen)

Die Beschlusskompetenz zu Modernisierungen gemäß § 559 BGB kann nicht eingeschränkt werden.

§ 23 Abs. 3 WEG (Umlaufbeschlüsse)

Grundsätzlich ist es möglich, Beschlüsse auch außerhalb einer Eigentümerversammlung zu fassen. Voraussetzung ist, dass alle Wohnungseigentümer dieser Art der Beschlussfassung schriftlich zustimmen. Durch Vereinbarung kann also nicht etwa bestimmt werden, dass im schriftlichen Verfahren auch Mehrheitsbeschlüsse gefasst werden können (äußerst umstritten, für Abdingbarkeit durch Vereinbarung: OLG Schleswig v. 20.1.2006, 2 W 24/05, ZMR 2006 S. 803; dagegen: KG Berlin v. 18.8.1993, 24 W 1386/93, ZMR 1993 S. 532; OLG Hamm v. 6.4.1978, 15 W 117/76, MDR 1978 S. 759).

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Materielle Voraussetzungen

Grenzen des WEG § 24 Abs. 2 WEG (Minderheitenquorum)

Der Verwalter ist gezwungen, eine (außerordentliche) Eigentümerversammlung auch dann einzuberufen, wenn dies von mehr als einem Viertel der Wohnungseigentümer verlangt wird. Diese Voraussetzung kann auch nicht durch Vereinbarung "verschärft" werden, indem eine größere Anzahl von Wohnungseigentümern erforderlich wäre.

§ 26 WEG (Bestellungshöchstdauer, Abberufung des Verwalters)

Höchst praxisrelevant kann zum einen die Bestellung des Verwalters gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht über 3 Jahre im Rahmen der Erstbestellung nach der Begründung von Wohnungseigentum bzw. 5 Jahre in den anderen Fällen hinaus erfolgen. Zum anderen kann die Abberufung des Verwalters nur insoweit abbedungen werden, als diese auf einen wichtigen Grund beschränkt wird, § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG. Im Übrigen wären auch Vereinbarungen nichtig, die etwa qualifizierte Mehrheiten bei der Verwalterbestellung vorsehen.

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Materielle Voraussetzungen

Grenzen des WEG

§ 27 Abs. 1 bis Abs. 3 WEG (Verwalterbefugnisse und -pflichten)

Die in dieser Vorschrift aufgeführten Aufgaben und Befugnisse des Verwalters können nicht durch Vereinbarung eingeschränkt werden.

§§ 43 ff. WEG (gerichtliches Verfahren)

Schließlich können selbstverständlich auch keine abweichenden Vereinbarungen hinsichtlich der Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren der §§ 43 ff. WEG getroffen werden. Selbstverständlich können jedoch in bestimmten Bereichen Schiedsabreden (entsprechend §§ 1025 ff. ZPO) vereinbart werden.

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Materielle Voraussetzungen Kein Eingriff in den „Kernbereich“

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Materielle Voraussetzungen

kein Eingriff in den sog. „Kernbereich“ des Wohnungseigentums

Richterrechtlich geprägt; Reichweite nicht abschließend geklärt

=> betroffen aber unentziehbare und unverzichtbare Individualrechte

- insbesondere Nutzungsmöglichkeit überhaupt

- ungehinderter Zugang (LG München I v. 1.6.2015, 1 S 13261/14, GE 2015, 1106)

- Unverletzlichkeit der Wohnung (OLG Zweibrücken v. 24.11.2000, 3 W 184/00, ZMR 2001, 308)

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Besichtigung von Sondereigentum

Art 13 GG: „Die Wohnung ist unverletzlich.“

OLG Zweibrücken (v. 24.11.2000, 3 W 184/00, ZMR 2001, 308): „Eine Regelung, die dem Verwalter einer Wohnungseigentumsanlage gestattet, ohne sachlichen Grund eine Wohnung zu betreten, ist auch dann mit dem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung unvereinbar, wenn das Betretungsrecht zeitlich auf zwei Termine pro Jahr beschränkt ist. Die bloße Kontrolle, ob Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen erforderlich sind, stellt keinen sachlichen Grund für ein Betretungsrecht des Verwalters dar.“

=> Eingriff Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG)

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Materielle Voraussetzungen

Mitgliedschaftlicher „Kernbereich“

=> elementare Mitverwaltungsrechte der Wohnungseigentümer

• Teilnahme an Eigentümerversammlungen

• Rederecht

• Stimmrecht

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

BGH (v. 10.12.2010, V ZR 60/10, ZMR 2011, 397): auch bei Pflichtverletzungen des Wohnungs- eigentümers (z.B. massive Hausgeldrückstände)

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Materielle Voraussetzungen

Verwaltungs-„Kernbereich“

• Kein Ausschluss der Bestellung des Verwalters (§ 20 Abs. 2 WEG)

• Keine Beschränkung seiner gesetzlichen Kompetenzen (§ 27 Abs. 4 WEG)

• Keine Erschwernis der Bestellung und Abberufung über § 26 Abs. 1 Sätze 1 – 4 hinaus (LG

Itzehoe v. 25.10.2011, 11 S 9/11 ZWE 2012, 145: keine Herabsetzung der zulässigen Höchstbestelldauer)

• Keine Vergütungsregelungen (OLG Frankfurt v. 10.11.2010, 20 W 309/07, ZWE 2011, 361: Zusatzvergütung nach Regeln der HOAI)

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte Das „Belastungsverbot“

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Belastungsverbot

=> Herleitung aus Verbandsrecht

§ 53 Abs. 3 GmbHG: „Eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Leistungen kann nur mit Zustimmung sämtlicher beteiligter Gesellschafter beschlossen werden.“

§ 180 Abs. 1 AktG: „Ein Beschluss, der Aktionären Nebenverpflichtungen auferlegt, bedarf zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung aller betroffenen Aktionäre.“

§ 35 BGB: „Sonderrechte eines Mitglieds können nicht ohne dessen Zustimmung durch Beschluss der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden.“

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Belastungsverbot

• BGH (v. 18.6.2010, V ZR 193/09, ZMR 2011, 808): „Aus der Kompetenz, den Gebrauch (§ 15 WEG), die Verwaltung (§ 21 WEG) und die Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 22 WEG) durch Mehrheitsbeschluss zu regeln, folgt nicht die Befugnis, den Wohnungseigentümern außerhalb der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten Leistungspflichten aufzuerlegen.“

• BGH (v. 9.3.2012, V ZR 161/11, ZWE 2012, 268): „Eine Verpflichtung der einzelnen Wohnungseigentümer, die Räum- und Streupflicht im Wechsel zu erfüllen, kann nicht durch Mehrheitsbeschluss, sondern nur durch Vereinbarung begründet werden.“

• BGH v. 10.10.2014, V ZR 315/13, ZMR 2015, 239: „ … “

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Verstoß gegen „Belastungsverbot“

Leistungspflichten

• Räum-/Streupflicht (BGH v. 9.3.2012, V ZR 161/11, ZWE 2012, 268)

• Treppenhaus-/Gehwegreinigung (m.E. keine Gebrauchsregelung, sondern Leistungspflicht)

• Beseitigung baulicher Veränderungen (BGH v. 18.6.2010, V ZR 193/09, ZMR 2011, 808)

• Instandhaltung und Instandsetzung (BGH v. 10.10.2014, V ZR 315/13, ZMR 2015, 239)

• Wiedererrichtung von Bauten (BGH v. 18.2.2011, V ZR 82/10, ZMR 2011, 490)

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Verstoß gegen „Belastungsverbot“

Kritisch ggf. Leistungspflichten zur Erleichterung der Verwaltung

• Mitteilungspflicht Adressänderung• Mitteilungspflicht Mieterwechsel• Mitteilungspflicht Eigentümerwechsel

=> Hier aber entsprechende Kostenbelastung auf Grundlage von § 21 Abs. 7 WEG möglich„Besonderer Verwaltungsaufwand“

Keine Probleme, soweit Leistungspflichten des § 21 Abs. 7 WEG betroffen sind (z.B. Verpflichtung zur Teilnahme am Lastschriftverfahren, Verbot von Sammelüberweisungen)

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Zahlungspflichten

Bereich des § 21 Abs. 7 WEG unproblematisch

• Verzugszinsen (Gefahr der Nichtigkeit gem. §§ 138, 242 bei Verzugszinssatz über 10 % des Basiszinssatzes, 100-%-Grenze, arg. BGH v. 11.1.1995, VIII ZR 82/94, Elzer in Timme, a. a. O., § 21 Rn. 383)

• Bearbeitungsgebühr bei Nichtteilnahme am Lastschriftverfahren

• Bearbeitungsgebühr bei Sammelüberweisungen

• Entgelte für besondere Nutzung des Gemeinschaftseigentums

• Entgelte für einen besonderen Verwaltungsaufwand

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Zahlungspflichten

Begründung neuer Zahlungspflichten

nicht möglich (AG München v. 31.10.2014, 481 C 14044/14, ZWE 2015, 130): Finanzierung von Brunnenfesten)

=> verlassen den Bereich „der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten“ (vgl. BGH v. 18.6.2010, V ZR 193/09, ZWE 2010, 359)

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Zahlungspflichten

Problem: Kostenbelastung bei vereinbarter Kostenbefreiung

nicht durch Mehrheitsbeschluss möglich (BGH v. 1.6.2012, V ZR 225/11, NJW 2012, 2578; LG Düsseldorf v. 6.3.2013, 25 S 99/12, MietRB 2013, 148; AG Köln v. 22.8.2014, 215 C 90/14, ZMR 2015, 161; AG Bonn v 26.10.2012, 27 C 98/12, ZMR 2013, 220)

Im Ergebnis:

keine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels Aufhebung einer Kostenbefreiung (vgl. BGH, a.a.O.)

=> m.E. Belastung

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Problem: Erwerberhaftung

AG Charlottenburg (v. 14.5.2009, 74 C 30/09, MittBayNot 2010, 45): „Wohnungserwerber haften nicht für Wohngeldrückstände des Voreigentümers aufgrund Eigentümerbeschluss, selbst wenn die Teilungserklärung entsprechende Öffnungsklausel enthält, es sei denn, die Änderung der Teilungserklärung wurde ins Grundbuch eingetragen. Selbst die Aufnahme des Eigentümerbeschlusses in die Beschlusssammlung reicht mangels Publizitätswirkung gegen Dritte nicht aus“

Argumente: unzulässiger Gesamtakt zulasten Dritter fehlende Grundbucheintragung fehlende Register-Publizität der Beschluss-Sammlung

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Problem: Erwerberhaftung

Kritik

• Beschlüsse aufgrund vereinbarter Öffnungsklausel können nicht ins Grundbuch eingetragen werden (§ 10 Abs. 4 Satz 2 WEG)

• Entsprechend ihrer jeweiligen Ausgestaltung sind viele Beschlüsse Gesamtakte zulasten von Rechtsnachfolgern• Intention des Gesetzgebers bei Einführung der Verpflichtung zum Führen der Beschluss-

Sammlung war gerade die Schaffung eines Zusatzmediums zur Information des Rechtsnachfolgers über die Rechtslage der jeweiligen Gemeinschaft – gerade im Hinblick auf die gesetzlichen Öffnungsklauseln – für vereinbarte kann nichts anderes gelten

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Problem: Erwerberhaftung

Nunmehr Verstoß gegen das Belastungsverbot?

bejaht, Haftung würde sich nicht aus bisheriger Gemeinschaftsordnung ergeben (vgl. Schultzky, AnwZert Miet-R 9/2015, Anm. 1)

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Beschlussfassung

unter

• Verstoß gegen „Belastungsverbot“ oder bei• Entzug sonstiger unentziehbarer, aber verzichtbarer Rechte

ohne Zustimmung des entsprechend Belasteten => schwebende Unwirksamkeit des Beschlusses (bereits BGH v. 22.01.2004, V ZB 51/03, NJW 2004, 937)

=> unwirksam, bis entsprechend belastete Wohnungseigentümer zugestimmt haben

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Beschlussfassung

maßgeblich ist, dass Belastete zustimmen

Gültigkeitsvoraussetzung ist nicht, dass ggf. nicht belastete Wohnungseigentümer nicht zugestimmt haben

Beispiel: Den beiden Sondernutzungsberechtigten sollen Instandhaltung und Instandsetzung der ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Bereiche des Gemeinschaftseigentums auferlegt werden.

=> Stimmen diese zu, ggf. aber der eine oder andere Wohnungseigentümer nicht, so istBeschluss dennoch wirksam, so erforderliche Mehrheit erreicht

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Beschlussfassung

OLG Köln (v. 22.09.2004, 16 Wx 142/04, ZMR 2005, 227): „Ein Beschluss der Wohnungseigentümer- versammlung, die Jahresabrechnung unter der Bedingung zu genehmigen, dass ein sich an der Abstimmung zunächst nicht beteiligender Eigentümer die Jahresabrechnung innerhalb von 2 Wochen ebenfalls noch genehmigt, ist wirksam. Folgt diese Genehmigung dann fristgerecht nach, ist die Jahresrechnung wirksam beschlossen und Rechtsgrundlage für die sich aus ihr ergebenden Zahlungsansprüche.“

Þ Genehmigung unter aufschiebender Bedingung kann für Rechtssicherheit sorgenÞ beseitigt Klagegefahr

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechteaußerhalb des „Belastungsverbots“

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte

BGH v. 22.01.2004, V ZB 51/03, NJW 2004, 937

„Vorliegend richtet sich der Eingriff in das Recht auf Informationsfreiheit gegen ein Individualrecht, das zwar nicht entziehbar ist, auf dessen Ausübung aber verzichtet werden kann. Angesichts dieser mehrheitsfesten Position hat die fehlende Zustimmung des betroffenen Wohnungseigentümers zunächst lediglich die schwebende Unwirksamkeit des Beschlusses zur Folge.“

(Hintergrund: bestandskräftiger Beschluss über Verbot von Parabolantennen, ausländischer Wohnungseigentümer errichtet Parabolantenne, Beseitigungsverlangen der Gemeinschaft)

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte

Grundrechtskollision

Eigentumsrecht und Recht auf Informationsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) des Eigentümers kollidieren mit Eigentumsrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) der übrigen Wohnungseigentümer

Grundsatz der „praktischen Konkordanz“ nach Konrad Hesse:

„Verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter müssen in der Problemlösung einander so zugeordnet werden, daß jedes von ihnen Wirklichkeit gewinnt. […] beiden Gütern müssen Grenzen gesetzt werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können.“

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte

Grundsatz der „praktischen Konkordanz“

• Einschränkung eines Grundrechtes nur insoweit, wie diese Einschränkung nötig ist, um einem anderen Grundrecht oder Verfassungsprinzip die Entfaltung zu gewährleisten

• Inwieweit Einschränkung zulässig ist, richtet sich nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Einschränkungen des Persönlichkeitsrechts

Art. 2 GG: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“

• Verbot des Rauchens im Bereich des Sondereigentums

• Verbot des Musizierens generell

Gebrauchsregelungen (§ 15 WEG) über Rauchverbote im Gemeinschaftseigentum, auch auf Balkon, Ruhezeiten, Musizieren nur in Zimmerlautstärke sind unumschränkt möglich

=> Keine Verbote beschließen, sondern (Ausübungs-)Regeln schaffen

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Einschränkungen des Persönlichkeitsrechts

Tierhaltung• Verbot der Tierhaltung grundsätzlich und generell

• M.E. Verbot der Tierhaltung konkret, soweit nicht gefährliche Tiere (Kampfhunde, Giftschlangen, Giftfrösche etc.) umfasst (aus dem Gemeinschaftsverhältnis folgendes Rücksichtnahmegebot)

=> Keine Verbote beschließen, sondern (Verhaltens)Regeln schaffen:Regelungen über Leinenzwang (BGH v. 8.5.2015, V ZR 163/14), eingeschränktes Benutzen von Aufzug (AG Freiburg i.Br. v. 18.4.2013, 56 C 2496/12), eingeschränkte Nutzung gemeinschaftlicher Außenflächen (OLG Hamburg v. 20.8.2007, 2 Wx 72/07), Beschränkung der Anzahl unumschränkt möglich

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Einschränkungen der Medienversorgung

Art. 5 GG: „Jeder hat das Recht, … sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“

Weiter tangierte Grundrechte: Art. 4 GG (Religionsfreiheit), Art. 12 GG (Recht auf freie Berufsausübung)

Einerseits BGH (v. 22.1.2004, V ZB 51/03, ZWE 2004, 352): „Angesichts der zwischenzeitlichen technischen Entwicklung, in deren Folge mehrere hundert Hörfunk- und Fernsehprogramme über Satellit in Europa zu empfangen sind, könnte dies dazu führen, dass in weitergehendem Umfang auch deutsche Wohnungsnutzer nicht länger auf einen vorhandenen Kabelanschluss verwiesen werden können.“

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Einschränkungen der Medienversorgung

Andererseits

• LG Frankfurt/Main (v. 21.5.2013, 2-13 S 75/12, NZM 2012, 793): „Ein Anspruch auf Duldung einer Parabolantenne kann entfallen, wenn die grundsätzliche Möglichkeit besteht, Fernsehprogramme kostenfrei via Internet empfangen zu können.“

• AG Hattingen (v. 23.1.2014, 28 C 30/13, ZMR 2014, 576): „In der Regel hat der einzelne Eigentümer keinen Anspruch auf eine weitere SAT-Anlage für spezielle polnische Sender. Im Übrigen kann der Anspruchsteller auf das Internet verwiesen werden.“

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte

Art 14 Abs. 1 GG

• „Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.“

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte

§ 13 Rechte des Wohnungseigentümers

• Abs. 1: „Jeder Wohnungseigentümer kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit den im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren, insbesondere diese bewohnen, vermieten, verpachten oder in sonstiger Weise nutzen, und andere von Einwirkungen ausschließen.

• Abs. 2: „Jeder Wohnungseigentümer ist zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14, 15 berechtigt.

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte

• § 14 Nr. 1 WEG: „Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet, die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.“

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte

§ 15 Gebrauchsregelung

(1) Die Wohnungseigentümer können den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln.(2) Soweit nicht eine Vereinbarung nach Absatz 1 entgegensteht, können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsmäßigen Gebrauch beschließen.

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Unentziehbare, aber verzichtbare Rechte

Spannungsfeld

Rechte nach § 13 WEG <-> Regelungsbefugnis nach § 15

Besonders beachten: § 13 Abs. 1 WEG enthält keinen Einschränkungsvorbehalt

=> Erweiterter „Nutzungs-Kernbereich“

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Nutzung des Sondereigentums

Kein Verbot der Vermietung von SondereigentumKeine Verpflichtung zur Vermietung von Sondereigentum

Rechtgrundlage d. ü. Wohnungseigentümer zwar Gebrauchsregelung nach § 15 WEG=> kollidiert mit (Art. 2), 14 Abs. 1 GG i.V.m. § 13 Abs. 1 WEG

• BGH (v. 15.1.2010, V ZR 72/09, ZWE 2010, 130): Vermietungsverbot auch an täglich wechselnde Feriengäste im Beschlussweg nichtig

• LG Berlin (v. 23.9.2014, 55 S 89/13, ZMR 2015, 327): „Bei Bestehen einer allgemeinen Öffnungsklausel kann beschlossen werden, dass eine Vermietung für weniger als 14 Tage nicht zulässig sein soll; dies greift nicht unzulässig in den Kernbereich des Sondereigentümers ein.“

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Vermietungsbeschränkung

m.E. kein Eingriff in Kernbereich, sondern Eingriff in Art. 14 GG i.V.m. § 13 Abs. 1 WEG

aber: grundsätzlich auch Eigentumsrechte der übrigen Wohnungseigentümer berücksichtigenÞVerhältnismäßigkeitsprüfung (Anonymisierung, Abnutzung des Gemeinschaftseigentums)Þm.E. möglich

m.E. ebenso möglich: Nachträgliche Einführung einer entsprechenden Vermietungsbeschränkung

BGH (v. 15.6.1962, V ZB 2/62, WM 1962, 822): „Als Inhalt des Wohnungseigentums kann auch vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Überlassung der Wohnung an einen Dritten zur Benutzung der Zustimmung des Verwalters oder der Eigentümergemeinschaft bedarf.“

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Veräußerungsbeschränkung

§ 12 Abs. 1 WEG: „Als Inhalt des Sondereigentums kann vereinbart werden, dass ein Wohnungseigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums der Zustimmung anderer Wohnungseigentümer oder eines Dritten bedarf.“

OLG München (v. 4.4.2014, 34 Wx 62/14, ZWE 2014, 267): „Für die Wiederbegründung einer durch Beschluss aufgehobenen Veräußerungsbeschränkung fehlt die Beschlusskompetenz. § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG gilt als gesetzliche Ausnahme vom Vereinbarungsprinzip nicht für den "actus contrarius". Hierzu bedarf es vielmehr einer Vereinbarung.“

=> Prüfung der Verhältnismäßigkeit

=> Unter Berücksichtigung der Interessen und Eigentümerrechte der Übrigen m.E. möglich

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Nutzung des Sondereigentums

Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit

BGH (v. 15.1.2010, V ZR 72/09, ZMR 2010, 378): „Der Wohnungseigentümer ist nicht darauf beschränkt, seine Wohnung ausschließlich zu Wohnzwecken zu nutzen. Aus Art. 14 GG i. V. m. § 13 Abs. 1 WEG folgt vielmehr das Recht, die Wohnung auch zu anderen Zwecken zu nutzen. Anerkannt worden ist das etwa für die Nutzung als Ingenieur-Planungsbüro ohne Publikumsverkehr (OLG Zweibrücken ZMR 1997, 482, 483) oder als Patentanwaltskanzlei (OLG Köln ZMR 2002, 380, 381). Entscheidend ist dabei, dass eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung des Wohnungseigentums typischerweise zu erwarten ist.“

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Nutzung des Sondereigentums

Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit

Beispiel: Öffnungsklausel-Beschluss, wonach Wohnungen ausschließlich der reinen Wohnnutzung dienen müssen und jegliche freiberufliche Tätigkeit untersagt ist.

=> Eingriff in Art 2, Art 12 und Art 14 GG i.V.m. § 13 Abs. 1 WEG

=> es findet gerade keine Nutzung unter Verstoß von § 14 Nr. 1 WEG statt

=> unentziehbar, aber verzichtbar

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Nutzung des Sondereigentums

Erweiterung Nutzungsmöglichkeit

Beispiel: Öffnungsklausel-Beschluss, wonach Wohnungen künftig auch zu gewerblichen Zwecken genutzt werden können.

Eingriff in Eigentumsrecht, da unumschränkt auch derartige Nutzungen zugelassen werden, die bei typisierender Betrachtungsweise zu Nachteilen über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß zugelassen sind.

=> unentziehbar, aber verzichtbar

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Nutzung des Gemeinschaftseigentums

Begründung von Sondernutzungsrechten

Begründung aufgrund vereinbarter allgemeiner bzw. unbeschränkter Öffnungsklausel wohl nicht möglich (str.; contra u.a. OLG Köln v. 10.12.1997, 16 Wx 250/97, ZMR 1998, 373; Riecke/Schmid/Abramenko, WEG, § 13 Rn. 32; Spielbauer/Then, WEG, § 13 Rn. 34 ff.; Bärmann/Suilmann, WEG, § 13 Rn. 81)

Selbst wenn dies möglich sein sollte:

=> Eingriff in Eigentumsrecht (Art. 14 GG i.V.m § 13 Abs. 2 WEG)

=> unentziehbar, aber verzichtbar

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Nutzung des Gemeinschaftseigentums

Begründung von Sondernutzungsrechten

Begründung aufgrund vereinbarter konkreter bzw. spezifizierter Öffnungsklausel wohl möglich (u.a. Bärmann/Suilmann, WEG, § 13 Rn. 81; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG 11. Aufl., § 13 Rn. 43)

Nunmehr stets zu prüfen: konkrete Regelungen in Öffnungsklauseln

=> m.E. möglich=> Antizipierte Zustimmung durch Eintritt in Gemeinschaft

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Nutzung des Gemeinschaftseigentums

(teilweise) Vermietung

BGH (v. 29.6.2000, V ZB 46/99, ZWE 2001, 21): „Vermietung von Gemeinschaftseigentum kann im Wege der Gebrauchsregelung beschlossen werden, soweit keine Vereinbarung entgegensteht und den Wohnungseigentümern kein Nachteil erwächst.“

Argument OLG Hamburg (v. 1.9.2003, 2 Wx 20/03) und BayObLG (v. 28.3.2002, 2Z BR 182/01): An Stelle der Gebrauchsmöglichkeit treten Mieteinnahmen, Kündbarkeit des Mietverhältnisses

Problem I: Mietvertrag besteht in aller Regel mit Verband; Mieteinnahmen fließen Verbandsvermögen zu; Verbandsvermögen bei Titel gegen Gemeinschaft grundsätzlich pfändbar

Problem II: Langfristige Mietverhältnisse = langfristiger Gebrauchsentzug

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Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung

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Nutzung des Gemeinschaftseigentums

(teilweise) Vermietung

aber: Interessen der übrigen Wohnungseigentümer berücksichtigen

• Mieteinnahmen

• ggf. ungenutzte Bereiche des Gemeinschaftseigentums betroffen

Hügel/Elzer (WEG, § 15 Rn. 8): „Zu folgen ist vor allem aus Gründen der Praktikabilität der ganz h.M., wonach über die Frage, ob gemeinschaftliches Eigentum vermietet/verpachtet wird, durch Beschluss entschieden werden kann.“

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Der schwebend unwirksame BeschlussSchicksal baulicher Veränderungen

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Exkurs: Bauliche Veränderung

Fehlende Zustimmung beeinträchtigter Wohnungseigentümer

§ 22 Abs. 1 WEG: „Bauliche Veränderungen … können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden.“

=> führt fehlende Zustimmung nunmehr zu schwebender Unwirksamkeit? (vgl. Briesemeister, Grundeigentum 2015, 28)

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Exkurs: Bauliche Veränderung

Fehlende Zustimmung beeinträchtigter Wohnungseigentümer=> führt fehlende Zustimmung nunmehr zu schwebender Unwirksamkeit?

§ 16 Abs. 6 WEG: „Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen.“

• Soll Schicksal der baulichen Veränderung nach Ablauf der Anfechtungsfrist dem Streit der Wohnungseigentümer entzogen werden?

• Argument hilfreich, dass nur diejenigen zahlen müssen (BGH v. 11.11.2011, V ZR 65/11, ZWE 2012, 86) und nutzen dürfen, die zugestimmt haben?

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Exkurs: Bauliche Veränderung

Appell der Instanzgerichte: Bauliche Veränderung nur aufgrund Beschlussfassung

• LG München I (v. 6.7.2015, 1 S 22070/14, ZfIR 2015, 813)

• LG Hamburg (v. 16.1.2013, 318 S 55/12, ZMR 2013, 373)

• AG Hamburg-Barmbek (v. 14.1.2015, 882 C 17/14, ZMR 2015, 578)

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Exkurs: Bauliche Veränderung

Bauliche Veränderung nur aufgrund Beschlussfassung

BGH (v. 7.2.2014, V ZR 25/13, ZWE 2014, 178): „Ob § 22 Abs. 1 WEG in der seit dem 1. Juli 2007 geltenden Fassung die Entscheidung durch förmlichen Beschluss zwingend vorschreibt oder ob - wie nach der zuvor geltenden Fassung der Norm - weiterhin eine formlose Zustimmung derjenigen Wohnungseigentümer ausreicht, deren Zustimmung gemäß § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG erforderlich ist, ist umstritten. Der Senat hat diese Frage bislang offen gelassen. Sie bedarf auch hier keiner Entscheidung, weil die Revision hinsichtlich des Klageantrags zu 1 nach beiden Auffassungen zurückzuweisen ist.“

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Exkurs: Bauliche Veränderung

Verfahrenskostenbelastung des Verwalters

LG München I (v. 27.4.2009, 1 S 19129/08, ZMR 2009, 874): „Keine Kostenbelastung des Verwalters, wenn er bei fehlender Allstimmigkeit Negativ-Beschluss verkündet.“

LG Karlsruhe (v. 15.9.2011, 11 T 302/11, ZWE 2012, 184): „Auch nicht bei Verkündung eines positiven Beschlusses bei fehlender Allstimmigkeit, soweit mittels Bedenkenhinweis auf Anfechtungsrisiken hingewiesen wurde.“

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