Oekotourismus als Mittel zur Erreichung internationaler Entwicklungsziele

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Fachhochschule Eberswalde Master-Studiengang Nachhaltiger Tourismus WS – 2004/05 Seminararbeit Ökotourismus Prof. Dr. Wolfgang Strasdas Thema : Ökotourismus als Mittel zur Erreichung internationaler Entwicklungsziele Marcus Bauer Neue Hochstr. 30 13347 Berlin Matr.-Nr.: 620 415 Datum der Abgabe : 07. März 2005

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Inwieweit können diese Ökotourismusprojekte einen Beitrag zur Erreichung der internationalen Entwicklungsziele leisten? Mit dieser Frage beschäftigt sich diese Arbeit. Nachfolgend soll anhand eines konkreten Projektes in Ostafrika untersucht werden, inwieweit Ökotourismus in der Realität zur Erreichung von nachhaltigen Entwicklungszielen beitragen kann.

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Fachhochschule Eberswalde Master-Studiengang

Nachhaltiger Tourismus

WS – 2004/05

Seminararbeit Ökotourismus

Prof. Dr. Wolfgang Strasdas

Thema :

Ökotourismus als Mittel zur Erreichung internationaler Entwicklungsziele

Marcus Bauer Neue Hochstr. 30 13347 Berlin

Matr.-Nr.: 620 415

Datum der Abgabe : 07. März 2005

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Ehrenwörtliche Erklärung "Ich erkläre hiermit an Eides Statt, dass

1. ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe,

2. die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken als solche kenntlich gemacht sind,

3. dieses Exemplar mit der beurteilten Arbeit übereinstimmt und

4. diese Arbeit bisher in gleicher oder ähnlicher Form keiner anderen Prüfungs-behörde vorgelegt und auch noch nicht veröffentlicht wurde."

Berlin, den 07. März 02005 Marcus Bauer

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INHALTSVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis.................................................................................................IV

Darstellungsverzeichnis ................................................................................................. V

Einleitung ......................................................................................................................... 1

1 Fakten zum weltweiten Tourismus .......................................................................... 3

2 Anforderungen an Ökotourismus ............................................................................ 4

3 Internationale Entwicklungziele............................................................................... 9

4 Deutsche Entwicklungspolitik und Tourismus .................................................... 12

5 Der Chumbe Island Coral Park - nachhaltige Entwicklung durch Ökotourismus ............................................................................................................ 14

Ausgangssituation....................................................................................................... 14

Bildung ....................................................................................................................... 15

Forschung ................................................................................................................... 16

Erhalt der biologischen Vielfalt.................................................................................. 16

Gebäude ...................................................................................................................... 17

Energieversorgung...................................................................................................... 18

Wasser-Ver- und entsorgungs-System ....................................................................... 18

Müllvermeidung und adäquate Entsorgung................................................................ 18

Empowerment ............................................................................................................. 18

Partizipation................................................................................................................ 18

Stärkung der lokalen Wirtschaft ................................................................................. 19

Marketing ................................................................................................................... 19

Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen, Netzwerkbildung................................................................................................. 20

Wirtschaftlichkeit ....................................................................................................... 21

6 Ökotourismus als Mittel zur Erreichung internationaler Entwicklungsziele ..................................................................................................... 22

Literaturverzeichnis ...................................................................................................... 25

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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

BMZ Deutsches Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

CBT Community-based Tourism

CHICOP Chumbe Island Coral Park

IUCN World Conservation Union

KMU Kleine- und mittelständische Unternehmen

NGO Non-governmental Organization

OECD Organisation for Economic Co-Operation and Development

PPP Public-Private-Partnership

ST-EP Sustainable Tourism – Eleminating Poverty

TIES The International Ecotourism Society

UNDP United Nations Development Programme

WTO World Tourism Organisation

WTTC World Travel and Tourism Council

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V

DARSTELLUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Ecotourism – A Balancing Act Seite 4

Abbildung 2: Das Chumbe-Ökoresort Seite 17

Abbildung 3: Skizze eines Öko-Bungalows auf Chumbe Island Seite 17

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EINLEITUNG

Tourismus ist einer der weltweit größten Wirtschaftszweige und nimmt dadurch in erheblichem Maße Einfluss auf die globale Entwicklung. Dieser Einfluss kann negativ sein, vor allem, wenn ökonomische Interessen die einzige Entscheidungsgrundlage für Tourismus bilden. Ein nachhaltiger Tourismus berücksichtigt gleichermaßen ökonomische, ökologische und soziokulturelle Interessen. Damit kann er einen wertvollen Beitrag zu einer nachhaltigen Gesamtentwicklung leisten. Dies gilt in besonderem Maße hinsichtlich ökologischer Aspekte. Nutzt man Natur zur Erreichung eines kurzfristigen Nutzens, zerstört man langfristig seine Lebensgrundlage. Ökotourismus stellt ein Mittel dar, Natur langfristig in Wert zu setzen. Als solches berücksichtigt er neben ökologischen auch soziale, kulturelle und ökonomische Bereiche.

Eine nachhaltige Entwicklung ist auch die Vorgabe für die weltweite Entwicklung. Diese folgt bestimmten Zielen, die auf internationaler Ebene formuliert wurden und damit eine Richtung auch für die Entwicklung von Nationalstaaten vorgeben. Zur Erreichung dieser Ziele arbeiten die ökonomisch wohlhabenderen Staaten mit den sogenannten Entwicklungsländern zusammen. Deutschland, als Nationalstaat wie auch als Mitglied der Europäischen Union und der Vereinten Nationen, ist einer der größten Partner in der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit. Zur Umsetzung von Entwicklungsprojekten werden auch touristische Elemente eingebunden, dort wo dies angebracht ist, auch ökotouristische.

Inwieweit können diese Ökotourismusprojekte einen Beitrag zur Erreichung der internationalen Entwicklungsziele leisten?

Mit dieser Frage beschäftigt sich diese Arbeit.

Nachfolgend soll anhand eines konkreten Projektes in Ostafrika untersucht werden, inwieweit Ökotourismus in der Realität zur Erreichung von nachhaltigen Entwicklungszielen beitragen kann.

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Kapitel 1 nennt einige Fakten zum internationalen Tourismus .

In Kapitel 2 wird aufgezeigt, was Ökotourismus ist, welche Bestandteile ihn auszeichnen und welche Anforderungen an ihn gestellt werden. Zudem wird beschrieben, wie die relevanten Akteure im Tourismus zur Entwicklung von Ökotourismus beitragen können.

In Kapitel 3 werden allgemeine internationale Entwicklungsziele vorgestellt. Dabei werden insbesondere die Ziele genannt, die im Rahmen dieser Arbeit relevant sind.

Kapitel 4 beleuchtet die Deutsche Entwicklungspolitik und die Stellung des Tourismus in diesem Zusammenhang.

In Kapitel 5 wird das Projekt Chumbe Island Coral Park hinsichtlich dessen Beitrag zur Erreichung internationaler Entwicklungsziele beschrieben.

Kapitel 6 fasst zusammen und gibt einen Ausblick.

«Biodiversität ist gerade in Entwicklungsländern eine lebensnotwendige Ressource,

eine Schlüsselkomponente der Armutsbekämpfung und der Krisenprävention. Sie ist ein bisher kaum genutzter Rohstoff in Zukunftsbranchen (Tourismus, Biotechnologie/Pharma, Süßwasser) und der wichtigste Beitrag vieler Entwicklungsländer zum Schutz der globalen Umwelt.»1

Anmerkung: Bei Textübersetzungen wurde versucht, den Originaltext inhaltlich richtig, aber nicht unbedingt wörtlich korrekt, wiederzugeben. Teilweise wurden die Texte gekürzt.

1 BMZ (Hg.), Materialien Nr. 125, Globalisierung gerecht gestalten – Entwicklungspolitik konkret,

BMZ, Bonn, 2004, S. 52

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1 FAKTEN ZUM WELTWEITEN TOURISMUS

Tourismus ist einer der größten Wirtschaftszweige weltweit – und er bewegt Menschen:

Anteil am weltweiten Bruttosozialprodukt ca. 12 %

Einnahmen / Ausgaben im grenzüberschreitenden Tourismus (2002)

482 Milliarden US-Dollar (OECD-Schätzung)

Einnahmen / Ausgaben im Tourismus insgesamt inkl. Binnentourismus (2002)

3,8 Billionen US-Dollar (OECD-Schätzung)

Beschäftigte ca. 235 Millionen

Anteil an Arbeitsplätzen weltweit ca. 12 % (OECD-Angaben)

Anzahl der Touristen im internationalen Tourismus (2002)

714,6 Millionen (Schätzung)

Anzahl der Touristen insgesamt einschließlich Inland und Mehrfachzählungen (2002)

5,4 Milliarden (Schätzung)

Zunahme gegenüber Vorjahr 3,1 % (Schätzung)

Anteil der westlichen Industrie länder an den gesamten Auslandsreisen

ca. 75 %

Anteil der Europäer an den gesamten Ausgaben im grenzüberschreitenden Tourismus

ca. 55 %

Tabelle 1: Zahlen zum weltweiten Tourismus (eigene Darstellung, Daten-Quelle: Fischer Weltalmanach 2004, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2003, Sp 1301ff)

Für viele Länder stellt Tourismus eine wichtige Einnahmequelle dar. Besonders groß ist die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus für Gebiete, in denen nur geringe Alternativen für Arbeitsplätze und Deviseneinnahmen bestehen (dies trifft insbesondere für viele kleine Inselstaaten in Entwicklungsländern zu).2 Doch Tourismus bringt nicht nur Segen. Überbeanspruchung von natürlichen Ressourcen, kulturelle und soziale Konflikte können den wirtschaftlichen Nutzen relativieren. Durch einen nachhaltigen Tourismus wird versucht, die Brücke zu schlagen zwischen ökonomischer Entwicklung, ökologischer Belastbarkeit und soziokultureller Verträglichkeit. Einen Teilbereich von nachhaltigem Tourismus stellt der Ökotourismus.3 dar.

2 Vg. Fischer Weltalmanach 2004, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2003, Sp. 1303f) 3 vgl. Strasdas, W., The Ecotourism Training Manual for Protected Area Managers, DSE / ZEL,

Zschortau, 2002, S. 6

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2 ANFORDERUNGEN AN ÖKOTOURISMUS

Eine verbreitete und weitgehend anerkannte Definition von Ökotourismus stammt von The International Ecotourism Society (TIES) 4:

«Ecotourism is responsible travel to natural areas which conserves the environment and

improves the welfare of local people.»

Damit enthält Ökotourismus die Dimensionen Reisen, Natur, Schutz und Wohlfahrt. Er muss diese Dimensionen in ein Gleichgewicht setzen, Strasdas spricht von einem „Balanceakt“5:

Abbildung 1: Ecotourism – A Balancing Act (Quelle: Strasdas, DSE/ZEL 2002)

4 The International Ecotourism Society, http://www.ecotourism.org/index2.php?what-is-ecotourism, 06.03.2005 5 Strasdas, W., The Ecotourism Training Manual for Protected Area Managers, DSE / ZEL, Zschortau,

2002, S. 40

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Die Definition der World Conservation Union IUCN 6 erwähnt zusätzlich die Dimensionen kulturelle Besonderheiten, geringen Einfluss durch Besucher und aktive Beteiligung der Lokalbevölkerung:

«Environmentally responsible travel to natural areas, in order to enjoy and appreciate

nature (and accompanying cultural features, both past and present) that promote conservation, have a low visitor impact and provide for beneficially active socio-economic involvement of local peoples.»

David Western, der erste Präsident von TIES, beschreibt die Entwicklungsfunktion von Ökotourismus:

«Ecotourism´s emphasis on local resources and employment makes it attractive to

developing countries. [...] Nature-based tourism is the engine of many tropical island economies in the Caribbean, Pacific, and Indian oceans. [...] Ecotourism is about creating and satisfying a hunger for nature, about exploiting tourism´s potential for conservation and development, and about averting its negative impact on ecology, culture, and aesthetics.»7

Neben der besonderen Bedeutung für Entwicklungsländer, insbesondere für die wirtschaftliche Entwicklung von Inselstaaten, nennt er auch die Dimension Ästhetik.

2002 war das Internationale Jahr des Ökotourismus . Im Mai 2002 fand in Quebec, Kanada, das World Ecotourism Summit statt, an dem über 1.100 Delegierte aus 133 Staaten teilnahmen. Im Rahmen der Konferenz haben über 5.000 Experten Handlungsempfehlungen erarbeitet, die Quebec Declaration on Ecotourism8. Diese soll Grundlage sein für Empfehlungen der Vereinten Nationen zur Entwicklung von Ökotourismus-Aktivitäten im Kontext nachhaltiger Entwicklung. 6 vgl. http://nature.org/aboutus/travel/ecotourism/about/art667.html, 20.02.2005 7 David Western, Defining Ecotourism, in: Lindberg, K./Hawkins D.E. (Hg.) Ecotourism – a guide for

planners and managers, Vol.1, The International Ecotourism Society, Vermont, 1993, Seite 8 8 http://www.uneptie.org/pc/tourism/ecotourism/documents.htm

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Die Konferenz kam zu drei hauptsächlichen Schlussfolgerungen (gekürzt):

- Ecotourism is established as a politically valuable concept. Over 50 countries

have developed special policies and strategies focused on ecotourism at national level. The concept of ecotourism proved its relevance as it positions natural and cultural diversity as a tourism asset. It also stresses the participation of host communities and mandates the educational value of leisure experience.

- Ecotourism has mixed reviews. Concrete evidence shows that, if managed in a

sustainable manner, ecotourism helps conserve biodiversity, alleviates poverty in rural areas, and can provide benefits to local and indigenous communities situated near, or in, officially protected areas. Evidence also suggests that "greenwashing" exists and the term "ecotourism" has been abused.

- Tourism is now acknowledged as a global economic driver. The main challenge for the future is to apply the principles of ecotourism / sustainable tourism to all forms of tourism development.9

Als Unterscheidung vom breiter gefassten Konzept des nachhaltigen Tourismus werden in der Erklärung zum Ökotourismus die folgenden Prinzipien10 genannt:

- Aktiver Beitrag zu Natur- und Kulturerhalt

- Einbeziehung lokaler und indigener Gemeinschaften in Planung, Entwicklung und Betrieb und das Beitragen zu deren Wohlbefinden

- Erklärung von Kultur- und Naturerbe des Zielgebietes an die Besucher

- Ansprache besonders von Individualreisenden und kleinen organisierten Gruppen

Zudem wird betont, dass Ökotourismus eine Führungsrolle bei der Einführung nachhaltiger Praktiken im Tourismussektor inne hat.

9 http://www.uneptie.org/pc/tourism/ecotourism/outcomes.htm, 03.03.2005 10 http://www.uneptie.org/pc/tourism/ecotourism/documents.htm, 14.12.2004

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An die einzelnen relevanten Akteure ergehen Handlungsrichtlinien (jeweils verkürzte Darstellung, die Gruppen D,E,F der Erklärung wurden nicht berücksichtigt, da sie nur indirekt auf den Untersuchungsgegenstand Einfluss nehmen): A An die nationalen, regionalen und lokalen Regierungen

a) Erstellung von Ökotourismusleitlinien b) Garantie u.a. von Landrechten und Naturschutz c) Sicherung der Beteiligung aller relevanten Gruppen d) Forschung und Bereitstellung von Forschungsergebnissen e) Gewähr von Unterstützung bei technischer, finanzieller und personeller

Entwicklung für KMU f) Bereitstellung angemessener (finanzieller) Unterstützung zur Sicherung

verletzlicher Ökosysteme und anfälliger Lebensräume g) Einbeziehung von KMU und CBT-, NGO-basierter Tourismusorganisationen

in staatliche Tourismuswerbeaktivitäten h) Bereitstellung von Anreizen zur Übernahme von Ökotourismus-Prinzipien für

Reiseveranstalter und andere Dienstleister i) Sicherstellung von grundlegenden Umwelt- und Gesundheitsstandards (u.a.

Müllentsorgung, Abwässer, Schutz von Wasserscheiden sowie Sicherstellung von staatlichen Investitionen in nachhaltige Infrastruktur)

j) Unterstützung von Institutionen, die in Ökotourismusforschung investieren k) Einbeziehung internationaler Richtlinien, Prinzipien und Ethik-Kodizes zum

nachhaltigem Tourismus in die nationale Gesetzgebung l) Förderung und Entwicklung von Umweltbildungsprogrammen für Kinder und

junge Erwachsene

B An den Privatsektor

m) Berücksichtigung (gedanklich) des Anspruchs der Wohlfahrt aller Beteiligten (Projektbesitzer, Investoren, Manager, Angestellte, lokale Bevölkerung, Naturschutzorganisationen)

n) Minimierung von negativen Umwelteinflüssen und positive Beiträge zum Umweltschutz

o) Sicherstellung der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsprinzipien bei Design, Planung und Betrieb von Ökotourismus-Einrichtungen

p) Zertifizierung bzw. freiwillige Selbstverpflichtung (z.B. durch Annahme von Ecolabels)

q) Zusammenarbeit mit staatlichen und nichtstaatlichen Naturschutz und Schutzgebiets-Organisationen, um eine Kohärenz mit betreffenden Managementplänen und Regelungen sicherzustellen.

r) Verwendung lokaler Materialien und Produkte sowie lokaler logistischer und humaner Ressourcen zur Wahrung der Authentizität des ökotouristischen

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Produktes und zur Steigerung des finanziellen Beitrages und sonstigen Nutzens der Region. Investition in lokale Berufsausbildung zur Erreichung dieser Ziele

s) Förderung von ethischem und umweltbewusstem Handeln der Kunden und Förderung von freiwilliger Unterstützung der lokalen Bevölkerung oder von Schutzinitiativen

t) Erzeugung von Bewusstsein über lokale, nationale und globale Umwelt- und Kultursachverhalte bei Personal und Management durch dauerhafte Umweltbildung, Unterstützung von deren Beiträgen zu Erhalt, gesellschaftlicher ökonomischer Entwicklung und Armutsbekämpfung

u) Entwicklung vielfältiger touristischer Aktivitäten zur Ausweitung des potentiellen Nutzens durch Ökotourismus

C An Nicht-Regierungsorganisationen, gemeindebasierte Vereinigungen und

Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen

v) Unterstützung von ökotouristischen Destinationen mit Technik und Finanzen sowie bei Ausbildung und Kapazitätsbildung

w) Erforschung der Auswirkungen von Ökotourismus-Aktivitäten auf Ökosysteme, Biodiversität, lokale und indigene Kulturen und die sozio-ökonomische Substanz der ökotouristischen Zielgebiete

x) Zusammenarbeit mit staatlichen und privaten Organisationen zur Sicherstellung, dass Forschungsergebnisse die Entscheidungsprozesse in Ökotourismus-Entwicklung und –Planung unterstützen

Die genannten Handlungsempfehlungen spiegeln in großem Maße die Inhalte internationaler Entwicklungsziele wider.

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3 INTERNATIONALE ENTWICKLUNGZIELE

Die nachfolgend aufgeführten Beschreibungen enthalten im wesentlichen gleiche Ansätze und Aussagen und zeigen eine klare Richtung der internationalen Entwicklung auf. In Hinblick auf die Entwicklung des Tourismus können sie damit als Überbau für bereits bestehende Vereinbarungen und zukünftige Entwicklungen angesehen werden.

Auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 wurde mit der Agenda 21 der Rahmen für eine nachhaltige Entwicklung vorgegeben. Diese verknüpft folgende Ziele: die Verbesserung der politischen und gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen der Menschen mit der langfristigen Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen.11

Der Ausdruck „Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen“ wird in der Biodiversitätskonvention von 1992 vertieft. Es geht um den Erhalt der biologischen Vielfalt (Gene, Arten, Ökosysteme) und um die nachhaltige Nutzung ihrer Bestandteile. Sie wurde zwischenzeitlich von 188 Staaten unterschrieben 12 : In Artikel 10: „Nachhaltige Nutzung von Bestandteilen der Biodiversität“, heißt es, «alle

Unterzeichner sollen, so weit als möglich und angebracht»13:

(a) Integrate consideration of the conservation and sustainable use of biological resources into national decision-making;

(b) Adopt measures relating to the use of biological resources to avoid or minimize adverse impacts on biological diversity;

(c) Protect and encourage customary use of biological resources in accordance with traditional cultural practices that are compatible with conservation or sustainable use requirements;

(d) Support local populations to develop and implement remedial action in degraded areas where biological diversity has been reduced; and

(e) Encourage cooperation between its governmental authorities and its private sector in developing methods for sustainable use of biological resources.14

11 Vgl. Holtz, U., Entwicklungspolitik - Bilanz und Herausforderungen, in Kaiser, K./Schwarz, H.P.

(Hg.), Weltpolitik im neuen Jahrhundert, Schrifenreihe Band 364, BPB, Bonn, 2000, S. 496 f. 12 http://www.biodiv.org/world/parties.asp, 03.03.2005 13 http://www.biodiv.org/convention/articles.asp, 03.03.2005 14 http://www.biodiv.org/convention/articles.asp?lg=0&a=cbd-10, 03.03.2005

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Auf die Aspekte der menschlichen Entwicklung geht das Programm für Entwicklung der Vereinten Nationen (UNDP)15 ein. Es nennt vier wesentliche Komponenten:

- Produktivität: Die Menschen müssen in die Lage versetzt werden, ihre Produktivität zu erhöhen und an der Erzielung von Einkommen und an der Ausübung einer bezahlten Beschäftigung voll mitzuwirken. Wirtschaftswachstum ist daher einer der Bestandteile von Modellen der menschlichen Entwicklung.

- Gleichberechtigung : Alle Menschen müssen Zugang zu den gleichen Chancen haben. Alle Hindernisse für ökonomische und politische Chancen müssen beseitigt werden, damit die Menschen an ihnen teilhaben und von ihnen profitieren können.

- Nachhaltigkeit: Der Zugang zu Chancen muss nicht nur für die heutigen, sondern auch für die künftigen Generationen gesichert werden. Alle Formen von Kapital – das materielle und das menschliche ebenso wie das Kapital unserer Umwelt – müssen wieder aufgefüllt werden.

- Ermächtigung : Entwicklung muss durch die Menschen erfolgen, nicht nur für sie. Die Menschen müssen voll und ganz an den Entscheidungen und Prozessen mitwirken, die ihr Leben bestimmen.

Zusätzlich zu nennen sind die Millennium-Entwicklungsziele16, die aus der Millenniums-Deklaration der Vereinten Nationen von 2000 abgeleitet wurden. Im Kontext dieser Arbeit sind insbesondere folgende Ziele interessant:

- 1: Extreme Armut und Hunger beseitigen - 2: Allgemeine Grundschulbildung verwirklichen - 3: Gleichstellung der Geschlechter fördern - 7: Ökologische Nachhaltigkeit sichern - 8: Weltweite Entwicklungspartnerschaft aufbauen

Die hier genannten Oberziele werden im Originaltext näher definiert. Jedes Ziel soll bis zum Jahr 2015 erreicht werden.

15 UNDP, Bericht über die menschliche Entwicklung 1995, Bonn, 1995, S. 14, in: Informationen zur

politischen Bildung Nr. 252: Entwicklungsländer, Neudruck 2002, BPB, Bonn, Sonderauflage der LPB Berlin

16 vgl. Weltentwicklungsbericht 2004, Funktionierende Dienstleistungen für arme Menschen, Weltbank, Sonderausgabe für die BPB, UNO-Verlag, Bonn, 2004, S. 2

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Die genannten Konventionen und Programme wurden von der Mehrzahl der Staaten unterzeichnet. Aus ihnen leiten sich verschiedene internationale Vereinbarungen, die den Tourismussektor betreffen, ab (Auszug):

- Charta für Nachhaltigen Tourismus (Welt-Konferenz für Nachhaltigen Tourismus, 1995)

- Agenda 21 für die Reise und Tourismus-Industrie (World Travel and Tourism Council, World Tourism Organization, Earth Council, 1996)

- Globaler Ethik-Codex für den Tourismus (WTO, 1999) - Quebec-Declaration on Eco-Tourism (UNEP, WTO, 2002) - Richtlinien über Biodiversität und Tourismusentwicklung (2004)

Die Vereinten Nationen als gemeinsames Forum der Staaten der Welt geben mit den genannten Entwicklungszielen eine Richtung für die nationale Politik der Mitgliedsstaaten vor. Es ist zu erwarten, dass diese Ziele langfristig konkret in der Politik der meisten Staaten umgesetzt werden.

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4 DEUTSCHE ENTWICKLUNGSPOLITIK UND TOURISMUS

Die deutsche Entwicklungspolitik bewegt sich im wesentlichen im Rahmen der beschriebenen internationalen Entwicklungsziele. Durch bilaterale wie auch durch multilaterale Entwicklungszusammenarbeit trägt sie zu deren Verwirklichung in anderen Staaten bei und «orientiert sich dabei am Leitbild der nachhaltigen

Entwicklung.»17 Zusätzlich zu den Zielen der Konferenz für Umwelt und Entwicklung

der Vereinten Nationen 1992 kommt hier allerdings noch die Dimension der politischen Stabilität hinzu.

Die vier Zieldimensionen der deutschen Entwicklungspolitik18:

- Soziale Gerechtigkeit - Sozialer Ausgleich - Soziale Grunddienste - Armutsmindernde Rahmenbedingungen

- Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit - Handel- und Finanzsysteme - Armutsminderndes Wachstum - Wirtschaftliche Zusammenarbeit

- Ökologische Nachhaltigkeit - Umwelt- und Ressourcenschutz - Schutz der biologischen Vielfalt - Förderung regenerativer Energien

- Politische Stabilität - Gleichstellung beider Geschlechter - Menschenrechte - Demokratie - Frieden

17 BMZ (Hg.), Umwelt – Entwicklung – Nachhaltigkeit, Entwicklungspolitik und Ökologie, BMZ, Bonn, 2002, S. 13

17 BMZ (Hg.), Umwelt – Entwicklung – Nachhaltigkeit, Entwicklungspolitik und Ökologie, BMZ, Bonn, 2002, S. 13

18 BMZ, Entwicklungspolitik im Schaubild, in: Umwelt – Entwicklung – Nachhaltigkeit, Entwicklungspolitik und Ökologie, BMZ, Bonn, 2002, S. 10

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Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit wird von verschiedenen Institutionen durchgeführt: dem BMZ, bzw. anderen Ressorts, kirchlichen Organisationen, Parteien / politischen Stiftungen und sonstigen privaten Institutionen. Die staatliche Entwicklungszusammenarbeit wird für das BMZ, bzw. andere Ressorts, über Durchführungsorganisationen erbracht. Zu nennen sind hier u.a. das Centrum für internationale Migration (CIM), der Deutsche Entwicklungsdienst (DED), die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und die Internationale Weiterbildung und Entwicklung gGmbH (InWent). Diese Institutionen führen in unterschiedlich großem Umfang Aufgaben im Bereich Tourismus aus (verkürzte Auflistung): Die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit führte Ende 2004 ca. sechzig Projekte mit zumindest einer Teilkomponente im touristischen Bereich durch19. Laut Bundesregierung20 war der deutsche Entwicklungsdienst DED mit 18 Personen (April 2004) im touristischen Bereich vertreten, über das Centrum für internationale Migration (CIM) waren sieben Fachkräfte in touristischen Projekten aktiv. InWent war mit mehreren Projekten in Afrika, Asien und Osteuropa tätig. Bei der Berücksichtigung touristischer Projekte durch die Entwicklungszusammenarbeit wird der Tourismus von der Bundesregierung überwiegend als «eine Komponente in

umfassenden Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit, bspw. in der Regionalentwicklung, Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung sowie im Ressourcenschutz» angesehen. Die Anfragen aus den Entwicklungs- und Transformationsländern richten sich vor allem nach «Unterstützung, von der Beratung

in der Tourismuspolitik über den Aufbau einer touristischen Infrastruktur bis hin zur

Förderung von Initiativen auf lokaler, überregionaler und internationaler Ebene»21. Hinsichtlich der ökologischen Verträglichkeit der unterstützten Tourismusprojekte ist festzustellen, dass alle durchgeführten Projekte, also auch solche mit touristischer Komponente, einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Diese orientiert sich am Umwelthandbuch des BMZ, das in einem Kapitel speziell die für den Tourismussektor typischen Aktivitätenfelder und deren mögliche Wirkungen auf die natürliche und soziale Umwelt behandelt. 22 Gegebenenfalls wird, um ökologische

Nachhaltigkeit zu erreichen, von den Partnerländern « Reform des Rechtssystems und der öffentlichen Verwaltung»23 eingefordert.

19 vgl. http://www2.gtz.de/tourismus/download/tourismusrelevante_projekte.pdf, 05.03.2005 20 Deutscher Bundestag Drucksache 15/3031 vom 30.04.2004 21 Deutscher Bundestag Drucksache 15/3031 vom 30.04.2004 22 vgl. http://www.virtual-institute.de/en/Prax1997/epr97_26.cfm, 04.03.2005 23 BMZ (Hg.), Umwelt – Entwicklung – Nachhaltigkeit, Entwicklungspolitik und Ökologie, BMZ,

Bonn, 2002, S. 15

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5 DER CHUMBE ISLAND CORAL PARK - NACHHALTIGE ENTWICKLUNG DURCH ÖKOTOURISMUS

In diesem Kapitel wird anhand eines praktischen Beispiels dargestellt, inwieweit Ökotourismus zur Erreichung von Entwicklungszielen beitragen kann. Untersuchungsgegenstand ist das Projekt Chumbe Island Coral Park (CHICOP) 24 . Dieses wurde aus mehreren Gründen ausgewählt: Es ist mehrfach bei Wettbewerben zum nachhaltigen Tourismus ausgezeichnet worden. Es wurde von renommierten internationa len Institutionen als Naturschutzprojekt anerkannt und positiv hervorgehoben. Es ist ein privates Projekt, das ohne staatliche Zuschüsse wirtschaftet und das sich trotzdem mittlerweile weitgehend selbst trägt. Als solches kann es Beispiel gebend sein für private Naturschutz-Initiativen. Damit kann es insbesondere im Hinblick auf die wachsende Bedeutung von Public-Private-Partnership eine wichtige Rolle als Vorbild, Diskussionsgrundlage und Basis spielen.

Ausgangssituation

Die Insel Chumbe liegt zwischen der tansanischen Küste und Sansibar im Indischen Ozean. Das Projekt Chumbe Island Coral Park Ltd. (CHICOP) wurde 1990 auf private Initiative gegründet. Mit Anerkennung als Schutzgebiet durch die sansibarische Regierung wurde die Insel zum ersten Marinepark von Tansania und der „erste private“ Marinepark der Welt («to our knowledge also the first and only private marine park in the world»25)

Das Investitionsvolumen für das Projekt lag bei «rund einer Million US-Dollar, davon

wurden ca. zwei Drittel von der Projekt-Initiatorin, einer Naturschützerin und ehemaligen Entwicklungshelferin erbracht» 26 . Das Projekt versteht sich selbst als

Naturschutzprojekt. Seit 1998 betreibt das Projekt eine touristische Anlage. Um die Tragfähigkeit der Insel nicht zu gefährden, werden «nicht mehr als ca. 5.000

Übernachtungsgäste pro Jahr beherbergt.»27

24 die Informationen zum Projekt sind hauptsächlich der Web-Site www.chumbeisland.com entnommen, teilweise entstammen sie persönlichen Gesprächen mit der Gründerin des Projektes (Stand der Informationen Februar 2005), andere Quellen sind kenntlich gemacht.

25 Riedmiller, S., in: Habiri, 12. Infobrief des Tansania-Network.de e.V., Ausgabe 4/01, S. 40 26 Riedmiller, S., in: Habiri, 12. Infobrief des Tansania-Network.de e.V., Ausgabe 4/01, S. 40 27 Riedmiller, S., in: Habiri, 12. Infobrief des Tansania-Network.de e.V., Ausgabe 4/01, S. 42

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Nachfolgend werden zusammengefasst die einzelnen Teilbereiche des Projektes CHICOP vorgestellt, um deren Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung aufzuzeigen.

Bildung

Die Angestellten des Projektes stammen hauptsächlich aus der lokalen Bevölkerung, vor allem aus ehemaligen Fischerfamilien aus der Umgebung. Durch das Projekt erzielen ca. vierzig Personen ein Einkommen. Das vergleichsweise geringe Bildungsniveau machte eine grundlegende Ausbildung notwendig. Hinzu kommt die Tatsache, dass die (meisten) Angestellten kaum Erfahrung mit Tourismus hatten, geschweige denn die Ansprüche von Touristen aus Industrieländern kannten. Den Beschäftigten wurden Fremdsprachenkenntnisse vermittelt und sie wurden in den jeweiligen Tätigkeitsfeldern (Ranger, Service, Verwaltung, Küche, Instandhaltung etc.) ausgebildet. Zudem wurde dem Personal die Bedeutung des Riffes, des Waldes und der Sinn einer nachhaltigen Nutzung nahe gebracht. So wurde ein Verständnis für den Zweck der im Umweltschutz durchgeführten Maßnahmen erreicht. Diese Umweltbildung kann nun an die Besucher des Projektes weitervermittelt werden.

Das Chumbe Education Programme

In den sansibarischen Schulen werden regelmäßig Unterrichtseinheiten und Lehrerfortbildungen angeboten. Die Unterrichtseinheiten beinhalten Ausflüge nach Chumbe Island. Im Jahr 2004 besuchten fast 800 Schüler die Insel im Rahmen von Exkursionen zur Umweltbildung. Während dieser Ausflüge werden geführte Wanderungen durch den Urwald und Schnorcheltouren in das Riff angeboten. Diese Art der Wissensvermittlung steht in Gegensatz zu den üblichen Frontal-Lehrmethoden. Statt Fakten auswendig zu lernen, begreifen und erleben die Schüler die sie umgebende Natur und erhalten so eher einen Eindruck von deren Wert. Die Lehrer werden bei diesen Ausflügen mit Unterricht in der freien Natur vertraut gemacht und zur praktischen Nachahmung ermutigt. In speziellen Lehrerfortbildungsprogrammen werden die Ausflüge nach Chumbe vor- bzw. nachbereitet, damit sie als fester Bestandteil in den Naturkundeunterricht aufgenommen werden können. CHICOP hat eine offiziell vom Bildungsministerium anerkannte Unterrichtseinheit zum Korallenriff entwickelt.

Schwimmen ist auf Sansibar generell eher unüblich. Bedingt durch die islamische Kultur gilt dies insbesondere für Frauen. Durch die Ausflüge zur Insel bietet CHICOP ihnen die Möglichkeit, einen Eindruck von der Natur unter Wasser zu bekommen.

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Auch die Touristen auf Chumbe Island sind Adressat für Umweltbildung. Im Besucherzentrum und bei geführten Wanderungen durch den Wald und das Watt wird der besondere Wert von Chumbe Island vermittelt. Auf geführten Schnorcheltouren wird der Lebensraum Korallenriff erklärt.

Durch die Vermittlung von Umweltbildung durch Einheimische ergibt sich ein zusätzlicher Vorteil: das Wissen um die Bedeutung des Riffs kann an die übrige Bevölkerung von innen vermittelt werden, nicht von Außenstehenden. Dies führt zu einer hohen Akzeptanz. Die Fischer anerkennen die Funktion des Riffes als Brutfabrik und den daraus resultierenden Vorteil für alle Fischer. Der Schutzstatus wird nicht verletzt, die Bevölkerung entwickelt Eigentumsgefühle und Verantwortung für diese natürliche Ressource.

Forschung

Von den Rangern auf der Insel werden wöchentlich Berichte über Vorfälle und Beobachtungen im Riff- und im Waldschutzgebiet durchgeführt. Sie sind an zahlreichen Forschungsprojekten beteiligt. Die Forschungsprojekte werden in der Hauptsache in Zusammenarbeit mit dem Institute of Marine Sciences of the University of Dar es Salaam und den Departments of Environment, Forestry and Fisheries durchgeführt.

CHICOP bringt gewonnene Informationen und Erfahrungen auch in Diskussionsplattformen ein, so zum Beispiel beim Wise Coastal Practices for Sustainable Human Development Forum der UNESCO / CSI (Environment and development in coastal regions and in small islands). Dort wird Chumbe als „an example of island conservation for the Pacific“28 angesehen.

Erhalt der biologischen Vielfalt

Im vorgelagerten Saum-Riff sind mindestens neunzig Prozent aller in Ostafrika bekannten Steinkorallenarten vertreten, es kommen ca. 380 Fischarten aus fünfzig Familien vor. Durch den Schutz des Riffes konnte dieses als wichtige Brutstätte für Fische und Korallen gesichert werden. Durch Spill-over-Effekte hat sich dadurch der Fischanteil im gesamten Umfeld positiv entwickelt. Die Insel ist zu neunzig Prozent mit Urwald bedeckt. Auf ihr leben Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Schmetterlinge und Säugetiere. Darunter extrem seltene 28 Mali Voi, UNESCO Cultural Adviser for the Pacific, http://www.csiwisepractices.org/?read=195,

13.02.2005

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Arten wie der größte Landkrebs der Erde, der Palmendieb (Birgus latro), und die Aders Ducker-Zwergantilope (Cephalophus adersi ). Diese wurde 1997 wieder auf Chumbe angesiedelt, nachdem sie seit den fünfziger Jahren dort ausgerottet war. Auch einige Pflanzen sind ausgesprochen selten, z.B. der Busch Uvariodendron kirkii, der in der Region vorher als ausgerottet galt. Zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zur Gewährleistung eines natürlichen Gleichgewichts wurden 1997 die nicht heimischen Ratten auf der Insel ausgerottet. Damit wurde eine Voraussetzung geschaffen für die Wiederkehr von Brutvögeln und auch den Betrieb touristischer Anlagen.

Gebäude

Auf der Insel existierten bereits ein Leuchtturm, ein Wohnhaus und eine Moschee für die Familie des Leuchtturmwärters. Diese wurde im Rahmen des Projektes wieder instandgesetzt. Das Wohnhaus wurde zu einem Besucherzentrum inkl. Restaurant der Anlage ausgebaut, die Moschee dient den Angestellten zur Ausübung ihrer religiösen Praktiken. Der Leuchtturm wurde wieder gangbar gemacht und dient nun wieder als Orientierung für die lokalen Fischer. Zusätzlich wurden sieben Öko-Bungalows errichtet, die sich am Ziel der Null-Emission orientieren. Im gleichen Stil ist das ehemalige Wohnhaus ausgebaut worden.

Abbildung 3: Skizze eines Öko-Bungalows auf Chumbe Island (Quelle: http://archnet.org/library/files/one-file.tcl?file_id=667, pdf-download, 13.02.02005)

Abbildung 2: Das Chumbe-Ökoresort (Quelle: Chumbe West fisheye © Heinz Heile, www.chumbeisland.com), 13.02.02005

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Energieversorgung

Der Energiebedarf auf Chumbe Island wird bewusst gering gehalten, u.a. um Störungen nachtaktiver Tiere zu vermeiden. Die Bauweise der Anlage erlaubt eine natürliche Klimatisierung. Der Betrieb der Infrastruktur erfolgt über erneuerbare Energien. Mit der gleichen Technik wird auch die Beheizung des Wassers in den Sanitäranlagen erreicht. Zum Kochen wird zusätzlich Holzkohle verwendet.

Wasser-Ver- und entsorgungs-System

Die Bauweise der Anlage ermöglicht es, während der Regenzeit eine ausreichend große Menge Wasser in unterirdische Zisternen abzuleiten. Dieses Wasser dient zum Betrieb der Sanitäranlagen. Die Grauwasserentsorgung erfolgt über die Ableitung in Beete, deren Bepflanzung die organische Seife vollständig abbauen kann. Es werden wasserfreie Komposttoiletten verwendet.

Müllvermeidung und adäquate Entsorgung

Auf anorganische Produkte wird weitgehend verzichtet. Zum Transport der Lebensmittel vom Markt werden Körbe verwendet. Von der Verwendung von Plastik-Wasserflaschen wird abgeraten. Festmüll wird zur Verbrennung auf das Festland gebracht.

Empowerment

CHICOP macht hinsichtlich der Beschäftigungsmöglichkeiten keine Unterschiede zwischen Mann und Frau, sondern hat vielmehr aktiv die Beschäftigung von Frauen angeregt. Dies stellt in der auf Sansibar vorherrschenden islamischen Kultur und hier speziell im ländlichen Raum eine Besonderheit dar. Gleiches gilt für die Möglichkeit für Mädchen, im Rahmen der Schulexkursionen zu schwimmen.

Partizipation

Alle Projekt-Entscheidungen werden in wöchentlichen Diskussionsrunden getroffen. Dabei haben alle Betroffenen die Möglichkeit, ihre Meinungen und Wünsche zu äußern. Die Aufgaben der ausländischen Beschäftigten besteht hauptsächlich in Ausbildung der lokalen Angestellten, um diese zu befähigen, das Projekt in Eigenverantwortung führen zu können. Um dieses Ziel erreichen zu können, wurden von Anfang an nur allgemein akzeptierte, kulturell angepasste Entscheidungen umgesetzt. Eingaben aus dem Team wurden ausprobiert und entwickelt.

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Stärkung der lokalen Wirtschaft

CHICOP verwendet lokale Produkte, die auf dem Markt eingekauft wurden und kocht lokale Gerichte. Die in den Sanitäranlagen zu benutzende organische Seife wird durch eine Frauenkooperative auf Sansibar hergestellt.

Marketing

Der Außenauftritt findet hauptsächlich über die Website www.chumbeisland.com und die Verlinkung dieser Site statt. Neben der gezielten Bekanntmachung in der

«International Conservation Community» 29 , nutzt das Projekt die Teilnahme an

internationalen Umwelt-Wettbewerben als Mittel zur Bekanntheitssteigerung. Seit Bestehen wurden so u.a. folgende Preise gewonnen:

- Gewinner “GTZ - Best Website for Sustainable Tourism Products”, 2005

- Gewinner des "Responsible Tourism Award" 2004 - Anerkannt durch das Umweltministerium Sansibar als die

„Beste Institution zum Schutz und Erhalt maritimer Umwelt“, 2004

- Finalist des World Legacy Award 2004 - Finalist des „Aga Khan Architektur Preises“,

2001 und 2004 - „World Winner 2001“, Ökotourismus-Preis des

US-amerikanischen Condé Nast Traveler Magazine. - Gewinner des „Green Hotelier & Restaurateur

Environmental Award 2001“ - Gewinner des "2000 UNEP Global 500 Award for

Environmental Achievement" - Ausgewählt als Weltweites Projekt für

EXPO 2000 Weltausstellung in Hannover - Gewinner des "1999 British Airways Tourism for

Tomorrow – Southern Regional and Global Awards" - erwähnt als Good Practice durch die

International Coral Reef Initiative - ICRI

Durch die mit den Preisverleihungen einhergehende Medienpräsenz konnte der Bekanntheitsgrad des Projektes wesentlich verbessert werden. Die Marketingstrategie „Wettbewerbe“ wird als lukrativste von allen verfolgten Marketingstrategien angesehen.

29 Zitat und Beschreibung der Marketingstrategie vgl.: Carter, E./Marty F., Marketing of a Private Conservation Project, in: Rauschelbach, B./Schäfer, A./Steck, B.(Hg.), Cooperating for Sustainable Tourism, GTZ, Kasparek Verlag, Heidelberg, 2002, S. 134f

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Auch durch Berichte über das Projekt, z.B. eine Dokumentation des Bayrischen Rundfunks zur Antilopen-Ansiedlung, konnte das Modell wirksam nach außen auftreten. Informationsbroschüren werden auf Anfrage an lokale und internationale Vertriebspartner, bzw. eine spezielle Pressemappe an Journalisten versandt. Aus ökologischen Gründen wird, zumindest potentiellen Kunden, die Nutzung der Website angeraten. Zusätzlich bestehen Kooperationen mit Reisebüros und Reiseveranstaltern.

Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Organisationen, Netzwerkbildung

Dank einer aktiven Zusammenarbeit mit nationalen Behörden konnte Einfluss auf das Bewusstsein für die Schutzwürdigkeit der lokalen Umwelt genommen werden. In die Projektinitiierung waren sieben Regierungsbehörden eingebunden. Durch diese Zusammenarbeit konnte die Umwelt-Gesetzgebung positiv beeinflusst werden.

Seit Bestehen hat CHICOP ca. 50 freiwillige Helfer beschäftigt und konnte so relativ günstig Fachwissen, z.B. zum Aufbau der Solaranlage oder der Betriebskalkulation gewinnen. «Chumbe ist überwiegend von Volunteers aufgebaut worden.» 30 Diesen

wurde damit eine Möglichkeit gegeben, sich aktiv unter realen Bedingungen am Projektaufbau zu beteiligen. Zudem können sie als Werber für CHICOP angesehen werden.

Chumbe Island ist beim UNEP-World Conservation Monitoring Centre (WCMC) als Naturschutzgebiet offiziell registriert. Anerkennung der Forschungs- und Schutzbemühungen erfolgten durch die World Conservation Union (IUCN), den World Wide Fund for Nature (WWF) und das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP). Das Chumbe Educational Programme wird unterstützt vom Marine Education, Awareness and Biodiversity Program (MEAB), von der südafrikanischen Wildlife and Environment Society (WESSA), dem Reef Environmental Education Program der South African Development Cooperation (REEP-SADC) und der US-amerikanischen National Fish and Wildlife Foundation (NFWF). Für die Antilopen-Ansiedlung erhielt CHICOP Unterstützung von der Forstbehörde der sansibarischen Regierung, dem Tierpark München-Hellabrunn, der Mammal Ecology Research Group (MERG), Royal Holloway University London, der Chicago Zoological Society (CZS), Eco-tec (Zanzibar) Ltd., dem World Wide Fund for Nature (WWF), Fauna and Flora International (FFI), der British Ecological Society (BES), und British Airways.

30 S. Riedmiller, persönliches Gespräch am 22. 02. 2005

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CHICOP wird erwähnt auf einschlägigen Seiten in den Bereichen:

- Reiseinformation ( The Africa Guide) - Nachhaltiger Tourismus (www.responsibletravel.com) - Umweltschutz (African Conservation Foundation - ACF) - Küstenschutz (Internet Discussion Forum of the

UNESCO-Directorate for Environment and Development in Coastal Regions and Small Islands – CSI)

Durch die breite Streuung der Themenfelder (u.a. Architektur, Küstenschutz, Tauchen, Hotellerie, Nachhaltiger Tourismus) werden verschiedene potentie lle Kundengruppen angesprochen, die (so ist zu vermuten) sich einen Aufenthalt auf Chumbe finanziell auch leisten können.

Auf der Website www.chumbeisland.com ist das Projekt sehr detailliert beschrieben. Durch dieses «Wissenskapital – „kodifiziertes“ Wissen, das leicht über Raum und Zeit

hinweg transferiert werden kann» 31 ist eine gute Informationsmöglichkeit für

Interessierte und mögliche Nachahmer gegeben.

Wirtschaftlichkeit

Nach Aussage der Initiatorin beträgt die Auslastung der touristischen Anlage durchschnittlich fünfzig Prozent. Damit trägt sich das Projekt selbst. Allerdings betrifft dies nur die laufenden Ausgaben, eine Tilgung der Investitionskosten und eine Rücklagenbildung sind zur Zeit noch nicht möglich.

«Der Tourismus auf Sansibar wächst heftig.

Mit allem Wildwuchs, der damit einhergeht.»

«Der größte Erfolg? Dass wir überlebt haben.»32

31 Weltentwicklungsbericht 2003, Nachhaltige Entwicklung in einer dynamischen Welt, Weltbank, Sonderausgabe für die BPB, UNO-Verlag, Bonn, 2003, S. 21

32 S. Riedmiller, persönliches Gespräch am 06. 02. 2005

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6 ÖKOTOURISMUS ALS MITTEL ZUR ERREICHUNG INTERNATIONALER ENTWICKLUNGSZIELE

Perspektive Ökotourismus: Viele arme Länder setzen große Hoffnungen in den Tourismus. Artenvielfalt und intakte Ökosysteme sind dabei ihr Kapital. Der Tourismus schafft Arbeitsplätze und kann zukünftig eine wichtige Einnahmequelle werden. Vorausgesetzt, er ist nachhaltig: Er passt sich der Kultur und der Umwelt im Zielland an, und seine Einnahmen kommen den Menschen dort zugute. Ökotourismus – also nachhaltiger Tourismus in ökologisch sensiblen Gebieten – kann sogar Naturschutz finanzieren: Für viele Naturparks und Schutzgebiete ist er die einzige Einnahmequelle.33

Naturschutz ist traditionell eine staatliche Aufgabe. Der Staat erklärt den Schutzstatus für ein Gebiet und plant, oft unter Zuhilfenahme von Experten, dessen weitere Entwicklung. Zur Generierung von Einnahmen werden touristische Angebote geschaffen, die dann von staatlicher Seite oder über lizenzierte Unternehmen betrieben werden. Ökotourismus als Top-Down-Prozess.

CHICOP passt nicht in diesen Prozess, es stellt einen Sonderfall dar. Es ist privat initiiert, gemeinnützig organisiert, wird gemeindebasiert betrieben, nimmt Schutz- und Erhaltungsaufgaben für den Staat wahr und wird dabei ganz gewöhnlich als Kapitalgesellschaft besteuert. Ökotourismus als Bottom-Up-Prozess.

Naturschutz setzt staatliche Zustimmung und Akzeptanz voraus. Von internationaler Seite angeregte Initiativen können durch staatliche Organe verwirklicht werden. Der Staat hat Macht und Mittel, die Schutzziele durchzusetzen, der Lohn sind Prestige und Besucher. Werden Schutzinitiativen von privater Seite angeregt, hat im Umkehrschluss der Staat die Macht und die Mittel, diese Bestrebungen zu verhindern oder zu blockieren. Umweltschutz muss nicht zwingend in das politische Konzept passen.

Chumbe Island wurde geschützt, die touristische Infrastruktur wurde erlaubt. Allerdings nicht reibungslos:

33 BMZ (Hg.), Umwelt – Entwicklung – Nachhaltigkeit, Entwicklungspolitik und Ökologie, BMZ,

Bonn, 2002, S. 59

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«Ein Beispiel: als die Touristenbehörden in Zanzibar eine Besichtigung von Chumbe

Island durchführten, meinte Mr. Fikirini, einer der erfahrensten Fachleute Tanzanias, der schon über 20 Jahre im Geschäft ist, man sollte doch einen Swimmingpool bauen, um mehr Kunden herzulocken. Der Ratschlag war sicher gut gemeint, ging aber am Gesamtkonzept Chumbe Island und an den Erwartungshaltungen gerade dieser speziellen Touristengruppe völlig vorbei.»34

Laut der Initiatorin von CHICOP ist ein derartiges Projekt heutzutage in Sansibar gar nicht mehr denkbar, da für touristische Projekte ein Mindestinvestitionsvolumen von vier Millionen US-Dollar gegeben sein muss. «Ohne uns wäre das Riff mittlerweile

vermutlich gesprengt und der Wald abgeholzt.»35

Umso wertvoller, dass es Projekte wie CHICOP gibt. Dadurch kann nachhaltiger Tourismus und dazu gehört Ökotourismus, der speziell Individualreisende und organisierte Kleingruppen anspricht, von oben und von unten propagiert werden. Internationale Leitlinien geben einen Rahmen und das konkrete Projekt zeigt ein fertiges Bild.

Wenn Einvernehmen besteht über den Wunsch, Ökotourismus zu etablieren, kann CHICOP als gute Diskussionsgrundlage für PPP-Modelle angesehen werden.

«With an overall investment of approximately 1 Mill. US$ over eight years, the cost of

private management is probably considerably lower than would have been the case with a donor-funded project through the Government machinery. And, most importantly, there are better prospects for sustainability, as the incentives to struggle for commercial survival are much stronger for private operations than for donor-funded projects.»36

Die alte Einteilung «Resource managers have full power over wildlife resources.

Communities are poachers, know nothing about conservation, and therefore were alienated from conservation issues»37 wurde – im Fall Tansania - auch von staatlicher Seite zugunsten einer nachhaltigen Entwicklung verworfen.

34 Malisius, U., in: Habiri, 12. Infobrief des Tansania-Network.de e.V., Ausgabe 4/01, S. 18 35 S. Riedmiller, persönliches Gespräch am 22. 02. 2005 36 Riedmiller, S., in: Habiri, 12. Infobrief des Tansania-Network.de e.V., Ausgabe 4/01, S. 39 37 DSE – Seminar on Sustainable Tourism in PAS South Africa 2000, S. 32

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Hier bestehen große Chancen für eine Zusammenarbeit. Wo private Initiativen sich an Aufgaben wie Naturschutz, Bildung, gleichberechtigter Schaffung von Arbeitsplätzen etc. beteiligen, kann der Staat unterstützend tätig werden. Auf ordnungspolitischer Seite durch Rechtssicherheit, der Möglichkeit auch für Ausländer, Land für gemeinnützige Zwecke zu erwerben und angemessen ausgestaltete Investitionsauflagen. Auf fiskalpolitischer Seite durch steuerliche Anreize und finanzielle Beteiligung an Projekten, die staatliche Aufgaben mit übernehmen. Dann können alle Involvierten profitieren: die Politik, die Privatinvestoren, das Land, die Menschen und die Umwelt. «Tourism and Development – The win-win-Situation.»38

Nachhaltiger Tourismus spielt eine Rolle bei der Umsetzung von Entwicklungszielen. Er wird politisch wahrgenommen und gewinnt an Bedeutung (bspw. wurde die WTO innerhalb der Vereinten Nationen aufgewertet). Seine positiven Effekte, zum Beispiel bei der Armutsbekämpfung (vgl. ST-EP-Initiative), werden aufgezeigt und weiterentwickelt. Diese Prozesse geschehen unter Einbeziehung mehrerer touristischer Akteure: «Im Rahmen des Tourismus Policy Forums der World Tourism Organization

(WTO)», haben sich im Oktober 2004 erstmals «verschiedene internationale

Geberorganisationen, Vertreter/innen aus Entwicklungsländern und der Zivilgesellschaft zu einer internationalen Konferenz getroffen». Unter anderem ging es

um die Verbindung von «Tourismusthematik in Entwicklungsländern mit den

Millennium Development Goals (MDGs) der Vereinten Nationen.»39

Heute wird Tourismus in der Entwicklungszusammenarbeit noch als Mittel zum Zweck angesehen. Und diese Funktion erfüllt er auch bei privat initiierten Projekten wie CHICOP. Wenn sich gute Modelle für eine Public-Private-Partnership finden lassen, dann ist eine Emanzipation des Tourismus in der EZ denkbar: Tourismus nicht nur als Mittel zum Zweck, sondern auch als Selbstzweck. Wo außerordentliche Natur private Investoren lockt, da kann Tourismus intrinsisch motiviert auch die Zündung sein, die Ressourcenschutz anregt. Und nicht nur der Treibstoff, der extrinsisch motiviert Naturschutz am Laufen hält.

38 vgl. http://www2.gtz.de/tourismus/deutsch/materialien_2004.htm, 06.03.2005 39 Tippmann, K., Tourismus als Potenzial für Nachhaltigkeitsstrategien, in: GTZ intern, 12/2004 –

01/2005, GTZ, Eschborn, 2004, S. 6

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LITERATURVERZEICHNIS

Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.)

Informationen zur politischen Bildung Nr. 252: Entwicklungsländer, Neudruck 2002, BPB, Bonn, Sonderauflage der LPB Berlin

Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ)

Nachhaltiger Tourismus – Tourismus und Nachhaltige Entwicklung, Informationsblatt, GTZ, Bonn, 2001

Deutsches Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

Umwelt – Entwicklung – Nachhaltigkeit, Entwicklungspolitik und Ökologie, BMZ, Bonn, 2002

Deutsches Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ)

BMZ-Materialien Nr. 125, Globalisierung gerecht gestalten – Entwicklungspolitik konkret, BMZ, Bonn, 2004

InWent (Hg.) DSE – Seminar on Sustainable Tourism in PAS South Africa 2000, Dokumentation im pdf-Format auf CD-ROM “The Ecotourism Training Manual for Protected Area Managers, InWent / DSE, ohne Ort und Datum

Kaiser, K./Schwarz, H.P. (Hg.), Weltpolitik im neuen Jahrhundert, Schrifenreihe Band 364, BPB, Bonn, 2000

Lindberg, K./Hawkins D.E. (Hg.) Ecotourism – a guide for planners and managers, Vol.1, The International Ecotourism Society, Vermont, 1993

Rauschelbach, B./Schäfer, A./Steck, B.(Hg.)

Cooperating for Sustainable Tourism, GTZ, Kasparek Verlag, Heidelberg, 2002,

Strasdas, W. The Ecotourism Training Manual for Protected Area Managers, DSE / ZEL, Zschortau, 2002

v. Barrata, M. (Hg.) Fischer Weltalmanach 2004, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt 2003

Weltbank Weltentwicklungsbericht 2004, Funktionierende Dienstleistungen für arme Menschen, Weltbank, Sonderausgabe f. d. BPB, UNO-Verlag, Bonn, 2004

Weltbank Weltentwicklungsbericht 2003, Nachhaltige Entwicklung in einer dynamischen Welt, Weltbank, Sonderausgabe f. d. BPB, UNO-Verlag, Bonn, 2003

Wieczorek-Zeul, H. BMZ Konzepte Nr. 116 – Die afrikanische Herausforderung, Eckpunkte einer strategischen Afrikapolitik, BMZ, Bonn 2001, (erstmals veröffentlicht in E+Z, Jg. 42.2001)