Ökotoxikologische Analyse von ... · Die Methode zur Bestimmung der Biologischen Eliminierbarkeit...

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Ökotoxikologische Analyse von Alkyldimethylbenzylammoniumchlorid und analogen Verbindungen Abschlussarbeit Postgradualstudium Toxikologie der Universität Leipzig Dr. Andrea Jacobi Geretsried, den 7. April 2008

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Ökotoxikologische Analyse von

Alkyldimethylbenzylammoniumchlorid und analogen

Verbindungen

Abschlussarbeit

Postgradualstudium Toxikologie

der Universität Leipzig

Dr. Andrea Jacobi

Geretsried, den 7. April 2008

“ In der Natur ist die Bedeutung des

unendlich Kleinen unendlich groß“

(Louis Pasteur)

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung, Problemstellung..................................................................................1

2 Beschreibung der näher zu betrachtenden Substanz und ähnliche

Verbindungen..............................................................................................................3

3 Risikoabschätzung ...............................................................................................5

3.1 ECx-Bestimmung ..........................................................................................6

4 Beschreibung der Testmethoden .........................................................................7

4.1 Biologische Eliminierbarkeit – Zahn-Wellens-Test nach OECD 302 B.........7

4.2 Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit nach OECD 301 F......9

4.3 Bestimmung der akuten aquatischen Toxizität an Daphnia magna nach

OECD 202 .............................................................................................................11

4.4 Bestimmung der Atmungshemmung von Belebtschlamm nach OECD 20912

4.5 Biochemischer Sauerstoffbedarf .................................................................15

5 Erläuterung zur Ermittlung der EC50-Werte.......................................................18

5.1 Dosis-Wirkungs-Beziehungen.....................................................................18

6 Darstellung der Testergebnisse für das Produkt ................................................22

6.1 Biologische Eliminierbarkeit – Zahn-Wellens-Test nach OECD 302 B.......22

6.2 Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit des Produktes nach

OECD 301 F ..........................................................................................................23

6.3 Akute aquatische Toxizität EC50 an Daphnia magna nach OECD 202 ......25

6.4 Atmungshemmung für Belebtschlamm des Produktes nach OECD 209.....26

6.5 Biologischer Sauerstoffbedarf .....................................................................27

6.6 Ermittlung des Verteilungskoeffizienten n-Octanol/Wasser (log POW) .........29

7 Literaturwerte einiger analoger Verbindungen ...................................................31

7.1 Daten zu Benzalkoniumchloriden erhoben aus Prüfanforderungen der

Biozidrichtlinie........................................................................................................31

7.2 Daten aus einer Studie des Umweltbundesamtes zur ökotoxikologischen

Relevanz von Benzalkoniumchloriden ...................................................................33

7.3 Sonstige Daten zu Benzalkoniumchloriden.................................................36

8 Diskussion der Ergebnisse - Risikobetrachtung .................................................37

8.1 Zusammenfassung der ökotoxikologischen Ergebnisse .............................37

8.2 Risikobetrachtung .......................................................................................39

9 Ausblick auf REACH ..........................................................................................41

9.1 Anwendung von REACH auf die für die Ökotoxikologie zu erhebenden

Registrierdaten für den im näher betrachteten Produkt enthaltenen Stoff ............41

10 Zusammenfassung der Ergebnisse ................................................................43

11 Literatur- und Quellenverzeichnis ...................................................................44

12 Anhang ...........................................................................................................47

Abkürzungsverzeichnis

Symbol Bedeutung Einheit

BAC Benzalkoniumchloride

BSB Biologischer Sauerstoffbedarf mg O2/l

CAS Chemical Abstract Service

Chronische Toxizität

Toxizitätstest mit wiederholter Verabreichung und artspezifischer Versuchsdauer. Die Expositionsdauer muss mindestens einmal die Reproduktionsdauer betragen (z.B: Daphnien-Reproduktionstest 7 oder 21 Tage, bei Fischen mindestens 28 Tage oder Toxizität auf frühe Entwicklungsstadien

CSB Chemischer Sauerstoffbedarf: mg O2/l

DIN Deutsches Institut für Normung

ECx Effect Concetration: Konzentration eines Wirkstoffes, die bei x% der Individuen zu der erwarteten Wirkung führt

mg/l

EG Europäische Gemeinschaft

EU Europäische Union

GLP Gute Laborpraxis

log POW Dekadischer Logarithmus des Verteilungskoeffizienten zwischen n-Octanol und Wasser

NOEC No Observable Effect Concentration: Die höchste Konzentration eines Wirkstoffes, bei der kein beobachtbarer Effekt auftritt.

OECD Organisation for Economic Cooperation and Development

PEC Predicted Environmental Concentration; Konzentration einer Substanz in der Umwelt

PNEC Predicted No Effect Concentration; Konzentration einer Substanz, bei der mit keiner Schadwirkung auf bestimmte Organismen zu rechnen ist.

REACH Registration, Evaluation and Authorization of Chemicals; EU-Chemikaliengesetz

10-Tage-Fenster

Für die Einstufung „leicht biologisch abbaubar“ muss die Substanz innerhalb der Testdauer in einem 10-Tage-Fenster mindestens 60% der theoretischen CO2-Entwicklung oder des theoretischen Sauerstoffbedarfs beziehungsweise mindestens 70% DOC- oder CSB-Elimination erreichen. Das 10-Tage-Fenster beginnt bei 10% Bioabbau und muss vor dem 28. Tag abgeschlossen sein.

UBA Umweltbundesamt

QAV Quaternäre Ammoniumverbindungen

Einleitung, Problemstellung 1

1 Einleitung, Problemstellung

Quaternäre Ammoniumverbindungen (QAV) sind eine wirtschaftlich bedeutende

Klasse von Industriechemikalien (UHL et al.). QAVs gehören zur Gruppe der

Tenside, Stoffe mit oberflächenaktiver Wirkung. Es sind Stoffe, die in ihrem Molekül

eine hydrophobe (wasserabweisende) Alkylkette und eine hydrophile

(wasserlösliche) Gruppe vereinen. QAVs gehören zu den so genannten kationischen

Tensiden.

Tenside reichern sich an den fetthaltigen Zellmembranen lebender Organismen an

und können so die normalen Funktionen der Zellmembranen beeinträchtigen.

Aufgrund dieser Wirkung können vor allem die kationischen Tenside auch als

Desinfektionsmittel eingesetzt werden. Die mikrobiozide (keimabtötende) Wirkung ist

nur dann gegeben, wenn der am N-Atom gebundene Alkylrest eine Kettenlänge von

8 – 18 C-Atomen aufweist.

Die Untersuchung ökotoxikologischer Eigenschaften von Stoffen ist vor allem

relevant für wasserlösliche Stoffe, die gemäß ihres Einsatzzweckes auch ins

(Ab)wasser gelangen können.

Hierfür sind verschiedene Kriterien zu betrachten und zu diskutieren.

Dazu zählen: biologische Abbaubarkeiten, biologische Eliminierbarkeiten,

Biologischer Sauerstoffbedarf, akute und chronische aquatische Toxizitäten (Fisch,

Alge, Daphnie, Bakterien), Angaben zur Verteilung.

Im Folgenden soll an einem konkreten Fallbeispiel eine ökotoxikologische

Stoffbetrachtung an einer konkreten Verbindung der QAV durchgeführt werden.

Es handelt sich um ein Bakterizid, welches in einer Entenfedernwäscherei eingesetzt

wurde. Die Abwässer dieser Wäscherei gelangten in eine firmeneigene Kläranlage.

Nach Einsatz des Bakterizids in der Federnwäscherei wurde die Funktionsfähigkeit

der Kläranlage völlig gestört.

Im vorliegenden Fall soll nun anhand der ökotoxikologischen Daten nachvollzogen

werden, ob der Einsatz des Produktes die Ursache des Zusammenbruchs der

Kläranlage gewesen sein könnte.

Einleitung, Problemstellung 2

Für den Einsatz des Produktes in diesem konkreten Fall traf folgendes Szenario zu:

Die Anwendung des Produktes erfolgte im Ausziehverfahren mit langer Flotte im

letzten Spülbad. Empfohlen werden Einsatzmengen von etwa 2% vom

Warengewicht.

Ausziehverfahren bedeutet, dass das Produkt zu den sich im Spülwasser

befindenden Federn zugegeben wird und die Federn in diesem Spülbad für einen

Zeitraum von etwa 15-20 Minuten verweilen. Idealerweise wird das Spülwasser dabei

noch auf etwa 40°C aufgeheizt. Da die kationischen QAV über eine sehr gute

Substantivität verfügen, das heißt, sich leicht an das Substrat (in diesem Falle sind

das die Federn) anlagern, verarmt die Flotte dabei an diesem Produkt. Man geht bei

diesen Bedingungen von einem nahezu 100%igen Auszug aus. Demzufolge ist die in

das Abwasser abgegebene Menge des Stoffes äußerst gering.

Die ökotoxikologischen Daten für das Produkt, die hier genauer betrachtet werden,

wurden experimentell ermittelt. Anhand dieser Daten wird eine Risikoabschätzung

erfolgen.

Im weiteren wird noch kurz auf die in der Literatur verfügbaren Daten dieser

Stoffklasse eingegangen.

Beschreibung der näher zu betrachtenden Substanz und ähnliche Verbindungen 3

2 Beschreibung der näher zu betrachtenden Substanz und

ähnliche Verbindungen

Benzalkoniumchloride gehören zu den Stoffen, die über eine hohe aquatische

Toxizität verfügen. Benzalkoniumchloride sind von erheblicher wirtschaftlicher

Bedeutung und werden unter anderen in Biozidprodukten eingesetzt. Ein

Einsatzgebiet sind die Desinfektionsmittel.

Allgemeine Strukturformel für Benzalkoniumchloride:

(R-Kettenlänge von 10-18 C-Atomen)

Bezeichnungen:

Alkylbenzyldimethylammoniumchlorid

Abkürzung: BAC

Synonyma:

Benzalkoniumchlorid

Ammoniumalkyldimethylbenzylchlorid

Alkyldimethyl(phenylmethyl)quaternary ammonium chlorides (engl.)

Im Rahmen der Biozidprodukterichtlinie wurden zahlreiche BACs notifiziert. Dazu

zählen unter anderem:

• Quaternäre Ammoniumverbindungen, Benzyl-C12-18-alkyldimethyl-, Chloride

EG-Nr. 269-919-4; CAS-Nr. 68391-01-5

• Quaternäre Ammoniumverbindungen, Benzyl-C12-16-alkyldimethyl-, Chloride

EG-Nr. 270-325-2; CAS-Nr. 68424-85-5

• Quaternäre Ammoniumverbindungen, Di-C8-10-alkyldimethyl-, Chloride

EG-Nr. 270-331-5; CAS-Nr. 68424-95-3

• Quaternäre Ammoniumverbindungen, Benzyl-C12-14-alkyldimethyl-, Chloride

EG-Nr. 287-089-1; CAS-Nr. 85409-22-9

Beschreibung der näher zu betrachtenden Substanz und ähnliche Verbindungen 4

• Dodecyldimethylammoniumchloride

EG-Nr. 230-525-2; CAS-Nr. 7173-51-5

• Quaternäre Ammoniumverbindungen, C12-14

Alkyl[(ethylphenyl)methyl]dimethyl-, Chloride

EG-Nr. 287-090-7; CAS-Nr. 85409-23-0

Bei dem konkreten Produkt (nachfolgend mit Produkt bezeichnet), welches in der

Federnwäscherei eingesetzt wurde und ökotoxikologisch genauer untersucht wurde

und welches im Folgenden ausführlich diskutiert wird, handelt es sich um:

CAS-Nummer: [68989-00-4]

Name des Wirkstoffes: Quaternäre Ammoniumverbindungen, Benzyl-C10-16-

alkyldimethyl-, Chloride

Gehalt des Wirkstoffes im Produkt: 25%; der Rest ist Wasser.

Risikoabschätzung 5

3 Risikoabschätzung

Zu den neueren Ansätzen der Risikoerfassung gehört das Konzept des PEC/PNEC-

Quotienten, wo die vorhersagbare Umweltkonzentration (PEC, Predicted

Environmental Concentration) einer chemischen Substanz gegenüber der

vorhersagbaren unschädlichen Chemikalienkonzentration (PNEC, Predicted No

Effect Concentration) gestellt wird (ALEXY). Zur Abschätzung der PEC führen zwei

unterschiedliche Wege: die Auswertung von chemisch-analytischen Untersuchungen

(Monitoring) oder die rechnerische Abschätzung auf der Basis der freigesetzten

Mengen (Bilanzierung). Dazu müssen jedoch die Daten zur eingesetzten Menge

sowie die Anwendungsbereiche unter Berücksichtigung von Eliminations- und

Verdünnungsfaktoren bekannt sein. Die beim Monitoring durchgeführten Messungen

entsprechen einer lokalen Momentaufnahme und können unter Umständen auch

Spitzenkonzentrationen erfassen. Das Monitoring erfasst aber nur Stoffe, welche

bereits in die Umwelt gelangt sind und für die es ein zuverlässiges

Analysenverfahren gibt. Es stößt im Spurenbereich und bei Metaboliten lokal und

zeitlich schnell an seine Grenze. Eine Risikobewertung für neue Stoffe ist daher nur

durch die rechnerische Ermittlung des PEC-Wertes möglich. Auch diese

Vorgehensweise stößt aufgrund mangelnder Daten über Produktion sowie

Eliminations- und Verdünnungsfaktoren an seine Grenze. Der PNEC-Wert wird

normalerweise dadurch erhalten, dass der LC50- oder EC50-Wert für die sensitivste

Art in einem Laborversuch mit einem Sicherheitsfaktor dividiert wird, um der immer

gegebenen Unsicherheit bei der Extrapolation von Laborbefunden auf das Freiland

Rechnung zu tragen. Die Sicherheitsfaktoren basieren jedoch nicht auf

wissenschaftlichen Kriterien und dementsprechend existiert auch keine allgemein

gültige Methode für alle Umweltorganismen, um deren Größe zu bestimmen. Die

Höhe der Sicherheitsfaktoren ist abhängig von der Art der Tests (GARAY et al. 2000)

und von der Quantität und Qualität der vorhandenen ökotoxikologischen Daten aus

den Tests, in welchen der NOEC-, LC50- oder EC50-Wert bestimmt wurde (FENT).

Je realitätsnäher der Test ist, desto niedriger ist der Sicherheitsfaktor. Bei

Ergebnissen aus Labortests kann dieser Faktor nicht kleiner als 10 sein. AHLERS

und DIDERICH (1998) haben vorgeschlagen, den PEC/PNEC-Quotienten so zu

beurteilen, dass bei einem Quotient < 1 kein ökologisches Risiko vorliegt. Bei einem

Quotient > 1 legen die Autoren nahe, die Expositionsdaten zu revidiert

Risikoabschätzung 6

en, bei einem Quotient > 10 werden Maßnahmen zur Risikoreduktion empfohlen.

(TGD 1996)

Im vorliegenden konkreten Fall kann die Risikoabschätzung für die betroffene

Kläranlage jedoch problemlos auf der Analyse des PEC/PNEC-Quotienten getroffen

werden, da die empfohlenen Produkteinsatzmengen und auch die entstehenden

Abwasservolumina, die in die Kläranlage gelangen, bekannt sind.

3.1 ECx-Bestimmung

Wie schon Paracelsus (1493-1541) erkannte, sind alle toxischen Wirkungen von

Fremdstoffen relativ und nicht nur von den Eigenschaften des Stoffes, sondern auch

von der Dosis abhängig. Dosis-Wirkungs-Beziehungen beschreiben den

Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der toxischen Wirkung und der

aufgenommenen Dosis. Dabei wird die prozentuale Häufigkeit einer Wirkung bei

einem Organismus bzw. Population gegen den Logarithmus der Dosis aufgetragen.

Sie stellen das wichtigste und grundlegendste Konzept der Toxikologie dar und ihr

Verständnis ist für die Charakterisierung toxischer Wirkungen essentiell.

Dosis-Wirkungs-Beziehungen im toxikologischen Sinn ergeben sich aus der

dosisabhängigen Zunahme einer graduell abgestuften Wirkungsintensität bis zum

erreichbaren Wirkungsmaximum an einem einzelnen Individuum oder einem

einfachen biologischen System (Enzym, Organfraktion, Gewebe,

Bakterienpopulation). Zur Charakterisierung der Wirkungsstärke wird meist diejenige

Konzentration verwendet, die eine halbmaximale Wirkung erzeugt (EC50-Wert,

Effektkonzentration mit 50%-iger Wirkung). Die Wirkungsstärke ist nicht nur durch die

Lage der Dosis-Wirkungs-Kurve und dem daraus abgeleiteten EC50-Wert, sondern

auch durch die Steilheit des Kurvenverlaufs gegeben. Je steiler die Kurve, desto

empfindlicher reagiert der Organismus auf die Veränderungen der Dosis. Dieser

Faktor geht jedoch derzeit noch nicht in die PNEC-Bestimmung ein.

Beschreibung der Testmethoden 7

4 Beschreibung der Testmethoden

Im Folgenden werden die Testmethoden beschrieben, mit denen die

ökotoxikologischen Eigenschaften des Produktes experimentell ermittelt wurden.

4.1 Biologische Eliminierbarkeit – Zahn-Wellens-Test nach

OECD 302 B

Die Methode zur Bestimmung der Biologischen Eliminierbarkeit ist ein Verfahren, bei

dem primär ermittelt wird, inwieweit ein Stoff aus dem Abwasser in der Kläranlage

eliminiert werden kann, sei es durch Adsorptionsprozesse am Klärschlamm oder

Schwebeteilchen oder durch biologischen Abbau.

Als Impforganismus dient Belebtschlamm aus einer kommunalen Kläranlage. Die

Prüfsubstanz beinhaltet die Quelle an organischen Substanzen in Wasser gelöst und

wird mit einer definierten Menge an Inokolum angeimpft. Beim biologischen Abbau

der organischen Substanzen spalten die Mikroorganismen die organischen

Substanzen in CO2, anorganische Salze, Wasser und neue Biomasse. Der Test wird

mit einem CSB-Ausgang von 100 – 1000 mgO2/L gestartet. Die CSB-Abnahme wird

in regelmäßigen Abständen ermittelt.

Zur Überprüfung der Belebtschlammorganismen wird parallel ein Ansatz mit

Monoethylenglykol als Kontrollsubstanz und eine Blindprobe (Eigenzehrung)

mitgeführt.

Hierfür wird eine definierte Menge an Stoff mit einer definierten Menge an

Klärschlamm (bezogen auf Trockensubstanz des Klärschlammes) in einer Lösung

angesetzt. Anschließend wird die Elimination des Stoffes mit geeigneter Methode

beobachtet und dokumentiert.

Bei der Methode nach OECD 302 B wird die eingesetzte Konzentration des Stoffes

anhand des CSB-Wertes1 ermittelt. Die daraus ermittelte Menge des Stoffes wird in

Lösung gebracht und mit der definierten Menge des vorgewaschenen

Klärschlammes und bestimmten Salzen, die in der Norm OECD 302 B

vorgeschrieben sind, zusammengegeben. Die Lösung wird ständig belüftet und unter

Rühren im Dunkeln bei etwa 20°C gehalten. Der Versuchsaufbau ist schematisch in

Abbildung 4-1 gezeigt.

1 CSB-Wert: Chemischer Sauerstoffbedarf wird gemäß DIN 38409 H 41-1 ermittelt. Es handelt sich um den Sauerstoffgehalt, der dafür nötig ist, ein Gramm des Stoffes vollständig zu oxidieren.

Beschreibung der Testmethoden 8

Abbildung 4-1: Versuchsaufbau des Zahn-Wellens-Tests nach OECD 302 B

In definierten Abständen werden Proben gezogen. Aus den Proben wird wiederum

der CSB-Wert bestimmt. Anhand der Abnahme der CSB-Werte kann ermittelt

werden, zu welchem Anteil der Stoff aus dem Wasser (Abwasser) durch den

Klärschlamm eliminiert/abgebaut wird. Der Test dauert 28 Tage.

In Ausnahmefällen wird die Messung frühzeitig beendet, und zwar wenn durch einen

biologischen Abbau oder eine Elimination das Testergebnis in kurzer Zeit einen CSB-

Wert von 90% ergibt und man die Bildung von einem Plateau beobachtet. (Das

Plateau soll 10 Tage gehalten werden).

In Ausnahmefällen wird die Messung länger als 28 Tage beobachtet; nämlich bei

einer Prüfsubstanz, welche ein längeres Adaptionsverhalten aufweist, wird

kontrolliert, ob sich die Mikroorganismen auf die Prüfsubstanz umstellen können und

welche Zeit die Mikroorganismen für die Umstellung benötigen.

Verfahrenskenndaten / Validierung:

Der Test ist als gültig anzusehen wenn die Kontrollsubstanz (Monoethylenglykol)

einen biologischen Abbau von > 70% nach 14 Tagen erreicht.

Belüftungsglasstab 2000 mL Becherglas Magnetrührstäbchen Magnetrührer

Beschreibung der Testmethoden 9

4.2 Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit nach

OECD 301 F

Die Methode zur Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit ist ein

Verfahren, bei dem ermittelt wird, inwieweit ein Stoff biologisch abbaubar ist, das

heißt tatsächlich in geeignete mineralisierte Form überführt wird. Dazu gibt es

verschiedene Methoden, die sich in der Durchführung, zum Teil auch in der

Bewertung des Ergebnisses unterscheiden. Daher ist es eminent wichtig,

anzugeben, nach welcher Methode die Prüfung auf leichte biologische Abbaubarkeit

erfolgte.

Im hier vorliegenden Falle wurde der Stoff nach der Methode OECD 301F

hinsichtlich der leichten biologischen Abbaubarkeit überprüft. Leichte biologische

Abbaubarkeit liegt vor, wenn der Stoff einen Wert über 60% Abbaubarkeit aufweist.

Bei der Methode OECD 301 F handelt es sich um eine respiromatische Methode.

Der Stoff wird in einer definierten Menge (definiert mittels des CSB-Wertes) mit einer

ebenfalls definierten Menge an Klärschlamm (bezogen auf Trockensubstanz des

Klärschlammes) mit bestimmten Salzen in Lösung gebracht und in eine Flasche mit

einem definierten Volumen gefüllt. Die Flasche wird mit einem Druckmeßkopf dicht

verschlossen. Durch die in der Flasche in Anwesenheit des Klärschlammes

ablaufenden Prozesse des biologischen Abbaus wird Sauerstoff aus dem zur

Verfügung stehenden definierten Luftraum entzogen. Das dabei entstehende

Kohlendioxid verbleibt in der Lösung. Somit ergibt sich in dem Gasraum über der

Flüssigkeit in den luftdicht verschlossenen Flaschen eine Druckminderung durch den

Sauerstoff-Verbrauch, der durch den biologischen Abbau verursacht wird. Daher

spricht man auch vom BSB28 (Biologischer Sauerstoffbedarf nach 28 Tagen. Die

Flaschen werden bei 20°C über 28 Tage in einem dunklen Raum belassen. Nach

Ablauf dieser Periode werden die Druckmessköpfe, die die Druckveränderungen

aufzeichneten, elektronisch ausgelesen. Aus den Druckveränderungen kann auf den

biologischen Abbau zurückgerechnet werden. Parallel zur Bestimmung der Werte für

die biologische Abbaubarkeit für den Stoff müssen ein Blindwert sowie ein

Referenzwert mitgeführt werden. Der Blindwert gibt Aufschluss über den

Eigenverzehr an Sauerstoff des eingesetzten Belebtschlammes. Dieser Wert muss

Beschreibung der Testmethoden 10

bei der Berechnung der biologischen Abbaubarkeit des Stoffes mit eingerechnet

werden.

Der Referenzwert wird anhand einer von der Norm vorgegebenen Substanz

bestimmt (Monoethylenglykol).

Abbildung 4-2 zeigt den schematischen Versuchsaufbau zur Bestimmung der

leichten biologischen Abbaubarkeit nach OECD 301F.

Abbildung 4-2: Versuchsaufbau zur Ermittlung der leichten biologischen Abbaubarkeit nach OECD 301F. (WTW)

Verfahrenskenndaten / Validierung:

Die Bestimmung der Genauigkeit wird mittels einer Kontrollsubstanz erfasst.

Der Test ist als gültig anzusehen wenn:

o die Kontrollsubstanz (Monoethylenglykol) einen biologischen Abbau von >

60% erreicht. Bei der Kontrollsubstanz muss das 10-Tage-Fenster erreicht

werden, d.h. sobald ein Abbau von 10% erreicht ist beginnt das 10-Tage-

Fenster. Innerhalb von 10 Tagen muss ein Abbau von mindestens 60%

erreicht werden,

o die Streuung der Messwerte bei einer Doppelbestimmung 20% nicht

überschreitet.

Beschreibung der Testmethoden 11

4.3 Bestimmung der akuten aquatischen Toxizität an Daphnia

magna nach OECD 202

Bei der Bestimmung der akuten aquatischen Toxizität werden die Invertebraten

Lösungen des Stoffes ausgesetzt. Im akuten Test wird die Immobilisierung

(Schwimmunfähigkeit) oder Mortalität bestimmt. In Vortests muss der näher zu

betrachtende Konzentrationsbereich ermittelt werden. Dann wird mit den geeigneten

Konzentrationen eine Konzentrationsreihe erstellt, an der anschließend die Tests

durchgeführt werden. Die Konzentrationen sind so zu wählen, dass im Bereich

zwischen EC0- und EC100-Wert mindestens 3-4 Werte liegen, von denen

wenigstens ein Wert unterhalb und oberhalb des LC50-Wertes liegt. Die maximale

Testkonzentration beträgt 100 mg/l. Die Testtiere sollen weniger als 24 Stunden alt

sein und aus einer Laborzucht stammen. Sie werden aus ungefähr 3 Wochen alten

Muttertieren erhalten. Die Daphnien werden in genau definiertem Wasser gehalten

und während des Tests nicht gefüttert. Je 5 Tiere werden in Kulturröhrchen (10 ml)

oder Bechergläsern (20 ml) bei 20°C im Dunkeln exponiert und pro Konzentration

werden mindestens 20 Daphnien eingesetzt. Die Testdauer beträgt 48 Stunden. Zu

Beginn des Tests, nach 24 Stunden und nach 48 Stunden muss der Sauerstoffgehalt

und der pH-Wert der Lösungen dokumentiert werden. Der Endpunkt des Tests ist die

Schwimmunfähigkeit nach 48 Stunden. Zur Feststellung der Schwimmunfähigkeit

wird das Prüfgefäß leicht berührt. Ein Wasserfloh wird dann als schwimmunfähig

angesehen, wenn er innerhalb von 15 Sekunden keine Schwimmbewegung zeigt. Da

hier der Effekt beobachtet wird, handelt es sich bei der zu ermittelnden Zielgröße um

die Effektkonzentration (EC). Der üblicherweise ermittelte Wert ist der EC50. Zur

graphischen Ermittlung des EC50-Wertes werden in einem Wahrscheinlichkeitsnetz

die Konzentrationen der Prüfsubstanz im Verdünnungswasser in mg/l logarithmisch

auf die Abszisse, die entsprechenden Prozentzahlen immobiler Daphnien auf der

Ordinaten aufgetragen. Bei einer Normalverteilung der Empfindlichkeit der Tiere

liegen die Punkte zwischen 16 und 84% annähernd auf einer Geraden. Die EC0-

(keine Daphnien betroffen) und EC100-Werte ergeben sich direkt aus der Prüfung,

während der EC50-Wert durch Interpolation aus der Dosis-Wirkungskurve ermittelt

wird. Die aus der Konzentrationsreihe ermittelten Werte ergeben eine Dosis-

Beschreibung der Testmethoden 12

Wirkungskurve mit sigmoidem Verlauf auf deren Auswertung mit Hilfe von zum

Beispiel Probit-Analyse im Kapitel 5. noch näher eingegangen wird.

Verfahrenskenndaten / Validierung:

Die Bestimmung der Genauigkeit wird mittels einer Kontrollsubstanz erfasst.

Der Test ist als gültig anzusehen wenn:

o die Kontrollsubstanz (Kaliumdichromat) einen EC50 – Wert von 0,6 bis 2,1

mg/l erreicht,

o die Schwimmunfähigkeit in der Blindprobe 10% nicht überschreitet,

o der Sauerstoffgehalt nach der Messung > 3 mg/l in Kontroll- und

Testansätzen ist.

Der pH-Wert des Hälterungswassers (Stock solution), soll zwischen 6 und 9 liegen.

Ansonsten wird der pH-Wert mit NaOH oder HCl eingestellt.

4.4 Bestimmung der Atmungshemmung von Belebtschlamm

nach OECD 209

Mit Hilfe des untenstehend beschriebenen Verfahrens kann die potentielle Toxizität

der Testsubstanz gegenüber Mikroorganismen der Abwasserreinigung abgeschätzt

werden. Mit dieser Methode können Substanzen ermittelt werden, die einen

negativen Einfluss auf die biologische Reinigungsstufe der Kläranlangen erwarten

lassen.

Die im Belebtschlamm enthaltenen Bakterien bauen im Abwasser gelöste organische

Verbindungen unter Sauerstoff-Verbrauch ab. Der Sauerstoff-Verbrauch der

Bakterien ist linear in Abhängigkeit von der Konzentration an gelösten Stoffen.

Infolge der Einfachheit der Atmungsmessung ist es möglich, über den Einfluss der

Testsubstanzen sehr rasch Informationen auf die Umsatzgeschwindigkeiten zu

erhalten. Chemische Stressoren können die Bakterien in ihrem Wachstum hemmen

oder die Zellen sogar abtöten, was zu einem Rückgang der lebenden Zellen bzw. zu

einer Stagnation der Bakterienzahl führt und sich in einer im Vergleich zum

Kontrollansatz verminderten Sauerstoffverbrauchsrate äußert.

Bei dem Test nach OECD 209 wird diese Hemmung der Atmung der Bakterien

gemessen und zur Kenngröße gemacht. Definierte Mengen an Inokolum (bezogen

Beschreibung der Testmethoden 13

auf Trockensubstanz) werden in einem definierten Zeitraum mit einer

Konzentrationsreihe des gelösten Stoffes versetzt und der Sauerstoffgehalt der

Lösung mit einer Sauerstoffelektrode bestimmt. Die Lösung wird über mehrere

Minuten beobachtet und die Abnahme des Sauerstoffes in der Lösung wird

dokumentiert. Sollte ein toxischer Effekt auf die Bakterien auftreten, so verläuft die

Sauerstoffabnahme der Lösung langsamer oder der Sauerstoff-Gehalt verändert sich

gar nicht mehr.

Als Endpunkt wird hier die Hemmung der Atmung der Bakterien dokumentiert. Diese

auftretende Hemmung wird gegen einen Blindwert in Prozent ermittelt.

Zur Bestimmung der Atmungshemmung von Belebtschlamm durch den Stoff muss

immer 3,5-Dichlorphenol als Kontrollsubstanz mitgeprüft werden.

Die Messzeit der Veratmung von Sauerstoff beträgt 5 Minuten wenn der

Sauerstoffgehalt unter 6,5 mg/ O2/l fällt. Die Berechnung auf den

Sauerstoffverbrauch in einer Stunde beträgt dann Messwert x 12.

Bei Substanzen, die keine hemmende Wirkung auf die Belebtschlammorganismen

ausüben, würde die Sauerstoffabnahme unter 2,5 mgO2/l fallen und die Messung

müsste abgebrochen werden.

Ist eine Substanz vorhanden, welche eine toxische Wirkung auf die Veratmung von

Sauerstoff hat muss die Messzeit der einzelnen Konzentrationen über einen

Zeitraum von 10 Minuten erfolgen. Die Berechnung auf den Sauerstoffverbrauch in

einer Stunde beträgt dann x 6.

Der Aufbau der Messung ist in Abbildung 4-3 gezeigt.

Abbildung 4-3: Aufbau der Apparatur zur Ermittlung der Atmungshemmung in Belebtschlamm

Beschreibung der Testmethoden 14

Verfahrenskenndaten / Validierung:

Der Test ist als gültig anzusehen wenn:

o die Kontrollsubstanz (3,5-Dichlorphenol) einen EC 50 – Wert von 5 mg/L

bis 30 mg/L erreicht,

o die Respirationsraten in den beiden Kontrollansätzen nicht mehr als 15%

voneinander abweichen,

Zur Durchführung werden die Lösungen zeitversetzt (Abstand 5-10 min.) in das

temperierte Wasserbad (21°C + 3°C) überführt. Am Anfang und am Ende der

Messreihe muss der Blindwert stehen. Diese Lösungen werden für 30 Minuten stark

belüftet um einen einheitlichen Messbeginn voraus zu setzen. Nach Ablauf der 30

Minuten Inkubationszeit werden die Lösungen einzeln in die Durchflussmesszelle

gesaugt und der Sauerstoffgehalt zu Beginn der 5 Minuten Messzeit auf dem

Flachbettschreiber dokumentiert. Der Schreiber wird gestartet. Nach Ablauf der

Messzeit (5 oder 10 Minuten) wird der Sauerstoffgehalt am Gerät abgelesen und auf

dem Flachbettschreiber zu der gemessenen Konzentration dokumentiert. Die

Differenz des Sauerstoffgehaltes zwischen Anfang und Ende der Messzeit ist die

Veratmung der Belebtschlammorganismen in 5 bzw. 10 Minuten. Um die

Sauerstoffabnahme durch die Veratmung in einer Stunde zu erhalten, wird die

Differenz (Anfang und Ende) mit 12 (oder 6 bei 10 Minuten Messzeit) multipliziert.

Die Durchflussmesszelle wird mit Leitungswasser gespült und die nächste Lösung

wird in die Durchflussmesszelle gesaugt.

Der Blindwert muss am Anfang und am Ende einer jeden Messung stehen und der

Mittelwert aus diesen beiden Werten wird bei der Berechnung der Atmungshemmung

als Bezugsgröße verwendet.

Beschreibung der Testmethoden 15

4.5 Biochemischer Sauerstoffbedarf

Unter dem biochemischen Sauerstoffbedarf (BSB) einer Probe versteht man die

Menge an Sauerstoff, die von Mikroorganismen innerhalb der Messzeit bei 20°C im

aeroben Medium verbraucht wird, um die im Wasser enthaltenen organischen Stoffe

oxidativ in CO2, Wasser und neue Biomasse umzusetzen. Meist wird der

biochemische Sauerstoffbedarf (BSB) für einen Zeitraum von 5 Tagen ermittelt und

deshalb auch BSB5 genannt. Er gilt als Maß für die Konzentration leichtabbaubarer

(fäulnisfähiger) organischer Stoffe. Der Sauerstoffverbrauch unter definierten

Bedingungen ist der Konzentration an umsetzbaren Stoffen proportional. Bei der

Bestimmung des BSB5-Wertes werden durch die beschränkte Messzeit von fünf

Tagen die schwer abbaubaren organischen Stoffe teilweise oder gar nicht erfasst.

Die Ermittlung des BSB erfolgt mittels des Respiromat DS 12 (von Fa. IBUK).

Das Meßsystem gleicht den entstehenden Unterdruck durch elektrolytische

Sauerstoffproduktion bis zum Druckausgleich aus.

Als Impforganismus dient mechanisch geklärtes Abwasser aus einer

kommunalen Kläranlage. Die Prüfsubstanz beinhaltet die Quelle an organischen

Substanzen in Wasser gelöst, und wird mit einer definierten Menge an Inokolum

angeimpft. In dem verbleibenden Luftraum befindet sich ein Plastikköcher mit

Natronkalk. Bei biochemischen Abbauvorgängen der organischen Substanzen

verbrauchen die Mikroorganismen Sauerstoff aus dem Luftvorrat. Das

entstehende CO2 wird an Natronkalk adsorbiert, so dass in dem geschlossenen

System ein Unterdruck entsteht. Dieser Unterdruck wird vom Respiromat DS 12

durch Elektrolyse (Sauerstoffproduktion) ausgeglichen. Die Dauer des

geschlossenen elektrolytischen Systems stellt das Maß für den

Sauerstoffverbrauch der Prüfsubstanz dar.

Zur Überprüfung der Abwasserorganismen wird ein Ansatz mit

Glucose/Glutaminsäure als Kontrollsubstanz mitgeführt.

Der Aufbau des Versuches ist in Abbildung 4-4 gezeigt.

Beschreibung der Testmethoden 16

Abbildung 4-4: Versuchsaufbau zur Ermittlung des BSB mit dem Respiromaten (IBUK)

Die Messeinheit besteht aus einem Reaktionsgefäß (A) mit einem im Stopfen

eingebauten CO2-Adsorbergefäß (3) einem Sauerstofferzeuger (B) und einem

Druckindikator (C). Die durch Schläuche miteinander verbundenen Gefäße

bilden eine geschlossene Messeinheit, so dass sich Schwankungen des

Luftdrucks nicht auf das Ergebnis auswirken. Der Magnetrührer (1) in der zu

untersuchenden Probe (2) sorgt für eine gute Durchmischung und gewährleistet

damit den Gasaustausch. Durch die Mikroorganismentätigkeit in der Probe

entsteht ein Unterdruck, auf den der Druckindikator (C) anspricht. Er steuert die

elektrolytische Sauerstofferzeugung und die BSB-Anzeige. Die Einschaltzeit des

Sauerstofferzeugers wird mit Hilfe von elektrischen Impulsen digital gemessen.

Die Probenmenge und die Impulsfolgefrequenz wurden so gewählt, dass am

Zähler der BSB-Wert der zu untersuchenden Probe unmittelbar in mg/l angezeigt

wird. Das gebildete CO2 wird von Natronkalk im Adsorbergefäß (3) gebunden.

Der entstehende Unterdruck bewirkt, dass Schwefelsäure zur Platinelektrode (4)

angesaugt wird. Damit wird der Stromkreis geschlossen, welcher die Elektrolyse

(Kupferelektrode (6) in Kupfersulfatlösung (5)) bewirkt. Der entstehende

Sauerstoff erzeugt einen Druckausgleich, wodurch die Schwefelsäure

zurückgedrückt wird und somit der Stromkreis unterbrochen wird. Daher wird

immer nur soviel Sauerstoff erzeugt, wie von der Probe verbraucht wird.

Verfahrenskenndaten / Validierung:

Die Bestimmung der Genauigkeit wird mittels einer Kontrollsubstanz erfasst.

Beschreibung der Testmethoden 17

Der Test ist als gültig anzusehen wenn:

o die Kontrollsubstanz (Glucose/Glutaminsäure) einen Sauerstoffverbrauch

von 210 mg/l, mit dem Vertrauensbereich von 190 mg/l – 230 mg/l

erreicht,

o die Streuung bei einer Doppelbestimmungen 20% nicht überschreitet.

Erläuterung zur Ermittlung der EC50-Werte 18

5 Erläuterung zur Ermittlung der EC50-Werte

5.1 Dosis-Wirkungs-Beziehungen

Dosis-Wirkungs-Beziehungen beschreiben den Zusammenhang zwischen

aufgenommener Dosis und dem Ausmaß der toxischen Wirkung. Sie stellen das

wichtigste Konzept der Toxikologie dar und ihr Verständnis ist für die

Charakterisierung und Beurteilung toxischer Wirkungen essenziell. Da der nach

Gabe eines Fremdstoffes resultierende toxische Effekt sowohl eine Funktion der

Dosis als auch der Zeit ist, trägt man in Dosis-Wirkungsbeziehungen die innerhalb

der Beobachtungszeit maximal erreichbare Wirkung auf, dadurch erhält man

zeitunabhängige Kurven. (DEKANT und VAMVAKAS)

Dosis-Wirkungs-Beziehungen im toxikologischen Sinn ergeben sich aus der

dosisabhängigen Zunahme einer graduell abgestuften Wirkungsintensität bis zum

erreichbaren Wirkungsmaximum an einem einzelnen Individuum oder einem

einfachen biologischen System.

Im vorliegenden Falle wurde die Häufigkeit des Effekts in einem Kollektiv geprüft.

Bei ausreichender Größe der Einzelgruppen und einer großen Anzahl von Gruppen

ergeben sich bei linearer und halblogarithmischer Darstellung Beziehungen zwischen

der Wirkung und der applizierten Dosis in Form von Kurven, die der

Dosisabhängigkeit rezeptorvermittelter Wirkungen gleichen.

Abbildung 5-1: Auswertung eines an einem Kollektiv durchgeführten Versuchs durch lineare Auftragung (a) und halblogarithmische Auftragung (b) der Dosis-Wirkungs-Kurve. Die Stufen in b geben an, wie viele Tiere bei der nächst höheren Dosis zusätzlich sterben.

Erläuterung zur Ermittlung der EC50-Werte 19

Aus dem sigmoiden Kurvenverlauf einer log-normalverteilten Dosis-Wirkungs-

Beziehung lässt sich die Antwort des Kollektivs bei niedrigen Dosen schwer

ermitteln. Die Darstellung der Messdaten als Häufigkeitsverteilungen und die

Anwendung statistischer Verfahren (Probit-Analyse) erlauben eine Extrapolation

auch auf niedrige Dosen.

Symmetrische Häufigkeitsverteilungen (Gauss-Verteilungen) erhält man aus den

halblogarithmischen Dosis-Wirkungs-Kurven (Abbildung 5-1), indem man von der

Zahl der bei einer Dosis reagierenden Tiere die Zahl der auf die nächst niedrigere

Dosis reagierenden Tiere abzieht. Die Ergebnisse solcher Untersuchungen können

dann in einem Diagramm niedergelegt werden, das die Beziehung zwischen der

Dosis und der Zahl der zusätzlich regierenden Individuen graphisch wiedergibt

(Abbildung 5-2). Ist die dosisabhängige Messgröße des Effekts wie im oben

beschriebenen Experiment die Letalität eines Stoffes, so ist die effektive Dosis

(ED50) gleich der bei der 50% der Individuen reagieren, der mittleren letalen Dosis

(LD50).

Abbildung 5-2: Umwandlung der Daten aus Abbildung 5-1b in eine Häufigkeitsverteilung. In diesem Beispiel liegt eine symmetrische Verteilung (statistische Normalverteilung, Gauss-Verteilung) vor; die Mittellinie, die das Diagramm in zwei Hälften teilt, gibt den LD50-Wert an.

Erläuterung zur Ermittlung der EC50-Werte 20

Zur Überführung der sigmoiden Kurve in eine Gerade führt man eine so genannte

Probit-(probability units) Transformation durch (Abbildung 5-3). Durch die Probit-

Transformation wird die sigmoide Kurve aus Abbildung 5-1b in eine Gerade

überführt, deren Verlauf durch nur drei Messpunkte festgelegt werden kann. Diese

Gerade kann auch sehr gut in den Bereich kleiner Dosen (die Wirkung bei diesen

Dosen ist für den Menschen relevant) extrapoliert werden.

Abbildung 5-3: Darstellung der Ergebnisse des an einem Kollektiv durchgeführten Versuchs in der Probit-(probability units)Skala. Die gestrichelten Linien geben die minimal mögliche Streuung der Daten an.

Mathematisch stellt die Probit-Transformation eine Integration der Flächen unter der

Gauss-Verteilung dar. Da eine Gauss-Verteilung impliziert, dass definierte

prozentuale Anteile der Kurvenfläche vom Mittelwert aus durch die

Standardabweichung oder ein Mehrfaches davon repräsentiert werden, lassen sich

auf der Ordinate der Dosis-Wirkungs-Kurve auch äquidistante Probit-Einheiten

auftragen, deren Abstand durch den Wert der Standardabweichung δ auf der

Erläuterung zur Ermittlung der EC50-Werte 21

Abszisse gegeben ist. Definitionsgemäß wird der 50-Prozent-Wert (also die Dosis,

bei der 50% der Tiere gestorben sind) als Probit 5 bezeichnet.

Bei Auftragung der Daten aus dem an einem Kollektiv durchgeführten Versuch kann

man den LD50-Wert erhalten, indem man eine horizontale Linie von Probit 5 zur

Dosis-Achse zieht und am Schnittpunkt eine senkrechte Linie fällt. Das gleiche

Verfahren lässt sich zur Bestimmung der zur Tötung von 5% des Kollektivs nötigen

Dosis anwenden. Dieser liegt für unsere hypothetische Substanz bei 1,4 mg/kg.

Aus Probit-Transformationen lässt sich anhand der Steigung der Dosis-Wirkungs-

Kurve vergleichend die relative Wirkungsstärke von Substanzen ablesen.

Darstellung der Testergebnisse 22

6 Darstellung der Testergebnisse für das Produkt

6.1 Biologische Eliminierbarkeit – Zahn-Wellens-Test nach

OECD 302 B

Für die Bestimmung des biologischen Abbaus/Elimination für das Produkt wurde

nicht adaptierter Klärschlamm der kommunalen Kläranlage Wolfratshausen/Weidach

verwendet.

Die Messwerte werden in Tabelle 6-1 gezeigt.

Tabelle 6-1: Messwerte zur Ermittlung der biologischen Abbaubarkeit des Produktes nach OECD 302B Tag Versuch CSB % Abbau

Beginn 596 Nach 3 Stunden 409 42 1 409 24 3 248 50 7 288 48 10 291 48 13 239 58 17 208 64 20 175 71 24 66 93 28 76 91 31 62 94

Aus diesen Messwerten ergibt sich die in Abbildung 6-1 gezeigte grafische

Darstellung.

Darstellung der Testergebnisse 23

0

10

20

30

40

50

60

70

80

90

100

0 5 10 15 20 25 30 35 Tage

% Abbau

Abbaurate: 94 %

Abbildung 6-1: Grafische Darstellung zum Abbau/Elimination des Produktes mit dem Zahn-Wellens-Test nach OECD 302 B

Die Abbau/Eliminationsrate beträgt 91% nach 28 Tagen und 94% nach 31 Tagen.

Damit ist dieses Produkt sehr gut biologisch abbaubar/eliminierbar.

6.2 Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit des

Produktes nach OECD 301 F

Für die Bestimmung der leichten biologischen Abbaubarkeit des Produktes wurde

nicht adaptierter Klärschlamm der kommunalen Kläranlage Wolfratshausen/Weidach

verwendet.

Die Messwerte werden in Tabelle 6-2 gezeigt.

Darstellung der Testergebnisse 24

Tabelle 6-2: Messwerte zur Ermittlung der leichten biologischen Abbaubarkeit des Produktes nach OECD 301F

Tag Wert mg/l

0 0 2 0,8 4 69 6 87,4 8 90,2 10 95,8 12 103 14 106 16 107 18 107 20 107 22 106 24 106 26 108 28 108

Aus diesen Messwerten ergibt sich die in Abbildung 6-2 gezeigte grafische

Darstellung. Die leichte biologische Abbaubarkeit beträgt 80% nach 28 Tagen. Damit

ist das Produkt leicht biologisch abbaubar, auch das 10-Tage-Fenster2 ist erreicht.

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

0 5 10 15 20 25 30 35 Tage

maximal möglicher Verbrauch mg O

2/L

Sauerstoffverbrauch von 108 mg/L entspricht einer

Abbaurate von 80 %

10-Tage-Fenster erreicht

Abbildung 6-2: Grafische Darstellung zur leichten biologischen Abbaubarkeit des Produktes nach OECD 301F

2 10-Tage-Fenster: Für die Einstufung „leicht biologisch abbaubar“ muss die Substanz innerhalb der Testdauer in einem 10-Tage-Fenster mindestens 60% der theoretischen CO2-Entwicklung oder des theoretischen Sauerstoffbedarfs beziehungsweise mindestens 70% DOC- oder CSB-Elimination erreichen. Das 10-Tage-Fenster beginnt bei 10% Bioabbau und muss vor dem 28. Tag abgeschlossen sein.

Darstellung der Testergebnisse 25

6.3 Akute aquatische Toxizität EC50 an Daphnia magna nach

OECD 202

Die Werte für die aquatische Toxizität wurden nach der im Kapitel 4.3. beschriebener

Methode ermittelt. Dabei wurden die in Tabelle 6-3 gezeigten Werte bestimmt.

Tabelle 6-3: Messwerte zur Ermittlung der akuten aquatischen Toxizität des Produktes an Daphnia magna Konzentration (mg/l)

Anzahl eingesetzter Tiere

Anzahl mobiler Tiere nach 48h

Anzahl immobiler Tiere nach 48h

%

Immobilität

0 20 20 0 0,0

0,20 20 20 0 0,0

0,50 20 3 17 85,0

1,00 20 0 20 100,0

1,50 20 0 20 100,0

2,00 20 0 20 100,0

Aus diesen Werten ergibt sich die Abbildung 6-3 dargestellte Dosis-Wirkungs-

Beziehung.

Abbildung 6-3 Dosis-Wirkungs-Beziehung zur Bestimmung der akuten aquatischen Toxizität des Produktes an Daphnia magna. Anhand der Auswertung mit der Probit-Analyse ergab sich der Wert EC50=0,39 mg/l.

Die Daten zur Probit-Analyse sind im Anhang beigefügt.

Darstellung der Testergebnisse 26

6.4 Atmungshemmung für Belebtschlamm des Produktes nach

OECD 209

Nach im Kapitel 4.4 beschriebener Methode wurde die Atmungshemmung der

Bakterien für das Produkt untersucht. Dafür wurde Klärschlamm der Kläranlage

Wolfratshausen/Weidach verwendet.

Es ergaben sich die in Tabelle 6-4 aufgeführten Werte:

Tabelle 6-4:Messwerte zur Ermittlung der Atmungshemmung für Belebtschlamm des Produktes nach OECD 209 Konzentration log Konz. Sauerstoffverbrauch mg/(1xh) Hemmung

g/l g/l 1 2 Mittelwert %

Blind Anfang - 42 39 - -

Blind Ende - 40 - - -

0,01 -2 38 37 37,5 6

0,02 -1,69897 35 32 33,5 16

0,1 -1 16 16 16 60

0,2 -0,69897 9 11 10 75

1 0 9 8 8,5 79

Aus diesen Werten ergibt sich die Abbildung 6-4 gezeigte Dosis-Wirkungs-

Beziehung.

Abbildung 6-4 Dosis-Wirkungs-Beziehung zur Bestimmung der Atmungshemmung für Belebtschlamm des Produktes nach OECD 209.

Anhand der Auswertung mit der Probit-Analyse ergab sich der Wert EC50=0,082 g/l.

Die Daten zur Probit-Analyse sind im Anhang beigefügt.

Darstellung der Testergebnisse 27

6.5 Biologischer Sauerstoffbedarf

Die Bestimmung des Biologischen Sauerstoffbedarfs erfolgte über mehrere Tage

nach der Respiromat-Methode. Bei der Respiromat-Methode wird der für die Atmung

der Biozonöse erforderliche Sauerstoff elektrolytisch erzeugt und der dafür

erforderliche Strom als Maß für den Sauerstoffverbrauch aufgezeichnet. Dies ist ein

wesentlicher Unterschied zur BSB-Bestimmung im geschlossenen System, wo nur

der im Wasser gelöste Sauerstoff verbraucht werden kann.

Als Impfwasser wurde mechanisch geklärtes Abwasser der kommunalen Kläranlage

Wolfratshausen/Weidach verwendet.

Die Ermittlung des BSB erfolgte in verschiedenen Messreihen:

a) Produkt (Doppelbestimmung)

b) Produkt mit Pepton (Doppelbestimmung)

c) Pepton

Pepton wird in den Versuchsreihen zum Produkt zugesetzt, um zu beobachten, ob

durch das Produkt eine hemmende Wirkung auf den Abbau des Peptons ausgeht.

Pepton ist ein eiweißhaltiges Nährmedium und ist bei der Simulation

schlachtereitypischer Abwässer mit hoher Eiweißfracht sehr hilfreich. Derartige

Abwässer wurden in der betroffenen Kläranlage vorgefunden.

Die Betrachtung der biologischen Abbaubarkeit anhand der BSB-Werte erfolgte über

einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen, wobei aus der Dokumentation auch die BSB5-

und BSB10-Werte ersichtlich sind. (Siehe Tabelle 6-5). In der Abbildung 6-5 ist der

grafische Verlauf der BSB-Werte gezeigt.

Darstellung der Testergebnisse 28

Tabelle 6-5: Messwerte zur Ermittlung des biologischen Sauerstoffbedarfs des Produktes (BSBn)

Zeit

(h)

BSBn Pepton

(mg

O2/l)

Pepton +

Produkt

(mg O2/l)

Pepton +

Produkt

(mg O2/l)

Produkt

(mg O2/l)

Produkt

(mg O2/l)

Produkt

(mg O2/l)

24:00 BSB1 47 0 0 0 0 1

48:00 BSB2 65 1 1 0 0 2

72:00 BSB3 79 1 1 1 1 2

96:00 BSB4 91 2 2 1 1 2

120:00 BSB5 97 2 6 1 1 2

144:00 BSB6 102 3 198 1 1 2

168:00 BSB7 107 61 295 2 1 2

192:00 BSB8 112 265 338 3 2 3

216:00 BSB9 116 307 365 3 3 4

240:00 BSB10 122 333 381 4 3 5

264:00 BSB11 131 351 391 4 3 5

288:00 BSB12 142 364 398 4 3 5

312:00 BSB13 146 373 404 4 3 5

336:00 BSB14 146 379 406 4 3 5

Abbildung 6-5: Grafische Darstellung zur BSB-Bestimmung

Darstellung der Testergebnisse 29

In dieser Untersuchung wurde nach kurzer Hemmung von etwa 6 Tagen ein sehr

guter Abbau bei den beiden Proben Pepton+Produkt beobachtet.

Betrachtung der Werte nach 10 Tagen (BSB10).

Die BSB10-Werte sind der Tabelle 6-3 nach 240 Stunden zu entnehmen. Die

angegebenen Werte entsprechen mg O2/l.

Nach Abzug des Pepton-Wertes (122 mg O2/l) beträgt der BSB10-Wert des Produktes

in der Probe Pepton+Produkt 211 bzw. 259 mg O2/l, das sind 35% bzw. 43% des

CSB-Wertes von des Produktes! In der Tabelle 6-3 und in der

Abbildung 6-3 sind die Werte über einen Zeitraum von 336 Stunden aufgeführt bzw.

der Kurvenverlauf gezeigt.

Die Untersuchungen des BSB zeigen eindeutig, dass das Produkt in Anwesenheit

eiweißhaltiger Fracht, so wie sie auch in der betroffenen Kläranlage vorhanden war,

selbst ohne Klärschlamm sondern nur in Anwesenheit von Impfwasser (mechanisch

geklärtes Abwasser) sehr gut abbaubar ist. Selbst nach einem Zeitraum von nur 10

Tagen wurden in Anwesenheit von Pepton 35% bzw. 43% des CSB-Wertes des

Produktes abgebaut.

6.6 Ermittlung des Verteilungskoeffizienten n-Octanol/Wasser

(log POW)

Zu einer ökotoxikologischen Bewertung wird in einigen Fällen auch der

Verteilungskoeffizient n-Octanol/Wasser betrachtet.

Die experimentelle Ermittlung des Verteilungskoeffizienten n-Octanol/Wasser erfolgt

mit der Schüttelmethode nach OECD 107.

Diese Methode kann und darf für die experimentelle Bestimmung von log POW-

Werten für oberflächenaktive Stoffe nicht benutzt werden.

In diesem Falle besteht nur die Möglichkeit, diese Kenngröße anhand von

Rechenmodellen zu ermitteln. Dazu bieten sich verschiedene QSAR-Modelle an.

Eine mögliche Methode ist die Berechnung durch ein Programm des EPISUITE

Modell Programms.

Darstellung der Testergebnisse 30

Dieses Programm kann nicht auf ein Stoffgemisch verschiedener Verbindungen (wie

im vorliegenden Falle zum Beispiel die C-Ketten-Variationen) angewandt werden,

sondern immer nur auf konkret definierte Verbindungen.

Mit Hilfe des Programms KOWWIN v.167 von EPISUITE ergaben sich die in Tabelle

6-6 gezeigten log POW-Werte für die definierten Einzelstoffe des Produktgemisches.

Tabelle 6-6: Mit Hilfe QSAR ermittelte log POW-Werte für die definierten Einzelstoffe des Produktgemisches C in der Alkylkette C10 C12 C14 C16

log POW 1,9460 2,9282 3,9104 4,892

Die theoretisch ermittelten log POW-Werte weisen eine relativ große

Schwankungsbreite in Abhängigkeit von der Kettenlänge der Alkylkette ab. Je länger

die Alkylkette ist, desto größer wird der log POW-Wert. Verbindungen mit einer

Kettenlänge bis C12 haben einen log POW-Wert, der unter 3 liegt; bei Verbindungen

mit einer Kettenlänge über C12 liegt der log POW-Wert über 3. Stoffe, die einen log

POW-Wert von größer als 3 aufweisen, benötigen im Rahmen von REACH eine

ausführlichere Untersuchung zur Verteilung und zum Verbleib in der Umwelt.

Literaturwerte einiger analoger Verbindungen 31

7 Literaturwerte einiger analoger Verbindungen Aufgrund der vielfältigen Anwendungsgebiete der Benzalkoniumchloride gibt es

mehrere Bundesgesetze, die ihren Einsatz reglementieren, abhängig von deren

vorgesehener Anwendung. So können diese Produkte dem Arzneimittelgesetz, dem

Medizinproduktegesetz, dem Chemikaliengesetz oder dem Biozidproduktegesetz

unterliegen. Seit April 1998 ist das Inverkehrbringen von Bioziden auf EU-Ebene

durch die Richtlinie 98/8/EG geregelt. Dies regelt, dass Biozidprodukte nur zur

Verwendung in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn diese gemäß Richtlinie

98/8/EG geprüft werden.

Aufgrund der durch diese Regularien vorgeschriebenen Prüfungen, sind einige Daten

zu diesen Produkten in der Literatur zugänglich, die im Folgenden auszugsweise

vorgestellt werden.

7.1 Daten zu Benzalkoniumchloriden erhoben aus

Prüfanforderungen der Biozidrichtlinie

a) Biologische Abbaubarkeit von: Dodecylbenzyl dimethyl ammonium chloride

CAS-Nr. 68989-00-4

OECD 301 C: 97% nach 10 Tagen

Bewertung: leicht biologisch abbaubar unter aeroben Bedingungen

b) Biologische Abbaubarkeit von: Dodecylbenzyl dimethyl ammonium chloride

CAS-Nr. 68989-00-4

OECD 303 A: 74-90%

Bewertung: leicht biologisch abbaubar unter aeroben Bedingungen

c) Biologische Abbaubarkeit von: Dodecylbenzyl dimethyl ammonium chloride

CAS-Nr. 68989-00-4

OECD Confirmatory test: 96%

Bewertung: leicht biologisch abbaubar unter aeroben Bedingungen

Literaturwerte einiger analoger Verbindungen 32

d) Bioakkumulation von N-alkyl dimethyl benzyl chloride 10%C16, 40% C12,

50% C14

an Lepomis macrochirus; 60 Tage bei 18°C

BCF: 33,3

e) Akute Algentoxizität an Dodecylbenzyl dimethyl ammonium chloride

CAS-Nr. 68989-00-4

Exposition über 24 Stunden an Colpoda aspera (Ciliate)

EC50: 2,89 mg/l

Datenquelle für a) bis e): IUCLID File der ECB-Datenbank von Albright & Wilson Ltd.

(2005)

f) Akute Algentoxizität an Alkyl(C12-16)-benzyldimethylammoniumchlorid

CAS-Nr. 68424-85-5

Exposition über 72 Stunden an Grünalge

IC50: 1 mg/l

g) Akute Daphnientoxizität an Alkyl(C12-16)-benzyldimethylammoniumchlorid

CAS-Nr. 68424-85-5

Exposition über 48 Stunden an Daphnia magna

EC50: 1 mg/l

Datenquelle für f) und e): UBA/RIGOLETTO

h) Akute Fischtoxizität an Alkyl(C18)-benzyldimethylammoniumchlorid

CAS-Nr. 122-19-0

Exposition über 15 Minuten an Regenbogenforelle

LC50: 1 mg/l

Literaturwerte einiger analoger Verbindungen 33

i) Akute Fischtoxizität an Alkyl(C18)-benzyldimethylammoniumchlorid

CAS-Nr. 122-19-0

Exposition über 1 Stunde an Goldfisch

LC50: 1 mg/l

Datenquelle für h) und i): MENZIES

7.2 Daten aus einer Studie des Umweltbundesamtes zur

ökotoxikologischen Relevanz von Benzalkoniumchloriden

(UHL et al.)

Vor dem Hintergrund, dass die Benzalkoniumchloride häufig als Desinfektionsmittel

(im medizinischen Bereich, zur Flächen- und Instrumentendesinfektion, aber auch

zunehmend im privaten Bereich zur Desinfektion und als Algenvernichtungsmittel in

Schwimmbädern, Springbrunnen und Whirlpools) eingesetzt werden und es

bezüglich ihrer Verbreitung in der Umwelt, ihrer Abbaubarkeit sowie ihrer Wirkung auf

Nicht-Ziel-Organismen Wissenslücken und Forschungsbedarf gab, hat das

Umweltbundesamt eine Studie durchgeführt. Daraus resultieren Daten zur

aquatischen Ökotoxizität, Exposition und Stoffeigenschaften.

Besonders die Untersuchungen zur Hemmwirkung bei der Abwasserreinigung sollen

hier kurz dargestellt werden.

Für die Ermittlung der Hemmwirkung der Stoffe wurden zwei Versuchsansätze

gewählt. Grundsätzlich wird zwischen einer akuten und einer chronischen

Hemmung unterschieden.

Akute Hemmwirkung

Für den Versuchsansatz der akuten Hemmwirkung wurde die Aktivität der

Mikroorganismen in Belebtschlämmen mittels Respirationsmessungen bei einmaliger

Zugabe unterschiedlicher Substanzkonzentrationen untersucht. Die Testansätze

wurden als Kurzzeitversuche durchgeführt. Dazu wurde der Sauerstoffverbrauch von

Literaturwerte einiger analoger Verbindungen 34

Belebtschlamm gemessen, wodurch auf Umsatzraten des verwendeten Substrates

geschlossen werden kann.

Die Ergebnisse über die Hemmwirkungen bzw. –schwellen der einzelnen

Substanzen sind in Tabelle 7-1 und Tabelle 7-2 zusammengefasst.

Tabelle 7-1: Hemmwirkung der untersuchten Substanzen bei unterschiedlichen Konzentrationen auf die Kohlenstoffatmung Konzentration

[mg/l]

0,02 0,2 0,5 1 5 10 25 50 100

C12 - - - - k.A. - + ++ ++

C14 - - - +/- k.A. k.A. + ++

C16 - - - - - - +

C18 - - - - - - - -

++ stark hemmend(> 40%); + hemmend (20-40%); +/- teilweise hemmend (10-20%);

- nicht hemmend (< 10%); k.A. keine Aussage

Tabelle 7-2: Hemmwirkung der untersuchten Substanzen bei unterschiedlichen Konzentrationen auf die Stickstoffatmung Konzentration

[mg/l]

0,02 0,2 0,5 1 5 10 25 50 100

C12 - - - - k.A. - +/- + ++

C14 - - +/- ++ k.A. ++ ++

C16 - - + + k.A. k.A. +/- +/-

C18 - - k.A. - - - - -

++ stark hemmend(> 40%); + hemmend (20-40%); +/- teilweise hemmend (10-20%);

- nicht hemmend (< 10%); k.A. keine Aussage

Generell zeigen die Atmungsversuche, dass kurzkettige Benzalkoniumchloride eine

stärkere Hemmwirkung aufwiesen als langkettige. Bei den langkettigen Substanzen

(C18) war die Hemmung, falls überhaupt vorhanden, sehr gering.

Die Versuche zeigten, dass eine Hemmwirkung bei den dargestellten Substanzen für

die Kohlenstoffatmung und die Stickstoffatmung durchschnittlich erst ab einer

Konzentration von > 10 mg/l einsetzte. Diese Ergebnisse decken sich mit jenen von

BOETHLING, der einen Einfluss auf die Respiration ebenfalls erst bei

Konzentrationen von 10 mg/l erfasste.

Literaturwerte einiger analoger Verbindungen 35

Die Ergebnisse der Hemmung liegen bei Kohlenstoff- und Stickstoffatmung in

ähnlichen Größenordnungsbereichen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Akuthemmung infolge der

Ergebnisse der Respirationsversuche keine besorgniserregende Relevanz für

Abwasserreinigungsanlagen darstellt, da erst ab Konzentrationen von 0,5-1 mg/l

Akuthemmungen aufgetreten sind.

Chronische Hemmwirkung

Für die Beurteilung einer chronischen Hemmwirkung wurde die langfristige

Auswirkung der Testsubstanzen auf die Aktivität der Mikroorganismen untersucht, da

bei einer kontinuierlichen Belastung über einen längeren Zeitraum durchaus

Auswirkungen auf die Abwasserreinigung denkbar sind. Dies wurde in Form von

Durchlaufversuchen bei kontinuierlicher Dosierung konstanter Konzentrationen und

Mengen der Testsubstanzen ermittelt. Die Versuche wurden in Laborkläranlagen

durchgeführt und sollten Aufschluss über die Wirkungsweise der

Benzalkoniumchloride auf die Reinigungsleistung der Kläranlage geben, wobei hier

wesentliches Augenmerk auf die Nitrifikationsleistung gelegt wurde. Die Nitrifikation

stellt infolge der Forderung nach Stickstoffelimination den wesentlichen

Verfahrensschritt in der Abwasserreinigung dar.

Eine Beeinträchtigung des Kohlenstoffabbaues konnte über den Versuchszeitraum

nicht festgestellt werden. Die CSB-Entfernung wurde im Mittel mit 92% ermittelt. Die

getesteten Konzentrationen von 100 µg/l, 1 mg/l und 2 mg/l zeigten keine

Veränderungen des Kohlenstoffabbaues, der auf die Einwirkung der Testsubstanzen

zurückgeführt werden konnte.

Jedoch zeigten die Substanzen einen Einfluss auf die Nitrifikationsleistung in der

Kläranlage in Abhängigkeit der Konzentrationshöhe im Zulauf. Während bei einer

Dosierung von 100 µg/l keine nachhaltige Beeinflussung auf den Umbau von

Ammonium-Stickstoff in Nitrat-Stickstoff beobachtet wurde, zeigten Dosierungen von

1 mg/l und 2 mg/l Auswirkungen auf die zweite Stufe der Nitrifikation, den Umbau

von Nitrit-Stickstoff in Nitrat-Stickstoff (Nitratation). Der Vorgang der Nitritation, wobei

Ammonium-Stickstoff in Nitrit-Stickstoff oxidiert wird, lief über die gesamte

Versuchsperiode und bei unterschiedlichen Dosiermengen der Testsubstanzen

ungestört ab. Ein Einfluss auf die Denitrifikation konnte nicht festgestellt werden, die

Stickstoffentfernung lief ungehindert ab.

Literaturwerte einiger analoger Verbindungen 36

Grundsätzlich kann eine Gefährdung für stickstoffentfernende Anlagen (Nitrifikation

und Denitrifikation) ausgeschlossen werden, da der Verfahrensschritt der

Denitrifikation unbeeinflusst abläuft und die Stickstoffentfernung auch über die

Reduktion von NO2-N erfolgen kann und nicht ausschließlich über NO3-N.

Biotests

Mit einer Standardsubstanz (Gemisch aus 60% BAC C12; 40% BAC C14, < 1% BAC

C16) wurden Standardtests mit Grünalgen, ‚Ciliaten (Wimpertieren), Rotatoria

(Rädertieren) und Daphnien durchgeführt. Die ermittelten Effektkonzentrationen

(EC50-Werte) sind in Tabelle 7-3 zusammengefasst.

Tabelle 7-3: mittlere Effektkonzentrationen ermittelt in Standardtests Biotests Expositionsdauer EC50 (µg/l)

Grünalgen-Vermehrungshemmtest 72h 40,9

Ciliaten-Vermehrungshemmtest 24h 2940,7

Rotatorien-Vermehrungshemmtest 48h 125,0

Daphnien-Immobilisationstest 48h 41,1

Die Effektkonzentrationen für Vermehrungshemmung bei Grünalgen und

Immobilisation bei Daphnien erwiesen sich als gleichermaßen am sensibelsten.

Vermehrungshemmung bei Rotatorien und bei Ciliaten waren um den Faktor 10 bis

100 weniger sensibel.

7.3 Sonstige Daten zu Benzalkoniumchloriden

FENGER et al. untersuchte die Toxizität von

Tetradecyldimethylbenzylammoniumchlorid (C14) an unbehandelten und adaptierten

Klärschlamm.

Folgende Ergebnisse wurden beobachtet:

• Unbehandelter Klärschlamm: EC50 = 10 mg/l

• Adaptierter Klärschlamm: EC50 = 37 mg/l

Auch die Abbaurate von Tetradecyldimethylbenzylammoniumchlorid (C14) wurde

von FENGER et al. untersucht.

Hier wurde ein Abbau von 70% nach einer Adaptationszeit von etwa 2 Wochen

dokumentiert.

Diskussion der Ergebnisse - Risikobetrachtung 37

8 Diskussion der Ergebnisse - Risikobetrachtung

8.1 Zusammenfassung der ökotoxikologischen Ergebnisse

Das untersuchte Produkt hat auf dem Abwasserpfad durchaus ökotoxikologische

Relevanz. Der Einsatz in den verschiedenen Industriezweigen ist nicht

vernachlässigbar und die Exposition ins Abwasser gegeben. Auch daher liegen

bereits einige Untersuchungen zu dieser im Produkt verwendeten Stoffklasse vor.

Das näher untersuchte Produkt wurde hinsichtlich zahlreicher ökotoxikologischer

Aspekte untersucht.

Eine zusammenfassende Betrachtung und Bewertung der Ergebnisse ist nötig, um

ein mögliches entstehendes Risiko bewerten zu können.

Zunächst wurden akute Toxizitäten des Produktes bestimmt.

Das Produkt hat eine hohe akute aquatische Toxizität an Daphnien (EC50: 0,39

mg/l).

Die Atmungshemmung an Belebtschlamm liegt bei deutlich höheren Konzentrationen

(EC50: 0,082 g/l). Diese ermittelten Toxizitätswerte an Klärschlammbakterien decken

sich auch mit dem ermittelten Kurvenverlauf zum Abbauverhalten bei der BSB-

Bestimmung. Nach anfänglicher Hemmung waren die Bakterien in der Lage sich

anzupassen und in Anwesenheit von Pepton das Produkt abzubauen.

Weiterhin wurden weitere Kenndaten ermittelt, die für eine Abwasserreinigung

wichtig sind.

Das Produkt ist nach OECD 301F leicht biologisch abbaubar (80%), das 10-Tage-

Fenster wird erreicht.

Nach dem Zahn-Wellens-Test (OECD 302B) weist das Produkt eine Eliminationsrate

von 94% auf und ist damit sehr gut eliminierbar.

Beide Tests laufen über eine Zeitdauer von 28 Tagen, beim Zahn-Wellens-Test

wurden die 94% Eliminierbarkeit/Abbaubarkeit erst nach 31 Tagen ermittelt. Nach 28

Tagen wurden 91% Elimination festgestellt.

Eine für Kläranlagen wichtige Kennzahl ist der BSB.

Diskussion der Ergebnisse - Risikobetrachtung 38

Im Rahmen dieser Untersuchungen wurde der BSB an dem Produkt selbst, aber

auch gemeinsam mit Pepton untersucht, wobei parallel auch separate Messungen an

Pepton durchgeführt wurden. Aus diesen Untersuchungen ergab sich, dass nach

einer kurzen Hemmung des Abbaus in Anwesenheit des Peptons in einem Zeitraum

von 10 Tagen 35% bzw. 43% (Streuung aus Doppelbestimmung) des Produktes

abgebaut wurden, wohingegen das Produkt alleine nur einen sehr niedrigen BSB

aufwies (BSB10: 4 mgO2/g).

Auch die in der Literatur gefundenen Daten zu ähnlichen Verbindungen wiesen

vergleichbare Werte auf. Bei einer Bewertung muss hier nochmals auf die

Unterschiede in den Konzentrationen hingewiesen werden. Die selbst

durchgeführten Untersuchungen, deren Ergebnisse im Kapitel 6 dargestellt wurden,

erfolgten an der 25%igen Zubereitung des Wirkstoffes, wohingegen die

Literaturwerte für den jeweils reinen Wirkstoff gelten. Es muss hier bei einem

möglichen Vergleich der Toxizitäten also der Faktor 4 berücksichtigt werden. Bei

einem Vergleich der Abbaubarkeiten gibt es keine derartigen Unterschiede zu

berücksichtigen.

Die aus der Literatur im Kapitel 7 aufgeführten Werte decken sich im Wesentlichen

mit den hier ermittelten Werten.

Es gibt wesentliche Übereinstimmung in der biologischen

Abbaubarkeit/Eliminierbarkeit. Hier werden auch Werte gefunden, die auf leichte

biologische Abbaubarkeit und sehr gute Eliminierbarkeit hinweisen.

Die akuten Toxizitäten an Fisch und Alge liegen auch sehr niedrig, von den

Größenordnungen her etwa vergleichbar mit der ermittelten akuten Toxizität an

Daphnia magna.

Dennoch muss bei möglichen Vergleichen immer sehr vorsichtig vorgegangen

werden, da die Literaturwerte für die reinen Einzelstoffe gelten, in dem vorliegenden

Produkt jedoch ein nicht näher bekanntes Gemisch hinsichtlich der C-Ketten-

Verteilung vorliegt.

Diskussion der Ergebnisse - Risikobetrachtung 39

8.2 Risikobetrachtung

Im Kapitel 1 wurde ein konkretes Szenario zum Einsatz des hier in den Kapiteln 2-6

näher diskutierten Produktes beschrieben, welches 25% der Substanz C10-16-

Alkyldimethylbenzylammonium-chlorid enthält, der Rest ist Wasser.

Es ging um den Einsatz dieses Produktes in einer Federnwäscherei. Die empfohlene

Einsatzmenge an Produkt liegt bei 2% vom Warengewicht (bezogen auf trockene

Federn).

In einer Untersuchung von JACOBI konnte abgeschätzt werden, dass bei dieser

empfohlenen Einsatzmenge des Produktes von 2% vom Warengewicht bei einer

Temperatur von 19°C und einer Behandlungsdauer von 4 Minuten nur etwa 12% des

Wirkstoffgehaltes des Produktes von den Federn nicht aufgenommen werden und

somit ins Abwasser abgegeben werden.

Bei einer durchaus üblichen Arbeitsweise im Flottenverhältnis 1:30 (das heißt etwa

100 g Federn in 3 l Wasser) gelangt damit das Produkt in einer Konzentration von

etwa 80 mg/l direkt ins Abwasser.

Bei noch höheren Temperaturen (ca. 40°C) ist der Auszugsgrad des Produktes noch

deutlich höher, d.h. es gelangt noch weniger Wirkstoff in das Abwasser.

Um das entstehende Risiko für die nachgeschaltete Kläranlage hier richtig zu

bewerten, soll das Konzept des PEC/PNEC-Verhältnisses angewandt werden.

Die größte Gefahr, die von diesem Produkt ausgeht, betrifft die Kläranlage. Das

Produkt ist leicht biologisch abbaubar und sehr gut eliminierbar und stellt auf Grund

dieser Tatsache nur eine geringe Gefahr für die Fische und Daphnien, die im vom

Ablauf der Kläranlage gespeisten nachfolgenden Gewässer leben, dar.

Für die Risikobetrachtung für die Kläranlage muss nun die Atmungshemmung des

Belebtschlammes (Bakterientoxizität) betrachtet werden.

Der EC50-Wert der Bakterientoxizität wurde mit 82 mg/l ermittelt. Der hier

angewandte Test zur Bestimmung der Bakterientoxizität ist ein durchaus

realitätsnaher Test. Daher sollte in diesem konkreten Falle ein anzusetzender

Sicherheitsfaktor von 10 zur Ermittlung des PNEC ausreichen.

Das bedeutet: PNEC = 8,2 mg/l.

Diskussion der Ergebnisse - Risikobetrachtung 40

In dem konkreten Betrieb wurden täglich etwa 1500 kg Federn gewaschen, dafür

wurden täglich insgesamt etwa 550 m3 Wasser benötigt. Dieses Wasser wurde nach

den Waschvorgängen in die betriebseigene Kläranlage abgeleitet. Zusätzlich wurden

aus anderen Quellen noch weitere 200 m3 Abwasser täglich in die Kläranlage

eingeleitet.

Nach den Produktempfehlungen sollten nicht mehr als 2% des Produktes bezogen

auf trockenes Warengewicht eingesetzt werden. Auf die täglich zu waschende

durchschnittliche Menge von 1500 kg Federn bezogen bedeutet das, dass täglich

etwa 30 kg des Produktes eingesetzt wurden.

Bilanzierung:

− eingesetzte Menge an Produkt: 30 kg = 30.000 g

− verbleibende Restmenge an Produkt nach der Behandlung der Federn im

Abwasser: 12% von 30.000 g: 3600 g

− entstandenes Abwasser: 750 m3

Konzentration des Produktes im Abwasser: 4,8 g/m3 = 4,8 mg/l (PEC)

PEC/PNEC-Betrachtung:

PEC: 4,8 mg/l

PNEC: 8,2 mg/l

Das PEC/PNEC-Verhältnis beträgt 0,58.

Nach AHLERS und DIDERICH liegt bei einem PEC/PNEC-Quotienten von < 1 kein

ökologisches Risiko vor.

Anhand der oben aufgeführten Bilanzierung ergibt sich ein PEC/PNEC-Quotient von

0,58.

Damit kann ein ökologisches Risiko für die Kläranlage mit den für das Produkt

ermittelten und im Rahmen dieser Arbeit vorgestellten ökotoxikologischen Werten

ausgeschlossen werden.

Ausblick auf REACH 41

9 Ausblick auf REACH Nach dem seit dem 1. Juni 2007 in Kraft getretenen EU-Chemikalienrecht REACH

sollen chemische Altstoffe untersucht werden.

Neben physikalisch-chemischen Stoffeigenschaften müssen human- und

ökotoxikologische Daten ermittelt werden. Daten zur Toxizität und Ökotoxizität

werden mit standardisierten Testmethoden nach GLP-Richtlinien erhoben. Das

Prinzip des Gesetzes beruht auf einer stufenweisen Erhöhung der Testerfordernisse

mit der Produktionsmenge. Der Untersuchungsaufwand steigt mit der produzierten

Menge eines Stoffes und der damit zu erwartenden steigenden Gefährdung für

Mensch und Umwelt an. Es gibt also Mengenschwellen.

Ab 1t/Jahr werden die Chemikalien registriert. Für 1t wird die Basisprüfung verlangt,

ab 10t, 100t und ab 1000t werden jeweils höhere Testanforderungen (Stufen)

gefordert.

9.1 Anwendung von REACH auf die für die Ökotoxikologie zu

erhebenden Registrierdaten für den im näher betrachteten

Produkt enthaltenen Stoff

Die hier näher betrachtete Substanz Quaternäre Ammoniumverbindungen, Benzyl-

C10-16-alkyldimethyl-, Chloride wird in dem hier beleuchteten Fall in Mengen

zwischen 10t und 100t produziert. Im Rahmen von REACH müssen hierfür Daten für

die Basisprüfung erbracht werden. Dazu muss der Anhang VII – die

Standarddatenanforderungen für alle Stoffe > 10t - herangezogen werden. Dort sind

die in Tabelle 9-1 aufgeführten ökotoxikologischen Daten gefordert. In Spalte 2

dieser Tabelle wird ein Kommentar abgegeben, ob die Werte des betreffenden

Stoffes bereits vorliegen.

Ausblick auf REACH 42

Tabelle 9-1: Standarddatenanforderungen gemäß REACH-VO Anhang VII und Anhang VIII Standarddatenanforderungen Werte schon vorhanden?

9.1. Aquatische Toxizität

9.1.1. Prüfung der Kurzzeittoxizität bei Wirbellosen

(bevorzugte Tierart: Daphnia)

ja

9.1.2 Hemmung des Wasserpflanzenwachstums

(bevorzugte Art: Algen) nein

9.1.3. Kurzzeittoxizität für Fische nein

9.1.4. Hemmung der Atmung von Belebtschlamm ja

9.2. Abbaubarkeit

9.2.1. Biotisch

9.2.1.1. Leichte biologische Abbaubarkeit

ja

9.2.2. Abiotisch

9.2.2.1. Hydrolyse in Abhängigkeit vom pH-Wert

nicht benötigt, da

Ausnahmeregelung für

Stoffe, die leicht biologisch

abbaubar sind

9.3. Verbleib und Verhalten in der Umwelt

9.3.1. Adsorptions-/Desorptions-Screening

Nicht erforderlich, wenn aufgrund der physikalisch-

chemischen Eigenschaften des Stoffes ein niedriges

Adsorptionspotenzial zu erwarten ist (z.B. bei einem

niedrigen Verteilungskoeffizienten Oktanol/Wasser =

log POW).

ja

Gemäß diesem Testkatalog müssen im Rahmen von REACH noch einige zusätzliche

erforderliche Daten erhoben werden. Dies sind die Hemmung des

Wasserpflanzenwachstums (an Algen) und die Kurzzeittoxizität an Fischen. Ebenso

sind Studien zum Verbleib und Verhalten in der Umwelt, und zwar ein Adsorptions-

Desorptions-Screening nötig, da die rechnerisch ermittelten log POW-Werte zum Teil

über 3 liegen, wie im Kapitel 6 bereits erläutert wurde.

Aus den im Kapitel 8 vorgestellten Werten an vergleichbaren Verbindungen sind hier

Werte für die akute Toxizität an Fischen von LC50 von etwa 1 mg/l zu erwarten.

Für den Grünalgenvermehrungshemmtest erwartet man ungefähr 40 µg/l.

Zusammenfassung der Ergebnisse 43

10 Zusammenfassung der Ergebnisse

Quaternäre Ammoniumverbindungen (QAV) sind eine wirtschaftlich bedeutende

Klasse von Industriechemikalien und im Abwasser aufgrund vielfältiger

Anwendungsmöglichkeiten weit verbreitet.

Zur Klasse der Quaternären Ammoniumverbindungen gehören auch die

Benzalkoniumchloride.

In der vorliegenden Arbeit wurden die ökotoxikologischen Eigenschaften eines

Produktes, welches eine 25%ige Zubereitung eines Benzalkoniumchlorides ist,

ermittelt und anschließend eine Risikobetrachtung für einen konkreten Fall in einer

Kläranlage durchgeführt. Außerdem wurden einige in der Literatur verfügbare

zusätzliche Daten zitiert und diskutiert.

Benzalkoniumchloride sind oberflächenaktive Verbindungen, die leicht biologisch

abbaubar sind. Sie verfügen über durchaus zu berücksichtigende toxikologische

Eigenschaften, wobei die akute aquatische Toxizität (experimentell ermittelt an

Daphnia magna) wesentlich höher ist, als die Toxizität an Klärschlammbakterien

(experimentell ermittelt durch die Atmungshemmung an Belebtschlamm.)

Bei einer anhand der ermittelten Werte durchgeführten Risikobetrachtung für das

konkret vorliegende Einsatz-Szenario des diskutierten Produktes mit Hilfe des

PEC/PNEC-Vergleiches wurde festgestellt, dass kein ökologisches Risiko für die

Kläranlage bestand.

Aufgrund der leichten biologischen Abbaubarkeit und der sehr guten Eliminierbarkeit

des Produktes in der Kläranlage wird auch kein erhöhtes Risiko für die

Wasserlebewesen erwartet, die im Abfluss der Kläranlage leben.

Literatur- und Quellenverzeichnis 44

11 Literatur- und Quellenverzeichnis

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Literatur- und Quellenverzeichnis 46

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Anhang 47

12 Anhang Rechnerische Ermittlung der log POW-Werte

Alkylkette C10:

Alkylkette C12:

Anhang 48

Alkylkette C14:

Alkylkette C16:

Anhang 49

Statistische Daten zur Ermittlung der akuten aquatischen Toxizität an Daphnia

magna

Anhang 50

Anhang 51

Anhang 52

Anhang 53

Anhang 54

Anhang 55

Statistische Daten zur Ermittlung der akuten Bakterientoxizität (Atmungshemmung

an Belebtschlamm)

Anhang 56

Anhang 57

Anhang 58

Anhang 59

Anhang 60

Anhang 61