Offener Brief an Die Mainzer Bildhauer- Und Steinmetz-Innung

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Offener Brief an die Mainzer Bildhauer- und Steinmetz-Innung jwr47 Sehr geehrte Damen und Herren Steinmetze 1 , Sicherlich sind Sie zurecht stolz auf die Vorfahren und Väter, die sich um den Erhalt des Mainzer Doms, der bereits 1975 das 1000-jährige Dombaujubiläum gefeiert hat. Bei meinem Besuch am 20 Juni dieses Jahres 2015 stellte ich jedoch fest, dass das Besucherpublikum bereits am Haupteingang von Bausünden an zwei bemalten Säulen unterrichtet wird. Es sind dies die zwei schwarzgraue beziehungsweise rötliche Säulen, die sich beidseitig neben dem berühmten Tor befinden. Bemalt sollen sie sein und bereits einmalig ausgetauscht. Da tut man so als ob eine Fachkraft nicht in der Lage wäre den richtigen Farbkübel aus dem Lager zu fischen und somit die zu reparierende Säule mit dem erstbesten Farbrest übermalt worden wäre. Nichts von dieser hanebüchenen Reparaturgeschichte stimmt natürlich. Der Dom wurde nicht mit der falschen Farbe repariert, sondern gezielt zum Erhalt einer uralten Symbolik von der korrekten Farbkombination Blau und Rot versehen, die bereits vom ersten Freimaurer als Steinmetz für den Jerusalemer Tempel auserwählt worden war. 1 Dieser Brief wird jedoch an regionet-Redaktion gerichtet als Antwort auf folgende Einladung: „Der Dom prägt das öffentliche Leben der Stadt und ist Identifikationsobjekt für viele, die in Mainz leben. Deshalb sind Sie herzlich eingeladen, sich aktiv an diesem Themenportal zu beteiligen. Ob Texte, Bilder, Filme oder Anregungen - wenden Sie sich an unsere regionet-Redaktion und unterstützen Sie dieses Portal mit ihren Ideen. „ 1: Die Farben Blau und Rot am Marktportal des Mainzer Doms

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Die Farben der zwei Halbsäulen mit korinthischen Kapitellen neben der Bronzetür sind nicht zufällig schwarzblau beziehungsweise rot bemalt. Sie sind vielmehr analog an den ursprünglichen Säulen des Eingangsportal zum Würzburger Dom Symbole, die in Salomons Tempel Iachim und Boaz genannt wurden wie sie in vielen mittelalterlichen Kirchen installiert worden sind. Die Gestaltung der Eingangsportale zum Mainzer und Würzburger Kathedralen fand etwa gleichzeitig statt um 1200AD. An der Iachimsäule im Würzburger Dom kann man auch heute noch rote Farbspuren ablesen. An der Boazsäule kann man ggf. mittels chemischer oder physikalischer Analyse bisher unsichtbare Farbspuren identifizieren.Die schwarzblaue Schiefersäule sollte die symbolische Kontrastfarbe „Blau“ zum „Rot“ der rechten Säule interpretiert werden. Das Verständnis der Kontrastfarben als eine „Erneuerung“, wobei man versehentlich keine passende Farbe zur symmetrischen Farbgebung zur Verfügung gehabt habe, gehört wohl zum Unverständnis der mittelalterlichen Symbolik.

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  • Offener Brief an die Mainzer Bildhauer- und Steinmetz-Innung

    jwr47

    Sehr geehrte Damen und Herren Steinmetze1,

    Sicherlich sind Sie zurecht stolz auf die Vorfahren und Vter, die sich um den Erhalt des MainzerDoms, der bereits 1975 das 1000-jhrige Dombaujubilum gefeiert hat.

    Bei meinem Besuch am 20 Juni dieses Jahres 2015 stellte ich jedoch fest, dass dasBesucherpublikum bereits am Haupteingang von Bausnden an zwei bemalten Sulen unterrichtetwird. Es sind dies die zwei schwarzgraue beziehungsweise rtliche Sulen, die sich beidseitig nebendem berhmten Tor befinden. Bemalt sollen sie sein und bereits einmalig ausgetauscht. Da tut manso als ob eine Fachkraft nicht in der Lage wre den richtigen Farbkbel aus dem Lager zu fischenund somit die zu reparierende Sule mit dem erstbesten Farbrest bermalt worden wre.

    Nichts von dieser hanebchenen Reparaturgeschichte stimmt natrlich. Der Dom wurde nicht mitder falschen Farbe repariert, sondern gezielt zum Erhalt einer uralten Symbolik von der korrektenFarbkombination Blau und Rot versehen, die bereits vom ersten Freimaurer als Steinmetz fr denJerusalemer Tempel auserwhlt worden war.

    1 Dieser Brief wird jedoch an regionet-Redaktion gerichtet als Antwort auf folgende Einladung:Der Dom prgt das ffentliche Leben der Stadt und ist Identifikationsobjekt fr viele, die in Mainz leben. Deshalb sindSie herzlich eingeladen, sich aktiv an diesem Themenportal zu beteiligen. Ob Texte, Bilder, Filme oder Anregungen - wenden Sie sich an unsere regionet-Redaktion und untersttzen Sie dieses Portal mit ihren Ideen.

    1: Die Farben Blau und Rot am Marktportal desMainzer Doms

  • Der Haupteingang des Mainzer DomsAn der Nordseite des Mainzer Doms befindet sich der Haupteingang mit der berhmten Inschrift.Die Bronzetr stammt aus etwa 1000 AD, whrend das Sulenportal aus etwa 1200 AD stammt.

    Neben der Bronzetr befinden sich zwei Halbsulen mit korinthischen Kapitellen,welche einmal erneuert worden sind. Die eine Sule ist schwarz bemalt, die andere rot.Ursprnglich waren beide Sulen aus schwarzem Schiefer2.

    Da die Sulen kontrastierend in den aufflligen Symbolfarben Rot und Schwarz bemalt worden sindund ich bereits in Wrzburg zumindest an einer der beiden Sulen eine Rotbemalung identifizierthatte, bezweifelte ich diese Aussage sofort. Die Farbkombination wurde demnach absichtlichgewhlt und zwar nicht einfach bei einer Erneuerung.

    Mainz und Wrzburg werden vom Fluss Main miteinander verbunden und die Symbolik desDomportals der beide Kirchen in Mainz und Wrzburg knnte etwa um 1200 AD zur gleichen Zeitauf gleichen Prinzipien stattgefunden haben.

    Demnach wre die rechte Sule eine schwarzblaue Iachimsule und die linke eine rote Boozsule,was nun noch zumindest plausibel gemacht werden msste. Dazu analysierte ich zunchst dieWrzburger Iachimsule, die eine auffllige Rotbemalung aufweist. Die Iachimsule wird in derBibelstelle Zitat 1. Knige 7 (Elberfelder bersetzung) rechts positioniert. Zumindest diePositionierung der roten Sule stimmt damit in Wrzburg und Mainz mit der biblischen Vorschriftberein.

    2 Das Marktportal am Mainzer Dom verffentlicht vom Institut fr Geschichtliche Landeskunde an der UniversittMainz e.V. - Johann-Friedrich-von Pfeiffer-Weg 3 - 55099 Mainz - E-Mail: igl(at)uni-mainz.de

    2: Die Farben am Marktportal des Mainzer Doms

  • Die korinthischen KapitelleDie korinthischen Kapitelle und die Verzierung der Sockelleisten des Haupteingangs weichengeringfgig voneinander ab. Im Vergleich zum Eingang des Wrzburger Kilian-Doms ist dieDifferenz vernachlssigbar. Htte der Mainzer Steinmetz identische Kapitelle entworfen, knnteman eine ideale Symmetrie angestrebt haben. Diese Symmetrie war jedoch von Anfang nichtangestrebt. Dann htte wohl auch die Farbsymmetrie nicht zum obersten Ziel gehrt. Imnachfolgenden Bilderpaar werden die Kapitelle und Sockel verglichen:

    Auf einem Photo mag die schwarze Sule auch blau aussehen, aber bei genauerer Inspektion fandich sie eher schwarz. Tatschlich wird Schiefer jedoch manchmal als dunkelblaues Graubeschrieben3. In Englisch ist Slate gray ein Grauton mit etwas Azur, was in etwa demDurchschnittsschiefer entspricht. Slate entspricht dann eine Mischung mit gleichen AnteilenPurpur- und Grnpigmenten4. Genau genommen wurde Schiefer vielleicht auch als die lokalverfgbaren Annherung der symbolischen Farbe Blau im Bibeltext betrachtet. Auch konnte dieursprngliche Schiefersule ungefrbt blaugrau schwarz und die rote Sule ungefrbt aus rtlichemSandstein hergestellt worden sein.

    3 Slate-color - definition of Slate-color by The Free Dictionary4 Slate gray

    4: Linksseitige Sule (schwarz) 3: Rechtsseitige Sule (rot)

    6: Linksseitige Sule (schwarz) 5: Rechtsseitige Sule (rot)

  • Die Wrzburger Sulen Booz und JachimVon 1230 bis 1644 befanden sich die Sulen Booz und Jachin5 am Eingang desWrzburger Kilian-Doms. Die Entwrfe aus 1230 basieren auf den Tempel vonJerusalem der ursprnglich von Hiram von Tyrus mit zwei gleichnamigen Sulenausgestattet worden sei.

    Beide Wrzburger Sulen wurden mit den Namen (Booz beziehungsweise Iachim) ausgestattet6.Die rote Bemalung ist an verschiedenen Stellen mehr oder weniger deutlich sichtbar. Andere Farbensind nicht sosehr an der Sulen, aber eher an anderen Skulpturen ablesbar7.

    Die 8-stbigen Iachim-Sule wurde ausgestattet mit einem komplizierten Knoten, whrend die 4-stbigen Boaz-Sule zweimal verknotet wird.

    5 Jachin wird in Gen 46,10; Boas in Rut 2-4 erwhnt6 Jachin und Boas Bibelwissenschaft.de7 Symbolism in the Wrzburg Episcopal Residence

    7: Die Booz und Jachim Sulen des Wrzburger Doms (1230)

    8: Iachim Sule (1230) 9: Booz und Iachim

  • Jachin und Boas im mittelalterlichen KirchenbauDie Sulen des Tempels wurden im Mittelalter um 1200-1230 sorgfltig nach den biblischenVorgaben entworfen. Dazu heit es8:

    Er stellte die rechte Sule auf und gab ihr den Namen Jachin, und er stellte die linkeSule auf und gab ihr den Namen Boas. 22 Und oben auf den Sulen war Lilienarbeit.So wurde das Werk der Sulen vollendet.9

    Im Mittelalter werden Jachin und Boas im Kirchenbau rezipiert, vor allem alsarchitektonisch funktionsloses Sulenpaar im Eingangsbereich so besonders in Italienim 12. Jh. (z.B. Santa Maria Maggiore in Tuscania). Sie sollen auf den SalomonischenTempel, den Ort der Gegenwart Gottes, anspielen und die Kirche damit als dessenNachfolgerin ausweisen, zugleich haben sie gerade im Portalbereich als Symbole vonStandhaftigkeit und Strke eine schtzende und apotropische Funktion, der z.B. durchdie Verbindung mit einem Lwen als Sulenbasis verstrkt Ausdruck verliehen wird.Im Wrzburger Dom beispielsweise befinden sich zwei als JACHIM und BOOZbeschriftete Sulen, die ursprnglich in der Vorhalle standen (um 1230 errichtet).

    Im 18. Jh. werden Jachin und Boas zu Symbolen der Freimaurer, bes. am Eingang vonFreimaurerlogen. Sie sollen auf die Bestndigkeit ihrer Lehre und auf Humanitt alsderen Grundpfeiler verweisen. Bei Rudolf Steiner symbolisiert Jakim (!) den Eintrittdes Menschen ins Erdenleben, Boas, seinen Eintritt durch den Tod in die geistige Welt(Weltwesen und Ichheit, Gesamtausgabe 169, 1963, 58ff).10

    Symbole in der Freimaurerei Die beiden Sulen Jachin (rechts) und Boas (links) sind Symbole in der Freimaurerei undreprsentieren die Grundpfeiler der Humanitt. Sie werden bei rituellen Tempelarbeiten derFreimaurer als tatschliche Sulen im Versammlungsraum aufgebaut. Dazu wird dokumentiert11:

    Rechte Sule: Jachin (Heb.: ) (Bedeutung: Ich (Gott) werde aufstehen! oder Ich werde aufrichten!, Grundverb: kum, Kof, Waw, Nun)

    Linke Sule: Boas (Heb.: ) (Bedeutung: In ihm (Gott) ist Strke!)

    8 Jachin und Boas Wikipedia9 Zitat 1.Knige 7: Elberfelder bersetzung10 Jachin und Boas Bibelwissenschaft.de11 Jachin und Boas Wikipedia

  • Die Farbcodierung der Sulen in der Theosophie von Rudolf Steinerblicherweise werden Jachin und Boaz als mnnlich (in Rot), beziehungsweise weiblich (in Blau)dargestellt12. Ein schnes Beispiel befindet sich im Apokalyptischen Siegel 413, in dem die rote J-Sule aus dem Meer und die violettfarbigen B-Sule aus dem Felsen ragt. Genau genommen ist dieerdverbundene Farbe die uere Randfarbe des Regenbogens und die rote Farbe die zum Himmelgewandte Randfarbe.

    Der Himmelsbezug kann im Mainzer und im Wrzburger Dom im Kirchenportal in der hellrotenFarbe der rechten Sule (Iachim) symbolisiert worden sein.

    Die Erdverbundenheit kann im Mainzer Dom im Kirchenportal in der schwarzen Farbe der linkenSchiefersule symbolisiert worden sein. Im Wrzburger Dom sind an der Boaz-Sule (noch) keineaufflligen Farbspuren identifizierbar.

    Apokalyptisches Siegel 4; gemalt von Clara Rettich nach Rudolf Steiners Ideen, Stuttgart 1911 Lizenz: Creative Commons Namensnennung, Weitergabe unter gleichen Bedingungen.

    Diese Farbsymbole knnen in einem Bischofssitz wie Wrzburg und Mainz mehrfach gefundenwerden. Auch in Mainz habe solchen Beispiele gefunden14.

    12 Jachin Male and Boaz Female Pillars 2 13 Red & Blue in Solomon's Temple14 Die Farben Am Marktportal Des Mainzer Doms

    10: Apokalyptisches Siegel, gemalt von Clara Rettich (Stuttgart 1911)

  • Farbgebung der Sulen im TarotIn Tarot-Karten wird in der Regel kein farbiges Sulenpaar B & J abgebildet.

    Im Einzelfall wurde in der Karte Hohepriesterin Boaz schwarz, Jachin hell abgebildet15.

    Die schwarze und weie Sule steht fr die beiden Sulen des salominischen Tempels'Boas' und 'Jachin'. Diese Legende hat in der Hiram-Abif - Legende eine besondereBedeutung. Die Sule Boas - benannt nach dem Urgrovater des Knigs Davis - stehtfr Kraft und Strke. Die Sule Jachin - benannt nach dem Hohepriester Jachin - stehtfr einen festen Stand. Beide gemeinsam symbolisieren Stabilitt durch einenkniglichen und einen priesterlichen Aspekt. Im freimaurerischen Symbolik stehen 'J'und 'B' fr die Grundpfeiler der Humanitt.

    15 Esoteric Portland: Part 1

  • ZusammenfassungDie Farben der zwei Halbsulen mit korinthischen Kapitellen neben der Bronzetr sind nichtzufllig schwarzblau beziehungsweise rot bemalt. Sie sind vielmehr analog an den ursprnglichenSulen des Eingangsportal zum Wrzburger Dom Symbole, die in Salomons Tempel Iachim undBoaz genannt wurden wie sie in vielen mittelalterlichen Kirchen installiert worden sind. DieGestaltung der Eingangsportale zum Mainzer und Wrzburger Kathedralen fand etwa gleichzeitigstatt um 1200AD. An der Iachimsule im Wrzburger Dom kann man auch heute noch roteFarbspuren ablesen. An der Boazsule kann man ggf. mittels chemischer oder physikalischerAnalyse bisher unsichtbare Farbspuren identifizieren.

    Die schwarzblaue Schiefersule sollte die symbolische Kontrastfarbe Blau zum Rot der rechtenSule interpretiert werden. Das Verstndnis der Kontrastfarben als eine Erneuerung, wobei manversehentlich keine passende Farbe zur symmetrischen Farbgebung zur Verfgung gehabt habe,gehrt wohl zum Unverstndnis der mittelalterlichen Symbolik.

  • InhaltsverzeichnisDer Haupteingang des Mainzer Doms.................................................................................................2

    Die korinthischen Kapitelle.............................................................................................................3Die Wrzburger Sulen Booz und Jachim.......................................................................................4Jachin und Boas im mittelalterlichen Kirchenbau...........................................................................5Symbole in der Freimaurerei ..........................................................................................................5Die Farbcodierung der Sulen in der Theosophie von Rudolf Steiner............................................6Farbgebung der Sulen im Tarot......................................................................................................7

    Zusammenfassung................................................................................................................................8

    Der Haupteingang des Mainzer DomsDie korinthischen KapitelleDie Wrzburger Sulen Booz und JachimJachin und Boas im mittelalterlichen KirchenbauSymbole in der FreimaurereiDie Farbcodierung der Sulen in der Theosophie von Rudolf SteinerFarbgebung der Sulen im Tarot

    Zusammenfassung