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Ontario Infant Hearing Program Hörsysteme mit frequenzerniedrigender Funktion Anlage zum Protokoll und Hilfsmaterial 21.04.11 Beim MCYS eingereicht von Susan Scollie, Danielle Glista, Marlene Bagatto und Sheila Moodie

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Ontario Infant Hearing Program

Hörsysteme mit frequenzerniedrigender Funktion

Anlage zum Protokoll und Hilfsmaterial

21.04.11

Beim MCYS eingereicht von

Susan Scollie, Danielle Glista, Marlene Bagatto und Sheila Moodie

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Inhalt Zusammenfassung...........................................................................................................................3

Hörgeräte mit frequenzerniedrigender Funktion - Anhang zum Verstärkungsprotokoll ....................4

Weshalb Frequenzerniedrigung?..................................................................................................4

Welche Techniken der Frequenzerniedrigung gibt es? ................................................................4

Für wen eignet sich Frequenzerniedrigung?.................................................................................5

Welche FrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigungstechnik sollte man anwenden?.................5

Welche Rolle spielt Akklimatisierung oder Training? ....................................................................6

Erfolgt die elektroakustische Messung von Frequenzerniedrigung auf besondere Art? ...............6

Kann Frequenzerniedrigung isoliert gemessen werden?..............................................................8

Welchen Test sollten wir verwenden? ..........................................................................................9

Empfohlenes Protokoll................................................................................................................10

Fallbeispiel A: Illustration des Anpassprotokolls .........................................................................11

Fallbeispiel B: Die Rolle der Feinanpassung ..............................................................................13

Fallbeispiel C: Herausforderungen durch teilweise vorhandene audiometrische Daten .............16

Fallbeispiel D: Unterschiede zwischen den frequenzverschiebenden Technologien..................19

Referenzen ....................................................................................................................................21

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Zusammenfassung

Die frequenzerniedrigende Funktion von Hörsystemen dient letztlich einem Ziel: hochfrequente Sprachanteile hör- und wahrnehmbar zu machen. In diesem Dokument wird der Fokus auf die Sprachlaute /s/ und /∫/ (sch) gelegt. Diese sind bisher umfangreich erforscht worden, da gerade der Laut /s/ ein wichtiger Bedeutungsträger der englischen Sprache ist. Problematisch dabei ist, dass Frequenzerniedrigung zu einer spektralen Überlappung und damit zur Verwechslung dieser beiden Laute führen kann.

Wichtige Hinweise:

1 Das IHP spricht keine generelle Empfehlung für die Wahl eines Hörgeräts aus. Diese Entscheidung trifft der jeweilige Hörgeräteakustiker im IHP, von Fall zu Fall und nach eingehender Prüfung aller verfügbaren Informationen. Dieses Dokument enthält eine Zusammenfassung aktuell verfügbarer Daten zu dieser Technologie.

2 Im IHP besteht der Anspruch, die Hörbarkeit, die das Hörgerät eines jeden Kindes bietet,

mithilfe von Sprachsignalen zu verifizieren. Zu diesem Zweck wurde ein spezielles Verifizierungs- und Anpassverfahren entwickelt, das die Audiologen des IHP bei der Anpassung frequenzverschiebender Technologien in Hörsystemen anwenden können.

3 Anhand von Beispielfällen wird dargestellt, was bei Hörsystem-Auswahl beachtet werden

sollte, wie ein Anpassprotokoll erstellt wird und wie bestimmte Probleme gelöst werden können.

Ende der Zusammenfassung

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Hörgeräte mit frequenzerniedrigender Funktion – Anhang zum Verstärkungsprotokoll Das IHP bietet eine frühzeitige Hörgeräteversorgung an, um die Entwicklung hörbezogener Fähigkeiten zu unterstützen, wie etwa das Verstehen und Sprechen von Sprache (IHP Verstärkungsprotokoll). Das IHP spricht keine Empfehlung für bestimmte Hörgerätetechnologien aus. Wir beabsichtigen lediglich, unverzerrte und evidenzbasierte Daten bereitzustellen, um Anpasser bei der Wahl der richtigen Technologie und/oder bei der kompetenten Elternberatung zu unterstützen. Ziel dieses Dokumentes ist es, einen systematischen Überblick über die aktuellen Evidenzdaten frequenzverschiebender Technologien zu geben und die Anpassmethoden zu zeigen, die im IHP Anwendung finden-. Alle in diesem Dokument vorgestellten Verfahren sollten gemeinsam mit anderen IHP Protokollen angewandt werden (Beurteilung/Diagnostik, Verstärkungseinstellung und Hörgeräteabgabe).

Weshalb Frequenzerniedrigung?

Kinder benötigen eine erweiterte wahrnehmbare Bandbreite, um optimalen Zugang zu den hochfrequenten Sprachanteilen zu erhalten (Stelmachowicz, Pittman, Hoover, Lewis, & Moeller, 2004). Es konnte belegt werden, dass Kinder bei einer Hörbarkeit bis 9000 Hz höhere Wortlernraten erzielen als bei einer Hörbarkeit bis 4000 Hz (Pittman, 2008). Auch die Entwicklung der Sprechfähigkeit wird durch Hörverlust behindert, vor allem in Bezug auf die affrikativen und frikativen Sprachlaute (Moeller et al., 2007). Trotz neuer, verbesserter Rückkopplungssteuerungen und erweiterter Frequenzbereiche in der aktuellen Hörgerätetechnologie gibt es noch weiterhin Verstärkungs- und/oder Rückkopplungsprobleme, die die Hörbarkeit hochfrequenter Sprachlaute erschweren. Seit geraumer Zeit gibt es nun Hörgeräte, die einen Verarbeitungsmodus anbieten, durch den - bestimmte hochfrequente Töne verschoben, d.h. für den Träger in einer tieferen, wahrnehmbaren Frequenz verschoben, bzw. wiedergegeben werden. Wahrnehmungsadäquat kann dies als die Verarbeitung hochfrequenter Frequenzen definiert werden, die zu einer Wiedergabe in einem tieferen Frequenzbereich führt. Ein in der Originalfrequenz nicht wahrnehmbarer Ton wird durch FrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigung in einen Bereich verschoben, in dem der Träger (a) über bessere Hörschwellen oder (b) mehr Verstärkung und Ausgangsschalldruck oder über (c) beides verfügt. Diese Effekte wirken sich positiv auf das Erkennen und Verstehen hochfrequenter Sprachteile aus.

Einen Überblick über die wissenschaftlichen Untersuchungen zu frequenzverschiebenden Hörgeräten und deren Eignung zur Behandlung von Hochtonschwerhörigkeit bietet Simpson (2009). Ergebnisse aus jüngsten Studien an älteren Kindern deuten darauf hin, dass insgesamt die Hörbarkeit der hochfrequenten Sprachlaute (z. B. /s/, /∫/) und besonders die Sprachlauterkennung bei Kindern mit Hochtonschwerhörigkeit mithilfe frequenzverschiebender Hörgerätetechnologie eher verbessert werden können als mit konventionellen Hörgeräten (Auriemmo et al., 2009; Glista et al., 2009; Wolfe et al., 2010).

Welche Techniken der Frequenzerniedrigung gibt es?

Im Bereich der Frequenzerniedrigungstechnologie wurden in den letzten Jahren verschiedene Optionen für den klinischen Einsatz entwickelt: die nichtlineare Frequenzkompression (NLFK) und die Frequenztransposition (FT). Generell teilen frequenzverschiebende Hörgeräte das Eingangssignal in zwei Verarbeitungskanäle auf, denen jeweils die hochfrequenten und die

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tieffrequenten Töne zugewiesen werden. Bei der FT wird das hochfrequente Signal abgesenkt, indem es dem unverarbeiteten tieffrequenten Signal hinzugefügt wird (Johansson, 1961). Im Gegensatz dazu, werden bei der NLFK die Kanäle nicht miteinander vermischt. Stattdessen wird der hochfrequente Kanal zu einer schmaleren Bandbreite komprimiert. Dadurch werden nur die Frequenzen abgesenkt, die sich innerhalb des hochfrequenten Kanals befinden (Simpson, Hersbach, & McDermott, 2005).

Parameter zur Amplitudenkompression und digitale Signalverarbeitungsfunktionen (DSP) konventioneller Hörgeräte sind auch in frequenzerniedrigenden Hörsystemen vorhanden; diese wirken sich vor einer Frequenzerniedrigung sowohl auf die Hochton- als auch auf die Tieftonfrequenzbänder aus. Für wen eignet sich Frequenzerniedrigung?

Aus Studien zur Frequenzsenkung bei Kindern geht hervor, dass unterschiedliche Hörverluste von Frequenzerniedrigung profitieren: von mittelgradigen Hörverlusten- (Wolfe et al, 2010) bis hin zu hochgradigen Hochtonschwerhörigkeiten (Glista et al., 2009). In der Studie von Glista et al. wirkte sich die Frequenzkompression positiver auf Kinder mit einem hochgradigerem Hörverlust aus, als auf Kinder mit schwächeren Hörverlustgraden; die Ergebnisse deuten aber auch an, dass auch Kinder mit leichter Mittelfrequenzschwerhörigkeit -geringfügig profitieren können. Auf Basis der Ergebnisse, die sich aktuell in der Literatur finden lassen, kann man also die Eignungskriterien für ein frequenzverschiebendes Hörgerät nicht klar definieren. Kinder sind stärker auf die Hörbarkeit hochfrequenter Sprachsignale angewiesen (vgl. Überblick von Stelmachowicz et al, 2004). Von der Eignung eines Erwachsenen für die Versorgung mit einem Hörsystem mit frequenzerniedrigender Funktion/erweitertem Frequenzbereich kann also nicht auf eine entsprechende Eignung für ein Kind geschlossen werden. Im IHP wird Verstärkung unter anderem zur Unterstützung der sprachlichen Entwicklung eingesetzt (sofern die Entwicklung der sprachlichen Kommunikationsfähigkeiten durch die Familie unterstützt wird). Aus diesem Grund ist es naheliegend, Frequenzerniedrigung für den Zugang zu den hochfrequenten Sprachteilen einzusetzen, wenn dieser durch konventionelle Verstärkung nicht erreicht werden kann. Da die konventionelle Hörgeräte-Verstärkung stetig weiterentwickelt wird, wird es bald vielleicht möglich sein, auch ohne den Einsatz von Frequenzerniedrigung eine größere Bandbreite zu erhalten.

Die Auswahl der geeigneten Hörgerätetechnologie für ein Kind und dessen individuelle audiometrische Konfiguration findet individuell statt. In den Fällen, in denen eine frühe Hörsystemversorgung erwägt wird, aber unvollständige audiometrische Informationen vorliegen, sollte besonders die Anwendung von Frequenzerniedrigung in Betracht gezogen werden. Die Erfahrungen aus der Versorgung von hochtonschwerhörigen Patienten zeigen, dass ein möglichst frühes Erreichen einer breiten Hörschwellenbandbreite äußerst wichtig ist. Dies ist keine neue Herausforderung, spielt aber gerade bei der Anpassung von Säuglingen und Kleinkindern eine besondere Rolle. Im unten aufgeführten Fallbeispiel wird eine Anpassung auf Basis von unvollständigen Daten gezeigt.

Welche Frequenzerniedrigungstechnik sollte man anwenden?

Es ist nicht bekannt, ob die unterschiedlichen Frequenzerniedrigungstechnologien ähnliche Effekte bewirken oder ob eine Versorgung mit einem frequenzerniedrigenden Hörgerät mit dem Grad und der Konfiguration des Hörverlusts interagieren würde. Es gibt bisher keine Studien,

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die die Leistungen der unterschiedlichen Frequenzerniedrigungstechnologien direkt miteinander vergleichen.

Welche Rolle spielt Akklimatisierung oder Training?

Aus den oben genannten Studien geht hervor, dass es einige Zeit braucht ehe der Effekt der frequenzerniedrigenden Technologie einsetzt. Im IHP stehen Kindern spezielle Sprachförderkurse zur Verfügung. Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Therapeuten kann man dort wichtige Informationen darüber erhalten, ob ein Kind lernt, den frequenzverschobenen Klang anzuwenden, bzw. zu verarbeiten. Bei der interdisziplinären Diskussion könnte weiterhin danach gefragt werden, ob das Kind auf bestimmte Sprachlaute antwortet, ob diese diskriminiert werden können und ob es zu Verwechslungen der Sprachlaute kommt. Das IHP bietet Unterstützung bei komplexen Problemstellungen. Erfolgt die elektroakustische Messung von Frequenzerniedrigung auf besondere Art?

Da frequenzverschiebende Hörgeräte sowohl Frequenz- als auch Amplitudensignale verändern, sollten sie mit modifizierten Anpassprotokoll verwendet werden. Im IHP passen wir das Hörsystem zunächst ohne Frequenzerniedrigung an. Dadurch können wir die Anpassungsziele im Amplitudenbereich unter Verwendung der im IHP Verstärkungsprotokoll vorgegebenen Verfahren optimal erreichen. Danach erfolgt die Aktivierung und Feinanpassung der Frequenzerniedrigung mithilfe spezifischer Tests, die das Hörsystem bezüglich der Frequenzen überprüfen. Im Folgenden wird ein Überblick über die Effekte von Frequenzerniedrigung auf elektroakustische Messungen gegeben und ein Protokoll zur Verifizierung und Feinanpassung präsentiert.

Elektroakustische Messungen an Hörgeräten mit eingeschalteter frequenzverschiebender Funktion können ungewöhnliche Ergebnisse hervorbringen, vor allem in den -in den hohen Frequenzen. In der Regel lassen sich diese Ergebnisse in drei Kategorien einteilen.

(1) Die Frequenzerniedrigung ist keine Hochton-Absenkung, erster Teil: Zwar kann die Übertragung von Breitbandsignalen als Folge einer Hochton-Absenkung erscheinen, obwohl in Wirklichkeit der hochfrequente Frequenzbereich verschoben wurde (z. B. wurde die Energie von 5000 - 8000 Hz in Test 1 (grün) in den Bereich von ca. 2500 - 4000 Hz (rosa) verschoben). Es handelt sich dabei nicht um ein elektroakustisches Äquivalent zu einer einfachen Hochton-Absenkung:

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(2) Die Frequenzerniedrigung ist keine Hochton-Absenkung, zweiter Teil:

Tests mit Schmalband-Durchlauf liefern in der Regel ungültige Ergebnisse über die Grenzfrequenzen. Das ist durch eine Limitierung der Messsysteme bedingt. Hierbei werden nicht die echten Ausgangsschalldruckwerte des Hörgeräts in den verschiedenen Frequenzen wiedergegeben. Im Einzelnen heißt das, dass ein Messmodul, das den Ausgangsschalldruck bei jeder Frequenz mithilfe einer Schmalband-Filterbank misst, ein bei 4000 Hz präsentiertes Signal tatsächlich bei 4000 Hz misst. Wenn das Hörgerät das 4000 Hz Signal auf 2000 Hz verschiebt, erfasst die Messbox den tatsächlich verstärkten Klangpegel nicht. Dies stellt sich dann optisch vergleichbar einer Hochton-Absenkung dar, z.B. während der Messung des maximalen Ausgangsschalldrucks (s. unten). Für dieses Beispiel sind alle Messungen über 2500 Hz ungültig. Aus diesem Grund muss laut IHP Protokoll der maximale Ausgangspegel (MPO) ohne Frequenzerniedrigung gemessen und eingestellt werden.

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(3) Die Effekte der Frequenzerniedrigung können gemessen werden:

Dieses Problem kann sehr einfach gelöst werden, indem für die Messung ein Breitbandfiltereingesetzt wird. Das ist in allen sprachbasierten Messungen innerhalb der "Speechmap"-Funktion von Verifit möglich, aber nicht mit dem "MPO"-Test. Verifit misst mithilfe eines Sprachsignals (inklusive "Speech-live") und aller Filter von den tiefsten bis zu den höchsten Frequenzen und ist in der Lage, Verstärkung, die in der Frequenz abgesenkt wurde, abzubilden. Im Folgenden diskutieren wir, inwiefern die Verwendung von frequenzspezifischen Sprach- oder sprachähnlichen Lauten als eine geeignete Methode zur Verifizierung von Frequenzerniedrigung angesehen werden kann. Kann Frequenzerniedrigung isoliert gemessen werden? Es wurden zwei Arten frequenzspezifischer Sprachlaute vorgeschlagen. Man kann zuerst von echten Stimmen reproduzierte, isolierte /s/- und /∫/-Laute mit der “Speech-Live”-Funktion in den “Stimulus Optionen” von Verifit messen und dabei die “Einfrier-Kurve” („Freeze“) verwenden, um das Frikativ isoliert zu erfassen (Glista et al, 2009, Scollie et al, 2007). Als Alternative können die nunmehr im Audioscan Verifit System enthaltenen gefilterten Sprachsignale verwendet werden. In diesem Signal sind alle mittel- und hochfrequente Verstärkungsanteile herausgefiltert, außer einem spezifischen 1/3-Oktavbands, das in jeder der folgenden Frequenzen lokalisiert werden kann: 3150, 4000, 5000 oder 6300 Hz. Der Audiologe testet nun die 1/3-Oktavbänder. Messungen mit Hörsystemen erlauben eine Evaluation (a) der Frequenzlage in einem Band (Wurde es in der Frequenz abgesenkt?) und (b) der Hörbarkeit des Bandes (Ist es ausreichend verstärkt, also hörbar?). Eine detaillierte Diskussion um dieses Testsignal und seine Interpretation kann über AudiologyOnline eingesehen werden (Glista & Scollie, 2009). Bei der Verfassung dieses Dokuments wurde die Version Verifit 3.4.19 verwendet. Updates dieser Version stehen als Download auf www.audioscan.com bereit.

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Diese beiden Tests bieten jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile:

(1) Gefilterte Sprache mit hochfrequenten Energiebändern:

Dieser Test bietet die folgenden Vorteile: (1) Er stellt einen kalibrierten Pegel zur Verfügung. (2) Der Test kann für jeden Pegel, jede Frequenz und jede Seite, von jedem Kliniker und jederzeit wiederholt werden. (3) Die Sprachbänder bei 4000 Hz und 6300 Hz ermöglichen eine angemessene Einschätzung der zentralen Frequenz für /∫/ und /s/.

Dieser Test weist möglicherweise Limitationen auf. Mögliche Lösungen: (1) Das 1/3-Oktavband ist schmaler als das Frikationsband natürlich reproduzierter Sprachlaute (z.B. /s/ oder /∫/). Dadurch kann es zu einer zu vorsichtigen Einschätzung der Hörbarkeit kommen. (2) Das 1/3-Oktavband wird auf dem Pegel des Langzeitsprachspektrums (LTASS) in der Testfrequenz präsentiert. Dieser Präsentationspegel ist geringfügig niedriger als der Pegel von /s/ oder /∫/ in klar artikulierter Sprache. Dadurch kann es ebenfalls zu einer vorsichtigen Einschätzung der Hörbarkeit kommen. (3) Dieser Test ermöglicht eine Evaluation bis 6300 Hz, ein weibliches /s/ weist jedoch in der Regel eine höhere Frequenz auf.

(2) Mit echter Stimme produzierte /s/ und /∫/:

Dieser Test bietet die folgenden Vorteile: (1) Er ermöglicht die Einschätzung der Hörbarkeit der echten Bandbreite des Frikationsbands. Der Sprachlaut /∫/ kann beispielsweise zwei Oktaven umfassen. Bei steil abfallenden, hochgradigen bis resthörigen Hochtonhörverlusten kann die Hörbarkeit von /s/ oder /∫/ nur auf die untere Trennfrequenz des Frikationsbandes begrenzt sein. In solchen Fällen kann eine Messung der echten Bandbreite des Frikationsbandes hilfreiche Informationen für die Bestimmung der Hörbarkeit liefern. (2) Da die mit echter Stimme produzierten Sprachlaute die echte Bandbreite reflektieren, sind sie auch zur Bestimmung der Frequenzüberlappung von /s/ und /∫/ geeignet. Besteht die Möglichkeit einer Verwechslung von /s/ und /∫/, so kann eine sorgfältige Messung dieser Phoneme dazu beitragen herauszufinden, ob eine zu starke Frequenzerniedrigung angewandt wurde.

Dieser Test weist möglicherweise Limitationen auf- mögliche Lösungen: (1) Es steht kein vergleichbarer Kalibrierungspegel als Referenz zur Verfügung. Bei der Messung der Wiedergabe von echter Sprache sollte darauf geachtet werden, dass die Laute mit normalem Kraftaufwand und in einem normalen Abstand und Azimutwinkel zu dem/n Hörgerätemikrofon/en produziert werden. Dieser Test sollte in einem ruhigen Raum ausgeführt werden. (2) Männliche Sprecher produzieren /s/ in anderen Frequenzen als weibliche Sprecher. Das männliche /s/ liegt im spektralen Mittel bei 5-6 kHz, während das weibliche /s/ bei 7 kHz oder höher liegt (Nittrouer, 1995; Pittman et al., 2003).

Welchen Test sollten wir verwenden?

In der aktuellen Praxis des IHP sind beide Tests zur Überprüfung der FrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigung anwendbar. Bei der Verwendung der Sprachband-Testsignale empfehlen wir die Frequenzen 4000 Hz und 6300 Hz zur Bestimmung der Absenkung von /s/ und /∫/. Wenn es Bedenken bezüglich der Hörbarkeit geben sollte (z.B. bei der Versorgung von Hochtonsteilabfällen), empfehlen wir, beide Tests durchzuführen. Nähere Einzelheiten dazu

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finden Sie im folgenden Protokoll. Das folgende klinische Protokoll zur Verifizierung frequenzverschiebender Hörgeräte wurde erstellt, um Anpasser bei der Auswahl der geeigneten Mittel im Rahmen der IHP-Protokolle zu unterstützen. Es ähnelt dem vorherigen Protokoll (Glista und Scollie, 2009), wurde aber leicht modifiziert, um die IHP-Praxis effizienter und besser verständlich zu machen.

Empfohlenes Protokoll

1. Verifizieren Sie die Verstärkung der Hörgeräteanpassung ohne Frequenzerniedrigungs-Funktion.

1) Stellen Sie das Hörsystem zunächst ein und verifizieren Sie es, um eine optimale Anpassung ohne Frequenzerniedrigung zu erhalten. Stellen Sie sicher, dass die Hörsysteme die präskriptiven Ziele der DSL erreichen und somit die Hörbarkeit über eine große Bandbreite sichergestellt wird.

2) Beachten Sie, dass MPO-Messungen nicht für den frequenzverschobenen Bereich gelten. Frequenzerniedrigungen sollte daher vor einer MPO-Messung immer ausgeschaltet werden.

2. Schalten Sie die Frequenzerniedrigung ein und stellen Sie hierzu das geringste Maß an Frequenzerniedrigung ein, das zur Erreichung der Hörbarkeit und der Trennung von /s/ und /∫/ erforderlich ist.

1) Verwenden Sie einen /s/-ähnliches Testsignal mit mittlerem Pegel: entweder ein Sprachstimulus bei 65 dB und 6300 Hz oder ein mit echter Stimme gesprochenes /s/, um festzustellen, ob die Hörbarkeit von /s/ ohne FrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigungFrequenzerniedrigung erreicht wurde. Wenn der Empfindungspegel von /s/ gleich Null oder negativ ist, schalten Sie die frequenzerniedrigende Funktion in den Standardeinstellungen/Vorberechnung ein.

2) Messen Sie nun bei eingeschalteter Frequenzerniedrigung erneut. Machen Sie /s/ durch Feineinstellung hörbar. Niedrige Empfindungspegel scheinen sich sowohl auf die Erfassung als auch auf die Erkennung positiv auszuwirken, der mindest erforderliche Empfindungs-, bzw. Reizpegel für diesen Hörvorteil ist jedoch individuell. Die Hörbarkeit von /s/ hängt von der audiometrischen Konfiguration ab und ist daher nicht immer gegeben. Da gefilterte synthetische Sprachsignale u.U. eine zu vorsichtige Einschätzung der Hörbarkeit liefern, wäre hier ein Test mit von echter Stimme reproduzierten Lauten hilfreich (siehe unten aufgeführte Fälle).

3) Evaluieren Sie die eingeschaltete Frequenzerniedrigung mithilfe eines ∫-ähnlichen Stimulus: Entweder Sprachstimulus bei 65 dB und 4000 Hz oder ein mit echter Stimme produziertes /∫/. Vergleichen Sie /s/ und /∫/ und führen Sie eine Feinanpassung durch, um eine komplette Überlappung der Spektren und/oder Pegel der entsprechenden Frikationsbänder zu verhindern. Das für eine adäquate Diskriminierung erforderliche Mindestmaß an Trennung der Spektren und/oder Pegel der zwei Klänge ist bisher nicht bekannt und wird aktuell erforscht.

4) Hören Sie die Hörsysteme ab, bevor Sie eine Anpassung mit Frequenzerniedrigung beenden. Wenn Sie keinen Unterschied zwischen dem verstärkten /s/ und /∫/ erkennen, sollten Sie eine spektrale Überlappung dieser beiden Klänge und eine geringere Frequenzerniedrigung erwägen.

3. Beobachten Sie den Patienten in weiteren Folgeterminen während der

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Anpassung. 1) Stellen Sie Hilfsmaterialien für Audiologen, Hörakustiker, Therapeuten und

sonstige Personen zur Verfügung, die die Hörsysteme abhören könnten, denn die Klangqualität weicht von denjenigen konventionellen Hörgeräten ab und dies stiftet möglicherweise Verwirrung. Sie können die entsprechenden Personen darauf hinweisen, dass die subjektive Wahrnehmung beim Abhören möglicherweise von den vorherigen Hörgeräten des Kindes abweichen.

2) Bei der Aufnahme eines Säuglings oder Kindes in ein Hör- und Sprachfrühförderprogramm, sollten Sie alle Rückmeldungen der betreuenden Personen berücksichtigen. Oder, ob in Fällen, in denen das Kind nicht zwischen /s/ und /∫/ differenzieren kann, die elektroakustische Trennung dieser beiden Klänge zu einer besseren Erfassung führen würde. In einigen Anpassprozessen können sich zusätzliche Herausforderungen in dieser Hinsicht ergeben. Zögern Sie also nicht, Hilfe einzuholen.

Fallbeispiel A: Illustration des Anpassprotokolls

Im Folgenden wird eine typische Anpassung für ein Kind mit hochgradiger Hochtonschwerhörigkeit darstellt. In der unteren Abbildung ist ein modernes Hörsystem ohne Frequenzerniedrigung dargestellt. Die Hörbarkeit der hochfrequenten Verstärkung ist bei Flüstersprache (grün) und hochfrequenten Tönen (z. B. weibliches /s/, hier nicht gezeigt) schlechter.

Die Grenzen der Hörbarkeit hochfrequenter Sprachlaute können mithilfe von Messungen von /s/ und /∫/-Lauten ermittelt werden, die mit echter Stimme produziert werden: ohne Frequenzerniedrigung ist ein /s/-Laut möglicherweise nicht hörbar (unten links). Bei eingeschalteter Frequenzerniedrigung (unten rechts) ist der /s/-Laut möglicherweise hör- und wahrnehmbar. Die Maxima der Sprachfrequenzbänder und die jeweilige Trennfrequenz der frequenzerniedrigten Frikative überlappen sich nicht. Dadurch kann eine differenzierte Diskriminierung von /s/ und /∫/ Lauten unterstützt werden. In dieser Anpassung werden somit die Zielvorgaben des IHP für die Anwendung von Frequenzerniedrigung erreicht. Da bei dieser

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Anpassung das Testsignal lediglich aus der einzelnen Stimme des Klinikers bestand, sollte in Folgeanpasssitzungen überprüft werden, ob die funktionalen Vorteile auch im Alltag gegeben sind.

Eine weitere Option zur Verifizierung der Frequenzerniedrigung stellt die Verwendung gefilterter Sprachbänder dar, wie sie in der Verifit zur Verfügung gestellt werden. Die zwei Testsignale, die hierbei verwendet werden können, sind “Speech4000” und “Speech6300”. Diese wurden standardmäßig so gefiltert, dass sie am Ende ein 1/3-Oktavband darstellen, welches jeweils bei 4000 und 6300 Hz zentriert ist. Einzelheiten zur Konstruktion und Kalibrierung dieses Testsignals werden im Benutzerhandbuch der Verifit gegeben und bei Glista und Scollie (2009) diskutiert.

Die Anpassung der vorherigen Seite wurde unten erneut mithilfe dieses Signals, mit und ohne Frequenzerniedrigung, gemessen (unten). Beachten Sie bitte, dass die zweite Messung in diesem Fall nicht unbedingt erforderlich ist. Wir stellen sie lediglich dar, um die Unterschiede und Ähnlichkeiten zwischen den beiden Signalen deutlich zu machen:

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An diesem Beispiel ist erkennbar, dass der Test mit echter Stimme dieselben Schlussfolgerungen für die Anpassung ergab: die Anwendung von Frequenzerniedrigung ist erforderlich, um die Hörbarkeit für das 6300 Hz Sprachband zu erreichen. Die zwei Sprachbänder überlappen sich dabei nicht.

In vielen Fällen bieten diese beiden Tests (mit echter Stimme gesprochene vs. Sprachtests vom Band) dieselben Ergebnisse, wie es in diesem Beispiel der Fall ist. IHP-Kliniker können daher jeden der beiden Tests verwenden, sofern es keine Bedenken aufgrund von Unhörbarkeit oder spektraler Überlappung von /s/ und /∫/ gibt. Die folgenden Beispiele zeigen, wie solche Bedenken aussehen können.

Fallbeispiel B: Die Rolle der Feinanpassung

An den Hörsystemen dieses Kindes (John) wurde eine Feinanpassung der Frequenzkompressionseinstellungen vorgenommen. Er weist einen steil abfallenden Hörverlust auf, mit hochgradigem bis resthörigem Hörverlust in den hohen Frequenzen.

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Es wurden Verifizierungsmessungen mit dem Audioscan Verifit durchgeführt, gemäß den Vorgaben aus dem oben genannten Verifizierungsprotokoll. Die Messungen deuten darauf hin, dass mit der Einstellung 1 (2100 Hz Grenzfrequenz, 4:1 Kompressionsverhältnis) weder der gefilterte Sprachstimulus(links unten) noch die mit echter Stimme produzierten (rechts unten) Laute hörbar waren:

Daher änderten wir die Einstellung, indem wir die Frequenzerniedrigung verstärkten (Einstellung 2: 1600 Hz Grenzfrequenz, Kompressionsratio 4:1). Die Ergebnisse aus den Sprachtests (unten links)

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weisen auf eine Hörbarkeitsgrenze bei 3150 und 4000 Hz hin. Vor diesem Hintergrund befürchten wir, dass der /∫/-Laut möglicherweise nicht hörbar ist. Die Ergebnisse des 6300 Hz Sprachbandes zeigen deutlich, dass dieser Frequenzbereich nicht hörbar ist. Aufgrund dieser Ergebnisse ist zu erwarten, dass /s/ nicht hörbar ist, nicht einmal, wenn es von einer männlichen Stimme produziert wird. Um die Hörbarkeit von /∫/ zu evaluieren, wurden Tests mit von echten Stimmen produzierten Lauten durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen eine Hörbarkeit von /∫/ über der tieffrequenten Schulter des /∫/ Frikationsbands (orangefarbiges Spektrum im rechten Diagramm, unten). Der /s/-Laut ist nicht hörbar. Fazit: Aufgrund der Hochgradigkeit von Johns Hörverlust und den Begrenzungen des Hörgeräts konnte die Hörbarkeit von hochfrequenten Lauten über 4kHz nicht erreicht werden, was sich wohl auf die Wahrnehmung und Erkennung von /s/ auswirkt.

Bei jeder Hörgeräteeinstellung (Einstellung 1 und Einstellung 2) wurde eine Ausgangs-Messung durchgeführt. Die Ausgangs-Messungen wurden mithilfe von Tests ausgeführt, die für Forschungszwecke erstellt wurden (diese Tests werden in den aktuellen IHP Protokollen nicht verlangt). Die Ergebnisse sehen Sie unten. Sie bieten weitere Informationen bezüglich der Frage, ob die Feinanpassung bei diesem älteren Kind effektiv war. Insgesamt ergibt sich daraus, dass die Feinanpassung im Vergleich zur ursprünglichen Einstellung einen verbesserten Zugang zu sprachrelevanten Lauten ermöglichte. Dieser Fall zeigt die Wichtigkeit der Feinanpassung zur Optimierung der Hörbarkeit, aber auch, dass die Wahrnehmung aller Frequenzen und Sprachlaute nicht immer gegeben ist.

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Test

Prozent Richtiges Ergebnis

Einstellung 1

Prozent Richtiges Ergebnis

Einstellung 2 Interpretation

Sinnlose Silben 56% 69% Signifikante Verbesserung mit der geänderten Einstellung

Diskrimination von S/SCH 37% 65% Signifikante Verbesserung mit der geänderten Einstellung

Fallbeispiel C: Herausforderungen durch fehlende audiometrische Daten Dieses sechs Monate alte Baby wurde per FS-ABR bewertet. Die Ergebnisse weisen auf eine beidohrige hochgradige Schallempfindungs-Schwerhörigkeit hin. Die geschätzten Hörschwellen lagen beim rechten Ohr bei 70 dB eHL (500 Hz) und 80 dB eHL bei 2000 Hz. Für weitere Frequenzen gab es keine Ergebnisse. Die Eltern des Säuglings hatte sich vorerst für eine monaurale Versorgung entschieden. In allen zukünftigen Behandlungsterminen wird immer eine weitere Ermittlung der Hörschwellen erfolgen (Arbeitsaudiogramm).

Die unten gezeigte Erstanpassung entspricht Schritt 2 des obigen Protokolls. Die Anpassung an Zielvorgaben ist eher als eine konservative Anpassung akzeptabel. Die Frequenzerniedrigung wurde bei diesem Gerät bei über 2500 Hz eingeschaltet, wie aus den oben gezeigten ungültigen MPO-Daten bei 3000 Hz und höher (grün) hervorgeht. Wir vermuteten, dass die verstärkten Sprachpegel von 2500 Hz bis 5000 Hz möglicherweise hörbar sind für diesen Säugling, in Abhängigkeit der Hörschwellen bei 4000 Hz. Da diese aber bisher nicht gemessen wurden, kann dies zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher gesagt werden. Es ist wahrscheinlich, dass der Hörverlust

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steil abfallen wird und dann wird der Verlust bei 4000 Hz gleich oder schwächer sein als der Verlust bei 2000 Hz. Die Eltern wurden beauftragt, auf jedes Anzeichen von Klangwahrnehmung, fehlende Wahrnehmung oder Intoleranzen wie Rückkopplung zu achten und dies beim nächsten Termin zu berichten oder anzurufen, wenn ernsthafte Bedenken auftreten sollten.

Um den Einsatzpunkt der Frequenzerniedrigung weiter zu ermitteln, haben wir Sprachtests mit eingeschalteter (unten links) und ausgeschalteter (unten rechts) Frequenzerniedrigung durchgeführt. Ohne Frequenzerniedrigung wird das 6300 Hz Sprachband (orange) durch das Hörgerät nicht wiedergegeben. Bei eingeschalteter Frequenzerniedrigung wird es hingegen wiedergegeben. Das weist darauf hin, dass für dieses Hörsystem ein gewisses Maß an Frequenzerniedrigung erforderlich ist, um /s/-Laute zu erfassen, die von bestimmten Personen produziert werden. Eine Alternative kann generell die Verwendung einer breiteren Bandbreite darstellen. In diesem Fall wäre dies jedoch aufgrund der Schwere des Hörverlusts eher nicht ausreichend. Eine solche Entscheidung wird immer individuell getroffen.

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Es ist nicht möglich, die Hörbarkeit der 4000 und 6300 Hz Sprachbänder zu evaluieren, ohne die Hörschwellen in den hohen Frequenzen zu messen. Vor allem das 6300 Hz Band weist möglicherweise nicht genug Verstärkung auf, um mit dieser Anpassung hörbar zu werden. Dennoch erfüllt diese Anpassung mehrere Kriterien: (1) die Ausgangspegel sind angemessen, vorausgesetzt die Hörschwellen bei 4000 Hz ähneln den Hörschwellen bei 2000 Hz; (2) es gibt keine Überlappung des 4000 Hz Bandes mit dem 6300 Hz Band. Wichtig ist hierbei, dass sowohl die Verstärkung als auch die Frequenzerniedrigung dieses Hörgeräts noch weiter angepasst werden können. Durch diese Anpassung erhalten Sie möglicherweise eine leichte Hörbarkeit im frequenzverschobenen Band. Eine Unbehaglichkeit ist eher ausgeschlossen. Eine weitere Evaluierung der Hörschwellen und der Hörgeräteeinstellungen ist in Planung. Eine weitere Evaluierung der Einstellungen der Frequenzerniedrigung kann ausgeführt werden, sobald ein detaillierteres Audiogramm zur Verfügung steht.

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Fallbeispiel D: Unterschiede zwischen den frequenzverschiebenden Technologien In dieser Fallstudie wurden bei der Anpassung eines Hörverlusts zwei unterschiedliche Frequenzerniedrigungstechnologien angewandt: a) FT (Frequenztransposition) und b) NLFK (Nicht-lineare Frequenzkompression). Bei der FT-Anpassung wurde eine Startfrequenz von 4000 Hz verwendet, bei der NLFK Anpassung eine Grenzfrequenz von 3900 Hz. Die Start- und Grenzfrequenzwerte stellen die Stellen dar, an welchen der frequenzverschiebende Prozess innerhalb einer bestimmten Anpassung einsetzt; das angewandte Maß an Verschiebung ist jedoch bei scheinbar ähnlichen Einstellungen verschieden.

In der unteren Grafik ist sowohl die Erstanpassung mit FT (links) als auch mit NLFK (rechts) zu sehen, entsprechend Schritt 2 im Protokoll (für durchschnittliche Sprache und MPO). Frequenzerniedrigung wurde bei beiden Geräten eingeschaltet, wie aus den ungültigen MPO-Daten bei 3000 Hz und höher (rosa) hervorgeht. Beide Anpassungen scheinen eine hörbare verstärkte Sprache (grün) für diesen Hörverlust zu produzieren. Die Frequenz, bei welcher die Hörgerätewiedergabe einsetzt ist jedoch bei den Geräten nicht gleich; die Wiedergabe mit FT setzt eher ein, als diejenige mit NLFK. Das liegt an der Natur der Signalverarbeitung, die bei diesen Frequenzerniedrigungstechnologien unterschiedlich ist (siehe Seite 4).

Bei der weiteren Erforschung der Effekte von FT (links) und NLFK (rechts), haben wir Tests mit Sprachbändern ausgeführt, bei denen die Frequenzerniedrigung einmal ausgeschaltet (grün) und einmal eingeschaltet war (rosa). Ohne Frequenzerniedrigung scheint das 6300 Hz Band auf der ausgewählten Frequenz zentriert zu sein. Mit Frequenzerniedrigung scheint die Verschiebung des 6300 Hz Bands unterschiedlich zu sein: das Band wird durch FT auf ca. 3000 Hz abgesenkt, während es mit NLFK auf ca. 5000 Hz abgesenkt wurde.

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Ohne Frequenzerniedrigung (grün) scheint das 4000 Hz Band auf der ausgewählten Frequenz zentriert zu sein. Mit Frequenzerniedrigung (rosa) scheint die Verschiebung des 4000 Hz Bands unterschiedlich zu sein: das Band wird durch FT auf etwa 2000 Hz abgesenkt, während es mit NLFK auf ca. 4000 Hz abgesenkt wird.

Ziel dieses Beispiels war es, zu zeigen, dass diese zwei Frequenzerniedrigungstechnologien sich unterschiedlich auf die verstärkte Wiedergabe des Hörgerätes auswirken. Zusammenfassung:

1. Beide Technologien bieten messbare Daten der Frequenzerniedrigung an. 2. Die Wahl ähnlicher nominaler Einstellungen der Start-/Grenzfrequenzen (in

diesem Fall ca. 4 kHz) führt nicht zu gleichen Mengen oder Typen anzuwendender Frequenzerniedrigung (FT oder NLFK).

3. FT scheint einen größeren frequenzverschiebenden Effekt zu haben als NLFK, bei ähnlichen nominalen Einstellungen.

Im Einzelfall sollte die Wahl der frequenzverschiebenden Einstellungen für FT oder NLFK auf einer individuellen Hörbarkeitsevaluation mittels dieses Protokolls beruhen und sollte nicht auf Basis eines Vergleichs der nominalen Einstellungen der Technologien erfolgen.

Aus diesem Fall lässt sich nicht ableiten, dass eine der beiden frequenzerniedrigenden Technologien für diesen Hörverlust geeigneter wäre.

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Danksagung: Die endgültige Version dieses Dokuments wurde durch das Child Amplification Laboratory der University of Western Ontario erstellt. Sie enthält keine ausdrückliche Empfehlung für ein bestimmtes Produkt. Ende SDS 29. März 2011