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Freitag, 14. Oktober 2016

ORGANHAFTUNG IM MULTINATIONALEN KONZERN UND DECKUNGSRECHTLICHE IMPLIKATIONEN

Dr. Gunne W. Bähr, Partner, DLA Piper UK LLP

www.dlapiper.com 17. Hamburger Forum Haftpflichtversicherung - Brennpunkt D&O-Versicherung Freitag, 14. Oktober 2016

1 Einführung 2

2 Organhaftung im multinationalen Konzern 2

3 Aktueller "Trend" 4

4 Fragen und Diskussion 8

Agenda

Einführung

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Organisations- und Überwachungspflichten rücken immer stärker in den Fokus der Managerhaftung

Nicht nur im Bereich der regulierten Industrien wird "Compliance" immer wichtiger

Beobachtung in der aktuellen Schadensregulierung von D&O-Versicherern: Immer häufiger werden Organe der Muttergesellschaft wegen Schadenfällen bei Tochtergesellschaften in Anspruch genommen

Häufig geht es hierbei um internationale und komplexe Sachverhalte und Rechtsfragen

Welche deckungsrechtlichen Implikationen ergeben sich daraus?

Einführung

Organhaftung im multinationalen Konzern

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Organ-Innenhaftung gegenüber der "eigenen" herrschenden Gesellschaft

Bei der AG:

– Allgemeine organisationsrechtliche Haftungstatbestände und Pflichten aus Anstellungsvertrag

– Gesetzliche Pflichtentatbestände: Sorgfalts-, Loyalitäts- und Verschwiegenheitspflichten, § 93 AktG

– Str., ob und in welchem Umfang Vorstand des herrschenden Unternehmens für fehlerhafte Maßnahmen bei Tochtergesellschaft ggü. eigener Obergesellschaft verantwortlich

– Geschuldet ist eine dem Sorgfaltsmaßstab entsprechende Entscheidung über die Konzerngründung, -organisation sowie -führung und Überwachung der Umsetzung der Konzernstrategie

Haftung der Organe des herrschenden Unternehmens (1)

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Zu den Mindestaufgaben der Konzernleitung gehören:

eine konzernweite Finanzierung

konzernweite Personalentscheidungen, die die Konzernleitung sichern

konzernweites Controlling- und Risikoüberwachungssystem

konzernweite Compliance-Ordnung

konzernweites Informationssystem

Das bedeutet, anders formuliert, dass der Vorstand des herrschenden Unternehmens nicht für eine ordnungsgemäße Auswahl der Mitarbeiter der Tochtergesellschaften, ihre angemessene Einweisung, Information und Überwachung einstehen muss, wenn er diese Aufgabe den geschäftsführenden Organen der Tochtergesellschaften übertragen hat

Haftung der Organe des herrschenden Unternehmens (2)

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Bei der GmbH:

Auch hier Mindestanforderungen an eine ordnungsgemäße Konzernleitung. Nach einer Meinung fällt allerdings die Unternehmenspolitik in den Zuständigkeitsbereich der Gesellschafter, sodass der GF auf die Konzernverwaltung und die laufende Kontrolle der Konzernunternehmenbeschränkt ist

Haftung der Organe des herrschenden Unternehmens (3)

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Organ-Konzern-Innenhaftung gegenüber der beherrschten Gesellschaft § 309 AktG: Bei der Erteilung von Weisungen ist die Sorgfalt eines

ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einzuhalten

Im faktischen Konzern: Hier haftet der gesetzliche Vertreter eines faktisch herrschenden Unternehmens zusammen mit diesem gegenüber der Tochter-AG als Gesamtschuldner, wenn er das abhängige Unternehmen zu einer nachteiligen Maßnahme veranlasst hat und dadurch, dass der entstandene Nachteil nicht bis zum Ende des Geschäftsjahres ausgeglichen wird, ein Schaden entsteht (§ 317 Abs. 3 AktG). Außerdem muss die Beeinträchtigung als Abhängigkeitsfolge eintreten

Bei der GmbH: h.M: § 309 AktG analog / beim faktischen Konzern: hier nur Haftung des herrschenden Unternehmens als Gesellschafter sowie eine Haftung des gesetzlichen Vertreters des herrschenden Unternehmens gegenüber seiner Gesellschaft nach den Grundsätzen der Organ-Innenhaftung

Haftung der Organe des herrschenden Unternehmens (4)

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Organ-Innenhaftung gegenüber der "eigenen" beherrschten Gesellschaft Bei der AG:

Im Vertragskonzern haftet der Vorstand der abhängigen Gesellschaft neben den nach § 309 AktG haftenden gesetzlichen Vertretern der Obergesellschaft, wenn er in Ausführung einer Weisung sorgfaltswidrig handelt und dadurch der abhängigen Aktiengesellschaft ein Schaden entsteht (§ 310 AktG). Eine entsprechende Haftung folgt auch bereits aus § 93 AktG

Im faktischen Konzern: Schadensersatzpflicht tritt gem. § 318 AktG nach h.M. nur ein, wenn der Vorstand der Tochtergesellschaft sorgfaltswidrig eine nachteilige Maßnahme nicht in den Abhängigkeitsbericht aufnimmt und der Nachteil nicht ausgeglichen worden ist (sog. Berichtsschaden). Außerdem scheidet die Haftung aus, wenn die Handlung auf einem gesetzmäßigen Beschluss der Hauptversammlung beruht, § 318 Abs. 3 AktG

Haftung der Organe des beherrschten Unternehmens (5)

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Bei der GmbH:

Im Vertragskonzern: § 310 AktG analog neben § 43 GmbHG Im faktischen Konzern: nur Haftung nach § 43 Abs. 2 GmbHG

(aber: Weisungsbefugnis der Gesellschafter!)

Haftung der Organe des beherrschten Unternehmens (6)

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Organ-Konzern-Innenhaftung bei der beherrschten Gesellschaft Bei der AG:

Im Vertragskonzern mit einer beherrschten AG ist deren Vorstand zwar verpflichtet, die Weisungen des herrschenden Unternehmens – auf dessen Rechtsform es nicht ankommt – zu befolgen (§ 308 Abs. 2 S. 1 AktG). Ein Verstoß gegen diese Pflicht(en) führt aber nach wohl h.M. nur zu einer Haftung der Tochtergesellschaft, nicht jedoch auch zu einer unmittelbaren Haftung des pflichtvergessenen Vorstands gegenüber dem herrschenden Unternehmen, da zwischen diesen kein gesetzliches Schuldverhältnis besteht

Im faktischen Konzern: Keine unmittelbare Haftung des Vorstands der Tochter-AG ggü. der faktischen Konzernmutter

Bei der beherrschten GmbH gilt weder im Vertragskonzern noch im faktischen Konzern etwas anderes

Haftung der Organe des beherrschten Unternehmens (7)

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Häufig stellt sich der Vermögensnachteil im Mutter- / Tochtergesellschafts-verhältnis dergestalt dar, dass eine Pflichtwidrigkeit auf der Ebene der Tochtergesellschaft zu einem Schaden der Muttergesellschaft führt (sog. bloßer Reflexschaden in Form der Minderung des Beteiligungswertes)

Dessen Ausgleich kann die geschädigte Muttergesellschaft nur dadurch erreichen, dass sie Ersatzleistung an die Tochtergesellschaft verlangt. Ein eigener, gesondert ersatzfähiger Schaden entsteht jedoch dann, wenn die Pflichtwidrigkeit auf der Ebene der Tochtergesellschaft darüber hinausgeht

Hat die Muttergesellschaft den Schaden beim Beteiligungsunternehmen durch entsprechende Zuwendungen selbst ausgeglichen, dann hat sich der zunächst bestehende Reflexschaden in einen unmittelbaren Schaden gewandelt, so dass die Gesellschaft vom Organ an sich Ersatz verlangen kann

Typische Konstellation bei sog. "Doppelmandatsträgern"

"Reflexschäden"

Aktueller "Trend"

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Ausgangspunkt Deutsche Muttergesellschaft / US-amerikanische Tochtergesellschaft

Grundsätzlich weltweite Deckung

D&O-(Master-)Police der deutschen Mutter enthält US-Ausschluss:

" … gilt nur als Tochterunternehmen, wenn dies gesondert in Textform vereinbart wird."

"Ansprüche, die von einer versicherten Gesellschaft gegen vPs ganz oder teilweise auf Basis des Rechts der USA geltend gemacht werden. Das Gleiche gilt für sämtliche Ansprüche, die von einer versicherten Gesellschaft gegen vPs vor einem US-Gericht erhoben werden, unabhängig davon, auf welches Recht diese Ansprüche gestützt werden."

Implikationen auf US-/Common Law-Ausschlüsse

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Ausgangspunkt Häufig Abschluss separater Lokalpolicen für amerikanische Töchter, aber

häufig mit geringen Deckungssummen

Die Lokalpolicen enthalten in aller Regel Ausschlüsse für Innenhaftungs-ansprüche:

"Exclusions: Applicable to all Insuring Clauses: Insurer shall not be liable for Loss under this Coverage Section on account of any Claim: […] eg. brought or maintained by, on behalf of, in the right of, or at the direction of any Insured."

Implikationen auf US-/Common Law-Ausschlüsse

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FolgeFür Innenhaftungsansprüche, die auf Pflichtverletzungen der Geschäftsleiter der US-amerikanischen Tochtergesellschaft basieren, besteht Deckung weder über die deutsche Masterpolice (US-Ausschluss) noch über die amerikanische Lokalpolice (Ausschluss für Innenhaftungsansprüche)

Trend in der Praxis Inanspruchnahme der Geschäftsleiter der deutschen Muttergesellschaft

wegen Verletzung der Überwachungspflicht in Hinblick auf die Geschäftstätigkeit des amerikanischen Tochterunternehmens

Anknüpfungspunkt der Ansprüche ist zwar der US-Sachverhalt, es erfolgt aber eine Verlagerung auf die Organe der deutschen Muttergesellschaft und damit auf die deutsche Masterpolice und auf (wohl) deutsches Recht

Gefahr der Umgehung des US-Ausschlusses der Masterpolice?

Implikationen auf US-/Common Law-Ausschlüsse

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Beobachtungen In der Praxis wird dieser Weg auch gewählt, wenn Innenhaftungsansprüche in

den USA nicht erfolgsversprechend sind, nach deutschem Recht aber wegen der weit reichenden Haftungsregeln Chancen für Schadensersatz bestehen

Dann wird versucht, eine Verletzung der Überwachungspflicht durch die Geschäftsleiter des deutschen Mutterunternehmens zu begründen

Anwendung deutschen Gesellschaftsrechts und deutscher D&O-(Master-) Police?

Anpassung des Wordings in den deutschen D&O-(Master-)Policen notwendig?

Kein singuläres Problem

Implikationen auf US-/Common Law-Ausschlüsse

Fragen und Diskussion

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Fragen und Diskussion

Dr. Gunne W. Bähr Rechtsanwalt | Partner

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