ORIGINALE Durch die Moschee ins Morgenland€¦ · entdecken. Diese hatte der deutsch e Steinmetz...

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SCHWETZINGEN 10 Donnerstag 27. AUGUST 2015 ORIGINALE U nser Englisch- und Franzö- sischlehrer Gerhard Friedrich ist ein gut aussehender, stets gut gekleideter Mann, im Sommer in hellem Anzug, meist mit Tüchlein in der Brusttasche, oft mit Stroh- hut. Ein Herr, umhaucht von Eau de Cologne. Als junger Lehrer ist er lange im Ausland, als Prinzen- erzieher in Kabul, an deutschen Schulen in Südafrika, in Spanien, während des Bürgerkriegs wird er über Barcelona per Kriegsschiff evakuiert. Anschaulich, zuweilen schwärmerisch, berichtet er von dieser Zeit – er ist leicht zum Erzählen zu bewegen. Seine Plaudereien verknüpft er stets mit Nützlichem, mit dem Einstreuen von Vokabeln. Als Bei- spiel ist mir to pin in Erinnerung geblieben, medal-pinning, und pin up-girl, möglicherweise hat er uns weitere mit dem englischen Verb zusammenhängende Begriffe genannt, aus dem später die deutsche Pinnwand wurde. Friedrich bringt uns nahe, wie viel Fremdsprache in Besat- zungszeiten aufgeschnappt und dem eigenen Sprachgebrauch oftmals verballhornt hinzugefügt wird. Jahre später führt mir in einem Rathaus in Frankreich eine Ausstellung diese französisch- deutsche Wechselbeziehung vor Augen. In meinen Flegeljahren schützt Friedrich mich vor jenen Paukern, für die ich ein Gräuel bin, und ohne ihn wäre mir ver- mutlich das Consilium Abeundi erteilt worden. Er macht mich mit den Geschichten von Edgar Allen Poe bekannt und mit Churchill vertraut, dessen „Weltabenteuer im Dienst“ eines der ersten Taschenbücher ist, die ich mir in der Buchhandlung an der Ecke Mühlen-/Heidelberger Straße kaufe. Friedrich wirbt bei mir für Hawthorne und lässt mich zum Hornblower-Fan werden, jenes dem Admiral Nelson nachemp- fundenen Seehelden: Der Lehrer leiht mir seine Forester-Ausga- ben, die ich verschlinge – ange- fangen vom „Fähnrich zur See Hornblower“, die Karriereleiter hoch bis hin zu „Lord Hornblo- wer“. Von diesem Zauber bin ich noch gefangen, als ich 2002 in London im „Independent“ lese, die Geldbörse, die Nelson 1805 während der Seeschlacht von Trafalgar bei sich getragen habe, sei in einem Nachlass gefunden worden und solle versteigert wer- den, blutverschmiert mit den 21 alten Goldstücken darin. Meine Bienen tun das nicht Friedrich, Jahrgang 1908, ist Hob- by-Imker, behauptet, seine Bie- nen seien ganz friedfertig, täten niemanden etwas zuleide, der keine bösen Absichten habe. Als er eines Tages böse malträtiert in die Schule gekommen ist, versi- chert er allen Ernstes, er sei von fremden, aufgeregten Bienen ge- stochen worden, die ihn nicht ge- kannt hätten. Bei aller Großzügig- keit achtet er sehr genau darauf, nach Unterrichtsende mit dem Glockenschlag die Schule zu ver- lassen, um wieder in sein Häus- chen und zu den Bienen am Gais- berg in Heidelberg zu gelangen: Im Geschwindschritt eilt er zum Lehrerzimmer, ist umgehend wieder auf dem Flur, eilt mit we- hendem Mantel und flatterndem Schal, zwei Treppenstufen auf einmal nehmend, aus dem Portal und stürmt zur Haltestelle der Straßenbahn in der Carl-Theo- dor-Straße. Mir und einigen an- deren hat er das Schülerdasein er- träglich gemacht. Ein Glücksfall in vielfacher Beziehung. Autor Hans-Peter Sattler kommt aus Schwetzingen, war lange Jahre Journalist und lebt heute in Wolfshagen im Harz. Er hat für Kinder, Enkel und Freunde kleine Geschichten über bekannte Personen im Schwet- zingen der 1940er und 1950er Jahre aufgeschrieben, die wir in der Sommerserie veröffentlichen. Prinzenerzieher Hans-Peter Sattler beschreibt das alte Schwetzingen (Teil 7) Vernissage-Künstlermesse (4. Teil): Andrea F. Müller lädt Porträts von Adeligen aus der Renaissance mit neuer Spannung auf Der verfremdete Blick aufs Wesentliche Von unserer Autorin Stella Unger Die Bilder von Andrea F. Müller spie- len stets zugleich auf verschiedenen Ebenen: Zunächst nimmt der Be- trachter ein bekanntes Motiv wahr, wie in der Werkreihe „Renaissance Reloaded“, wofür die Künstlerin Sei- tenporträts von Adeligen aus der Re- naissancezeit verwendet hat. Dann wird er über raffinierte digitale Ver- arbeitungen des vorgegebenen Ma- terials, Überblendungen mit ande- ren Motiven in eine bizarre Kunst- welt entführt, die dem vermeintlich Narrativen den Boden entzieht und neue Interpretationen erlaubt. So finden sich die porträtierten Renaissance-Adeligen plötzlich in ei- nem Rosenteich oder einem Astge- wirr wieder, wodurch sich die erstarr- te Künstlichkeit der vergangenen Zeit aufhebt, zeitgemäß lebendig wird. Um das Verwirrspiel komplett zu ma- chen, projiziert Müller ihre Motive zu guter Letzt auf Leinwand, so dass der Eindruck entsteht, hier handele es sich um ein Ölgemälde. Zur Künstlermesse im Schwetzin- ger Schloss bringt Andrea F. Müller zudem ihre neueste Arbeit „Flieg Maikäfer, flieg“ mit. Dieser liegt ein Familienbild zugrunde, wie es kurz nach dem Zweiten Weltkrieg üblich war. Die abgemergelten Gesichter, die abgetragenen, aber sauber her- gerichteten Kleider stehen im Kon- trast zum jüngsten, nach dem Krieg geborenen, Spross, der pausbäckig unbelastet in die verheißungsvolle Zukunft schaut. Diesen Effekt stei- gert die Künstlerin, indem sie die Äl- teren digital absoftet. „Traumwerk“ nimmt das Holzge- bälk eines Landgutdachstuhls zum Ausgangspunkt, in dem sich dank di- gitaler Bearbeitung ganze Dschun- gellandschaften zu verstecken schei- nen. „Waterproof“ bildet auf den ersten Blick einen von Tannen um- grenzten Weiher ab. Aber weshalb stehen die Tannen auf dem Kopf? Andrea F. Müller hat die Abbildung des Weihers im Wasser selbst aufge- nommen und so eine ihrer geliebten Verfremdungen geschaffen. i Die Künstlermesse im Schloss findet am Wochenende, 19./ 20. September, 10 bis 18 Uhr, statt. Der Eintritt zur Messe ist frei, es muss ein Schlossgarten- ticket für 5 Euro gelöst werden. Das „Traumwerk“ von Andrea F. Müller bringt den Dschungel in den Dachstuhl. „Flieg Maikäfer, flieg“ nennt sich dieses Bild der Künstlerin. Nur das Mädchen ist positiv zu sehen, die anderen Familienmitglieder im Negativ. BILDER: VERNISSAGE Herausgeber und Verlag: Schwetzinger Zeitungsverlag GmbH & Co. KG, Carl-Theodor-Straße 1, 68723 Schwetzingen Geschäftsführung: Dr. Björn Jansen, Jürgen Gruler Chefredaktion: Jürgen Gruler Redaktionsleitung: Katja Bauroth Überregionales: Dirk Lübke Lokalteil Schwetzingen/Gemeinden: Andreas Lin, Andreas Wühler, Carina Troll, Markus Wirth, Ralph Adameit, Ralf Strauch Lokalteil Hockenheim/Gemeinden: Hans Schuppel, Vanessa Schäfer, Matthias Mühleisen Anzeigen: Michael Baudermann, Heike Sonn-Fortmann, Andrea Heckel Erscheinungsweise: Täglich außer an Feiertagen. Bezugspreis monatlich 35,20 Euro inkl. Sonntag Aktuell (mit MORGENCARD PREMIUM 36,70 Euro) inkl. Zustellgebühr, Postbezug 39,50 Euro. Weitere Bezugspreise auf Anfrage unter Telefon-Service-Nr. 0621/ 3 92-22 00 und auf www.morgenweb.de. Anzeigenpreise: Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 52 Technische Herstellung: Mannheimer Morgen Großdruckerei und Verlag. Kundenforum: Schwetzingen, Carl-Theodor-Straße 1, Tel. 06202 / 205-205; Redaktion Hockenheim, Karlsruher Straße 15, Tel. 06202 / 205-803 Vertrieb: Tel. 06202 / 205-205 Redaktion: 06202/205-306 Leitung: [email protected] Vertrieb: [email protected] Anzeigen: [email protected] Redaktion: [email protected] Herstellung mit Recyclingpapier. KONTAKT www.schwetzinger-zeitung.de Wir gratulieren! Heute feiert Rosa Schultheiß, Goethestraße 54, ihren 94. Geburtstag. Apothekendienst. Apotheke im real, Brühl, Mannheimer Landstraße 2, Telefon 06202/70 34 34. Luxor Filmtheater. (06202/ 27 03 07) Dating Queen (20.30). Der kleine Rabe Socke II – Das große Rennen (14, 15.45). Magic Mike XXL (18.15). Minions (14, 16, 16.15). Mis- sion: Impossible – Rogue Nation (17.30, 20.15). Pixels (14). Liederkranz. Heute ab 20 Uhr Feri- enzusammenkunft im „Lügen- brückl“. Freunde und Interessierte sind willkommen. Schlossgarten. Orangerie, 11 bis 19 Uhr, „augenweiTe Teil II“, Gemein- schaftsausstellung der Künstler- gruppe „wieArt Rhein-Neckar“, Ma- lerei, Fotografie, Skulptur, Objekt, Keramik, Modekunst. KURZ NOTIERT der kommenden Saison jedes Mit- glied eine Karte pro Fahrt bestellen kann. Sollte eine Fahrt nicht ausge- bucht sein, kann dieses Kontingent im Einzelfall erhöht werden. fcb rufbar sind. Dieser Bereich wird pass- wortgeschützt. Außerdem wurde die Beschaffung einheitlicher Textilien für den Fanclub beschlossen. Hans Bayerlein wird Vorschläge für eine Kollektion erbringen. Karten werden kontigentiert Für die fünf Fahrten in der kommen- den Saison sei ein neues Busunter- nehmen gefunden worden. Dieses rufe allerdings einen um 5 Euro pro Mitfahrer höheren Preis pro Fahrt auf, berichtete der zweiten Vorsit- zende Thomas Büse. Eine längere Diskussion entfachte schließlich das Thema Kartenkonti- gentierung bei den Fahrten, Schließ- lich einigte man sich darauf, dass in allem die erfreuliche Mitteilung des Vorstands, dass der Verein wieder im Vorteilsprogramm des FC Bayern aufgenommen worden sei: „Wir ge- hören wieder zu den Glücklichen und werden Karten für fünf Heim- spiele erhalten“, verkündete Vorsit- zende Silke Heim, die eine positive Jahresbilanz zog. Drei Anträge fanden die Zustim- mung der Mitglieder: Zum einen die Gründung eines Vergnügungsaus- schusses, der beim Grillfest gleich sei- ne Feuertaufe bestand. Ein weiterer Antrag betraf die Aktivierung eines internen Bereichs auf der Vereinsho- mepage (www.kurpfalz-schwetzin- gen.de), in dem Bilder und weitere persönliche Daten der Mitglieder ab- FC-Bayern-Fanclub: Stärke von 90 Mitgliedern erreicht / Wieder ins Heimspiel-Programm aufgenommen / Privater Homepage-Bereich Fünfmal geht’s zum Rekordmeister in die Allianz-Arena Der Fanclub Kurpfalz Schwetzingen des FC Bayern München ist optimis- tisch in die neue Fußball-Bundesli- ga-Saison gestartet. Dies liegt nicht nur an den beiden Auftaktsiegen des Rekordmeisters und dem gelunge- nen Vereinsgrillfest am Wochenen- de, sondern auch daran, dass der Verein gut aufgestellt ist. Das war auch der Tenor bei der gut besuch- ten Jahreshauptversammlung. Denn nicht nur die Tatsache, dass der Fanclub inzwischen auf rund 90 Mitglieder angewachsen ist, stimm- te die Anwesenden zufrieden. Auch zwei weitere Punkte sorgten für zu- friedene Gesichter: Einerseits der positive Kassenbericht von Schatz- meister Christian Breunig und vor Der Vorstand Vorsitzende: Silke Heim, Kassie- rer: Christian Breunig, Schriftführer: Holger Herrmann, Kassenprüfer: Heinrich Back und Andreas Lin, Web- master: Rouven Ernst. Vergnügungsausschuss: Hans Bayerlein, Dieter Ernst, Wolfgang Geiß, Daniel Kreichgauer, Tobias Kreichgauer, Manfred Kropp und Peter Zemler. zg ranz des aufgeklärten Bauherrn Carl Theodor. Verweise auf unterschied- liche Weltreligionen und Philoso- phien sollten zum Nachdenken an- regen. In amüsanten Kurzführungen, die von 12 bis 18 Uhr stündlich ange- boten werden, stellt der einstige Hofhistoriograph Georg Christian Crollius die Moschee am 29. August näher vor. Von Orient zu Okzident Die Schwetzinger Moschee mit ih- rem Zentralbau, den beiden Mina- retten und Gebetsgängen wurde zwischen 1779 und 1795 von Nicolas de Pigage errichtet. Als Vorbild für diese außergewöhnliche Gartenar- chitektur dienten neben der Garten- moschee von William Chambers in Kew Gardens in London vor allem Entwürfe von Johann Fischer von Er- lach. Heute ist die Schwetzinger Gar- tenmoschee die letzte erhaltene ih- rer Art überhaupt. Der Innenraum der Gartenmoschee besteht aus ei- nem runden Zentralraum mit Säu- len und Nischen. Inschriften in ara- bischer und deutscher Sprache ver- weisen auf Tugenden wie Weisheit, Fleiß und Verschwiegenheit. In sämtlichen arabischen Texten sind Fehler in der Punktierung der Kon- sonanten und der Vokalisierung zu entdecken. Diese hatte der deutsche Steinmetz zu verantworten, der die Inschriften 1794 übertrug. zg i Weitere Informationen zu Schlossgarten-Führungen sowie Anmeldungen unter der Telefon- nummer 06221/6588 80. Exotische und insbesondere für die Welt des Orients. Die Moschee wur- de jedoch nicht als Sakralraum er- richtet; vielmehr ist sie eher ein Sym- bol für Neugier und geistige Tole- haus, der Kurfürst von der Pfalz be- saß eine Gartenmoschee. Kurfürst Carl Theodor folgte mit ihrem Bau nicht nur einem Modetrend seiner Zeit: Man interessierte sich für alles Schlossgarten: „Hereinspaziert“-Programm mit Lesung zu Märchen aus 1001 Nacht / Amüsante Kurzführungen im Stundentakt mit dem „einstigen Hofhistoriographen“ Durch die Moschee ins Morgenland In diesem Sommer öffnen die Staat- lichen Schlösser und Gärten die Tore zu besonderen Orten im Schlossgar- ten: Bei der Veranstaltungsreihe „Hereinspaziert“ entdecken die Gäs- te historische Parkgebäude, die teil- weise ansonsten nicht zugänglich sind. Am morgigen Freitag, 28., und Samstag, 29. August, steht die be- rühmte Moschee im Fokus, heißt es in einer Pressemitteilung. Dort kön- nen die Gäste in einer Lesung den Märchen aus 1001 Nacht lauschen und die Gartenmoschee in Führun- gen näher kennenlernen. Bei der Veranstaltungsreihe „He- reinspaziert“ können die Besucher jeden Monat ein anderes Gartenmo- nument kennenlernen und in Füh- rungen mehr über dessen Geschich- te erfahren. Das Besondere: „Man- che der historischen Parkgebäude, die man dabei betreten kann, sind sonst nicht zugänglich“, sagt Sandra Moritz, Leiterin der hiesigen Schlossverwaltung. Schauplatz des Programms am kommenden Wochenende ist die Gartenmoschee, die zu den faszinie- rendsten Bauten im Garten der kur- fürstlichen Sommerresidenz zählt. Hier können die „Hereinspaziert“- Gäste am morgigen Freitag, 28. Au- gust, um 20 Uhr bei einer Kurzfüh- rung den Märchen von Aladin und Scheherazade lauschen und sich in die exotische Welt des Morgenlan- des entführen lassen. Wahrer Kenner Mehrere Führungen werden am Samstag, 29. August, mit einer histo- rischen Persönlichkeit auf dem Pro- gramm: Georg Christian Crollius „Hofhistoriograph und Mitglied der historischen Akademie“ erläutert im barocken Kostüm Geschichte und Bedeutung der Moschee. Andere Fürsten hatten ein chinesisches Tee- Der Innenraum der Gartenmoschee besteht aus einem runden Zentralraum mit Säulen und Nischen. BILD: SCHLOSS

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SCHWETZINGEN10 Donnerstag27. AUGUST 2015

ORIGINALE

Unser Englisch- und Franzö-sischlehrer Gerhard Friedrich

ist ein gut aussehender, stets gutgekleideter Mann, im Sommer inhellem Anzug, meist mit Tüchleinin der Brusttasche, oft mit Stroh-hut. Ein Herr, umhaucht von Eaude Cologne. Als junger Lehrer ister lange im Ausland, als Prinzen-erzieher in Kabul, an deutschenSchulen in Südafrika, in Spanien,während des Bürgerkriegs wird erüber Barcelona per Kriegsschiffevakuiert. Anschaulich, zuweilenschwärmerisch, berichtet er vondieser Zeit – er ist leicht zumErzählen zu bewegen.

Seine Plaudereien verknüpft erstets mit Nützlichem, mit demEinstreuen von Vokabeln. Als Bei-spiel ist mir to pin in Erinnerunggeblieben, medal-pinning, undpin up-girl, möglicherweise hat eruns weitere mit dem englischenVerb zusammenhängendeBegriffe genannt, aus dem späterdie deutsche Pinnwand wurde.

Friedrich bringt uns nahe, wieviel Fremdsprache in Besat-zungszeiten aufgeschnappt unddem eigenen Sprachgebrauchoftmals verballhornt hinzugefügtwird. Jahre später führt mir ineinem Rathaus in Frankreich eineAusstellung diese französisch-deutsche Wechselbeziehung vorAugen. In meinen Flegeljahrenschützt Friedrich mich vor jenenPaukern, für die ich ein Gräuelbin, und ohne ihn wäre mir ver-mutlich das Consilium Abeundierteilt worden. Er macht mich mitden Geschichten von Edgar AllenPoe bekannt und mit Churchillvertraut, dessen „Weltabenteuerim Dienst“ eines der erstenTaschenbücher ist, die ich mir inder Buchhandlung an der EckeMühlen-/Heidelberger Straßekaufe. Friedrich wirbt bei mir fürHawthorne und lässt mich zumHornblower-Fan werden, jenesdem Admiral Nelson nachemp-fundenen Seehelden: Der Lehrerleiht mir seine Forester-Ausga-ben, die ich verschlinge – ange-fangen vom „Fähnrich zur SeeHornblower“, die Karriereleiterhoch bis hin zu „Lord Hornblo-wer“. Von diesem Zauber bin ichnoch gefangen, als ich 2002 inLondon im „Independent“ lese,die Geldbörse, die Nelson 1805während der Seeschlacht vonTrafalgar bei sich getragen habe,sei in einem Nachlass gefundenworden und solle versteigert wer-den, blutverschmiert mit den21 alten Goldstücken darin.

Meine Bienen tun das nichtFriedrich, Jahrgang 1908, ist Hob-by-Imker, behauptet, seine Bie-nen seien ganz friedfertig, tätenniemanden etwas zuleide, derkeine bösen Absichten habe. Alser eines Tages böse malträtiert indie Schule gekommen ist, versi-chert er allen Ernstes, er sei vonfremden, aufgeregten Bienen ge-stochen worden, die ihn nicht ge-kannt hätten. Bei aller Großzügig-keit achtet er sehr genau darauf,nach Unterrichtsende mit demGlockenschlag die Schule zu ver-lassen, um wieder in sein Häus-chen und zu den Bienen am Gais-berg in Heidelberg zu gelangen:Im Geschwindschritt eilt er zumLehrerzimmer, ist umgehendwieder auf dem Flur, eilt mit we-hendem Mantel und flatterndemSchal, zwei Treppenstufen aufeinmal nehmend, aus dem Portalund stürmt zur Haltestelle derStraßenbahn in der Carl-Theo-dor-Straße. Mir und einigen an-deren hat er das Schülerdasein er-träglich gemacht. Ein Glücksfallin vielfacher Beziehung.

Autor Hans-Peter Sattlerkommt aus Schwetzingen, warlange Jahre Journalist und lebtheute in Wolfshagen im Harz. Erhat für Kinder, Enkel undFreunde kleine Geschichten überbekannte Personen im Schwet-zingen der 1940er und 1950erJahre aufgeschrieben, die wir inder Sommerserie veröffentlichen.

Prinzenerzieher

Hans-Peter Sattlerbeschreibt das alte

Schwetzingen (Teil 7)

Vernissage-Künstlermesse (4. Teil): Andrea F. Müller lädt Porträts von Adeligen aus der Renaissance mit neuer Spannung auf

Der verfremdete Blick aufs WesentlicheVon unserer AutorinStella Unger

Die Bilder von Andrea F. Müller spie-len stets zugleich auf verschiedenenEbenen: Zunächst nimmt der Be-trachter ein bekanntes Motiv wahr,wie in der Werkreihe „RenaissanceReloaded“, wofür die Künstlerin Sei-tenporträts von Adeligen aus der Re-naissancezeit verwendet hat. Dannwird er über raffinierte digitale Ver-arbeitungen des vorgegebenen Ma-terials, Überblendungen mit ande-ren Motiven in eine bizarre Kunst-welt entführt, die dem vermeintlichNarrativen den Boden entzieht undneue Interpretationen erlaubt.

So finden sich die porträtiertenRenaissance-Adeligen plötzlich in ei-nem Rosenteich oder einem Astge-wirr wieder, wodurch sich die erstarr-te Künstlichkeit der vergangenen Zeitaufhebt, zeitgemäß lebendig wird.Um das Verwirrspiel komplett zu ma-chen, projiziert Müller ihre Motive zuguter Letzt auf Leinwand, so dass derEindruck entsteht, hier handele essich um ein Ölgemälde.

Zur Künstlermesse im Schwetzin-ger Schloss bringt Andrea F. Müllerzudem ihre neueste Arbeit „FliegMaikäfer, flieg“ mit. Dieser liegt einFamilienbild zugrunde, wie es kurz

nach dem Zweiten Weltkrieg üblichwar. Die abgemergelten Gesichter,die abgetragenen, aber sauber her-gerichteten Kleider stehen im Kon-trast zum jüngsten, nach dem Krieggeborenen, Spross, der pausbäckig

unbelastet in die verheißungsvolleZukunft schaut. Diesen Effekt stei-gert die Künstlerin, indem sie die Äl-teren digital absoftet.

„Traumwerk“ nimmt das Holzge-bälk eines Landgutdachstuhls zumAusgangspunkt, in dem sich dank di-gitaler Bearbeitung ganze Dschun-gellandschaften zu verstecken schei-nen. „Waterproof“ bildet auf denersten Blick einen von Tannen um-grenzten Weiher ab. Aber weshalb

stehen die Tannen auf dem Kopf?Andrea F. Müller hat die Abbildungdes Weihers im Wasser selbst aufge-nommen und so eine ihrer geliebtenVerfremdungen geschaffen.

iDie Künstlermesse im Schlossfindet am Wochenende, 19./20. September, 10 bis 18 Uhr,statt. Der Eintritt zur Messe istfrei, es muss ein Schlossgarten-ticket für 5 Euro gelöst werden.

Das „Traumwerk“ von Andrea F. Müllerbringt den Dschungel in den Dachstuhl.

„Flieg Maikäfer, flieg“ nennt sich dieses Bild der Künstlerin. Nur das Mädchen istpositiv zu sehen, die anderen Familienmitglieder im Negativ. BILDER: VERNISSAGE

Herausgeber und Verlag:Schwetzinger Zeitungsverlag GmbH & Co. KG,Carl-Theodor-Straße 1, 68723 Schwetzingen

Geschäftsführung:Dr. Björn Jansen, Jürgen GrulerChefredaktion: Jürgen Gruler

Redaktionsleitung: Katja BaurothÜberregionales: Dirk Lübke

Lokalteil Schwetzingen/Gemeinden:Andreas Lin, Andreas Wühler, Carina Troll,

Markus Wirth, Ralph Adameit,Ralf Strauch

Lokalteil Hockenheim/Gemeinden:Hans Schuppel, Vanessa Schäfer,

Matthias MühleisenAnzeigen:

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Erscheinungsweise: Täglich außer an Feiertagen.Bezugspreis monatlich 35,20 Euro

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Wir gratulieren! Heute feiert RosaSchultheiß, Goethestraße 54, ihren94. Geburtstag.Apothekendienst. Apotheke imreal, Brühl, Mannheimer Landstraße2, Telefon 06202/703434.Luxor Filmtheater. (06202/27 03 07) Dating Queen (20.30). Derkleine Rabe Socke II – Das großeRennen (14, 15.45). Magic Mike XXL(18.15). Minions (14, 16, 16.15). Mis-sion: Impossible – Rogue Nation(17.30, 20.15). Pixels (14).Liederkranz. Heute ab 20 Uhr Feri-enzusammenkunft im „Lügen-brückl“. Freunde und Interessiertesind willkommen.Schlossgarten. Orangerie, 11 bis 19Uhr, „augenweiTe Teil II“, Gemein-schaftsausstellung der Künstler-gruppe „wieArt Rhein-Neckar“, Ma-lerei, Fotografie, Skulptur, Objekt,Keramik, Modekunst.

KURZ NOTIERT

der kommenden Saison jedes Mit-glied eine Karte pro Fahrt bestellenkann. Sollte eine Fahrt nicht ausge-bucht sein, kann dieses Kontingentim Einzelfall erhöht werden. fcb

rufbar sind. Dieser Bereich wird pass-wortgeschützt. Außerdem wurde dieBeschaffung einheitlicher Textilienfür den Fanclub beschlossen. HansBayerlein wird Vorschläge für eineKollektion erbringen.

Karten werden kontigentiertFür die fünf Fahrten in der kommen-den Saison sei ein neues Busunter-nehmen gefunden worden. Diesesrufe allerdings einen um 5 Euro proMitfahrer höheren Preis pro Fahrtauf, berichtete der zweiten Vorsit-zende Thomas Büse.

Eine längere Diskussion entfachteschließlich das Thema Kartenkonti-gentierung bei den Fahrten, Schließ-lich einigte man sich darauf, dass in

allem die erfreuliche Mitteilung desVorstands, dass der Verein wieder imVorteilsprogramm des FC Bayernaufgenommen worden sei: „Wir ge-hören wieder zu den Glücklichenund werden Karten für fünf Heim-spiele erhalten“, verkündete Vorsit-zende Silke Heim, die eine positiveJahresbilanz zog.

Drei Anträge fanden die Zustim-mung der Mitglieder: Zum einen dieGründung eines Vergnügungsaus-schusses, der beim Grillfest gleich sei-ne Feuertaufe bestand. Ein weitererAntrag betraf die Aktivierung einesinternen Bereichs auf der Vereinsho-mepage (www.kurpfalz-schwetzin-gen.de), in dem Bilder und weiterepersönliche Daten der Mitglieder ab-

FC-Bayern-Fanclub: Stärke von 90 Mitgliedern erreicht / Wieder ins Heimspiel-Programm aufgenommen / Privater Homepage-Bereich

Fünfmal geht’s zum Rekordmeister in die Allianz-ArenaDer Fanclub Kurpfalz Schwetzingendes FC Bayern München ist optimis-tisch in die neue Fußball-Bundesli-ga-Saison gestartet. Dies liegt nichtnur an den beiden Auftaktsiegen desRekordmeisters und dem gelunge-nen Vereinsgrillfest am Wochenen-de, sondern auch daran, dass derVerein gut aufgestellt ist. Das warauch der Tenor bei der gut besuch-ten Jahreshauptversammlung.

Denn nicht nur die Tatsache, dassder Fanclub inzwischen auf rund 90Mitglieder angewachsen ist, stimm-te die Anwesenden zufrieden. Auchzwei weitere Punkte sorgten für zu-friedene Gesichter: Einerseits derpositive Kassenbericht von Schatz-meister Christian Breunig und vor

Der Vorstand

� Vorsitzende: Silke Heim, Kassie-rer: Christian Breunig, Schriftführer:Holger Herrmann, Kassenprüfer:Heinrich Back und Andreas Lin, Web-master: Rouven Ernst.

� Vergnügungsausschuss: HansBayerlein, Dieter Ernst, WolfgangGeiß, Daniel Kreichgauer, TobiasKreichgauer, Manfred Kropp undPeter Zemler. zg

ranz des aufgeklärten Bauherrn CarlTheodor. Verweise auf unterschied-liche Weltreligionen und Philoso-phien sollten zum Nachdenken an-regen.

In amüsanten Kurzführungen,die von 12 bis 18 Uhr stündlich ange-boten werden, stellt der einstigeHofhistoriograph Georg ChristianCrollius die Moschee am 29. Augustnäher vor.

Von Orient zu OkzidentDie Schwetzinger Moschee mit ih-rem Zentralbau, den beiden Mina-retten und Gebetsgängen wurdezwischen 1779 und 1795 von Nicolasde Pigage errichtet. Als Vorbild fürdiese außergewöhnliche Gartenar-chitektur dienten neben der Garten-moschee von William Chambers inKew Gardens in London vor allemEntwürfe von Johann Fischer von Er-lach.

Heute ist die Schwetzinger Gar-tenmoschee die letzte erhaltene ih-rer Art überhaupt. Der Innenraumder Gartenmoschee besteht aus ei-nem runden Zentralraum mit Säu-len und Nischen. Inschriften in ara-bischer und deutscher Sprache ver-weisen auf Tugenden wie Weisheit,Fleiß und Verschwiegenheit. Insämtlichen arabischen Texten sindFehler in der Punktierung der Kon-sonanten und der Vokalisierung zuentdecken. Diese hatte der deutscheSteinmetz zu verantworten, der dieInschriften 1794 übertrug. zg

iWeitere Informationen zuSchlossgarten-Führungen sowieAnmeldungen unter der Telefon-nummer 06221/658880.

Exotische und insbesondere für dieWelt des Orients. Die Moschee wur-de jedoch nicht als Sakralraum er-richtet; vielmehr ist sie eher ein Sym-bol für Neugier und geistige Tole-

haus, der Kurfürst von der Pfalz be-saß eine Gartenmoschee. KurfürstCarl Theodor folgte mit ihrem Baunicht nur einem Modetrend seinerZeit: Man interessierte sich für alles

Schlossgarten: „Hereinspaziert“-Programm mit Lesung zu Märchen aus 1001 Nacht / Amüsante Kurzführungen im Stundentakt mit dem „einstigen Hofhistoriographen“

Durch die Moschee ins MorgenlandIn diesem Sommer öffnen die Staat-lichen Schlösser und Gärten die Torezu besonderen Orten im Schlossgar-ten: Bei der Veranstaltungsreihe„Hereinspaziert“ entdecken die Gäs-te historische Parkgebäude, die teil-weise ansonsten nicht zugänglichsind. Am morgigen Freitag, 28., undSamstag, 29. August, steht die be-rühmte Moschee im Fokus, heißt esin einer Pressemitteilung. Dort kön-nen die Gäste in einer Lesung denMärchen aus 1001 Nacht lauschenund die Gartenmoschee in Führun-gen näher kennenlernen.

Bei der Veranstaltungsreihe „He-reinspaziert“ können die Besucherjeden Monat ein anderes Gartenmo-nument kennenlernen und in Füh-rungen mehr über dessen Geschich-te erfahren. Das Besondere: „Man-che der historischen Parkgebäude,die man dabei betreten kann, sindsonst nicht zugänglich“, sagt SandraMoritz, Leiterin der hiesigenSchlossverwaltung.

Schauplatz des Programms amkommenden Wochenende ist dieGartenmoschee, die zu den faszinie-rendsten Bauten im Garten der kur-fürstlichen Sommerresidenz zählt.Hier können die „Hereinspaziert“-Gäste am morgigen Freitag, 28. Au-gust, um 20 Uhr bei einer Kurzfüh-rung den Märchen von Aladin undScheherazade lauschen und sich indie exotische Welt des Morgenlan-des entführen lassen.

Wahrer KennerMehrere Führungen werden amSamstag, 29. August, mit einer histo-rischen Persönlichkeit auf dem Pro-gramm: Georg Christian Crollius

„Hofhistoriograph und Mitglied derhistorischen Akademie“ erläutert imbarocken Kostüm Geschichte undBedeutung der Moschee. AndereFürsten hatten ein chinesisches Tee-

Der Innenraum der Gartenmoschee besteht aus einem runden Zentralraum mit Säulen und Nischen. BILD: SCHLOSS