Orthopädenkongress 1911

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74 Berichte. III. 0rthopiidenkongress 1911. Zehnter Kongress der deutschen Gesellschaft fiir orthop~dische Chirurgie. Referent: Dr. Ernst Mayer-C51n a. Rh. BShm-Berlin: Ober meehanische Deformit~iten. B6hm stellte Untersuchungen dariiber an, wie sich der tempor~i.re und wie sich der permanente Druck in seiner Wirkung auf den Knochen ~ussert. Zu seinen Untersuchungen benutzte er den Chinesenfuss, den kiinstlich zusammen- gedrfickten Indianerschi~del und Hunde, die mit W ullstein'schen Bandagen kfinstlich deformiert waren. Er kommt zu dem Schluss, dass nut der permanente und nicht der tempofiire Druck t'~hig sei, Deformit~ten dauernd zu erzeugen. Fiir Belastungsdeformit~.t, deren Wesen uns durchaus nicht klar sei, setze man besser den Begriff ,,mechanische Deformit~t". Heussner hebt hervor, dass die Epiphyse und nicht die Diaphyse die schwache Stelle sei, welche auf Druck nachgebe, und belegt seine Behauptung dutch klinisehe Beispiele. Er stimmt im wesentlichen den BShm'schen Behaup- tungen zu. M a a s behauptet, dass beim wachsenden Knochen auch schon bei tempor~rem Drucke die Epiphyse sehr schnell auf der belasteten Seite im L~ngenwachstum zuriickbleibe; dafiir tritt ein st~rkeres Breitenwaehstum auf. BShm widerspricht Maas; es gibt keine Belastungsdeformiti~ten, da es beim K6rper nur temporii.re Belastungen g~.be. Vulpius kann sich durch die RSntgenbilder, die BShm gezeigt hat, nieht davon iiberzeugen, dass statische und paralytisehe Deformiti~ten sich nicht fixieren sollen. In Wirklichkeit giebt es sehr schwere derartige Deformit~ten, die fixiert sind. Peltesohn-Berlin. Zur Atiologie und Prognose der Coxa vara infantium. Von 12 F~llen erworbener Coxa vara im Kindesalter hatten alle Rachitis. Die MSglichkeit, angeborene und erworbene Coxa vara zu unterscheiden, ist nicht immer leicht, wie an den zahlreichen RSntgenbildern bewiesen wird. Alle Fiille yon winkliger Abknickung sind die Folge yon Trauma. Wollenberg-Berlin: Demonstrationen zur Therapie der mobilen Skoliose. W oll en berg schl~gt vor, die Skoliose mit portativen Apparaten zu behandeln, welche den Lumbalteil und den Dorsalteil gesondert redressieren lassen. •ur durch diese beweglichen Apparate kann eine dauernde Belastung, auf welche Wollen- berg mit BShm Weft legt, erzielt werden, im Geg'ensalze zu den starren Korsetts. Woilenberg zeigt die Erfolge, welche er mit seinen geteilten Korsetts erzielt haben will an RSntgenbildern, die er an den Patienten in einer bestimmten Stellung aufnimmt. Vulpius-Heidelberg: Zur blutigen Behandlung des angeborenen Klump- fusses. Bei den Fiil|en yon angeborenem Klumpfusse, die aller anderen Behandlung trotzep, ist eine blutige Operation erlaubt. Es kommt entweder die Exkochleation oder die Enukleation des Talus in Betracht. Letztere hat, wie an den zahlreichen RSntgenbildern gezeigt wird, bessere Erfolge aufzuweisen als die Exkochleation. Reiner hat bei mehr als 1000 Klumpffissen, die er an der Lorenz'schen Poliklinik gesehen hat~ keinmal eine blutige Operation nStig gehabt.

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74 Berichte.

III.

0rthopiidenkongress 1911. Zehnter Kongress der deutschen Gesellschaft fiir orthop~dische Chirurgie.

Referent: Dr. Erns t Mayer-C51n a. Rh.

BShm-Berl in: Ober meehanische Deformit~iten. B6hm stellte Untersuchungen dariiber an, wie sich der tempor~i.re und wie

sich der permanente Druck in seiner Wirkung auf den Knochen ~ussert. Zu seinen Untersuchungen benutzte er den Chinesenfuss, den kiinstlich zusammen- gedrfickten Indianerschi~del und Hunde, die mit W u l l s t e i n ' s c h e n Bandagen kfinstlich deformiert waren. Er kommt zu dem Schluss, dass nut der permanente und nicht der tempofiire Druck t'~hig sei, Deformit~ten dauernd zu erzeugen. Fiir Belastungsdeformit~.t, deren Wesen uns durchaus nicht klar sei, setze man besser den Begriff ,,mechanische Deformit~t".

H e u s s n e r hebt hervor, dass die Epiphyse und nicht die Diaphyse die schwache Stelle sei, welche auf Druck nachgebe, und belegt seine Behauptung dutch klinisehe Beispiele. Er stimmt im wesentlichen den BShm'schen Behaup- tungen zu.

M a a s behauptet, dass beim wachsenden Knochen auch schon bei tempor~rem Drucke die Epiphyse sehr schnell auf der belasteten Seite im L~ngenwachstum zuriickbleibe; dafiir tritt ein st~rkeres Breitenwaehstum auf.

BShm widerspricht M a a s ; es gibt keine Belastungsdeformiti~ten, da es beim K6rper nur temporii.re Belastungen g~.be.

V u l p i u s kann sich durch die RSntgenbilder, die BShm gezeigt hat, nieht davon iiberzeugen, dass statische und paralytisehe Deformiti~ten sich nicht fixieren sollen. In Wirklichkeit giebt es sehr schwere derartige Deformit~ten, die fixiert sind.

Pe l t e sohn-Ber l i n . Zur Atiologie und Prognose der Coxa vara infantium. Von 12 F~llen erworbener Coxa vara im Kindesalter hatten alle Rachitis. Die MSglichkeit, angeborene und erworbene Coxa vara zu unterscheiden, ist nicht immer leicht, wie an den zahlreichen RSntgenbildern bewiesen wird. Alle Fiille yon winkliger Abknickung sind die Folge yon Trauma.

W o l l e n b e r g - B e r l i n : Demonstrationen zur Therapie der mobilen Skoliose. W o l l en b e r g schl~gt vor, die Skoliose mit portativen Apparaten zu behandeln, welche den Lumbalteil und den Dorsalteil gesondert redressieren lassen. •ur durch diese beweglichen Apparate kann eine dauernde Belastung, auf welche W o l l e n - b e r g mit BShm Weft legt, erzielt werden, im Geg'ensalze zu den starren Korsetts. W o i l e n b e r g zeigt die Erfolge, welche er mit seinen geteilten Korsetts erzielt haben will an RSntgenbildern, die er an den Patienten in einer bestimmten Stellung aufnimmt.

Vulp ius -Heide lberg : Zur blutigen Behandlung des angeborenen Klump- fusses. Bei den Fiil|en yon angeborenem Klumpfusse, die aller anderen Behandlung trotzep, ist eine blutige Operation erlaubt. Es kommt entweder die Exkochleation oder die Enukleation des Talus in Betracht. Letztere hat, wie an den zahlreichen RSntgenbildern gezeigt wird, bessere Erfolge aufzuweisen als die Exkochleation.

R e i n e r hat bei mehr als 1000 Klumpffissen, die er an der L o r e n z ' s c h e n Poliklinik gesehen hat~ keinmal eine blutige Operation nStig gehabt.

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Berichte. 75

V u l p i u s widerspricht den Re iner ' schen Ausfiihrungen, er hat seine Er- fahrungen an mehreren 1000 Fiillen gewonnen und findet immer einzelne Fiille, die nur auf blutigem Wege geheilt werden k5nnen.

O t t o E h r i n g h a u s - B e r l i n zeigt sodann die RSntgenbilder eines Falles von oss~rem Schiefhals als Teilerscheinung von weiteren Anomalien und Gli~s sn er- Berlin die RSntgenbilder yon angeborenen Verbildungen im Bereicbe der oberen Extremit~r aus dem reichen Materiale der orthopiidischen Poliklinik der Charit6.

Mosenta l -Ber l in : Einige Fiille yon Brachydaktylie. M o s e n t a l glaubt mit Machol l , dass die Brachydaktylie dutch intrauterine Traumen hervorgerufen sei. Im RSntgenbilde ist sie gekennzeichnet durch Kleinheit der Epiphysenlinien.

B a d e- Hannover: Ohne Prothesen arbeitende Krfippel. Kinemathographische Darstellung von Krfippeln, die ohne H~nde mit Arm-

stfimpfen schreiben, mit dem Kinne einen Elmer tragen, mit den Ffissen schreiben, sticken und sonstige Arbeiten verrichten.

ErSffnungssitzung am Dienstag, den 18. April, vormittags 9 Ubr. Der Vorsitzende HSf tmann-KSnigsberg hebt hervor, dass es der 10. Kongress der Gesellschaft sei, den er erSffne, nachdem er auch den ersten zu erSffnen die Ehre gehabt babe. Die OrthopKdie babe sich zu einem selbstiindigen Zweige der Chirurgie entwickelt. Er hebt sodann das gute Verh~ltnis hervor, das zwischen der deutschen Gesellschaft fiir Chirurgie und der ffir OrthopKdie bestehe. Sodann gedenkt er der im letzten Jahre verstorbenen Mitglieder, der Herren Hi r sch be rg , D a v i d , K i n n , N S n c h e n , sowie in warmen Worten des verstorbenen Ehren- mitgliedes K 5 n i g- Berlin.

Sp i t zy-Graz : Ziele der Nervenplastik. Referat fiber dieses bis jetzt noch in vielen Beziebungen unerforschte Gebiet. SpiLzy zeigt u. a. eine ,,komralaterale" :Nerventransplantation, die er mit Erfo]g an dem N. suprascapularis einer Ziege gemacht hat, an einem PHiparate und bespricht die neuesten Forschungen. Al.r Nomenklatur schI~igt er vor, die Bezeichnungen ,,peripher, zentral, total und partiell" beizubehalten und nicht dureh neue ~amen Verwirrung hervorzurufen. Als eine noch zu untersuchende Frage stellt er unter vielen anderen auf: Sind bei einem poliomyelitiseh gel~hmten Nerven dieselben Veriinderungen zu finden, wie bei einem durchschnittenen ? Die Erregbarkeit des Muskels bleibt bei frischen L~ihmungen zuerst noch erhalten, spiiter erlischt sie. Je nachdem die Erregbarkeit bleibt, ist die Prognose zu stellen. Ein Sinken unter 1/3 der normalen Erregbarkeit gibt eine schlechte Prognose. Also nicht die Entarmngsreaktion, sondern das Sinken der quantitaven Erregbarkelt ist fiir die Prognose wichtig. Man soil bei frischen Liihmungen also zuerst st~tndlg e]ektrisch untersuchen und erst dann operieren, wenn die Erregbarkeit immer weiter sinkt.

Die Nervenplastik ist da angezeigt, wo Sehnenfiberpflanzung wenig Aussicht auf Erfolg hat. Bei Schulterliihmung soll ev. eine Osteotomie des Humerus oberhalb des Ansatzes des Pectoralis und Stellung in Aussenrotation vorgenommen werden.

In der Diskusion wird unter anderem ein Fall aus der Bier ' schen Klinik erw~ihnt, bei dem an der eauda equina einer Seite ein Teil einer motorischen Wurzel mit Erfolg auf die andere Seite gepfropft wurde.

S p r i n g er hat eine 5hnliche Pfropfung bei einer Spina bifida vorgenommen. S p i t z y weist in seinem Schlusswort nochmals auf einige technische Be-

sonderheiten him

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76 Be~ehte.

W i e r z e ] e w s k y - B e r l i n : Angeborene Kontrakturen. Demonstrationen yon angeborenen Kontrakturen bei Lues congenita, hervor-

gerufen durch angeborene Muskeldefekte. RS~tgenbilder. K o f m a n n erw~hnt einen Fall yon multiplen Kontrakturen, den er durch

Transplantationen wieder zum Gehen gebracht hat. v. A b e r l e mahnt bei der Streckung dieser Kontrakturen zur Vorsicht

wegen der Gefahr einer Fettembolie.

J o a c h i m s t h a l - B e r l i n : Ostitis fibrosa im Kindesalter. Die Ostitis fibros bildet im Knochen Erweichungsherde, die sich im RSntgenbilde, von denen Vortr. die Bilder yon drei Patienten zeigen kann, durch ein fleckiges Aussehen charakteri- sieren. Ausserdem ist eine Breitezunahme des Obersehenkels zu sehen, besonders an der Einbiegung des Schenkelhalses in den Schaft. Es erinnert das Bild vielfach an Osteomalacie. _Atiologisch kommt Rheumatismus in Betracht. v. R e k - l i n g h a u s e n nimmt mechanisehe Momente als Entstehungsursache an. In der Diskussion werden aus der Kieler Kliuik mehrere Fiille erw~hnt, die dutch Aus- kratzung des Knochenmarks heilten.

S c h u l t z e hat yon zwei Fiillen einen durch Auskratzuug und Jodoform- plombe zur Heilung gebracht.

M Sh r i n g empfieblt zur Behandlung die Extension. W o l l e n b e r g erw~hnt einen Fall yon Selbstheilung ans der H o f f a ' s c h e n

Klinik; bei der Operation wurde immer Heilung erzielt.

v. A b e rl e- Wien : Singuliire angeborene Missbildung einer unteren Extremitiit. Ein Fall yon Fehlen beider Unterschenkelknochen und Spaltbildung im Femur. J o a c h i m s t a l hat einen ~thnlichen Fall bereits verSffentlicht.

W i e r z e j e w s k i - B e r l i n : Uber Unf~ille und Komplikationen bei orthoph- dischen Operationen.

Zwei Gruppen, von denen die eine sich dutch eine Aura mit sp{iterer Be- wusstlosigkeit, Pupillenstarre, ErlSschen der Reflexe auszeichnet. Der Anfall kann zwei Stunden dauern und spiiter von Stupor begleitet sein. Auch Glykosurie wurde beobachtet. Zu diesen Kr~mpfen mfissen die Kinder disponiert sein; sie werden davon nut naeh Redressionen befallen. Die Veranlassung ist eine Reizung des Rfickenmarks, meistens hervorgerufen durch Zerrung der Ischiadici. Eine zweite Gruppe yon Kr~impfen wird durch Fettembolie hervorgerufen und durch Chloroformnarkose begfinstigt.

R e i n e r weist auf das Sektionsergebnis der Fettembolie him Die Lunge ist bei ihr nie kollabiert, man soll sich daher vor der Operation fiber den Zwerch- fellstand orientieren, um zum Zwecke der Differentialdiagnose bei Fettembolie feststellen zu kSnnen, dass der Zwerchfellstand niedriger getreten ist als vorher.

S p i t z y empfiehlt, bei orthop. Operationen ~_ther statt Chloroform zu gebrauehen.

F i n k renkte nach einer Einrenkung bei Kr~mpfen die Hiifte wieder aus und konnte die Kr/impfe dadurch zum Stillstande bringen. Bei einem anderen Falle erreichte er dasselbe Ziel auch ohne Ausrenkung. Bei beiden Fitllen bestand also keine Fettembolie.

B a d e heilte Kr~mpfe, die einige Zeit nach einer Operation aufgetreten waren, mit B~dern. Er hat keine Angst vor dem Chloroform.

S p i t z y : Bei Kiudern mit Tetanie soll man yon Redressionen Abstand nehmen. V u l p i u s widerspricht der S p i t z y ' s c h e n Warnung vor dem Chloroform. L a n ge -Strassburg berichtet yon drei Fiillen, die spontan heilten.

V u l p i u s - H e i d e l b e r g : ~ber die Widerstandsf~ihigkeit yon Sehnen und Sehnenniihten.

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Beriehte. 77

Die L a n g e ' s c h e Behauptung, dass die :Naht yon Sehne zu Sehne nicht zuverl~issig sei, wird durch Vortragenden widerlegt. V. belastete derartig geniihte Sehnen mit Gewichten yon 10--20 kg, ohne dass sie an der :Nahtstelle abrissen. Wohl zerrissen sie an dem Ubergange yon der Sehne in den Muskel.

Cr a m er- CSln a. Rh.: ~ber Behandlung rachitischer Extremit~tenverkrfim- mungen.

Kinder aus der Here des Volkes sollen auch dann wegen raehitischer Ver- krfimmungen operiert werden, wenn man bei anderen Kindern keine Operation macht. Fiir derartige Kinder sollen, wenn mSglieh, besondere Ffirsorgeheime er- richtet werden. Die Osteotomie, die C r a m e r als Operation empfiehlt, hat jedoch nut dann einen Zweck, wenn man aus dem RSntgenbilde erkennt, dass die Rachitis abgelaufen ist. In diesem Falle ist die Epiphysenlinie im RSntgenbilde gerade, w~hrend sie bei friseher Raehitis gezackt ist.

K 51 l ik er greift nut dann operativ ein, wenn die Gelenke mitverkriimmt sind. R o e p k e - J e n a gipst die Knochen vier Wochen ein, um sie elastiseh zu

maehen, und kann dann die Verkrfimmung in der Epiphysenlinie bequem redressieren. Stein-Wiesbaden hat dieselben Erfahrungen gemacht wie RSpke . Er

empfiehlt den Verband um Unter-, Oberschenkel und um Becken zu legen. P r e i s er ist ebenfalls ffir besondere Ffirsorgeheime fiir Raehidker. Die f'rische

Rachitis ist im RSntgenbilde auch gekennzeichnet durch Atrophie und einen sehmalen Corticalisrand.

B 5 c k e r- Berlin : Spi~tfolgen der Knoehenbolzung bei paralytisehen Gelenken. Aus RSntgenbildern operierter F~lle schliesst B 5 c k e r, dass der L ex e r'sehe

Knoehenkeil sich teilweise resorbieren kann. Man soll daher nie Knoehen yon derselben Seite nehmen. Ausserdem soll man noch die Fasziotendodese maehen. Elfenbeinstihe sind nicht brauchbar. Diese letztere Behauptung wird auch yon P e l t e s o h n , R S p k e und F r a n g e n h e i m besti~tigt, wobei Herr R S p k e Herrn B a d e, dem Erfinder des Elfenbeinstiftes, in energischster Weise Priorit~tsansprfiche gegenfiber der L e x e r ' s c h e n Knochenbolzung abspricht. B a d e sucht sieh gegen diese Angriffe zu verteidigen; er will seinen Elfenbeinstift gegen Resorption, die er als die Ursaehe der Misserfolge ansieht, in Zukunft mit Gold fiberziehen.

S c h u l t z e und C r a m e r empfehlen eine Arthrodese durch Einheilenlassen yon Knochensp~nen zu erzielen.

J o a c h i m s t h a l sehliesst aus den RSntgenbildern, dass die Ursache des BScke r ' s chen Misserfolges nieht auf Resorption des Knochens, sondern auf der Kfirze des Knoehenkeiles beruhe.

We r n d o r ff-Wien : Zur klinisehen Friihdiagnose der lokalen Knochen- und Gelenktuberkulose.

Das regioniire Odem fiber dem Krankheitsherde ist ein sicheres Frfihsymptom, das nicht entzfindlicher Natur, sondern wahrscheinlich durch toxische Einwirkung des Tbc.-Giftes auf gewisse Hautnerven hervorgerufen wird.

BScker-Berl in: Erfolge der Sehnenentspannung bei Li~hmungsdeformitiiten. Kinderl~hmungen kSnnen in den dazu geeigneten F~llen aueh ohne Sehnen-

fiberpflanzung einfach durch Redression und Sehnenentspannung mit Erfolg behandelt werden, wie B S e k e r auch an einigen F~llen dutch Demonstration beweisen kann.

Ste in-Wiesbaden: Die Diathermie bei der Behandlung der Knoehen- und Gelenkkrankheiten.

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78 Berichte.

Demonstration und Besprechung eines Diathermieapparaten, bei dem man durch innerliche Erw/~rmung der Gelenke eine sehr gfinstige Wirkung erzielt. Besonders bei gonorrhoischen Gelenkentziindungen sind die Wirkungen auffallend giinstig, da die Gonokokken bei relativ niedriger Temperatur abgetStet werden.

F r a n ge n h e i m- KSnigsberg: Uber chondrodystrophische Zwerge. F r a n g e n h e i m unterscheidet drei Formen: Die osteomalazische, die

hyperplastische und die hypoplastische Form der Chondrodystrophie. Mit der Behandlung wartet er, bis das Wachstum des Kindes abgelaufen ist. J o a c h i m s t h a l und H S f t m a n n warten nieht his dasWachstum abge-

laufen ist.

Becker -Bremen: Die Erzeugung lebendiger Muskelkraft auf elekirothera- peutischem Wege.

B e c k er hat einen derartigen Apparat konstruiert, er nennt ihn Myomotor, mit dem man die elektrotherapeutische Wirkung auf das feinste dosiert erzielen kann.

W u l l s t e i n - H a l l e : l~ber die operative Behandlung des Plattfusses. W ul 1 s te i n schl~igt vor, ein Tetraeder aus der Gegend des Talo-navikularge-

lenkes zu resezieren und nachher den Patienten einige Wochen im Gipsverbande zu lassen. Sp~iter kommt man dann ohne Einlage aus. Demonstration eines Patienten.

Sch ul t ze empfiehlt dagegen seine Methode der unblutigen Redression und der Tenotomie der Achjllessehne.

W u l l s t e i n warnt vor der Tenotomie der Achillessehne.

C a ro -Hannove r : Anwendung yon H e s s i n g ' s c h e n Verbfinden in der Kassenpraxis. H e s s in g'sche Schienen sind billiger herzustellen, wenn man sich bestimmte Teile auf Vorrat anfertigt, wenn mall dasselbe Leder wiederholt ver- wendet und danaeh strebt, dieselbe Schiene mit geringen Abi~nderungen ftir andere Patienten zu verwenden und sie den Krankenkassen ev. mietweise zu iiberlassen.

Maye r -CS ln a. Rh.: Die Behandlung der frisehen Kinderl~hmung durch Ruhigstellung.

Modifizierung des M a c K e n z i e'schen Vorschlags, frische Kinderl/~hmungen mit Ruhe zu behandeln, die Vortr. bereits im September 1909 gemacht hatte. Es wurde ein Gipsbett verwandt, in dem Kopf, Rficken und Extremit~ten ruhig ge- stellt und diese durch besondere Vorriehtungen vor Kontrakturen geschfitzt werden konnten. Zu erkl/iren sind die Erfolge der Methode dadurch, dass die Ruhigstellung die akuten Erscheinungen kupiert, ehe es zu einer sklerotischen Veriinderung des Rfickenmarks kommt. Ferner wird eine reflektorische Ruhig- stellung des eigentliehen Krankheitsherdes erzielt und die Extremitiiten vor Kontrakturen und Schlottergelenken bewahrt.

H ii b s c h e r- Basel: Beitr~ge zur Gipsbettbehandlung der Wirbels~ulenerkran- kung mit Demonstration.

An den Hi ibscher ' s chen Gipsbetten ist ein Fink 'sehes Wattekreuz zur Redression und ev.. auch Vorrichtungen zur Redression angebracht. Ausserdem wird ein besonderes Gipsbett ftir die vordere KSrperh~lfte angefertigt, in dem die Patienten sich yon der Riickenlage ausruhen kSnnen und das beim Umlagern benutzt wird.

H S f t m a n n hat ein iihnliches, vorderes Gipsbett auch schon angewandt.

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Berichte. 79

:Finek-Charkow wendet sich gegen die Ausfiihrungen Langes , das eine 11/2j/i.hrige Behandlungsdauer im Gipsbett nicht yon jedem Temperament ver- tragen werden kSnne.

Bade empfiehlt bei hoffnungslosen F/illen, wo alles andere nichts genfitzt hat, die Extension in vertikaler Stellung.

Fr/i, nkel: Nachdem die Skoliosen durch Krieehen mobilisiert sind, wird ein Detorslonsgipsbett in der Krieehstellung angelegt.

R adi ke-Berlin: RSntgenuntersuchungen in der Skoliosentherapie. Untersuehungen von Skoliosen mit RSntgenstrahlen, die mit Zanderapparaten,

mit Korsets oder mit Gipsbetten behandelt waren.

Wol lenberg : Zur Therapie der mobilen Skoliose. Erg/inzungen seines am Projektionsabend gehaltenen Vortrags und Vor-

stellungen yon Patienten. BShm: Die Gipsbettbehandlung und die Anwendung der Wollenberg 'sehen

Korsetts ist eine Behandlung, die mit den am Vorabend yon BShm gemaehten Ausfiihrungen vollstiindig in Einklang zu bringen ist.

Bade empfiehlt sein Korsett, dass eine Ab/inderung des Hessing 'schen Korsetts ist.

Semeleder-Wien: Verwertung des K6rpergewiehtes zur Korrektur yon Belastungsdeformit~ten.

Demonstration einer Anzahl von Apparaten, deren Prinzip darin besteht, dass die KSrperlast, fiber ein Hypomochlion geleitet, zum Ausgleiehe yon Deformit~ten benutzt wird.

MShring I-Kassel: Die konstruktiven, hygienisehen und praktisehen Gesiehts- punkte fiir die HerstelIung von Wirbelss

Wirbelsi~ulenstfitzapparate haben nur dann einen Zweck, wenn sie ununter- brochen geiragen werden.

Springer-Prag: Zur Entstehung der Madelung 'schen Handgelenkver- bindung.

Eine zu grosse pronierende Kraft ist imstande, wenn sie auf einen abnorm weichen Radius wirkt, w/ihren die Ulna normal ist, eine Madelung 'sche Defor- mit/it hervorzurufen.

Brandes hebt das heredit~re Moment hervor; er behandelte einen Vater und dessen zwei Kinder. Im allgemeinen nimmt er EntwickelungsstSrungen oder Waehstumsexzesse als /~tiologisehe Momente an.

Ludloff-Breslau: Demonstration eines Pr/iparates des normalen und patho- logisehen ttfiftgelenkes eines ll]~jhhrigen Miidehens mit angeborener einseitiger Luxation.

Im Ansehluss an die Demonstration ffhrt L u d l o f f aus, dass die Pfanne h/iufig zu flach ist und der Kopf nut dann einen Halt findet, wenn er unter den vertieften Limbus cartilagineus geri~t. Wenn der Limbus zu gross ist, muss die blutige Operation mit Einkeilung des Limbus gemacht werden.

H/ i r t ing-Le ipz ig beriehtet yon seinen Erfahrungen yon ca. 100 unblutig reponierten kongenitaten Hiiftgelenksluxationen.

F r 6 h l i e h - ~ a n e y : Die klinisehen und anatomisehen Formen der tuber- kulSsen Coxitis.

F rSh l i ch teilt u. a. die Coxitis ein in C. fungosa, gravis und hypertrophica.

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80 Berichte.

H a g e m an n-Greifswald: Eine typische Oberschenkelfraktur nach Knie- und Hiiftgelenk fixierenden Verbi~nden. Eine neue Art Querfraktur direkt fiber den Femurkondylen naeh Gipsverbi~nden.

J o a c h i m s t h a l gibt die Schuld an der betreffenden Fraktur nur der Ver- steifung des Knies.

Kirehner-KSnigsberg: Zur Chirurgie des Kniegelenks. K i r c h n e r s/igt zur besseren ErSftnung des Kniegelenks bei Resektionen

am Ansatze des Lig. patellae ein Stiickchen Knochen mit aus, das die Form einer abgestumpften Pyramide hat, und zwar mit einer 2schneidigen S/ige. Dann kann das Lig. bequem naeb oben geklappt werden und nachher hat es in detn wieder- eingeffigten Knochenstiickcben einen festen Halt am Unterschenkel.

K5 ll i k er-Leipzig: Der spastisebe neurogene Plattfuss.

Die Behandlung wird entweder durch Verkiirzun~ der Supinatoren mit gleichzeitiger Verl/ingerung der Pronatoren oder dutch eine l~berpflanzung ausgeffihrt.

Zum Schluss dealonstrierte Kais in-Floreffe noch einen beweglichen Ruder- apparat.

5Taehzutragen ist noeh, dass Bradfor t -Boston zum Ehrenmitglied ernannt wurde.

Zum Vorsitzenden ffir das n/tehste Jahr warde naeh einer Stiehwahl mit S p i t z y , Goeht -Hal le gew/ihlt.

IV. Biicher.

de quervain~ S p e z i e l l e c h i r u r g i s c h e D i a g n o s t i k . III. vervollsti~ndigte Auflage. 730 Seiten mit 462 Abbildungen im Text und 4 Tafeln. Leipzig 1911, F. C. W. Vogel. Preis ungebd. Mk. 16.--, gebd. Mk. 18.--.

In Band VIII dieses Archivs, p. 198, haben wit erst fiber die vSllig umge- arbeitete II. Auflage referiert, und schon liegt abermals, nach knapp 2 Jahren, eine neue Auflage vor. Auch diese hat dem Werk eine Vervollstiindigung yon 1 Tafel, 80 Textfiguren und fast ebensoviel Textseiten gebracht. Fiir die Ver- letzungen der grossen Gelenke sind 5 analytisehe Tabellen beigeffigt, die die exakte Difterentialdiagnose erleiehtern sollen.

Eine Empfehlung des Buches erfibrigt sich: Die rasehen Neu-Auflagen spreehen fiir sieh selbst. W. B e c k e r (Bremen).

Glaessner~ J a h r b u c h d e r o r t h o p i ~ d i s c h e n C h i r u r g i e . Erster Band, 1909 und zweiter Band 1910 zusammen in 1 Bande, brosch. Mk. 10.-- . Berlin 1911, Julius Springer.

,,Schon wieder ein neues Buch! :Naehdem das vorige Jabr die neuen ,,Ergebnisse der Chirurgie und Ortho-

piidie" yon P a y r und K f i t tn e r beschert hatte, stehen wir abermals einem neuen Unternehmen gegenfiber, das uns jedes Jahr mit einem neuen Bande zu beglficken beabsichtigt." - -

Often gestanden, es waren keine besonders zi~rtlichen Gedanken, die sich des Ref. beim Anblick der :Neuerscheinung bem{ichtigten. Abet mit ehrlieher Genug- tuung muss er bekennen, dass sich bei niiherer Durehsicht des Unmuts krause Falten gl/itteten und dass er schliesslich nicht ohne Befriedigung das Bueh aus