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Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Fakultät Informatik, Mathematik und Naturwissenschaften Chemisches Praktikum Wasseranalytik P 2 Infrarotspektroskopie 03/2019 1 Einführung und Aufgabenstellung Der vorliegende Versuchskomplex soll in die Methode der FTIR-Spektroskopie (Fourier-Transform- Infrarotspektroskopie) einführen und anhand der Standardpräparation von Feststoffen (KBr-Presstechnik) sowie der ATR-Methode (Attenuated Total Reflectance, abgeschwächte Totalreflektion) für flüssige Stoffe die Anwendung der Absorptions-Spektroskopie vermitteln. Die Analytik gasförmiger Proben ist ebenfalls möglich, würde den Rahmen dieses Praktikums jedoch sprengen. Die IR-Spektroskopie findet hauptsächlich in der qualitativen Analyse, d. h. der Identifizierung von Sub- stanzen und für die Strukturaufklärung eines unbekannten Moleküls Anwendung. Aber auch die quantita- tive Bestimmung zweier oder mehrerer Komponenten ist möglich und basiert in der IR-Spektroskopie analog den anderen Spektroskopiearten auf dem Lambert-Beerschen Gesetz. Durch mess- und präpara- tionstechnische Maßnahmen sowie durch spezielle Verfahren der rechnerischen Spektrenauswertung kann die IR-Spektroskopie heute auch im Bereich der Spurenanalyse eingesetzt werden. Im Praktikum sollen zunächst Untersuchungen von mineralischen Ablagerungen (Carbonate, Sulfate, Silicate) aus Wässern mittels KBr-Presstechnik und ATR erfolgen. Danach sind organische Wasser- verunreinigungen (Tenside, Mineralöle, pflanzliche Öle) mit geeigneten Methoden anzureichern bzw. abzutrennen und nachzuweisen. Zuletzt sollen Materialien für Kunststoffrohre und -behälter identifiziert werden. Die Versuchsdurchführungen werden in Abschnitt 3 näher erläutert. Tabelle 1: Übersicht über die Praktikumsaufgaben Aufgabenstellung Nr. Nachweis von Erläuterung Probevorbereitung, Aufnah- metechnik und Auswertung 1.1 anorganischen Was- serinhaltsstoffen Untersuchung von Wasserstein enthält vornehmlich Kalkstein Untersuchung von Kesselstein gipshaltiger Kalk- stein silicatreicher, gips- haltiger Kalkstein Homogenisierung von KBr und Probe KBr-Presstechnik (Aufnahme in Transmission) sowie ATR Spektrenvergleich, Überlage- rung von Banden 1.2 organischen Wasser- verunreinigungen Anreicherung und Nachweis von Tensiden in Was- ser Nachweis von Ten- sid im Abwasser Anreicherung von Tensid in wässriger Lösung ATR Tensid/Wasser Differenzbildung und Spektrenvergleich Extraktion und Abrennung von öligen Rückstän- den Kontamination mit Mineral- oder Pflan- zenöl? Extraktion von Öl mit n-Hexan und Abzug des Lösemittels IR-Karte (Transmission) Spektrenvergleich 1.3 Kunststoffen (Kunststoffteile im Wasser, Wasserrohre und Behälter) Identifizierung von Kunststoffproben alle Kunststoffparti- kel, Rohre aus PE-X, PP, PVC-U PVAL oder GFK-UP Probezerkleinerung Aufnahme in ATR Spektrenbibliothek

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Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Fakultät Informatik, Mathematik und Naturwissenschaften

Chemisches Praktikum Wasseranalytik

P 2 Infrarotspektroskopie 03/2019

1 Einführung und Aufgabenstellung

Der vorliegende Versuchskomplex soll in die Methode der FTIR-Spektroskopie (Fourier-Transform-Infrarotspektroskopie) einführen und anhand der Standardpräparation von Feststoffen (KBr-Presstechnik) sowie der ATR-Methode (Attenuated Total Reflectance, abgeschwächte Totalreflektion) für flüssige Stoffe die Anwendung der Absorptions-Spektroskopie vermitteln. Die Analytik gasförmiger Proben ist ebenfalls möglich, würde den Rahmen dieses Praktikums jedoch sprengen. Die IR-Spektroskopie findet hauptsächlich in der qualitativen Analyse, d. h. der Identifizierung von Sub-stanzen und für die Strukturaufklärung eines unbekannten Moleküls Anwendung. Aber auch die quantita-tive Bestimmung zweier oder mehrerer Komponenten ist möglich und basiert in der IR-Spektroskopie analog den anderen Spektroskopiearten auf dem Lambert-Beerschen Gesetz. Durch mess- und präpara-tionstechnische Maßnahmen sowie durch spezielle Verfahren der rechnerischen Spektrenauswertung kann die IR-Spektroskopie heute auch im Bereich der Spurenanalyse eingesetzt werden. Im Praktikum sollen zunächst Untersuchungen von mineralischen Ablagerungen (Carbonate, Sulfate, Silicate) aus Wässern mittels KBr-Presstechnik und ATR erfolgen. Danach sind organische Wasser-verunreinigungen (Tenside, Mineralöle, pflanzliche Öle) mit geeigneten Methoden anzureichern bzw. abzutrennen und nachzuweisen. Zuletzt sollen Materialien für Kunststoffrohre und -behälter identifiziert werden. Die Versuchsdurchführungen werden in Abschnitt 3 näher erläutert. Tabelle 1: Übersicht über die Praktikumsaufgaben

Aufgabenstellung Nr.

Nachweis von Erläuterung

Probevorbereitung, Aufnah-metechnik und Auswertung

1.1 anorganischen Was-serinhaltsstoffen

Untersuchung von Wasserstein

enthält vornehmlich Kalkstein

Untersuchung von Kesselstein

gipshaltiger Kalk-stein

silicatreicher, gips-haltiger Kalkstein

Homogenisierung von KBr und Probe

KBr-Presstechnik (Aufnahme in Transmission) sowie ATR

Spektrenvergleich, Überlage-rung von Banden

1.2 organischen Wasser-verunreinigungen

Anreicherung und Nachweis von Tensiden in Was-ser

Nachweis von Ten-sid im Abwasser

Anreicherung von Tensid in wässriger Lösung

ATR Tensid/Wasser

Differenzbildung und Spektrenvergleich

Extraktion und Abrennung von öligen Rückstän-den

Kontamination mit Mineral- oder Pflan-zenöl?

Extraktion von Öl mit n-Hexan und Abzug des Lösemittels

IR-Karte (Transmission)

Spektrenvergleich

1.3 Kunststoffen (Kunststoffteile im Wasser, Wasserrohre und Behälter)

Identifizierung von Kunststoffproben

alle Kunststoffparti-kel, Rohre aus PE-X, PP, PVC-U PVAL oder GFK-UP

Probezerkleinerung

Aufnahme in ATR

Spektrenbibliothek

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2 Theoretische Grundlagen der IR-Spektroskopie

Die Infrarotstrahlung (IR-Strahlung) ist wie die UV- und die sichtbare (Vis) Strahlung Teil des elektromag-netischen Spektrums (Abb. 1). Alle drei Strahlungsarten werden dem so genannten optischen Bereich zugeordnet. Sie unterscheiden sich in ihren Wellenlängen, UV-Strahlung: 100 – 400 nm; sichtbare Strah-lung: 400 – 800 nm und IR-Strahlung: 800 nm – 50 µm. In Wellenzahlen (s.u.) ausgedrückt, umfasst die IR-Strahlung einen Bereich von 12.500 – 20 cm-1.

Abbildung 1: Elektromagnetisches Spektrum. Frequenz ν in Hz, Wellenlänge λ in m. Die elektromagnetische Strahlung kann durch die Wellenlänge λ , die Frequenz ν und durch die Wel-lenzahl ν~ charakterisiert werden. In der IR-Spektroskopie wird zur Beschreibung der Strahlung die Wellenzahl ν~ herangezogen. Sie gibt an, wie viele Wellen längs der Strecke von 1 Zentimeter gezählt werden, d.h. 3000 cm-1 entsprechen also 3000 Einzelschwingungen beim geradlinigen Fortschreiten des Strahles um 1 cm. Die mathematische Beziehung zwischen Frequenz, Wellenlänge und Wellenzahl ergibt sich wie folgt

ν =λc

(c Lichtgeschwindigkeit) ν~ = λ

10000 (ν~ in cm−1, λ in µ m) (1)

Die Absorption elektromagnetischer Strahlung durch Materie (Atome und Moleküle) bewirkt je nach Wel-lenlänge unterschiedliche Veränderungen. Bei Absorption von UV- oder sichtbarer Strahlung werden die Elektronen von Atomen energetisch angeregt (Sprung auf kernfernere Bahnen!). Moleküle werden in einen elektronisch angeregten Zustand überführt. Bei der Absorption von IR-Strahlung werden in Molekü-len Schwingungen und Rotationen angeregt. Ein einfaches Modell für die Schwingungen in einem zwei-atomigen Molekül ist eine Feder, die zwei Kugeln miteinander verbindet (Abb. 2). Die Schwingungsfrequenz ν nimmt mit der Stärke der Feder zu, während sie mit steigender Masse der Kugeln abnimmt. Entsprechend erhöht sich die Schwingungsfrequenz in einem Molekül mit stei-gender Bindungsenergie und wird mit zunehmender Masse der Atome kleiner. In einem Molekül sind im Gegensatz zu einer Feder nach der Quantentheorie nur Schwingungen be-stimmter Energie möglich. Da die Anregungsener-gien in der Regel wesentlich größer sind als die thermische Energie bei Raumtemperatur, liegen die meisten Moleküle bei dieser Temperatur im Schwingungsgrundzustand vor.

Abbildung 2: Modell zu Molekülschwingungen

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In der Regel erfolgen deshalb bei Absorption von IR-Strahlung Übergänge vom Grundzustand Eo in den ersten angeregten Schwingungszustand E1. Für die Anregungsenergie dieser Grundschwingungen gilt: ∆E = E1 – Eo = h ⋅ ν (2) Die mit der Anregung von Schwingungen verbundenen Rotationsübergänge bewirken eine Verbreiterung der Absorptionslinien zu Banden. Wird nun elektromagnetische Strahlung einer Wellenlänge eingestrahlt, deren Energie dem Übergang zwischen zwei Schwingungsniveaus entspricht, so wird die Intensität der Strahlung geschwächt. Die Abschwächung ist umso stärker, je mehr Moleküle in der Messküvette vorhanden sind. Diesbezüglich entspricht die Methode der UV/Vis-Spektroskopie - mit dem Unterschied, dass anstelle von Elektronen eben Schwingungen angeregt werden. Für das Auftreten sichtbarer Signale im IR-Spektrum muss das absorbierende Molekül ein elektrisches Dipolmoment besitzen, das durch Wechselwirkung mit elektromagnetischer Strahlung zur Änderung seiner Größe und/oder seiner Richtung angeregt werden kann. Der permanente Dipol in einem Molekül, dessen Stärke durch das Dipolmoment µ =Q l (Q Ladung in As, l Ladungsabstand) beschrieben werden kann, ändert sich beim Schwingen einer Bindung aufgrund der periodischen Änderung des Ladungsabstands. Die Intensität eines IR-Signals verhält sich direkt proportional zum Quadrat der Dipoländerung S = ∆µ2. Weist das betreffende Molekül keine Polarität auf, ist die Signalintensität gleich Null oder sehr klein. Das heißt, die N-N-Schwingung im N2-Molekül ist nicht IR-aktiv. Es sind nur die Molekülschwingungen IR-aktiv, bei d enen mit der Schwingung eine Änderung des Dipolmoments verbunden ist. Durch die Absorption entsprechender Energiebeträge können in mehratomigen Molekülen folgende Schwingungen angeregt werden: Valenzschwingungen (Streckschwingungen) sind verbunden mit der Änderung von Bindungslängen. Diese können symmetrischer oder asymmetrischer Natur sein. Bei Deformationsschwingungen (Beugeschwingungen) kommt es zu Änderung von Bindungswinkeln. Die symmetrischen (νsymm) und asymmetrischen (νasymm) Valenzschwingungen sowie die Deformationsschwingungen (δ) des linearen Kohlendioxid- und des gewinkelten Wassermoleküls sind in Abb. 3 gezeigt.

In einem typischen IR-Spektrum wird auf der Ordinate die Transmission (Durchlässigkeit) T gegen die Wellenzahl ν~ (Abszisse) aufgetragen. Der mathematische Zusammenhang zwischen der Intensität des austretenden Lichtes I und der des eingestrahlten Lichtes I0 lautet

T = oΙΙ

⋅ 100% (3)

Der Wellenzahlbereich des mittleren IR liegt zwischen 4000 cm−1 und 400 cm−1. Im Bereich von 4000 cm−1 bis 1500 cm−1 treten überwiegend Valenzschwingungen und von 1500 cm−1 bis 600 cm−1 Kombinationsschwingungen von Deformationsschwingungen und anderen Valenzschwingungen auf (Abb. 4). Letzterer Bereich wird als Fingerprint-Bereich bezeichnet, da er verbindungsspezifischen Charakter besitzt.

Abbildung 3:

Valenzschwingungen und Deforma-tionsschwingungen des linearen Kohlendioxids (oberer Reihe) und des gewinkelten Wassermoleküls (untere Reihe).

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Abbildung 4: Schwingungsbereiche im IR-Spektrum IR-Spektren werden heute mittels Fourier-Transform-Infrarotspektrometer aufgenommen. Im Gegensatz zu den früher eingesetzten dispersiven IR-Spektrometern wird dabei die Signalintensität in Abhängigkeit von der Zeit registriert und durch Fourier-Transformation in die geläufige Spektrenform, Signalintensität als Funktion der Wellenzahl umgewandelt. Durch die Einführung der FT konnte der Gegensatz zwischen wellenzahlabhängiger Auflösung und wellenzahlunabhängigem Signal/Rausch-Verhältnis (dispersive IR-Spektrometer) eliminiert werden. Bei der Einstrahl-Technik kommerzieller FTIR-Spektrometer (Abb. 5) ist es erforderlich, gerätetech-nische Signalbeeinflussung oder Störungen durch Wasserdampf und Kohlendioxid durch eine mathe-matische Operation zu kompensieren. Deshalb wird zunächst ein Spektrum ohne Probe (Background-Spektrum) registriert. Der Quotient aus Probenspektrum/Background-Spektrum (engl.: ratio) liefert das korrigierte Analytspektrum.

Abbildung 5: Spektrengewinnung in der FTIR-Technik (Einstrahlverfahren)

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3 Versuchsdurchführung - Probenvorbereitung und Auf nahme von IR-Spektren

3.1 Standardpräparation von Feststoffen – KBr-Preßt echnik und ATR (s. 3.3)

In der Presstechnik wird die zu untersuchende Substanz mit einem Einbettungsmittel, z. B. Kaliumbromid (KBr) vermengt und unter hohem Druck (7…10 x 104 Ncm-2) zu einer klaren, durchsichtigen Tablette gepresst. Das homogene Gemisch aus Analyt und Einbettungsmittel entsteht durch einen flüssigkeitsähnlichen Zustand des Einbettungsmittels während des Pressvorganges. Das für die Presstechnik eingesetzte Einbettungsmittel muss möglichst frei von Absorptionsbanden sein und die Eigenschaft des „kalten Flusses“ besitzen. Voraussetzung ist auch eine hohe Durchlässigkeit in einem weiten Spektralbereich Bei der Makro-Presstechnik werden für die Herstellu ng der Tablette 300 mg KBr mit 1 mg Substanz vermischt. Mittels Probehalter wird die Ta blette im Strahlengang fixiert und im Durchlichtverfahren spektroskopiert. Zur Identifizierung von mineralischen Ablagerungen ist je eine Tablette aus KBr und KBr/Probe-Verreibung herzustellen. Nach Registrierung eines Background-Spektrums werden die beiden IR-Spektren (KBr, KBr/Probe) aufgenommen. Durch frei wählbare Rechenalgorithmen können die Spektraldaten nach der Registrierung und Abspeicherung der Rohdaten aufgabenspezifisch nachbearbeitet werden, um die Identifizierung der Probe zu ermöglichen. Wie die IR-Spektren in Abbildung 6 zeigen, lässt sich aufgrund der Lage der Absorptionsbanden identifizieren, welches anorganische Anion in einer Probe vorliegt. Bei mehreren Anionen kommt es im Kurvenverlauf zu einer entsprechenden Überlagerung. Die Höhe der Einzelbanden hängt vom Anteil des betreffenden Ions in der Mischung ab. Die Erkennungsgrenze liegt bei ca. 5% Durch Einwaageerhöhung oder Anreicherungsverfahren lässt sich die Erkennungsgrenze noch verbessern.

500 700 1000 1300 1600 [cm-1]

Abbildung 6: Ausgewählte IR-Spektren anorganischer Verbindungen. 3.2 Qualitative Untersuchung von organischen Wasser verunreinigungen

Im Rahmen des Praktikums sollen organische Wasserverunreinigungen (Tenside, Öle) mittels IR-Spektroskopie charakterisiert werden. Organische Wasserinhaltsstoffe liegen in der Regel nur in geringen Konzentrationen im Wasser vor. Sie müssen vor ihrer Identifizierung deshalb häufig durch (teilweisen) Abzug des Lösungsmittels Wasser oder mit Hilfe von Adsorption (z. B. an Aktivkohle), Absorption (Extraktion mit einem organischen Lösungsmittel) oder Strippen (Austreiben mit Inertgas bei erhöhter Temperatur) angereichert werden. Die Trennung von Gemischen erfolgt heute üblicherweise mit Hilfe der HPLC (high performance liquid chromatography) bzw. Hochleistungsflüssigchromatographie, wobei als Eluent unterschiedliche Lösungsmittel, von Wasser bis Hexan, möglich sind. Im Versuch soll zunächst die Verunreinigung von Wasser mit einem Tensid durch Differenzbildung nachgewiesen werden. Das Spektrum der gelösten Substanz erhält man bei Lösungsmitteln mit sehr geringem Absorptionsvermögen direkt. Bei stark absorbierenden Lösungsmitteln ist das Spektrum des Lösungsmittels vom Gesamtspektrum zu subtrahieren (Abbildung 8). A (Differenzspektrum) = A (Mischungsspektrum) − ƒ ⋅ A (Lösungsmittelspektrum) (4)

Silicat Phosphat Carbonat Sulfat

Ca2SiO4 Ca3(PO4)2 CaCO3 CaSO4 ⋅ 2 H2O

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Die unterschiedlichen Konzentrations- bzw. Schichtdickenverhältnisse zwischen Proben- und Refe-renzspektrum werden dadurch ausgeglichen, dass das Referenzspektrum zur Subtraktion mit einem geeigneten Faktor ƒ multipliziert wird.

Abbildung 8: oben: IR-Spektren von Wasser und Spülmittel (Tensid) in Wasser unten: Differenzspektrum (Spülmittel in Wasser abzüglich Wasser) Ölige Verunreinigungen in Wasser können direkt durch Extraktion mit n-Hexan (n-C6H14) entfernt werden (Schütteln einer Wasserprobe mit n-Hexan). Anschließend wird die wässrige von der organischen Phase getrennt und man erhält die Verunreinigung durch vollständigen Abzug des organischen Lösungsmittels. Durch einen Vergleich des Spektrums der öligen Verunreinigung mit den Spektren von Mineralöl (Paraffinöl) und Pflanzenöl ist die Art der öligen Wasserverunreinigung zu bestimmen. Dazu sind charakteristische Unterschiede in den Vergleichsspektren (z. B. C=O-Banden) herauszuarbeiten.

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3.3 Reflexionsspektroskopie ATR (Attentuated Total Reflection) an Kunststoffen

Der Einsatz reflexionsspektrometrischer Analysen wächst ständig. Es können ohne großen Präparationsaufwand feste Stoffe, Pulver, Pasten oder Flüssigkeiten untersucht werden. Die ATR-Methode ermöglicht die Analyse von stark IR-absorbierenden Materialien, wobei auch die Schichtdicke keine wesentliche Rolle spielt. Man bringt die zu untersuchende Probe in optischen Kontakt mit einem Kristall (Abb. 7), der einen hö-heren Brechungsindex als die Probe besitzt. In der Praxis wird für den Wellenzahlbereich 17.000 … 650 cm-1 Zinkselenid (ZnSe) eingesetzt. Die einfallende Strahlung dringt trotz Totalreflexion einige Mikrometer in die optisch dünnere Probe ein, wobei sich die Eindringtiefe mit zunehmender Wellenlänge und/oder mit kleinerem Einfallswinkelα vergrößert. Wenn das eindringende Strahlenbündel der Wellenlänge λ von der Probe absorbiert wird, wird das total reflektierte Strahlenbündel um die absorbierte Energie geschwächt.

Da die Eindringtiefe wellenlängenabhängig ist, müssen ATR-Spektren beim Vergleich mit Transmis-sionsspektren rechnerisch korrigiert werden. Die standardisierte Universal-ATR besteht aus einem Zinkselenid/Diamantkristall. Zur Spektrenaufnahme wird die Probe in einer Vertiefung auf der Plattenoberfläche platziert. Um einen guten Kontakt zwischen Probe und Kristall zu gewähr leisten, kann die Probe mittels einer Schraube angepresst werden. Der optimale Anpressdru ck wird mit Hilfe des Monitors eingestellt. Mit Hilfe der ATR können Flüssigkeiten sowie harte bis weiche, feste Proben (z. B. Kunststoffe) ohne aufwändige Probevorbereitung untersucht werden. Die Identifikation der Kunststoffproben (Wasserrohre, Wasserbehälter) ist mit Hilfe einer Spektrenbibliothek möglich. 4 Arbeitsschutz im chemischen Praktikum

Für die in diesem Versuchskomplex durchzuführenden Laborarbeiten, insbesondere den Umgang mit Gefahrstoffen, gelten die folgenden, in der Arbeitschutzunterweisung erläuterten, Betriebsanweisungen (BA) nach §20 Gefahrstoffverordnung:

1) Arbeitsplatzbezogene BA (Allgemeine Laborordnung des Praktikumslabors)

2) Stoffbezogene BA für die laut Praktikumsvorschrift verwendeten Stoffe und Zubereitungen

Die Betriebsanweisungen sind Bestandteil der Versuchsvorschrift und hängen im Labor aus! Erste Hilfe bei Unfällen wird durch das Lehrpersonal organisiert.

Ersthelferin ist Frau Dr. Andrea Berlich.

Abbildung 7: Prinzip der ATR

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5 Literatur

5.1 H. Günzler, H.-U. Gremlich, IR-Spektroskopie, Eine Einführung, Wiley-VCH, 2003

5.2 W. Gottwald, G. Wachter, IR-Spektroskopie für Anwender, Wiley-VCH, 1997