Paedagogik - Probelektion Laudius Erlebnispädagogik

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© Copyright Laudius GmbH DE-1102-00-00 Pädagogik Lernheft 19 Erlebnispädagogik Inhaltsverzeichnis: 19.1 Einleitung ............................................................................................... 2 19.2 Kurt Hahn............................................................................................... 4 19.2.1 Seine Ansichten ..................................................................................... 5 19.2.2 Sein Erziehungskonzept ........................................................................ 5 19.2.2.1 Outward-Bound und United World College/Atlantic College ................. 7 19.3 Erlebnispädagogik ................................................................................. 8 19.4 Selbstlernaufgaben................................................................................ 13 19.5 Zusammenfassung ................................................................................ 14 19.6 Hausaufgabe ......................................................................................... 15 19.7 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben ................................................... 16 19.8 Anhang .................................................................................................. 17

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Probelektion Pädagogik - Erlebnispädagogik- Fernstudium Pädagogik bei Laudius. Die Lektion gehört zum 48 Lernhefte umfassenden Fernlehrgang Pädagogik.

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© Copyright Laudius GmbH DE-1102-00-00

Pädagogik

Lernheft 19

Erlebnispädagogik

Inhaltsverzeichnis:

19.1 Einleitung ............................................................................................... 2

19.2 Kurt Hahn ............................................................................................... 419.2.1 Seine Ansichten ..................................................................................... 519.2.2 Sein Erziehungskonzept ........................................................................ 519.2.2.1 Outward-Bound und United World College/Atlantic College ................. 7

19.3 Erlebnispädagogik ................................................................................. 8

19.4 Selbstlernaufgaben ................................................................................ 13

19.5 Zusammenfassung ................................................................................ 14

19.6 Hausaufgabe ......................................................................................... 15

19.7 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben ................................................... 16

19.8 Anhang .................................................................................................. 17

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19.1 Einleitung

„Die Meisten verwechseln Dabeisein mit Erleben “ Max Frisch

Geistiger Vater und Begründer der Erlebnispädagogik ist der Reformpädagoge Kurt Hahn (1886 – 1974). 1920 praktizierte er in der Internatsschule Schloss Salem (Bodensee) die „Erlebnistherapie“, d. h., er integrierte erlebnispädagogische Elemente in den Stundenplan (körperliches Training, Expedition, Projekt, Rettungsdienst). 1941 gründet er die Outward-Bound-Schule in Wales (sein Ziel: junge Menschen müssen gerüstet sein mit dem Leben fertig zu werden; Vorbild: die englische Seefahrerschule, ein zur Ausfahrt gerüstetes Schiff). Erlebnispädagogik ist wörtlich zu verstehen, Kern und Sinn ist es, dem Adressaten ein Erlebnis zu vermitteln. Daraus soll er lernen und seine Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten verbessern. Erlebnispädagogik wird daher auch Erfahrungslernen genannt. Erlebnisse werden viel intensiver gespeichert und verarbeitet, als das z. B. im Theorieunterricht der Fall ist. Die Methoden sind keineswegs zufällig, sondern immer mit einem gewissen Zweck und Ziel ausgewählt. Die Erlebnispädagogik kann in jeder anderen Pädagogik als Teil/Element angewandt werden, ist aber unbedingt als eigenständige Form anzusehen.1

Gesellschaftliche und wirtschaftlicheRahmenbedingungen und Erfordernisse

Gesellschaft(durch Einfluss auf Bildung, Ausbildung, Weiterbildung, Resozialisierung, Therapie, etc.)

Erlebnispädagogikalle Aktivitäten, welche die Natur

und/oderAbenteuer, Spiele, Initiativen als

Medium benutzen, um ein erzieherisches,weiterbildendes, entwicklungsförderndes

odertherapeutisches Ziel zu erreichen

Reformpädagogik

Wirtschaftspädagogik

allgemeinePädagogik

Psychologieerlebnispädagogische

Praxis

Sportpädagogik

Schulpädagogik

Abb. 1: Gesellschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen und

Erfordernisse Quelle: http://www.erlebnispaedagogik.de/ (Michael Rehm 1996)

1 Häufig wird auch der Begriff soziales Training als Synonym verwendet

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Unterricht und Pädagogik gewinnen in der Regel, wenn die Adressaten etwas zu tun haben/erleben dürfen. Die Aufmerksamkeit steigt, mit erlebnispädagogischen Ansätzen kann eine angenehme Form der Spannung bei den Teilnehmern erreicht bzw. aufrechterhalten werden. Dies wird in der Wissenschaft der optimale Erregungszustand genannt.

Abb. 2: Optimale Erregungszustand Quelle: http://www.erlebnispaedagogik.de/ (Michael Rehm 1997)

Die Erlebnispädagogik orientiert sich an folgenden didaktischen Ansätzen:

– nicht reden, sondern handeln

– neue Beziehungsdefinition zwischen den Teilnehmern

– Kontrasterfahrungen: a) Neubestimmung des Verhältnisses von Arbeit u. Freizeit, (ganzheitliche Lebenserfahrungen) und b) Heraus aus der Betonwüste (neue Erfahrungen mit und in der Natur)

Im vorliegenden Lernheft sollen die Möglichkeiten der Erlebnispädagogik und das wirklich umfangreiche Spektrum aufgezeigt werden.

Lernziele:

Sie können nach Durcharbeitung dieses Lernhefts

– Erlebnispädagogik als wichtigen Teil des Unterrichts erkennen.

– Theorien kennen und begreifen.

– Erlebnispädagogik in ihren Grundzügen verstehen.

Aufgaben- kompetenz

Aufgaben- schwierigkeit

optimale Erregung, angenehmes anregendes Erlebnis

Langeweile

Angst

Der optimale Erregungszustand

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19.2 Kurt Hahn

Kurt Hahn hatte zwei Fachgebiete, zum einen die Pädagogik und zum anderen die Politik. Er wurde am 05.06.1886 als zweiter Sohn jüdischer Eltern in Berlin geboren. Das vermutlich entscheidendste Erlebnis in seiner Kindheit war der Tod seines 11-jährigen Bruders. Hahn selbst litt nach einem Sonnenstich seit 1904 fast sein ganzes weiteres Leben an gesundheitlichen Problemen. Ihn quälten trotz mehrerer Operation immer wieder Kopfschmerzen, die er später durch körperliche Übungen in den Griff bekam. Das Jahr 1902 war für ihn ein sehr prägendes Jahr. Von Alec Marcan und anderen wurde er für das Reforminternat Abottsholm begeistert. Ebendieser schenkte Hahn auch das Buch „Emlohstobba“, von Hermann Lietzen. „Dieses Buch wirkte wie ein Ruf des Schicksals für Hahn.“2

Erst studierte er klassische Philologie in Oxford, später Philosophie in Göttingen. 28-jährig begann Hahn seine politische Kariere als Englandexperte und Presse-analysator in Paul Rohrbachs Zentralstelle für Auslandsdienst. Nach einiger Zeit erfolgte ein Wechsel zur militärischen Stelle des Auswärtigen Amtes. Hahn war Vertreter der „heilenden Staatskunst“, d. h., durch öffentliche Aussprachen drängt das Volk die Politiker zur Beilegung ihrer Differenzen. Max von Baden gründete das Landeserziehungsheim Salem gegen 1919, um das Volk von „innen“ zu gesunden. In den 20er Jahren war Hahn kaum politisch tätig, da er sich um den Aufbau des Landeserziehungsheimes kümmerte. Dieses Heim gilt als pädagogischer Meilenstein für die Erlebnispädagogik.

1933 nahm er öffentlich Stellung gegen Hitler wegen des Potempafalls (kurz erläutert verherrlichte Hitler den Mord aus politischen Gründen). Hahn forderte daraufhin die Mitglieder des Salemer Bundes auf, sich entweder für Salem oder für Hitler zu entscheiden. 1933 wurde er verhaftet, durch seine einflussreichen Bekannten kam er aber wieder frei und siedelte nach England um. Im gleichen Jahr gründete Hahn in England, Gordonstoun (Schottland), ein weiteres Landeserziehungsheim. Gegen 1941 folgten die Outward-Bound-Schulen und 1962 das erste United World College. 1974 starb Kurt Hahn und wurde in Salem beigesetzt.

2 M. Knoll. S.16. Erscheinungsdatum und Ort unbekannt

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19.2.1 Seine Ansichten

„Kurt Hahn wollte andere dazu bewegen, die Welt heil zu erhalten oder – wo das versäumt worden war – sie heil zu machen“3. Das wollte er erreichen, indem er die Jugend durch Erlebnistherapie4 heilt oder vor „Erkrankung“ schützt. Die Krise der Demokratie war für Hahn „... der Egoismus gemeinwohlfremder Politiker, gepaart mit blindem Gehorsam und mangelnder Nächstenliebe des Volkes.“5

Genau diesen „Mangelerscheinungen“ wollte er mit seinem Erziehungskonzept entgegenwirken. Er kann durchaus (ohne dies wertend zu meinen) als Idealist mit festen Prinzipien bezeichnet werden. 19.2.2 Sein Erziehungskonzept

Hahn wollte eine ganzheitliche Erziehung, „... die das Kind auf kognitiver, emotionaler und aktionaler Ebene anspricht“6

. Für ihn gab es zwei Arten der Erziehung, entweder durch Misstrauen fesseln oder durch Verantwortung binden.

Hahn wollte seine Schüler durch Verantwortung binden und wachsen lassen. Seiner Meinung nach hat jedes Kind ein besonderes Talent, die Entdeckung dessen ist Aufgabe der Erzieher. Findet ein Kind seine „große Leidenschaft“ nicht, so haben die Erzieher versagt. Das Erkennen und Fördern der „großen Leidenschaft“ sollte laut Hahn auf behutsamste Weise geschehen, er wollte durch Zurückhaltung den Jugendlichen die Möglichkeit zur Selbstfindung geben, indem er sie mit möglichst vielen verschiedenen Aktivitäten in Berührung bringt. Daraus folgerte er die Notwendigkeit eines modifizierten Erziehungsansatzes. Sein Erziehungssystem der Erlebnistherapie legt viel Wert auf die Zeit außerhalb des üblichen Unterrichts, durch bewusstes Erleben sollte das Kind in seiner Persönlichkeit erweitert werden. Kinder, die die Erlebnistherapie erfahren hatten, sollten idealer-weise7

– zuversichtlich in der Anstrengung sein :

– bescheiden im Erfolg – anmutig in der Niederlage – fair im Zorn – klar im Urteil, ungeachtet jeglicher Verbitterung – bereit sich zu jeder Zeit einzusetzen – Gefühle in Taten umsetzen

3 ebd. S. 10 4 Annette Reiners erklärte die Begrifflichkeit „Erlebnistherapie“ dadurch, dass Hahn sich

immer an den Defiziten orientierte und seine Angebote therapeutische Wirkung haben sollten. Er sprach selbst nie von Erlebnispädagogik.

5 M. Knoll. S.11. Erscheinungsdatum und Ort unbekannt 6 A. Reiners. S. 35. München 1995 7 Vgl. D. Nasser, Lüneburg 1993; A. Reiners, München 1995; B. Heckmair, W. Michl,

Neuwied, Kriftel, Berlin, 1998

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– gewohnt sein sich selbst zu überwinden – fantasiereich wie in den jüngsten Jahren sein Hahn sah einen allgemeinen Verfall eben dieser genannten Eigenschaften, genau das war für ihn „die Krankheit“ der Nation. Hast (heute wahrscheinlich eher als Stress bezeichnet) oder Schnelllebigkeit nannte er als Hauptgrund für den Verfall.

Hierzu gehörten:

Verfall körperlicher Tauglichkeit und Unternehmungslust

Zunehmend sei das Erleben eine passive Angelegenheit geworden, der Mensch konsumiere, aber agiere nicht mehr. Die körperliche Tauglichkeit war für ihn eine wichtige Grundlage der Selbstüberwindungskräfte. Er entwickelte 1936 des Moray Badge (ähnlich den Prinzipien bei dem Bundessportabzeichen) das 1956, ungleich umfangreicher, im Duke of Edinburgh Award seinen internationalen Abschluss fand.

Neben den körperlichen Fähigkeiten wurden auch Geschick bei Expeditionen, die Durchführung eines intellektuell anregenden Projektes und eine sozialen Hilfeleistung honoriert.8

Verfall der Sorgsamkeit

Durch die Massenproduktion ging der sorgfältige Umgang mit den unterschied-lichsten Dingen verloren.

Verfall der Anteilnahme

Durch ständige Reizüberflutung haben die Menschen verlernt Mitleid zu empfinden oder doch zumindest Anteil zu nehmen. Es gibt keine Zeit mehr für Selbstbesinnung und Mitgefühl, für Hahn wichtige Pfeiler der Menschenliebe.9

Verfall der Demokratie

„Die Massenproduktion gleichgerichteter Lebensanschauungen – darin sehe ich eine finstere Errungenschaft moderner Pädagogik. Kein Wunder, dass es heute an unabhängigen Stimmen fehlt.“ (K. Hahn, „Niedergang ...“ in: Die Sammlung, S. 547). In der Entwicklung von Zivilcourage sah er die Möglichkeit blindem Gehorsam entgegenzuwirken.10

Seine Erlebnistherapie sollte dem Verfall kompensatorisch entgegenwirken. Diese ganzheitliche Erziehung sollte durch folgende Methoden bestimmt sein:

Leichtathletische Pause (körperliches Training)

Das körperliche Training war für Hahn ein probates und sehr wichtiges Mittel, um die Selbstüberwindung zu schulen, Fähigkeiten zu verbessern, Erfolgserlebnisse zu haben und in Form zu kommen. „Wir fordern die mühselige Überwindung der Schwäche, genau wie wir die beglückende Entwicklung der Stärke ermutigen.“ (K Hahn, Erziehung, S. 84) Die Zielsetzung dieses „Sportunterrichtes“ unterschied sich in wichtigen Punkten von den üblichen Sportunterrichtszielen. Das Ziel wurde für

8 M. Knoll. S. 72. Erscheinungsdatum und Ort unbekannt 9 Ähnliches beschreibt auch Daniel Goleman in seinem Bestseller

„Emotionale Intelligenz“ 1998 10 Vgl. D. Nasser. S. 50 – 51. Lüneburg 1993

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jeden einzelnen so gewählt, dass er es mit einigem Üben und Aufwand erreichen konnte. Die individuelle Leistung war auf ein klares Ziel ausgerichtet, so wurden Fortschritte messbar und die Konzentration erleichtert.

Natur-, Kunst- und handwerkliche Projekte

Die Schüler konnten meist das Projekt selber frei wählen, der übergeordnete Rahmen war nur, dass sie sich mit einer Sache möglichst ausdauernd, sorgfältig und intensiv beschäftigen. Das Projekt als solches sollte kein Meisterwerk sein, sondern als Mittel zum Zweck dienen.

Rettungsdienste

Der Rettungsdienst, sei es Berg-, See- oder anderer Rettungsdienst, war für Hahn die wichtigste Komponente der „Heilung“. In keinem anderen Bereich sah er nützliches Handeln, Dienst am Nächsten und Erfolg so optimal verbunden. Er sah im Rettungsdienst ein „moralisches Äquivalent des Krieges“ (K. Hahn, Erziehung ..., S. 77).11

Die ausgebildeten körperlichen Fähigkeiten konnten bei den 3 – 4mal im Jahr stattfindenden Expeditionen angewandt und erprobt werden. Diese Berg- und Skitouren könnten vermutlich die ersten Outward-Bound-Erfahrungen gewesen sein. Die Jugendlichen sollten durch die ungewohnte Umgebung und die Herausforderung einprägsame Erlebnisse erhalten, an die sie sich lange Zeit erinnern können. Auch bei den Expeditionen waren die Lernziele Voraussicht in der Planung, Sorgsamkeit, Umsicht, Entschlusskraft, Zähigkeit in der Durchführung, Widerstandsfähigkeit und Nervenkraft.

19.2.2.1 Outward-Bound und United World College/Atlantic College

Outward-Bound heißt übersetzt: Ein Schiff zu großer Fahrt aufrüsten, auslaufsbereit. Tatsächlich entstand die Outward-Bound-Bewegung durch eine Seereise. Ein Schüler (Stephen Phillips) überredete Hahn die Erlaubnis einzuholen ein Schiff von Hopemann im Norden Schottlands nach Aberdovey durch Schüler segeln zu lassen. Natürlich nicht ohne die Hilfe erfahrener und fachkundiger Erwachsener, die Reederei Holt stellte Skipper, Bootsmänner und Ingenieure zur Verfügung, das Schiff war die Prinz Louis. Im Juni 1941 startete diese Expedition, nach etwa drei Wochen mit vielen Zwischenfällen kamen die Jungen wohlbehalten wieder. Lawrence Holt war vermutlich so beeindruckt von den Erlebnissen der Jungen, dass er sich an Hahn wandte und ihm anriet eine nautische Schule aufzubauen. Die Jungen besichtigten am Ende ihrer Reise das Ausbildungsschiff HMS Conway, dieses Ereignis ist deswegen so bedeutend, weil der Kapitän der Conway ein bedeutender Verbündeter bei der Gründung der ersten Outward-Bound Sea School, im Oktober 1941 in Aberdovey war. Das Outward-Bound-Konzept findet sich heute in den unterschiedlichsten Formen und Methoden, vielleicht wurden diese neuen Formen alleine schon deswegen nötig, weil es viele seeuntüchtige Menschen gibt und die Seekrankheit wahrscheinlich dem positiven Erleben nicht sonderlich zuträglich ist.

11 Diese Annahme wird bis heute noch diskutiert und kritisiert.

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Charakteristisch sind folgende Prinzipien:

– Outward-Bound ist für alle, ohne Unterschiede bei Rasse, Herkunft, Nationalität und Beschäftigung, in der heutigen Zeit auch ohne Unterschied bei den Geschlechtern

– Die nicht vertraute Umgebung intensiviert und begünstigt dramatische Eindrücke

– Die natürlichen Begebenheiten/Elemente werden als Mittel zur persönlichen Entwicklung genutzt

– Es fordert Anpassungsfähigkeit, Selbstdisziplin, Findigkeit und Beharrlichkeit – Es ermutigt die Teilnehmer mit anderen zu kooperieren, zu helfen und Verant-

wortung zu übernehmen

– Fantasie und Abenteuersinn werden angeregt

– Erhöht die Achtung vor der Natur 19.3 Erlebnispädagogik

Erlebnispädagogik ist die Summe verschiedenster Lehrmeinungen und Methoden. Annette Reiners hat Erlebnispädagogik definiert als: „Erlebnispädagogik im engeren Sinne ist ein vorrangig außerschulischer Bildungsansatz mit handlungsorientierten Methoden, in dem durch Gemeinschaft in ungewöhnlichen Umfeldern/Umständen neue Raum- und Zeitperspektiven erschlossen werden, die einem pädagogischen Zweck dienen.“ In einer Sache scheinen aber alle Autoren einer Meinung zu sein, das Erleben an sich ist ein höchst subjektiver Prozess. Damit Erlebnispädagogik erlebt werden kann, soll hier in Auszügen die Dokumentation „SEMINAR „KULTUREN ER-LEBEN!“ im Auftrag von JUGEND für Europa durchgeführt vom 19. bis 22. September 2002 in Kelheim bei Regensburg vorgestellt werden: Der Ausgangsidee zur Konzeption des Seminars liegen vier Grundthesen der Erlebnispädagogik zugrunde:

Erlebnispädagogische Methoden beschleunigen Gruppenprozesse

Insbesondere die Kennenlernphase wird stark abgekürzt, was bei Gruppen einen großen Vorteil darstellt. Durch gemeinsames Erleben von Herausforderungen und eigenen Grenzen in der Natur wird die Gruppe schneller als wichtiges, tragendes Element erkannt und die gemeinsame Verantwortung wird gespürt und gelebt.

Erlebnispädagogische Methoden fördern die Bereitschaft sich auf Unbekanntes einzulassen und Herausforderungen anzunehmen

Viele Aktionen in der Natur bieten einen starken Anreiz (Kick), wie z. B. Wildwasser-fahrten, Höhlenbefahrungen oder Felsklettern, und motivieren dadurch die Teilnehmer sich auf neue Erfahrungen einzulassen.

Bei erlebnispädagogischen Aktionen werden die unterschiedlichen Fähigkeiten Einzelner in der Gruppe gezielt und effektiv eingesetzt

Bei nahezu allen erlebnispädagogischen Spielen und Aufgaben werden die mitge-brachten Ressourcen der Teilnehmer bewusst aktiv miteinbezogen. Die Teilnehmer selbst sind immer wieder die Experten, die untereinander und voneinander lernen

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können und sollen. Die Leiter einer erlebnispädagogischen Aktion inszenieren lediglich subjektiv herausfordernde Erlebnisse und stehen als Begleiter und Verantwortliche für die Sicherheit jedes Einzelnen zur Verfügung.

Erlebnispädagogische Methoden unterstützen in besonderem Maße die Kommunikationsfähigkeiten in der Gruppe. Nonverbale Kommunikation wird als verbindendes Mittel erlebt

Es werden häufig allgemeingültige Zeichen zur Verständigung benutzt, z. B. für Orientierungswanderungen mit zwei verschiedenen Gruppen, bei denen die voraus-laufende Gruppe sowohl den Weg finden soll und gleichzeitig die Aufgabe hat, die nachfolgende Gruppe mit ausgelegten Zeichen sicher ans Ziel zu führen (Pfeile, Fotos, Steinmännchen ...). Auch gemeinsam erlebte Stille, z. B. in der Höhle, wird als stark verbindendes Element erlebt.

Zum Methodenkoffer gehören:

„Die Derdianer“

„Die Derdianer“ ist ein bekanntes, interkulturelles Lernspiel, in dem es durch das Annehmen verschiedener Rollen darum geht, unterschiedliche kulturelle Regeln, Verhaltensweisen und Erwartungen bei der Umsetzung eines gemeinsamen Projektes zu erfahren und hautnah zu erleben. Im üblichen Spielverlauf wird gemeinsam eine Brücke aus Papier und Klebstoff konstruiert und erbaut. Wir haben das Spiel mit erlebnispädagogischen Mitteln umgestaltet und die Teilnehmer eine Seilbrücke über eine Schlucht bauen lassen. Diese Brücke bietet zusätzlich die Möglichkeit, dass einzelne oder alle Gruppenmitglieder tatsächlich die Schlucht überqueren können und so ein aufregendes Erlebnis in der Natur erfahren.

„Materialmemory“

Das Material- oder Gruppenmemory ist ein Wahrnehmungsspiel, das sich als Einstieg in eine Aktion eignet, bei der eine größere Anzahl von Materialen benötigt wird. Dazu werden unter einem Fallschirm oder einer Flagge die ausgewählten Gegenstände gut sichtbar angeordnet. Selbstverständlich müssen alle Dinge darunter liegen, die zur Durchführung der nachfolgenden Aktion benötigt werden, ergänzt durch eine bunte Sammlung „überflüssiger“ Gegenstände. Die Gruppen stellen sich im Kreis rund um den Materialpool auf und haben an-schließend, während der Fallschirm oder die Flagge gelüftet wird, drei Sekunden Zeit die Gegenstände zu betrachten und sich einzuprägen. Anschließend bekommt die Gruppe eine kurze Beratungszeit um zu sammeln, wer sich welche Gegenstände gemerkt hat und welche davon sie nennen will, um sie mitzunehmen. Denn eins ist klar: Alle Gegenstände, die genannt werden und die unter dem Tuch lagen, werden ausgehändigt und müssen zur folgenden Aktion mitgenommen werden, egal ob sie benötigt werden oder nicht. „Orientierungstour mit Karte und Kompass „Der Weg ins Ungewisse“ Eine Orientierungstour kann gut mit Gruppen durchgeführt werden um das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und die Teilnehmer erleben zu lassen, dass es zwar manchmal eine Überwindung ist sich auf Unbekanntes einzulassen, aber dadurch auch die Möglichkeit gegeben ist Neues kennenzulernen und den eigenen Horizont zu erweitern. Auch bei einer Orientierungstour werden verschiedene Fähigkeiten benötigt, wobei sich jeder mit den eigenen Stärken gut einbringen kann. Es geht hier nicht ausschließlich um Ausdauer und Kraft, sondern insbesondere darum, Zeichen zu lesen, aufmerksam durch die Natur zu gehen, wahrzunehmen und gemeinsam Entscheidungen zu treffen.

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„Die Höhlenbefahrung“

Bei einer Höhlenbefahrung wird ein denkbar außergewöhnlicher und extremer „Umwelt“-Raum aufgesucht. „Es gibt kein Licht. Es ist so dunkel, dass der Begriff der Dunkelheit selbst an Bedeutung verliert: Man sieht die Hand vor Augen nicht. Es gibt keine Unterschiede mehr. Die Zeit steht still. Man spürt, die Höhle hat einen lang-samen Puls. Sie nimmt den schnelllebigen Menschen auf und schenkt ihm durch die Stille eine Vorstellung von Dauer“ („Die Sprache der Berge“, Lydia Kraus und Martin Schwiersch, 1996). Höhlen wecken tiefe Gefühle. So wie die einen ein Gefühl von Beklemmung, Unwohlsein und Fremdheit nicht ablegen können, so erleben die anderen ein Gefühl tiefer Geborgenheit und Glückseligkeit. Dieser hohe emotionale Anteil und das gemeinschaftliche Erleben von Stille sowie das Erkennen vom Wegfall aller Unterschiede lassen sich für Gruppen positiv nutzen.

Kooperationsspiele

Kooperationsspiele fördern das Erlebnis gemeinsamen Handelns in einer Gruppe von Menschen, die sich gegenseitig unterstützen und miteinander kommunizieren anstatt zu konkurrieren. Kooperative Spielformen werden in der Erlebnispädagogik bewusst als Gegenpol zur vorherrschenden Konkurrenzorientierung auch im Spiel- und Sportbereich eingesetzt, um soziales Miteinander zu unterstützen.

„Zauberstab“

Beschreibung des Spiels: (aus „Kooperative Abenteuerspiele 2“, Rüdiger Gilsdorf u. Günter Kistner, 2001) Die Gruppe teilt sich in zwei Hälften und bildet so zwei Reihen, die sich in kurzem Abstand gegenüberstehen. Die Spieler strecken alle jeweils einen Finger jeder Hand aus und versuchen mit diesen Fingern Kontakt zu einem Stab zu bekommen, der von der Spielleiterin waagerecht etwa in Brusthöhe zwischen den beiden Reihen gehalten wird. Ziel ist es, dass der Stab von allen beteiligten Fingern berührt und getragen wird. Dann erfolgt die eigentliche Aufgabe: Der Stab soll gemeinsam zu Boden gelassen werden. Dabei sollen alle Finger zu jedem Zeitpunkt Kontakt zu dem Stab haben. Wenn der Stab am Boden angekommen ist, sollen alle Finger gleichzeitig loslassen. Als Varianten kann das Spiel mit Einschränkungen wie: Augen geschlossen, nicht sprechen dürfen oder statt mit einem Stab mit einem Gymnastikreifen durchgeführt werden.

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„Flip the tarp“

Die Teilnehmer befinden sich auf einem „fliegenden Teppich“ (in der Regel eine Plane). Die Geschichte: Der Sprit geht aus und Sie wollen nicht abstürzen, Ihre einzige Chance ist nun, den Teppich umzudrehen und auf der Unterseite wieder weiterzufliegen, denn nur so kann der Teppich Energie bekommen. Keiner darf mit dem Fuß o. Ä. auf den Boden.

„Pamper Pole“12

Abb. 3: „Pamper Pole“ Quelle: http://www.hochseilpark.ch (2010)

Die Übung „Pamper Pole“ verbindet eine hohe persönliche, emotionale Herausforderung mit dem tiefen Gefühl von Vertrauen auf die Gruppe, die sichert und hält. Die Einteilung in drei verschiedene Expertenteams, die von den Trainern in die wichtigsten Sicherungstechniken und Verhaltensweisen eingewiesen werden, fördert wiederum den Einsatz unterschiedlicher Fähigkeiten innerhalb der Gruppe. Die einen müssen von den anderen lernen, um das Gesamtvorhaben umsetzen zu können. Wie auch beim Felsklettern begibt sich die Person, die von der Leiter springt, vertrauensvoll in die sichernden Hände der anderen und erlebt wortwörtlich ein weiches Aufgefangenwerden durch die Gruppe. Das Sicherungsseil für die Teilnehmer, über das jede mit Karabinern, Bandschlingen und seinem angelegten Klettergurt hintersichert wird, ist vor der Durchführung der Übung von den Trainern auf ca. zehn Meter Höhe zwischen zwei Bäumen zu befestigen. Die Trainer sorgen selbstverständlich auch während der Durchführung für die Sicherheit der Teilnehmer. So steht immer ein Trainer neben der zusichernden Person am Boden. Auch die Klettergurte werden vor jedem Absprung noch einmal durch die Trainer überprüft, ob sie fachgerecht angelegt sind.

Zu den Auswertungsmethoden gehören:

„Die Tagesreporter“

Die „Tagesreporter“ sind eine kreative Form der Zwischenauswertung, die täglich durch zwei Teilnehmer freiwillig vorgenommen wird. Für jeden Seminartag

12 Ein Pamper Pole ist ein (in der Regel) sechs bis acht Meter hoher Baumstamm, der für

Kletterübungen verwendet wird.

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übernehmen also zwei Personen eine Beobachterrolle und präsentieren abends aus ihrer Sicht und in kreativer Art und Weise, was sich im Verlauf des Tages abgespielt hat. Eventuell können ein paar allgemeine Fragestellungen die Beobachtungsrolle unterstützen, wie z. B.:

– Welche der vorgesehenen Inhalte und Aufgaben wurde bearbeitet?

– Was ist offen geblieben?

– Wie war die Gruppenatmosphäre?

– Was gibt es zur Seminargestaltung zu sagen, zur Zeiteinteilung, zu den Methoden und zu den Medien?

Die abendliche Präsentation kann in Form von Nachrichten sein (dafür kann z. B. auch eine Kamera zur Verfügung gestellt werden, damit der Bericht optisch unterlegt werden kann). Auch eine Pantomime bestimmter erlebter Situationen oder ein Schüttelreim sind geeignete Formen der Darbietung.

„Dart-Scheibe Behauptungen“

Die Reflexionsmethode mittels einer Dartscheibe als Visualisierungsmittel kann in einem Raum, sowie im Freien durchgeführt werden. Es wird hierfür entweder ein Flip-Chart verwendet, auf der eine Dartscheibe abgebildet ist und bei der die einzelnen Segmente thematisch unterteilt sind. Die Teilnehmer haben dann die Aufgabe Klebepunkte den einzelnen Themenbereichen zuzuordnen, und zwar je positiver sie die Ausgestaltung empfunden haben, desto mehr in der Mitte des Bildes.

„Blitzlicht mit Streichholz“

Bei der Kurzreflexionsmethode „Blitzlicht mit Streichholz“ hat jeder Teilnehmer in der Gruppe so lange Zeit etwas über ihre Eindrücke des Erlebten zu erzählen, wie das Streichholz brennt, welches jeder selbst anzündet. Beim Blitzlicht gilt die Regel, dass keine Zwischenkommentare oder Bemerkungen vonseiten der anderen erlaubt sind. Ein Gespräch in der Runde sollte erst dann angeschlossen werden, wenn alle ihr Streichholz angezündet haben und jeder sagen konnte, was besonders wichtig war. Diese Methode eignet sich gut für größere Gruppen und fordert jeden Einzelnen, sich auf das Wichtigste zu konzentrieren.

„Kurzauswertung Gefühle A – Z“

Nach einer emotional sehr herausfordernden Übung bietet sich eine Kurzauswertung über die hervorgerufenen Gefühle und Stimmungen an. Bei unserem Seminar haben wir diese Form der Reflexion nach der Übung „Pamper Pole“ genutzt, um einen Austausch über das gerade Erlebte anzuregen. Dazu hatten wir ein Flip-Chart mit den Buchstaben des Alphabets von A–Z vorbereitet und die Teilnehmer aufgefordert spontan zwei bis drei Gefühle, Stimmungen zu benennen und auf das Flip zu schreiben, selbstverständlich zugeordnet zu den einzelnen Anfangsbuchstaben. Auch diese Methode regt einen Erfahrungsaustausch untereinander an. Eine weitere Variante dieser Methode liegt darin, jedem Gruppenmitglied einen kopierten Zettel mit den Buchstaben des Alphabets auszuteilen, sodass jeder erst mal für sich Zeit hat seine Gefühle und Gedanken zu sortieren und für sich auf den Zettel zu schreiben. Anschließend kann eine Gesprächsrunde eröffnet werden, indem jeder

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ein oder zwei Gefühle nennt, die er oder sie auf den Zettel geschrieben hat, und dazu etwas sagt.

„Flößer-Tratsch“

Eine intensive Form der Auswertung und Reflexion ist der „Flößer- oder Kutter-Tratsch“. Häufig umstritten, da sie vermeintlich etwas fördern kann, was nicht zu den guten Benimm-Regeln zählt, nämlich das Tratschen über andere hinter deren Rücken. Zu Beginn werden die Teilnehmer aufgefordert sich ein Symbol, eine Metapher für sich selbst, für ihre Rolle aus gerade erlebten Situation herauszusuchen. Bezogen auf den Floßbau konnte das z. B. heißen „Ich habe mir das Paddel rausgesucht, da ich das Gefühl hatte ein wichtiges Glied der Gruppe zu sein. Ich alleine hätte das Floß nicht vorangebracht, aber gemeinsam haben wir es geschafft und so habe ich mich auch während der Bauphase erlebt ...“ Die Entscheidung, welches Teil der erlebten Situation ich als Metapher für mich sehen kann, braucht Bedenkzeit, daher sollte die Gruppe mindestens eine halbe Stunde Zeit dafür haben, z. B. während der Abbauphase des Floßes. Danach trifft sich die Gruppe im Kreis und einer beginnt seine Metapher vorzustellen und seine Gedanken dazu zu äußern. Dann dreht er sich mit dem Rücken zur Gruppe und die anderen beginnen über ihn oder sie zu tratschen. Wie haben wir ihn während der Aktion? Glauben wir, dass er sich richtig einschätzt? Wenn der, über den gerade getratscht wird, genug gehört hat, dreht er sich wieder zurück zur Gruppe und kann noch etwas dazu sagen oder sich für die Kritik bedanken. Diese Methode eignet sich besonders, um Gruppenprozesse und einzelnen Rollen zu reflektieren. Wenn der Tratsch nicht so richtig in Gang kommen will oder die Kritik zu hart oder negativ zu werden scheint, ist es Aufgabe der Gruppenleitung zu intervenieren und eigene Gedanken zum Besten zu geben.

Wenn Sie die Möglichkeit haben, probieren Sie den Methodenkoffer einfach aus. Wer noch nicht mit Gruppen arbeitet, kann auch mit Freunden oder den eigenen Kindern die Methoden anwenden. Einerseits bieten die Übungen ein breites Erfahrungsspektrum, andererseits kann man so für eine Anwendung im „Ernstfall“ üben.

19.4 Selbstlernaufgaben

1. Wer ist der Begründer der Erlebnispädagogik?

2. Was bedeutet Outward-Bound wörtlich übersetzt?

3. Bitte vervollständigen Sie den Lückentext.

Erlebnispädagogik ist ________________ zu verstehen, Kern und Sinn ist es,

dem ____________ ein ___________ zu vermitteln. Daraus soll er lernen und

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seine __________ bzw. ___________ verbessern. Erlebnispädagogik wird daher

auch _______________ genannt.

4. Was wird als optimaler Erregungszustand bezeichnet?

5. An welchen didaktischen Ansätzen orientiert sich die Erlebnispädagogik?

6. Erläutern Sie, warum Hahn von Erlebnistherapie sprach.

7. Bitte vervollständigen Sie den Lückentext.

Für Hahn gab es zwei __________ der Erziehung, entweder durch __________

____________ oder durch ___________ ____________. Er wollte seine Schüler

durch __________ _________ und __________ lassen.

8. Nennen Sie drei Punkte, wie ein Kind, das die Erlebnistherapie erfahren hat, idealerweise sein sollte.

9. Was waren für Hahn die Hauptgründe für den Verfall?

10. Erklären Sie die leichtathletische Pause.

11. Was ist ein Pamper Pole? 19.5 Zusammenfassung

Geistiger Vater und Begründer der Erlebnispädagogik ist der Reformpädagoge Kurt Hahn. In der Internatsschule Schloss Salem praktizierte er die „Erlebnistherapie“, d. h., er integrierte erlebnispädagogische Elemente in den Stundenplan (körperliches Training, Expedition, Projekt, Rettungsdienst). Erlebnispädagogik ist wörtlich zu verstehen, Kern und Sinn ist es, dem Adressaten ein Erlebnis zu vermitteln. Daraus soll er lernen und seine Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten verbessern. Erlebnispädagogik wird daher auch Erfahrungslernen genannt. Die Erlebnispädagogik orientiert sich an den didaktischen Ansätzen „nicht reden, sondern handeln“, neue Beziehungsdefinition zwischen den Teilnehmern und Kontrasterfahrungen (z. B. Neubestimmung des Verhältnisses von Arbeit u. Freizeit, ganzheitliche Lebenserfahrungen, heraus aus der Betonwüste, neue Erfahrungen mit und in der Natur). „Kurt Hahn wollte andere dazu bewegen, die Welt heil zu erhalten oder – wo das versäumt worden war – sie heil zu machen.“ Das wollte er erreichen indem er die Jugend durch Erlebnistherapie heilt oder vor „Erkrankung“ schützt.

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Für ihn gab es zwei Arten der Erziehung, entweder durch Misstrauen fesseln oder durch Verantwortung binden. Hahn wollte seine Schüler durch Verantwortung binden und wachsen lassen. Kinder, die die Erlebnistherapie erfahren hatten, sollten idealerweise zuversichtlich in der Anstrengung sein, bescheiden im Erfolg, anmutig in der Niederlage, fair im Zorn, klar im Urteil, ungeachtet jeglicher Verbitterung, bereit sich zu jeder Zeit einzusetzen, Gefühle in Taten umsetzen, gewohnt sein sich selbst zu überwinden und fantasiereich wie in den jüngsten Jahren sein. Annette Reiners hat Erlebnispädagogik definiert als: „Erlebnispädagogik im engeren Sinne ist ein vorrangig außerschulischer Bildungsansatz mit handlungsorientierten Methoden, in dem durch Gemeinschaft in ungewöhnlichen Umfeldern/Umständen neue Raum- und Zeitperspektiven erschlossen werden, die einem pädagogischen Zweck dienen.“ Erlebnispädagogische Methoden beschleunigen Gruppenprozesse, fördern die Bereitschaft sich auf Unbekanntes einzulassen und Herausforderungen anzunehmen und unterstützen in besonderem Maße die Kommunikationsfähigkeiten in der Gruppe. Bei erlebnispädagogischen Aktionen werden die unterschiedlichen Fähigkeiten Einzelner in der Gruppe gezielt und effektiv eingesetzt. Zum Methodenkoffer gehören z. B. Derdianer, Materialmemory, Höhlenbefahrung und Orientierungstour. Die Spiele im Methodenkoffer können noch in Kooperationsspiele (z. B. Zauberstab, Flip the tarp, Pamper Pole) und Auswertungsmethoden (z. B. Tagesreporter, Blitzlicht mit Streichholz, Dart-Scheibe Behauptungen, Gefühle von A – Z, Flößertratsch) eingeteilt werden. 19.6 Hausaufgabe

Beschreiben Sie ein mögliches Spiel/Experiment der Erlebnispädagogik, was Sie für eine gemischte Gruppe (Frauen/Männer, unterschiedliche Kultur/Herkunft) im Alter über 50 Jahren für geeignet halten. Bitte erläutern Sie kurz Ihre Gründe für die Wahl.

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19.7 Lösungen zu den Selbstlernaufgaben

1. Kurt Hahn

2. Ein Schiff zur Ausfahrt aufrüsten

3. Erlebnispädagogik ist wörtlich zu verstehen, Kern und Sinn ist es, dem Adressaten ein Erlebnis zu vermitteln. Daraus soll er lernen und seine Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten verbessern. Erlebnispädagogik wird daher auch Erfahrungslernen

4. Die Aufmerksamkeit steigt, mit erlebnispädagogischen Ansätzen kann eine angenehme Form der Spannung bei den Teilnehmern erreicht bzw. aufrechterhalten werden.

genannt.

5. Die Erlebnispädagogik orientiert sich an den didaktischen Ansätzen „nicht reden, sondern handeln“, neue Beziehungsdefinitionen zwischen den Teilnehmern und Kontrasterfahrungen (z. B. Neubestimmung des Verhältnisses von Arbeit u. Freizeit, ganzheitliche Lebenserfahrungen, heraus aus der Betonwüste, neue Erfahrungen mit und in der Natur).

6. Annette Reiners erklärte die Begrifflichkeit „Erlebnistherapie“ dadurch, dass Hahn sich immer an den Defiziten orientierte und seine Angebote therapeutische Wirkung haben sollten. Er sprach selbst nie von Erlebnispädagogik.

7. Für Hahn gab es zwei Arten der Erziehung, entweder durch Misstrauen fesseln oder durch Verantwortung binden. Er wollte seine Schüler durch Verantwortung binden und wachsen

8. Zuversichtlich in der Anstrengung sein, bescheiden im Erfolg, anmutig in der Niederlage, fair im Zorn, klar im Urteil, ungeachtet jeglicher Verbitterung, bereit sich zu jeder Zeit einzusetzen, Gefühle in Taten umsetzen, gewohnt sein sich Selbst zu überwinden und fantasiereich wie in den jüngsten Jahren sein.

lassen.

9. Hast oder Schnelllebigkeit

10. Das körperliche Training war für Hahn ein probates und sehr wichtiges Mittel, um die Selbstüberwindung zu schulen, Fähigkeiten zu verbessern, Erfolgserlebnisse zu haben und in Form zu kommen. Die Zielsetzung dieses „Sportunterrichtes“ unterschied sich in wichtigen Punkten von den üblichen Sportunterrichtszielen. Das Ziel wurde für jeden einzelnen so gewählt, das er es mit einigem Üben und Aufwand erreichen konnte. Die individuelle Leistung war auf ein klares Ziel ausgerichtet, so wurden Fortschritte messbar und die Konzentration erleichtert.

11. Ein Pamper Pole ist ein (in der Regel) sechs bis acht Meter hoher Baumstamm, der für Kletterübungen verwendet wird.

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19.8 Anhang

Literaturverzeichnis:

Max Frisch, zu finden unter www.zitate.net

H. G. Bauer: Internationale Fachtagung zur Erlebnispädagogik auf Schloss Wartensee 1993. Lüneburg 1994

H. Breß: Erlebnispädagogik und ökologische Bildung. Neuwied, Kriftel, Berlin 1994

L. Böschl: Grundlagen und Methoden der Verhaltenstherapie. Bern, Stuttgart, Wien 1979

M. Csikszentmihalyi: Beyond Boredom and Anxiety. San Francisco 1975

M. Csikszentmihalyi: Flow – Das Geheimnis des Glücks. Stuttgart 1996

D. Goleman: Emotionale Intelligenz. München 1998

P. Esser: rlebnisorientierte Psychotherapie. Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz 1983

B. Heckmair/W. Michl: Erleben und Lernen. Neuwied, Kriftel, Berlin 1998

F. Herzog: Erlebnispädagogik: Schlagwort oder Konzept. Luzern 1993

H. G. Homfeldt: Erlebnispädagogik. Baltmannsweiler 1995

M. Knoll/K. Hahn: Erziehung und die Krise der Demokratie, Erscheinungsdatum und Ort unbekannt

H. Kölsch/F.-J. Wagner: Erlebnispädagogik in Aktion. Darmstadt 1998

H. Körber: Wie viel Spannung braucht der Mensch? München 1989

C. Lost: Erlebnispädagogik und Emigration. Lüneburg 1993

D. Nasser: Erlebnispädagogik in Nordamerika. Lüneburg 1993

W. Neubert: Das Erlebnis in der Pädagogik. Lüneburg 1990

R. Reichel/E. Scala: Das ist Gestaltpädagogik. Münster 1996

A. Reiners: Erlebnis und Pädagogik. München 1995

J. Ziegenspeck: Erlebnispädagogik. Lüneburg 1990