Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der...

31
Fokus: Schmerz Paracelsus Das Magazin der Paracelsus-Kliniken #01 Problemzonen Hilfe bei Rücken-, Nerven-, Kopf- und Gelenkschmerzen Multimodal Wie die Paracelsus-Kliniken chronische Schmerzen lindern Akutmedizin So funktioniert das schmerzarme Krankenhaus

Transcript of Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der...

Page 1: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Fokus:Schmerz

ParacelsusDas Magazin der Paracelsus-Kliniken

#01

Problemzonen Hilfe bei Rücken-, Nerven-, Kopf- und Gelenkschmerzen

Multimodal Wie die Paracelsus-Kliniken chronische Schmerzen lindern

AkutmedizinSo funktioniert das schmerzarme Krankenhaus

Page 2: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Kurzmeldungen | 4Schmerzpumpe, Alpaka-Therapie, Restless Legs, Sucht & Schmerz u. v. m.

Problemzonen | 10Rücken, Kopf, Gelenke, Nerven: Wo es häufig schmerzt – und warum

Schmerz in Zahlen | 16Von der Geschwindigkeit des Schmerzreizes bis zur Anzahl von Kopfschmerz typen

Multimodale Schmerztherapie | 18Wie die stationären Programme der Paracelsus-Kliniken bei chronischen Schmerzen helfen

Tipps für den Alltag | 28Was man zu Hause gegen chronische Schmerzen tun kann

Akut-Schmerzmedizin | 30So funktioniert das schmerzarme Krankenhaus

Pain Nurses | 34Für Schmerzen sensibilisiert: Spezialisierte Pflegekräfte in den Paracelsus-Kliniken

Neuromodulation | 36Die rasante Entwicklung der invasiven Schmerztherapie

Operationen | 40Wie läuft ein Eingriff an der Wirbelsäule ab? Eine OP-Reportage

Rehabilitation | 46Interview zur orthopädischen Therapie bei chronischen Rückenschmerzen

Neues, Kurioses und Altbewährtes | 48Was angeblich gegen Schmerzen hilft – zwischen Wissenschaft und Aberglaube

Psychologie | 50Interview über den Zusammenhang zwischen Körper und Seele

Schmerzmittel | 52Von Weidenrinde bis Aspirin – ein historischer Überblick

Paracelsus-Kliniken | 54Auf einen Blick: Adressen und Schmerzschwerpunkte

Impressum | 59

Inhalt

10

36

52

18

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Patientinnen und Patienten!

Seit fast fünf Jahrzehnten haben wir als Paracelsus-Kliniken täglich mit Schmerzen zu tun. In unseren Akut- und Rehaklini-ken sowie in den Gesundheitszentren ergründen wir ihre Ur-sachen, behandeln sie und tragen so dazu bei, dass unsere Patientinnen und Patienten ihr Leben wieder unbeschwert(er) genießen können. Dabei lernen wir im Zuge des medizini-schen Fortschritts immer wieder dazu. So wissen wir heute, wie wir auch im Sinne einer raschen Genesung dafür sorgen können, dass unsere Patientinnen und Patienten nach einer Operation keine Schmerzen aushalten müssen. Wir wissen auch, dass bei chronischen Schmer-zen selten ein therapeutischer An-

satz allein, aber ein individuell zusammengestellter Therapiemix die ersehnte Linderung bringen kann. Und wir wissen, wie eng körperliches und psychisches Leid zusammenhängen können.

In der ersten Ausgabe unseres neuen Paracelsus-Magazins geht es nur um dieses eine Thema: Wir stellen Ihnen die hohe und vielfältige Schmerzexpertise in unseren Häusern vor. Sie erfahren mehr über unsere erfolgreichen multimodalen Therapieansätze bei chronischen Schmerzen. Wir erklären Ihnen, wie das neuartige Verfahren der Neuro-modulation funktioniert und was unsere speziell ausgebildeten Pain Nurses leisten. Sie können nachlesen, warum der Rücken und der Kopf so schmerzsensibel sind und wie eine Operation an einer Wirbelsäule abläuft. Neben vielem Weiteren geben wir auch Tipps, was man im Alltag gegen Schmerzen unternehmen kann. Auf diese Weise macht das Magazin auch Sie zu Expertinnen und Experten des Schmerzes. Sie werden wissen, wie Sie ihn vermeiden oder bekämpfen können.

Ich wünsche Ihnen eine anregende und informative Lektüre.

Dr. med. Manfred Georg KrukemeyerVorsitzender der Gesellschafterversammlung der Paracelsus-Kliniken

LEITTHEMA

8 9

»Unsere Patienten fühlen sich wohl bei uns, denn wir sind für sie ihre

Familie auf Zeit.« Dr. med. Manfred Georg Krukemeyer

Vorsitzender der Gesellschafterversammlung

Seit fast 50 Jahren bieten die Paracelsus-Kliniken

professionelle Angebote rund um Medizin und Ge-

sundheit an. Schon in der zweiten Generation ist unser

Eigentümer ein Arzt – und das merkt man in unseren

Krankenhäusern. Wir sind keiner Börse verpflichtet,

sondern allein den Patientinnen und Patienten. Unser

Name steht für innovative Medizin, menschliches

Engagement und ganzheitliche Behandlung. In rund

40 Einrichtungen an 23 Standorten bieten wir Ihnen

ein umfassendes Leistungsspektrum.

»In diesem Magazin stellen wir Ihnen

die hohe und vielfältige Schmerzexpertise in den Paracelsus-Kliniken vor.«

Page 3: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

54 Paracelsus-Magazin

Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen!

Warum AuTSch?In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Was verbirgt sich hinter »AuTSch«?AuTSch ist das Kürzel für »Austausch und Therapieinformationen zu chro- nischen Schmerzen« – und der Name unseres Schmerz-Cafés an der Para- celsus-Klinik Bremen. Das Café hat jeden vierten Donnerstag geöffnet, um Menschen mit chronischen Schmerzen, aber auch Angehörigen und Interessierten eine Hilfs- und Austauschplattform zu bieten. Alle können in angenehmer Atmosphäre Erfahrungen im Umgang mit dem Schmerz und mit möglichen Be- handlungsstrategien teilen. Auch ehemalige Patienten sind eingela-den, um anderen Menschen Mut zu machen.

Würden Sie sagen, dass der persönliche Austausch und soziale Kontakt bei Schmerzpatienten besonders wichtig ist?

Ja, darum geht es doch. Patienten mit chronischen Schmerzen rutschen häufig in die Schmerzkrankheit und damit in einen Teufelskreis: Der Schmerz bestimmt zunehmend das Leben. Aktivitäten, Hobbys und damit verbundene erlebte Freude treten immer weiter zurück, man ist im Schmerz gefangen. Diesem sozialen Rückzug wollen wir mit unserem Angebot entgegentreten, die Kommunikation und Kontakte fördern und wieder den Spaß am und ins Leben zurückbringen.

Sie wurden vom FOCUS Magazin als einer der besten Schmerzmedi-ziner Deutschlands ausgezeichnet. Wenn Sie es in einem Satz sagen müssten: Worauf kommt es beim Umgang mit chronischen Schmer-zen vor allem an?Es ist für den chronischen Schmerz-patienten wichtig, dem Schmerz, der seine Warnfunktion verloren hat, möglichst wenig Raum in seinem Leben zu lassen und wieder den Fokus auf Alltägliches zu lenken.

Noch einmal zurück zu AutSch – bzw. »autsch«: Warum sagt man eigentlich »autsch", wenn man sich wehtut? Das ist eine gute Frage. Meines Wissens gibt es diesen oder einen ähnlichen Ausruf in allen Sprachen und Kulturen, um einen unvermittel-ten Schmerz zu äußern. Für uns ist die Wahl dieses Wortes für unser Café natürlich ein Vehikel, um auf diese tolle Möglichkeit des gemein-samen Gesprächs aufmerksam zu machen.

»Es geht darum, dem chronischen

Schmerz möglichst wenig Raum in seinem

Leben zu lassen.«

Dr. med. Hubertus Kayser ist der Leitende Arzt der Abteilung

für Schmerzmedizin an der Paracelsus-Klinik Bremen.

Postoperativer SchmerzDie Weltschmerzorganisation IASP hat 2017 zum weltweiten Jahr

gegen Schmerzen nach Operationen ausgerufen.

Studien zeigen, dass gut die Hälfte der 300 Millionen jähr-lich weltweit operierten Patientinnen und Patienten nach der Operation über starke Schmerzen klagten. Und Studien belegen auch: Bei bestimmten Operationen leiden mehr als 40 Prozent dieser Menschen noch Monate oder Jahre später an fortbestehenden Schmerzen im ehemaligen Operationsbereich. Doch das muss nicht sein, zumindest nicht so häufig. Darauf weist jetzt die International Association for the Study of Pain (IASP) hin. Jedes Jahr ruft dieser Dachverband ein »Global Year« aus, um auf ein ungelöstes Problem in der Schmerzmedizin hinzuweisen.

Und in diesem Jahr sind es genau diese postoperativen Schmerzen, die das Risiko für Komplikationen steigern, die Liegedauer und die Kosten im Krankenhaus erhöhen und nicht zuletzt auch zu chronischen Schmerzen führen können. Bestätigen kann dies Dr. med. Ulrich Ringeler, Schmerzex-

perte von der Paracelsus-Klinik in Golzheim: »Wenn sich nach einer Operation chronische Schmerzen ausbilden, ist das in aller Regel ein Hinweis darauf, dass die Patientin oder der Pati-ent vor, während oder nach dem Eingriff unzurei-chend schmerzmedizinisch behandelt wurde.« Weitere Infos: www.iasp-pain.org/GlobalYear

AblenkungreduziertSchmerzen

Virtual Reality. Ein Ausflug an einen virtuellen Strand kann beim Arzt von einer schmerzhaften Behandlung ablenken. Patienten seien weniger gestresst und empfänden weniger Schmerz, schreiben Forscher um Karin Tanja-Dijkstra von der britischen Universität Plymouth in der Fachzeit-schrift »Environment and Behaviour«. Sie hatten Probanden während einer Zahnbehandlung eine spezielle Video-Brille aufgesetzt, mit der sie sich offenbar vorzüglich ablenken konnten. Allerdings: Sie stellten auch fest, dass es nicht ausreicht, die Patienten in irgendeine virtuelle Realität zu verset-zen. Wenn die Teilnehmer virtuell eine unbekannte Stadt besuchten, erlebten sie dadurch nicht die gleichen Vorteile wie bei einem virtuellen Besuch am Strand, so die Forscher.

Der Schmerz entsteht dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge bei etwa 85 Prozent der Rückengeplagten nicht durch einen Schaden an der Wirbelsäule. Experten sehen als eine der wichtigsten Ursachen, dass viele Menschen hauptsächlich sitzen und zu wenig gehen, laufen, Rad fahren, schwimmen oder anderen Sport treiben.

Page 4: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin6 7

Linderung per Knopfdruck Mit Schmerzpumpen können Patienten die Medikamenten-dosis mitsteuern.

»Früher wurden Schmerzen nach einer Operation als notwendiges Übel ge- sehen«, sagt Dr. med. Johannes Wawer Matos, Chefarzt der Anästhesie und Intensivmedizin der Paracelsus-Klinik Karlsruhe. Doch das hat sich geändert. »Die Patienten wollen Schmerzen nicht mehr aushalten müssen – und sollen es auch nicht. Denn Schmerzen können einen positiven Genesungsverlauf er- schweren.« Ein wirksamer Weg sind lokalanästhetische Verfahren. Nach einer Gelenkoperation wird zum Beispiel an der Schulter oder am Knie ein Katheter platziert und so ein lokal wirksames Schmerzmittel verabreicht. In den meis- ten Fällen, so Dr. Wawer Matos, wird zusätzlich eine Schmerzpumpe ange-schlossen, über die der Patient die Dosis in begrenztem Rahmen erhöhen kann. Das versetzt ihn in die Lage, schnell und selbsttätig zu handeln, sobald sich ein Schmerzgefühl einstellt. Dr. Wawer

Matos: »Studien belegen, dass auf diese Weise insgesamt weniger Medikamente verbraucht werden und die Patienten dennoch zufriedener sind.«

Das bestätigt sein Kollege Dr. med. Christoph Hucklenbruch (im Bild oben), Chefarzt an der Para celsus-Klinik Bad Ems. Er verwendet Schmerzpumpen zum Beispiel in Kombination mit Periduralan-ästhesien, also am Rückenmark anset-zenden Therapien, wie sie bei größeren Eingriffen am Bauch das Mittel der Wahl sind. »Durch den Katheter erhält der Patient bereits während, aber insbeson-dere auch nach der Operation kontinu-

ierlich ein lokales Betäubungsmittel. In den Tagen nach dem Eingriff kann er sich bei Bedarf per Knopfdruck selbst zusätzlich einen Bolus verabreichen – etwa dann, wenn die Schmerzen stärker werden oder ein möglicherweise schmerzhafter Termin bei der Physiothe-rapie ansteht.« Auf diese Weise kann der Patient seine eigene Schmerztherapie gut steuern. Die Gabe nebenwirkungs-reicher starker Schmerztabletten ist in dieser Phase daher meist nicht erforder-lich. Dadurch hat der Patient kaum Schmerzen, leidet an weniger Nebenwir-kungen und kann das Bett früher verlassen.

Alpaka-Therapie. »Da vergisst man einfach den Schmerz«, erzählt eine Patientin der Paracelsus-Klinik Reichen-bach, nachdem sie Seit’ an Seit’ mit einem Alpaka durch die Wälder des Vogtlandes spaziert ist. Zwei Mal besuchen die Patienten der Multi-modalen Schmerztherapie während ihres 14-tägigen Aufenthaltes die wolligen, aus Südamerika stammen-den Tiere auf einer nahegelegenen Alpaka-Farm. Beim ersten Mal lernen sie die extrem ruhigen Artgenossen kennen, beim zweiten Mal geht es gemeinsam auf Tour. Selbst im Roll-stuhl ist das möglich. Warum aber eigentlich Alpakas? »Mit Hunden oder Pferden verbinden manche Patienten ungute Erlebnisse«, erklärt Ergotherapeu-tin Cindy Kluge. »Alpakas sind eine ganz neue Erfahrung.« Der therapeutische Wert: Die Stunden mit den Tieren lenken vom Schmerz ab, schaffen positive Erlebnisse und animieren zur Bewegung an der frischen Luft – gleich drei zentrale Aspekte zur Schmerzlinderung.

Tierische Ablenkung

Schon gewusst?

Schmerzen waren, so die Vorstellung im Mittelalter, eine Strafe Gottes. Oder auch etwas, was dem Menschen von übernatürlichen Wesen wie Hexen oder Elfen mittels eines Pfeilschusses

zugefügt wurde. Daher auch die noch heute geläufige Bezeichnung: Hexenschuss.

Den Schmerzmessbar machen

Schmerzlineal. Schmerz lässt sich nicht so exakt messen wie der Blutdruck oder die Körper-temperatur. Um trotzdem den Grad des Schmerzes erfassen zu können, ist man auf die individuelle Einschätzung der Patientinnen und Patienten angewiesen. Denn jeder Mensch empfindet die Stärke und Qualität von Schmerzen unterschiedlich. Um die persönliche Einschätzung über die Stärke des Schmerzes zu erfassen, verwenden die Paracelsus-Kliniken ein Schmerzlineal. Dabei handelt es sich um eine numerische Ratingskala, auf der die Patientinnen und Patienten eine Einschätzung von 0 bis 10 vornehmen können. »0« bedeutet keine Schmerzen. »10« bedeutet den stärksten Schmerz, den man sich vorstellen kann.

Eine ausführliche Patienten-

aufklärung über die

verschiedenen Anästhesie-

verfahren ist wichtig.

zur Schmerzerfassung bei Patienten ab ca. 6 Jahre

1 2 3 4 5 6 7 8 9 100

© R

ing

eler

201

2

kein Schmerz

no paingeen pijnbrak bólu▼

stärkster vorstellbarer Schmerz

maximum pain imaginablemaximaal voorstelbare pijn

maksymalny wyobrażalny ból▼

Paracelsus-SchmerzlinealKlinik GolzheimDüsseldorf

Page 5: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin8 9

Restless Legs. Auch wenn es oft nicht oder fehldiagnostiziert wird: Das Restless Legs Syndrom zählt zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen überhaupt. Patientinnen und Patienten klagen über unangenehme Gefühle an den Beinen, die nahezu ausschließlich in Ruhe- oder Entspannungssituationen auftreten. Die Symptome werden als Kribbeln, Stechen, Brennen oder ziehende Schmerzen »tief in den Muskeln« beschrieben. Hilfe finden Betroffene in dem ältesten und größten neurologischen Akutkrankenhaus Deutschlands, der Paracelsus-Elena- Klinik in Kassel, aber auch in den neuro- logischen Abteilungen der Paracelsus- Kliniken in Bremen, Helgoland, Osna-brück und Zwickau. Weitere Informationen unter:

www.paracelsus-kliniken.de/kassel

Fokus: Sucht & SchmerzIn der Paracelsus-Wiehengebirgsklinik in Bad Essen werden Suchtpatientinnen und -patienten auch schmerz therapeutisch behandelt. Warum, erklärt Chefarzt Dr. Ulf Gerhardt.

Wenn man an Sucht und Schmerz denkt, kommen einem zunächst nur schmerzhafte Entzugserscheinungen in den Sinn. Darum geht es in Ihrer Klinik aber nicht, oder?Nein, wir machen in unserer Klinik keine Entgiftung, die oft mit körper- lichen Entzugserscheinungen ver- bunden ist, sondern die sogenannte Entwöhnung. Das ist die Rehabilita- tion, die nach dem Entzug erfolgen sollte. Dabei ist uns schon vor einigen Jahren aufgefallen, dass unsere Rehabilitanden sehr häufig auch unter starken Schmerzen leiden und es daher auch im Rahmen der Rückfall-prophylaxe dringend erforderlich ist, diese ebenfalls zu behandeln.

Was hat es mit den Schmerzen auf sich?Der Suchtmittelkonsum stellt oftmals einen – wenn auch ungeeigneten – Versuch der »Selbstmedikation« von unangenehmen Symptomen dar. Das können Depressionen oder Ängste sein, genauso aber auch körperliche Probleme und Schmerzen. Relativ häufig sehen wir auch Patienten nach Bandscheibenvorfall, bei denen eine unkritische und oft nicht leitlinienge-rechte Verschreibung starker Opiate zu einer Suchterkrankung geführt hat. Auch Alkohol wird in diesem Zusam-menhang von den Betroffenen mit dem Ziel einer Schmerzlinderung konsumiert. Auf diese Weise gibt es manchmal einen direkten Zusammen-hang zwischen den Themen Schmerz und Sucht.

Kommt das häufig vor?Oh, ja. Bei einem Viertel unserer Rehabilitanden konnten wir sozial- medizinisch relevante orthopädische Erkrankungen diagnostizieren. Genauso wie Sie übrigens auch bei orthopädischen Rehabilitanden auf- fällig viele Abhängigkeitserkrankun-gen feststellen können. Sie finden dieses Phänomen also in beiden Richtungen: Schmerzpatienten kon- sumieren mehr Suchtmittel und Suchtkranke haben mehr Schmerzen. Selbst wenn das nicht immer ursäch-lich ist, sollte dies unbedingt mit in die Behandlung einfließen.

Wie gehen Sie in der Paracelsus- Wiehengebirgsklinik konkret vor?Als erste Klinik in Deutschland über- haupt haben wir 2008 ein Programm

mit dem Namen ISOR eingeführt: Integrierte suchtmedizinische und orthopädische Rehabilitation. Seit-dem sind 24 unserer 146 Behand-lungsplätze Patientinnen und Patien-ten mit Abhängigkeitserkrankung und orthopädischen Problemen vor-behalten. Parallel zur suchttherapeu-tischen Behandlung erhalten diese eine kom plette orthopädische Reha – mit Physiotherapie, Sporttherapie, Orthopädie, Ergotherapie – dem »Göttinger Rücken-Intensivpro-gramm« –, Schmerzbewältigungs-gruppe und so weiter. Die Rückmel-dungen, die wir von unseren Patien-tinnen und Patienten bekommen, zeigen, dass dies der richtige Weg ist – für die Behandlung der Abhängig-keitserkrankung wie auch der ortho-pädischen Beschwerden.

»Schmerzpatienten konsumieren mehr

Suchtmittel und Suchtkranke haben mehr Schmerzen.«

Dr. med. Ulf Gerhardt, Chefarzt der Paracelsus-Wiehengebirgsklinik

in Bad Essen

Kribbeln, StechenBrennen

Guter Rat günstigBuchtipp. Bei der Behandlung von Schmerzen spielen die Spezialisten in den Paracelsus-Kliniken eine wichtige Rolle. Entscheidend für den Erfolg sind jedoch auch die Patientin-nen und Patienten. Sie müssen Verantwortung für ihre eige-ne Gesundheit übernehmen, damit die Be han dlungsmaßnahmen langfristig er-folgreich sind. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, suchen sich viele Menschen Hilfe in Büchern. Allein: Nicht jeder Patien-tenratgeber ist empfehlenswert! So etwas wie eine Art »Gütesiegel« hat dagegen das Buch »Schmerz – eine Herausforde-rung«. Denn es ist die offizielle Informati-onsschrift der Deutschen Schmerzgesell-schaft sowie weiterer Schmerzgesellschaf-ten. Über 40  Schmerzexperten erklären darin in gut 50 leicht verständlichen Bei-trägen beispielsweise, wie chronische

Schmerzen entstehen, wie sie diagnostiziert werden und welche Behandlungsmöglichkeiten es heutzutage gibt. Ziel ist es, die biopsychosozialen Zusammenhänge von Schmerz aus Sicht der aktuellen Schmerzmedizin und -psychologie zu

erklären – nicht zuletzt auch, um damit die Voraussetzung zu schaffen, die Schmerz-behandlung motiviert und eigenverant-wortlich mitzugestalten. Die 2.  Auflage wurde grundlegend aktualisiert und um Themen wie »Schmerz und Partnerschaft« oder »Patienten-Selbsthilfe« erweitert. Ein Serviceteil enthält neben einem Glossar und Links zu weiteren Informationen auch eine Seite mit Buchempfehlungen – falls man seinen Wissensdurst mit mehr Litera-tur stillen möchte.Schmerz – eine Herausforderung,

Springer 2016, 12,99 Euro

Page 6: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

10

Problem-zonen

Paracelsus-Magazin

Wo es häufig schmerzt – und warum. Erklärt von vier Paracelsus-Experten

11

Page 7: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin12 13

RückenVon Dr. Jürgen Ropers

Rückenschmerzen gehören zu den drei häufigs-ten Krankheitsbeschwerden in Deutschland.

Was eben noch nur geschmerzt hat, kann schnell zu Bewegungseinschränkungen oder sogar Taubheits-gefühlen in den Gliedmaßen führen. Arbeitsunfä-higkeit und ein Verlust an Lebensqualität sind die Folgen. Die Ursachen für Schmerzen im Rücken sind vielfältig: Bandscheibenverschleiß, Spinalkanalste-nose (Verengung des Rückenmarkkanals), Fehlhal-tungen, falsch verheilte Wirbelbrüche, Hüftarthrose, Osteoporose, Verkürzung der Muskulatur oder auch psychische Beschwerden können mittelstarke bis starke Schmerzen zur Folge haben. Insbesondere die Lendenwirbelsäule ist durch altersbedingte Ver-schleißerscheinungen und durch den hohen Belas-tungsgrad häufig angegriffen. Und das nicht nur bei älteren Menschen, immer häufiger sind auch junge Menschen betroffen.

Schmerzt es im Rücken, führt der erste Weg zum Arzt. Der sollte die Beschwerden auf jeden Fall ernst nehmen und die Ursachen diagnostizieren. Oftmals liegen den Schmerzen keine organischen Erkrankungen zugrunde. Es sind funktionelle, also unspezifische Schmerzen, die durch eine bewe-gungsarme Lebensweise, eingefahrene Haltungs-

Kopf Von Dr. Andreas Peikert

Über 38 Mio. Deutsche leiden regelmäßig unter Kopfschmerzen. Dabei ist Kopfschmerz nicht

gleich Kopfschmerz. Es gibt über 200 verschiedene Formen. Leichte, vorübergehende Kopfschmerzen lassen sich mit Hausmitteln oder einfachen Schmerz-mitteln behandeln. Häufigste Form von Kopf-schmerz ist der sogenannte Spannungskopfschmerz. Fast jeder Erwachsene hatte schon mal solche als dumpf oder drückend beschriebene Kopfschmerzen. Migräne, die zweithäufigste Form, erzeugt einen sehr hohen Leidensdruck bei den Patientinnen und Patienten. Wie andere chronische Kopfschmerzen auch erfordert sie häufig eine spezielle Therapie. Mitunter sind die Kopfschmerzen auch ein Warnsig-nal für zugrunde liegende andere Erkrankungen.

Wenn jemand wegen chronischer Kopfschmer-zen Hilfe braucht, ist es am wahrscheinlichsten ein Migräniker. Sehr stark vereinfacht: Vermutlich ist eine genetische Anlage bzw. Empfänglichkeit dafür verantwortlich, dass es überhaupt zu Migränekopf-schmerzen kommen kann. Auslöser können vielfäl-tig sein. Es werden schmerzverarbeitende Zentren im Hirn aktiviert und schmerzvermittelnde Boten-stoffe (Neurotransmitter) ausgeschüttet. Dies löst an den Blutgefäßen der Hirnhäute eine Entzündungs-reaktion aus, daher auch der oft pochende Schmerz-charakter in einer Attacke. Dabei können andere Nerven stimuliert werden wie das Brechzentrum. Die Folge: Dem Migränepatienten wird übel oder

muster, Überlastung durch Übergewicht oder fal-sches Training verursacht sind. Die Schmerzen soll-ten dann symptomatisch behandelt werden, zum Beispiel durch Krankengymnastik. Doch nicht in jedem Fall ist eine symptomatische Behandlung ausreichend. Und zwar immer dann nicht, wenn die Rückenschmerzen einen organischen Grund haben und andere Behandlungsmethoden keine langfristi-ge Linderung bewirken.

Doch einfach so auf Verdacht zu operieren – das gibt es bei uns nicht. In der Paracelsus-Klinik bieten wir eine Indikationssprechstunde an, in der wir Pati-entinnen und Patienten mit Rückenleiden genau untersuchen. Mit sorgfältiger Diagnostik erfassen wir die wahrgenommenen Beeinträchtigungen wie Schmerzart und -dauer, Lähmungen, Sensibilitäts-störungen oder auch muskuläre Veränderungen. Neben der Bilddiagnostik spielt das Patienten- Arzt-Gespräch eine ganz zentrale Rolle. Auf dieser Basis wird eingehend geprüft, ob eine Operation erfolgen sollte. Diese ist dann ratsam, wenn alle konservativen, also nicht operativen Maßnahmen ausgeschöpft sind, die Lebensqualität leidet und eine Operation Erfolg verspricht. Notwendig ist sie in jedem Fall, wenn Lähmungserscheinungen ein- treten, die durch Druck auf Nerven entstehen.

Die Wirbelsäulenchirurgie hat in den vergange-nen Jahren große Fortschritte gemacht. Während früher viele Wirbel versteift wurden, wird jetzt sehr häufig mit Implantaten gearbeitet, die dem Patien-ten auch nach der OP freie Bewegung ermöglichen. Damit erzielen wir gute Erfolge. Grundsätzlich aber gilt: Eine Behandlung bei Rückenbeschwerden muss umfassend sein. Denn natürlich gibt es neben Kran-kengymnastik und einer Operation eine Vielzahl weiterer Behandlungsmethoden. Welche für den Patienten die passende ist, muss individuell ent-schieden werden.

auch schwindlig. Zu einer Chronifizierung können allerdings auch Schmerzmittel beitragen, wenn sie zu häufig, das heißt durchschnittlich an mehr als zehn Tagen im Monat genommen werden.

Im Rahmen des umfassenden schmerztherapeu-tischen Angebotes der Klinik bieten wir Patienten interdisziplinäre Hilfe an. Neurologen arbeiten Hand in Hand mit Schmerztherapeuten, Neurochirurgen, Orthopäden, Psychologen, Physio- sowie Ergothe-rapeuten. Vor der stationären Aufnahme machen wir uns ein genaues Bild vom einzelnen Patienten und erarbeiten individuelle Behandlungspläne mit klar definierten Zielen. Die Veränderung der Eigen- und Schmerzwahrnehmung hat eine bessere Schmerz-bewältigung zum Ziel. Sie gehört ebenso zu einer effektiven Behandlung wie Entspannungsübungen, Sporttherapie und andere nichtmedikamentöse vor-beugende Maßnahmen wie auch der gezielte Ein-satz von Medikamenten zur Akutbehandlung und Vorbeugung. Während der stationären Behandlung, die immer in Gruppen erfolgt, werden die Betroffe-nen zu Experten ihrer Erkrankung – und von sich selbst – und erleben das Gefühl der Selbstwirksam-keit: Sie selbst können dazu beitragen, ihre Kopf-schmerzen zu lindern, zu beseitigen – oder auch gar nicht erst entstehen zu lassen.

»Der Arzt sollte die Rücken-

beschwerden auf jeden Fall ernst nehmen

und die Ur- sachen diag- nostizieren.«

»Auch Schmerzmit-tel können

zu einer Chronifizie-rung beitra-

gen, wenn sie zu häufig

genommen werden.«

Dr. med. Jürgen Ropers ist Chefarzt der Wirbel säulen-

chirurgie in der Paracelsus-Klinik

Henstedt-Ulzburg.

Dr. med. Andreas Peikert ist Neurologe

und Kopfschmerz-experte an der

Paracelsus-Klinik Bremen.

Page 8: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin14 15

herigen Behandlungen. Dann erfolgt eine gründ- liche körperliche Untersuchung. Hinzu kommen Testverfahren, um Schmerz-, Druck- und Tempera-turempfindlichkeit zu messen. Die im Rahmen des Deutschen Forschungsverbundes Neuropathischer Schmerz entwickelte Quantitative Sensorische Tes-tung (QST) ist hierfür ein sehr zuverlässiges Verfah-ren. Zudem kann mithilfe von neurologischen Unter-suchungsverfahren wie der Elektroneurographie oder der Elektromyographie die Funktionalität ein-zelner Nerven und Nervenwurzeln gemessen wer-den. All diese Untersuchungen sollen ein möglichst genaues Bild ergeben, um so den individuell besten Behandlungsplan entwickeln zu können.

Wenn die Nervenschmerzen beispielsweise durch eine Verengung des Nervenkanals verursacht wer-den, können die Schädigung und damit die Schmer-zen durch eine Operation beseitigt werden. Ist das nicht möglich, kommt es darauf an, möglichst früh und intensiv zu behandeln, um die Schmerzen zu lindern oder gar zu beseitigen. Behandelt wird dann fast immer mit verschiedenen therapeutischen Maßnahmen wie medikamentöse Therapie, Physi-kalische und Ergotherapie, Akupunktur oder psy-chologische Verfahren wie die Verhaltenstherapie. In jedem Fall sollte die Behandlung ein Voranschrei-ten der Erkrankung verhindern und die Nerven-schmerzen lindern, um eine Chronifizierung der Schmerzen zu vermeiden.

NervenVon Priv.-Doz. Dr. Cornelius Bachmann

Jeder Mensch ist ein Nervenbündel – schließlich leiten im Inneren des Körpers Milliarden von

Nervenzellen dauernd Informationen durch jeden von uns. Durch Infektionen, Verletzungen oder Stoffwechselerkrankungen kann dieses System ge-schädigt sein. Und das bedeutet in vielen Fällen Nervenschmerzen, die als Dauerschmerz oder als plötzlich auftretende Schmerzattacken das Leben von rund vier Millionen Menschen in Deutschland stark beeinträchtigen. Die plötzlich einschießenden, stechenden oder brennenden Schmerzattacken, die ohne erkennbaren äußeren Reiz auftreten, sind ty-pisch für den auch neuropathischen Schmerz ge-nannten Nervenschmerz. Weitere Symptome kön-nen eine verminderte Hautempfindlichkeit bei Tem-peraturveränderung, Berührung oder Druck sein. Auch unangenehmes Kribbeln in Händen und Fü-ßen tritt häufig auf. Sind mehrere Nerven betroffen, sprechen Mediziner von einer Polyneuropathie.

Die möglichen Ursachen für diese Nerven-schmerzen sind vielfältig. Sie reichen von Diabetes über eine Alkoholerkrankung bis zu einem Schlag-anfall, ein Restless Legs Syndrom oder Multiple Sklerose. Am Anfang einer Therapie steht daher eine genaue Befunderhebung: Wir brauchen exakte Angaben des Patienten über Stärke, Art und Weise, Ort und Häufigkeit der Schmerzen, aber auch zu bis-

im Laufe des Tages. Später kommt es zum Ruhe-schmerz. Das Untersuchungsergebnis zeigt häufig knöcherne Veränderungen, Fehlstellungen und Be-wegungseinschränkungen. Mit zunehmendem Grad der Abnutzung verringert sich die Knorpelschicht immer weiter. Ohne diese reiben die Knochen un-geschützt aufeinander, bei Bewegung und Belas-tung entsteht Schmerz. Dieser wird häufig zusätzlich durch herausgelöste Knorpelteile und Gelenkergüs-se, die die Gelenkschleimhaut reizen, verstärkt.

Knorpelschäden und freie Gelenkteile können mithilfe der Arthroskopie untersucht und behandelt werden. Bei dieser Gelenkspiegelung wird eine spezielle Kamera (Arthroskop) über einen kleinen Hautschnitt ins Gelenk eingeführt. Mit Miniinstru-menten kann dann der Schaden behoben werden. Ist die Zerstörung des Gelenks weit fortgeschritten, können wir mit einem künstlichen Gelenkersatz her-vorragende Ergebnisse erzielen. Die Paracelsus- Kliniken bieten in ihren orthopädischen Fachabtei-lungen und zertifizierten EndoProthetikZentren eine bestmögliche medizinische Versorgung. Und keine Sorge! Die sogenannten Endoprothesen gehören in der modernen Medizin inzwischen zu den häu-figsten und erfolgreichsten Behandlungsmethoden. Materialien, Herstellungstechniken, Formgebung und knochenfreundliche Oberflächengestaltung sind zudem so perfektioniert worden, dass sich die Halt-barkeit auf 15 bis 20 Jahre erhöht hat. Beste Voraus-setzungen also, um wieder schmerzfrei und bei guter Beweglichkeit ein aktives Leben zu führen.

GelenkeVon Dr. Uwe Butzke

Tag für Tag verrichten die Gelenke – unterstützt von Bändern, Sehnen und Muskeln – eine

Mammut-Aufgabe: Sie verbinden die rund 200 Kno-chen des Skeletts zu einem tragfähigen Gerüst und sorgen gleichzeitig für Stabilität und Beweglichkeit. Bei jedem Schritt etwa fangen die Knorpelschichten Stöße auf und reiben sich aneinander. Damit das gut funktioniert, sind die im Gelenk miteinander ver-bundenen Knochen an ihrer Kontaktfläche mit einer elastischen Knorpelschicht überzogen. Oft aber reicht eine Verletzung, aber auch einseitige Fehlbe-lastung oder zu wenig Bewegung, um das empfind-liche Gleichgewicht zu stören. Die Folgen sind Schä-digungen der Knorpelschicht, die letztlich zu Arthro-se führen können. Knapp die Hälfte aller Menschen über 65 Jahre sind mehr oder weniger von der Ver-schleißerkrankung betroffen. Dabei handelt es sich in den allermeisten Fällen um eine Erkrankung der Hüft- oder Kniegelenke sowie auch Schulter und Sprunggelenke. Die Beine mit ihren Gelenken sind, im Vergleich zu den Armen, aufgrund ihrer Belas-tung meist schmerzhafter und die Beschwerden we-niger zu tolerieren.

Bei der Arthrose kommt es zu dauerhaften schmerzhaften Bewegungseinschränkungen bis hin zur völligen Versteifung des Gelenks. Erst sind es die ersten Schritte nach dem Aufstehen am Morgen, die wehtun. Dann häufen sich die Schmerzen auch

»Knapp die Hälfte aller Menschen

über 65 Jahre sind von der Verschleiß-erkrankung betroffen.«

»Die Ursachen für Nerven-schmerzen

sind vielfältig. Am Anfang

einer Therapiesteht daher eine genaue Diagnose.«

Dr. med. Uwe Butzke ist

Ärztlicher Direktor der Paracelsus-

Klinik Zwickau und Leiter der dortigen

Abteilung für Unfallchirurgie und

Orthopädie.

PD Dr. med. Cornelius Bachmann

ist Chef arzt der Abteilung für

Neurologie der Paracelsus-Klinik

Osnabrück.

Page 9: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

1716 Paracelsus-Magazin

Schmerz inZahlen

Rückenschmerzen sind der zweithäufigste Grund, zum Arzt zu gehen. Und viele Patien-tinnen und Patienten werden dort natürlich auch krankgeschrieben: Nach dem Gesund-heitsreport 2016 der Techniker Krankenkasse

ist davon auszugehen, dass in Deutschland im Jahr mehr als 25 Millionen Fehltage allein auf

das Konto von Rückenschmerzen gehen.

Viele deutsche Krankenhäuser sind nicht so aufgestellt, dass Patienten nach Operatio-

nen keine unnötigen Schmerzen erleiden. Laut Prof. Dr. med. Martin Schmelz, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft, ist das

bei rund der Hälfte der Kliniken derzeit nicht der Fall. Auch bedenklich: 90 Prozent aller

deutschen Krankenhäuser besitzen kein zertifiziertes Schmerzkonzept.

Nervenzellen leiten den Reiz als elektrische Signale an das Gehirn. Erst wenn sie dort

verarbeitet worden sind, empfinden wir den Schmerz. Innerhalb einer Nervenzelle können die elektrischen Signale eine Geschwindigkeit

erreichen, wie sie aus der Formel 1 bekannt ist: bis zu 350 Stundenkilometer. Allerdings:

Beim Wechsel von einer Nervenzelle zur nächsten werden sie gebremst. Dadurch rast

das Signal nicht mit Formel-1-Geschwindigkeit durch den Körper, sondern ist nur so schnell

wie ein Fahrrad.

Laut der Patientenorganisation »Deutsche Schmerzliga« gibt es in Deutschland rund 23 Mil-

lionen Schmerzpatienten. Die Krankenkasse Barmer GEK spricht dagegen zum Beispiel (nur) von 3,25 Millionen Patientinnen und Patienten

mit schweren, bleibenden Schmerzen. Doch egal welche Zahlen nun stimmen: Hinter jedem dieser

Menschen steht ein schlimmes Leiden und ein persönliches Schicksal. Darum geht es!Die Hälfte der Schmerzpatienten geben laut

Deutscher Schmerzgesellschaft an, dass ihr chroni-scher Schmerz direkte Auswirkungen auf ihren Be-

schäftigungsstatus hat. 18 Prozent der Patienten sind aufgrund ihres Gesundheitszustands gar nicht in der Lage zu arbeiten. Und auch das Privatleben ist beein-

trächtigt: 39 Prozent der Patienten mit chronischen Schmerzen sind der Ansicht, dass ihr Gesundheitszu-stand negative Auswirkungen auf das Zusammenle-ben mit Familie und Freunden hat, und 21 Prozent

haben das Gefühl, aufgrund ihres Schmerzes gesell-schaftlich isoliert zu sein.

Durch chronische Schmerzen entsteht in Deutschland ein volkswirtschaftlicher Schaden von

jährlich bis zu 28,7 Milliarden Euro, wovon etwa gut die Hälfte sogenannte »direkte Kosten« sind

– also Kosten der Behandlung, Rehabilitation, Medikamente und Ähnlichem. Der Rest sind indirekte Kosten, zum Beispiel für vorzeitige

Berentung und Arbeitsunfähigkeit.

54 Millionen Deutsche leiden zumindest zeitweise erheblich unter Kopfschmerzen. In drei von vier Fällen handelt es sich um die beiden häufigsten Typen, Spannungskopf-

schmerz oder Migräne. Je nach Quelle werden verschieden viele Kopfschmerztypen unter-

schieden. Die International Headache Society verzeichnet fast 400 Arten, darunter Husten-

kopfschmerz oder Kopfweh bei sexueller Aktivität. Bei den meisten dieser Typen wirken

die klassischen Schmerzmittel gar nicht.

km/h

Prozent arbeitsunfähig

Millionen Patienten

Milliarden Euro

Kopfschmerztypen

Page 10: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

1918 Paracelsus-Magazin18 Paracelsus-Magazin

Schmerz lässt nach Multimodale Schmerztherapie. Bundesweit bietenParacelsus-Kliniken ein stationäres Programm für Menschen mit chronischen Schmerzen. Wie es funktioniert, zeigt ein Besuch in Osnabrück.

18 Paracelsus-Magazin

Page 11: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

21

4

20 Paracelsus-Magazin

Vor drei Jahren hat die Klinik damit begonnen, eigenständige Angebote für Schmerzpatienten zu etablieren. Seitdem sind sie beständig gewachsen. »Wir verfügen inzwischen über ein umfassendes Schmerzzentrum mit einem in unserer Region ein-zigartigen Angebot«, sagt Dr. Lauer-Riffard, der das Zentrum leitet. Da ist die Schmerzambulanz als nied-rigschwelliges Angebot. Und da ist der stationäre Behandlungsansatz der »Multimodalen Schmerzthe-rapie« (MMST), ein Ansatz, der über den klassischen medizinischen »Tellerrand« hinausweist. Der grund-legende Gedanke: Da chronische Schmerzen keine einzelne lokalisierbare Ursache haben, gibt es auch nicht den einen zentralen Hebel, über den sich die Beschwerden abstellen lassen. Um es mit der Kom-plexität des Schmerzes aufzunehmen, braucht es vielmehr eine sinnvolle Kombination verschiedener Methoden. Daher werden an den Schmerzzentren von Paracelsus wie hier in Osnabrück ganz unter-schiedliche Bausteine – »multimodal« – zu einem individuellen Therapiepaket kombiniert: von Verfah-ren der klassischen Medizin über Physio- und Psy-chotherapie bis zu Entspannungsangeboten und al-ternativen Heilmethoden. Jeweils kümmert sich ein interdisziplinäres Team um die Patienten. In Osna-brück sind es Fachärzte, schmerztherapeutisch fortgebildete Pflegekräfte, zwei psychologische Psychotherapeuten, Ergo-, Physio- und Kunstthera-peutinnen, eine Ernährungsberaterin und eine Yoga- lehrerin. Und das ganze Team arbeitet eng mit den Abteilungen Neurologie, Neurochirurgie und Or-thopädie der Klinik zusammen.

Nach mehr als zwei Wochen haben sich die acht Patienten im Laufe des Vormittags verabschiedet. Es waren herzliche Abschiede nach intensi-ven gemeinsamen Tagen. Jetzt ist

Zeit, um kurz durchzuatmen. Chefarzt Dr. med. Ste-fan Lauer-Riffard, die Pain Nurse Kornelia Kleine Klausing und andere Mitglieder des schmerzthera-peutischen Teams sitzen im Aufenthaltsraum der Station in der Paracelsus-Klinik Osnabrück zusam-men. Es ist eine Nach- und gleichzeitig eine Vorbe-sprechung. Denn in wenigen Tagen wird die nächste Patientengruppe ankommen. Es geht Schlag auf Schlag. »Wir haben inzwischen mehrmonatige War-tezeiten«, beschreibt Dr. Lauer-Riffard den Andrang. Für viele leidgeplagte Patientinnen und Patienten stellt das spezielle Angebot der Paracelsus-Klinik die langersehnte Chance für einen Neuanfang dar.

/1/ Zu den physiotherapeutischen Angeboten

gehören neben Nordic Walking Übungen mit

der Blackroll. /2/ Auch durch den kreativen

Umgang mit Farben und Formen im Rahmen

der Kunsttherapie können heilsame Prozesse

ausgelöst werden. /3/ Die psychologischen

Angebote – in der Gruppe oder alleine – zielen

darauf, selbst aktiv Einfluss auf das Schmerz-

geschehen nehmen zu können und eine andere

Haltung zu finden. /4/ Um den Schmerzen »auf

die Schliche zu kommen«, werden frühere

Diagnosen noch einmal eingehend überprüft.

»Es gibt nicht den einen zentralen Hebel, um

chronische Schmerzen abzustellen. Aber eine sinnvolle Kombination

verschiedener Methoden wirkt.«

Chefarzt Dr. med. Stefan Lauer-Riffard

1

2 3

Page 12: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

23

modalen Schmerztherapie ist insofern der erste Schritt aus einer Schmerzspirale heraus.

»Gleich zu Beginn des Aufenthalts legen wir mit jedem einzelnen Patienten realistische Ziele des Aufenthalts fest«, beschreibt der Chefarzt den Ab-lauf. »Realistisch« deshalb, weil sich der Schmerz bei dieser Patientengruppe eben nicht einfach ab- oder ausschalten lässt. Es geht um Linderung, darum, Lebensqualität zurückzugewinnen und sich wieder leistungsfähiger, wohler und aktiver zu fühlen. Ein Blick auf den Therapieplan zeigt, wie das gelingt: Nach der allmorgendlichen Visite finden psycho-logische Schmerztherapiegruppen statt, bewegen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Gym-nastikraum, besuchen sie die Ergotherapie oder erlernen Entspannungsübungen. Manches davon alleine, anderes in der Gruppe. Trotz der Vielfalt haben die Elemente eines gemeinsam: Es sind akti-vierende Angebote. »Indem wir die Patienten in Aktivität zurückbringen, wollen wir einen Kreislauf durchbrechen«, so Dr. Lauer-Riffard. Denn ange-sichts der Dauerschmerzen haben sich viele Patien-tinnen und Patienten in eine passive Schonhaltung zurückgezogen. Doch vor chronischen Schmerzen kann man sich nicht verkriechen, Rückzug verschärft das Leiden eher noch. Deshalb sind die therapeuti-schen Angebote samt Eigentherapieschulungen so angelegt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sie zu Hause fortsetzen können.

Die Erfahrung in der Gruppe hilftDie Ärztliche Leitung überprüft die laufende Medi-kamenteneinnahme und stellt sie bei Bedarf neu ein. Dr. Lauer-Riffard erzählt von einer Fibromyal-gie-Patientin, die mit einer Höchstdosis an Opioi-den in die Klinik kam. »Im Laufe des Aufenthalts haben wir es ausgeschlichen. Heute lebt sie ganz ohne diese Medikamente und hat trotzdem weit we-niger Schmerzen als früher.« Denn die Vielfalt der Ansätze wirkt – darunter die psychologischen Ange-bote. Zwar ist chronischer Schmerz niemals einge-bildet. Dennoch spielen psychische oder emotiona-le Aspekte eine erhebliche Rolle. Kleine Klausing: »Wir haben schon erlebt, dass Rückenschmerzen

Schritte aus der Schmerzspirale Die meisten der Patientinnen und Patienten, die hierherkommen, leiden an chronischen Rücken-schmerzen, andere unter ständigen Schmerzen im Kopf oder drückenden Faser-Muskel-Schmerzen. Alle haben eine lange Leidens- und meist auch eine frustrierende Arztgeschichte hinter sich: Vieles wur-de probiert, wenig hat geholfen. Pain Nurse Kleine Klausing erinnert sich an einen Rückenpatienten, der sich bereits mehrfach hatte operieren lassen – vergeblich. Bei allen bestimmt ein Dauerschmerz zunehmend den Alltag und schränkt die Lebensqua-lität ein. Krankheitstage häufen sich, einige können gar nicht mehr zur Arbeit gehen und igeln sich zu-nehmend ein. Die Aufnahme zur stationären Multi-

»Es geht um Linderung, darum, Lebensqualität zurück-zugewinnen und sich wieder leistungsfähiger, wohler undaktiver zu fühlen.«

Dr. med. Stefan Lauer-Riffard

22 Paracelsus-Magazin

17% aller Deutschen sind von lang

anhaltenden, chronischen Schmerzen betroffen – also mehr

als 12 Millionen Menschen.*

FAKTEN: Chronischer Schmerz

7Jahreleiden Patienten im Durchschnitt an

chronischem Schmerz. Nur jeder zehnte Betroffene wird einem Spezialisten vorgestellt. Belege dafür, dass die

Behandlung chronischer Schmerz-patienten bis heute ungenügend ist.

5MillionenMenschen, also mehr als jeder dritte

chronische Schmerzpatient, sind stark beeinträchtigt und haben problematische

Schmerzzustände: Ihr Leiden hat sich verselbstständigt und gilt als eigenständi-

ge Schmerzkrankheit.

* Alle Angaben: Deutsche Schmerz gesellschaft e. V. und Deutsche Schmerzliga e. V.

mit einem nichtverarbeiteten Trauerfall oder Mob-bing am Arbeitsplatz zu tun hatten. Seelisches Wohlbefinden hilft eben auch bei chronischen Schmerzen.« Damit spricht die erfahrene Pain Nurse eine andere Facette der Multimodalen Schmerzthe-rapie an: die Erfahrung in der Gruppe. Menschen, die angesichts der Schmerzen bei Angehörigen und Freunden allzu oft auf Unverständnis stoßen, leben 17  Tage lang mit Menschen, die Ähnliches durch- gemacht haben. Wer hier ist, weiß, wie es sich an-fühlt – die Schmerzen, aber auch die Einsamkeit. Der Austausch in der Gruppe und das Gefühl, ernst genommen zu werden, wirkt entlastend und mitun-ter schmerzlindernd – zumal auch das schmerzkom-petente Klinikteam als Ansprechpartner dient. Klei-ne Klausing: »Es ist enorm, wie viel Zuwendung und Zuhören bei den Patienten bewirkt.«

Natürlich ist das stationäre Angebot personen- und zeitintensiv. Doch es lohnt sich. Studien bele-gen die Nachhaltigkeit: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehen anschließend wesentlich seltener zu Ärzten, nehmen weniger Medikamente und ha-ben weniger Krankheitstage. Das hat auch die Kran-kenkassen überzeugt, die den Aufenthalt nicht nur bezahlen, sondern immer häufiger selbst empfeh-len. Und es deckt sich mit den persönlichen Eindrü-cken von Dr. Lauer-Riffard. Schließlich kommt jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer drei Monate später noch einmal zu einer Nachbesprechung in die Klinik. Der stationäre Aufenthalt lässt bei den

wenigsten Patienten den Schmerz ganz verschwin-

den. Aber die meisten berichten, dass er spürbar

nachgelassen und das Leben ein bisschen neu an-

gefangen hat. ¢

Page 13: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

25

AkupunkturAtemtherapie

Autogenes TrainingBiofeedback

Blackroll Eisabreibungen

Elektroakupunktur Elektromedizinische Reizstromtherapie (TENS)

Entspannungsübungen

ErgotherapieFango

FeldenkraisGenusstraining

Gerätegestützte KrankengymnastikHeilsames Singen

ImaginationsübungenInfusionstherapien

KunsttherapieLaserbehandlungen

Manuelle Therapie

Medikamentöse Schmerztherapie

Mikrostromtherapie Mobilisation

Neuraltherapie Neuromodulationsverfahren

NeurostimulationsverfahrenNordic Walking

Periphere Nervenblockaden Periradikuläre Therapien

Physiotherapie Progressive Muskelrelaxation

Psychotherapeutische Gruppen- und Einzeltherapie

Qi GongSchmerzedukation

Spinal- und Periduralanästhesien Theatertherapie

Therapeutische LokalanästhesienTransdermale Capsaicintherapie

WirbelsäulengymnastikYoga

Viele Pfeile im Köcher

Elemente der Multimodalen Schmerztherapie

24 Paracelsus-Magazin

Multimodale Schmerztherapie: Fragen und Antworten

An wen richtet sich die Multimodale Schmerztherapie?

An Patienten, bei denen der chronische Schmerz zu Schwie-

rigkeiten am Arbeitsplatz, Beeinträchtigung der Alltags- und

Freizeitaktivitäten, Stimmungsverschlechterungen und sozia-

lem Rückzug führt. Typische Indikationen sind anhaltende

Kopf- und Rückenschmerzen, entzündliche degenerative Ge-

lenkerkrankungen (z. B. Rheuma), muskuläre Schmerzsyndro-

me, Fibromyalgie, Gelenk- oder Gesichtsschmerzen, neuro-

pathische Schmerzen, psychogene Schmerzerkrankungen,

viszerale Schmerzsyndrome und Tumorschmerzen.

Welche Bedingungen müssen erfüllt sein?

Vor einem stationären Aufenthalt findet eine interdisziplinäre

Voruntersuchung statt. Anschließend wird im gesamten

Team festgelegt, ob der Patient für eine stationäre Multimo-

dale Schmerztherapie geeignet ist. Der stationären Aufnahme

geht die Patienteneinweisung durch den bisher behandeln-

den Haus- oder Facharzt voraus.

Wie lange dauert der Aufenthalt?

Je nach Klinik und Patient von acht bis 21 Tagen. Während in

der Paracelsus-Klinik in München zwischen jeder Woche je-

weils drei Wochen Pause liegen, bleiben die Teilnehmer in

den anderen Paracelsus-Kliniken durchgehend in der Klinik.

Unterscheiden sich die Angebote an den Standorten?

Das Prinzip ist überall gleich. Ein Unterschied: Nicht in jeder

Klinik sind invasive Verfahren wie Infusions- oder Neuralthe-

rapien Teil des Programms. In den therapeutischen Angebo-

ten setzt jede Klinik neben Physio- und Ergotherapie, psycho-

logischer Begleitung und Entspannungsverfahren nochmals

eigene Akzente: In Adorf gibt es Laseranwendung, Aromathe-

rapie und Schröpfkopfbehandlung, in Bremen Theater-, in

Hannover Musiktherapie, in München Qi Gong, Genusstrai-

ning und Feldenkrais und in Zwickau Sozial- und Ernährungs-

beratung sowie Arbeitsplatztraining. Und nur in Reichenbach

wird die Tiergestützte Ergotherapie mit Alpakas angeboten.

Ein anderes Netz knüpfenWarum ist die Behandlung chronischer Schmerzen oft komplex und langwierig? Das erklärt Dr. Merzoug.

Sie waren bei den ersten Schmerzthe-rapeuten in Deutschland, die bereits Anfang der 1990er-Jahre multimodale Ansätze etabliert haben. Was haben Sie in Ihrer Arbeit mit chronischen Schmerzpatienten gelernt?Meine Erkenntnis ist, dass für Patienten, bei denen der Schmerz an sich zur Krankheit geworden ist, aktivierende Therapien am hilfreichsten sind. Das meint alle Formen, die Patienten dazu bringen, selbst gegen den Schmerz aktiv zu werden, sei es durch Körper- oder Psychotherapie, Entspannungs- training oder Heilsames Singen. Häufig liegen natürlich körperliche Befunde vor, die einer entsprechenden Behandlung

wie Injektionen oder Operationen bedürfen. Doch auch hier ist eine voran- gehende oder begleitende Behandlung der chronischen Schmerzkrankheit Vo- raussetzung für einen spürbaren Erfolg.

Warum ist das so? Bei diesen Patienten bestimmt der Schmerz seit Jahren, wenn nicht Jahr- zehnten das Leben. Sie haben sich in eine Art Schmerznetz versponnen, das – so merkwürdig es klingt – auch eine Form von Halt gibt. Würde eine Wunder- spritze den Schmerz sofort beseitigen, verlören diese Patienten auch den Halt. Daher versuchen wir mit unserem multi- modalen Angebot, ein anderes Netz zu knüpfen, sodass sie das gewohnte Netz nach und nach loslassen können.

An der Paracelsus-Klinik München setzen Sie auf eine Intervalltherapie mit drei achttägigen Therapieblöcken im Abstand von drei Wochen. Warum machen Sie das so?Ein anderes Netz zu knüpfen, braucht Zeit. Und es gibt immer die Gefahr, dass

Patienten wieder in alte, schmerzför-dernde Muster verfallen. Nach den Aufenthalten in der Klinik können sie das, was sie bei uns kennengelernt haben, zu Hause ausprobieren. Zurück in der Klinik besprechen wir, was gut funktioniert und was nicht. Auf diese Weise sind die Patienten ein Vierteljahr lang in Betreuung. Das klingt lange, wird ihrer komplexen Schmerzproble-matik aber durchaus gerecht.

»Manche Patienten haben sich in eine Art Schmerznetz

versponnen.«

Dr. med. Karim Merzoug, Leiter der Schmerztherapie an der

Paracelsus-Klinik München

Page 14: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

27Paracelsus-Magazin26

Im Überblick: Diese Paracelsus-Kliniken bieten die Multimodale Schmerztherapie an.

> Eine Übersicht über alle Paracelsus-Kliniken

finden Sie auf den Seiten 54 – 58

Schmerzhemmung, die sich bei chronisch Schmerzkranken

erschöpft hat, wieder aktiviert und verstärkt werden.«

Dr. med. Claudia Schulz-Sery leitet an der Paracelsus-Klinik

am Silbersee die größte schmerzmedizinische Abteilung im

Paracelsus-Konzern. Auch hier arbeiten Schmerztherapeu-

ten, Pain Nurses, Physiotherapeuten,

Orthopäden, Ergotherapeuten, Musik- und

Theatertherapeuten und Psychologen

Hand in Hand, um die für den Patienten

beste Therapie sicherzustellen.

4 Zwickau

In der Paracelsus-Klinik Zwickau werden chronische Schmerz-

patienten seit über zehn Jahren ambulant behandelt. Komple-

mentiert wurde die Schmerzabteilung 2014 durch eine Sta-

tion, die Patienten mit chronischen Schmerzen (Rücken-,

Glieder-, Kopf- und Tumorschmerzen) voll- und teilstationär

in Gruppen von maximal acht Patienten betreut. »Unser

interdisziplinär arbeitendes Team mit Psychologen, Physio-

therapeuten, Ergo- und Yogatherapeuten behandelt multi-

modal schulmedizinisch, aber auch mit alternativen Heil-

methoden«, erklärt die Leitende Oberärztin Dr. med. Gabriele

Ehrig. »Im Vordergrund stehen Schmerzlinderung und eine

Verbesserung der Lebensqualität, die nicht

nur mit der Schmerzstärke messbar ist. Wir

wollen den Patienten aufzeigen, dass sie

viele Möglichkeiten haben, positiv Einfluss

auf ihr Schmerzgeschehen zu nehmen."

5 Reichenbach

In der Paracelsus-Klinik Reichenbach können die Patienten,

die zum Beispiel an Rücken-, Kopf-, Tumor- oder Nerven-

schmerzen leiden, eine Schmerzambulanz aufsuchen. Auch

im Medizinischen Versorgungszentrum der Klinik in der

Zweigstelle Plauen können sie ambulant schmerztherapeu-

tisch behandelt werden. Für Patienten mit chronischen

Schmerzen hingegen bietet die Klinik die Multimodale

Schmerztherapie an: Im »Blauen Haus« im Zentrum Reichen-

bachs stehen ausgelagerte Räume und beste Bedingungen für

den 14-tägigen stationären Aufenthalt zur Verfügung. Unter

Leitung von Chefarzt Dr. med. Frank Hendrich wird ein

individueller Therapieplan aus Gruppen-

und Einzeltherapien erstellt, die von Spe-

zialisten wie Schmerz-, Psycho-, Physio-

und Ergotherapeuten gestaltet werden.

Dr. Hendrich: »Wir legen großen Wert

darauf, durch individuell abgestimmte

Behandlungsbausteine der Symptomkonstellation des ein-

zelnen Patienten gerecht zu werden.« Eine Besonderheit ist

die Alpaka-Therapie – siehe S. 7.

6 Adorf/Schöneck

Bereits 2006 hat die Paracelsus-Klinik am Standort Adorf

eine Schmerzambulanz eröffnet. Nach einer ausgiebigen

Diagnostik kommen die meisten Patienten vierteljährlich zur

Behandlung. Weil manche Patienten aber ein höheres Maß

an Therapien benötigen, hat Chefarzt Dipl.-Med. Andreas

Dunger 2010 zudem eine stationäre Multimodale Schmerz-

therapie etabliert. Anders als an den anderen Standorten

werden keine Patientengruppen gemeinsam aufgenommen,

vielmehr kann jeder Patient seinen 17-tägigen Aufenthalt

individuell vereinbaren. Speziell ist die enge Vernetzung des

Schmerzzentrums mit dem Zentrum für Neuromodulation

der Klinik (siehe ab S. 36). Dr. Dunger: »Optimal abgestimmte

Behandlungskonzepte, bei denen interdisziplinär Verfahren

der klassischen Medizin in Kombination mit Physio- oder

Psychotherapie, aber auch alternativen Heil-

methoden wie Laseranwendung, Aroma-

therapie oder Schröpfkopfbehandlung zur

Anwendung kommen, sind der Schlüssel

für ein schmerzärmeres Leben.«

7 München

Patienten mit akuten Schmerzen können sich zu einer

stationären Behandlung in die Paracelsus-Klinik München

begeben. Für Patienten mit chronischen Schmerzen bietet

sie bereits seit über zehn Jahren unter Leitung von Dr. med.

Karim Merzoug die Multimodale Schmerztherapie an: Die

Patienten nehmen an einem 24-tägigen Therapieprogramm

teil, das in drei mal acht Tage aufgeteilt ist. Dazwischen

liegen immer mindestens drei Wochen, in denen die

Patienten zu Hause das Erlernte probieren können. »Zu-

sätzlich zur Medikamentengabe bieten wir einen Mix aus

verschiedenen Methoden an, darunter Psycho- und Physio-

therapie, Entspannungstraining, Selbsthyp-

nose, Heilsames Singen, Genuss-, Kunst-

therapie und Feldenkrais-Therapie sowie

Qi Gong. So lernen die Patienten schritt-

weise, wieder ein normales Leben zu

leben«, erklärt Dr. Merzoug.

1 Bremen

Geleitet wird die Abteilung für Schmerzmedizin an der

Paracelsus-Klinik Bremen von Dr. med. Hubertus Kayser,

den das FOCUS Magazin von 2011 bis 2017 ununterbrochen

als Top-Mediziner in den Bereichen Schmerztherapie und

Rückenschmerz ausgezeichnet hat. Bei dem 16-tägigen

Aufenthalt im Rahmen der Multimodalen Schmerztherapie,

die hier von der medikamentösen Behandlung über die

Psychotherapie bis zur Physio- und Ergotherapie reicht,

setzt sein Team einen Akzent auf teamstärkende Gruppen-

angebote. So sind hier die Kunst- und Theatertherapie,

die in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Künste im

Sozialen in Ottersberg durchgeführt werden, fest in die

Multimodale Schmerztherapie integriert.

Besonders: Teil des schmerztherapeuti-

schen Angebotes ist die Kopfschmerz-

klinik unter Leitung von Dr. med. Andreas

Peikert (siehe S. 13), der ebenfalls mit dem

FOCUS-Siegel ausgezeichnet ist.

2 Osnabrück

Mit der Schmerzambulanz und dem stationären Behand-

lungsansatz der Multimodalen Schmerztherapie verfügt das

Schmerzzentrum der Paracelsus-Klinik Osnabrück in der

Region über ein einzigartiges Angebot. Im Unterschied zu

anderen Paracelsus-Kliniken verzichtet das

Team um Chefarzt Dr. med. Stefan Lauer-

Riffard auf invasive Verfahren wie Infusi-

ons- oder Neuraltherapien und stellt

»aktivierende Angebote« in den Mittel-

punkt – siehe ab Seite 18.

3 Hannover-Langenhagen

»Bei der Behandlung chronischer Schmerzen zeigen Medika-

mente einen Wirkverlust oder helfen nicht ausreichend.

Unser zweiwöchiges stationäres Behandlungskonzept ist

ganzheitlich und bearbeitet neben der medikamentösen

Therapie auch die Auswirkungen der Schmerzkrankheit auf

die Umfelder des Kranken. Nur so kann die körpereigene

Neuen Lebensmut finden

1

32

7

54

6

Page 15: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin28 29

Das hilft Chronische Schmerzen. Tipps für den Alltag aus der Psychologischen Schmerztherapie,

der Physio- und der Ergotherapie

Finden Sie Ihr Gleichgewicht zwischen

Be- und Entlastung. Seien Sie aktiv, aber übertreiben Sie nicht.

Wechseln Sie Tätigkeiten und Ruhephasen ab.

Achten Sie darauf, was Ihr Körper von Ihnen

benötigt.

Durchbrechen Sie den Teufels-kreis aus Schmerz-Stimmung und muskulärer Spannung.

Versuchen Sie, Ihre Stimmung zu verbessern, z. B. indem

Sie nette Menschen treffen oder einem Hobby nachgehen,

und ihre Muskulatur gezielt zu entspannen, durch

Entspannungstraining oder Bewegung.

Lieber zusammen als allein.

Versuchen Sie, Ihre sozialen Kontakte

aufrechtzuerhalten. Dies erhöht die

Chance auf positive Erlebnisse und

Erfahrungen, die stärker sind als der

Schmerz.

Machen Sie mal Pause.Machen Sie regelmäßig und bewusst Pausen:

Entspannungstechniken oder was Ihnen sonst

guttut – ein Bad nehmen, ein Spaziergang,

eine Kaffeepause. Wichtig: Machen Sie bereits

Pausen im Leistungshoch und nicht erst, wenn

Sie total erschöpft sind.

»Wer wird denn gleich in die Luft gehen?«

Selbstberuhigende Gedanken helfen, den

Schmerz im Zaum zu halten: »Bleib ruhig, Du

hast es bisher immer geschafft, das zu

bewältigen. Was kannst Du jetzt für Dich tun,

damit der Tag sich verbessert?«Hinterfragen Sie Ihre »inneren Stimmen«.

Wer treibt Sie im Inneren an, etwas zu tun, was

Ihnen nicht guttut? Was hält Sie davon ab, das zu

tun, was gut für Sie ist? Ihr innerer Schweinhund,

der innere Antreiber, der kleine Perfektionist, das

schlechte Gewissen, Ihr Schuldgefühl oder Ihr

Helfersyndrom?

Trainieren Sie Ihre Muskulatur täglich. Besser regelmäßig kurze Übungen

statt ein seltenes und übertriebenes

Bewegungsprogramm. Verteilen Sie

Lasten; gehen Sie öfter mit kleineren

Gewichten. Sitzen Sie dynamisch.

Bewegen Sie sich zwischendurch und

wechseln Sie die Positionen.

»Schauen« Sie doch mal

woanders hin.Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf

andere Wahrnehmungen statt nur

auf die schmerzenden Körperbe-

reiche. Sehen, riechen, schmecken

oder hören Sie bewusst auf anderes.

Akzeptieren Sie die Schmerzen!

Die Schmerzen zu akzeptieren

bedeutet, die Schmerzen anzuneh-

men, einen hilfreichen Umgang damit

zu finden und die Lebensqualität zu

erhöhen. Dies ist hilfreicher, als verbis-

sen dagegen anzukämpfen.

Seien Sie nett zu sich selbst.

Gehen Sie mit sich selbst so gut

und fürsorglich um, wie Sie es

mit einer guten Freundin, einem

guten Freund tun würden.

Atmen Sie. Wer bewusst atmet, hat mehr vom

Leben. Achten Sie auf einen ruhigen

und tiefen Atem.

Bewegen Sie sich. Bewegung schüttet Glückshormone

(Endorphine) aus, die schmerzlin-

dernd wirken. Trauen Sie sich, neue

Bewegungsarten, Sportarten und

Aktivitäten auszuprobieren.

28 Paracelsus-Magazin

Page 16: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin30

Klein, aber fein. So wird die altehrwür- dige Paracelsus-Klinik im Düsseldorfer Stadtteil Golzheim gerne beschrieben. Und tatsächlich ist sie hinsichtlich Bet-tenzahl eine der kleinsten im Konzern.

In ihrer Spezialisierung aber ist sie alles andere als klein. So gilt die Golzheimer Klinik als das größte

urologische Fachkrankenhaus des Landes und eines der größten in Europa. Neben rund 4.000 stationä-ren Patientinnen und Patienten werden dort jährlich etwa 5.000 weitere Menschen ambulant versorgt. Solche Fallzahlen tragen nicht zuletzt zur Qualität der Versorgung bei: »Wir sehen Häufiges häufig, aber auch Seltenes selten nur ein Mal«, fasst der

Ärztliche Direktor Prof. Dr. med. Johannes Maria Wolff die Vorteile der Klinik zusammen. »Das führt zu einer hohen Expertise und Routine im gesamten Team.«

Und zu Spitzenplätzen in diversen Ärzte- und Pa-tientenrankings! In der aktuellen FOCUS-Liste wird die Klinik beispielsweise als Top-Klinik für Prostata- krebs geführt und auch in der Weißen Liste der Ber-telsmann Stiftung – hier geht es um das Thema Pa-tientenzufriedenheit – sticht das Fachkrankenhaus deutlich heraus. Warum das so ist, weiß Verwal-tungsdirektor Tom Bauernfeind ganz genau: »Unse-re Patienten bestätigen uns immer wieder, dass sie die Kombination aus der hohen medizinisch-pflege-rischen Kompetenz in einem überschaubaren, fami-liären Umfeld sehr schätzen.«

Chronifizierung der Schmerzen kann verhindert werdenEinen wichtigen Beitrag hierzu leistet nicht zuletzt Dr. med. Ulrich Ringeler. Der Chefarzt der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin hat bereits 2010 das sogenannte »Golzheimer Konzept« zur Behandlung von akuten Schmerzen entwickelt. Hierbei geht es nicht um den chronischen Schmerz, also um einen länger als drei Monate anhaltenden Schmerz mit verloren gegangenem Bezug zu orga-nisch fassbaren Störungen, sondern um den Schmerz, der einen ganz konkreten Grund hat – in der Klinik typischerweise eine akute Erkrankung oder eine Operation. Um das Besondere an diesem Konzept zu zeigen, muss man sich die derzeitige Si-tuation in Deutschland vor Augen führen. Nach ei-nem 2013 veröffentlichten Bericht im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums leiden 56  Prozent aller Patienten nach einer Operation an nichtakzep-tablen Schmerzen, das heißt der Ruhe-, Belastungs- und/oder Maximalschmerz liegt über den definier-ten Grenzwerten für ein akzeptables Erträglichkeits-niveau. Rund ein Drittel dieser Patienten hat sogar starke und stärkste Schmerzen, was in der Folge zu Stress, Herzinfarkten, längeren Liegezeiten, schlech-teren Heilerfolgen und sogar zu einer Chronifizie-rung der Schmerzen führen kann. »In der Regel wäre das zu verhindern«, zeigt sich Dr. Ringeler über-zeugt. »Aber in den meisten deutschen Kranken-häusern werden die Patientinnen und Patienten ein-fach immer noch planlos, mit ungeeigneten oder unterdosierten Medikamenten und zudem auch meist nicht rasch genug behandelt.«

Und wie kann man es besser machen? »Das fängt ja schon mit der Erfassung der Schmerzstärke an«, beginnt Dr. Ringeler. Denn schließlich könne man Schmerzen noch nicht objektiv messen wie den Puls oder den Blutdruck. Zudem forderten pflegeri-sche und ärztliche Leitlinien, dass man Schmerzen konsequent regelmäßig dokumentiere. Ein Defizit, das die Autoren einer großen Schmerzstudie des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentati-on und Information (DIMDI) bereits vor mehr als fünf Jahren feststellten. »Wenn Schmerzen nicht mit ge-eigneten Werkzeugen erfasst werden, können

Schneller als der Schmerz

Akut-Schmerzmedizin. Nach einer Operation tut es erst einmal weh? Das muss nicht sein. Die Paracelsus-Klinik in Düsseldorf-Golzheim ist Vorreiter bei der Umsetzung eines schmerzarmen Krankenhauses.

»Wenn Schmerzen nicht mit geeigneten Werkzeugen erfasst werden, können sieauch nicht systematischbehandelt werden.«Dr. med. Ulrich Ringeler, Chefarzt der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin

31

Page 17: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

33Paracelsus-Magazin32

sie auch nicht systematisch behandelt werden, weil man dann weder den Ausgangszustand noch den Erfolg der Behandlung verfolgen kann«, weiß Dr. Ringeler. Hinzu kommt die Herausforderung, dass auch Schmerzen bei Patienten mit Einschränkungen der Kommunikationsfähigkeit – vom Säugling bis hin zu Demenzkranken oder künstlich beatmeten In-tensivpatienten – jeweils mit speziellen Erfassungs-methoden ermittelt werden müssen.

Und welche Behandlung führt zum Erfolg? »Man muss dem Schmerz zuvorkommen«, sagt der Exper-te. Das heißt konkret, nicht erst zu warten, bis sich die Patientin oder der Patient mit Schmerzen meldet, sondern bereits präventiv aktiv zu werden. Neben der richtigen Auswahl wirkungsvoller Anästhesievor-bereitungsmedikamente und Betäubungsverfahren setzt man dafür in Golzheim vor allem auf ein konse-quentes Ausbildungskonzept, das alle Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter mit Patientenkontakt – von der Pforte über die Notaufnahme bis zur Bettenstation – in die Verantwortung einbindet. Meist werden näm-lich die Pflegenden in Krankenhäusern mit dem Pro-blem Schmerz allein gelassen, berichtet Dr. Ringeler. Da klingelt dann ein Patient, weil er wegen Schmer-zen nicht einschlafen kann, und die Nachtschwester ist unsicher, was zu tun ist. Sie muss dann erst einen Arzt erwischen, der dem Patienten irgendwas auf-

schreibt. Dabei vergeht viel Zeit, bis zu 90 Minuten laut Literaturlage. Und das »irgendwas« ist vielleicht auch nicht unbedingt die bestmögliche Medikation. Ein unhaltbarer Zustand, findet der Experte aus Golz-heim. »Bei uns verlässt kein Patient den OP, ohne dass der Anästhesist zuvor ein individuelles Schmerz-konzept und eine entsprechende Anordnung erstellt hätte. Damit machen wir die Pflegenden handlungs-fähig.« In Golzheim dauert es so nie länger als zehn Minuten, bis nach dem Klingeln ein wirksames Schmerzmedikament verabreicht wird.

Der Ansatz geht auf. Als die Gesellschaft für Qualifizierte Schmerztherapie e. V. (Certkom) das Golzheimer Schmerzkonzept 2012 erstmals zertifi-zierte, bescheinigte sie den besten Therapieeffekt aller bis dato überprüften Kliniken. Statt der gefor-derten 75  Prozent schmerzfreie Patientinnen und Patienten waren es in Golzheim sogar 96 Prozent. »Das spricht schon dafür, dass das, was wir hier

machen, nicht ganz falsch sein kann«, so Dr. Ringe-

ler. »Wir leben unser Motto: Weniger Schmerzen –

schneller gesund!« ¢

Schmerzen: akut oder chronisch? Akute Schmerzen machen darauf aufmerksam, dass irgendwo

im Körper etwas nicht stimmt – zum Beispiel bei Reizungen,

Wunden oder Entzündungen. Dieser Schmerz ist also eigentlich

kein Gegner, sondern eher ein Helfer und Warner. In der Regel

klingt er wieder ab, sobald die auslösende Ursache geheilt und

beseitigt worden ist.

Wenn Schmerzen jedoch ohne einen typischen Auslöser fort-

bestehen und sich verselbstständigen, verliert der Schmerz seine

Warnfunktion und es kommt zu sogenannten chronischen

Schmerzen, die über Monate oder Jahre hinweg andauern oder

immer wiederkehren können. Diese Schmerzen sind oft mit

anderen Erkrankungen verbunden – wie rheumatische Leiden,

Diabetes oder Tumore. Allerdings ist der Schmerz dabei immer

selbst zu einer eigenständigen Erkrankung geworden, bei der

eine körperliche (somatische) Ursache nicht oder nicht mehr

vorhanden sein muss.

»Bei uns verlässt kein Patient den OP, ohne dass der Anästhesist zuvor ein individuelles Schmerz konzept

und eine entsprechende Anordnung erstellt hätte. Damit machen wir das Pflegepersonal handlungsfähig.«

Dr. med. Ulrich Ringeler, Paracelsus-Klinik Golzheim

Page 18: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

35Paracelsus-Magazin34

Waschen, lagern, Essen verabrei-chen – so sieht traditionell das Bild von der Arbeit von Kran-kenschwestern und Pflegern aus. Ganz stimmig war es noch

nie, weil in der Pflege immer schon mehr getan wur-de. Inzwischen aber ist das Bild vollends schief. Die Grundpflege mag zwar noch immer das »Kernge-schäft« sein, daneben haben aber andere Aufgaben stark an Bedeutung gewonnen.

Per Weiterbildung zur SchmerzexpertinSo zum Beispiel in der Paracelsus-Klinik Hemer. Hier arbeitet Anna-Tina Ullrich. Die ausgebildete Kran-kenschwester ist seit fünf Jahren eine Pain Nurse, zu deutsch: Schmerz-Schwester. In einer Fachweiterbil-dung lernte sie, was Schmerz ist, wie man ihn misst und erfasst und natürlich auch, wie man ihn be-kämpft. Ihr Arbeitsgebiet ist der Akutschmerzdienst. »Ich sorge zusammen mit den Ärztinnen und Ärzten dafür, dass die Patienten nach der Operation so we-nig Schmerzen wie möglich haben«, erklärt Ullrich. Dabei hilft modernste Technik wie eine patienten-gesteuerte Schmerzpumpe, die eine optimale Me-dikation ermöglicht. Aber natürlich kann man die Patientinnen und Patienten damit nicht ganz alleine lassen, sodass Schwester Anna-Tina regelmäßig nach dem Rechten schaut. Neben der Schmerzer-fassung und -bekämpfung geht es aber auch um Zwischenmenschliches: »Die persönliche Ansprache ist sehr wichtig«, weiß die 41-Jährige.

Dies gilt umso mehr, wenn der Schmerz nicht vo-rübergehend ist, wie der postoperative Akut-schmerz, sondern wenn er andauernd ist. Chroni-scher Schmerz ist die Profession von Alexandra La-

risch. Sie arbeitet in der Paracelsus-Klinik am Silbersee in Hannover-Langenhagen. Auch sie hat eine Fortbildung zur Pain Nurse absolviert, sich je-doch auf die Multimodale Schmerztherapie für chro-nisch Kranke spezialisiert. Maximal zwölf Schmerz-patientinnen und -patienten werden in der Klinik jeweils für 17 Tage intensiv betreut und behandelt. Dabei sind die Pain Nurses der Klinik so etwas wie die Schaltstellen der Behandlung. Welcher Patient macht was, wann und warum – Schwester Alexandra behält alles im Blick. »Wir müssen immer unsere Au-gen und Ohren offen halten, um zu sehen, was die Patienten brauchen«, so Larisch. Und dann werde im Team zusammen mit dem ärztlichen Personal entschieden, was das Mittel der Wahl ist.

Ansprechpartnerin und Managerin »Für bestimmte Entspannungsverfahren oder auch für Nordic Walking habe ich mich fortgebildet, so-dass ich sie selbst anleiten kann«, erzählt die 49-Jäh-rige. Doch es gebe eine Vielzahl weiterer – eben multimodale – Therapieangebote. Auch hier spielt der Faktor Menschlichkeit die entscheidende Rolle: »Die Patienten sind ja in der Regel in einem Schmerz-Kreislauf gefangen«, berichtet Larisch, »und wir versuchen, sie durch verschiedene Ansätze und Ideen, aber auch mit vielen aufbauenden und auffangenden Gesprächen dort herauszuführen.« Zwei Beispiele von ganz vielen. Denn Pain Nurses

und andere Schmerzexperten – zum Beispiel alge-

siologische Fachassistenten – sind inzwischen in

fast allen Paracelsus-Kliniken im Einsatz. Die einen

eher gegen den akuten, die andern eher gegen den

chronischen Schmerz. Immer jedoch für die Pati-

entinnen und Patienten. ¢

Die Pflege-ProfisPain Nurses. Die Pflege wird immer vielfältiger und anspruchsvoller. Bei den Paracelsus-Kliniken arbeiten daher immer mehr spezialisierte Fachkräfte – auch für das Thema »Schmerz«.

»Der Patient muss spüren, dass wir uns um ihn kümmern und er mit seinen Bedürfnissen ernst genommen wird.«

Anna-Tina Ullrich, Pain Nurse

Ob nach der OP oder bei der Betreuung von chronischen Schmerzpatienten: Pain Nurses spielen im Behandlungskonzept der Paracelsus-Kliniken eine zentrale Rolle.

Page 19: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin36

Stimulierender StromNeuromodulation. Die invasive Schmerztherapie ist nie das erste Mittel der Wahl. Aber oft ist es das erste, das verzweifelten Patientinnen und Patienten mit einer langen Leidensgeschichte wirklich hilft. Der Fortschritt auf diesem Gebiet ist rasant.

37

Wenn ein Mensch Schmerzen empfindet, werden Signale über das Rückenmark zum Gehirn geleitet.

Die Rückenmarkstimulation (SCS) verwendet einen implan-tierten Impulsgenerator und dünne Drähte mit Elektro den, um geringe Mengen elektri-scher Impulse an Nervenfasern zu übermitteln.

Diese elektrischen Impulse schwächen oder blockieren Schmerz signale an das Gehirn und verringern damit das Schmerzempfinden.

Scribonius Largus machte vermutlich den Anfang. Der römische Arzt soll als Erster erkannt haben, dass der Zitterrochen – ein Fisch, der wie der Zitteraal elektri-sche Stromstöße versetzen kann – bei

der Behandlung von Schmerzpatienten zu gebrau-chen ist. In seinem vor fast 2000 Jahren erschiene-nen Hauptwerk »Compositiones Medicae« empfahl er Menschen mit schlimmen Kopfschmerzen, sich einfach auf einen solchen Rochen zu stellen. Das konnte allerdings nicht nur für den Fisch, sondern auch für den Menschen äußerst unangenehm sein, wurden doch bei den elektrischen Stößen von Zit-terrochen Spannungen von bis zu 220 Volt gemes-sen.

Alles andere als HokuspokusSeitdem ist viel passiert. Auf Rochen muss sich zu-mindest niemand mehr stellen und auch die Angst, bei der Behandlung mit elektrischen Impulsen einen Schlag zu bekommen, ist heute völlig unbegründet. Neuromodulation heißt das »Zauberwort« – und das klingt für manchen Schmerzpatienten, der in den Genuss dieser »elektrisierenden Behandlung« ge-kommen ist, vermutlich noch nicht einmal übertrie-ben. Denn bei diesen Patienten handelt es sich

nicht um Menschen, bei denen es mal ab und zu zwickt und zwackt, sondern um welche mit unerträg-lichen chronischen Schmerzen und einer oft langen Krankheits- und Leidensgeschichte. Verzweifelte, oft hoffnungslose Menschen, die durch diese Behand-lung wieder neuen Lebensmut bekommen haben.

Mit Zauberei hat die Neuromodulation indes nichts zu tun, sondern mit einem großen medizi-nisch-technischen Fortschritt. Und mit einem Ver-fahren, das sich zwar zunehmend verfeinert und aus-differenziert hat, in seinen Grundzügen aber bereits seit den 1980er-Jahren etabliert ist. Das Revolutio-näre daran: Während früher als Ultima Ratio Nerven durchtrennt oder ganze Nervenzellverbände ver-kocht wurden, werden bei dieser Therapie die Ner-ven nur mit elektrischen Impulsen stimuliert und kein Gewebe nachhaltig zerstört. Alle Maßnahmen sind reversibel, alles ist vollständig rückgängig zu machen.

Angenehmes Kribbeln statt stechender SchmerzWenn das jemand wissen muss, dann Prof. Dr. med. Peter Hügler, Chefarzt an den Paracelsus-Kliniken in Adorf/Schöneck und Karlsruhe. Mehr als 100 Schmerzpatienten hat er allein 2016 so behan-

36 Paracelsus-Magazin

37

Page 20: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

39Paracelsus-Magazin38

bereits operiert wurden. Denn Studien belegen ein-deutig, dass eine zweite Operation in den seltens-ten Fällen etwas bringt. Vielfach wurde zudem nach-gewiesen, dass die relativ teuren Implantate durch reduzierte Medikamenteneinnahme und Vermei-dung weiterer diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen langfristig zumindest einmal kosten-neutral sind. Bleibt die Frage, warum die Integration der Neuromodulation in eine komplexe multimoda-le Schmerztherapie trotzdem noch nicht ganz gelun-gen scheint. Zum einen liegt das wohl daran, dass den meisten niedergelassenen Ärzten diese Thera-pieform noch nicht geläufig ist, glaubt Prof. Hügler. Zum anderen sei manch ein konservativer Schmerz- therapeut eben auch in dieser Hinsicht zuweilen et-was konservativ – das heißt, neuen Methoden nicht unbedingt aufgeschlossen.

Innerhalb der Paracelsus-Kliniken hat Prof. Hüg-ler dieses Problem glücklicherweise nicht. Hier läuft die Zusammenarbeit zwischen der neuen invasiven Schmerzklinik und dem schon länger bestehenden Zentrum für Schmerzmedizin in Adorf/Schöneck ver-trauensvoll, kollegial und mit kurzen Wegen: »Wir haben hier quasi fließende Übergänge zwischen den Abteilungen«, so der leitende Chefarzt Andreas Dunger. Wenn einem Patienten mit konservativen Methoden nicht geholfen werden könne, würde er einfach beim Kollegen vorstellig werden – und um-gekehrt. »Nicht jedem Patienten kann mit einer

invasiven Schmerztherapie geholfen werden. Für

diejenigen, für die dieses Verfahren infrage kommt,

ist es aber in aller Regel ein Segen.« ¢

delt. Damit gehört er europaweit zu den 20 führen-den Experten, in Deutschland ist er sogar in den Top Five. »Bei der Neuromodulation wird ein Neuro- stimulator – vereinfacht ausgedrückt: eine Art auf-ladbare Batterie, ähnlich einem Herzschrittmacher – implantiert. Und zwar je nach Beschwerden und Krankheitsbild an den peripheren Nerven, an einer Gruppe von Nervenzellen in der Wirbelsäule – dem sogenannten Spinalganglion – oder am Rücken-mark. Dieses kleine Gerät gibt dann schwache elek-trische Impulse ab, die die bisherige Schmerzweiter-leitung an den Nerven überlagern«, erklärt Prof. Hügler. Die Folge: Statt der gewohnten Schmerzen spürt der Patient plötzlich ein angenehmes Kribbeln oder ein warmes Gefühl.

Was kompliziert klingt, ist es auch. In Wirklich-keit ist es sogar noch weitaus komplizierter. Die gan-ze Bandbreite der Neuromodulation wird deutsch-landweit nur in wenigen Schmerzzentren angebo-ten. Die Paracelsus-Kliniken sind dabei mit ihren Schmerzkliniken in München, Bremen und Osna-brück gut aufgestellt; dort konzentriert man sich auf die Rückenmarks timulation (SCS). Prof. Hügler geht indes noch einen Schritt weiter und hat dafür 2016 an den Standorten Adorf und Karlsruhe eigens Klini-ken für Neuromodulation und invasive Schmerzthe-rapie aufgebaut. Stimuliert werden dort nicht nur die Nerven im Rückenmark, sondern auch bestimm-te periphere Nerven oder Nervenregionen, bei-

spielsweise bei Migräne im Kopf. Darüber hinaus hat er mit der – Achtung: Bandwurmwort – Nerven-wurzelganglionstimulation (DRGS) ein weiteres Ver-fahren etabliert, das es erst seit Kurzem gibt und das nur von Spezialisten für Neuromodulation durchge-führt werden darf. Geeignet für dieses Therapiever-fahren sind Patienten, bei denen die Schmerzen ganz exakt lokalisiert und bis zu vier Nerven mit ei-ner Sonde versehen werden können. »Das absolut Neue und damit Spektakuläre an diesem Verfahren ist, dass es gelingt, jeden Nerv für sich zu stimulie-ren. Der Nerv wird dort angeregt, wo er die Wirbel-säule verlässt, ohne dass das Rückenmark verletzt oder mitstimuliert wird. Dies macht es möglich, Menschen zu helfen, bei denen nur einzelne Nerven für die Schmerzen verantwortlich sind«, erläutert Prof. Hügler das neue Verfahren.

Eine echte medizinische InnovationGesteuert wird die Sondenspannung über einen Mi-nicomputer, den der Patient zuerst außen am Kör-per trägt. Wenn alles nach Plan läuft, wird das Gerät nach zwei Wochen unter die Haut implantiert: knapp unterhalb des hinteren Beckenknochens. Über eine Smartphone-App kann der Patient die Spannung selbst anpassen, wenn der Schmerz stärker wird. »Das ist ein großer Unterschied gegenüber vielen anderen neurochirurgischen Behandlungen. Hier kann der Patient erst einmal in Ruhe ausprobieren, ob das Verfahren überhaupt hilft. Erst dann ent-scheidet er, ob wir den Generator implantieren sol-len«, so Prof. Hügler.

Insbesondere für Patienten, die bereits mit an-deren Therapieansätzen gescheitert sind, ist die Neuromodulation oft das Mittel der Wahl, vielleicht gar die letzte Chance auf ein schmerzarmes Leben. Das gilt zum Beispiel für viele Rückenpatienten, die

Die Experten für Neuromodulation

Zur Neuromodulation gehört die Anwendung von implantierbaren

Systemen zur chronischen Stimulation von peripheren Nerven (PNS), den

spinalen Ganglien (DRG), dem Rückenmark (SCS) oder dem Gehirn (THS).

› Die Tiefe Hirnstimulation (THS) wird in der Paracelsus-Elena-Klinik

Kassel 1 u. a. zur Behandlung von Parkinson-Patienten eingesetzt.

› Die Rückenmarkstimulation (SCS) wird in den Paracelsus-Kliniken in

München 2 , Osnabrück 3 , Hemer 4 und Bremen 5 angeboten.

› Alle Formen der Neuromodulation zur Schmerzreduktion – also nicht

die THS – werden an den Paracelsus-Kliniken in Adorf/Schöneck 6 ,

Bremen 5 und Karlsruhe 7 angeboten.

Größenvergleich:

Mini-Neurostimulator

und eine menschliche

Hand

»Der große Vorteil bei dieser Behandlung ist, dass man erst einmal in Ruheausprobieren kann, ob dasVerfahren überhaupt hilft. Erst dann wird entschieden, ob ein Neurostimulator implantiert werden soll.«

Prof. Dr. med. Peter Hügler, Facharzt für invasive Schmerzmedizin, Chefarzt an den Paracelsus-Kliniken in Adorf/Schöneck und Karlsruhe

5

3

41

2

7

6

»Wir entscheiden gemeinsam und kollegial, welche Behandlung jeweils dieam besten geeignete ist.«

Dipl.-Med. Andreas Dunger, Facharzt für spezielle Schmerzmedizin, Chefarzt an der Paracelsus-Klinik in Adorf/Schöneck

Page 21: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Wolfgang will wieder wandern

Operationen. Lass dich bloß nicht operieren! So lautet oft der wohlmeinende Rat bei Rückenschmerzen. Dabei ist das manchmal das Einzige, was noch helfen kann. Aber wie läuft so eine Operation eigentlich ab? Und was passiert da genau? Eine OP-Reportage, nichts für schwache Nerven – aber mit Happy End.

Wolfgang Lippach hat einen Traum: Noch einmal nach Süd-tirol fahren und wandern. Wie damals, im Sommer 2015. Er war gerade in Rente gegangen

und hatte sich vorgenommen, den Ruhestand mit seiner Frau zu genießen. Zuvor hatte er 42  Jahre lang als Fernfahrer gearbeitet, die ersten 20 Jahre davon in der DDR. Ein Knochenjob, im wahrsten Sinne des Wortes. »Die Sitze waren damals ja nicht so bequem und gepolstert wie heute«, so Lippach. Wie sehr das auf seine Knochen und Gelenke ging, merkte er, nachdem er aus Südtirol zurück nach Iser-lohn gekommen war: der erste Bandscheibenvorfall. Weitere folgten.

Seither hält sich Lippach vorwiegend im Bett auf. Stehen und laufen kann er – trotz dreimal täg-

lich Schmerztabletten – fast gar nicht mehr. Treppen kommt er manchmal nur auf allen Vieren hoch. Mit dem Leiden begann auch eine Arzt-Odyssee, ohne Erfolg. Doch dann las seine Frau in der Zeitung, dass die Paracelsus-Klinik Hemer seit April 2016 ei-nen neuen Chefarzt in der Wirbelsäulenchirurgie habe: Dr. med. Arnd Peter Schmidt, ein ausgewiese-ner Experte auf diesem Gebiet. Lippach schöpfte neue Hoffnung, die sogar noch einmal zunahm, nachdem er bei dem neuen Arzt in der Sprechstun-de war. Dabei war eine Operation das Letzte, was er ursprünglich wollte. Ein Misstrauen gegenüber sei-ner Profession, das Dr. Schmidt zu seinem großen Bedauern sehr oft zu spüren bekommt. Denn: »Manchmal muss man einfach operieren und es wäre regelrecht fahrlässig, zu lange damit zu war-ten«, so der 47-jährige Facharzt für Orthopädie

Paracelsus-Magazin40

Page 22: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

lich wird die Narkose eingeleitet. Schon wenige Sekunden später bekommt Lippach nichts mehr mit. Nicht nur das Schmerzempfinden, auch das Be-wusstsein ist komplett ausgeschaltet. »Meine Auf-gabe ist es, den Patienten ab jetzt und während der kompletten Operation in Homöostase, also in ei-nem Gleichgewichtszustand zu halten«, erklärt Lass-hoff. Doch jetzt muss der Patient erst einmal präpa-riert, das heißt für die eigentliche Operation vorbe-reitet werden. Allein das dauert fast eine halbe Stunde. Dann wird die Wirbelsäule noch einmal geröntgt, um aktuelle Bilder zu haben. »Wir müssen wissen, wo wir hinwollen. Nicht, dass wir an der fal-schen Stelle aufschneiden«, scherzt Dr. Schmidt. Vor dem ersten Schnitt wird das sogenannte »Team-Time-Out« durchgeführt. Bei diesem letzten Inne-halten vor der Operation überprüft das OP-Team noch einmal alle patientenrelevanten Daten anhand einer Checkliste auf ihre Richtigkeit. »Fehlervermei-dung ist ein großes Thema in der Chirurgie«, so der leitende Oberarzt Murad Rahman, der Dr. Schmidt heute zur Hand geht.

Die OP beginnt. Jetzt wird es ernst.Die Operation wird mit einem Schnitt über den Dornfortsätzen der unteren Lendenwirbelsäule er-

öffnet. Danach wird das Fettgewebe und die Mus-kelhülle eingeschnitten und die Streckmuskulatur zur Seite geschoben. Der Einschnitt ist tief, am Ende klafft eine rund 15 Zentimeter lange, fast zehn Zen-timeter tiefe Wunde im Rücken. Der Herzschlag des Patienten wird als regelmäßiges Piepsen in den OP-Saal übertragen, sodass man hören kann, wenn es schneller, langsamer oder unregelmäßiger tönen würde. In der Luft liegt ein beißender Gestank. »Das ist der Geruch von verbranntem Fleisch«, heißt es lapidar. Und dann noch zur Erklärung: Das Gewebe ist nicht mit einem herkömmlichen Skalpell durch-trennt worden, sondern mit einem Elektroskalpell, das die betroffenen Gefäße gleichzeitig verschließt und so die Blutung stillt.

Bis zu zwei Liter Blut kann ein Mensch während einer Operation verlieren, ohne dass es kritisch

und Unfallchirurgie. Und nachdem er Lippach gründlich untersucht hatte, stand für ihn fest: Er ist genau solch ein Fall. Denn ähnlich wie am Knie oder anderen Gelenken können auch die Facettengelen-ke, die jeweils zwei Wirbelkörper an den Gelenkfort-sätzen miteinander verbinden, verschleißen und Arthrose bekommen. Durch die so entstehende In-stabilität kann es – wie bei Lippach – zu einem Wir-belgleiten kommen. Das macht den Spinalkanal en-ger und erzeugt so unerträgliche Rücken-, aber auch Gesäß- und Beinschmerzen. »Wir müssen eine Fusion und Stabilisierung hinbekommen. Im Volks-mund heißt das auch Versteifung, aber das hört sich so schrecklich an«, erklärt der Arzt. »Dabei legen wir zum einen den Nervenkanal wieder frei, zum ande-ren stabilisieren wir das System Wirbelsäule in den beiden betroffenen Segmenten mit Schrauben und Platzhaltern.« So der Plan. Rund vier bis fünf Stun-den wird die Operation insgesamt dauern, schätzt der Chirurg.

Die Schmerzen waren größer als die AngstSchon bald nach der Diagnose ist es so weit. Wolf-gang Lippach ist stationär in der Paracelsus-Klinik aufgenommen worden und wartet auf seinem Bett darauf, dass er abgeholt wird. Das Frühstück fiel be-reits aus, der Patient muss für die Operation nüch-tern sein. Nur einen »Kurzen« darf er sich genehmi-gen: Es ist eine sogenannte Prämedikation gegen Übelkeit sowie ein Beruhigungsmittel. So beunru-higt ist Lippach jedoch gar nicht. Zumal ihm Dr. Schmidt noch die Sorge vor einer drohenden Quer-schnittslähmung nimmt: »Wir operieren ja nur im unteren Bereich der Wirbelsäule, da gibt es kein Rückenmark, das verletzt werden könnte.« Auch an-sonsten wirkt Lippach kurz vor der Narkose gelas-sen. »Bei mir sind einfach die Schmerzen und der Leidensdruck zu groß, um Angst zu haben«, erklärt er. Und dann noch: »Ich habe volles Vertrauen zu Dr. Schmidt und die große Hoffnung, dass er mir helfen kann. Denn so kann ich nicht weiterleben.«

Nachdem der Patient »eingeschleust« wurde, also im aseptischen Bereich auf dem OP-Tisch liegt, übernimmt die Anästhesistin Petra Lasshoff. Sie schließt ihn an Geräten wie dem EKG an, um eine lückenlose Überwachung sicherzustellen. Schließ-

»Manchmal muss man einfach operieren und es wäre regelrecht fahrlässig, zu lange damit zu warten.«

Dr. med. Arnd Peter Schmidt, Chefarzt in der Wirbelsäulenchirurgie in Hemer

/1/ Dr. Arnd Peter Schmidt spricht Wolfgang Lippach vor der

Operation Mut zu. Doch die Hoffnung ist bei ihm ohnehin größer

als die Angst. /2/ Anhand eines Wirbelsäulenmodells bekommt

Lippach noch einmal den operativen Eingriff erklärt. /3/ Nachdem

der Patient »eingeschleust« wurde, bereitet Anästhesistin Petra

Lasshoff die OP vor. /4/ Patientensicherheit hat oberste Priorität.

Erst nach dem sogenannten »Team-Time-Out« geht es los.

/5/ Auch während der Operation werden immer wieder Röntgen-

aufnahmen der Wirbelsäule gemacht.

4342 Paracelsus-Magazin

1

2

3

4

5

Page 23: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin 45

Schmerzen hat. Denn ansonsten könnte es üble Spätfolgen haben: »Es gibt ein Schmerzgedächtnis im Unterbewusstsein, das alle Schmerzen spei-chert«, so die Anästhesistin. Selbst wenn sich der Patient nicht bewusst an Schmerzen erinnert, könn-te es passieren, dass er plötzlich auf den kleinsten Impuls mit großen Schmerzen reagiert.

Pinzette! Skalpell! Tupfer!Zurück zum OP-Tisch. Hier herrscht konzentrierte Stille, nur das Piepen des Herzschlags ist zu hören sowie die knappen Anweisungen der Operateure an die OP-Schwester, die man aus Arztfilmen kennt: Pinzette! Skalpell! Tupfer! Schließlich werden mit ei-nem Schraubendreher sechs große Schrauben in die Wirbelkörper gedreht und mit Stäben verbun-den. Mit aktuellen Röntgenaufnahmen wird kontrol-liert, ob die Schrauben korrekt sitzen. Sie ähneln nur auf den ersten Blick Schrauben, wie man sie aus dem Baumarkt kennt. Tatsächlich sind auch sie Hightech-Medizinprodukte. So haben sie eine spe-zielle Titan-Legierung, die der dauerhaften Belas-tung an der Wirbelsäule standhält.

Bei der Freilegung und Erweiterung des Spinal-kanals – der Nervenkanal, der von der Halswirbel-säule bis hinunter zum Kreuzbein verläuft – wird auch grobes Gerät eingesetzt, um morsche Kno-chen- und Weichteile zu entfernen. Das Hämmern klingt dumpf und hohl. »Nur das Kreuzbein macht solche Geräusche«, weiß Rahman. Schließlich ist al-les überschüssige Knochengewebe entfernt, das auf die empfindlichen Nerven gedrückt und so die Schmerzen verursacht hat. Am Ende werden die freigeräumten Bandscheibenfächer zwischen den Wirbeln mit einem Bandscheibenersatz – einer Art Käfig, der mit körpereigenem Knochengewebe und Knochenersatzmaterial gefüllt wird – gestützt. Jetzt muss nur noch die Wunde verschlossen werden. Dann kann der Patient auf die Intensivstation verlegt werden. Wenn alles nach Plan verläuft, wird Wolf-gang Lippach schon in einigen Minuten aufwachen. Und dann? Wird er dann wieder ein völlig schmerz-

freies Leben führen können? »Naja, das ist vielleicht ein etwas zu hoch gestecktes Ziel«, dämpft Dr. Schmidt überzogene Erwartungen. »Aber er wird ganz sicher von der Operation profitieren. Sonst hätten wir das ja auch nicht gemacht.«

Operation gelungen, Patient wohlaufEine Woche später. Anruf bei Wolfgang Lippach, der schnell und auffällig gut gelaunt ans Telefon geht. Natürlich habe er sich gefreut, alles gut über-standen zu haben, als er aus der Narkose aufwach-te, berichtet er. Und als er dann noch mit den Zehen wackeln konnte, habe er sich noch mehr gefreut – die Angst vor einer Querschnittslähmung schwingt bei Rücken-OPs eben doch immer mit, ist sie auch noch so ausgeschlossen. Dann erzählt er, dass er völlig schmerzfrei sei und schon im Kranken-haus herumlaufen würde, gar Treppen ge-stiegen sei. Und der Traum, wieder in

Südtirol wandern gehen zu können?

»Der ist jetzt in greifbare Nähe ge-

rückt. Aber schon jetzt bin ich so rich-

tig glücklich!« ¢

wird und substituiert werden muss. Bei Patient Lip-pach wird es nicht kritisch. Dennoch muss viel Blut aus der Wunde abgesaugt werden – mit einem Ge-räusch, das man vom Zahnarztbesuch nur zu gut kennt. Außerdem wird ein blutiger Lappen nach dem anderen in die Metallschale geworfen, die di-rekt neben dem Mülleimer hängt. Warum sie nicht direkt in den Mülleimer geworfen werden? Pflege-kraft Christian Schäfer erklärt: »Alle Lappen, Kom-pressen, Nadeln und so weiter werden vor und nach der OP penibel gezählt. Und wehe, die Zahlen stim-men nicht überein.« Dann müsse nämlich so lange gesucht werden, bis sich der Ausreißer findet. Im schlimmsten Fall müsse der Patient noch einmal geröntgt werden. Denn ein im Körper vergessenes Instrument oder auch nur die kleinste Kompresse könnte später schwere Komplikationen hervorrufen.

Sobald der Blutdruck und die Herzfrequenz stei-gen oder wenn der Patient gar anfängt mitzuatmen, ist es höchste Zeit für mehr Schmerzmittel. Der »sportliche« Ehrgeiz der Anästhesistin ist, dies vor den Operateuren mitzubekommen. Schließlich will man sich keine stichelnden Bemerkungen der Kolle-gen einfangen, sind sie auch noch so humorvoll ge-meint. Doch auch abgesehen davon, ist es wichtig, dass der Patient während der Operation keine

»Ich empfinde eine große Erleichterung – und eine noch größere Dankbarkeit!«

Wolfgang Lippach, Patient

Die Kreuz-Experten Die Paracelsus-Kliniken haben bundesweit spezialisier-

te Zentren und Abteilungen für Wirbelsäulenchirurgie

aufgebaut.

Adorf/Schöneck – 1

Bad Ems – 2

Bremen – 3

Hemer – 4

Henstedt-Ulzburg – 5

Karlsruhe – 6

Langenhagen – 7

München – 8

Osnabrück – 9

Reichenbach – 10

Zwickau – 11

Am OP-Tisch herrscht konzentrierte Stille, nur das Piepen des Herzschlags ist zu hören sowie die knappen Anweisungen der Opera-teure an die OP-Schwester, die man aus Arztfilmen kennt: Pinzette! Skalpell! Tupfer!

3

5

79

2

4

8

6

10111

Page 24: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

47

Wie sieht das aus – Verantwortung übernehmen? Unser Ansatz für Patienten, die an länger andau-ernden Schmerzzuständen leiden, beruht auf einem verhaltenstherapeutischen Konzept, der sogenann-ten »Verhaltensmedizinisch Orthopädischen Rehabilitation« (VMO). Hierbei waren wir Pioniere: Wir waren eine der ersten Kliniken, die dieses Konzept im Jahr 2003 etablierten und seitdem immer weiterentwickelt haben. Vieles daraus ist in die neuen Richtlinien der deutschen Rentenversi-cherung zu diesem Behandlungsansatz eingeflos-sen. Es geht darum, das Verhalten der Patienten positiv zu verändern. Zunächst schaffen wir ein Bewusstsein dafür, in welchen Situationen der Schmerz auftritt, welche Gefühle dabei eine Rolle spielen, wie der Betreffende mit dem Schmerz umgeht. Ist er eher der Typ »Augen zu und durch« oder vermeidet er angstvoll jede Bewegung, die Schmerzen verursachen könnte?

Und was tun die Patienten konkret während ihres Aufenthaltes? Die Patienten sind vom Aufnahmetag ein Teil einer Gruppe. Es entsteht sehr viel Vertrauen und Offenheit durch eine solch stabile Gruppe. Wenn dem Einzelnen klar wird, dass er selbst etwas an den Schmerzzuständen verändern kann, kommt Bewegung in die Sache. Ergänzt werden die Gespräche und Reflexionen durch spezielle Sporttherapie, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Qi Gong und Feldenkrais. Soweit medizinisch angezeigt, bieten wir darüber hinaus Akupunktur oder eine individuell angepasste medikamentöse Schmerztherapie an. Ganz wichtig ist mir dabei, dass die Patienten Vorschläge und Anleitung bekommen, wie sie das Erlernte auch nach der Reha in ihrem Alltag umsetzen können.

Für eine Fachärztin für Orthopädie ist das ein sehr ungewöhnlicher Ansatz, oder? Die Konsequenz, mit der wir diesen ganzheitlichen Weg verfolgen, ist sicherlich noch selten. Die Tendenz innerhalb des Fachgebietes geht aber eindeutig in Richtung einer psychosomatischen Sichtweise bei der Behandlung orthopädischer Erkrankungen, die von einem Zusammenhang zwischen körperlichen und seelischen Beschwerden ausgeht. Der Rücken als Spiegel der Seele – diese

Auffassung setzt sich immer mehr durch. ¢

46 Paracelsus-Magazin

Chronische Rückenschmerzen gelten als »Volkskrankheit«. Was zeichnet Ihren Behandlungsansatz in der Orthopädischen Schmerztherapie aus?

Lassen Sie es mich so sagen: Die Patienten lernen mit unserer Hilfe eine neue Haltung. Das ist nicht körperlich gemeint, sondern auf den Umgang mit den chronischen Schmerzen. Viele unserer Patien-ten sind schon seit Jahren von Arzt zu Arzt und von Spritze zu Massage zu Fangopackung und zurück

unterwegs. Alles Mögliche haben diese Menschen unternommen, aber die Schmerzen sind immer noch da. Wer diese passiven Therapieansätze erwartet, den muss ich enttäuschen. Wir sind keine Reparaturwerkstatt. Wir fordern unsere Patienten auf, selbst etwas zu tun. Und das bedeutet zu-nächst einmal, Verantwortung für den Schmerz zu übernehmen. Wir möchten unseren Patienten gerne zeigen, dass sie selbst ganz viel dazu bei- tragen können, ob Schmerzen ihr Leben dominie-ren oder eben nicht.

Orthopädische Schmerztherapie. Auch Rehakliniken haben sich auf die Behandlung chronischer Rückenschmerzen

spezialisiert. Worauf es dabei ankommt, erklärt Chefärztin Dr. Désirée Herbold von der Paracelsus-Klinik an der Gande.

Verantwortung für den Schmerz

»Ganz wichtig ist mir, dass die Patienten Vorschläge und Anleitungbekommen, wie sie das Erlernteauch in ihrem Alltag umsetzen können.«

Dr. med. Désirée Herbold, Chefärztin der Paracelsus-Klinik an der Gande in Bad Gandersheim

Die Experten für orthopädische Reha Die orthopädische Rehabilitation der Paracelsus-Kliniken

umfasst ein breites Spektrum innovativer und ganzheitlicher

orthopädischer Reha-Programme.

Paracelsus-Klinik an der Gande

in Bad Gandersheim – 1

Paracelsus-Rotenfelsklinik

in Bad Münster – 2

Paracelsus-Klinik

Am Schillergarten in Bad Elster – 3

3

1

2

Page 25: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin48

Sch?#*e!

Wissenschaft und Aberglaube

Was (angeblich) gegen Schmerzen hilft: Neues, Kurioses und Altbewährtes

49

SchlafWer zu wenig schläft, erhöht seine

Schmerzempfindlichkeit. Diese Schluss-folgerung lassen tierexperimentelle Studien von Forschern der Harvard Universität zu. Sie hielten in einer

Versuchsreihe Mäuse vom Schlaf ab und stellten fest: Je müder die Tiere waren, desto geringer war die Schwelle, ab der

es zu einer Schmerzreaktion kam. Die Ergebnisse können der Studie zufolge auch für die Behandlung von chroni-schen Schmerzen genutzt werden. So

sollen auch Schmerzpatienten womög-lich von einem verbesserten Schlafver-

halten profitieren.

KatzenBereits im Mittelalter war man sich

der Heilkraft von Tieren bewusst. So galt die auf den Bauch gelegte Katze als probates Mittel gegen Schmerzen. Und

zwar nicht nur wegen ihrer Wärme! Denn eine Katze erzeugt mit ihrem

Geschnurre Infraschallwellen, die der Mensch zwar nicht hören, aber als

wohltuende und beruhigende Vibratio-nen wahrnehmen kann. Um diesen

Effekt zu simulieren, gibt es mittlerweile sogar Katzenschnurr-Geräte – für dessen

Erwerb an dieser Stelle jedoch aus-drücklich nicht geworben wird. Dann doch lieber einen echten Stubentiger.

AlkoholForscher der Greenwich Universität

in England haben wissenschaftliche Beweise dafür gefunden, dass Alkohol ein effektives Schmerzmittel ist. Effekti-ver, als manch andere handelsübliche Schmerzmittel. Eine Dauerlösung ist

dies jedoch nicht. Denn die schmerzstil-lende Menge Alkohol übersteigt die für den Körper unbedenkliche Tagesdosis,

so die Forscher.

SchneckenGegen Kopfschmerz empfahl der

Universalgelehrte Plinius im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung

abgeschnittene Köpfe von Schnecken. Auch bei schmerzhaftem Harndrang riet er zu Weichtieren: »Nachdem man drei Schnecken aus den Schalen genommen

und zerquetscht hat, trinkt man sie in einem Schöpfbecher Wein.«

MusikMusiktherapie in der Behandlung

von chronischen Schmerzen wurde bisher offenbar unterschätzt. Neue

Studien zeigen jedoch, dass die Klänge einen heilsamen Hormon-Cocktail im Körper freisetzen, der nicht nur das

Wohlbefinden steigern, sondern auch Schmerzen lindern könne. So ganz neu ist die Erkenntnis freilich nicht: Schama-nen stimmten wahrscheinlich schon in der Steinzeit Heilgesänge an, um ihren

Patienten zu helfen. Und in den Kulturen der amerikanischen Ureinwohner und

bei vielen afrikanischen Naturvölkern ist Singen und Trommeln noch heute fester

Bestandteil der Heilrituale.

FluchenLautes Fluchen hilft gegen den

Schmerz. Dieser Zusammenhang wurde bereits 2009 wissenschaftlich nachge-wiesen (wofür der englische Professor Richard Stephens sogar den IG-Nobel-

preis bekam). Allerdings hilft das Fluchen nur gegen den akuten Schmerz,

wenn man sich zum Beispiel mit dem Hammer auf den Daumen schlägt. Nicht

aber bei chronischen Schmerzen.

Page 26: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin50 51

Gibt es bei Schmerz immer eine körperliche Ursache?In der Regel schon, aber eben nicht immer. Die meisten Patientinnen und Patienten und leider auch noch

viele Ärztinnen und Ärzte reduzieren Schmerz gerne auf seine Rolle als Warnsignal. So ist die Auffassung verbreitet, dass nur sensorische Reize zu Schmerzempfindungen führen können und die Intensität des Reizes direkt das Ausmaß der wahrgenommenen Schmerzen bedingt. Nach der Devise: Ist eine körperliche Schädigung nicht nachweisbar, kann der Mensch auch keine Schmer-zen haben, er muss sie sich einbilden.

Um welche Schmerzen handelt es sich bei diesen Patientinnen und Patienten?Das ist ganz unterschiedlich. Die Schmerzen be- stehen nur in einer Körperregion oder gleichzeitig in mehreren Regionen, wie Kopf, Rücken, Schulter, Arm, Brust, Bauch oder Unterleib. Gerade Wirbel-säulenprobleme sind sehr oft psychogen mit- bedingt. Und da kann man auch besonders gut sehen: Es gibt Menschen, die eine völlig krumme Wirbelsäule haben und keinerlei Beschwerden haben, und es gibt eben andere, die unter heftigs-ten Rückenschmerzen leiden, deren Wirbelsäule aber radiologisch völlig unauffällig ist.

Woher kommt der Schmerz dann?Das versuchen wir in der Therapie gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten herauszufinden. In der Behandlung der somatoformen Schmerz- störung geht es also weniger um Schmerzbewälti-gung oder »mit den Schmerzen leben« zu lernen, sondern um die psychotherapeutische Bearbeitung der zugrunde liegenden Konflikte. Das hat oft mit Ängsten oder Depressionen zu tun, kann aber auch mit hochtraumatischen Erlebnissen wie sexuellen Übergriffen oder körperlicher Gewalt in der Kind- heit zu tun haben. Wir wissen aus Erfahrung, dass sich so etwas gewissermaßen in der Seele nieder-schreibt und dann auch heute noch in körperlichen Syndromen wie Schmerz zeigen kann.

Und wie wird das dann behandelt?Unserer Arbeit liegt das sogenannte biopsychoso-ziale Modell zugrunde, das biologische und psychische Faktoren sowie soziale Beziehungsfak-toren einbezieht. Der Ansatz ist zudem multimodal, besteht also aus verschiedenen Behandlungsme-thoden. Neben den genannten psychotherapeu-tisch-analytischen Ansätzen arbeiten wir auch körperlich-physikalisch mit unseren Patientinnen und Patienten, also mit Krankengymnastik, Rücken-schule und vielem mehr. Hinzu kommen diverse Entspannungsverfahren – Tai-Chi, Singen, Musik oder Sport – und andere Formen der Kunst- und Kreativtherapie. Letztlich geht es immer darum, sehr individuell zu schauen, wie man einem Menschen konkret am besten helfen kann.

Gewinnt die Erkenntnis, dass auch psycho- somatische Aspekte bei der Behandlung von Schmerzpatientinnen und Schmerzpatienten

Und das ist falsch?Ja, in manchen Fällen schon. Schmerz kann auch im Gehirn selbst entstehen. In der Psychosomatik geht es um die Wechselwirkung zwischen Körper und Seele. Und deshalb haben wir hier in der Paracelsus-Wittekindklinik in Bad Essen relativ häufig mit Patientinnen und Patienten zu tun, die sogenannte Somatisierungsstörungen nach der ICD-10 haben, also organisch nicht ausreichend erklärbare chronische Schmerzen, die auf psychi-scher Basis entstehen.

Kommen die Patientinnen und Patienten dann schon mit diesem Befund zu Ihnen?Sie bringen meistens ihre Vorbefunde mit, aber wir führen in unserer Reha-Klinik natürlich auch immer selbst diagnostische Untersuchungen durch. Dazu muss man wissen, dass die Betroffenen häufig eine lange Leidensgeschichte und damit verbun-den eine Arzt-Odyssee durchgemacht haben. Sie werden von einem Facharzt nach dem anderen untersucht, machen sich Hoffnungen, dass endlich eine körperliche Ursache gefunden wird, und werden doch immer wieder enttäuscht. Aber auch wenn sich bei der somatoformen Schmerzstörung keine auffälligen organischen Befunde, Laborver- änderungen oder Auffälligkeiten im Röntgenbild finden, gibt es für sie ja keinen Zweifel daran, dass ihre Schmerzen echt und nicht eingebildet sind.

zu berücksichtigen sind, Ihrer Beobachtung nach an Bedeutung? Es wird zumindest immer mehr erkannt, dass in manchen Fällen eine interdisziplinäre und multi- modale Behandlung sinnvoll ist. Noch vor Jahren wäre es eher undenkbar gewesen, dass Psychoso-matiker in Akutkliniken einbezogen werden. Heute passiert das immer häufiger. Ganz aktuell bin ich zum Beispiel gerade mit Dr. med. Henning Stubbe, dem Ärztlichen Direktor der Paracelsus-Klinik Osnabrück, im Gespräch, wie unsere Kliniken gemeinsam Schmerzpatienten helfen können. ¢

Psychologie. Manchmal ist physisch alles in Ordnung, weh tut es dennoch – und zwar richtig heftig und chronisch. Dr. Peter Subkowski, Ärztlicher Direktor des Paracelsus- Therapiezentrums Bad Essen, über den Zusammenhang zwischen Körper und Seele.

Schmerzen ohne Grund?

»Selbst wenn man keineauffälligen Befunde, Labor ver-änderungen oder Auffälligkeiten im Röntgenbild findet, gibt esja für die Betroffenen keine Zweifel, dass ihre Schmerzen echt und nicht eingebildet sind.«

Dr. med. Peter Subkowski, Chefarzt am Paracelsus- Therapiezentrum Bad Essen

Page 27: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

53

Der Schlafmohn erfreut sich im Mittel-meerraum großer Beliebtheit – und nicht nur als Zierpflanze. Keilschriften aus der Zeit 4000 v. Chr. berichten erstmals über die pharmazeutische Wirkung des aus ihm gewonnenen Opiums.

Die Weidenrinde wird bereits in den frühen Hochkulturen als Mittel gegen Fieber und Schmerzen aller Art einge-setzt. Der griechische Arzt und Gelehrte Hippokrates wird im fünften Jahrhundert vor Christus zu einem ihrer bekanntes-ten Fürsprecher. Inzwischen weiß man, dass in der Weidenrinde eine Vorläufer-substanz von Salicylsäure (Salicin) vorhanden ist, die im menschlichen Körper in den aktiven Wirkstoff umge-wandelt wird.

Neben dem Schlafmohn und der Weide, den beiden hauptsächlichen Pflanzen zur Herstellung von Schmerzmitteln der menschlichen Ur- und Vorgeschichte, finden sich noch zahlreiche weitere Pflanzenarten, die aber meist nur regio- nale Verbreitung finden, da sie für ihr Wachstum bestimmte Bedingungen benötigen. Dazu gehören unter ande-rem: Pestwurz, Teufelskralle, Arnika, Brennnesselwurzel, Indischer Weihrauch, Sonnenhut (Echinacea) und eben Hanf.

Im Jahr 1804 wird aus Opium erstmals der Wirkstoff Morphium bzw. Morphin isoliert – benannt nach Morpheus, dem griechischen Gott der Träume. Als stark wirkendes Schmerzmittel kommt es schon bald auf den Markt und wird gerne und häufig eingesetzt.

Einige Chemiker arbeiten daran, die aus der Rinde der Silberweide gewonnene Salicylsäure zu »veredeln«. Schließlich gelingt die Herstellung der sogenann-ten Acetylsalicylsäure (kurz: ASS), für die am 1. August 1898 erstmals ein US-Patent erwirkt wird. Anfang des 20. Jahrhunderts kommt Bayer damit unter dem Namen Aspirin auf den Markt; schnell wird es zum Renner in der Schmerzmittel-Branche.

Die pharmakologischen Wirkungen von Hanf (Cannabis) rücken zunehmend in den Fokus der medizinischen For-schung. Verantwortlich für die – unter anderem – schmerzstillende Wirkung sind bestimmte Inhaltsstoffe, sogenann-te Cannabinoide. Als synthetisch her- gestelltes und zugelassenes Arzneimittel wird beispielsweise Dronabinol heutzu-tage bei neuropathischen Schmerzen, wie etwa Multipler Sklerose, eingesetzt.

Kräuterfrauen kochen im Mittelalter die Weidenrinde auf und bereiten ein bitteres Gebräu, das Schmerzen lindern und Entzündungen vertreiben soll. Allerdings gerät das Naturheilmittel etwas in Vergessenheit, als das Pflücken der Weiden unter Strafe gestellt wird, weil man die Zweige dringend für die Korbherstellung benötigt.

Heute wird Acetylsalicylsäure in zahl- reichen Darreichungsformen und unter vielen Namen angeboten (z. B. Alka- Seltzer). Darüber hinaus gibt es aber inzwischen eine Vielzahl anderer schmerzstillender Arzneimittel, die wie ASS nicht auf die sogenannten Opioid-Rezeptoren einwirken, sondern stattdessen schmerzauslösende bio- chemische Prozesse im Körper unter- drücken – wie Paracetamol, Ibuprofen oder Metamizol.

Schmerzen sind – so glaubt man im Mittelalter – eine Strafe Gottes. Deshalb wird die Einnahme von Schlafmohn respektive Opium vielerorts verboten. Einen Boom dagegen erlebt die Pflanze im asiatischen Raum, wo sie nun zunehmend angebaut wird.

Diverse Hausmittel gegen Schmerzen sind im Gebrauch. Aus Hanf werden dabei insbesondere Mittel zur Linderung von Wehenkrämpfen und nachgeburtli-chen Schmerzsymptomen gewonnen. Man kann sich dabei auf Schriften von Plinius dem Älteren und Pedanios Dioskurides berufen, die bereits vor rund 2000 Jahren die heilsame Wirkung des Hanfes bzw. der Hanfsamen bei Schmerzen beschrieben.

Angesichts der starken suchterzeugen-den Wirkung des Morphins forscht man nach alternativen Substanzen mit ähn-lich schmerzstillender Wirkung. Heute gibt es eine Menge sogenannter Opi-oide. Darunter versteht man natürliche und synthetische Substanzen, die auf die sogenannten Opioid-Rezeptoren im Nervengewebe wirken (zum Beispiel Methadon).

Am Anfang war die Weide Schmerzmittel. Mittel gegen Schmerzen

gibt es schon so lange, wie es Menschen gibt. Doch seit unser Urahn auf einem Stück Weiden rinde herumgekaut hat, ist viel passiert. Ein historischer Überblick.

Mittelalter NeuzeitAltertum

Mo

hn &

Co

Wei

de

& C

oH

anf

& C

o

Was hilft (wann)?Analgetika (Schmerzmittel) gibt es heutzutage zuhauf auf dem Markt; auch einige freiverkäufliche oder welche, deren Wirkung nicht belegt ist. Zudem wirkt jedes Mittel anders, alle haben spezifische Vor- und Nachteile.Lassen Sie sich beraten – am besten von Ihrem Schmerzexperten aus der Paracelsus-Klinik.

Page 28: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

55

Paracelsus-Klinik

Adorf

Sorger Straße 51

08626 Adorf

T 037423 79-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/adorf

Medizinisches Versorgungs-

zentrum Adorf

Medizinisches Versorgungs-

zentrum Adorf I

Medizinisches Versorgungs-

zentrum Adorf II

Sorger Straße 51

08626 Adorf

T 037423 79-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/adorf-schoeneck

Paracelsus-Klinik

Am Schillergarten Bad Elster

Martin-Andersen-Nexö-Straße 10

08645 Bad Elster

T 037437 70-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/bad_elster

Paracelsus-Klinik

Bad Ems

Taunusallee 7 – 11

56130 Bad Ems

T 02603 600-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/bad_ems

Medizinisches Versorgungszentrum

an der Paracelsus-Klinik Bad Ems

Taunusallee 7 – 11

56130 Bad Ems

T 02603 13081

Paracelsus-Berghofklinik

Bad Essen

Empterweg 5

49152 Bad Essen

T 05472 935-00

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/berghofklinik

Paracelsus-Berghofklinik II

Bad Essen

Am Mahnmal 5

49152 Bad Essen

T 05472 935-270

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/berghofklinik-ii

Paracelsus-Wiehengebirgsklinik

Bad Essen

Kokenrottstraße 71

49152 Bad Essen

T 05472 405-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/wiehengebirgsklinik

Paracelsus-Wittekindklinik

Bad Essen

Empterweg 5

49152 Bad Essen

T 05472 935-00

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/wittekindklinik

Paracelsus Gesundheitszentrum

Bad Gandersheim

Hildesheimer Straße 6

37581 Bad Gandersheim

T 05382 74-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/

gesundheitszentrumbad-gandersheim

Von Helgoland bis Alpenrand

54 Paracelsus-Magazin

3126

28

23

27

29

20

12 13

03

18

19

17

21

22

141110

0908

07

01

06

0424

01

01

02

03

04

05

06

07

08

03

25

30

16

02

15

05

Überblick. Alle Paracelsus-Kliniken und -Einrichtungen auf einen Blick

54

Akutkrankenhaus mit amb. Einrichtung

Gesundheitszentrum Konzernzentrale RehaklinikAkutkrankenhaus

Page 29: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

Paracelsus-Magazin56 57

Paracelsus-Klinik am See

Bad Gandersheim

Dehneweg 6

37581 Bad Gandersheim

T 05382 939-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/klinik_am_see

Paracelsus-Klinik an der Gande

Bad Gandersheim

Dr.-Heinrich-Jasper-Straße 4

37581 Bad Gandersheim

T 05382 707-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/

klinik_an_der_gande

Paracelsus-Roswitha-Klinik

Bad Gandersheim

Dr.-Heinrich-Jasper-Straße 2 a

37581 Bad Gandersheim

T 05382 917-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/roswitha-klinik

Paracelsus-Rotenfelsklinik 1

OT Bad Münster am Stein-

Ebernburg

Kurhausstraße 27

55583 Bad Kreuznach

T 06708 81-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/rotenfelsklinik

Paracelsus-Rotenfelsklinik 2

OT Bad Münster am Stein-

Ebernburg

Kurhausstraße 8

55583 Bad Kreuznach

T 06708 81-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/rotenfelsklinik

Paracelsus-Harz-Klinik

OT Bad Suderode

Paracelsusstraße 1

06485 Quedlinburg

T 039485 99-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/bad_suderode

Paracelsus-Klinik

Bremen

In der Vahr 65

28329 Bremen

T 0421 4683-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/bremen

Paracelsus Medizinisches

Versorgungszentrum Bremen

In der Vahr 65

28329 Bremen

T 0421 4683-545

[email protected]

Paracelsus-Klinik

Düsseldorf-Golzheim

Friedrich-Lau-Straße 11

40474 Düsseldorf

T 0211 4386-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/duesseldorf

Paracelsus-Nordseeklinik

Helgoland

Invasorenpfad

27498 Helgoland

T 04725 803-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/helgoland

Paracelsus-Klinik

Hemer

Breddestraße 22

58675 Hemer

T 02372 903-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/hemer

Paracelsus-Klinik

Henstedt-Ulzburg

Wilstedter Straße 134

24558 Henstedt-Ulzburg

T 04193 70-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/

henstedt-ulzburg

Paracelsus-Klinik

Karlsruhe

Raiherwiesenstraße 15 – 17

76227 Karlsruhe

T 0721 4091-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/karlsruhe

Paracelsus-Elena-Klinik

Kassel

Klinikstraße 16

34128 Kassel

T 0561 6009-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/kassel

Paracelsus-Klinik am Silbersee

Hannover-Langenhagen

Oertzeweg 24

30851 Langenhagen

T 0511 7794-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/langenhagen

Paracelsus-Klinik

München

Klingsorstraße 5

81927 München

T 089 92005-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/muenchen

Paracelsus-Klinik

Osnabrück

Am Natruper Holz 69

49076 Osnabrück

T 0541 966-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/osnabrueck

MVZ für Neurochirurgie,

Neurologie und Hämatologie/

Onkologie der Paracelsus-

Klinik Osnabrück

Am Natruper Holz 69

49076 Osnabrück

T 0541 966-0

MVZ für Strahlentherapie,

Radiologie, Nuklearmedizin und

Innere Medizin der Paracelsus-

Klinik Osnabrück

Am Natruper Holz 69

49076 Osnabrück

T 0541 966-0

Paracelsus-Kliniken Deutschland

GmbH & Co. KGaA

Sedanstraße 109

49076 Osnabrück

T 0541 6692-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de

Paracelsus-Klinik

Reichenbach

Plauensche Straße 37

08468 Reichenbach

T 03765 54-0

[email protected]

paracelsus-kliniken.de/reichenbach

Medizinisches Versorgungs-

zentrum Reichenbach I

Plauensche Straße 37

08468 Reichenbach

T 03765 54-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/reichenbach

Paracelsus-Klinik

Scheidegg

Kurstraße 5

88175 Scheidegg

T 08381 501-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/scheidegg

Paracelsus-Klinik

Schöneck

Albertplatz 1

08261 Schöneck

T 037464 85-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/schoeneck

Ambulanter Pflegedienst der

Paracelsus-Klinik Schöneck

Albertplatz 1

08261 Schöneck

T 037464 3344-3

Medizinisches Versorgungs-

zentrum Schöneck

Albertplatz 1

08261 Schöneck

T 037464 85-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/schoeneck

Berit Paracelsus-Klinik

Speicher

Vögelinsegg 5

CH-9042 Speicher

T +41 71 335-0606

[email protected]

www.beritklinik.ch

Berit Paracelsus-Klinik

Teufen

Steinweg 1, Teufen

CH-9052 Teufen

T +41 71 335-0606

[email protected]

www.beritklinik.ch

Paracelsus-Klinik

Zwickau

Werdauer Straße 68

08060 Zwickau

T 0375 590-0

[email protected]

www.paracelsus-kliniken.de/zwickau

Medizinisches Versorgungs-

zentrum an der Paracelsus-Klinik

Zwickau

Werdauer Straße 68

08060 Zwickau

T 0375 590-0

www.paracelsus-kliniken.de/zwickau

09

10

11

12

14

15

15

16

17

18

20

21

22

23

24

24

24

25

26

26

27

28

28

28

29

30

31

3119

13

Page 30: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

59Paracelsus-Magazin58

Fokus: Schmerz

Adorf Paracelsus-Klinik Adorf + + + + +

Bad Elster Paracelsus-Klinik Am Schillergarten + +

Bad Ems Paracelsus-Klinik Bad Ems + + +

Bad Essen Paracelsus-Berghofklinik +

Bad Essen Paracelsus-Berghofklinik II +

Bad Essen Paracelsus-Wiehengebirgsklinik +

Bad Essen Paracelsus-Wittekindklinik +

Bad Gandersheim Paracelsus-Klinik am See +

Bad Gandersheim Paracelsus-Klinik an der Gande + +

Bad Gandersheim Paracelsus-Roswitha-Klinik + +

Bad Münster am Stein-Ebernburg Paracelsus-Rotenfelsklinik 1 + +

Bad Münster am Stein-Ebernburg Paracelsus-Rotenfelsklinik 2 + +

Bad Suderode Paracelsus-Harz-Klinik +

Bremen Paracelsus-Klinik Bremen + + + + +

Düsseldorf-Golzheim Paracelsus-Klinik Golzheim + +

Hannover-Langenhagen Paracelsus-Klinik am Silbersee + + + +

Helgoland Paracelsus-Nordseeklinik +

Hemer Paracelsus-Klinik Hemer + + + +

Henstedt-Ulzburg Paracelsus-Klinik Henstedt-Ulzburg + + +

Karlsruhe Paracelsus-Klinik Karlsruhe + + + +

Kassel Paracelsus-Elena-Klinik + +

München Paracelsus-Klinik München + + + + +

Osnabrück Paracelsus-Klinik Osnabrück + + + + +

Reichenbach Paracelsus-Klinik Reichenbach + + + +

Scheidegg Paracelsus-Klinik Scheidegg +

Schöneck Paracelsus-Klinik Schöneck + + + +

Speicher (CH) Berit Paracelsus-Klinik Speicher + + +

Teufen (CH) Berit Paracelsus-Klinik Teufen + +

Zwickau Paracelsus-Klinik Zwickau + + + +

Überblick. Spezialisierte Abteilungen, Therapien und Zentren an den Paracelsus-Kliniken

Akut

klin

ikRe

hakl

inik

Schm

erzz

entr

um/-

ambu

lanz

/-th

erap

ie

Mul

timod

ale

Schm

erzt

hera

pie

Wirb

elsä

ulen

chiru

rgie

Ort

hopä

disc

he R

ehab

ilita

tion

Neu

rom

odul

atio

n

Paracelsus-Kliniken Deutschland GmbH & Co. KGaASedanstraße 109 49076 Osnabrück T 0541 6692-0 F 0541 6692-129 [email protected] www.paracelsus-kliniken.de

HerausgeberUnternehmenskommunikation und Marketing,Direktorin Simone Hoffmann (v.i.S.d.P.), im Auftrag der Geschäftsführung der Paracelsus-Kliniken, Osnabrück

Konzept, Layout & RedaktionAgentur Schwarzburg GbR Lenaustr. 72 60318 Frankfurt am Mainwww.agentur-schwarzburg.de

Texte Martin Schmitz-Kuhl Christian SälzerDirten von Schmeling (S. 46 / 47)

Art DirectionMartin Wolczyk

DruckHoehl-DruckMedien + Service GmbHGutenbergstraße 136251 Bad Hersfeld

BildcreditsAlle Fotos Paracelsus-Kliniken (Wilfried Gerharz, Erik Hinz, Robert Poorten), außer Shutterstock (S. 4: Salvadorova; S. 30: Thai-view; S. 49: Shilovka; S. 52: Salvadorova, Katsiaryna Chumakova; S. 53: hafakot, Na-tan86), iStock (S. 4/10: FredFroese), Fotolia (S. 4: contrastwerkstatt; S. 5: Jacob Lund, Jenny Sturm; S. 7: daria_serdtseva; S. 8: juniart; S. 10: PrettyVectors, sljubisa, bittedan-keschön; S. 16: Kateryna; S. 17: NLshop, Neyro; S. 28: tomertu; S. 40: JiSign; S. 48: art_of_sun, swetofor, Kateryna; S. 49: Mybo-na, luchioly; S. 52: yanushkov; S. 53: gold-netz, blankstock), Abbott inc. (S. 37/38)

IllustrationenClaudia Lieb (Cover, S. 9, 20, 23, 24, 46, 50, 54)

Impressum

Page 31: Paracelsus · 4 Paracelsus-Magazin 5 Tipp: Bewegen, bewegen, bewegen! Warum AuTSch? In der Paracelsus-Klinik Bremen gibt es ein Schmerz-Café. Fragen an Dr. Hubertus Kayser.

»Unter Gesundheit verstehe ich nicht Freisein von Beeinträchtigungen,

sondern die Kraft, mit ihnen zu leben.«Johann Wolfgang von Goethe

Par

acel

sus-

Mag

azin

#0

1

Foku

s: S

chm

erz