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Lesen, verstehen und handeln – Literacy als Aufgabe für alle PÄDAGOGISCHES LANDESINSTITUT PÄDAGOGIK LEBEN Ausgabe 1-2015

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Lesen, verstehen und handeln – Literacy als Aufgabe für alle

PÄDAGOGISCHES LANDESINSTITUT

PÄDAGOGIK LEBENAusgabe 1-2015

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VORWORT 4

LITERACY – EINE AUFGABE FÜR ALLE 5Was ist Literacy? (Sven Nickel) 7Zahlen, Daten, Fakten – Aktuelle Studienergebnisse (Claudia Nittl) 10Als „kognitiver Fremdenführer“ Lesestrategien aktiv vermitteln (Maik Philipp) 11Leseverstehen und Leseförderung als Aufgabe aller Fächer (Josef Leisen) 14Verändertes Leseverhalten und die Relevanz einer „digital literacy“ (Thomas Cohnen, Udo Klinger) 16

BERICHT AUS DER SCHULPRAXIS 18Im Tandem zur Lesekompetenz – das Konzept einer Grundschule (Heike Neugebauer, Priska Ruf, Julia Schnur) 18Lesen mit der Schulbücherei und Antolin an einer Realschule plus (Ulf Weber) 20Leseförderung an einer berufsbildenden kaufmännischen Schule (Susanne Mertens-Eymael, Christian Schäfer) 22„Man muss verstehen, was man vorliest“ (Interview mit Jonathan Knewitz) 24Let’s talk about maths! (Ursula Bicker, Katalin Retterath) 26Fachliches Lernen mit didaktisierten Texten (Magret Gerdes-Pfeiffer) 28Verstanden? Verstanden! – Texte an die Lesenden anpassen (Susanne Scharff, Stefan Sigges ) 30Der rote Faden – Sprachförderung mit Bilderbüchern (Stefanie Huber) 32Der Lesehund – ein tiergestützter Ansatz zur Förderung der Lesekompetenz (Elke Prämaßing) 34

PERSPEKTIVWECHSEL 36Ohne Literacy durchs Leben – Unterstützung für Erwachsene (Interview mit Bärbel Zahlbach-Wenz und Susanne Syren) 36

AUS DEN INSTITUTEN 38

AUF EIN LETZTES WORT 46

AUSBLICK 48

IMPRESSUM 51

INHALT

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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„Meine Schülerinnen und Schüler verstehen einfach keine Textaufgaben.“

Mathematiklehrer

„Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.“

unbekannt„Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt.“

Ludwig Wittgenstein

„Nicht lesen können oder nicht lesen wollen ist ein Aussperren aus einem verzauberten Land.“

Astrid Lindgren

„Denn ob ein Kind ein tiefes und andauerndes Verhältnis zum Lesen gewinnt, wird stark davon abhängen, ob es im Lesen etwas sieht, was ihm von außen aufgezwungen wurde, oder etwas, an dessen Zustandekommen es selbst aktiv beteiligt ist.“

Bruno Bettelheim

„Die guten Leute wissen nicht, was es einen für Zeit und Mühe kostet, um lesen zu lernen. Ich habe 80 Jahre dazu gebraucht und kann noch nicht sagen, dass ich am Ziele wäre.“

Johann Wolfgang von Goethe

„Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buch-händler.“

Philippe Dijan

„Lesen ist das Tor zur Welt.“

unbekannt

„Zwei BücherDas eine versprach: „Ich mache dich klug,in mir stehen Weisheiten mehr als genug.“Das andere meinte: „Ich mache dir Spaß.“Da las ich das Buch und las und las -und las dann im klugen Buch weiter,doch das lustige war viel gescheiter.“

Hans Baumann„Als ich klein war, hat meine Mutter mir vorgele-sen. Ich habe auch immer meinen großen Bruder dazu bringen wollen, mir vorzulesen, aber meistens wollte der einfach nicht. Seit ich in der Schule lesen gelernt habe, lese ich eben selbst – gerne und viel.“

Jonathan, 12 Jahre

VORWORT

Liebe Leserinnen und Leser,

Lesekompetenz umfasst mehr als einfach nur lesen zu können, wie schon die PISA-Studie sagt (siehe S. 10). Literacy, wir verwenden den Begriff im vorliegenden Heft in der Regel fokussiert auf Lesekompe-tenz, umfasst neben dem eigentlichen Lesen eines Textes und dem Textverständnis auch die Fähigkeit, das Gelesene sachgerecht zu nutzen und handelnd damit umzugehen. Damit wird die Bedeutung von Literacy für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben deutlich und die Notwendigkeit, Literacy zu einem zentralen Thema von Unterrichtsentwicklung zu machen, unterstrichen. Schule ist der Ort, an dem die Grundsteine dafür gelegt werden.

Was auf den ersten Blick selbstverständlich erscheint, erweist sich im Alltag als deutlich komplexer. Denn natürlich endet die Entwicklung von Lesekompetenz nicht mit dem Abschluss der Grundschule. Literacy in all ihrer Komplexität kann zudem nicht alleine im Deutschunterricht vermittelt werden. Dies ist vielen Lehrkräften bewusst und für viele Schulen sind die Anstrengungen zur Verbesserung der Lesekompetenz ein wichtiges Element ihres Schulkonzepts. Dennoch zeigen bspw. die Ergebnisse einer Umfrage unter Lehrkräften, dass das Bewusstsein für den Bedarf an Lese- und Sprachförderung von Schülerinnen und Schülern aller Schularten und Jahrgangsstufen und die tatsächliche Umsetzung durch Lehrkräfte auch im Fachunterricht eine beträchtliche Diskrepanz aufweisen (siehe S. 10). Als ein Grund wurden mangelnde Kenntnisse über Förderkonzepte angegeben.

Hier setzen wir an, nähern uns auf den folgenden Seiten dem Begriff Literacy und beleuchten die Auf-gabe der Schule sowie die Rolle der Lehrkraft beim Kompetenzerwerb ihrer Schülerinnen und Schüler. Wir stellen wieder erfolgreiche Beispiele und erprobte, umfangreiche Konzepte aus der Schulpraxis vor. Dabei berücksichtigen wir die verschiedenen Schularten, nehmen ganz bewusst einen Perspektivwech-sel zur Schülersicht vor und werfen gemeinsam mit zwei Expertinnen einen Blick auf die Welt derer, die ihren Alltag mühsam mit einer lückenhaften oder rudimentären Lesekompetenz bewältigen müssen.

Wir würden uns freuen, wenn Sie dem vorliegenden Heft Anregungen und Inspiration entnehmen, aber auch die Unterstützungsmöglichkeiten durch PL, ILF und EFWI für sich entdecken und nutzbar machen.

Artikel, zu denen Sie in unserer Onlineausgabe unter http://bildung-rp.de/pl/publikationen.html weiter-führendes Material, weiterführende Links oder ausführlichere Artikel u. v. m. finden, sind wieder mit die-sem Zeichen markiert:

Im Namen des Redaktionsteams wünsche ich Ihnen eine angenehme und inspirierende Lektüre.

Claudia Nittl,Chefredakteurin der Zeitschrift Pädagogik•Leben Kontakt: [email protected]

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LITERACY – EINE AUFGABE FÜR ALLE

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Was ist Literacy?

Sven Nickel

Immer wieder wird konstatiert, es gebe keine exakte Definition von Literacy. Begründet wird dies meist mit der Tatsache, dass eine deutsche Entsprechung für diesen anglistischen Begriff fehlt. Die verwendeten Termini wie Literalität, Schriftkultur etc. entsprächen dem Literacy-Begriff nur teilweise. So korrekt diese Tatsache auch ist, als alleinige Begründung greift sie zu kurz. Auch im Englischen ist man sich nicht einig darüber, was Literacy eigentlich ist: Eine allge-meingültige, wörterbuchgeeignete Definition zu finden, sei eine unmögliche Aufgabe, möglicher-weise ein Mythos, heißt es dort.

Je nach Fachrichtung (Psychologie, Soziologie, Kulturantrophologie und andere Disziplinen) wird Literacy ganz unterschiedlich konstruiert. Die verschiedenen Sichtweisen ziehen nicht zuletzt sehr unterschiedliche Implikationen nach sich, wenn es um die Förderung von Literacy geht. Die derzeit wohl am stärksten verbreitete Auffassung darüber, was Literacy meint, basiert auf einem Verständnis, das Literacy als Set einzelner Teilfer-tigkeiten (wie phonologische Bewusstheit, Buch-stabenkenntnis, Textverständnis etc.) begreift. Literacy wird in dieser Auffassung gleichgesetzt mit einer kompetenten Verwendung des Lesens und Schreibens und in der Schule verortet. Diese schulbezogene Sicht ist jedoch nur eine mögliche und damit eine eingeschränkte. Denn die konkre-ten Literacy-Formate in der Schule, beispielsweise das Ausfüllen von Arbeitsblättern oder das Schrei-ben von Inhaltsangaben, haben in aller Regel sehr wenig mit dem zu tun, was Menschen tagtäglich mit Schrift tun.

Die New Literacy Studies haben in den letzten etwa 20 Jahren eine Art Paradigmenwechsel vor-genommen. Ausgangspunkt ihrer Betrachtung

ist das alltägliche Leben der Menschen. Diese sozioökologische Sicht versucht, psychologische, soziologische und historische Ansätze zu verbinden.

Literacy als soziale PraxisDie meisten von uns sind rund um die Uhr von Literacy umgeben: Morgens weckt der Radiowe-cker mit den Nachrichten – ein gesprochener Text geschriebener Sprache. Während des Frühstücks wird die Zeitung überflogen, Radio gehört oder Briefe, Rechnungen und Werbesendungen gesich-tet. Eventuell werden noch schnell eine Einkaufs-liste, eine Merknotiz oder eine kurze Mitteilung geschrieben und vor dem Aufbruch zur Arbeit noch die E-Mails abgerufen. Kurz, Literacy ist ein-gebettet in die Aktivitäten des Tages.

Die morgendliche Szene zeigt einen möglichen Ausschnitt der Literacy als sozialer Praxis, der auf einige Menschen zutrifft, auf andere nicht. Zudem gilt es, kulturelle oder historische Dimensionen zu berücksichtigen. Die Verwendung von Literacy ist nicht per se gegeben, sie ist nicht statisch, son-dern dynamisch. Sie verändert sich, wird in unter-schiedlichen Kulturen, Schichten und Milieus mit ihren spezifischen Einstellungen und Wertehaltun-gen stets neu ausgehandelt. Und sie unterscheidet sich von dem, was vor Jahren war, aber auch von dem, was in einigen Jahren wohl sein wird.

Literacy ist eine menschliche Aktivität, die sich am besten als eine soziale Praxis beschreiben lässt, die sich auf einzelne Events stützt. Mit dem Terminus Event lässt sich beschreiben, wie Liter-acy aktuell im Leben der Menschen genutzt wird. Als Literacy-Event können alle kommunikativen Situationen gelten, in denen Literacy eine Rolle spielt. Oftmals wiederholen sich diese Events im

ZUM THEMA

Pädagogik•Leben 1-2015

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der Schule Literacy erwerben, doch ihre Erfah-rungen sind zum einen sehr unterschiedlich, zum anderen sind sie – mehr oder weniger – sehr verschieden zu dem, was in der Schule in Bezug auf Literacy erwartet und praktiziert wird. Es liegt in der Verantwortung der Schule, Differen-zen zwischen den verschiedenen Bereichen (und damit ihren eigenen Erwartungen) wahrzuneh-men und die entsprechenden Konflikte produk-tiv zum Ausgang der eigenen Arbeit zu machen. Das heißt für Lehrkräfte, die vorhandenen Kom-petenzen und Erfahrungen der Lernenden so in den Unterricht einzubinden, dass sie produktiv genutzt und ausgebaut werden können. Konkret kann das beispielsweise bedeuten, neue Medien und Kommunikationsformen in den Unterricht einzubeziehen.

Literacy hat eine GeschichteBezogen auf die individuelle Entwicklung kennt unsere Lebensgeschichte eine Vielzahl verschie-dener Literacy Events, von der frühen Kindheit bis heute. Wir verändern uns, die Welt um uns herum verändert sich ebenfalls. Menschen lesen und schreiben zu verschiedenen Zeiten ihres Lebens in unterschiedlichem Maße und zu unterschied-lichen Zwecken. Es gibt Zeiten, in denen Literacy eine größere Rolle spielt und Zeiten, in denen sie weniger bedeutsam ist. Neue Anforderungen kön-nen aus beruflichen Notwendigkeiten erwachsen oder sie resultieren aus Veränderungen im Pri-vatleben. Beispielsweise mögen sich Eltern neuen Anforderungen ausgesetzt sehen, wenn ihr Kind eingeschult wird. Oder Schülerinnen und Schüler, die zuerst nicht oder nur unwillig zur Lektüre grei-fen, verändern dieses Verhalten aufgrund äußerer Einflüsse oder der altersbedingten Entwicklung neuer Interessen.

Auf einer gesellschaftlichen Ebene sind die his-torischen Veränderungen augenfällig. Noch vor 100 Jahren reichte es aus, den eigenen Namen zu schreiben, um als alphabetisiert zu gelten.

Selbstredend stellen moderne Gesellschaften ihre Mitglieder heutzutage vor ungleich höhere Anfor-derungen. Selbst in den letzten zehn Jahren hat die Digitalisierung zu nachhaltigen Veränderungen im Gebrauch von Schrift geführt. Sogar der auf den ersten Blick wenig komplexe Kauf einer Fahr-karte kann an einem unbekannten Fahrkartenau-tomaten zur echten Herausforderung werden. An vielen Arbeitsplätzen nutzen Menschen Com-putertechnik, um Aufzeichnungen festzuhalten, auch die Art der Kommunikation verändert sich. Technologische und politische Impulse bewirken daher einen stetigen Wandel von Literacy. Die-ser sich stetig fortschreibende Veränderungspro-zess bringt teilweise neue Anforderungen hervor, zum Teil reduziert er aber auch bisher bestehende Anforderungen.

Weil die Produktion von Grafiken, Abbildungen, Diagrammen etc. bis vor kurzem für den gewöhn-lichen Schreiber sehr schwierig war, sind wir mit einem sehr textgebundenen Konzept des Schrei-bens groß geworden. Möglicherweise wird aber bald jeder mit Grafiken „schreiben“ (also: Bedeu-tung kodieren) können und die Natur des Schrei-bens selbst wird sich dadurch verändern. Eine derartige Entwicklung lässt sich beispielsweise auch in den PISA-Lesekompetenztests beob-achten, in denen nicht-kontinuierliche Texte für die Erfassung von Literacy eine starke Gewich-tung erhalten. Unsere Sicht auf Literacy entsteht immer auf der Basis der Konzeptionen unse-res eigenen, aktuellen Gebrauchs von Schrift. Wir lehren, was wir (derzeit) wichtig finden. Die Gefahr liegt darin, eine Veränderung nicht mehr als Entwicklung zu erkennen bzw. anzunehmen.

Die fortlaufenden Veränderungen erfordern ein lebenslanges Lernen. Schule ist ein Teil dieses Lernprozesses. Die Herausforderung für Lehrende liegt darin, die momentan laufenden Verände-rungsprozesse wahrzunehmen, die daraus resul-tierenden Herausforderungen einzuschätzen und

alltäglichen Leben. Dies ist bedeutsam, um den impliziten Erwerb von Literacy (durch Kinder wie durch Erwachsene) zu erklären. Die meisten lern-trächtigen Events sind implizit, nur wenige, meist in formalen Settings wie Schule zu findende, besitzen einen expliziten Charakter.

Literacy-Events sind eingebunden in eine Literacy-Praxis. Menschen bringen ihr kulturelles Wissen in diese Praxis ein. Jede Literacy-Praxis ist wiederum eingebunden in einen übergreifenden sozialen Zusammenhang. Literacy lässt sich somit in sozio-ökologischer Sicht am besten verstehen als ein Set von Literacy-Praxen, die Menschen in Form einzelner literaler Events ausüben. Diese literalen Praxen sind situiert in größeren sozialen Relatio-nen (siehe auch Tabelle).

Eine Literacy oder viele?So unterschiedlich die Aspekte von Literacy auch sind, die die einzelnen wissenschaftlichen Dis-ziplinen fokussieren, sie alle sehen Literacy als ein separates Etwas und unterstellen dabei, dass man sich auf dieses Etwas beziehen könne. Es gibt jedoch nicht nur eine Art des Lesens und Schrei-bens: Ein Erwachsener, der an einem Nachmit-tag seinem Kind bei den Hausaufgaben hilft, dabei versucht, den Reisekostenantrag auszufül-len, anschließend eine Zeitschrift quer liest, das Kreuzworträtsel löst und nebenbei eine kurze SMS schreibt, ist in unterschiedliche Literacy-Pra-xen gleichzeitig eingebunden.

Kombiniert man die Vielfalt der Literacy-Praxen mit dem Wandel von Literacy in einer histori-schen Perspektive (einschließlich möglicher Wan-delungen für die Zukunft), wird deutlich, dass das Wesen von Literacy nicht so fixiert ist, wie man gemeinhin auf den ersten Blick annimmt. Wenn der Gebrauch der geschriebenen Sprache von Situation zu Situation, aber auch von Zeit zu Zeit und von Ort zu Ort variieren kann, wenn also Literacy zum einen situiert ist, zum anderen eine historisch wie kulturell wandelbare Größe dar-stellt, dann haben wir es nicht mit Versionen einer einzelnen Sache namens Literacy zu tun, sondern mit völlig verschiedenen und voneinander unter-scheidbaren Formen von Literacy. Wo sich die verschiedenen Praxen des Schriftgebrauchs zu kohärenten Gruppen zuordnen lassen, ist es sehr hilfreich, von ihnen als unterscheidbaren Litera-cies zu sprechen. Eine Literacy ist dabei eine sta-bile, kohärente, identifizierbare Konfiguration von Praxen wie z. B. die Literacy des Rechts oder die Literacy von spezifischen Arbeitsplätzen.

Literacies sind mit den unterschiedlichen Lebens-bereichen wie Familie, Schule, Arbeitsplatz, Kir-che etc. assoziiert. Hier werden Sprachen jeweils unterschiedlich gebraucht, in etwa wie in ökolo-gischen Nischen, in denen sich spezielle Formen von Literacy herausbilden. Die Schule ist somit nur einer unter mehreren Lebensbereichen, in denen sich Literacy konstituiert. Allerdings muss betont werden, dass diese unterschiedlichen For-men von Literacy gesellschaftlich nicht gleich bewertet werden.

Die Gestaltung konkreter Literacy-Praktiken innerhalb eines Lebensbereiches unterscheidet sich von Individuum zu Individuum. Verschie-dene ethnographische Studien haben gezeigt, dass das, was Kinder zu Hause über Literacy ler-nen, abhängig ist von der Kultur und den Wert-haltungen ihrer Umgebung. Sie zeigen, dass im Prinzip alle Kinder vor der Schule und außerhalb

Literacy-Event Literacy-Praxis Soziale Praxis

Erteilen/Ausfüllen einer Einzugsermächtigung

Ausfüllen von Formularen

Bargeldloser Geldverkehr

Lesen eines Kinderromans

VorlesenGute-Nacht-Ritual

Schreiben eines Einkaufszettels

Merkzettel Einkaufen

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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didaktische Lösungen zu entwickeln, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, Literacy als ihre eigene soziale und kulturelle Praxis im Rahmen ihrer biographischen Entwicklung so kompetent wie möglich auszugestalten.

Prof. Dr. Sven Nickel, Sprach- und Literatur-didaktik im Elementar- und Primarbereich an der Universität Bremen Kontakt: [email protected]

Maik Philipp

Haben Sie sich schon einmal gefragt, wie viel Zeit Sie mit dem Lesen pro Tag verbringen? Einer aktuellen Studie mit erwachsenen US-Amerika-nerinnen und -Amerikanern zufolge sind es 272 Minuten, viereinhalb Stunden. Dabei ist die Text-vielfalt enorm. Fortlaufende Fließtexte machen nur ein Drittel aus. Viel häufiger sind hybride Texte, die aus verschiedenen Elementen bestehen, aber auch „diskontinuierliche Texte“ wie Tabellen, Listen oder Texte mit Schaubildern. Die meisten Texte im Alltag sind demnach Sachtexte, die auch im Fachunterricht dominieren. Und was schätzen Sie, wie viel Zeit Schülerinnen und Schüler mit dem Lesen verbringen? Laut einer US-amerika-nischen Beobachtungsstudie mit Zehntklässlern waren es pro Unterrichtslektion sechs Prozent der Zeit, auf deutsche Verhältnisse umgerechnet: weniger als drei Minuten pro Schulstunde. Man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie komplex und wie lang die Texte sein können und wie intensiv man dabei lernt.

Wer sät? Und wer erntet?Lesekompetenz gilt in einer so schriftdurchtränk-ten Welt wie der heutigen als unverzichtbare Schlüsselkompetenz. Diese Aussage ist konsensfä-hig. Schwieriger wird es, wenn man sich fragt, wer diese Schlüsselkompetenz fördern soll. Gemeinhin gilt der Deutschunterricht als zuständiger Ort der Leseförderung. Dort dominieren in der Grund-schule vor allem literarische Kurztexte. Spätes-tens mit dem Übertritt in die Sekundarstufe und mehr Schulfächern stoßen Kinder dann auf mehr Textsorten und lesebezogene Anforderungen. Und erhalten dabei zu wenig Unterstützung. Denn in der Forschung mehren sich die Hinweise, dass unterschiedliche Texte unterschiedliche Herange-hensweisen erfordern und ein – indirekt erwarte-ter – Transfer scheitern muss. Eine historische Quelle muss man anders lesen als einen diskon-

tinuierlichen Schulbuchtext zur Blutgerinnung. Gleiches gilt für eine komplexe mathematische Formel, eine Experimentbeschreibung oder ein Drama. Zu diesen hohen Anforderungen tritt erschwerend hinzu, dass die Schulbuchforschung immer wieder aufs Neue zeigt, dass die Texte selbst für durchschnittlich gut lesende Heran-wachsende noch zu schwer sind. Teilweise liegt das Anspruchsniveau mehrere Jahre über dem Lesealter der Schülerinnen und Schüler.

Anspruchsvolle Prozesse des Lesens gezielt fördernDa man von den Schülerinnen und Schülern kaum sinnvoll erwarten kann, dass sie sich wie Baron Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen, sind sie auf ihre Lehrpersonen angewie-sen. Diese wiederum sind im Kern nicht „Abneh-mer“ des Deutschunterrichts, sondern vielmehr als Lesemeister des eigenen Fachs gefragt, denn es gibt linguistische Fachspezifika bei den Texten, auf die fremde Fächer nicht ohne weiteres vorbe-reiten können. Als besonders aussichtsreich gelten Förderansätze, die sich auf die mentalen Lesepro-zesse konzentrieren.

Leseprozesse haben im Grunde zwei Ebenen, die beide miteinander zu tun haben. Basale Lese-fähigkeiten laufen auf der hierarchieniedrigen Ebene ab. Wenn Sie scheinbar mühelos die Wör-ter dieses Artikels erlesen und sie im Satzzusam-menhang syntaktisch verarbeiten und daraufhin den Sinn der Sätze konstruieren, dann sind dies automatisierte und Ihnen kaum bewusste Pro-zesse. Diese Prozesse haben Sie erworben und so lange geübt, bis sie kaum noch Ihr kognitives System beanspruchten. Diese Automatisierung des Lesens, die unter dem Begriff „Leseflüssigkeit“ gefasst wird, erlaubt es, die Aufmerksamkeit beim Lesen gezielt auf die Textbedeutung zu lenken,

Als „kognitiver Fremdenführer“ Lesestrategien aktiv vermitteln

Zahlen, Daten, Fakten – Aktuelle Studienergebnisse

Definition von Lesekompetenz nach PISA „Lesekompetenz ist mehr als einfach nur lesen zu können. Unter Lesekompetenz versteht PISA die Fähigkeit, geschriebene Texte unterschied-licher Art in ihren Aussagen, ihren Absichten und ihrer formalen Struktur zu verstehen und in einen größeren Zusammenhang einordnen zu können, sowie in der Lage zu sein, Texte für ver-schiedene Zwecke sachgerecht zu nutzen. Nach diesem Verständnis ist Lesekompetenz nicht nur ein wichtiges Hilfsmittel für das Erreichen per-sönlicher Ziele, sondern eine Bedingung für die Weiterentwicklung des eigenen Wissens und der eigenen Fähigkeiten – also jeder Art selbststän-digen Lernens – und eine Voraussetzung für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.“

C. Artelt, J. Baumert, E. Klieme, M. Neubrand, M. Pren-zel, U. Schiefele, W. Schneider, G. Schümer, P. Stanat, K.-J. Tillmann & M. Weiß (Hrsg.): PISA 2000: Zusam-menfassung zentraler Befunde. Berlin: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 2002, S. 15.

LEO. – Level-One Studie „Funktionaler Analphabetismus betrifft ku-muliert mehr als vierzehn Prozent der erwerbs-fähigen Bevölkerung (…). Das entspricht einer Größenordnung von 7,5 Millionen Funktionalen Analphabet/inn/en in Deutschland. Davon wird bei Unterschreiten der Textebene gesprochen, d. h., dass eine Person zwar einzelne Sätze lesen oder schreiben kann, nicht jedoch zusam-menhängende – auch kürzere – Texte. (…) 19,3 Prozent der Funktionalen Analphabet/inn/en [haben] keinen Schulabschluss, weitere 47,7 Pro-zent verfügen über untere Bildungsabschlüsse. Doch auch Personen mit höherer Bildung stellen

mit 12,3 Prozent der Funktionalen Analphabet/inn/en einen nicht unerheblichen Anteil.“

Grotlüschen, A. und Riekmann, W.: leo. – Level-One Studie. Presseheft. Universität Hamburg, Hamburg 2011. S. 2 und 9.

Sprachförderung in deutschen Schulen – die Sicht der Lehrerinnen und Lehrer Die gleichnamige Studie des Mercator Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweit-sprache vom Juni 2012 stellt ein deutliches Bewusstsein der Lehrkräfte für die Problema-tik der „unzureichende(n) bildungssprachlichen Fähigkeiten bei Schülerinnen und Schülern“ fest. Dabei zeigt sich jedoch eine Diskrepanz zwischen dem Bewusstsein und der tatsächlichen Umset-zung einer (integrativen) Sprachförderung im Unterricht. Ansatzpunkte für eine Verbesserung dieser Situation werden in gezielten Qualifizie-rungsmaßnahmen der Lehrkräfte im Umgang mit sprachlich heterogenen Gruppen, Sprachför-derung und Deutsch als Zweitsprache im Rah-men der Lehreraus-, -fort- und -weiterbildung gesehen.

Becker-Mrotzek M. et al.: Sprachförderung in deut-schen Schulen – die Sicht der Lehrerinnen und Lehrer. Ergebnisse einer Umfrage unter Lehrerinnen und Leh-rern durchgeführt von IPSOS (Hamburg) im Auftrag des Mercator Instituts für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache. Universität zu Köln, Juni 2012. S. 12, 13.

Zusammengestellt von Claudia Nittl, Chefredakteurin P•LKontakt: [email protected]

Weitere Zahlen und Fakten aus aktuellen Erhebungen finden Sie auf der Internetseite der Zeitschrift.

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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statt sich – wie im frühen Schriftspracherwerb sohäufig bei Kindern zu sehen – auf das mühe-volle Erlesen von Wörtern zu konzentrieren und praktisch keine Kapazität mehr für das Textverste-hen übrig zu haben.

Auf der hierarchiehohen Ebene sind jene Prozesse zu verorten, die die hierarchieniedrigen meist voraussetzen und mehr Aufwand und ein Ziel benötigen, und sei das Ziel vorderhand erst ein-mal nur das Leseverstehen. Diese Prozesse haben häufig längere Textteile zum Gegenstand oder sogar viele Einzeltexte und man kann sie gezielt aktivieren, wenn es Probleme gibt. Man nennt solche Prozesse „Lesestrategien“. Häufig im All-tag auftretende Lesestrategien sind das Zusam-menfassen, das Erstellen von Schaubildern, das Anfertigen von Randnotizen, das Formulieren von Fragen an den Text, das Klären unbekannter Wör-ter bzw. Ausdrücke oder auch das gezielte Über-prüfen, ob man den Text verstanden hat bzw. ob man eine Lesestrategie erfolgreich eingesetzt hat. Es handelt sich samt und sonders um leseverste-hensförderliche Aktivitäten bzw. Aktivitätenbün-del, die man wie mentale Werkzeuge gebraucht, um Probleme im Leseprozess zu beheben. Je mehr Strategien man in seinem „mentalen Werkzeug-koffer“ hat, desto flexibler und handlungsfähiger ist man beim Lesen. Das Gute an den Strategien ist: Sie lassen sich sowohl fürs Lesen als auch fürs Schreiben anwenden und vermitteln, auch wenn das ein etwas aufwändigerer Vermittlungsprozess ist (Philipp 2012, 2014).

Mentale Werkzeuge vermitteln: Beobacht-bares Modell seinLesestrategien zählen gemäß der empirischen Bildungsforschung zu den effektivsten Lese-fördermaßnahmen überhaupt. In Unterrichts-beobachtungsstudien kommt mit unschöner Regelmäßigkeit immer wieder als Ergebnis heraus, dass die Vermittlung von Strategien im Regel-unterricht nicht auftaucht – bzw. nicht so, wie es auch Sicht der Forschung sinnvoll ist. Häufig erfolgt nur der Aufruf, jemand solle eine Strategie

anwenden. Wie man dabei aber vorgeht, wo eine Strategie ihre Grenzen hat und welche Alternati-ven man dann nutzen kann, bleibt ausgespart.

Damit man Strategien erlernen kann, muss man sie aus Schülersicht im Einsatz beobach-ten können, ehe man sie übt und verinnerlicht. Im Grunde genommen ist das so ähnlich wie bei einer neuen Bewegungsabfolge, die man im Sportunterricht erlernt. Es reicht – gerade wenn man Neuling ist – nicht aus, nur eine Sequenz von Schritten als abstrakte Liste zu erhalten, sondern man muss sehen können, wie man beispielsweise die Hände beim Volleyball bei der Ballannahme halten soll und wie man in die Hocke geht. Lehr-personen demonstrieren daher oft erst einmal eine Bewegungsabfolge, die die Schülerinnen und Schüler dann reproduzieren und durch Üben ins Verhaltensrepertoire übernehmen. Gegebenen-falls demonstriert eine Sportlehrkraft bei Bedarf nochmals die richtige Ballannahme und lässt dies erst einmal kleinteilig üben. Dieses Vorgehen ist alles andere als selten. Man kann dafür weitere Beispiele nennen, etwa wenn man ein Musikins-trument oder Schachspielen erlernt. Selbiges gilt für das Handwerk, in dem ein Meister dem Lehr-ling erst einmal zeigt, wie es richtig geht.

Wie schwierig unvertraute Bewegungsabläufe (und analog dazu: Strategien) sind, kann man schnell anhand eines Selbstexperiments ermes-sen: Wenn Sie auf Youtube eine Bastelanleitung für einen Papierflieger recherchieren, den Sie noch nicht kennen, und nur den Audiokanal nutzen, werden Sie schnell feststellen, dass Sie Probleme bei der Ausführung haben. Umgekehrt wird Ihnen das Falten leichter fallen, wenn Sie den Audio- und den visuellen Kanal nutzen. Das lässt sich in puncto Beobachtung ebenfalls auf das Lesen und Schreiben übertragen, auch wenn es bislang kaum noch jemand tut.

Unsichtbares sichtbar machenDas Problem beim Lesen: Als primär mentale Aktivitäten lassen sich die Prozesse nicht direkt

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wie eine Sportlehrperson oder einen Youtube-Bastler beobachten. Deshalb ist man als Lehr-person gefragt, all diese Prozesse als Lernmodell zu verlangsamen und zu verbalisieren. Das sind zunächst ungewohnt tief wirkende Einblicke in die eigenen Kognitionen, aber für Schülerinnen und Schüler wird dadurch nachvollziehbar, wie man vorgehen sollte. Dafür bieten sich die Texte des eigenen Unterrichtsfaches an, zugleich kann man dadurch zeigen, dass Strategien im konkreten Anlass nützlich sind. Was ebenfalls positiv ist: Als Lehrperson hat man die Freiheit, alle sinnvoll wir-kenden Vorgehensweisen zu verbalisieren. Wich-tig ist nur: Man muss es so ausdrücklich machen, dass andere es verstehen. Das lässt sich über gezieltes Nachfragen bei den Schülerinnen und Schülern sicherstellen.

Bei der Strategievermittlung haben Lehrper-sonen zunächst die größte Verantwortung für die Anwendung (s. Abbildung). Dies ist aber ein Übergangsstadium, denn das Ziel ist die rich-tige Anwendung vonseiten der Schülerinnen und Schüler, was wiederum nicht sofort erwart-bar ist, sich aber mittel- und langfristig aus-zahlt. Zunächst aber muss man mit anfänglich hohen eigenen Verbalanteilen wie ein „kognitiver

Fremdenführer“ erklären und die Lesestrategie-anwendung demonstrieren. Dabei kann man sich aus eigener Sicht die Rollenverteilung zwischen Lehrperson und Schülerinnen und Schülern in den vier Phasen ab dem Modellieren wie folgt vor-stellen: „Ich mache, ihr schaut zu“ (Modellieren), „Ich mache, ihr helft“ (gemeinsames Üben), „Ihr macht, ich helfe“ (angeleitetes Üben) und schließ-lich „Ihr macht, ich schaue zu“ (selbstständiges Üben).

Dr. Maik Philipp, Wissenschaftlicher Mitarbei-ter des Zentrums Lesen an der Fachhochschule Nordwestschweiz, WindischKontakt: [email protected]

Literatur:Philipp, M.: Besser lesen und schreiben. Wie Schüler effektiver mit Sachtexten umgehen lernen. Stuttgart: Kohlhammer, 2012.

Philipp, M.: Lese- und Schreibunterricht. Tübingen: Francke, 2013.

Philipp, M.: Selbstreguliertes Schreiben. Schreibstrate-gien erfolgreich vermitteln. Weinheim: Beltz, 2014.

Strategiean-wendung und ihre Bedingun-gen erläutern

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geteilt

gering

LehrpersonSchülerinnen und

Schüler

Modellieren der Strategie durch

Lehrkraft

Gemeinsames Üben

Angeleitetes Üben mit

allmählichem Ausblenden der Unterstützung

Selbstständiges Üben

Abb.: Verlaufsschema der Strategievermittlung, Bild: nach Philipp 2013, S. 171

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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■ Die Verstehensinseln: Die Texterschließung geht von dem aus, was schon verstanden wird (sog. Verstehensinseln), und fragt nicht umgekehrt zuerst nach dem, was noch nicht verstanden ist.

■ Die zyklische Bearbeitung: Die Leserin bzw. der Leser wird mit immer anderen Aufträgen in Zyklen zur erfolgreichen produktiven Bearbeitung des Textes angeleitet.

■ Prinzip der kalkulierten Herausforderung: Die Texte müssen die Lerner kognitiv und sprachlich herausfordern.

■ Das Leseprodukt: Die Leserin bzw. der Leser erzeugt beim Lesen ein Leseprodukt, z. B. eine andere Darstellungs-form.

■ Die Anschluss- und Begleitkommunikation: Die Texte geben Anlass anhand der Lesepro-dukte zu kommunizieren und Sachverhalte zu verhandeln.

Lesen ist keine passive Rezeption dessen, was im jeweiligen Text an Information enthalten ist, son-dern aktive (Re-)Konstruktion der Textbedeutung, also Sinnkonstruktion. Aus dieser Modellierung folgt die unterrichtliche Konsequenz, dass sich der Lernende mit dem Text angeleitet durch sinnvolle Arbeitsaufträge mehrfach beschäftigt und somit in einem zyklischen Bearbeitungsprozess Bedeu-tung konstruiert.

In jedem Fachtext gibt es Inseln des Verstehens. Das sind Textteile, die von den Leserinnen und Lesern bereits verstanden werden, aber umgeben sind von Textteilen, die ihnen noch unverständlich erscheinen. Die Unterstützung des Leseverstehens besteht nun gerade darin, ausgehend von diesen „Verstehensinseln“ das noch Unverstandene ver-stehbar zu machen.

Zehn Lesestrategien für das intensive Lesen von Sachtexten im UnterrichtLesestrategien zielen auf einen eigenständi-gen Umgang mit Texten. Die Lesehilfen und die Arbeitsaufträge leiten und führen den Leser unterstützend durch die Texterschließung. Lese-strategien haben Werkzeugcharakter: Mit ihrer Hilfe kann der Leser den Text möglichst selbst-ständig erschließen. Es gibt eine Vielzahl von Lesestrategien, die sich in Umfang, Anspruchsni-veau und Unterstützungsgrad unterscheiden.

• Fragen zum Text beantworten• Fragen an den Text stellen• Den Text strukturieren• Den Text mit dem Bild lesen• Im Text farborientiert markieren • Den Text in eine andere Darstellungsform übertragen • Den Text expandieren • Verschiedene Texte zum Thema vergleichen• Schlüsselwörter suchen und Text zusammen- fassen• Das Fünf-Phasen-Schema anwenden

Die Lesestrategien sind sehr ausführlich in der angegebenen Literatur, mit konkreten Beispielen versehen, beschrieben.

Prof. Josef Leisen, Leiter des Staatlichen Stu-dienseminars für das Lehramt an Gymnasien Koblenz und Professor für Didaktik der Physik an der Universität MainzKontakt: [email protected]

Literatur:Studienseminar Koblenz (Hrsg.): Sachtexte lesen im Fachunterricht der Sekundarstufe. Seelze-Velber: Kall-meyer–Klett, 2009.

Leisen, J.: Handbuch Sprachförderung im Fach - Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis. Stuttgart: Klett, 2013.

Josef Leisen

Wie reagieren wohl die Fachlehrkräfte, z. B. in den Natur- oder Gesellschaftswissenschaften, auf die Forderung „Leseförderung ist die Aufgabe aller Fächer“? Spontan werden sie womöglich die Auf-gabe zurückweisen mit dem Verweis darauf, das gehöre doch wohl in den Deutschunterricht, das sei nicht ihre Sache. Ergänzend verweisen sie da- rauf, dass das einfach nicht auch noch zu schaffen sei. Und zu guter Letzt: Fachlehrkräfte sind für die Leseförderung ja auch nicht ausgebildet und sind auch nicht der verlängerte Arm der Deutschlehrkräfte.

Die Argumentation muss an anderer Stelle, näm-lich im Fach und am Fach ansetzen: Leseförderung ist Aufgabe des Faches, weil das Fachlernen dabei gewinnt. Leseförderung im Fach darf nicht als Tri-but an andere Fächer, an andere Aufgaben dekla-riert werden, sondern als Tribut an das Lernen im eigenen Fach. Wer Sachfachlehrkräfte überzeugen und gewinnen möchte, muss an der Sache anset-zen: Meine Leseförderung in meinem Fachunter-richt bringt Lernerfolge meiner Schülerinnen und Schüler in meinem Fach. Da bekanntlich alles sei-nen Preis hat, muss bei der Leseförderung im Fach mit Mehraufwand und Unterrichtszeit „bezahlt“ werden. Nicht der Preis ist das entscheidende, sondern der Gewinn unter dem Strich.

Sprachliche Schwierigkeiten beim Lesen von Sachtexten Sachtexte im Unterricht sind in erster Line Lehr-buchtexte, die nicht freiwillig gelesen werden, sondern es sind „Zwangstexte“. Es sind Texte zum (organisierten) Lernen.

Im Gegensatz zu Erzähltexten haben Sach- und Fachtexte einen deskriptiven und analytischen Charakter und dienen in erster Linie der Infor- mationsvermittlung. Fachtermini gelten als

wesentlicher Bestandteil einer Fachsprache. Fach-begriffe, die auch im Alltag vorkommen (z. B. Spannung, Kraft, Markt, Verfassung, …), dort aber eine andere Bedeutung haben, schaffen beson-dere Probleme. Daneben gibt es auch solche Fach-begriffe, die den Schülerinnen und Schülern noch unbekannt sind und wie eine Vokabel gelernt werden müssen. Die deutsche Sprache erlaubt Komposita, die dann oftmals als Wortungetüme wahrgenommen werden, z. B. Gleichspannungs-quelle, Magnetfeldänderungen, Marktstrategien, etc. Die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Die sprachlichen Schwierigkeiten der Sachtexte sind die eine Sache, die fachlichen die andere. Leseförderung muss auf das fachliche Verstehen hin abzielen und die sprachlichen Schwierigkeiten auf dem Wege dahin in dem Maße wegräumen, wie dies zur Zielerreichung förderlich ist. Lesestra-tegien zielen auf das fachliche Verstehen hin ab und es bedarf der fachlichen Expertise des Fach-lehrers die passende Strategie zu empfehlen oder passende Leseaufträge zu formulieren.

Prinzipien zur Erschließung von SachtextenEs gibt bekanntermaßen nicht die eine Lesestra-tegie für alle Texte und über alle Fächer hinweg. Meistens wird die Lehrkraft den Lernern eine für den vorliegenden Sachtext geeignete Lesestrate-gie empfehlen. Die folgenden Prinzipien sollten Grundlage der Strategieempfehlung sein und sind folgerichtig aus der Modellierung des Leseprozes-ses und aus den Überlegungen zum Aufbau einer Lesekompetenz abgeleitet.

■ Die eigenständige Auseinandersetzung: Die Leserin bzw. der Leser wird durch geeignete Lesestrategien und gute Arbeitsaufträge zur eigenständigen Bearbeitung des Textes ange-leitet.

Leseverstehen und Leseförderung als Aufgabe aller Fächer

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Thomas Cohnen, Udo Klinger

Beschäftigt man sich mit dem Literacy-Konzept, fällt der Blick selbstverständlich zunächst und vor allem auf die Leserinnen und Leser. Schaut man genauer hin, fällt auf, dass sich das Lese-verhalten, die Lesegewohnheiten und die Art der Texte gewaltig verändert haben. War lange Zeit das Briefeschreiben eine hohe Kunst und sehr geschätzt, so findet man heute nur noch in sel-ten Fällen einen persönlichen Brief in der Post. Eher schon einmal eine Ansichtskarte aus dem Urlaub. Die „elektronische Post“ – von Tele-gramm und Fax einmal ganz abgesehen – hat in erster Linie die E-Mail hervorgebracht. Aber auch dieses Medium wird vor allem von der jüngeren Generation bereits wieder durch SMS und diese wiederum durch soziale Netzwerke abgelöst. Die Entwicklung ist sehr dynamisch. Was bedeutet dies aber für die Nutzer solcher Medien, für ihr Selbstverständnis und ihr Verständnis von der medial vermittelten Welt, in der sie leben?

Im Jahre 1964 veröffentlichte ein bis dato nur wenigen bekannter kanadischer Literaturwis-senschaftler ein Buch, das ihn quasi über Nacht weltberühmt machte. Die Rede ist von Mar-shall McLuhan und seinem Buch „Understanding Media“ (dt.: Die magischen Kanäle), aus dem zahl-reiche Schlagworte in die Alltagssprache einge-sickert sind, die bis heute zur Charakterisierung der gegenwärtigen Informations- und Medienge-sellschaft herangezogen werden. Der Ausdruck vom „globalen Dorf“ gehört ebenso dazu wie die grundlegende These, wonach das Medium die Botschaft ist. McLuhan hat dabei wohl als erster postuliert, dass die technische Einrich-tung eines Mediums für den Kommunikations-prozess letztlich relevanter sei, als der durch das Medium vermittelte Inhalt. Für McLuhan verän-dern Botschaften die Beziehungen zwischen den Menschen. Ein Medium wiederum ist für ihn eine Apparatur, die „Ausmaß und Form des mensch-

lichen Zusammenlebens gestaltet und steuert.“ (McLuhan 1968, S. 14) Damit werden aber Medien an sich, also unabhängig von den durch sie ver- mittelten Inhalten, zu den eigentlichen Botschaf-ten: „Der Inhalt oder die Verwendungsmöglichkei-ten solcher Medien sind so verschiedenartig, wie sie wirkungslos bei der Gestaltung menschlicher Gemeinschaftsformen sind.“ (McLuhan 1968, S. 14 f.) Demnach verändert z. B. das Internet bereits qua seiner apparativen Bedingungen die Bezie-hungen zwischen den Menschen, gleichgültig, welche Inhalte unter Nutzung der Möglichkeiten, die aus diesen apparativen Bedingungen resultie-ren, ausgetauscht werden.

Wenn McLuhans Kernthese stimmt, dann hat dies auch Konsequenzen für den Literacy-Begriff. So kann etwa die Entwicklung der Lesekompetenz streng genommen nicht unabhängig vom Medium reflektiert werden, durch das ein Text präsentiert wird. Tatsächlich verändern Texte nicht nur ihre Gestalt, sondern mit dieser immer auch ihren Ge-halt, wenn sie durch digitale statt durch analoge Printmedien vermittelt werden. Denn digitale Tex-te umfassen nicht nur lineare Texte in digitalem Format, sondern darüber hinaus „nicht-lineare Texte mit Hyperlinks, multimodale Texte (Texte mit integrierten Medien auch anderer Zeichensys-teme) und solche, die wie die Diskussionsforen zur Beteiligung einladen.“ (Isler 2010, S. 44) Digital repräsentierte Texte erfordern also eine spezifische „digital literacy“, neue und zusätzliche Kompeten-zen im Umgang mit ihnen. (Isler 2010, S. 44)

Umgang mit unbekannten WörternSoll der Leseprozess bei Sachtexten gelingen, so setzt das ein bestimmtes domänenspezifisches Vorwissen und v. a. einen hinreichend großen Wortschatz voraus. Für viele Leserinnen und Leser von Sachtexten stellt dies eine große Herausfor-derung dar. Nicht selten scheitert aufgrund eines

zu geringen Wortschatzes bereits die Herstellung einfacher Sinnzusammenhänge durch die Ver-knüpfung einzelner Satzfolgen. Solche Leserin-nen und Leser verstehen dann oft nicht oder nur rudimentär, worum es in dem ihnen vorliegenden Text überhaupt geht. Zu den relevanten Lesekom-petenzen gehört daher, die Bedeutung unbe-kannter Wörter entweder aus dem Kontext zu erschließen oder Nachschlagewerke zur Bedeu-tungsklärung nutzen zu können.

Für die Bedeutungserschließung aus dem Kon-text stehen den Leserinnen und Lesern analoger Texte häufig nur strukturelle oder grafische Hin-weise innerhalb des vorliegenden Textes selbst zur Verfügung. Digitale Medien dagegen integrie-ren z. B. über Hyperlinks multimediale Repräsen-tationsformen. Zudem stehen oft sehr flexible Möglichkeiten der Nutzung von Glossars und Online-Wortschatzhilfen zur Verfügung. Das Feld der Strategien zur Bedeutungserschließung ist im digitalen Medium also ungleich weiter. Freilich stellt dies auch wesentlich höhere Anforderungen an die Selbstregulationsfähigkeit der Nutzer.

Die Nutzung des Textes zur ProblemlösungDie Leserin oder der Leser eines analogen Tex-tes ist in der Regel zunächst auf diesen einen Text beschränkt. Das Finden weiterer Texte zum gleichen Thema ist möglich, aber oft aufwendig. Dies zwingt zu einem sehr flexiblen Umgang mit den Informationen, die dem vorliegenden Text zu entnehmen sind. Ein produktiver Umgang mit analogen Texten ist wesentlich von der Fähig-keit des Lesers oder der Leserin bestimmt, Fragen an den Text zu stellen und die zu entnehmenden Informationen so miteinander zu verbinden, dass sie auch Aussagen über den expliziten Textinhalt hinaus ermöglichen.

Der Fokus beim Umgang mit digitalen Texten liegt im Gegensatz dazu eher auf der raschen Lokalisie-rung und der Bewertung von Informationen bzgl. ihres Nutzens für die Beantwortung bestimmter Fragestellungen.

Extensives vs. intensives LesenDas bisher Gesagte legt nahe, dass sich der Lese-stil beim Lesen analoger Texte deutlich von dem digitaler Texte unterscheidet. Tatsächlich über-wiegt beim Lesen digitaler Texte ein eher selek-tives und orientierendes Lesen (scanning und skimming), bei dem die Vielzahl der häufig neben-einander präsentierten Texte ausgehend von Überschriften, grafischen Hervorhebungen und eingefügten Bildern rasch und flüchtig überflo-gen wird, um gezielt gewünschte Informationen zum behandelten Thema herausfiltern zu können (extensives Lesen).

Ein detailliertes (intensives) Lesen, das auf ein Verständnis des Textes als Ganzes zielt und ein wiederholtes Durcharbeiten unter immer wieder neuen Gesichtspunkten erfordert, erweist sich vor dem Hintergrund technischer Einrichtungsbedin-gungen digitaler Medien zunehmend als schwie-rig, darf aber deshalb nicht den analogen Texten vorbehalten sein. Möglicherweise ist das auch ein Grund für die Zurückhaltung vieler Lehrkräfte beim Einsatz digitaler Medien. Am Ende muss es gelingen, das von den digitalen Medien unter Druck gesetzte intensive Lesen, auf das im schuli-schen Bereich viel Wert gelegt wird, mit den aktu-ellen Entwicklungen in Einklang zu bringen.

Dr. Thomas Cohnen, Referent für Deutsch, PLUdo Klinger, stellvertr. Direktor und Abtei-lungsleiter Schul- und Unterrichtsentwick-lung, Medien, PLKontakt: [email protected], [email protected]

Literatur:McLuhan, M.: Die magischen Kanäle. Düsseldorf, Wien 1968.

Isler, D. u. a.: Lese- und Medienkompetenzen: Modelle, Sozialisation und Förderung. LfM 2010.

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Verändertes Leseverhalten und die Relevanz einer „digital literacy“

Medienphilosophie: (1) Philosophie des Buches und des Fernsehens,23.06.2015 in Speyer, PL-Nr.: 151630201Anmeldung und weitere Fort- und Weiterbildungen unter: https://fortbildung-online.bildung-rp.de

FORTBILDUNGSANGEBOTE

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Leseförderung in der Primarstufe: Baustein 1 – Leseflüssigkeit fördern, 17.03.2015 in Boppard, PL-Nr.: 151500221

Anmeldung und weitere Fort- und Weiterbildungen unter: https://fortbildung-online.bildung-rp.de

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Hierbei fungiert eine gute Leserin bzw. ein guter Leser (Lesetrainer/in) als Lesevorbild für eine Lese-rin oder einen Leser, die oder der Unterstützung braucht (Lesesportler/in). Die Lesetrainerin oder der Lesetrainer liest mit der Lesesportlerin oder dem Lesesportler gemeinsam einen Text, wobei erstere den Text leise vorlesen und letztere ihn leise mitlesen. Das Tandemlesen ist somit eine Kombination aus Lautlese- und Vielleseverfahren.Die Aufgaben verteilen sich wie folgt: Die Lesetandems trainieren dreimal wöchent-lich für ca. 15 Minuten zwischen Herbst- und Weihnachtsferien sowie zwischen Fastnacht und Osterferien.

„Nicht lesen können oder nicht lesen wollen ist ein Aussperren aus einem verzauberten Land.“ Astrid Lindgren

Lernumgebung auf IndividualebeneSo lange einem Kind das Lesen noch nicht sicher gelingt, hat es von den Anregungen weniger als eine sichere Leserin bzw. ein sicherer Leser. Daher müssen Kinder gefördert werden, die beim Lesen Unterstützung brauchen. Bei ihnen können fol-gende Beobachtungen gemacht werden:

■ Sie lesen langsam, brauchen unverhältnis-mä-ßig lange, um Laute zu synthetisieren.

■ Sie lesen schnell, ungenau, Wörter werden (sinngemäß) durch andere ersetzt.

■ Sie erlesen Wörter korrekt, sind aber nicht in der Lage, Betonung und Stimmführung dem Inhalt entsprechend zu gestalten.

■ Sie lesen zügig, können aber Fragen zum Inhalt nicht korrekt beantworten.

Um eine nachhaltige Förderung zu gewährleis-ten, muss eine genaue Diagnose zugrunde gelegt werden. Dazu liegt ein Beschluss der Schule vor. So wird auf allen Klassenstufen in den ers-ten Schulwochen mit Hilfe von ILeA (Individu-elle Lernstandsanalyse des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg) eine Gruppenerhebung zur Feststellung des individu-ellen Lernstandes durchgeführt. Dieses standar-disierte Verfahren ermöglicht die Überprüfung basaler Lesefähigkeiten (Lesesicherheit, Leseflüs-sigkeit, Lesetechnik) sowie höherer Lesefähig-keit (Leseverstehen). Mit Kindern, die die basalen Fähigkeiten erst in Ansätzen beherrschen, wird die Einzelanalyse ILeA oder der computerunter-stützte Test ELFE 1-6 durchgeführt, wodurch der Lernstand noch genauer ermittelt werden kann. Darauf basierend wird für die Einzelförderung ein individueller Förderplan erstellt. Das ELFE-Trai-ningsprogramm wird dabei sowohl in der Einzel-förderung als auch integrativ im Klassenunterricht eingesetzt.

Heike Neugebauer, Priska Ruf, Julia Schnur, Woogbachschule SpeyerKontakt: [email protected]

Heike Neugebauer, Priska Ruf, Julia Schnur

„Wer zu lesen versteht, besitzt den Schlüssel zu großen Taten, zu unerträumten Möglichkeiten.“ Aldous Huxley

Nicht lesen zu können bedeutet, von wesentli-chen Bereichen des gesellschaftlichen, wirtschaft-lichen und kulturellen Lebens ausgeschlossen zu sein. Daher legt das Kollegium der Woog-bachschule, einer fünfzügigen Grundschule im Speyerer Westen mit einer heterogenen Schü-lerschaft, großen Wert auf die Leseförderung und die Gestaltung von Lernumgebungen, die die Kinder für das Lesen begeistern. Regelmä-ßig gibt es basierend auf Lernstandsdiagnosen differenzierte Förderangebote zur Steigerung der Lesekompetenz.

Lernumgebung auf SchulebeneDie Schulbücherei ist eine Außenstelle der Stadt-bücherei Speyer. Eltern organisieren die Ausleihe, kümmern sich um die Bücherwünsche und die Buchauswahl. Um alle Kinder zu erreichen, gehö-ren zum Angebot der Bücherei auch Bücher in anderen Sprachen. Über ein ausgewogenes Ange-bot für Jungen und Mädchen, d. h. über eine Viel-zahl von Sachbüchern, Romanen, Bilderbüchern und Comics sollen möglichst alle Schülerinnen und Schüler Leseerfahrungen sammeln können. Mit selbst erarbeiteten Buchtipps und Bücherrät-seln tragen die Kinder zur Gestaltung der Schüler-bücherei bei. Ab dem zweiten Schuljahr werden Führungen und Rallyes durch die Stadtbücherei Speyer unternommen, damit die Kinder ihre Lese-lust auch außerhalb der Schule ausleben können.

Im Herbst führt die Schule „Tage des Lesens“ durch. Die Schülerinnen und Schüler beschäftigen sich eine Woche lang mit einem Buch oder einem Autor bzw. einer Autorin und erleben

Literatur fächer- und klassenübergreifend. Dabei kann immer wieder festgestellt werden, wie wich-tig es ist, Lesen außerhalb von Leistungssituatio-nen zu erfahren.

Lernumgebung auf Klassenebene Die Lernumgebung im Klassenraum wird von der verantwortlichen Lehrkraft gestaltet. Auch hier wird Wert darauf gelegt, den Kindern vielfältige Lesematerialien anzubieten. Neben der Klassen-bücherei und einer gemütlichen Lese-Ecke wer-den Lese-, Zuordnungs- und weitere Spiele bereit gehalten. Daneben gibt es in jeder Klasse täglich außerhalb des Fachunterrichts freie Lesezeiten. Ergänzend dazu sind feste Vorlesezeiten sowie das dialogische Lesen etabliert. Abgerundet werden die Rituale durch das „Buch unter der Bank“.Die freien Lesezeiten sowie vielfältige Anregun-gen zum Lesen ermöglichen den Schülerinnen und Schülern, Erfahrungen mit Literatur zu sammeln, Figuren und Handlungen kennenzulernen und sich über Literatur zu unterhalten. Ein weiterer Beschluss im Bereich Leseförderung sieht vor, die Kinder der Klassenstufe drei und vier durch Tandemlesen zu fördern. Dabei handelt es sich um ein unterrichtsintegriertes und koopera-tives Verfahren zur Verbesserung der Leseflüssig-keit. Denn nur wer flüssig lesen kann, liest auch gerne und viel.

Mit dem Tandemlesen wird die Verbesserung der Leseflüssigkeit angestrebt durch:

■ Sukzessive Vergrößerung des Sichtwort- schatzes

■ Kennenlernen und Verinnerlichen von ange- messenen Betonungsmustern

■ Erweiterung des Wortschatzes für Kinder mit Deutsch als Zweitsprache

Im Tandem zur Lesekompetenz – das Konzept einer Grundschule

BERICHT AUS DER SCHULPRAXIS

Trainer/in: Sportler/in:

• fungiert als Lesevorbild• führt den Finger mit• hört aufmerksam zu• passt ihr/sein Lesetem-

po an• korrigiert Fehler• klärt Wortbedeutungen• lobt und bestärkt

• gibt das Startsignal• liest mit• zeigt Durchhaltever-

mögen• achtet auf eigene

Fehler• fragt nach, wenn

er/sie etwas nicht versteht

FORTBILDUNGSANGEBOTE

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Die Qualifizierung der Beraterinnen und Berater für Sprachförderung in der Sek. I endet im Sommer 2015. Anschließend werden konkrete Angebote nachfrage- und bedarfsorientiert entwickelt.

Fort- und Weiterbildungen unter: https://fortbildung-online.bildung-rp.de Kontakt Beratungskräfte unter: http://bildung-rp.de/beratung/paedagogisches-beratungssystem.html

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Ulf Weber

Der Erwerb der Lese- und Schreibkompetenz ist keineswegs am Ende der Grundschulzeit abge-schlossen. Es geht auch in den weiterführenden Schulen darum, die Kulturtechnik Lesen weiter zu automatisieren.

Zu diesem Zweck verankerte das Kollegium der Realschule plus Siedlungsschule in Speyer die

„Förderung der Lesekompetenz durch Arbeiten mit dem Leseför-derportal An- tolin“ im schul-eigenen Medien-konzept, das im Rahmen des Landespro-

gramms „Medienkompetenz macht Schule” erstellt wurde. Flankiert wird dies durch eine gut sortierte Schulbücherei sowie im Stundenplan fixierte Lesestunden.

Schulbücherei – auch mit Erstleserbüchern und ComicsAm Anfang steht die Schulbücherei. Ohne eine griffbereite Auswahl aktueller Kinder- und Jugendliteratur ist schulische Leseförderung zum Scheitern verurteilt. Denn will man Schülerinnen und Schüler aus lesefernen Haushalten erreichen, muss die Schule selbst für ein geeignetes Buchan-gebot sorgen. Dieses muss laufend aktualisiert werden, soll die Attraktivität nicht leiden.

Eine Überforderung leseschwacher Schülerinnen und Schüler ist dabei kontraproduktiv. Das pädagogische „Abholen“ der Lernenden sollte durch niederschwellige Angebote erreicht werden. Auch in der Sekundarstufe I einer Regelschule gehören daher Bilderbücher und Titel für Erstleser unbedingt zum Angebot der Schulbücherei. (vgl. Jörgens, Folie 17) Mit großer Schrift und ein-

fachem Text können hier schnell erste Leseerfolge erzielt werden. Gerade auf Jungen aus der „Risiko-gruppe“ üben Comics einen besonderen Reiz aus. Solche Titel werden selten mit der Kulturtechnik Lesen oder gar dem Wort ‚Literatur‘ in Verbin-dung gebracht. Doch in der Leseförderung gilt: „Erlaubt ist, was gefällt!“ Hier sind Deutschlehr-kräfte aufgerufen, über ihren Schatten zu springen und alle Zugänge zur Kulturtechnik Lesen zuzu-lassen. Ziel ist es nach Jörgens zuallererst, gerade leseschwache Schülerinnen und Schüler zu eigen-ständigem Lesen zu animieren.

LeseförderportalDas gute Gefühl, ein Buch alleine gelesen zu haben, ist auf Dauer zu wenig, wenn man Kinder aus der Risikogruppe in eine Viellesephase führen möchte. Das Leseförderportal Antolin ermittelt durch mehrere Quizfragen zu jedem Buch die erbrachte Leseleistung und gibt damit eine direkte Rückmeldung. Diese kann auch von der Lehrkraft eingesehen werden. Hilfreich ist, dass seitens des Portals alle Titel einer Klassenstufe zugeord-net werden. Dies erleichtert es den Lehrkräften, die Lernenden bei der Buchauswahl zu beraten: Erreicht ein Lernender durch sehr viele falsche Ant- worten eine negative Punktzahl, sollte er oder sie sich an einem einfacheren Titel versuchen. Der sich einstellende Erfolg animiert zum weiteren Lesen.

Lesestunde(n)In ihrer Studie zur Wirksamkeit eines Viellesever-fahrens formuliert Carola Rieckmann folgenden Befund: „Bisherige Forschungsergebnisse können allerdings nur einen korrelativen und keinen kau-salen Zusammenhang von Lesemenge und -kom-petenz nachweisen.“ Das Lesen alleine genüge also nicht. Sollen die Bemühungen zur Leseför-derung Früchte tragen, müssten stille Lesezeiten Teil des (Deutsch-) Unterrichts sein. (Rieckmann 2010, S. 253)

Lesen mit der Schulbücherei und Antolin an einer Realschule plus

„Rätsel …Ich nahm es, und ich trug es, ich trug‘s zum Tisch und schlug es, ich schlug es auf und las, was ich herauslas, ließ ich gerne noch für andre drin, doch ist‘s in mir jetzt immerhin.“Josef Guggenmos

Den organisatorischen Rahmen bietet dafür die Stundentafel, die dem Fach Deutsch in der Orien-tierungsstufe neun Wochenstunden zuweist. Die fünfte Wochenstunde wird an der Siedlungsschule als „Antolin-Stunde“ zur individuellen Leseförde-rung genutzt.

Nach einer Einführung in die Online-Plattform können – mittels eines Laptop-Koffers direkt im Klassensaal – die Schülerinnen und Schüler nach beendeter Lektüre sofort das Lesequiz anschließen. Sie erhalten so direkt ein Feedback zur erbrachten Leseleistung. Das Ende der Stunde kann gut zum Austauschen von Lesetipps verwendet werden: Die Lernenden, die gerade ein Buch beendet haben, berichten kurz über dieses und empfehlen es weiter.

Eine Lesestunde funktioniert dabei nur, wenn alle Schülerinnen und Schüler in der Lesestunde auch tatsächlich ein Buch in Händen halten, das sie thematisch anspricht und das im Anforderungs-grad ihrer Lesekompetenz entspricht. Bei Schüle-rinnen und Schülern aus lesefernen Elternhäusern kommt hier der gut sortierten Schulbücherei eine besondere Bedeutung zu. Möglich wäre aber auch, im Klassensaal immer eine thematische Bücherkiste (passend auch zu den Unterrichtsthe-men in Naturwissenschaften oder Gesellschafts-lehre) für „buchlose“ Schülerinnen und Schüler bereit zu halten. Auch hier sollten unbedingt ein-fach gehaltenen Titel aus dem Bilderbuch-Bereich vorhanden sein, damit schwache Leserinnen und Leser Erfolge erzielen können.

Wird mindestens eine Wochenstunde Unter-richtszeit zur individuellen Leseförderung ver-wendet, können stabile Lesegewohnheiten und ein positives Selbst-Lesekonzept bei einzelnen Schülerinnen und Schülern etabliert werden. (vgl.

Garbe 2012, Folie 54) Hierzu kann gelegentlich auch eine Klassenleiterstunde, eine Einzelstunde in Natur-wissenschaften, vor allem aber Vertretungsunterricht genutzt werden. Das setzt voraus, dass alle Kolleginnen und Kollegen (auch die Ver-tretungskräfte) das Konzept kennen und mittragen.

Ulf Weber, Realschule plus Siedlungsschule Speyer und Berater für Unterrichtsentwick-lung im Fach Deutsch, PLKontakt: [email protected]

Leseförderportale:www.antolin.de (kostenpflichtig)www.lepion.de (kostenfrei)

Literatur:Rieckmann, C.: Leseförderung in sechsten Hauptschul-klassen. Zur Wirksamkeit eines Vielleseverfahrens. Baltmannsweiler 2010.

Garbe, C.: Die Schulbibliothek als Kernelement einer systematischen schulischen Leseförderung. 1. Schul-bibliothekstag Rheinland-Pfalz 2012. Quelle: http://www.lbz-rlp.de/fileadmin/user_upload/LBZ/Schulen/sb-garbe-eroeffnung-schulbibliothek-lesefoerderung.pdf [09.07.2014]

Jörgens, M.: Leseengagement fördern - eigenständiges Lesen unterstützen. Goethe-Universität Frankfurt [o. J.]. Quelle: http://www.ekz.de/fileadmin/ekz-media/fortbildung/veranstaltungen/inspirati-onen_2013/4_Moritz_Joergens_Leseengagement.pdf [09.07.2014]

„Ein BuchIch kaufe ein Buch. Es ist in meiner Mappe hier. Ich lese das Buch. Nun ist es in mir. Du liest das Buch. Jetzt ist es in dir. Aus ich und du macht ein Buch oft wir.“Alfons Schweiggert

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Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben1-2015

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Susanne Mertens-Eymael, Christian Schäfer

Viele Schülerinnen und Schüler der berufsbilden-den Schule weisen auch nach dem Durchlaufen der Primar- und Sekundarstufe I zum Teil ekla-tante Defizite im Bereich der basalen Schreib- und Lesekompetenz auf. Häufig sind eine zum Teil sehr geringe Lesemotivation, Verständnis- und Inter-pretationsprobleme bei kontinuierlichen sowie diskontinuierlichen Texten sowie die mangelhafte Fähigkeit zur Informationswiedergabe und -auf-bereitung festzustellen. Für eine entsprechende gezielte Leseförderung gilt es, die folgenden Be- sonderheiten beruflicher Schulen zu berücksichtigen:

■ die Vielfalt der angebotenen Schulformen und Schulabschlüsse

■ die kurze Verweildauer zwischen einem und maximal drei Jahren

■ das relativ hohe Eintrittsalter ■ die Heterogenität der Schülerschaft.

Berufliche Schulen benötigen eigene Konzepte, die eine individuelle Förderung der Lesekompetenz im Unterricht ermöglichen. Deshalb hat unsere Schule bereits im Jahr 2002 unter Beteiligung u. a. der Universität zu Köln, anderer Berufskollegs der Region, der IHK bzw. Handwerkskammer, einzel-ner Ausbildungsbetriebe sowie der Stiftung Lesen (vgl. die Darstellung in Becker-Mrotzek et al. 2006) ein Konzept zur Leseförderung entwickelt.

KonzeptionDie Grundidee unseres Konzepts ist, dass sich der Schwierigkeitsgrad einer Leseaufgabe und damit auch die benötigten Kompetenzstufen nur feststellen lassen, wenn man ein komplexes Zusammenspiel bestimmter Eigenschaften der Aufgabenstellung, der Textgrundlage sowie der Leserin bzw. des Lesers berücksichtigt. Ziel unse-res Konzeptes ist es, dass sich die heterogene Schülerschaft an unserem Berufskolleg in einer

relativ kurzen Zeitspanne grundlegende und ziel-gerichtete Lesestrategien erarbeitet bzw. bereits vorhandene Kennnisse dazu auffrischt. Dazu star-ten wir jeweils zu Schuljahresbeginn mit einer einwöchigen Intensivphase als Eingangsdiagnose, bei der die Schülerinnen und Schüler einen an der späteren Parallelklausur orientierten Text mit Aufgabenstellungen bearbeiten. Die Ergebnisse werden gegenseitig korrigiert, kommentiert und bewertet. So können individuell ausgehend von diesem Feedback Stärken und Schwächen erkannt und weitere Übungsaspekte festgelegt werden.

Arbeitsgrundlage sowohl der Diagnose als auch der Textauswahl und Aufgabenerstellung ist eine vereinfachte Einteilung der Lesekompetenz in drei Stufen (vgl. Becker-Mrotzek et al. 2006, S. 37 f.) von der einfachen Identifizierung von Tex-tinformationen bis hin zu deren Bewertung und Weiterverarbeitung. Kriterien der Textauswahl sind Authentizität, Aktualität, Schülernähe und -interesse, Berufsbezug sowie Verständlichkeit und Gender-Aspekte. Zu jedem Text wird eine Handlungssituation entwickelt, aus der sich Auf-gabenstellungen ergeben, die die drei Kompetenz-stufen abdecken, gezielt einzelne Lesetechniken ansprechen, eine Binnendifferenzierung ermögli-chen und eine unterrichtliche Anschlusskommu-nikation initiieren. Die einzelnen Arbeitseinheiten können als Unterrichtsreihe im Deutschunter-richt, fächerübergreifend oder als Module – je nach Bildungsgang – eingesetzt werden. Dies wird in den jeweiligen didaktischen Jahresplanungen als Konkretisierung der Lehrpläne unserer Bil-dungsgänge mit entsprechendem Verweis für die Durchführung und Anwendung der Lesetechniken festgelegt. Verschiedene Evaluationsmaßnahmen sind fester Bestandteil des Förderkonzepts, z. B. in Form einer klassenübergreifenden Parallelklausur und anschließenden individuellen Lernberatung.

Leseförderung an einer berufsbildenden kaufmännischen Schule

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Implementierung, Qualitätssicherung und VernetzungDie Leseförderung ist fester Bestandteil unseres Schulprogramms und der jeweiligen didaktischen Jahresplanungen als konkrete Ausgestaltung der kompetenzorientierten Lehrpläne des Landes NRW für das Berufskolleg. Diese Verankerung erhöht den Stellenwert und die Verbindlichkeit einer Leseförderung und bildet die Basis für eine Vergleichsdiagnose und Schullaufbahnberatung sowie für die Qualitätssicherung in den einzelnen Bildungsgängen. Außerdem ist es hilfreich, einen klar definierten Ort zu schaffen, an dem Schü-lerinnen und Schüler auch außerunterrichtlich Lesekompetenz als Bestandteil einer allgemeinen Medienkompetenz an bereitgestellten oder selbst-organisierten Lernmaterialien entwickeln und trai-nieren können. An unserem Berufskolleg ist dies z. B. in der zum Medien- und Informationszen-trum (MINZE) weiterentwickelten Schülerbiblio-thek möglich. Hier entscheiden die Schülerinnen und Schüler mit, welche Materialien und Medien aus verfügbaren Haushaltsmitteln angeschafft werden sollen (vgl. Jakob Mensch 2007). Als weiterer Baustein der schulinternen Qua-litätssicherung wurde mit einem spezialisier-ten Kollegen-Team eine personelle Kontinuität geschaffen. Vier Deutsch-Kolleginnen und ein Kollege bilden ein Kernteam, das für das gesamte Kollegium einen jährlich aktualisierten Reader mit Unterlagen (berufsbezogene Texte plus entspre-chende Aufgaben sowie didaktische Kommen-tare) erstellt. So können diese Materialien leicht von anderen Fachkolleginnen und -kollegen, aber auch außerhalb des Faches Deutsch als Lern- und Übungseinheit eingesetzt werden. Dieses Verfah-ren führt zu großer Akzeptanz der Leseförderung in unserem Kollegium.

Hinzu kommen eine wissenschaftliche Fremdeva-luation (vgl. Garbe 2010; Garbe, Holle, Weinhold 2010) und der Erfahrungsaustausch mit Experten von pädagogischen Einrichtungen. Auch die Aus-zeichnung unseres Leseförderkonzeptes mit einem

der deutschen Berufsschulpreise gehört in diesen Zusammenhang. Zudem bieten wir Workshops für andere Schulen oder im Rahmen der Lehrer-ausbildung an und nutzen diese zum Austausch. Diese Formen der Qualitätssicherung und Vernet-zung helfen dabei, das Konzept an die Herausfor-derungen der Zukunft anzupassen und weiter zu entwickeln.

Susanne Mertens-Eymael, Dr. Christian Schä-fer, Berufskolleg Kaufmännische Schulen des Kreises Düren (NRW)Kontakt: [email protected]

Schulprogramm des Berufskollegs Kaufmännische Schulen des Kreises Düren unter: http://www.bksd.de/uploads/Downloads/BKSD_Schulpro-gramm.pdf

Literatur:Becker-Mrotzek, M., Kusch, E. und Wehnert, B. (Hrsg): Leseförderung in der Berufsbildung. KöBeS Heft 2, Duisburg, 2006.

Garbe, C.: Auf dem Weg zur Leseschule – Drei Beispiele erfolgreicher Schulprogramme zur Leseförderung. In: Bay. Staatsministerium für Unterricht und Kultus (Hrsg.): ProLesen. Auf dem Weg zur Leseschule. Donau-wörth, 2010, S. 119-141.

Garbe, C., Holle, K. und Weinhold, S.: ADORE - Tea-ching Adolescent Struggling Readers. Ein europäisches Forschungsprojekt über gute (Unterrichts-)Praxis zur Förderung leseschwacher Jugendlicher. In: Didaktik Deutsch. 16. Jahrgang, 2010, Nr. 28, S. 75-97.

Jakob Mensch, B.: Lebendige Schulbibliothek. In: Bertschi-Kaufmann, Andrea (Hrsg.): Lesekompetenz – Leseleistung – Leseförderung. Grundlagen, Modell und Materialien. Zug, 2007, S. 215-228.

Schäfer, C.: Erweiterte Wirklichkeit(en). Literatur lesen und unterrichten im Zeitalter der Virtualisierung, Berlin 2010.

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Vorlesen,29.04.2015 in Bad Kreuznach, PL-Nr.: 152210102

Anmeldung und weitere Fort- und Weiterbildungen unter: https://fortbildung-online.bildung-rp.de

FORTBILDUNGSANGEBOTE

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Jonathan Knewitz aus Nieder-Hilbersheim ist zwölf Jahre alt und besucht die IGS Kurt Schumacher in Ingelheim. Der Siebtklässler mag unter ande-rem seine Katze, seine Freunde, Modellbau für Eisenbahnland- schaften und liest gerne. Clau-diaNittl,ChefredaktionderP•L,sprach in den Sommerferien mit dem rheinland-pfälzischen Landessieger des Vorlesewett-

bewerbs über das (Vor)lesen und seine Erfahrun-gen beim Bundesentscheid in Berlin im vergange-nen Juli.

P•L: Hast du immer schon gerne gelesen?JK: Als ich klein war, habe ich natürlich noch nicht selbst gelesen, aber meine Mutter hat mir vor-gelesen. Ich habe auch immer meinen großen Bruder dazu bringen wollen, mir vorzulesen, aber meistens wollte der einfach nicht. Seit ich in der Schule lesen gelernt habe, lese ich eben selbst – gerne und viel.

P•L: Wie bist du zu dem Vorlesewettbewerb gekommen?JK: Das war keine Absicht. Wir mussten Anfang der sechsten Klasse im Dezember alle ein Buch vorstellen. Dabei haben wir auch eine Stelle aus dem Buch vorgelesen. Es war eine Aufgabe für alle und ich habe mir eigentlich nichts dabei gedacht. Dass das schon der Klassenentscheid im Vorlese-wettbewerb war, wussten wir eigentlich gar nicht.

Danach kam der Schulentscheid, in dem dann alle vier sechsten Klassen gegeneinander angetre-ten sind. Das sah dann schon eher nach Wettbe-werb aus. Wir vier Besten aus den Klassen wurden zu einer Jury aus Lehrkräften unserer Schule geschickt und haben einen bekannten und einen unbekannten Text vorgelesen. Ich habe den Text

genommen, den ich auch schon vor der Klassevorgelesen hatte. Das unbekannte Buch bekamen wir erst vor Ort und mussten dann nacheinander daraus vorlesen. Und weil die Jury es dann immer noch nicht wusste, wer gewonnen hat, musste man noch eine Passage aus dem fremden Text lesen – dieses Mal immer die gleiche. Und am Ende blieb dann eben nur noch ich übrig.

P•L: Wie ging es weiter, nachdem du Schul-sieger geworden bist?JK: Als nächstes folgten dann die Kreis- und Bezirksentscheide. Beim Kreisentscheid waren wir insgesamt 19 Vorleser. Ab da gab es dann auch Publikum, mal mehr, mal weniger. Manche hat-ten Leute aus ihrer Klasse mitgebracht, die Eltern waren dabei. Und die Jury war auch bedeutend größer, etwa acht Personen.

P•L: Warst du nervös, weil dir so viele Leute zugehört haben?JK: Es ging eigentlich, Aufregung gehört ja wohl dazu.

P•L: Nachdem du beide Entscheide gewonnen hattest, ging es weiter zum Landesentscheid?JK: Genau, nach dem Bezirksentscheid in Worms sind wir zwei Sieger zum Landesentscheid gefah-ren. Es nahmen genau acht Personen teil, je zwei Sieger pro Bezirksentscheid. Da der Landesent-scheid auf der Buchmesse in Mainz im Mai statt-fand, gab es im Publikum sogar Besucher, die eigentlich gar keine Beziehung zu den Vorlesern hatten und sich den Wettbewerb einfach so mal anschauen wollten.

P•L: Und als Landessieger ging es dann Anfang Juli nach Berlin zum Bundesentscheid. Wie war das und was hat dir an den Wettbewerben besonders gut gefallen?JK: Toll war natürlich immer, dass ich schulfrei bekommen habe (lacht).

Wir waren drei Tage in Berlin, wurden von unse-ren Eltern am ersten Tag vorbeigebracht und ganz am Schluss erst wieder abgeholt. Dann haben wir auch die ganzen anderen Vorleser schon vor dem Wettbewerb kennengelernt. Wir hatten näm-lich eine gemeinsame Unterkunft, eine Jugend-herberge. Schön war auch, dass wir uns nur ganz wenig als Konkurrenten gefühlt haben. Eigentlich war da eine gute Stimmung. Auch der Sieger aus dem Vorjahr war ganz nett, der war dieses Jahr in der Jury.

Bei dem Wettbewerb haben wir uns aus 36 Neuerscheinungen vier Bücher aussuchen dür-fen, eines davon wurde uns dann nachmittags zugeteilt und wir mussten eine gute Stelle fin-den. Die haben wir am nächsten Vormittag dann präsentiert.

P•L: Liest du mehr oder anders, seit du bei Vor-lesewettbewerben mitgemacht hast?JK: Ich glaube, ich lese gleich viel wie vorher. Einwurf seiner Mutter: Aber man merkt schon einen Unterschied. Wenn er zum Beispiel Zeitung liest, sagt er viel öfter: „Das muss ich dir gerade mal vorlesen.“ Sein Vorleseverhalten hat sich auf jeden Fall verändert.

P•L: Du hattest einen Coach. Was habt ihr geübt?JK: Frau Schlitt, eine Deutschlehrerin an mei-ner Schule, war meine Tutorin nach dem Schul-entscheid, da war sie in der Jury. Zuerst habe ich mich auf das Vorlesen konzentriert, dann auf Aussprache und Betonung. Später kam dann das Interpretieren des Textes dazu, das hat sich immer ein bisschen gesteigert. Wir haben uns zwei-, drei-mal die Woche getroffen.

P•L: Wieso ist das Verstehen und Interpretie-ren der Texte so wichtig?JK: Man muss ja wissen und verstehen, was pas-siert, was zum Beispiel die Personen gerade füh-len, damit man dementsprechend betonen kann.

P•L: Wie geht es jetzt für dich weiter?JK: Ich mache keine Wettbewerbe mehr, habe jetzt meine Ruhe (lacht). Aber als Vorjahressieger werde ich 2015 in manchen Jurys sitzen. Da freue ich mich auch drauf.

P•L: Worauf wirst du dabei besonders achten?JK: Ich werde zuerst auf die Betonung achten: Wer betont mehr, wer betont falsch, wer betont rich-tig. Man hört ja, ob jemand einfach nur den Text herunterrattert oder versteht, was er da liest.

Für die Auswahl des eigenen Textes ist übrigens auch wichtig, dass wörtliche Rede darin vor-kommt. Das macht das Vorlesen viel interessan-ter. Das vergessen viele oder wissen es nicht. Da ist es natürlich gut, wenn jemand einen berät.

P•L: Was ist dein Lieblingsbuch? JK: Es gibt viele Bücher, die mir gefallen. Ich lese am liebsten Sachbücher bspw. über die Titanic oder Pompeji, aber auch Comics und besonders gut gefällt mir zurzeit „Gregs Tagebuch“.

Eine kurze Kostprobe aus „Gregs Tagebuch 6 – Keine Panik“ von Jeff Kinney, Baumhaus Verlag, 2011, gelesen von Jonathan Knewitz, finden Sie auf den Internetseiten der Zeitschrift.

Kontakt: [email protected]

Weitere Informationen zum Vorlesewettbewerb:www.vorlesewettbewerb.de

„Man muss verstehen, was man vorliest“

Jonathan Knewitz, Bild: H. Knewitz

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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möglichkeiten erhalten. Jeder unterschreibt sei-nen Kommentar. Diese Methode ist insbesondere bei freien Textproduktionen geeignet (etwa Argu-mentationen oder selbst erstellte Textaufgaben), da man im Unterrichtsalltag nicht dazu kommt, alle Schülerproduktionen zu besprechen. Mit dem Sesseltanz erhält jede Schülerin, jeder Schüler eine individuelle Rückmeldung – und Wertschät-zung für seine Arbeit!

Die schriftlichen Rückmeldungen fallen den Schü-lerinnen und Schülern schwieriger als mündliche Äußerungen. Am Anfang fallen die Kommentie-rungen oft dürftig aus. Hier sollte im Unterricht thematisiert werden, was eine gute Rückmeldung ausmacht. Hilfreich sind vorgegebene mögliche Satzanfänge, die die Schülerinnen und Schüler in den Schreibprozess hineinbringen. Natürlich wer-den bei der Beurteilung nicht immer alle Fehler entdeckt, so dass ggf. eine zweite Kommentierung sinnvoll sein kann. Durch das eigene Einschätzen eines fremden Textes und das Schreiben der Beur-teilungen werden insbesondere die Kompetenzen Argumentieren und Kommunizieren gestärkt.

Reziprokes Lesen: Texterschließung leichtgemacht

Diese Methode zum sinnerfassenden Lesen findet wie viele kooperative Lernformen in Vierergruppen statt. Zunächst lesen alle einzeln den ersten Teil eines vorgegebenen Textes. Danach besprechen sie das Gelesene aus vier unterschiedlichen Pers-pektiven. Person 1 stellt Fragen, die aus dem Text heraus beantwortet werden müssen; alle ande-ren beantworten die Fragen. Person 2 formuliert eine Zusammenfassung des Textes; die anderen verbessern oder ergänzen, bis alle einverstanden sind. Person 3 fordert zu Worterklärungen und zur Erläuterung unklarer Textstellen auf; gemeinsam werden Verständnislücken geschlossen. Person 4 wagt zum Abschluss eine Vorhersage, was im fol-genden Textabschnitt stehen könnte.

Da in Mathematik – zumindest in der Sekundar-stufe I – in der Regel nicht mit längeren komple-xen Texten gearbeitet wird, ist diese Methode eher für die Oberstufe geeignet, etwa zur

Erarbeitung eines neuen Sachzusammenhangs mit dem Lehrbuch. Eine Variante der Methode kann aber in allen Klassenstufen genutzt werden, um gemeinsam einen Zugang zu Textaufgaben zu finden und dabei Problemlösestrategien zu üben und anzuwenden. Dabei können folgende Arbeits-aufträge sinnvoll sein: Person 1 gibt die Aufgabe mit eigenen Worten wieder, sie zeichnet eventu-ell eine informative Figur; die anderen ergänzen und korrigieren. Person 2 beschreibt, was gegeben und gesucht ist und wagt eine Vorhersage über die Größenordnung des Ergebnisses. Person 3 for-dert zur Erläuterung gegebenenfalls noch unkla-rer Textstellen auf und benennt, was an formalen Kenntnissen (Formeln, Einheiten, …) benötigt wird. In ähnlicher Weise können die Arbeitsauf-träge auch abgewandelt werden, um Musterlö-sungen Schritt für Schritt durchzuarbeiten.

Ursula Bicker, Referentin für Mathematik, PL Katalin Retterath, Nikolaus-von-Weis-Gym-nasium Speyer und Beraterin für Unterrichts-entwicklung Mathematik sowie für das Lernen mit Medien, PLKontakt: [email protected], [email protected]

Literatur:Bicker, U.: Verstehen, wie Schüler denken. In: Pädago-gik.Leben 2-2013, S. 15 - 16.

Brüning, L. und Saum, T.: Erfolgreich unterrichten durch kooperatives Lernen. NDS-Verlag 2009.

Katzenbach/Bicker/Knobel/Krauth/Leufer: „Wie hast du das gerechnet? Erste Erfahrungen mit einem neu-seeländischen Diagnoseverfahren. In: Friedrich-Jahres-heft 2014 „Fördern“, S. 86 - 90.

Meier, P.: Erforschen und Explorieren im Mathematik-Unterricht mithilfe von Clips aus VITALmaths. In: Pra-xis der Mathematik 56, S. 43 - 46.

Weber, R.: „Deine Antwort ist gut, weil …“ – Rückmel-dungen geben beim Sesseltanz. In: mathematik lehren 168, Friedrich-Verlag, 2011, S. 42 - 45.

Let’s talk about maths!

Ursula Bicker, Katalin Retterath

Reden über Mathematik und im Mathematik-unterricht ist von fundamentaler Bedeutung für die Entwicklung sprachlicher und mathemati-scher Kompetenzen. Im Fach Mathematik ist die Gefahr groß, Sprache zu vermeiden, lässt sich das Sprechen hier doch hinter Formeln, Zahlen und Verfahren verstecken. Insbesondere die mathe-matischen Kompetenzen Argumentieren, Prob-lemlösen, Modellieren und Kommunizieren sind aber ohne Sprache undenkbar. Fehlende Sprach-mittel verhindern das Verstehen von mathema-tischen Zusammenhängen. Ohne Sprache lässt sich nicht erkennen, ob die Lernenden Begriffe und Konzepte verstanden haben. In diesem Artikel werden verschiedene methodische Möglichkeiten vorgestellt, um den Sprachanteil im Mathematik-unterricht zu erhöhen. Dies ist die wichtigste Vor-aussetzung zur Sprachförderung, denn Sprache lernt man nur durch Sprachproduktion.

Diagnostische Gespräche und Handyvideos: Die eigenen Vor-stellungen im Kopf beschreiben

„Wie hast du das gerechnet? Und warum so?“ Solche Fragen fordern die Schülerinnen und Schüler auf, zu beschreiben, was sie sich vor-stellen, wenn sie eine Rechenmethode oder ein Lösungsverfahren anwenden. Diese Informatio-nen erschließen sich nicht aus den schriftlichen Arbeitsprodukten. Wer hat nicht schon länger über unverständlich aussehenden Schülerlö-sungen gebrütet, um herauszufinden, warum so gerechnet wurde! Auch wenn man am Ende glaubt, dies richtig analysiert zu haben: Es ist immer nur eine Interpretation der Lehrkraft. Im direkten Gespräch mit den Lernenden werden Fehlvorstellungen schnell sichtbar. In Arbeits-phasen hat die Lehrkraft Gelegenheit, sich neben einzelne Kinder zu setzen und zu der gerade bear-beiteten Aufgabe solche diagnostischen Fragen zu stellen.

Eine einfache Methode, das Denken der Schüle-rinnen und Schüler sicht- und hörbar zu machen, sind selbstgedrehte Handyvideos. Dabei wird ein mathematisches Verfahren erläutert (z. B. Brüche addieren, Mittelsenkrechte konstruieren). Das Bild zeigt immer nur das Schreibprodukt und nicht die Person. Der Film muss an einem Stück gedreht sein, die Filmdauer ist vorgegeben und sehr begrenzt (i. d. R. 90 Sekunden). Dies zwingt dazu, sich auf das Wesentliche zu beschränken und knapp und präzise zu formulieren. Es kann pas-sieren, dass die gezeigten schriftlichen Elemente richtig sind, aber die begleitende Kommentierung inhaltliche Fehler enthält oder fehlende Einsicht in die Zusammenhänge zeigt.

Bei solchen Filmen wird deutlich, wie schwer das Verbalisieren vielen Schülerinnen und Schülern fällt. Einfacher für sie ist es, fertige Kurzfilme zu erläutern. Diese werden von der Lehrkraft zur Verfügung gestellt und zeigen mathematische Situationen. Um den Aufwand der Herstellung zu umgehen, können auch Filme aus dem Internet genutzt werden (http://www.ru.ac.za/vitalma-ths/).Die Schülerinnen und Schüler beschreiben die Sachsituation zunächst verbal und anschlie-ßend durch geeignete mathematische Modelle.

Sesseltanz: Gegenseitige Kommentie-rungen der Lernenden

Der Sesseltanz ist eine Methode des dialogischen Lernens, bei der Textproduktionen von Schü-lerinnen und Schülern gegenseitig kontrolliert und kommentiert werden. Zunächst werden in Arbeitsphasen oder als Hausaufgabe die Lösungen in Einzelarbeit erstellt und offen am Platz ausge-legt. Anschließend tauschen alle ihre Plätze, lesen den vorliegenden Beitrag und schreiben daruntereine Beurteilung. Diese sollte immer mit etwasPositivem anfangen, anschließend Rückmeldungenzu Fehlern oder Hinweise auf Verbesserungs-

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Die Beratungsgruppe „Sprachliche Kompetenzen in der beruflichen Bildung“ des Pädagogischen Landes- instituts bietet für berufsbildende Schulen Fortbildungen zur Textdidaktisierung an. Eine Formatvorlage für Word unterstützt die Erstellung von Arbeitsblättern.Kontakt: [email protected]

Prof. Dr. Claudio Nodari stellt das Konzept im Buch „Förderung des Leseverstehens in der Berufsschule“ (h.e.p. verlag ag Bern) ausführlich dar. 28 29

leistungs- und konzentrationsschwachen Klassen möglich, eine Schulstunde durchgehend ruhig und konzentriert zu arbeiten.

Es ist sinnvoll, gemeinsam mit Fachkolleginnen und -kollegen Texte zu didaktisieren und einen gemeinsamen Textpool aufzubauen. Auch Texte aus aktuellen Schülerarbeitsbüchern können lese-didaktisch bearbeitet werden.

Die Textdidaktisierung eignet sich besonders für den Einsatz an beruflichen Schulen, da hier Ler-nende mit heterogenem Bildungshintergrund zusammenfinden. Es wird oft mit Texten aus Fachbüchern und -zeitschriften gearbeitet, die für eine Vielzahl der Lernenden nur schwer zu verste-hen sind.

Magret Gerdes-Pfeiffer, BBS Technik 1, Lud-wigshafen und Beraterin für sprachliche Kom-petenzen in der beruflichen Bildung, PLKontakt: [email protected]

Fachliches Lernen mit didaktisierten Texten

Magret Gerdes-Pfeiffer

Lehrerinnen und Lehrer machen immer wie-der die Erfahrung, dass das Lesen und Erschlie-ßen von Texten bei Schülerinnen und Schülern unbeliebt ist und von diesen gerne vermieden wird. Die Ablehnung ist häufig auf Probleme beim Textverstehen zurückzuführen. Viele Lehrkräfte haben sich mit dieser Situation abgefunden und weichen verstärkt auf andere Arten der Wissens-vermittlung aus. Im Falle des Lesens werden als didaktische Maßnahme zur Leseförderung häu-fig einfache Textverständnisfragen gestellt. Diese überprüfen bestenfalls das Textverstehen, fördern es aber nicht. Eine Anregung zu der Auseinander-setzung mit dem Text – eine Voraussetzung des Textverstehens – findet durch herkömmliche Fra-gen in der Regel nur eingeschränkt statt. Während gute Leserinnen und Leser beim Lesen Strategien und Methoden zur Texterschließung bewusst oder unbewusst anwenden, scheitern Leserinnen und Leser mit schwach ausgeprägten Lesestrategien häufig schon an einfachen Texten.

Bei der Arbeit mit didaktisierten Texten nach dem Konzept von Prof. Dr. Claudio Nodari pro-fitieren besonders schwächere Leserinnen und Leser; es eignet sich aber auch für den Einsatz in weiterführenden Schulformen, wenn komplexere Textinhalte erschlossen werden müssen. Bei dem Konzept werden Texte in den folgenden Phasen erarbeitet:

1. Vor dem Lesen: Vorentlastung (Vorwissen aktivieren und verknüpfen, motivieren)2. Während des Lesens: Sinnverstehen3. Nach dem Lesen: Textreflexion und Weiter- arbeit mit dem Text (umwandeln in eine andere Darstellungsform, Text erweitern)

Kernelement der Textdidaktisierung sind die Lese-aufträge. Neben der inhaltlichen Zielsetzung lei-ten diese die Lernenden an, situativ zielführende Lesetechniken einzusetzen.

Der Leseauftrag soll verdeutlichen, wie zu lesen ist (absuchen, überfliegen, genau lesen …) und was Ziel des Lesens ist (etwas finden, vergleichen, ordnen, in eine Tabelle einsortieren, umschreiben, prüfen …).

Während bei Fragen häufig nur Detailinformati-onen aus einem Text entnommen werden, ist es durch Leseaufträge für die Lernenden möglich, die Zusammenhänge im Text schneller zu verste-hen und Lesetechniken einzuüben. Die Leseauf-träge sind einzelnen Textabschnitten zugeordnet, um ein schrittweises Erschließen des Textes zu ermöglichen.

Durch den regelmäßigen Einsatz von didakti-sierten Texten werden Leseroutinen allmählich verinnerlicht. Die didaktisierten Texte werden zumindest in der Phase „Während des Lesens“ in Einzelarbeit eingesetzt, somit hat die Lehrkraft die Möglichkeit, einzelne Lernende schon während der Erarbeitungsphase individuell zu unterstützen. Binnendifferenzierungen in heterogenen Lern-gruppen und Anpassung an die Lesefortschritte der Lernenden sind durch modifizierte Lese-aufträge sowie Umfang und Auswahl der Texte möglich. Ziel ist, dass Schülerinnen und Schüler lernen, Texte ohne lesedidaktische Aufträge rou-tiniert zu bearbeiten. Voraussetzung hierfür ist, dass möglichst in allen Fächern mit lesedidaktisch aufbereiten Texten gearbeitet wird. Durch den Einsatz von didaktisierten Texten ist es auch in

Beispiele: Überfliegen Sie den folgenden Textabschnitt zur Unfallsituation und beschreiben Sie die Art des dargestellten Schadens (Sinnverstehen).Lesen Sie den Textabschnitt noch einmal genau und legen ihn dann zur Seite. Vervollständi-gen Sie anschließend die nachfolgenden Sätze (Textreflexion).

Tee-Text-Neu 1

Tee Die nachfolgenden Aufträge VOR der ersten Lektüre erledigen:

1. Wann wird im Restaurant ihres Ausbildungsbetriebs besonders viel Tee von den Gästen bestellt? Nennen Sie die Jahreszeit sowie die Tageszeit:

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2. Nennen Sie die Teesorten, die Ihre Gäste am häufigsten bestellen:

a) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Nun beginnen Sie mit dem Lesen:

3. Tee wird in vielen Ländern der Welt angebaut. Lesen Sie den Abschnitt „Anbauländer“ und unterstreichen Sie die dort genannten Länder:

Anbauländer

Teepflanzen gedeihen in den Hochlagen der Tropen und der Subtropen, aber auch in der Türkei und auf den Azoren wird Tee angebaut. Hauptproduzenten für Teeprodukte sind China und Indien, die 5 zusammen etwa die Hälfte der weltweiten Produktion anbauen. Allerdings weisen China und Indien auch einen sehr großen

Eigenbedarf auf. In den Ländern Sri Lanka und Kenia hingegen wird fast die gesamte 10 Teeproduktion zum Export angeboten. Weitere wichtige Teeproduzenten sind die Länder Vietnam, Iran und Indonesien. Häufig gibt der Name des Tees Auskunft über dessen Herkunft. So kommen die 15 Sorten Assam und Darjeeling aus Indien.

4. Markieren Sie in der Weltkarte die Teeanbaugebiete farbig. Nehmen Sie einen Weltatlas zu Hilfe:

Abb.: Beispiel eines didaktisierten Textes aus dem Gastronomiebereich (Auszug). Deutlich zu erken-nen sind die Phasen „Vor dem Lesen“ und „Während des Lesens“. Die Leseaufträge beziehen sich i. d. R. auf den vorangestellten Text(abschnitt). Die Zwei-spaltigkeit und Zeilennummerierung erleichtern das Lesen.

WEITERFÜHRENDE ANGEBOTE

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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werden. Dabei gilt: Die Sprache wird vereinfacht, die Inhalte bleiben gleich schwer.

Das Ergebnis der Textoptimierung sind Prüfungs-aufgaben und Medien zum Lernen ohne sprachli-che Barrieren. Diese Texte kann man schnell und leicht erfassen – sie haben eine kürzere Lesezeit (ca. 20 Prozent schneller), und sie werden signifi- kant öfter richtig beantwortet (vgl. http://www. textoptimierte-pruefungen.de/textoptimierte- pruefungen/wissenschaft/).

Textoptimierung verleiht komplexen Aufgabestel-lungen eine deutlichere Struktur.Dadurch erhält der Prüfling

■ Wahrnehmungshilfen z. B. über ein gut gestal- tetes Layout

■ Erschließungshilfen z. B. durch Einhalten der logischen Reihenfolge (Information vor In-

struktion; Ursache vor Wirkung etc.), damit der Inhalt der AufgabensteIlung schneller erschlos- sen werden kann;

■ Verarbeitungshilfen z. B. durch Themenvor- anstellung oder durch eine gewohnte und über- sichtliche Satzkonstruktion (Subjekt, Prädikat, Objekt) sowie durch eindeutige Markierungen von Beziehungen zwischen den Sachverhalten (Schlenker-Schulte 2006, S. 203)

Das Pädagogische Landesinstitut hat in Koopera-tion mit dem Institut für Textoptimierung (Halle an der Saale) bereits zwei erfolgreiche Fortbildun-gen am Standort Speyer durchgeführt.

Susanne Scharff, Institut für Textoptimierung (IFTO) Stefan Sigges, Referent für berufliche Bildung, PLKontakt: [email protected], [email protected]

Literatur:Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.): Publikationen „Leichte Sprache“, April 2014, S. 5.

Schlenker-Schulte, C. und Wagner, S.: Prüfungsauf-gaben im Spannungsfeld von Fachkompetenz und Sprachkompetenz. In: Efing, C. und Janich, N.: Förde-rung der berufsbezogenen Sprachkompetenz. Befunde und Perspektiven. Eusl Verlagsgesellschaft, Paderborn 2006. S. 203.

Susanne Scharff, Stefan Sigges

Leseförderung unterstützt Schülerinnen und Schüler mit Lesestrategien im sinn-entnehmen-den und sinn-konstruierenden Lesen von Texten. Bei schweren Texten oder in bestimmten Situ-ationen kann es sinnvoll sein, den Text an den Lesenden anzupassen. Hier kommen die Begriffe Leichte Sprache, Einfache Sprache und Textopti-mierung ins Spiel.

Leichte Sprache richtet sich an Menschen mit großen Leseschwierigkeiten. Sie zeichnet sich unter anderem durch kurze Hauptsätze aus, weitgehenden Verzicht auf Nebensätze und die Verwendung von bekannten Wörtern. Schwierige Wörter werden vermieden oder erklärt. Nach Satzzeichen und sinnhaften Abschnitten wird ein Absatz eingefügt. Die Schrift wird größer darge-stellt (14 Punkt). Das Netzwerk Leichte Sprache hat die Regeln in einem Ratgeber veröffentlicht, dieser steht unter http://www.leichtesprache.org zum Download bereit.

Einfache Sprache hingegen verfügt über einen komplexeren Sprachstil mit umfangreicherem Wortschatz. Notwendige Fachbegriffe bleiben erhalten, selten benutzte Fremdwörter werden

vermieden. Die Satzkonstruktionen sind ebenfalls einfach, dürfen aber auch mal Nebensätze enthal-ten. Nach Satzzeichen und Abschnitten werden sinnvolle Umbrüche gesetzt. Einfache Sprache hilft allen Lesenden, Inhalte schneller und bes-ser zu erfassen, besonders aber hörbehinderten, lernschwachen und internationalen Menschen mit geringen Deutschkenntnissen.

Ein Anwendungsgebiet von Einfacher Sprache ist die Textoptimierung von Prüfungsaufgaben.

Besonders in Prüfungssituationen ist entschei-dend, dass die Prüflinge die Aufgaben schnell und richtig erfassen. Ein nicht gegliederter Text erhöht in Prüfungssituationen den Stress. Die kognitiven Kapazitäten des Prüflings werden vom Aufgaben-text gebunden und sind nicht frei für seine Fach-kenntnisse und Fachkompetenzen.

Schriftliche Prüfungen enthalten häufig sehr komplexe Formulierungen und sind ohne Textop-timierung nur schwer zu verstehen. Sprachliche Barrieren müssen aus Prüfungsaufgaben entfernt

Verstanden? Verstanden! Texte an die Lesenden anpassen

Beispiel für Leichte Sprache:

Das Bundes-Ministerium für Arbeit und Soziales hat in Zusammen-Arbeit mit dem „Netzwerk Leichte Sprache“ ein Heft erstellt. Dort stehen Regeln und Tipps für Leichte Sprache.Leichte Sprache hilft vielen Menschen.

Zum Beispiel:

- Menschen mit Lern-Schwierigkeiten,- Menschen, die nicht so gut lesen können,- Menschen, die nicht so gut Deutsch sprechen.(BMAS 2014, S. 5)

Original

Im Versandlager stehen Ihnen die nachfolgend aufgeführten Arbeitsmaschinen, Förderzeuge sowie Hebezeuge zur Verfügung, um das in Bodenlagerung abgestellte Bohrwerk zu verladen. Wählen Sie ein Gerät aus, mit dem Sie unter Beachtung eines schonenden Materialumgangs und unter Anwendung der Sicherheitsvorschrif-ten eine ordnungsgemäße Verladung durchführen können!

Textoptimierte Version

Bohrwerk verladen

Sie sollen ein Bohrwerk verladen.Das Bohrwerk steht auf dem Boden.

Sie haben verschiedene Arbeits-Maschinen, Förderzeuge und Hebezeuge.

Wählen Sie ein geeignetes Gerät aus!Wichtig: mit Material vorsichtig sein, Sicherheitsvorschriften beachten

Mit freundlicher Genehmigung der IFTO GmbH

Vergleich einer Original-Aufgabe mit der textoptimierten Version

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Wenn auf einmal alles anders wird: Bilderbücher zum Thema Abschied, Krankheit, Trauer, 28.-29.04.2015 in Wiesbaden, ILF-Nr. 15i201801

Sprachförderung mit Bilderbüchern,03.05.2015 in Koblenz-Neuendorf, PL-Nr.: 151580510

Anmeldung und weitere Fort- und Weiterbildungen unter: https://fortbildung-online.bildung-rp.de32 33

strukturierten Erzählen. Hier werden zentrale, für die Handlung wichtige Begriffe notiert, welche den Kindern helfen, die Reihenfolge einzuhalten und nichts Wichtiges zu vergessen.

Schreiben im Kontext zum BilderbuchIm Anschluss an eine Bilderbuchbegegnung gibt es viele Möglichkeiten, dazu zu schreiben, bspw.:• Steckbrief zu einer Figur erstellen• Einzelne Bilder oder Sprechblasen beschriften• Parallelbuch erstellen• Geschichte umschreiben• Geschichte weiterschreiben• Meinung über den Text aufschreiben

Weitere Ideen mit dem Bilderbuch didaktisch sinnvoll weiterzuarbeiten könnten sein:• Hörspiel erstellen• Klanggeschichte• Bilderbuchkino• Fantasiereise• Geschichte durch Geräusche oder Laute begleiten• Reimwörter erkennen und ergänzen

In Bilderbüchern stecken vielfältige Möglichkeiten, Kindern einen lustvollen und anregungsreichen Umgang mit Literatur zu eröffnen.

Stefanie Huber, Grundschule Gräfenauschule in Ludwigshafen und Beraterin für Sprachför-derung Primarstufe, PLKontakt: [email protected]

Literatur:Stadnik, U.: Lernen mit Kinderbüchern. Sprach- und Le-seförderung in einer multilingualen Grundschulklasse. Westermann 2011.

Strozyk, K. und Sinemus, A.: Mit Bilderbüchern Sprache fördern: Steinsuppe. Lehrermaterial für Klasse 1 und 2. vpm 2008.

FORTBILDUNGSANGEBOTE

Stefanie Huber

Gerade heute in einer multimedialen Gesell-schaft, in der technische Geräte wie Fernseher, Computer, Spielekonsolen und Tablets im All-tag von Kindern eine immer größere Rolle spie-len, ist es nicht mehr selbstverständlich, dass den Kindern regelmäßig vorgelesen wird. Dabei wird gerade hier, im Kindesalter, ein wichtiger Grund-stein für die weitere sprachliche Entwicklung gelegt. Aus diesem Grund ist es wichtig, in Kitas und Schulen vermehrt vorzulesen und mit Bilder-büchern zu arbeiten. Auf diese Weise kann man auch Kindern, welche zu Hause wenig Kontakt mit Büchern haben, für das Lesen und für Literatur begeistern.

Bilderbücher bieten viele Anlässe für anregende Sprachlernsituationen und ermöglichen einen Zugang zur Sprache, der Spaß macht. Die The-men sprechen Kinder an und wecken damit das Interesse für Bücher. Durch die Kombination von Text und Bild wird den Kindern das Textverstehen erleichtert und der Wortschatz erweitert.

Für die Einbettung von Büchern im Klassenall-tag ist es hilfreich, eine lebendige Lesekultur zu gestalten, indem man z. B. eine Leseecke einrich-tet, Bibliotheksbesuche organisiert, Themenkisten aus der Bücherei ausleiht, Vorlesezeiten einführt oder eine Lesenacht organisiert. Auch die Einbin-dung der Familien spielt hier eine wichtige Rolle. Zweisprachige Bilderbücher sind hier auch eine gute Möglichkeit, um mehrsprachige Elternteile in den Unterricht einzubeziehen und die Mutterspra-che von Migrantenkindern wertzuschätzen.

Beim Vorlesen eines Bilderbuches ist es wichtig, den Vortrag durch Intonation, Gestik und Mimik zu unterstützen, um den Kindern das Verstehen zu erleichtern. Auch der Einsatz von Sprechpausen oder Impulsen kann die Aufmerksamkeit der Kin-der steigern.

Eine Sonderform des Vorlesens ist das dialogische Lesen. Hierbei werden die Kinder während des Lesens eines Buches durch Impulse und offene Fragen gezielt zu sprachlichen Äußerungen her-ausgefordert und werden dadurch selbst zum Erzähler. Das sprachliche Handeln und die Inter-aktion zwischen Vorleser und Kind stehen im Vor-dergrund. Da das Vorlesen auf diese Weise länger dauert, kann es sinnvoll sein, ein Buch in mehre-ren Etappen vorzulesen, damit die Aufmerksam-keit der Kinder nicht zu stark nachlässt.

Nach dem Lesen eines Bilderbuches gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit den Inhalten sprachlich weiterzuarbeiten.

NachspielenDas Nachspielen ist eine gute Möglichkeit, Gele-senes besser im Gedächtnis zu behalten und den Wortschatz zu festigen. Durch das Nachspielen wird die mündliche Ausdrucksfähigkeit geschult und das Textverständnis vertieft. Satzkonstrukti-onen, die sich im Buch wiederholen, sollten in den Mittelpunkt gestellt werden, da sich diese durch Nachspielen besonders gut einprägen. Sollten einige Kinder Probleme haben, sich sprachlich zu äußern, so kann man ihnen Wörter oder Sätze einflüstern oder manche Kinder im Chor sprechen lassen. Es empfiehlt sich auch einen Sprecher für die Rahmenhandlung zu haben. Neben dem klas-sischen Rollenspiel gibt es weitere Spielvarianten: Schattentheater, Spiel mit Fingerpuppen, Over-headtheater oder Kartontheater.

NacherzählenDurch das Nacherzählen wird das themen- gebundene, strukturierte Erzählen gefördert. Den Kindern können hier als Hilfestellung Rede- und Satzmuster, Wortschatzkarten oder Bilder zur Verfügung gestellt werden. Auch ein Rede-plan („roter Faden“) hilft den Kindern beim

Der rote Faden – Sprachförderung mit BilderbüchernBeim Verfassen eines Parallelbuches/einer Par-allelgeschichte werden bestimmte Elemente aus dem Originaltext in das neue Buch/die neue Geschichte übernommen. Diese Paralle-len können sich auf den Aufbau beziehen, den Handlungsverlauf, die Figuren oder den sprach-lichen Duktus. Das Buch/die Geschichte wird verändert, Parallelen zum Originaltext sind aber noch erkennbar und durchaus gewollt.

Der „rote Faden“ hilft beim strukturierten Erzählen, Bild: Stefanie Huber

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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sondern dem Hund zugeschrieben. Z. B. „Kannst du das Wort nochmal vorlesen, der Hund hat leider nicht aufgepasst oder „der Hund hat das Wort nicht verstanden, kannst du es ihm nochmal erklären“ (Wortverständnis). Am Ende kann das Kind anhand der Bilder dem Hund die vorgelesene Geschichte nochmals frei erzählen.

FallbeispieleZwei Fallbeispiele (Namen geändert) sollen veranschaulichen, wie sich die Arbeit mit dem Lesehund positiv auf die Lesekompetenz, die Lese-motivation und die sozial-emotionale Kompetenz am Projekt teilnehmender Kinder ausgewirkt hat. Julia geht in die zweite Grundschulklasse. Sie beteiligte sich bisher nicht aktiv am Unterricht. Außerdem gab sie nur auf Ansprache der Lehr-kraft sehr leise Antwort. Einzelne Wörter konnte sie nur sehr zögerlich und stockend lesen. Nach einem halben Jahr Förderung durch den Lesehund las sie die Wörter fließend und konnte auch meh-rere Wörter aneinanderreihen. Die Buchstaben-lautzuordnung gelang ihr immer besser. Zu ihrem persönlichen Lesehund konnte sie eine gute sozi-ale Bindung aufbauen und Vertrauen gewinnen, so dass sie ihre Scheu, vor Mitschülerinnen und Mitschülern zu lesen, reduzierte. Nach dem hal-ben Jahr meldete sie sich auch aktiv im Unterricht und trug zur Unterrichtsthematik bei.

Amy kam mit ihren Eltern ohne Deutschkennt-nisse aus England in die 2. Klasse. Sie lernte dort erst die Buchstaben und die deutsche Sprache kennen. Sie hatte nun die schwierige Aufgabe, parallel zum Unterricht ihre Lese- und Sprach-kompetenz im Deutschen zu erlernen. Amy liebt Hunde ausgesprochen und tat alles, um ihrem Lesehund zu gefallen. In den Lesestunden erzählte sie in einem Mix aus Englisch und Deutsch, was sie zuhause für den Hund geübt habe. Danach schaute sie stolz in seine Augen und gab ihm ein Leckerchen. Der Hund freute sich ebenso und somit waren die zwei zu einem unschlag-baren Team geworden. Nach einem halben Jahr hatte Amy schon solch erstaunliche Fortschritte gemacht, dass sie fast den Leistungsstand ihrer Klassenkameraden erreichte. Sie las – mit eng-lischem Akzent – einzelne Wörter und kleine Sätze. Ihre starke Motivation hatte sich bezahlt gemacht.

Elke Prämaßing, Lehrerin für Gesundheits-fachberufe, ehrenamtliche Regionalleiterin „Tiere helfen Menschen e. V.“, Mitglied Ar-beitskreis Schulhund RLPKontakt: [email protected]

http://gewaltpraevention.bildung-rp.de/ gewaltpraevention/arbeitskreis-schulhund.html

Elke Prämaßing

Tiere können wertvolle Helfer des Menschen sein. Diese Erkenntnis hat sich u. a. im Einsatz von The-rapiehunden in verschiedenen Institutionen wie z. B. Alten- oder Kinderheimen niedergeschlagen. In den letzten Jahren haben insbesondere Hunde auch den Weg in die Schule gefunden und werden dort zur Unterstützung verschiedener pädagogi-scher Ziele eingesetzt, u.a. auch der Leseförde-rung. Doch kann der menschliche Freund auf vier Pfoten tatsächlich die Lesekompetenz steigern?

Das pädagogische KonzeptBei der tiergestützten Pädagogik, unter die der Lesehund fällt, wird das Tier als lebendiges und interaktives Element eingebettet. Die Verständi-gung zwischen Mensch und Tier ist eine beson-dere Form der Kommunikation, in der beide Parteien die Zeichen des Gegenübers bewusst beobachten und so voneinander lernen. Tiere sind in der Lage die Gestik, Mimik und Intonation des Menschen zu dekodieren und analog darauf zu antworten. Das ursprünglich aus Amerika/Kanada stammende Projekt ist in der Regel so angelegt, dass Hunde mit ihren Besitzern in Schulen kom-men, um in Einzelsitzungen Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu geben, dem Hund bestimmte Texte vorzulesen.

Kinder mit Leseschwierigkeiten scheuen sich davor in der Klasse einzeln laut vorzulesen. Sie haben Angst vor negativen Kommentaren ihrer Mitschülerinnen und Mitschüler. Dadurch sinkt die Motivation des Lesenübens und sie verbinden negative Erfahrungen mit ihrer eigenen Lese-schwäche. Diesen Kreislauf können sie in Einzel-sitzungen mit Hilfe des Lesehunds durchbrechen. Der Hund übt keine Kritik, hört geduldig zu und erzeugt ein Gefühl des bedingungslosen Ange-nommen Seins. Kurz: Er wird zum Freund, dem man gerne in der gemeinsamen Zeit etwas vor-liest. Das Projekt Lesehund setzt also in erster

Linie daran an, die Lesemotivation der Kinder zu stärken. Darüber hinaus werden aber auch Wahr-nehmungsfähigkeit, Sensibilität im Umgang mit anderen und andere Aspekte der sozialen Kompe-tenz gefördert.

Erfahrungen aus der SchulpraxisDer Verein „Tiere helfen Menschen e.V.“ ist Initiator des ehrenamtlichen Projektes „Lese-hund“ in Deutschland. Seit dem Projektstart am 31.01.2012 an der Dr. Kurt-Schöllhammer Grund-schule in Simmern, Hunsrück, gibt es sieben Lese-hundteams, die 14 Kinder der Grundschuljahre 2-4 betreuen.

Die Schülerinnen und Schüler kommen einmal wöchentlich während des Unterrichts zu den 25-minütigen Einzelsitzungen. Sie lesen dem jeweiligen Hund nach Lesefähigkeit und Inter-esse des Kindes ausgewählte bebilderte Bücher vor. Das Kind kann es sich auf einer Decke oder in einem Sitzsack mit dem Hund gemütlich machen. 20 Minuten werden gelesen und 5 Minuten darf das Kind am Ende mit dem Hund als Belohnung spielen. Jedes Kind hat immer denselben Hund. Das Kind darf dem Hund nach dem Lesen eines Teilbereiches eine Belohnung („Leckerchen“) geben. Dies fördert die Aufmerksamkeit des Hun-des, der seinerseits analog eine weitere Belohnung fordert. Das Kind versteht die Aufforderung und liest weiter, um wiederum dem Hund ein Lecker-chen geben zu können.

Durch die Sicherheit, nicht ausgelacht, kritisiert oder korrigiert zu werden, wird die Angst vor dem Lesen zunehmend abgebaut und die Lesestunde verselbstständigt sich zunehmend als angeneh-mes Erlebnis. Der Hundeführer beantwortet lediglich Fragen, gibt kleine Hilfsimpulse, um den Lesefluss aufrecht zu erhalten. Lesefehler wer-den dem Kind nicht als eigener Fehler mitgeteilt,

Der Lesehund – ein tiergestützter Ansatz zur Förderung der Lesekompetenz

Selina, 10 Jahre, 4. Schuljahr, Bild: E. Prämaßing Paula, 9 Jahre, 3. Schuljahr, Bild: E. Prämaßing

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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P•L: Was hält Menschen davon ab, Ihre oder vergleichbare Angebote wahrzunehmen?SY: Scham ist leider eine große Hürde für viele Betroffene. Dabei ist sie nicht notwendig, denn in unserer heutigen Gesellschaft ist das Lernen als Erwachsener, das sogenannte lebenslange Ler-nen, ja eigentlich positiv besetzt. Oder sollte es sein. Aufgrund der rasanten Entwicklung unserer Gesellschaft ist ständige persönliche Weiterent-wicklung notwendig. Jeder hat oder entwickelt Lücken, die er oder sie irgendwann füllen muss. Es ist gar nichts Besonderes, als Erwachsener weiter-lernen zu müssen.

ZW: Viele unserer Teilnehmenden an Grundbil-dungskursen haben leider aufgrund ihrer Erfah-rungen als Schülerin oder Schüler eine negative Einstellung zu Schule und Lernen und damit ist der Grundstein für schriftbasiertes Lernen, für klassische Bildungsangebote verloren – schlimms-tenfalls sind diese ein rotes Tuch.

P•L: Gibt es bestimmte Auslöser dafür, dass die Menschen zu Ihnen kommen?ZW: Deutschmuttersprachler benötigen oft viel Zeit, um sich für Grundbildungskurse zu ent-scheiden. Auslöser dafür können Veränderungen wie Geburt oder Einschulung von Kindern sein. Es kann aber auch sein, dass sich durch die Teil-nahme an Elternabenden neue Hürden für die Betroffenen ergeben. Statt Motivation kann der Vergleich mit dem Schulkind schlimmstenfalls wieder Scham auslösen.

P•L: Welche Hürden meinen Sie und wie kön-nen Lehrkräfte helfen?SY: Indem sie als Vertrauenspersonen agieren und mögliche Hemmschwellen antizipieren. Eltern-abende können eine Hürde sein, wenn Eltern mit mangelnder Grundbildung Angst haben, etwas ausfüllen zu müssen oder sich zu engagieren, weil sie dann vielleicht Listen führen müssten.

Bestimmte Ängste kommen gar nicht erst auf, wenn ein Vertrauensverhältnis besteht und die

Eltern das Gefühl haben, bewusst angesprochen und akzeptiert zu werden. Dies trifft sowohl auf deutsche Eltern als auch auf diejenigen mit Mig-rationshintergrund zu. Hat eine Lehrkraft den Verdacht, dass ausbleibendes Engagement oder das völlige Fernbleiben von Eltern aus Angst oder Unsicherheit geschehen könnte, kann ein persön-liches Einzelgespräch helfen, in dem der Ablauf eines Elternabends beschrieben, Vertrauen aufge-baut und so etwas Angst genommen wird. Rat und Unterstützung kann sich die Lehrkraft zudem bei uns holen. Je nach Fall organisieren wir dann beispielsweise gemeinsam mit der Schule und einem Träger Fortbildungsangebote parallel zum Schulunterricht oder den Kontakt zu einer Fachkraft vor Ort.

P•L: Welche Maßnahmen können Sie noch empfehlen? ZW: Wir empfehlen Bibliotheken und Schulen, Bücher in leichter Sprache anzubieten. Leichte Sprache bedeutet: kurze Kapitel, kurze Sätze, keine Fremdworte etc. Die Bücher sind nicht explizit gekennzeichnet, so dass kein Stigma an ihnen haftet. Es gibt mittlerweile auch klassische Literatur übersetzt in leichte Sprache. So kann sich auch jemand mit Leseschwäche bspw. vor einem Theaterbesuch oder danach leichter ent-sprechend informieren.

Wir gehen aktiv auf Bibliotheken zu, damit diese Bücher in leichter Sprache aufnehmen und als Multiplikatoren wirken. Für Ausstellungen haben wir selbst auch eine Bücherkiste zur Ansicht. Wir informieren Schulen und Kindertagesstätten. Schulen können auch für Eltern Bücher in leich-ter Sprache anbieten. Außerdem erklären wir die Regeln für leichte Sprache mit der Bitte, Schrift-verkehr wie Anmeldeformulare anzupassen, um Hürden grundsätzlich kleiner zu halten. Davon profitieren dann übrigens alle.

Kontakt: [email protected], http://alpha.rlp.de

PERSPEKTIVWECHSEL

Die Bedeutung des Lese- und Schreibkompetenz-erwerbs verdeutlicht sich, betrachtet man die Situation von Erwachsenen, die im Alltag Schwie-rigkeiten beim Lesen und Schreiben haben. Hier setzt das im Januar 2014 gestartete Projekt Gru-biNetz – Kompetenznetzwerk Grundbildung und Alphabetisierung Rheinland-Pfalz an, das versucht,Menschen mit Grundbildungsbedarf für Lernange- bote, Alphabetisierungs- und Grundbildungskurse- zu gewinnen. Das Projekt wird durch das rhein-land-pfälzische Sozial- sowie das Bildungsministe- rium und den Europäischen Sozialfonds gefördert. Bärbel Zahlbach-Wenz (ZW) und Susanne Syren (SY), landesweite Koordinierungsstelle GrubiNetz, berichtenimGesprächmitClaudiaNittl(P•L)über ihre Erfahrungen.

P•L: Wie bestehen Menschen, die über wenig Grundbildung und kaum Lese- und Schreib-kompetenz verfügen, ihren Alltag?ZW: Die meisten haben einen Mitwisser, der sich um den Schriftverkehr wie z. B. Bewerbungen kümmert. Das können Partner oder Partnerin, Geschwister oder auch Kinder sein. Diejenigen, die Hilfe annehmen, meistern den Alltag meistens nicht schlecht.

SY: Alle Betroffenen haben eine Strategie entwi-ckelt. Allerdings heißt das meistens auch, dass sie in ihrem Lebensraum und der Teilhabe am politi-schen und gesellschaftlichen Leben eingeschränkt sind. Sie vermeiden potenziell schwierige Situati-onen: nehmen keine Weiterbildungsmöglichkeiten wahr, besuchen maximal einen Sportkurs und scheuen sich, Elternabende oder Informationsver-anstaltungen zu besuchen. Der soziale Raum ist beschränkt, schon Spiele wie „Stadt, Land, Fluss“ oder Kartenspiele, bei denen Ergebnisse aufge-schrieben werden, schrecken ab. Die Angst davor, in der Öffentlichkeit schreiben zu müssen, führt

zum Rückzug in die vertrauten Räume, wo sie sich auskennen.

P•L: An wen richten sich die Lernangebote? ZW: Die Teilnehmenden an unseren Angeboten sind durchaus heterogen und bringen die ver-schiedensten Kompetenzen mit: Oft können sie Wörter oder kurze Texte lesen, erfassen den Sinn eines Textes aber nicht oder sehr langsam, haben Probleme mit mehrsilbigen Wörtern, haben keine Lesestrategien entwickelt oder kein Gefühl für Orthographie. Nur sehr wenige fangen dagegen sozusagen bei „Null“ an.

Grob könnte man sie in zwei Gruppen teilen: Ers- tens in Deutschland mit Deutsch als Mutterspra-che aufgewachsene Menschen, die die Schule be- sucht und diese mit oder ohne Schulabschluss verlassen haben. Zweitens gibt es die Gruppe von Menschen mit Migrationshintergrund, die in ihrem Heimatland wenig oder keine Schulbildung – unter fünf Jahre – erhielten oder sogenannte gebroche-ne Biographien haben. Aus dieser Gruppe verfü-gen viele auch grundsätzlich über wenig in unserer Kultur vorausgesetztes Weltwissen. Die mündli-che Kompetenz kann dennoch hoch sein.

P•L: Wie erreichen sie Ihre Zielgruppe?SY: Die Gruppe der Menschen mit Migrationshin-tergrund erreichen wir sehr gut über Mundpropa-ganda, sobald wir einen ersten Einstieg gefunden haben. Tatsächlich ist es schwieriger, die Men-schen mit Erstsprache Deutsch zu erreichen. Hier setzen wir auf Netzwerkarbeit, auf Öffentlich-keitsarbeit und Medien, damit die Mitwisser von entsprechenden Lernangeboten erfahren und die Betroffenen aktiv zu uns schicken. Wir schulen außerdem Vertrauenspersonen aus verschiedens-ten Einrichtungen als Vermittler, die bei Bedarf Kontakt mit uns aufnehmen.

Ohne Literacy durchs Leben – Unterstützung für Erwachsene

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Boppard

WittlichMainz

Koblenz

Trier

Saarburg

Idar-Oberstein

Kaiserslautern

Kirchheimbolanden

Pirmasens

Landau

Speyer

Ludwigs-hafen

Bad Kreuznach

Hachenburg

Mayen

GerolsteinDaun

Altenkirchen

Autorenbegegnungen Zu den Leistungen des PL zählt seit Jahren die Unterstützung von Schulen bei der Organisation von Autorenbegegnungen, die auf Antrag unter bestimmten Umständen seitens des Bildungsmi-nisteriums finanziell gefördert werden können. In der Durchführung und Gestaltung dieses Angebots, das jedes Jahr viele Schülerinnen und Schüler erreicht, kooperiert das PL mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis in Rheinland-Pfalz. Das gemeinsame Jahresprogramm stellt nun schon zum sechzehnten Mal die sich anbietenden Auto-rinnen und Autoren sowie ihre Publikationen vor.

Als Verfahren der Leseanimation sind Autoren- begegnungen ein sinnvoller Baustein innerhalb eines Konzepts systematischer schulischer Lese- förderung.

Im Dialog zur LesemotivationNatürlich geht es bei diesen Veranstaltungen auch um die Lesung und Inszenierung von Texten, das Wesentliche ist jedoch der Dialog zwischen Auto- rinnen und Autoren mit den Kindern und Jugendli-chen. Diese so genannte „Anschlusskommunika- tion“, also der gemeinsame Austausch über Texte oder Fragen der Literatur, ist unter anderem we-sentlich für die Entwicklung von Lesemotivation. Die Fragen der Schülerinnen und Schüler sind vielfältig. Sie können sich auf den konkreten Text oder das Thema beziehen, oft aber rückt auch der Prozess des Schreibens als solcher in den Mittel-punkt des Interesses: Wie kommt man auf die Ideen beim Schreiben? Wie lange dauert es, bis ein Buch fertig ist? Woher stammen die Namen der Figuren? Ist die erzählte Geschichte so oder so ähnlich tatsächlich passiert?

Auch persönliche Fragen gibt es: In welchem Alter fingen die Autorinnen und Autoren an zu schrei-ben? Können sie von ihren Büchern leben? In den Antworten lässt sich auch einiges über den Litera_turbetrieb im Allgemeinen lernen. Aber gewiss ist vor allem die Person des Autors, der Autorin für die jugendlichen Zuhörer von Interesse und es ist gerade diese Person, die neugierig auf den Text macht.

Untersuchungen (z. B. Con-rad/Wiemer 2008) zeigen, dass Autorenbegegnungen sowohl Leseverhalten als auch Lesemotivation positiv beeinflussen können. Neben einer allgemeinen Bestärkung der positiven Einstellung zum Lesen bei denen, die schon ein stabiles Leseverhalten zeigen, scheinen sich positive Effekte in der unmittelbaren Wirkung im Besonderen bei denen zu ergeben, die eher leseabstinent sind. Allgemein gilt, dass die Autorenbegegnungen bei den jugendlichen Teilnehmenden überwiegend sehr positiv aufgenommen werden. Doch zwei-felsfrei ist eine einmalige Autorenbegegnung als solche noch nicht ausreichend, ein dauerhaftes Ergebnis zu erzielen oder gar Einstellungen positiv zu verändern. Um mit einer Autorenbegegnung eine nachhaltige Wirkung zu erreichen, bedarf es einer angemessenen schulischen Einbettung der Veranstaltung – also der Vor- und Nachbereitung im Unterricht.

Weitere Unterstützung durch das PLPL-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beraten inte-ressierte Schulen im Vorfeld, welche der ange-botenen Autorinnen und Autoren im Hinblick auf eine bestimmte Altersstufe oder ein thema-tisches Anliegen besonders geeignet sind. In den Beratungsgesprächen geht es neben rein organi-satorischen Fragen auch immer darum, welche Möglichkeiten bestehen, die Autorenbegegnung in den Unterricht zu integrieren. Die Wege hierzu sind unterschiedlich und hängen auch von den jeweiligen Umständen und Inhalten ab. Dazu bie-tet das PL zusätzlich Fortbildungsveranstaltungen an.

Karina Fries, Referentin für Deutsch, PLKontakt: [email protected]

Literatur:Conrady, P. und Wiemer, Y.: Lebendige Literatur. Westermann, Braunschweig 2008.

3938

AUS DEN INSTITUTEN

Zentrale: 06232 659-0E-Mail: [email protected]: www.pl.rlp.de

© Kartenvorlage: Verm

essungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz, 2011

ILF Mainzwww.ilf-mainz.de

EFWI Landauwww.efwi.de

HauptstandorteRegionale Standorte

KIRCHLICHE INSTITUTE:

PL-STANDORTE:

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Programm 2014/2015

Friedrich-Bödecker-KreisPädagogisches Landesinstitut

Rheinland-Pfalz

Pädagogik•Leben 1-2015

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BaCuLit – Handwerkszeug zur Vermitt-lung fachspezifischer Lesekompetenzen für Fachlehrkräfte aller Unterrichts- fächer

Viele Lehrkräfte sehen sich bislang nicht hinrei-chend qualifiziert, um die Lesekompetenz ihrer Lernenden zu fördern.

Vor diesem Hintergrund wurde ein EU-Projekt mit dem Titel BaCuLit (Basic Curriculum in Teachers‘ In-Service Training in Content Area Literacy in Secondary Schools) durchgeführt. Das im Projekt entstandene Curriculum wurde erprobt, evalu-iert und optimiert. Beteiligt waren Universitäten und Lehrerfortbildungsinstitute aus sechs europä-ischen Ländern und den USA. Ziel des Projektes war es, ein Fortbildungsprogramm für Lehrkräfte aller Unterrichtsfächer in den Sekundarstufen zu entwickeln, welches Kenntnisse über die Förde-rung von Lese-, Schreib- und Lernkompetenzen im Fachunterricht vermittelt. Das Curriculum soll Lehrkräfte befähigen, ihre Lernenden darin zu fördern, effektiver zu lesen, ihre Lesegewohnhei-ten zu verändern und Textverständnisstrategien in allen Fächern zu erwerben. Dabei beansprucht Lesekompetenzförderung keine Unterrichtszeit im eigentlichen Sinn, sie ist methodischer Bestandteil des Unterrichts und wird an fachlichen Themen angewandt.

BaCuLit-Curriculum besteht aus sechs jeweils ein-tägigen Fortbildungs-Modulen (siehe Grafik):

Modul 1: BaCuLit Grundlagen der Unterrichtsplanung• Warum Lesekompetenz in allen Fächern

zentral ist• Einführung der grundlegenden Konzepte von

BaCuLit• Das BaCuLit Modell zur Unterrichtsplanung

Modul 2: Textvielfalt und Textstruktur• Textwelten von SchülerInnen und Textviel-

falt im Unterricht – Was sind „authentische Texte“?

• Textkomplexität und Strukturen von Fachtexten

Modul 3: Fachwortschatz unterrichten• Wie hängen Fachwortschatz und das Verste-

hen von Fachtexten zusammen?• Wie kann das grundlegende Fachvokabular

im Unterricht erarbeitet werden?

Modul 4: Kognitive und metakognitive Lesestrategien vermitteln• Was sind Lesestrategien und wie können sie

unterrichtet werden?• Erprobung und Beurteilung verschiedener

Lesestrategie-Programme

Modul 5: Lernstands-Diagnostik und Leistungsmessung• Wie können die Lesekompetenzen der Ler-

nenden im Fachunterricht ermittelt werden?• Wie kann die Lernstands-Diagnostik für eine

gezielte fachliche Förderung genutzt wer-den?

Modul 6: BaCuLit Praxis der Unterrichtsgestaltung• KursteilnehmerInnen stellen ihre eigene

BaCuLit-Modellstunde vor• Wie kann BaCuLit im eigenen Unterrichts-

und Schulalltag verankert werden? Reflexion

der eigenen professionellen Entwicklungs-ziele

• Erste Erfahrungen

In Rheinland-Pfalz hat bereits eine Gruppe von Lehrkräften aus der Sekundarstufe I und aus dem berufsbildenden Bereich an BaCuLit-Modulen teilgenommen. Die Teilnehmer kamen aus den Bereichen Naturwissenschaft, Technik, Betriebs-wirtschaft, Religion und Sprachen. Darüber hin-aus wurde im Frühjahr und Sommer 2014 eine länderübergreifende BaCuLit-Trainer Ausbildung durchgeführt. Die BaCuLit-Idee korrespondiert in sehr vielen Bereichen mit aktuellen Ergebnissen der Lehr- und Lernforschung. Das BaCuLit-Kon-zept betrachtet die Leseförderung aus der Pers-pektive von Lehren und Lernen. Die Lehrkraft als „Aktivierer“ unterstützt eine positive Lehrer-Schü-ler-Beziehung, bietet den Lernenden herausfor-dernde, aber leistbare Aufgaben, unterstützt sie durch Modellieren, Anweisungen und Hilfestellun-gen. Die vorgestellten Methoden führen zu kog-nitiv anregenden aktiven Lese- und Lernphasen in Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit.

Genauso wie sich Lernende aktiv mit Texten auseinandersetzen und diese mit ihrem Vorwis-sen verknüpfen müssen, um zu einem deutli-chen Lernzuwachs zu gelangen, müssen sich die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer aktiv mit den BaCuLit Konzepten und Strategien auseinan-dersetzen. Dazu gehört auch die Erprobung von Konzepten und Strategien im eigenen Unterricht zwischen den einzelnen Modulen.

Fazit: BaCuLit ist ein Konzept für alle Lehrkräfte, welches viel bietet, aber auch einiges verlangt, besonders Offenheit und Bereitschaft, neue Wege im Unterricht zu beschreiten.

Kontakt: [email protected]

Kreatives Schreiben

Schreiben als eines unserer wichtigsten Kulturgü-ter ist ein lebenslanger Prozess; das Schreibver-mögen unserer Schülerinnen und Schüler muss sich daher Schritt für Schritt entwickeln.

Wie können wir das Schreiben in der Schule so organisieren, dass unsere Lerngruppen sich kreativ und produktiv damit auseinandersetzen, wie kön-nen wir Freude am Entdecken eigener Ausdrucks-möglichkeiten vermitteln? Welche assoziativen, produktiven und kreativen Methoden fördern und trainieren Kinder und Jugendliche so, dass sie selbstständig Texte verfassen möchten? Gerade die Werkstattarbeit ist gekennzeichnet durch das Zulassen und das Erproben vielfältiger Ideen, Vor-stellungen und Fantasien.

In dieser Tagung wird uns eine breite Palette von Schreibanlässen und Methoden begegnen, die uns (und unsere Schülerinnen und Schüler) die emoti-onale Kraft des Schreibens und der Poesie erleben lassen.

Die Teilnehmenden dieser Fortbildung sollen sich selbst aktiv in verschiedene Schreibprozesse einlassen, um Möglichkeiten und Chancen des kreativen Schreibens kennen zu lernen, zu proble-matisieren und zu reflektieren.

27.-28.04.2015 in Landau, EFWI-Nr.: 15E6002

Freude am Lesen I

Leseförderung in der Primar- und Sekundarstufe IIn der PISA-Studie schnitt Deutschland in den Bereichen „Lesekompetenz“ und „Leseinteresse“ sehr schlecht ab.

Wie Freude am Lesen im Unterricht vermittelt werden kann, wie Schülerinnen und Schüler zum (freiwilligen) Lesen motiviert werden können, das ist Gegenstand dieser Tagung.

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Songwriting und Komponieren im MusikunterrichtWas ist ein guter Song? Womit und wie fängt man an? – Text, Harmonieschema oder Melodie?

Die Fortbildung soll Lehrerinnen und Lehrer moti-vieren, aber auch konkrete Hilfestellung geben, das Thema „Songwriting“ im Unterricht aufzu-greifen. Im Unterricht erprobte Methoden und Techniken werden vorgestellt, ausprobiert und reflektiert. Der kompositorische Schaffensvorgang ist eng an den Begriff der „Intuition“ gekoppelt und dieser ist sicher schwer zu fassen. Die Teil-nehmerinnen und Teilnehmer werden auch dazu geeignete Methoden kennenlernen, um Einstiegs-barrieren abzubauen, damit Schülerinnen und Schüler Zugänge und Wege zur ihrer eigenen Intuition finden können. Darüber hinaus werden wir auch selbst Songs schreiben und vorstellen.

Die Veranstaltung mit den Referentinnen Anne Schroeder und Jan-Philipp Kelber richtet sich an Musiklehrerinnen und -lehrer der Sek. I und Sek. II.

15.06.2015 in Simmern/Westerwald, ILF-Nr. 15i506401

Kontakt: [email protected]

Für den Herbst 2015 sind unter anderem Veran-staltungen zur individuellen Förderung von Kin-dern mit Lese-Rechtschreibschwäche geplant. Auch Studientage, die gemeinsam mit Ihnen passgenau auf die Situation in Ihrer Schule hin konzipiert werden, führen wir mit kompetenten Referentinnen und Referenten gerne in Ihrer Ein-richtung durch – dabei ist das Thema „Leseför-derung“ nur ein mögliches Thema. Auf unserer Homepage finden Sie unter „Service – Formulare“ das entsprechende Antragsformular.Sprechen Sie uns an!

www.ilf-mainz.de

BiSS – Bildung durch Schrift und Sprache

BiSS (Bildung durch Sprache und Schrift) ist ein auf fünf Jahre angelegtes, wissenschaftlich beglei-tetes Forschungs- und Entwicklungsprogramm, das auf eine Initiative von Bund und Ländern zurückgeht. Gemeinsam wurde ein wissenschaft-liches Trägerkonsortium damit beauftragt, die Bildungseinrichtungen der teilnehmenden Länder bei ihren Bemühungen zur sprachlichen Bildung und Sprachförderung zu unterstützen und ausge-wählte Maßnahmen zu evaluieren. Dabei steht die Entwicklung der Bildungssprache im Mittelpunkt, d. h. die sprachliche Kompetenz, die ein Kind benötigt, um in Kindertagesstätte und Schule erfolgreich teilnehmen zu können.

Unter Leitung von Prof. Dr. Gisela Kammermeyer, Universität Koblenz-Landau, Campus Landau, ent-wickelt der Verbund „BiSS-Sprache“ in Rheinland-Pfalz Maßnahmen und Bausteine zur gezielten alltagsintegrierten Sprachbildung in Schlüs-selsituationen in Kindertagesstätten und in der Primarstufe. Alltägliche Schlüsselsituationen wie das Lesen oder Vorlesen, Portfolio-Gespräche, gemeinsame Mahlzeiten, offene Lernphasen oder die Planung von Aktivitäten werden hier für die sprachliche Bildung genutzt. Die Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte der teilnehmen-den Einrichtungen werden darin qualifiziert, diese Gelegenheiten für eine gezielte alltagsintegrierte Sprachbildung zu nutzen. Ziel des Verbundes ist, innovative Ansätze zur sprachlichen Bildung bei der Gestaltung des Übergangs von der Kindertagesstätte in die Grundschule aufzunehmen und weiter zu entwi-ckeln, um so eine durchgängige Sprachbildung zu gewährleisten.

An BiSS-Lesen – Lesen mit BiSS hat sich Rhein-land-Pfalz mit zwei Verbünden jeweils im Primar- und im Sekundarbereich beteiligt.

BiSS-Lesen verfolgt dabei das Ziel, Maß-nahmen zur Diagnostik und die vielfältigen

Neben einem intensiven Austausch unter Kolle-ginnen und Kollegen werden Arbeitsformen und Methoden trainiert, die einerseits die Lerngruppe an das Lesen heranführt, andererseits durch For-men wie Visualisierungen und Lesetagebücher vielschichtige Zugänge zum Lesen eröffnet. Auf diese Tagung baut die Fortbildung „Freude am Lesen II“ auf.

Beide Fortbildungen des EFWI sind zudem Abrufangebote für Studientage.

Kontakt: [email protected]

Rückblick: Literacy-Förderung als ILF-Jahresthema 2014

Literacy, Lesen ist eine Basis- und Schlüsselkom-petenz – schön gesagt, leicht gesagt. Die Probleme gehen los, wenn es konkret wird: Welche Metho-den versprechen Erfolg, wenn es darum geht, unseren Kindern diese Kompetenz zu vermitteln? Wie kann Leselust statt Lesefrust erzeugt werden?

Das ILF hat sich diesen Fragen im Jahr 2014 als Jahresthema gewidmet. Unter dem Titel „Liter-acy – Lesekompetenz – Leseförderung … in jedem Alter und allen Fächer“ wurden in rund 15 ver-schiedenen Veranstaltungen Lehrerinnen und Lehrer, aber auch Erzieherinnen und Erzieher in ihrem Bemühen unterstützt, den Kindern die Basis- und Schlüsselkompetenz „Lesen“ zu ver-mitteln, die Teilhabe in unserer Gesellschaft erst ermöglicht.

Die Veranstaltungen deckten die gesamte Band-breite des Themas ab: Wie können schon die Kleinsten in der Kita die Entdeckung machen, dass Zeichen Bedeutungen tragen und Informationen transportieren? Wie kann die Leseflüssigkeit gesteigert werden, damit für Schülerinnen und Schüler das Lesen leicht und damit genussvoll wird? Welche Lesestrategien sind hilfreich, welche weniger? Wie kann in der Schule das Bewusstsein geweckt werden, dass Leseförderung die Aufgabe des gesamten Kollegiums ist, nicht nur die der Deutschlehrerinnen und -lehrer?

„Abwechslungsreich und informativ“, „sehr nah am Schulalltag und sehr praxisorientiert“, „Ver-knüpfung von theoretischen Ansätzen und Pra-xisbeispielen“,– das sind nur einige Reaktionen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf die gut nachgefragten Angebote des ILF, für die renom-mierte Referentinnen und Referenten aus Rhein-land-Pfalz und darüber hinaus gewonnen werden konnten. Informationen und Materialien zum Thema auf der Homepage runden das Angebot des ILF ab.

Veranstaltungen zum Thema Literacy- und Lese-förderung finden sich immer wieder im Programm des ILF, wobei die gemachten Erfahrungen und die Rückmeldungen in die Konzeption neuer Ange-bote einfließen. Im Frühjahr 2015 stehen etwa folgende Themen auf dem ILF-Programm:

Wenn auf einmal alles anders wird: Bilderbü-cher zum Thema Abschied, Krankheit, Trauer Schon Grundschulkinder machen in unterschied-licher Weise Erfahrungen mit dem Sterben, mit Krankheit, Behinderung, Leid und Verlust. Um diese Erfahrungen behutsam aufzugreifen und zur Sprache zu bringen, braucht es ein differenziertes Vorgehen. Dabei können Bilderbücher, die diese schwierige Thematik unterschiedlich akzentuie-ren, gute Anstöße zum Bearbeiten des Erlebten bieten.

Schwerpunkte der Veranstaltung sind:• Vorstellung von Bilderbüchern zum Themen- komplex Tod, Krankheit, Behinderung, Leid – und Kriterien zu ihrer Beurteilung• Vorstellung von Methoden und kreativen Umsetzungsmöglichkeiten• Erarbeitung von Unterrichtsbausteinen

Die Veranstaltung mit den Referentinnen Anne Klaaßen und Anneli Baum-Resch richtet sich anReligionslehrkräfte an Grund- und Förderschulen.28.-29.04.2015 in Wiesbaden, ILF-Nr. 15i201801

Kontakt: [email protected]

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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wer der Mutigste von ihnen ist. Das Medienpaket enthält die 9-minütige Verfilmung des Bilderbu-ches von Lorenz Pauli und Kathrin Schärer in drei Versionen (zu Standbildern wird der Text vorge-lesen, zu schrittweise anwählbaren Bildern nach vorgegebener Reihenfolge kann wahlweise der Ton zugeschaltet werden, die Bilder können ein-zeln angewählt werden) sowie das Bilderbuch und bietet somit vielfältige Zugänge zu Bild und Text.

DVD 4645661, Media-Nova-Verlag, Landshut, 2009, ab 5 Jahren

Autoren erzählen. Max Frisch1961 entstand eine Filmdokumentation über Max Frisch, als dieser gerade seinen Lebensmittelpunkt nach Rom verlegt hatte. Bei einer Autofahrt durch die Stadt schildert er, was ihm an Rom gefällt. Er erzählt, auf welchen Umwegen er Schriftsteller wurde, warum er schreibt und wie er arbeitet.

DVD 4684637, SWR, 2011, ab 14 JahrenOnlinemedium BWS-04984122

Das Pferd auf dem BalkonVerfilmung nach Motiven des Romans von Milo Dor über einen Jungen, seinen Nachbarn, der ein Pferd auf seinem Balkon hält, und Dana, die behauptet, eine indische Prinzessin zu sein. Die DVD bietet den Film auch mit Audiodeskrip-tion für Sehbehinderte sowie Untertiteln für Hörgeschädigte.

DVD 4671693, Mini Film, 2012, ab 8 Jahren

Faust. Frei nach Johann Wolfgang von GoetheIn dieser Verfilmung ist der Protagonist ein Arzt, der mit Unterstützung seines wissenschaftlichen Gehilfen Wagner nach dem Sinn des Lebens und dem Sitz der Seele sucht. Der Film von Alexander Sokurov interpretiert Goethes Tragödie frei und bietet sich so für einen Vergleich mit der literari-schen Vorlage an.

DVD 4668626, Proline Film, 2011, ab 16 Jahren

So verfasst du TexteWas haben ein Brief, ein Moderationstext, eine SMS, ein Artikel oder ein Blogeintrag gemeinsam? Alle müssen geschrieben werden. Der Artikel erläutert, worauf beim Schreiben zu achten ist.BR alpha, 2011, ab 14 JahrenOnlinemedium BY-00000270

Ausleihmedien: https://inmis.bildung-rp.deOnlinemedien: www.omega.bildung-rp.de

Die Geschichte vom Löwen, der nicht schreiben konnteDer Löwe war zufrieden mit sich und der Welt, er konnte brüllen und die Zähne zeigen. Und mehr brauchte er als Chef der Tiere auch nicht, bis er eines Tages auf die schöne Löwin traf, die lesend unter einem Baum lag. Sofort wollte er sie küs-sen, doch so einfach war das nicht. Einer Dame schreibt man schließlich erst einen Brief, bevor man sie küsst. Aber genau darin lag sein Prob-lem, denn der Löwe konnte weder lesen noch schreiben…

Im Medienpaket sind neben dem Bilderbuch von Martin Baltscheit eine Audio-CD mit der Hör-spielfassung der Geschichte, eine DVD mit ihren Bildern, didaktisch-methodische Hinweise sowie Kopiervorlagen zur Lese- und Sprachförderung, zum Basteln und zum Lied enthalten.

DVD 5044178, Media Nova Verlag, Landshut, 2007, ab 5 Jahren

Kontakt: Mediathek des PL, [email protected],0261 9702-102

Anstrengungen der Schulen zur Förderung der Lesekompetenz über alle Klassenstufen hinweg zusammenzuführen und weiterzuentwickeln. Die am Projekt beteiligten Schulen erproben Maßnah-men zur Diagnostik der Lesekompetenz und zur Förderung des Leseverständnisses. Dabei werden sie vom Pädagogischen Landesinstitut unter-stützt und fachlich begleitet. Ziel ist, dass die Schulen ein durchgängiges Konzept zur pädagogi-schen Diagnostik und Leseförderung entwickeln. Die Qualifizierung der Lehrkräfte der beteiligten Schulen erfolgt neben der fachlichen Fortbildung in regelmäßig stattfindenden Netzwerktagungen, die den Transfer der vermittelten Inhalte in den jeweiligen schulischen Kontext unterstützen.

Kontakt: [email protected], [email protected] www.biss-sprachbildung.de/

Die Bibliothek des Pädagogischen Landesinstituts

Das PL unterhält eine eigene wissenschaftliche Spezialbibliothek. Die Aufgaben der Mitarbeiterin-nen dort umfassen die Beschaffung, Verzeichnung und Erschließung aller für die Arbeit des PL wesentlichen Literatur. Die Bibliothek bietet Zu- gang zu aktuellen Informationen aus Zeitschrif- ten und amtlichen Veröffentlichungen und unter-stützt ihre Nutzerinnen und Nutzer in allen Belangen der Recherche. In den Bibliotheksräu-men am Standort in Bad Kreuznach, aber auch an den anderen Standorten, hält sie rund 50.000 Medien bereit, die neben der Hintergrundlitera-tur zu Lesen und Leseförderung viele Bereiche der schulisch relevanten Themen sehr gut abdecken.

Obwohl der Fokus auf den Beschäftigten des PL liegt, besteht auch für Lehr- und Beratungs-kräfte die Möglichkeit, Präsenzbestände bspw. im Rahmen von Fort- und Weiterbildung vor Ort einzusehen und zu nutzen. Die in Bad Kreuznach aufgestellten Medien, die als „verfügbar“ gekenn-zeichnet sind, können in Ausnahmefällen außer-dem zeitlich begrenzt entliehen werden. Die Anmeldung ist mit einer kurzen Einführung in die Bibliothek verbunden und geschieht vor Ort.

Die Bestände sind unter http://217.198.244.66/vopac im Internet recherchierbar.

Die Bibliothek pflegt enge Kontakte zur Rheini-schen Landesbibliothek, zu Stadtbibliotheken und Studienseminaren und kooperiert mit den Spezi-albibliotheken des Bildungsministeriums und der Landeszentrale für politische Bildung.

Kontakt: Susann Patzelt, Mediendienste, [email protected],0671 9701-1614

Medientipps

Im Angebot der Ausleih- und Onlinemedien ste-hen u. a. folgende Titel für den Themenbereich Vorlesen, Zuhören, Nacherzählen – Schreiben, Lesen, Kommunizieren zur Verfügung:

Die Revolution der Buchstaben. Kommunikation in der Frühen Neuzeit Der Film gewährt einen Einblick in die Welt vor Gutenberg, betont die Bedeutung und Auswirkun-gen der Erfindung der beweglichen Drucklettern und zeigt in einer kurzen Zeitreise Kommunikati-onsformen vom Altertum bis heute.

DVD 4602553, FWU, 2008, ab 10 Jahren

Mutig, mutigVier Tiere treffen sich zufällig am Seeufer und beschließen, einen Wettkampf zu veranstalten,

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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AUF EIN LETZTES WORT„Vielfacher Schriftsinn“ – so ist eine Sammlung von Arbeiten überschrieben, die von Klaus Reichert „… zur Einübung in die Lektüre von Finnegans Wake“ herausgegeben wurde.Hä? Einübung in die Lektüre? Man blättert, liest, versteht, ist erbaut oder nicht, wenn man sich einen Roman vornimmt. Vielleicht blättert man auch einmal zurück, aber einüben? Nun, nicht umsonst gilt Joyce’s in Traumsprache geschriebenes Werk als schwere Kost: Wörter werden ineinander verschachtelt und übereinander getürmt, die Bedeutungen überlagern sich und durch Emergenz entsteht etwas vorher Ungeahntes, erst recht Ungeschriebenes.„In the buginning is the woid, in the muddle is the sounddance … .” Schicht für Schicht ist zu entschlüs-seln, aber immer mit Blick auf das Ganze! Eine Entdeckungsreise, die den Enthusiasten reich beschert! Auf der anderen Seite macht sich selbst bei erfahrenen Lesern Unverständnis breit, viele kommen nicht über die erste Seite hinaus. Wer mag, nutzt den Versuch von Dieter H. Stündel: „James Joyce – Finnegans Wehg – Kainnäh ÜbelSätzZung des Wehrkeß fun Schämes Scheuß“.

So muss es wohl auch den Schülern ergehen, die sich mit den Schwierigkeiten beim Lesen herumschla-gen. Was will uns der Autor sagen? Versteh ich nicht! Was heißt denn das? Es ist eben nicht selbstverständlich, dass man sinnentnehmend, texterschließend, verstehend und mit Genuss lesen kann. Und so führt der steinige, aber mit tollen Ausblicken belohnte Weg zur Lesekompe-tenz über so manche Anstrengung. Handwerkliches wie die Syntax muss gelernt werden, das Doppelte Plusquamperfekt verliert seinen Schrecken und vielleicht versteht endlich mal jemand den Unterschied zwischen Genus und Sexus.

Dabei müssen wir mit den Wörtern auskommen, die uns die deutsche Sprache bietet. „Sie sind so schrecklich verbraucht und verwohnt, diese Worte, abgenutzt von millionenfacher Verwendung … .Sind sie noch Ausdruck von Gedanken?“ fragt Amadeu de Prado in Pascal Merciers „Nachtzug nach Lissabon“. Und dabei will er die Sprache nicht neu erfinden, nur die Worte neu setzen. Archetypische Sätze sollen es werden, makellos wie polierter Marmor. „… sie würden stutzen, wenn sie die neu gesetz-ten Worte hörten, und ihr Erstaunen würde der Schönheit der Sätze gelten, einer Schönheit, die nichts anderes wäre als der Glanz ihrer Klarheit.“ Gut gesprochen, Amadeu! Hättest du nur Thursday Next in Jasper Ffjordes „Im Brunnen der Manuskripte“ kennengelernt. Für sie sind Wörter „die Grundbausteine der Literatur, die DNA der Geschichten“. Und in Büchern werden „kuriose schwarze Schnörkel zu Bildern im Kopf“. Aha … allmählich klärt sich so einiges …

Aber bevor Sie nun die strahlende Einsicht zu sehr blendet, sollten Sie sich doch noch einmal der Entde-ckung einer anderen Sprache zuwenden. Das gute alte Rebus! Es hat seine ganz eigenen Gesetze. Und ohne hier allzu viel zu verraten – mehr in der Online-Ausgabe der Zeitschrift, nebst Druckversion und gestuften Lösungshilfen – gebe ich Ihnen gerne ein paar „Sprachregeln“ mit auf den Weg: Geschrieben wird „in einem durch“, es zählt der Klang und Wortteile werden einfach abgetrennt. Genug. Mehr wird nicht enthüllt. Ein Lob dem Kryptischen! Ein Rebus wird sowieso erst durch seine kleinen Gemeinheiten spannend. Aber das kennen wir doch schon irgendwo her. Die Deutschlehrer fischen doch auch immer wieder gerne schöne Exempel aus dem literarischen Teich.

Und leicht wollen wir es gar nicht haben. Das macht doch keinen Spaß. ND.

Udo Klinger

J

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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AUSBLICK

Pädagogik•LebenLerngruppen steuern: Beziehungs- und Unterrichtsgestaltung

Im schulischen Alltag spielt bei der Auseinandersetzung mit den Themen und Inhalten des Unterrichts immer auch die Beziehungsebene eine wichtige Rolle. Lehr-Lern-Prozesse bedürfen sowohl einer sorg-fältigen didaktisch-methodischen Planung, als auch eines besonderen Augenmerks auf die Gestaltung der sozialen Aspekte. Da Sach- und Beziehungsebene eng miteinander wechselwirken, haben Entschei-dungen auf der einen immer auch Auswirkungen auf der anderen Ebene. Dies wird insbesondere für die Arbeit mit herausfordernden Schülerinnen und Schülern bedeutsam. Soweit Lehrkräfte ihre Lerngrup-pen steuern können, sollten die Chancen einer optimierten Lernzeit mit den Möglichkeiten eines kom-petenzorientierten Unterrichts genutzt werden. Gleichzeitig bietet die professionelle Gestaltung der Beziehungen Raum für pädagogische Schwerpunktsetzungen.

IndernächstenAusgabederPädagogik•Leben,dieimSeptember2015erscheint,widmenwirunsdaherdiesem Thema in seinen Facetten und Wechselwirkungen unter den zentralen Fragestellungen: Wie kön-nen Lehrkräfte auf beiden Ebenen mit schwierigen Lehr-Lernsituationen umgehen? Welche Möglichkei-ten, Lerngruppen zu steuern, stehen zur Verfügung? Wie sieht erfolgreicher Unterricht aus, in dem die Schülerinnen und Schüler fachlich und sozial lernen, ihre Kompetenzen weiterentwickeln und ihre Per-sönlichkeit stärken?

Neben fachlichen Hintergrundinformationen finden Sie auch in der nächsten Ausgabe wieder vielfältige Beispiele aus der Schulpraxis, die verschiedene Schularten wie auch Perspektiven berücksichtigen und einzelne Aspekte des Themas vertiefen. Außerdem ergänzen wir diese mit den konkreten Unterstüt-zungsangeboten von EFWI, ILF und PL.

Im Namen des Redaktionsteams hoffe ich, Sie fanden im vorliegenden Heft „Lesen, verstehen und han-deln – Literacy als Aufgabe für alle“ eine angenehm-anregende Lektüre und freuen sich auf die nächste Ausgabe.

Mit freundlichen Grüßen,

Claudia NittlChefredakteurin der Zeitschrift Pädagogik•LebenKontakt: [email protected]

PS: Unsere Zeitschrift finden Sie auch online unter: http://bildung-rp.de/pl/publikationen.html

Ansprechpartner/innen im Pädagogischen Landesinstitut

Schulart/Fach/Thema Name E-Mail Telefon

Berufsbildende Schule (BBS) Regine Ebermann [email protected] 06232 659-116

BBS Schul- u. Modellver-suche, Lehrpläne

Martin Lützenkirchen [email protected] 0671 9701-1678

Berufseinstieg Katja Groß-Minor [email protected] 06742 8710-44

BildungsserverDr. Margret Groß-Hardt

[email protected] 0261 9702-323

Bildung für nachhaltige Entwicklung

Dr. Rainer Tempel [email protected] 06232 659-276

Controlling Simone Fischer [email protected] 06232 659-138

Darstellendes Spiel Alfons Otte [email protected] 06232 659-232

Demokratieerziehung Clemens Brüchert [email protected] 0671 9701-1653

Deutsch Dr. Thomas Cohnen [email protected] 06232 659-245

E-Learning Marcus Lauer [email protected] 06232 659-166

Elternfortbildung Oliver Appel [email protected] 06232 659-217

eSchule24-PortaleTeam Hotline- beratung

[email protected] 0261 9702-500

Europäische und internatio-nale Kooperation

Sabine Rohmann [email protected] 06581 9167-13

FörderschuleSabine Schelhorn-Dehne

[email protected] 06232 659-121

Ganztagsschule Dagmar Birro [email protected] 0671 9701-1673

Gesellschaftswissenschaften Eva-Maria Glaser [email protected] 06232 659-226

Gewaltprävention Dr. Katja Waligora [email protected] 0671 9701-1674

Gymnasium Nicole Höchst [email protected] 06232 659-224

Herkunftssprachlicher Unterricht

Beata Hülbusch [email protected] 0671 9701-1654

Informatik Martin Zimnol [email protected] 06232 659-227

Inklusion Heike Körblein-Bauer [email protected] 06232 659-213

Integrierte Gesamtschule Dagmar Birro [email protected] 0671 9701-1673

Interne Evaluation Johannes Miethner [email protected] 06232 659-173

Kommunikation und Beratung

Dr. Katja Waligora [email protected] 0671 9701-1674

Krisenberatung Oliver Klauk [email protected] 0671 9701-1682

Lernen in VielfaltAnette Müller-Bungert

[email protected] 0651 45399

Stand: Dezember 2014

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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IMPRESSUMHerausgeber Pädagogisches Landesinstitut Rheinland-Pfalz (PL)Butenschönstr. 267346 [email protected]

in Kooperation mitErziehungswissenschaftliches Fort- und Weiterbildungsinstitut der evangelischen Kirchen in Rheinland-Pfalz (EFWI) Luitpoldstraße 876829 [email protected]

Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung (ILF)Saarstraße 155122 Mainz [email protected]

Verantwortliche RedakteurinClaudia Nittl (PL)Butenschönstr. 267346 [email protected]

RedaktionDr. Thomas Cohnen, Katina Hahn (stellvertret. verantw. Redaktion), Udo Klinger, Dr. Rüdiger Gilsdorf, Stefan Sigges, Marie-Luise Wieland-Neckenich (alle PL); Elke Bartholomae (EFWI), Torsten Schambortski (ILF Mainz)

Lektorat: Ute Nagelschmitt (PL)Titelbild: Bildcollage, Silvia Grummich (PL); Fotos: Joujou, Zaubervogel, Rainer Sturm, Michael Bührke, Markus Vogelbacher (alle pixelio.de)Illustration: Renate Müller (PL), S. 47Gestaltung: Harald Goebel (PL)Druck: Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation, Koblenz

Januar 2015, 1. AuflageISSN Print 2194 1777, ISSN Online 2194 1785

Die Zeitschrift finden Sie online unter: http://bildung-rp.de/pl/publikationen.html. Nachbestellungen erhalten Sie gegen eine Schutzgebühr von 2 Euro zzgl. Versandkosten über [email protected] bzw. [email protected].

Schulart/Fach/Thema Name E-Mail Telefon

Mathematik Ursula Bicker [email protected] 0671 9701-1644

Medienbildung – Unterrichts-entwicklung mit Medien

Andrea Müller-Goebel [email protected] 0261 9702-227

Medienkompetenz macht Schule

Stephan Pfurtscheller [email protected] 0671 9701-1651

Migration Beata Hülbusch [email protected] 0671 9701-1654

Moodle Dr. Claudia Schittek [email protected] 0261 9702-230

Naturwissenschaften Margrit Scholl [email protected] 06232 659-164

Öffentlichkeitsarbeit Claudia Nittl [email protected] 06232 659-246

Pädagogisches Beratungssystem

Kerstin Goldstein [email protected] 06742 8710-22

Praxistag Hubert Zöller [email protected] 0671 9701-1650

Primarstufe Christine Holder [email protected] 06232 659-187

Rahmenpläne, Bildungs-standards

Barbara Dolch [email protected] 0671 9701-1630

Realschule plus Frauke Mosbach [email protected] 06232 659-214

Schulentwicklung Heike Fischer [email protected] 06742 8710-47

Schulleitung und Schulaufsicht

Dr. Karla Tonn [email protected] 06742 8710-36

Schulische IT-Dienstleistungen

Heiko Hellweg [email protected] 0261 9702-308

Schwerpunktschule Heike Körblein-Bauer [email protected] 06232 659-213

Servicestelle Berufsorientierung

Mathias Meßoll [email protected] 0671 9701-1655

Sport Peter Heppel [email protected] 06232 659-212

Sprachen Nicole Höchst [email protected] 06232 659-224

Sprach- und Leseförderung Primarstufe

Marie-Luise Wieland-Neckenich

[email protected]

06742 8710-42

Sprach- und Leseförderung in der Sek. I

Ruth Bogensperger [email protected] 0671 9701-1656

Sprach- und LeseförderungBBS

Stefan Sigges [email protected] 06232 659-118

Weiterbildungen/Prüfungen Frauke Mosbach [email protected] 06232 659-214

Wahlpflichtfächer Realschule plus

Irmtraud Rehwald [email protected] 06232 659-165

Pädagogik•Leben 1-2015 Pädagogik•Leben 1-2015

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Butenschönstr. 2 67346 Speyer

[email protected]

www.pl.rlp.de

PÄDAGOGISCHES LANDESINSTITUT