Pforzheim in Japan - wellendorff.com · Nun hat die Pein also ein Ende, die glorreichen Drei Eau de...

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+ SAMSTAG, 1. NOVEMBER 2014 DIE WELT SEITE 27 STIL USA Kaley Cuoco bekommt einen Stern auf dem Walk of Fame Kaley Cuoco, US-Serienstar aus der erfolgreichen Sitcom „The Big Bang Theory“, ist mit einem Stern auf dem Walk of Fame in Los Angeles unter die Größen Hollywoods aufgestiegen. „Ich bin total überwältigt“, sagte die zu Trä- nen gerührte 28-jährige Schauspielerin am Mittwoch. Die Rolle der Penny in der Comedy-Serie „hat mein Leben verändert“. Sie fühle sich „geehrt“ und „gesegnet“ mit dem Stern, sagte die komplett in pink gekleidete Schauspiele- rin, die in Begleitung ihres Ehemanns Ryan Sweeting zu der Zeremonie er- schienen war. Auch ihre Sitcom-Kolle- gen waren gekommen sowie Chuck Lorre, Filmproduzent, Drehbuchautor und Regisseur der Serie. DEUTSCHLAND „Tatort“-Star Schweiger empfiehlt „Polizeiruf“-Krimi Til Schweiger (50) alias Hamburger „Tatort“-Ermittler Nick Tschiller, lobt die Sonntagskrimi-Konkurrenz. Sein TV-Tipp zum Sonntag sei der neue „Po- lizeiruf 110“-Krimi aus Rostock, schrieb der Kinostar am Freitag bei Facebook. „Anschauen! Es ist der spannendste „Tatort“/„Polizeiruf“ des Jahres... gran- diose Schauspieler, die einen vergessen lassen, dass hier gespielt wird, weil sie so authentisch sind...“ Der Krimi „Fami- liensache“ ist der zehnte Fall des Teams Bukow/König, gespielt von Charly Hüb- ner (41) und Anneke Kim Sarnau (39). LEUTE AFP/MARK DAVIS and run.“ Ließ das Hamsterrad der Mo- de hinter sich und legte sich nicht nur eines der schönsten Häuser auf Long Island zu, sondern scheint das Leben dort auch genießen zu können. Seine Fans ließen inzwischen wohl unzählige der coolen Lieblingsanzüge, Jacken, T-Shirts in Schneider-Shops nachnähen. Die ewige Treue ist eine Mischung aus ein bisschen echtem Be- darf an vertrauter Passform und einer großen Portion Sentimentalität. Der Österreicher hatte sein Unternehmen 1986 gegründet, in der Hochzeit des Pop, des Anything goes, lustig-wilder Geschmacklosigkeit. Männer sahen aus wie Sonny Crockett aus Miami Vice, die Frauen waren grell und ultrabreit- schultrig. Da wirkten die schmalen, or- namentbefreien Outfits dieses reflek- tierenden Typen aus Wien („Was nicht richtig ist, kommt weg“) wie eine Be- freiung für alle jene, die ihrer Arbeit in aller optischen Ruhe nachgehen woll- ten und mussten. Wer sich damals infi- zierte, blieb für alle Zeit modisch aber resistent gegen modische Dramen. Nur so ist wohl auch zu erklären, dass die Fans geradezu hysterisch rea- gierten auf das Parfüm, das noch unter Mitarbeit von Helmut Lang 2000 auf den Markt gekommen war. Zunächst zwei Düfte. 2002 ergänzt durch Cuiron. Doch dann war erst einmal Schluss. Auch mit der Herstellung. Prada verkaufte die Marke an den japanischen „Fast Retailing“- Konzern (zu dem auch „Uniqlo“ gehört), 2007 wur- de das Haus Helmut Lang wieder als zeitgenössische Modemarke positioniert. Mit Kleidung, Schuhen, Ac- cessoires und Taschen wur- den in diesem Jahr rund 120 Millionen Dollar umgesetzt. Noch größer als der Run auf die drei Düfte seinerzeit war die Panik, als sich die Bestände in den vergangenen Jahren einem Ende näherten. Unzählige Bitten wie Be- schwerden erreichten das Unterneh- men. Letzte Tropfen wurden verwahrt als wäre es geweihtes Wasser und ab- surde Preise für alte, leere Flaschen wurden obendrein gezahlt. Eine Zeit lang haben die Amerikaner dem Treiben zugesehen, sogar überlegt, mal einen ganz anderen Duft he- rauszubringen, um dann aber doch klug zu beschließen: Marke, bleib bei deinen Wurzeln. Nun hat die Pein also ein Ende, die glorreichen Drei Eau de Par- fum, Eau de Cologne und Cui- ron sind wieder da. Unisex, in Einheitsgrößen, nach den al- ten Formeln, mit den gleichen Parfumeuren. Helmut Lang selbst ist nicht mehr invol- viert. Dem Mythos schadet das nicht. Im Gegenteil. Dann kam wie bei so vielen die gro- ße Ernüchterung. Aber während Jil Sander noch zweimal zu ihrem „Kind“ zurückkehrte, hielt sich Helmut Lang an den alten Slogan „Take the money U nvergesslich. Helmut Lang ist einer dieser Modemacher, des- sen Ruhm kaum verblasst. Seit fast zehn Jahren ist er schon nicht mehr bei dem Label, das weiterhin sei- nen Namen trägt, verbringt stattdes- sen, wie man hört, entspannt und zu- frieden viel Zeit auf den Hamptons, kümmert sich um seine Hunde und an- dere wesentliche Dinge des wahren Le- bens. Seine Kreativität firmiert jetzt unter Kunst. Sein Ausstieg 2005 hatte die Anhänger ziemlich irritiert und dem Ansehen der Prada-Gruppe ge- schadet. Noch so ein Opfer von dessen CEO Patrizio Bertellis, monierten nicht wenige. Nach Jil Sander habe er also auch Lang vergrault. Ganz so ein- fach war das natürlich nicht, wie die „Queen of lean“ hatte auch der „King of Minimalism“ sein Unternehmen freiwillig an die Italiener verkauft, da- rauf bauend, dass die ganz große Ex- pansion damit gelingen würde. KOLUMNE Wir wollen unsere Erinnerung zurück Helmut Lang reagiert auf den Druck der Fans: Das Parfum ist wieder da INGA GRIESE E s braucht gerade mal zwei Minu- ten und drei Sekunden, um seine DNA zu erfassen: entschlossen, stark, explosiv, schnell, jung, innovativ, cool. Diese Wörter drängen sich automa- tisch auf, wenn man sich den Werbespot für die diesjährige Designerkooperation von H&M mit Alexander Wang ansieht. Da boxen zarte Schönheiten Dellen in Metallspinte und treten Löcher in Stahl- beton. Da steigen Powerfrauen mit we- are-ready-for-action Attitüde auf Motor- räder, sprinten durch den Schnee und überwinden halsbrecherisch Hürden. In vielerlei Hinsicht dürften die ein- gangs genannten Adjektive nicht nur auf die Mode des jungen Designers zutref- fen. Sondern auch auf ihn selbst. Denn Wang ist in den vergangenen sieben Jah- ren unbeirrt den eigenen Weg gegangen und damit geradezu kometenhaft aufge- stiegen. Mittlerweile, um im Bild zu blei- ben, zählt der 31-Jährige zu den hellsten Sternen am Modehimmel. Dabei darf das Attribut „hell“ auch im übertragenen Sinn verstanden werden: Mit 21 Jahren brach das Kind zweier Einwanderer die New Yorker Designschule Parsons ab, um mit seiner Schwägerin ein Stricklabel zu gründen. Zwei Jahre später lancierte er die eigene Ready-to-Wear-Marke und folgt dabei, wie er selbst sagt, immer nur dem, was ihm Spaß macht. Diese Ein- stellung brachte ihm die Sympathien vie- ler Prominenter ein und 2012 gar die Nachfolge von Nicolas Ghesquière bei Balenciaga. Illuster auch die Liste seiner Vorgänger bei H&M: Karl Lagerfeld, Vik- tor & Rolf, Martin Margiela oder Isabel Marant durften schon vor ihm ran. Doch diesmal scheint der Hype so groß zu sein wie nie. Während diese Zeilen geschrie- ben werden, dauert es noch fünf Tage, 20 Stunden, 31 Minuten und vier Sekun- den, bis die Kollektion in die Geschäfte kommt. Aber wer zählt schon... Die Alexander Wang x H&M-Kollektion gibt’s ab dem 6. November in ausgewählten H&M Filialen. Anstehen lohnt sich. FINDLING Für dunkle Kriegerinnen MIRA WIESINGER JULIA HACKOBER L aut Taxifahrer Hiroto ist das „Ritz Carlton“ in Tokio das beste Hotel Japans. Gegen ein Spa im 46. Stock, Früh- stück mit Panoramablick über die ganze Stadt und die unterir- disch angegliederte Mall Midtown ist auch wirklich nichts einzuwenden. Ei- nen imposanteren Ort hätte sich die Pforzheimer Schmuckmanufaktur Wel- lendorff nicht aussuchen können, um in Tokio die dreizehnte eigene Boutique zu eröffnen; wer das Hotel betritt, sieht als erstes den goldenen Wellendorff-Schrift- zug. An den Jahresringen, umsteckbaren Brillantketten und Kordelcolliers kommt niemand einfach so vorbei. Und so taucht schon am Tag vor der offiziellen Eröffnung die erste Kund- schaft auf. Es handelt sich um ein Mut- ter-Tochter-Gespann aus Taiwan, beide sind in legeren Touristenoutfits unter- wegs – ärmellose, kurze Jerseykleidchen, Flipflops und ein dickes Pflaster auf dem aufgeschlagenen Knie der Tochter. Ein bisschen irritiert ist man bei Wellen- dorff, zumal das Team rund um Firmen- chef Christoph Wellendorff gerade noch mit den letzten Vorbereitungen für das Eröffnungsevent am Abend beschäftigt ist, Colliers müssen arrangiert werden. Doch der Japan-Manager der Schmuckfirma, Peter Kesselmann, hat seine Verwunderung über den Aufzug der beiden Damen schnell weggeblinzelt. Ob sich die beiden gern ein bisschen umschauen wollen? Ja? Wenige Augen- blicke später werden schon die ersten Colliers anprobiert. Die Tochter tendiert zur goldenen Kordelkette mit Brillant- W-Anhänger, für die Wellendorff so be- rühmt ist. „Aber nehmen Sie die mittlere Dicke, die steht Ihnen besser als das ganz dünne Collier!“, rät Kesselmann. Die beiden potenziellen Kundinnen werden dem Firmenchef vorgestellt, Kein Wunder, dass sich bei so viel Über- zeugungskraft auch die taiwanesische Mutter zum Kauf eines Schmuckstücks hinreißen lässt – obwohl ursprünglich nur die Teenie-Tochter ausgestattet wer- den sollte. In diesem Moment wird klar, dass es Wellendorff ernst ist mit den „wahren Werten“, dem Slogan, der Fir- menphilosophie und Werbeclaim in ei- nem ist. In die globalisierte Luxusbran- che bringt Wellendorff eine gewisse Pforzheimer Heimeligkeit, die deshalb glaubhaft ist, weil das Unternehmen tat- sächlich seit 121 Jahren in Familienhand ist. In der Tokioter Boutique hängt ein Familienporträt – das gefällt in Japan. „In einer Familie achtet man auch da- rauf, wen man hineinlässt. Da sind die Wertvorstellungen entscheidend“, sagt Christoph Wellendorff. Gemeinsam mit seinem Bruder Georg steht der 50-Jähri- ge an der Spitze – was jedoch nicht be- deutet, dass die jeweiligen Ehefrauen und die „Senior-Chefs“ nichts mitzure- den haben, das Unternehmen hat mit 100 Mitarbeitern seine solide Mittel- standsgröße beibehalten. Eva Wellen- dorff, Christophs und Georgs Mutter, die immerhin als die Ideengeberin zur Kor- deltechnik in die Familien- und Unter- nehmenshistorie eingegangen ist, ver- passt den Schmuckstücken Namen. Eine Ringserie heißt „Wahres Glück“, die Ehe- ringsets „Adonis und Aphrodite“. In Asien ist Wellendorff tatsächlich seit Jahren erfolgreich, es gibt Filialen in Honkong und Peking: „Wir machen alles genauso wie in Deutschland“, sagt Chris- toph Wellendorff. So orientiert sich die Architektur der neuen Tokioter Boutique eins zu eins am Interieur der deutschen Filialen: viel Lila, floral gemusterte Pols- terstühle und goldene Holzscheite im Fake-Kamin. Zur Eröffnung der Boutique kommt sogar der deutsche Botschafter in Japan vorbei. Hans Carl von Werthern durchtrennt an der Seite von Christoph Wellendorff mit einer goldenen Schere die Einweihungsschärpe. Um Design geht es in seiner Lobrede überhaupt nicht, faszinierter zeigt er sich von den technischen Tricks, mit denen die Wel- lendorff-Stücke entstehen. Einige dieser Geheimnisse führt an diesem Abend ein eigens eingeflogener Goldschmied vor. Dieter Nischwitz ist ein weißhaariger, charmanter Herr um die 80, er lässt die Gäste Golddraht selbst einmal zu Kordeln drehen und Diamantenattrappen auf Ringe setzen. Natürlich ist das gar nicht so einfach. Es geht nicht nur um schnöde Kun- denakquise, es geht auch ums Image. An- ders funktioniert das Schmuckgeschäft in Asien auch nicht: Die Unruhen in Hongkong sind nur ein weiteres Merk- mal dafür, dass der Luxusmarkt hier eben doch nicht auf so sicherem Funda- ment steht wie in den vorigen Jahren er- hofft. „In Japan ist der Markt gesättigt, aber sicher“, sagt Christoph Wellendorff. „Nur muss man da mit ein bisschen mehr ankommen als nur gut gefertigtem Schmuck.“ Die fortwährende Betonung der „wahren Werte“, des einmaligen Wellendorff-Gefühls, des familiären Mit- einanders im Betrieb, des „Old-World- Charmes“, wie Christoph Wellendorff sich ausdrückt, dient der Inszenierung einer gewissen Bodenständigkeit und ist damit auch eine Erfolg versprechende Marketingstrategie. Auch wenn Wellen- dorff in den letzten Jahren „more fashio- nable“ geworden sei, wie eine japanische Journalistin in Tokio feststellt, sind Mo- detrends eben nichts, worauf man sich bei der Schmuckfirma verlassen möchte. Dass Logos in den letzten Jahren dem Trend zu Understatement ziemlich ent- gegenstanden, hat Wellendorff nicht in- teressiert. Das Brillant-W baumelte trotzdem weiterhin an jeder Kette. In der neuen Boutique im „Ritz-Carl- ton“ gibt es neben dem Hauptraum ein kleines Separée mit eigener Bar – dort sollen besonders wichtige Kunden bera- ten werden. So viel „besonderes Kauf- erlebnis“ wäre in einer Mall oder Ein- kaufsstraße, wo sich das Schmucklabel zwischen anderen großen Marken be- haupten müsste, nicht denkbar. Christoph Wellendorffs Vater kam vor 40 Jahren das erste Mal nach Tokio, knüpfte die ersten Geschäftsbeziehun- gen, als sich Japan für den Import aus- ländischer Luxuswaren öffnete. Viele Jahre lang wurde Wellendorff über den Perlenspezialisten Mikimoto vertrieben. Wellendorff junior war selbst oft in Ja- pan, verbrachte sogar seine Hochzeits- reise dort und brachte kürzlich seinen Sohn nach dem Abi zu einem ersten Businesstrip mit. Eine eigene Boutique zu eröffnen, ist also ein wohlüberlegter Schritt. Wellen- dorff weiß nicht nur, wo es den besten Sushi-Lunch der Stadt gibt, er weiß auch, dass vieles ähnlich läuft wie in Deutschland – zum Beispiel das Steuer- wesen. „Und die Samurai-Mentalität, diese Selbstbeherrschung und Disziplin – das hat doch etwas Preußisches. Das bewundere ich sehr.“ Pforzheim in Japan Der Schmuckanbieter Wellendorff eröffnet seine eigene Boutique in Tokio. Und präsentiert sich als Familienunternehmen Schmuck für Japan: Im „Ritz-Carlton“ hat Wellendorff eine Boutique, es schließt sich eine Mall an. Zur Eröffnung zeigte Dieter Nischwitz Goldschmiedehandwerk MAURITIUS IMAGES; AFP/GETTY IMAGES; WELLENDORFF (2)

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27 01.11.14 Samstag, 1. November 2014 DWBE-HPBelichterfreigabe: -- Zeit:::Belichter: Farbe:

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SAMSTAG, 1. NOVEMBER 2014 DIE WELT SEITE 27

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USAKaley Cuoco bekommt einenStern auf dem Walk of FameKaley Cuoco, US-Serienstar aus dererfolgreichen Sitcom „The Big BangTheory“, ist mit einem Stern auf demWalk of Fame in Los Angeles unter dieGrößen Hollywoods aufgestiegen. „Ichbin total überwältigt“, sagte die zu Trä-nen gerührte 28-jährige Schauspielerinam Mittwoch. Die Rolle der Penny inder Comedy-Serie „hat mein Lebenverändert“. Sie fühle sich „geehrt“ und„gesegnet“ mit dem Stern, sagte diekomplett in pink gekleidete Schauspiele-rin, die in Begleitung ihres EhemannsRyan Sweeting zu der Zeremonie er-schienen war. Auch ihre Sitcom-Kolle-gen waren gekommen sowie ChuckLorre, Filmproduzent, Drehbuchautorund Regisseur der Serie.

DEUTSCHLAND„Tatort“-Star Schweigerempfiehlt „Polizeiruf“-KrimiTil Schweiger (50) alias Hamburger„Tatort“-Ermittler Nick Tschiller, lobtdie Sonntagskrimi-Konkurrenz. SeinTV-Tipp zum Sonntag sei der neue „Po-lizeiruf 110“-Krimi aus Rostock, schriebder Kinostar am Freitag bei Facebook.„Anschauen! Es ist der spannendste„Tatort“/„Polizeiruf“ des Jahres... gran-diose Schauspieler, die einen vergessenlassen, dass hier gespielt wird, weil sieso authentisch sind...“ Der Krimi „Fami-liensache“ ist der zehnte Fall des TeamsBukow/König, gespielt von Charly Hüb-ner (41) und Anneke Kim Sarnau (39).

LEUTE

AFP/MAR

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and run.“ Ließ das Hamsterrad der Mo-de hinter sich und legte sich nicht nureines der schönsten Häuser auf LongIsland zu, sondern scheint das Lebendort auch genießen zu können.

Seine Fans ließen inzwischen wohlunzählige der coolen Lieblingsanzüge,Jacken, T-Shirts in Schneider-Shopsnachnähen. Die ewige Treue ist eineMischung aus ein bisschen echtem Be-darf an vertrauter Passform und einergroßen Portion Sentimentalität. DerÖsterreicher hatte sein Unternehmen1986 gegründet, in der Hochzeit desPop, des Anything goes, lustig-wilderGeschmacklosigkeit. Männer sahen auswie Sonny Crockett aus Miami Vice,die Frauen waren grell und ultrabreit-schultrig. Da wirkten die schmalen, or-namentbefreien Outfits dieses reflek-tierenden Typen aus Wien („Was nichtrichtig ist, kommt weg“) wie eine Be-freiung für alle jene, die ihrer Arbeit inaller optischen Ruhe nachgehen woll-

ten und mussten. Wer sich damals infi-zierte, blieb für alle Zeit modisch aberresistent gegen modische Dramen.Nur so ist wohl auch zu erklären,

dass die Fans geradezu hysterisch rea-gierten auf das Parfüm, das noch unterMitarbeit von Helmut Lang 2000 aufden Markt gekommen war. Zunächstzwei Düfte. 2002 ergänzt durch Cuiron.Doch dann war erst einmal Schluss.Auch mit der Herstellung.

Prada verkaufte die Marke anden japanischen „Fast Retailing“-Konzern (zu dem auch„Uniqlo“ gehört), 2007 wur-de das Haus Helmut Langwieder als zeitgenössischeModemarke positioniert.Mit Kleidung, Schuhen, Ac-cessoires und Taschen wur-den in diesem Jahr rund 120Millionen Dollar umgesetzt.

Noch größer als der Runauf die drei Düfte seinerzeit

war die Panik, als sich die Bestände inden vergangenen Jahren einem Endenäherten. Unzählige Bitten wie Be-schwerden erreichten das Unterneh-men. Letzte Tropfen wurden verwahrtals wäre es geweihtes Wasser und ab-surde Preise für alte, leere Flaschenwurden obendrein gezahlt.

Eine Zeit lang haben die Amerikanerdem Treiben zugesehen, sogar überlegt,

mal einen ganz anderen Duft he-rauszubringen, um dann aber dochklug zu beschließen: Marke, bleib

bei deinen Wurzeln. Nun hatdie Pein also ein Ende, dieglorreichen Drei Eau de Par-fum, Eau de Cologne und Cui-ron sind wieder da. Unisex, inEinheitsgrößen, nach den al-ten Formeln, mit den gleichenParfumeuren. Helmut Langselbst ist nicht mehr invol-viert. Dem Mythos schadetdas nicht. Im Gegenteil.

Dann kam wie bei so vielen die gro-ße Ernüchterung. Aber während JilSander noch zweimal zu ihrem „Kind“zurückkehrte, hielt sich Helmut Langan den alten Slogan „Take the money

Unvergesslich. Helmut Lang isteiner dieser Modemacher, des-sen Ruhm kaum verblasst. Seit

fast zehn Jahren ist er schon nichtmehr bei dem Label, das weiterhin sei-nen Namen trägt, verbringt stattdes-sen, wie man hört, entspannt und zu-frieden viel Zeit auf den Hamptons,kümmert sich um seine Hunde und an-dere wesentliche Dinge des wahren Le-bens. Seine Kreativität firmiert jetztunter Kunst. Sein Ausstieg 2005 hattedie Anhänger ziemlich irritiert unddem Ansehen der Prada-Gruppe ge-schadet. Noch so ein Opfer von dessenCEO Patrizio Bertellis, moniertennicht wenige. Nach Jil Sander habe eralso auch Lang vergrault. Ganz so ein-fach war das natürlich nicht, wie die„Queen of lean“ hatte auch der „Kingof Minimalism“ sein Unternehmenfreiwillig an die Italiener verkauft, da-rauf bauend, dass die ganz große Ex-pansion damit gelingen würde.

KOLUMNE

Wir wollenunsere

Erinnerungzurück

Helmut Lang reagiertauf den Druck derFans: Das Parfumist wieder da

INGA GRIESE

E s braucht gerade mal zwei Minu-ten und drei Sekunden, um seineDNA zu erfassen: entschlossen,

stark, explosiv, schnell, jung, innovativ,cool. Diese Wörter drängen sich automa-tisch auf, wenn man sich den Werbespotfür die diesjährige Designerkooperationvon H&M mit Alexander Wang ansieht.Da boxen zarte Schönheiten Dellen inMetallspinte und treten Löcher in Stahl-beton. Da steigen Powerfrauen mit we-are-ready-for-action Attitüde auf Motor-räder, sprinten durch den Schnee undüberwinden halsbrecherisch Hürden.In vielerlei Hinsicht dürften die ein-

gangs genannten Adjektive nicht nur aufdie Mode des jungen Designers zutref-fen. Sondern auch auf ihn selbst. DennWang ist in den vergangenen sieben Jah-ren unbeirrt den eigenen Weg gegangenund damit geradezu kometenhaft aufge-stiegen. Mittlerweile, um im Bild zu blei-ben, zählt der 31-Jährige zu den hellstenSternen am Modehimmel. Dabei darf dasAttribut „hell“ auch im übertragenenSinn verstanden werden: Mit 21 Jahrenbrach das Kind zweier Einwanderer dieNew Yorker Designschule Parsons ab,um mit seiner Schwägerin ein Stricklabelzu gründen. Zwei Jahre später lancierteer die eigene Ready-to-Wear-Marke undfolgt dabei, wie er selbst sagt, immer nurdem, was ihm Spaß macht. Diese Ein-stellung brachte ihm die Sympathien vie-ler Prominenter ein und 2012 gar dieNachfolge von Nicolas Ghesquière beiBalenciaga. Illuster auch die Liste seinerVorgänger bei H&M: Karl Lagerfeld, Vik-tor & Rolf, Martin Margiela oder IsabelMarant durften schon vor ihm ran. Dochdiesmal scheint der Hype so groß zu seinwie nie. Während diese Zeilen geschrie-ben werden, dauert es noch fünf Tage,20 Stunden, 31 Minuten und vier Sekun-den, bis die Kollektion in die Geschäftekommt. Aber wer zählt schon...

Die Alexander Wang x H&M-Kollektiongibt’s ab dem 6. November in ausgewähltenH&M Filialen. Anstehen lohnt sich.

FINDLING

Für dunkleKriegerinnen

MIRA WIESINGER

JULIA HACKOBER

L aut Taxifahrer Hiroto ist das„Ritz Carlton“ in Tokio dasbeste Hotel Japans. Gegenein Spa im 46. Stock, Früh-stück mit Panoramablick

über die ganze Stadt und die unterir-disch angegliederte Mall Midtown istauch wirklich nichts einzuwenden. Ei-nen imposanteren Ort hätte sich diePforzheimer Schmuckmanufaktur Wel-lendorff nicht aussuchen können, um inTokio die dreizehnte eigene Boutique zueröffnen; wer das Hotel betritt, sieht alserstes den goldenen Wellendorff-Schrift-zug. An den Jahresringen, umsteckbarenBrillantketten und Kordelcolliers kommtniemand einfach so vorbei.Und so taucht schon am Tag vor der

offiziellen Eröffnung die erste Kund-schaft auf. Es handelt sich um ein Mut-ter-Tochter-Gespann aus Taiwan, beidesind in legeren Touristenoutfits unter-wegs – ärmellose, kurze Jerseykleidchen,Flipflops und ein dickes Pflaster auf demaufgeschlagenen Knie der Tochter. Einbisschen irritiert ist man bei Wellen-dorff, zumal das Team rund um Firmen-chef Christoph Wellendorff gerade nochmit den letzten Vorbereitungen für dasEröffnungsevent am Abend beschäftigtist, Colliers müssen arrangiert werden.Doch der Japan-Manager der

Schmuckfirma, Peter Kesselmann, hatseine Verwunderung über den Aufzugder beiden Damen schnell weggeblinzelt.Ob sich die beiden gern ein bisschenumschauen wollen? Ja? Wenige Augen-blicke später werden schon die erstenColliers anprobiert. Die Tochter tendiertzur goldenen Kordelkette mit Brillant-W-Anhänger, für die Wellendorff so be-rühmt ist. „Aber nehmen Sie die mittlereDicke, die steht Ihnen besser als dasganz dünne Collier!“, rät Kesselmann.Die beiden potenziellen Kundinnen

werden dem Firmenchef vorgestellt,Kein Wunder, dass sich bei so viel Über-zeugungskraft auch die taiwanesischeMutter zum Kauf eines Schmuckstückshinreißen lässt – obwohl ursprünglichnur die Teenie-Tochter ausgestattet wer-den sollte. In diesem Moment wird klar,dass es Wellendorff ernst ist mit den„wahren Werten“, dem Slogan, der Fir-menphilosophie und Werbeclaim in ei-nem ist. In die globalisierte Luxusbran-che bringt Wellendorff eine gewissePforzheimer Heimeligkeit, die deshalbglaubhaft ist, weil das Unternehmen tat-sächlich seit 121 Jahren in Familienhandist. In der Tokioter Boutique hängt einFamilienporträt – das gefällt in Japan.„In einer Familie achtet man auch da-rauf, wen man hineinlässt. Da sind dieWertvorstellungen entscheidend“, sagtChristoph Wellendorff. Gemeinsam mitseinem Bruder Georg steht der 50-Jähri-ge an der Spitze – was jedoch nicht be-deutet, dass die jeweiligen Ehefrauenund die „Senior-Chefs“ nichts mitzure-den haben, das Unternehmen hat mit100 Mitarbeitern seine solide Mittel-standsgröße beibehalten. Eva Wellen-dorff, Christophs und Georgs Mutter, dieimmerhin als die Ideengeberin zur Kor-deltechnik in die Familien- und Unter-nehmenshistorie eingegangen ist, ver-passt den Schmuckstücken Namen. EineRingserie heißt „Wahres Glück“, die Ehe-ringsets „Adonis und Aphrodite“.In Asien ist Wellendorff tatsächlich

seit Jahren erfolgreich, es gibt Filialen inHonkong und Peking: „Wir machen allesgenauso wie in Deutschland“, sagt Chris-toph Wellendorff. So orientiert sich dieArchitektur der neuen Tokioter Boutiqueeins zu eins am Interieur der deutschenFilialen: viel Lila, floral gemusterte Pols-terstühle und goldene Holzscheite imFake-Kamin. Zur Eröffnung der Boutiquekommt sogar der deutsche Botschafterin Japan vorbei. Hans Carl von Wertherndurchtrennt an der Seite von Christoph

Wellendorff mit einer goldenen Scheredie Einweihungsschärpe. Um Designgeht es in seiner Lobrede überhauptnicht, faszinierter zeigt er sich von dentechnischen Tricks, mit denen die Wel-lendorff-Stücke entstehen.Einige dieser Geheimnisse führt an

diesem Abend ein eigens eingeflogenerGoldschmied vor. Dieter Nischwitz istein weißhaariger, charmanter Herr umdie 80, er lässt die Gäste Golddrahtselbst einmal zu Kordeln drehen und

Diamantenattrappen auf Ringe setzen.Natürlich ist das gar nicht so einfach.Es geht nicht nur um schnöde Kun-

denakquise, es geht auch ums Image. An-ders funktioniert das Schmuckgeschäftin Asien auch nicht: Die Unruhen inHongkong sind nur ein weiteres Merk-mal dafür, dass der Luxusmarkt hiereben doch nicht auf so sicherem Funda-ment steht wie in den vorigen Jahren er-hofft. „In Japan ist der Markt gesättigt,aber sicher“, sagt Christoph Wellendorff.

„Nur muss man da mit ein bisschenmehr ankommen als nur gut gefertigtemSchmuck.“ Die fortwährende Betonungder „wahren Werte“, des einmaligenWellendorff-Gefühls, des familiären Mit-einanders im Betrieb, des „Old-World-Charmes“, wie Christoph Wellendorffsich ausdrückt, dient der Inszenierungeiner gewissen Bodenständigkeit und istdamit auch eine Erfolg versprechendeMarketingstrategie. Auch wenn Wellen-dorff in den letzten Jahren „more fashio-nable“ geworden sei, wie eine japanischeJournalistin in Tokio feststellt, sind Mo-detrends eben nichts, worauf man sichbei der Schmuckfirma verlassen möchte.Dass Logos in den letzten Jahren demTrend zu Understatement ziemlich ent-gegenstanden, hat Wellendorff nicht in-teressiert. Das Brillant-W baumeltetrotzdem weiterhin an jeder Kette.In der neuen Boutique im „Ritz-Carl-

ton“ gibt es neben dem Hauptraum einkleines Separée mit eigener Bar – dortsollen besonders wichtige Kunden bera-ten werden. So viel „besonderes Kauf-

erlebnis“ wäre in einer Mall oder Ein-kaufsstraße, wo sich das Schmucklabelzwischen anderen großen Marken be-haupten müsste, nicht denkbar.Christoph Wellendorffs Vater kam vor

40 Jahren das erste Mal nach Tokio,knüpfte die ersten Geschäftsbeziehun-gen, als sich Japan für den Import aus-ländischer Luxuswaren öffnete. VieleJahre lang wurde Wellendorff über denPerlenspezialisten Mikimoto vertrieben.Wellendorff junior war selbst oft in Ja-pan, verbrachte sogar seine Hochzeits-reise dort und brachte kürzlich seinenSohn nach dem Abi zu einem erstenBusinesstrip mit.Eine eigene Boutique zu eröffnen, ist

also ein wohlüberlegter Schritt. Wellen-dorff weiß nicht nur, wo es den bestenSushi-Lunch der Stadt gibt, er weißauch, dass vieles ähnlich läuft wie inDeutschland – zum Beispiel das Steuer-wesen. „Und die Samurai-Mentalität,diese Selbstbeherrschung und Disziplin– das hat doch etwas Preußisches. Dasbewundere ich sehr.“

Pforzheimin JapanDer Schmuckanbieter Wellendorff eröffnetseine eigene Boutique in Tokio. Undpräsentiert sich als Familienunternehmen

Schmuck für Japan: Im „Ritz-Carlton“ hat Wellendorff eine Boutique, es schließt sicheine Mall an. Zur Eröffnung zeigte Dieter Nischwitz Goldschmiedehandwerk

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