Pfosten - Riegel - Konstruktionen / Elementfassaden Übung ... · Aufgabenstellung: Auf Grundlage...

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Pfosten - Riegel - Konstruktionen / Elementfassaden Übung im 6. Semester Fachgebiet Baukonstruktion und Entwerfen Prof. Dipl. Ing. Sibille Wirtz, Dr. Ing. Mathias Wirths Abb. 1 Pfosten Riegelkonstruktion Abb. 2 Elementfassade 1 Einleitung "Die Fassade ist das trennende Bauteil zwischen dem benutzten Innenraum und der Außenwelt. Um sich dem Wesen heutiger Fassadenkonstruktionen zu nähern, soll zunächst an die verschiedenen Funktionen der Fassade erinnert werden: Sie bestimmt die architektonische Erscheinung des Gebäudes, sie gewährt Ein- und Ausblicke, sie muss Druck- und Sogkräfte aus Windlasten aufnehmen, ihr Eigengewicht tragen und zum Teil auch tragende Funktion für andere Bauteile übernehmen. Sie lässt Sonnenlicht in das Gebäude, muss aber gleichzeitig auch Sonnenschutz bieten. Sie erzeugt Dichtigkeit gegen Regenwasser und muss mit Feuchtigkeit von innen und außen umgehen. Sie isoliert gegen Wärme und Kälte, sorgt für Schallschutz und kann sogar zur Energiegewinnung dienen." (aus Knaack, Klein, Bilow, Auer: Fassaden, Birkhäuser, Basel 2007, S.36f.) Aus den hier dargestellten Anforderungen an Fassaden wird die Komplexität der Thematik hinsichtlich der Konstruktion von Fassaden ersichtlich. Hohe ästhetische und technische Ansprüchen müssen erfüllt werden. Eine Übung von Studierenden des 6. Semesters im Fachgebietes Baukonstruktion und Entwerfen von Frau Prof. Sibille Wirtz im SS2009 beschäftigt sich mit den gängigsten Konstruktionsprinzipien für Fassadenkonstruktionen, den Pfosten - Riegel Konstruktionen und den Elementfassaden. Für ein zuvor entworfenes Bürogebäude werden die beschriebenen Fassadenkonstruktionen im Detail erarbeitet.

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Pfosten - Riegel - Konstruktionen / Elementfassaden Übung im 6. Semester Fachgebiet Baukonstruktion und Entwerfen Prof. Dipl. Ing. Sibille Wirtz, Dr. Ing. Mathias Wirths

Abb. 1 Pfosten Riegelkonstruktion Abb. 2 Elementfassade

1 Einleitung

"Die Fassade ist das trennende Bauteil zwischen dem benutzten Innenraum und der Außenwelt. Um sich dem Wesen heutiger Fassadenkonstruktionen zu nähern, soll zunächst an die verschiedenen Funktionen der Fassade erinnert werden: Sie bestimmt die architektonische Erscheinung des Gebäudes, sie gewährt Ein- und Ausblicke, sie muss Druck- und Sogkräfte aus Windlasten aufnehmen, ihr Eigengewicht tragen und zum Teil auch tragende Funktion für andere Bauteile übernehmen. Sie lässt Sonnenlicht in das Gebäude, muss aber gleichzeitig auch Sonnenschutz bieten. Sie erzeugt Dichtigkeit gegen Regenwasser und muss mit Feuchtigkeit von innen und außen umgehen. Sie isoliert gegen Wärme und Kälte, sorgt für Schallschutz und kann sogar zur Energiegewinnung dienen." (aus Knaack, Klein, Bilow, Auer: Fassaden, Birkhäuser, Basel 2007, S.36f.) Aus den hier dargestellten Anforderungen an Fassaden wird die Komplexität der Thematik hinsichtlich der Konstruktion von Fassaden ersichtlich. Hohe ästhetische und technische Ansprüchen müssen erfüllt werden. Eine Übung von Studierenden des 6. Semesters im Fachgebietes Baukonstruktion und Entwerfen von Frau Prof. Sibille Wirtz im SS2009 beschäftigt sich mit den gängigsten Konstruktionsprinzipien für Fassadenkonstruktionen, den Pfosten - Riegel Konstruktionen und den Elementfassaden. Für ein zuvor entworfenes Bürogebäude werden die beschriebenen Fassadenkonstruktionen im Detail erarbeitet.

Aufgabenstellung: Auf Grundlage der Semesterübung des 5. Semesters sollen zwei alternative Fassadenkonzepte eines Bürogebäudes entwickelt werden. Die Primärkonstruktion kann verändert werden. Fassade 1: Pfosten- Riegel- Konstruktion Vorgaben: - Südseite - Natürliche Lüftung - Variable Büronutzung Fassade 2: Elementfassade Vorgaben: - Westseite - Natürliche Lüftung - Variable Büronutzung - Objektlage an einer stark befahrenen Straße Leistungen für jedes Fassadenkonzept: Entwurfsskizze(n), Detailskizzen(n) Produktbeschreibung, Hersteller Vertikalschnitt M 1: 20 Teilansicht M 1: 20 Details M 1: 10, Sockelanschluss, Deckenanschluss, Attika

Abb. 3 Grundrissschema Bürogebäude

2 Definitionen

2.1 Pfosten - Riegel - Konstruktionen

Abb. 4 Seagram Building (L. Mies van der Rohe)

Wesentlich für eine Pfosten - Riegel Konstruktion ist die Aufteilung der Fassade in senkrecht verlaufende Pfosten und waagerecht verlaufende Riegel. Zwischen diesen Konstruktionselementen, welche die statische Beanspruchungen (ständige und nicht ständige Lasten) an die Primärkonstruktion des Gebäudes weiterleiten, können Glasflächen, Fassadenpaneele oder Öffnungselemente angeordnet sein. In der Regel strukturiert die Abfolge der Pfosten und Riegel die Fassade deutlich. Die Pfosten erstrecken sich oft über mehrere Etagen. Elemente für Verschattung, Blendschutz oder Lüftung werden vor oder zwischen Pfosten und Riegeln angeordnet. Zum Schutze außen liegender Verschattungsanlagen vor großen Windlasten bei hohen Gebäuden werden daher solche Fassaden oft zweischalig als Doppelfassade ausgebildet. Die Montage erfolgt größtenteils vor Ort.

2.2 Elementfassaden

Abb. 5 Elementfassade, New York

Kennzeichnend für die Elementfassade ist das Erfüllen aller Anforderungen an eine Fassade mit möglichst einem Bauelement. Insbesondere übernimmt der Rahmen jedes einzelnen Elementes die Aufgabe der Lastabtragung, weiteren Funktionen wie Fensterflächen und Deckenverkleidung, Luft und Verschattung werden im Werk in das Bauelement integriert. auf der Baustelle erfolgt nur noch die Montage des meist Geschoss hohen Fassadenelementes.

3 Pfosten - Riegel - Konstruktionen

3.1 Prinzipieller Aufbau / Montage

Abb. 6 Aufbau Pfosten - Riegel - Konstruktion

Abbildung 6 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Pfosten - Riegel - Konstruktion Die Pfosten werden mit Halterungen an den Geschossdecken befestigt. Diese Halterungen können mit Hilfe von Langlöchern Toleranzen des Rohbaus ausgleichen. Als Material für die Pfosten und Riegel kommen hauptsächlich Stahl, Aluminium und Holz zur Anwendung. Systemanbieter können mit einer reichen Palette unterschiedlicher Profile aufwarten, welche in Abhängigkeit von den Anforderungen hinsichtlich Gestaltung und Tragvermögen zum Einsatz kommen. Die Füllung ( Glas, Fensterelemente, geschlossenes Fassadenpaneel, Lüftungselement) wird mittels verschraubter Pressleisten an Pfosten und Riegel befestigt. Die Pressleisten sind thermisch von den Pfosten / Riegeln getrennt. Dichtlippen vermeiden das Eindringen von Wasser und verhindern mechanische Beschädigung der Verglasung/ Füllungen .

Abb. 7 Montage Pfosten - Riegel - Konstruktion

3.2 Verglasung/ Füllung

Konstruktionsbedingt werden Verglasungen oder Füllungen von außen eingebracht. Als Füllungen werden hier thermisch getrennte Fassadenpaneele bezeichnet, welche Deckenkanten, Dach- und Wandanschlüsse verkleiden. In das Raster der Pfosten-Riegelkonstruktion können ebenso Fensterelemente mit Blend- und Flügelrahmen eingesetzt werden.

Abb. 8 Pfosten mit Glasfüllung und Paneel

3.3 Verschattung

Abb. 9 Prinzipielle Anordnung der Verschattung (außen, innen, zwischen) Pfosten - Riegel - Konstruktion

Außen liegende Verschattungsanlagen bieten den wirksamsten Schutz vor Überhitzung. Verschiedene Systeme von Verschattungsanlagen lassen sich an einer Pfostenriegelkonstruktion anbringen. Bei zunehmender Gebäudehöhe werden die großen Windgeschwindigkeiten problematisch. Doppelfassaden sollen außen liegende Verschattungsanlagen vor hohen Windlasten schützen und auch bei Hochhäusern eine natürliche Lüftung über Fensterelemente ermöglichen. Alternativen zum außen liegenden Sonnenschutz sind Sonnenschutzgläser und innen liegende Verschattung beides im Allgemeinen kombiniert mit einer Klimatisierung/ Gebäudekühlung.

3.4 Lüftung

Die Lüftung erfolgt über Fensterelemente oder über gesondert eingebaute Lüftungselemente

Abb. 10 Lufteinlass Pfosten - Riegelkonstruktion am Beispiel Langenfoundation (Tadao Ando)

IPE 8/16cm

Konsole

Fußbodenriegel

Anpressleiste

(geschraubt)

Andrückleiste

(geklemmt)

Bodenplatte

L-Profil (verdübelt und eingegossen)

4 Elementfassade

4.1 Prinzipieller Aufbau / Montage

Abb. 11 Aubau Elementfassade

Abbildung 11 zeigt das Konstruktionsprinzip einer Elementfassade. Alle Komponenten der Fassade werden in einzelnen Elementen integriert. Jedes Element erhält einen eigenen statisch wirksamen Rahmen. Die Elemente werden in der Regel von Geschossdecke zu Geschossdecke gespannt. Untereinander werden die Bauteile mit Elementverbindern aneinander geschlossen.

Abb. 12 Montage Elementfassade

Abb. 13 Anlieferung Fassadenelement Abb. 14 Fassadenmontage Abb. 15 Detail Fassade

4.2 Verglasung/ Füllung

Abb. 16 Elementfassade, F. O. Gehry

In dem Fassadenelement sind transparente (z.B. Verglasung) und opake Bereiche (z.B. vor Deckenkante)möglich. Diese sind aber in einem Elementrahmen eingebracht. Das Fassadenelement wird komplett von außen montiert.

4.3 Verschattung

Abb. 17 Prinzipielle Anordnung Verschattung (außen, innen, zwischen) Elementfassade

In Ergänzung zu den Verschattungsmöglichkeiten der Pfosten - Riegel - Konstruktion findet man bei Elementfassade häufig in das Element integrierte Verschattungsanlagen. Eine zusätzliche Verglasung kann die Funktion der äußeren Schale einer Doppelfassade übernehmen

4.4 Lüftung

Wie bei den vorherigen Punkten können Zu- und Abluftöffnungen direkt im Werk in das Fassadenelement integriert werden.

Abb. 18 Lufteinlassöffnungen unter den Glasfeldern, Verschattungsanlage zwischen den Glasebenen angeordnetet

5 Beispiele studentische Fassadenentwürfe

5.1 Pfosten - Riegel – Konstruktionen

Beispiel I:

Die Südfassade wurde als eine Doppelfassade ausgebildet. Bei der Nachtlüftung zieht der Luftstrom zur Doppelfassade. Um einen größtmöglichen Lichtertrag im Rauminneren zu erzielen, wurden die Fenster bis zur Decke hochgezogen. So erhält der Raum auch im Winter bei tiefstehender Sonne ausreichend Tageslicht. Dadurch wird Energie eigespart, die sonst bei eingeschaltetem Kunstlicht verbraucht würde. Die Doppelfassade, mit dem in ihr angebrachten Sonnenschutz, hält die Wärme auf, so dass sich der dahinter liegende Raum nicht erhitzt. Das horizontale Lüftungssystem und der thermische Auftrieb in der Doppelfassade sorgen für eine natürliche Lüftung der Raume. Dabei kann Energie für die sonst benötigte Klimaanlage gespart werden.

An den anderen Gebäudeseiten ist eine Doppelfassade nicht von Nöten.

Als Sonnenschutz fungieren transluzente Glasplatten, die die direkte Sonneneinstrahlung abhalten.

Hinter den Scheiben sind zusätzlich vertikale Lamellen als Rollo angebracht, die individuell eingestellt werden können.

Die Fenster können zur natürlichen Belüftung nach innen geöffnet werden.

Beispiel II:

Beispiel III:

5.2 Elementfassaden

Beispiel I:

An den anderen Gebäudeseiten gibt es nur eine Fassadenschicht. Hier wechseln sich zwei Elementarten ab. Diese gliedern sich in Festverglasung und Lamellenelemente. Die Lamellen können so eingestellt werden, dass Luft ins Gebäude gelangen und eine Nachtlüftung vorgenommen werden kann.

Beispiel II:

Beispiel III:

Abbildungsnachweis Abb. 1 Pfosten Riegelkonstruktion Abb. 2 Elementfassade Abb. 3 Grundrissschema Bürogebäude Abb. 4 Seagram Building (L. Mies van der Rohe) Abb. 5 Elementfassade, New York Abb. 6 Aufbau Pfosten - Riegel - Konstruktion Abb. 7 Montage Pfosten - Riegel - Konstruktion Abb. 8 Pfosten mit Glasfüllung und Paneel Abb. 9 Prinzipielle Anordnung der Verschattung (außen, innen, zwischen) Pfosten - Riegel - Konstruktion Abb. 10 Lufteinlass Pfosten - Riegelkonstruktion am Beispiel Langenfoundation (Tadao Ando) Abb. 11 Aubau Elementfassade Abb. 12 Montage Elementfassade Abb. 13 Anlieferung Fassadenelement Abb. 14 Fassadenmontage Abb. 15 Detail Fassade Abb. 16 Elementfassade, F. O. Gehry Abb. 17 Prinzipielle Anordnung Verschattung (außen, innen, zwischen) Elementfassade Abb. 18 Lufteinlassöffnungen unter den Glasfeldern, Verschattungsanlage zwischen den Glasebenen angeordnetet Alle Abbildungen wurden von dem Lehrgebiet Baukonstruktion und Entwerfen erstellt (Abb. 6,7,9,11,12,17 nach Knaack, Ulrich: Fassaden, Birkhäuser, Basel 2007, Abb. 10, P. Bickmann) Beispiele in 5.1 Beispiel I: A. Beuteler Beispiel II: C. Rink Beispiel III: J. Roth Beispiele in 5.2 Beispiel I: A. Beuteler Beispiel II: A. Karasulic Beispiel III: C. Rink