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1 Pharmakologie Zahnmedizin – Lokalanästhetika-Antiinfektiva J. Donnerer, 2009 Lokalanästhetika blockieren die Fortleitung des Aktionspotentials, d.h. der elektrischen Erregungswelle, an Nervenfasern. Dies erfolgt durch Hemmung des Natrium-Kanals. Die Lokalanästhetika haben einen pKa-Wert um 8, d.h. sie sind bei physiolog. pH teils dissoziiert. Dies ist notwendig, damit sie an den Wirkort gelangen können: im undissoz. Zustand durchdringen sie die Nervenzellmembran, im dissoz. Zustand gelangen sie von der Innenseite her im Natrium-Ionenkanal zur Wirkung. Im sauren Gewebe = Entzündung (!) sind sie nicht so gut wirksam , weil sie dann vollständig dissoziiert/protoniert sind und die Zellmembranen nicht mehr durchdringen können! Wirkungen der Lokalanästhetika: - primär keine Fortleitung von Schmerzsignalen = völlige Schmerzfreiheit im Innervationsgebiet; - auch die autonomen Fasern werden blockiert = Vasodilatation; - zuletzt werden die motorischen Nervenfasern blockiert = Lähmung im Innervationsgebiet. Es gibt 2 chem. Gruppen von Lokalanästhetika: 1) Ester – z.B. Procain, (Tetracain) ; diese werden im Gewebe und durch die Plasmacholinesterase relativ rasch abgebaut, wirken nur kurz 2) Säureamide – z.B. Lidocain, Prilocain, Mepivacain, Ropivacain, Bupivacain, Etidocain ; diese werden in der Leber metabolisiert, wirken deshalb im Gewebe länger! Lokalanästhetika werden auf die Schleimhaut- oder Hautoberfläche aufgetragen, sie können in das Gewebe oder direkt an Nervenbahnen gespritzt werden, oder sie können in Rückenmarksnähe oder direkt in den Liquor des Rückenmarks appliziert werden. Lokalanästhetika dürfen aber nicht in hoher Konzentration zum Herzen oder in höhere Gehirnregionen kommen (d.h. sie dürfen nicht in hoher Konzentration in die Blutzirkulation gelangen). Denn dann würden sie auch dort die Nervenleitungen blockieren, was zum Herzstillstand oder, im ZNS, zu Krämpfen, Koma, Atemlähmung führen würde. Maximaldosen genau beachten! Deshalb sind oft bei Lokalanästhetikalösungen vasokonstriktorisch wirkende Substanzen beigemengt (Adrenalin), damit sie bei Injektion in das Gewebe nicht zu schnell von den Blutgefäßen abtransportiert werden, und allgemein auch länger wirken. Bei Endarterien aber keine Vasokonstriktoren verwenden! Andere Nebenwirkungen der LA: Allergische Reaktionen. Anwendungsformen der LA: Oberflächenanästhesie: Emla® Creme = Lidocain + Prilocain, Lidocain-Sprays Infiltrationsanästhesie: Säureamide Leitungsanästhesie, Plexusanästhesie: Säureamide Epidural- oder Spinalanästhesie: Säureamide [Sonderform: intravenöse Regionalanästhesie in peripheren Extremitäten]

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Pharmakologie Zahnmedizin –Lokalanästhetika-Antiinfektiva

J. Donnerer, 2009

Lokalanästhetika

blockieren die Fortleitung des Aktionspotentials, d.h. der

elektrischen Erregungswelle, an Nervenfasern. Dies erfolgt durch

Hemmung des Natrium-Kanals. Die Lokalanästhetika haben

einen pKa-Wert um 8, d.h. sie sind bei physiolog. pH teils

dissoziiert. Dies ist notwendig, damit sie an den Wirkort gelangen

können: im undissoz. Zustand durchdringen sie die

Nervenzellmembran, im dissoz. Zustand gelangen sie von der

Innenseite her im Natrium-Ionenkanal zur Wirkung.

Im sauren Gewebe = Entzündung (!) sind sie nicht so gut

wirksam, weil sie dann vollständig dissoziiert/protoniert sind und

die Zellmembranen nicht mehr durchdringen können!

Wirkungen der Lokalanästhetika:

- primär keine Fortleitung von Schmerzsignalen

= völlige Schmerzfreiheit im Innervationsgebiet; - auch die autonomen Fasern werden blockiert

= Vasodilatation; - zuletzt werden die motorischen Nervenfasern blockiert

= Lähmung im Innervationsgebiet.

Es gibt 2 chem. Gruppen von Lokalanästhetika: 1) Ester – z.B. Procain, (Tetracain); diese werden im

Gewebe und durch die Plasmacholinesterase relativ rasch abgebaut, wirken nur kurz

2) Säureamide – z.B. Lidocain, Prilocain, Mepivacain, Ropivacain, Bupivacain, Etidocain; diese werden in der Leber metabolisiert, wirken deshalb im Gewebe länger!

Lokalanästhetika werden auf die Schleimhaut- oder

Hautoberfläche aufgetragen, sie können in das Gewebe oder

direkt an Nervenbahnen gespritzt werden, oder sie können in

Rückenmarksnähe oder direkt in den Liquor des Rückenmarks

appliziert werden.

Lokalanästhetika dürfen aber nicht in hoher Konzentration zum

Herzen oder in höhere Gehirnregionen kommen (d.h. sie dürfen

nicht in hoher Konzentration in die Blutzirkulation gelangen).

Denn dann würden sie auch dort die Nervenleitungen

blockieren, was zum Herzstillstand oder, im ZNS, zu Krämpfen,

Koma, Atemlähmung führen würde.

Maximaldosen genau beachten!

Deshalb sind oft bei Lokalanästhetikalösungen

vasokonstriktorisch wirkende Substanzen beigemengt (Adrenalin), damit sie bei Injektion in das Gewebe nicht zu schnell von den Blutgefäßen abtransportiert werden, und allgemein auch länger wirken. Bei Endarterien aber keine Vasokonstriktoren verwenden! Andere Nebenwirkungen der LA: Allergische Reaktionen.

Anwendungsformen der LA:Oberflächenanästhesie: Emla® Creme = Lidocain + Prilocain,Lidocain-SpraysInfiltrationsanästhesie: SäureamideLeitungsanästhesie, Plexusanästhesie: SäureamideEpidural- oder Spinalanästhesie: Säureamide[Sonderform: intravenöse Regionalanästhesie in peripheren

Extremitäten]

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Antibiotika

Allgemeine Wirkmechanismen an den Bakterien und Spezifität der Antibiotika: - Zellwandsynthese (menschl. Zellen besitzen keine Zellwand) - Proteinsynthese (Bakterien haben andere Ribosomen) - DNA-Replikation (bakterienspezifisch) - Nukleotidbausteine (Bakterien synthetisieren Folsäure)

Antibiotikaresistenz: kann sich manifestieren durch - Induktion von Enzymen (z.B. Penicillinase) - Änderung der Bindungsstellen f. Ab. - Änderung der Ab.-Aufnahme - Umgehungssynthesewege (z.B. für Tetrahydrofolsäure)

Idealerweise sollte vor der Gabe eines Antibiotikums immer ein Antibiogramm gemacht werden, damit man den krankheitsauslösenden Keim und das am besten wirksame Antibiotikum kennt. Die vorgeschriebene Behandlungsdauer (z.B. 8-10 Tage) ist unbedingt einzuhalten – auch wenn der Patient schon gesund ist – damit wirklich alle pathogenen Keime abgetötet werden.

Einige Probleme können bei der Antibiotikatherapie immer auftreten: - tritt Resistenz auf, dann muss man das Antibiotikum wechseln! Dies ist ein Problem im Krankenhaus, wo sich multiresistente „Hospitalismuskeime“ ausbreiten können, die besonders in der Intensivstation gefährlich sind – allgemeine hygienische Maßnahmen wichtig!

-weil durch das Antibiotikum auch die normalen Darmbakterien (physiologische Darmflora) geschädigt werden, kann es immer wieder zu Verdauungsbeschwerden bis schweren Durchfall kommen!

-[pseudomembranöse Enterokolitis durch Überwuchern von Clostridium difficile – Vancomycin geben!]

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Beta-Laktam-Antibiotika

Penicilline [Ab. Erster Wahl]: sie schädigen den Aufbau der Bakterienzellwand [enthält Mureinschicht; ß-Laktam-Antibiotikahemmen die Mureinsynthase]; nachdem die menschl. Zellen keine derartige Wand besitzen, gibt es wenig Nebenwirkungen. Wirksam vorallem bei Grampositiven Erregern.

Aber Vorsicht: Penicilline können Allergien auslösen – von leichteren Formen eines Hautexanthems bis hin zum anaphylaktischen Schock (z.B. bei Infusion des Penicillins).

Deshalb immer den Patienten vorher fragen, ob er allergisch auf Penicillin ist bzw. auf Allergieausweis achten! Wenn ja, muss man ein anderes Ab. geben. Bei Infusion hoher Dosen von Penicillinen könnten neurotoxische Symptome auftreten.

Substanzen:Penicillin G – nur parenteral, Penicillin V – oral wirksam, Oxacillin – PenicillinasefestAminopenicilline Ampicillin, Amoxicillin –oral wirksam, breites Spektrum, + ß-LaktamaseHemmstoff (z.B. Clavulansäure) Acylaminpenicilline: Mezlocillin, Piperacillin

parenteral bei Problemkeimen

Cephalosporine: Wirkmechanismus wie bei Penicillinen, aber noch breiteres Wirkspektrum, als Ausweg bei Penicillinallergie; Beispiele: Cefalexin, Cefixim, Cefaclor (oral); es gibt auch viele Präparate für Infusionen (Cefuroxim, Cefazolin). Bei Wundinfektion, postoperativ [erreichen auch in Knochen ausreichend hohe Konz.]. Etwas mehr NW als bei den Penicillinen (Niere, Leber).

Atypische ß-Laktame: Imipenem, Aztreonam (parenteral, bei Penicillinallergie und Problemkeimen)

Hemmer der Tetrahydrofolsäure-Synthese: Sulfonamid = Sulfamethoxazol / Trimethoprim-Komb. = Cotrimoxazol: Bedeutung hat wegen der Verfügbarkeit anderer Ab. mit weniger gefährlichen NW [Nieren-schädigung, tox. Allergische Reaktionen] abgenommen.

Tetracycline: Breitspektrumantibiotikum; hemmen die Proteinsynthese in Bakterien, in den menschl. Zellen kaum. Tetracycline können sich in Knochen und Zähnen ablagern, deshalb nicht bei Kindern und Schwangeren geben!

Wichtig: bei peroraler Gabe nicht gemeinsam mit Milch(produkten), Antacida, Eisenpräparaten geben, weil Ca2+

Mg2+, Al3+ u. Fe2+ unlösliche Komplexe bilden – Antibio. wäre dann unwirksam; 3 Stunden Zeitintervall.Indikation: Akne, als Alternative zu Penicillinen Beispiel: Doxycyclin, Minocyclin

Makrolid-Antibiotika: hemmen die Proteinsynthese in Bakterien; Beispiele: Erythromycin, Roxithromycin, Clarithromycin: alle peroral; wenig spezifische Nebenwirkungen (ev. Bauchschmerzen), werden sehr häufig verwendet (chron. Bronchitis, Pneumonien; z.B. auch immer bei Penicillinallergie)

Clindamycin (Dalacin®) gegen Staphylokokken, Anaerobier, Osteomyelitiden (Zahnwurzel-Infektionen!) – Gefahr von pseudomembranöser Colitis – dagegen Vancomycin geben

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Gyrasehemmer: hemmen die Funktion der Bakterien-DNA, sind neuere Antibiotika, Anwendung vor allem bei Harnwegsinfektionen, neuerdings auch bei Pneumonien; viele Nebenwirkungen wie gastrointestinale Beschwerden, Knorpelschäden, Kopfschmerzen – nicht bei Kindern u. Schwangeren geben. Beispiel: Norfloxacin, Ofloxazin, Ciprofloxazin; neuere wie Levofloxacin u. Moxifloxacin bei Pneumonien.

Aminoglykosid-Antibiotika: Beispiel: Gentamicin. Bei Sepsis, Problemkeimen; nur Infusionen, Komb. mit Breitspektrum-Penicillinen. NW: Oto- u. Nephrotoxizität

Tuberkulostatika: die Mykobakterien wachsen sehr langsam und bilden leicht Resistenzen, deshalb muss man lange und mit Arzneimittel-Kombinationenbehandeln! Andernfalls treten resistente Keime auf! Man beginnt mit 3-4 Präparaten für einige Monate und reduziert dann die Anzahl sukzessive.

Tuberkulostatika 1. Wahl: Isoniazid (INH-Präparate) NW ev. Nervenschädigung, deshalb Vit.B6 dazugeben; Rifampicin; NW ev. Leberbelastung; Harn kann orangerot gefärbt sein Pyrazinamid; NW ev. Leberbelastung Ethambutol; NW ev. Sehnervschädigung, regelmäßige Augenkontrollen

Virustatika: die Behandlung von Virusinfektionen ist immer schwierig, weil sich die Viren in die menschl. Zellen einschleusen und auch deren Stoffwechsel in Anspruch nehmen; bei der Therapie werden deshalb auch leicht die menschl. Zellen in Mitleidenschaft gezogen.

Für einige Viruserkrankungen (Herpes-simplex, Varizella-Zoster-Virus) gibt es gute Medikamente, für HIV-Viren nur eine suppressive Behandlung. Gegen Viruserkrankungen sind die Schutzimpfungen sehr wichtig! Aciclovir, Valaciclovir: gegen Herpes und Varizella-ZosterInfektionen, sie hemmen die Virusvermehrung in der Zelle durch spezifische Hemmung der viralen DNA-Polymerase. Ganciclovir: wirkt auch noch gegen Cytomegalie-Infektionen

Bei HIV-AIDS: Hemmstoffe der ‚Reverse Transkriptase‘ wie Zidovudin, Lamivudin, Efavirenz, gemeinsam mit Proteasehemmern wie Indinavir, Lopinavir

Wirksam gegen Influenza-Viren: Zanamivir (lokal appl.) und Oseltamivir (TamifluR) peroral. Diese Substanzen sind sogenannte ‚Neuraminidasehemmer‘; dadurch ist die Virusfreisetzung gehemmt.

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Antimykotika: Am häufigsten sind oberflächliche Pilzinfektionen der Haut, Nägel, Schleimhäute, seltener sind Organmykosen. Deshalb wird auch oft nur eine lokale Therapie mit Salben und Cremes durchgeführt. Die Antimykotika hemmen meist die Synthese der Pilzzellmembran.

Substanzen: Clotrimazol, Miconazol, Fluconazol

Vorsicht! Diese Antimykotika hemmen den Abbau anderer Medikamente, d.h. deren Wirkung kann dadurch wesentlich verstärkt werden!