Photo International 3/2013 - article about architekturbild 2013

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SZENE PORTFOLIO TECHNIK Deutschland 7,65 w | Österreich 8,40 v | Schweiz 15,00 sfr | Benelux 8,90 v | Dänemark 86 dkr | Finnland 11,50 v | Italien 9,90 v Photo Technik International Mai|Juni 3|2013 Fotofestivals an der Ostsee und im Alllgäu | Ages – Bilder vom Älterwerden Manhattans Straßen als Bühne | Europäischer Architekturfotografie-Preis Canon 100D, 700D | Fujifilm Finepix mit WiFi | Nikon D7100, Coolpix A Photo International 3|2013 4 190265 307658 03 SONY WORLD PHOTOGRAPHY AWARDS

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Artikel über den Europäischen Architekturfotografie-Preis architekturbild 2013, erschienen in der Fachzeitschrift Photo International, Ausgabe 3/2013 / article about European Architectural Photography Prize architekturbuild 2013, published in photography magazine Photo International, issuu 3/2013

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SZENEPORTFOLIOTECHNIK

Deutschland 7,65 w | Österreich 8,40 v | Schweiz 15,00 sfr | Benelux 8,90 v | Dänemark 86 dkr | Finnland 11,50 v | Italien 9,90 v

Photo Technik International Mai|Juni 3|2013

Fotofestivals an der Ostsee und im Alllgäu | Ages – Bilder vom ÄlterwerdenManhattans Straßen als Bühne | Europäischer Architekturfotografie-PreisCanon 100D, 700D | Fujifilm Finepix mit WiFi | Nikon D7100, Coolpix A

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SONY WORLD PHOTOGRAPHY AWARDS

01_PI_3-13_Titel 23.04.2013 8:20 Uhr Seite 1

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Europäischer Architekturfotografie-Preis

Bewegte

1. Preis Frank Bayh & Steff Rosenberger-OchsDie drei ausgezeichneten Arbeiten des Europäischen Architekturfotografie-Preises architek-

turbild 2013, so Jurysprecher Prof. Peter Bialobrzeski, reflektieren und interpretieren in

überzeugender Weise die politische und soziale Debatte der zweiten Dekade des noch jungen

Jahrtausends. Die Gewinnerarbeit bedient sich aus dem Fundus aktueller Politik. Die beiden

Fotografen inszenieren die temporären Architekturen des Widerstandscamps der Stuttgart-21-

Gegner in einem neutralen Raum. Raum und Farbigkeit ihrer Fotografie beschreiben eine Art

zu „bauen“, die in den letzten Jahren global Furore gemacht hat. Ihre „Installationen“ gehen

weit über den lokalen Protest hinaus, sie beziehen sich auf die weltweite Occupy-Bewegung

ebenso wie auf die Wirtschaftsflüchtlingslager im französischen Calais, die Unterkunft der

afrikanischen Tagelöhner auf den andalusischen Tomatenfeldern und nicht zuletzt auf die

immer häufiger werdenden, selbstgebastelten Obdachlosenunterkünfte in den Metropolen

der Industrienationen. Frank Bayh (geb. 1971) & Steff Rosenberger (1970) sind in erster Linie People- und Modefotografen und verfolgen freie Projekte. Sie sind Mitglied im BFF und leben und arbeiten seit 2004 gemeinsam in Stuttgart.

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Städte Selten haben Fotografen so eindeutig Stellung bezogen wie beim zehnten Europäischen Architekturfotografie-Preis. Das ausgelobte Thema hieß „Im Brennpunkt“ und hat den Nerv der Zeit getroffen. Landstriche und Städte verändern sich radikal und kaum zum Besseren, sodass die ausgezeichneten Arbeiten ein kritisches Spiegelbild unserer Umwelt zeigen.

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2. Preis Nadia PuglieseKidron Valley ist ein umstrittenes Stück Land im östlichen Teil der Altstadt von Jerusalem, das als

riesiger Friedhof in drei Teilen die großen monotheistischen Religionen – Judentum, Christentum

und Islam – eher trennt als eint. Jurysprecher Prof. Peter Bialobrzeski: Nadia Pugliese untersucht

die topografischen Gegebenheiten eines Landstrichs im nahen Osten, dessen architektonische

Zeichen auf die disparaten territorialen Ansprüche der Konfliktparteien verweisen. Nadia Pugliese,1981 in Turin, Italien, geboren. Bachelor in Filmwissenschaften und Fotografie in Turin. Studienaufent-halte in Spanien und Israel. Neben ihrer künstlerischen Tätigkeit arbeitet sie als Theaterfotografin. Lebt und arbeitet in Turin und Tel Aviv.

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2. Preis Stanislaw ChomickiFrankfurt und seine prägnante Hochhaus-

silhouette. Jurysprecher Prof. Peter Bialobrzeski:

Stanislaw Chomickis schwarzweiße Camera-

Obscura-Fotografien zitieren ästhetische

Konzepte aus den Zwanziger Jahren. Seine

schlichten, trotzdem hochstilisierten Ansichten

von Hochhäusern aus dem Frankfurter Banken-

viertel werden vor dem Hintergrund aktueller

gesellschaftlicher Diskussionen zu phallischen

Ikonen monetärer Potenz. Stanislaw Chomicki,1957 in Lubartów (Polen) geboren, machte Ausbildungen zum Fotolaboranten und Werbe-fotografen. 1992 Meisterprüfung, 2002 Lehr-auftrag an der Fachhochschule Wiesbaden. Seit 2005 Werkstattleiter Fotografie an der Hochschule Rhein Main in Wiesbaden.

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AuszeichnungJörg WindeBürgermeisterzimmer in Deutschland.

Bilder von Amtsstuben als Zeitdokumente,

die über Formempfinden und Präsentations-

willen unserer Stadtoberhäupter ebenso

Auskunft geben, wie über ihr Verhältnis

gegenüber Tradition und Vision.

Jörg Winde, 1956 in Köln geboren. Freischaffen-der Fotograf im Bereich Architektur-, Interieur-und Industriefotografie. Professor für Fotografieam Fachbereich Design der FH Dortmund. Lebt in Bochum.

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Auszeichnung Enrico DuddeckDie Gegend gehört laut des Schadstoffemissionsregisters EPER zu den zehn dreckigsten

Gebieten Europas. In Grevenbroich, wo sich die größte Braunkohlelagerstätte Europas befin-

det, verfeuern die Kohlekraftwerke Frimmersdorf und Neurath die Kohle zur Stromerzeugung.

Sie sind allgegenwärtig und prägen den Lebensraum wie keine andere Architektur.

Enrico Duddeck, 1970 in Neindorf geboren. Ausbildung an der Berliner Ostkreuzschule für Fotografieund an der Kölner Lichtblick School. Fotopreise und Ausstellungsbeteiligungen. Arbeitet seit 2003 als Mediengestalter in Köln und Berlin.

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Auszeichnung Olaf RößlerBlack as pitch. Die Arbeit entstand in einer Region Deutschlands, die stark vom Strukturwandel geprägt ist. Studien gehen davon aus,

dass in der Lausitz in zwanzig Jahren die ersten Ortschaften für immer verschwunden sein werden. Reflektiert wird ein aktuelles und

weltweites Phänomen: Erstmals in der Geschichte leben heute mehr Menschen in Städten als im ländlichen Raum. Eine nächtliche Reise

zu eigenen Erinnerungen. Olaf Rößler, 1977 in Zittau geboren. Fotografiestudium an der FH Bielefeld und in London. Erhielt mehrere Stipendien.Lebt und arbeitet als freischaffender Fotograf in Hamburg.

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Sebastian LangHassloch in der Pfalz ist der durchschnittlichste Ort Deutschlands. Jedenfalls laut der

Gesellschaft für Konsumforschung, die dessen Einwohner mit ihrem Kaufverhalten testen

lässt, welche Produkte künftig in den Regalen der Supermärkte stehen werden – oder nicht.

Die ähnlich anmutenden Häuser, der genormte Bildausschnitt, eine seltsame Lichtstim-

mung bringen gelernte Decodierungsstrategien ins Wanken. Sebastian Lang, 1978 in Aachen geboren. Studium Kommunikationsdesign an der HBK Braunschweig. 2005 – 2011 Tutor für Fotografie an der HBK. Lebt und arbeitet in Braunschweig.

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J. Ramón MorenoWie die Hausbau- und Immobilienblase in Spanien geplatzt ist, ist bekannt. Auch mit Repräsentations-

gebäuden haben sich die Kommunen gewaltig verspekuliert. So musste Oscar Niemeyers ambitioniertes

Center in Avilés, das ein Ort für Kultur, Bildung und Frieden sein sollte, im Dezember 2012, nur elf Monate

nach seiner Eröffnung, wieder geschlossen werden. Einzig auf Druck der Bevölkerung wurde das Center

wiedereröffnet. J. Ramón Moreno, 1967 in Logoño, Spanien, geboren. Studium der Geschichte. Seit mehr als zehnJahren als Fotograf tätig. Zahlreiche Foto- und Kunstpreise.

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Stephan SasekThuja occidentalis. Unter dem Leitbild der Ästhetik des Vorgefertigten und Imitierenden haben augenfällige Auswirkungen die Erschei-

nungsformen von Natur im Stadtraum modifiziert. Exemplarisch dafür steht in der Arbeit des Fotografen die Thuje, eine Pflanzengattung

aus der Familie der Zypressen, die in allen westlich geprägten Kulturen als Zier- und Heckenpflanze in Gärten, Parkanlagen und Stadtland-

schaften ihr pflegeleichtes (Un)Wesen treiben darf. Stephan Sasek, 1973 in Wiesbaden geboren. Verschiedene Fotoassistenzen, 2003 – 2012Studium der Fotografie und Medien an der FH Bielefeld. Lebt und arbeitet als freischaffender Fotograf in Wiesbaden.

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Simon Schnepp & Morgane RenouTeil der Serie „Les Grands Ensembles“. Großwohnsiedlungen, die in den 1970er

Jahren für eine wachsende Bevölkerung als zukunftsweisende und vorbildhafte

Architektur in Pariser Vororten entstanden sind. Da die Voraussagen nicht

eintrafen, wurden die Planstädte überwiegend für den sozialen Wohnungsbau

genutzt, die sich seit mehr als drei Jahrzehnten zu sozialen Brennpunkten

entwickelt haben. Simon Schnepp & Morgane Renou, zwischen 20 und 30 Jahre alt. Zwischen Deutschland, Frankreich und Kanada aufgewachsen. Zwischen 2008 und2011 Studium der Fotografie. Leben und arbeiten zwischen Berlin und Marseille.

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Thorsten KlapschGeleitet von der kontroversen politischen und ökologischen Diskussion beginnt der Fotograf 2005 eine Dokumentation

deutscher Kernkraftwerke. Kann noch vor der Nuklearkatastrophe in Japan auch die Sperrgebiete und Kontrollbereiche

betreten und dokumentiert seitdem, wie er sagt, die Utopie einer Industrie, deren Ende in Deutschland besiegelt scheint,

zukünftige Generationen jedoch weiterhin beschäftigen wird. Thorsten Klapsch, 1966 in Darmstadt geboren. Fotografiestudiumam Berliner Lette Verein. Arbeitet für Magazine, Architekten, Unternehmen und Werbeagenturen. Lebt in Berlin.

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Theodor BarthArchitektur als Machtanspruch. Zerstörter Traum von Muammar Gaddafi, der seinen Geburtsort Sirte in Libyen als

Hauptstadt einer afrikanischen Union sah. Das Ouagadougou Conference Center, in dem der Diktator Staatsgäste

empfing, wurde während des Bürgerkriegs völlig zerstört. Theodor Barth, 1964 in Dingelbe geboren. Studium VisuelleKommunikation an der FH Bielefeld. Freier Fotograf der Agentur Zeitenspiegel, Weinstadt. Veröffentlichungen in deutsch-sprachigen und internationalen Magazinen und Zeitungen. Seit 2006 Mitglied der Agenur Laif. Lebt in Köln.

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Marc WollmannDie Arbeit „gerade - gebogen“ setzt sich mit der Flussarchitektur in der Emscherregion auseinander.

Ein Spagat zwischen der Dokumentation einer schwindenden regionalen Erscheinung und der Interpretation

von zweckdienlich gestalteten Phänomenen andererseits. Was einst betoniert reguliert wurde, wird heute

mühsam renaturiert. Marc Wollmann, 1977 in Herne geboren. Ausbildung zum Fotografen. 2005 – 2012 Foto-designstudium an der FH Dortmund. Diverse Einzel- und Gruppenausstellungen.

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Armano PernaDie Autobahn A3

zwischen Salerno und

Reggio Calabria im Süden

Italiens. 1964 begonnen

ist sie nach wie vor eine

Baustelle. Nicht zuletzt

wegen der Unterwande-

rungen des Projekts,

an dem (wie festgestellt

wurde) nicht weniger als

zwölf „Familien“ der

Ndrangheta, der kalabri-

schen Mafia, beteiligt

sind. 2013 werden von

494 Kilometern 358

fertiggestellt sein.

Armano Perna, 1981 inReggio Calabria, Italien, ge-boren. 2010/11 Masterstu-dium der Fotografie in Mai-land. Arbeitet für Designerund Künstler. Als Dokumen-tar- und Architekturfotografin Mailand tätig.

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Akos CziganyIn der Serie „Skies“, die der Fotograf als Hommage an Hiroshi Sugimoto verstanden wissen will, lenkt die

Kamera den Blick von Innenhöfen der Wohnhäuser hinauf in den Himmel, impliziert einen vertikalen Dialog

zwischen Himmel und Erde. Bilder, bei denen sich Heiterkeit und Drama verbinden, die Zeit und Licht und

Raum aufheben, wie ein Kritiker schrieb. Akos Czigany, 1972 in Budapest, Ungarn, geboren. Studium an der Fakultät für Geisteswissenschaften an der Universität Budapest. Seit 2007 Ausstellungen und Preise weltweit. 2011 Artist in Residence in Frankfurt/Main. Lebt und arbeitet in Budapest.

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Christoph von HaussenDer Überblick schafft mehr Einblick. Dass die Eindrücke im Minutentakt wechseln,

fasziniert den Fotografen bei Luftaufnahmen. In der Abstraktion werden aus

Baustellen Naturlandschaften, Autobahnkreuze verwandeln sich in Anlagen des

sozialen Wohnungsbaus, Gefängnisanlagen verlieren sich in unendliche Weiten.

Im Überflug mutiert Vertrautes zu grafischen Mustern.

Christoph von Haussen, 1958 im Kloster Adelberg (Schwaben) geboren. Studium desKommunikationsdesigns in Darmstadt. Seit 1991 freischaffender Fotograf mit Schwer-punkt Reportage, Architektur, Industriefotografie und Luftaufnahmen. Mitglied im BFFund VBKV. Einzel- und Gruppenausstellungen. Lebt in Weilheim/Teck-Häringen.

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Gleich drei Jubiläen gibt es in diesem Jahr

zu feiern. Der Europäische Architekturfoto-

grafie-Preis wird zum zehnten Mal verlie-

hen, der Trägerverein architekturbild e.V.

wird zehn Jahre alt, und die Kooperation

der Auslober mit dem Deutschen Architek-

turmuseum DAM währt nun auch schon

fünf Jahre.

Dass ein „europäisch“ genannter, von

Anfang an aber weltweit offener Architektur-

fotografie-Preis eine (Vor)Geschichte hat,

versteht sich. Es war Wilfried Dechau,

seinerzeit Chefredakteur der in Stuttgart

erscheinenden db (deutsche bauzeitung),

der in den 1990er Jahren bei steigender

Druckqualität diese auch bei den Fotografen

einforderte: „Je brillanter die Wiedergabe-

qualität der Fotos in Architekturzeitschriften

wurde, umso klarer wurden auch die An-

sprüche an die Qualität der Fotos, sprich:

an die Qualität der Fotografen. Aus der

Rückschau betrachtet kann man sagen:

Einen Fotografiepreis ins Leben zu rufen,

lag bei dem zunehmenden Interesse an

Architekturfotografie förmlich in der Luft.“

Und er suchte sich Mitstreiter in der

Fotoszene. Von Beginn an – der Preis

wurde 1994 erstmals ausgeschrieben –

hat Photo International (damals noch

unter Photo Technik International betitelt)

den Preis in enger Zusammenarbeit mit

getragen. Schon die ersten Ergebnisse

waren überraschend, weil Fotografen längst

begonnen hatten, tradierte Sehweisen

über Bord zu werfen und sich vom „dienen-

den Abbild“ weit entfernten. Themen wie

„Architektur im Kontext“, „Neue Heimat“

oder „Dazwischen“ forderten die Fotografen

geradezu heraus, neue Bildsprachen und

Herangehensweisen zu entwickeln. 1995

wurde der Preis zum ersten Mal verlie-

hen, seitdem alle zwei Jahre. Die beglei-

tenden Ausstellungen feierten ihre Premiere

in der Bundeskunsthalle in Bonn und gingen

anschließend auf Tournee, auch mit Unter-

stützung des Goethe-Institus um die halbe

Welt. Sie waren in Singapur und Rom, in

Tokio, Budapest und Edinburgh, auf Foto-

festivals im bulgarischen Buse, in Parma

und Madrid.

Die hohe Akzeptanz und kulturelle Bedeu-

tung des Preises legte schließlich nahe,

ihn einer gemeinnützigen Organisation anzu-

vertrauen. Wilfried Dechau, Hans-Eberhard

Hess und Prof. Dr. Rolf Sachsse gründeten

2003 den Verein architekturbild, dem mitt-

lerweile fast hundert Mitglieder angehören.

2008 stieß das Deutsche Architektur-

museum als Kooperationspartner dazu, an

dessen Standort in Frankfurt/Main seitdem

die Preisverleihungen und Präsentationen

der besten Wettbewerbsbeiträge stattfinden.

Erstmals in diesem Jahr mit einer

Jubiläumsausstellung „Auf den zweiten

Blick“ (siehe Infokasten). Sie belegt,

dass sich der Preis zu einer Art Motor

oder Katalysator bei der Auseinanderset-

zung mit Architektur entwickelt hat.

Oder wie es der Jurysprecher Prof. Peter

Bialobrzeski für den aktuellen Preis auf

den Punkt bringt: „Die hier vorgestellten

Arbeiten belegen aus der Sicht der Jury

eindrücklich, dass eine Architekturfoto-

grafie 2013 weit mehr sein kann als

ein Werkzeug zur coolen Bebilderung

baumeisterlicher Ideen.“

Der Europäische Architekturfotografie-Preis

Monika NguyenIstanbuls berühmte Holzhäuser, von denen nur mehr wenige existieren, stammen aus der osmanischen Zeit des 19. Jahrhunderts

und sind in einem desolaten Zustand. Weil die Stadt die Häuser immer mehr verfallen ließ, wäre ihr beinahe der Weltkulturerbe-

Status aberkannt worden. Heute werden die traditionellen Häuser mühevoll restauriert. „Used“ heißt die Serie mit den

freigestellten Solitären. Monika Nguyen, 1983 in Baden, Österreich, geboren. Studium der Bühnen- und Filmgestaltung in Wien undNew York. Studium der Geistes- und Kulturwissenschaften in Wien und Tokio. Artist-in-Residences in mehreren Städten, Kunstpreise. Lebt und arbeitet als bildende Künstlerin in den Bereichen Fotografie und Rauminstallation sowie als Bühnenbildnerin in Wien.

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Kein Mensch kann den vielen Eindrücken, denen er tagtäglich

ausgesetzt ist, auch nur annähernd Aufmerksamkeit schenken, ge-

schweige denn, sie angemessen verarbeiten. Deshalb wird vieles von

uns nur oberflächlich wahrgenommen. Manchmal jedoch geraten Din-

ge oder Geschehnisse ins Visier, lassen uns hellwach und aufmerk-

sam werden. Was unser Gemüt bewegt, was neuartig, ungewohnt,

verwirrend, faszinierend, abstoßend oder nur ganz anders ist, kann

zum Brennpunkt werden. Manches findet nur die Aufmerksamkeit

Weniger, anderes drängt sich großen Teilen der Gesellschaft auf.

Für bestimmte Wohngebiete kennen wir heute den Begriff sozia-

ler Brennpunkt. Sie werden oftmals zum Gegenstand heftiger öffent-

licher Diskussionen und politischer Auseinandersetzungen mit der

Frage, ob und mit welchen Mitteln die anstehenden Probleme gelöst

werden können.

Unsere moderne Industriegesellschaft bürdet Mensch und Umwelt

große Belastungen auf, die zum wesentlichen Teil unserer gesell-

schaftlichen Auseinandersetzungen geworden sind. Dabei wird ins-

besondere der Widerspruch von Ökologie und Ökonomie diskutiert.

Dieser manifestiert sich nicht zuletzt in der Umwelt – im gebauten

Raum. In diesem Sinne werden besonders Großprojekte zunehmend

von einer breiten Öffentlichkeit hinterfragt. Sie drängen sich in den

Fokus unseres Interesses und bündeln es.

Gebäude können aber auch allein auf Grund ihrer Erscheinung

unsere Blicke anziehen, weil sie auffällig sind, schön oder hässlich,

schrill bunt oder angenehm sanft. Wird die Architektur als gelungen

wahrgenommen, kann sie zum Vorbild werden – für Bauherren, für

Architekten, für an Architektur Interessierte. Sind Bauten umstritten,

so ziehen sie das Fachinteresse wie das öffentliche Interesse erst

recht und umso mehr an.

Im Brennpunkt: Was für ein Wettbewerbsthema also für (Architek-

tur)-Fotografen! Ihnen stand mit diesem Thema des Fotografie-Preises

architekturbild einmal mehr fast alles offen. Wie schon bei den Aus-

schreibungen früherer Jahre war auch dieses Mal das gesetzte Thema

sehr weit gefasst. Eine fotografische Auseinandersetzung mit den

vielfältigen Facetten der heutigen (Industrie-)Gesellschaft konnte

beginnen. Im Ausschreibungstext war zu lesen: „… um (…) die visu-

elle Interpretation nicht ausufern zu lassen, wird empfohlen, sich

am allgemeinen Sprachgebrauch zu orientieren – also in Richtung

von Dingen, Zuständen, Situationen, welche die Aufmerksamkeit

der Öffentlichkeit auf sich ziehen: städtebauliche und/oder soziale

Brennpunkte (…)“. Den teilnehmenden Fotografen ist es überzeugend

gelungen, dem Thema weitere Aspekte abzuringen. Schönes wird

ebenso gezeigt wie Zerstörung und Verfall. Die Blickwinkel sind oft

mutig oder ungewohnt. Die Ausstellung rückt neue, manchmal un-

geahnte Perspektiven in den Brennpunkt. Die Wettbewerbsteilneh-

mer entwickeln mit der Kamera Haltungen zu kulturellen, gesell-

schaftlichen, politischen Ereignissen, aber auch zu städtebaulichen

Entwicklungen. Sie visualisieren darüber hinaus weitere Themen,

die eher im persönlichen Bereich liegen dürften.

Die bildliche Umsetzung sowie das konzeptionelle Herangehen der

Wettbewerbsteilnehmer vermitteln dem Betrachter viele Facetten des

Themas „Im Brennpunkt“. Weite oder Nähe, moderne oder historische

Kulissen, Stimmungen zwischen Heiterkeit und Wehmut, Bewegung

und Stille, Einsamkeit, Leere und Trubel. Rüdiger Flöge

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Ausstellung Deutscher Architekturfotografie-Preis 2013

vom 4. Mai bis 16. Juni 2013 im Deutschen Architekturmuseum DAM,

Schaumainkai 43, Frankfurt am Main.

Die Sonderausstellung „Auf den zweiten Blick“ aus Anlass

des 10. Architekturfotografie-Preises findet parallel vom 4. Mai bis

16. Juni ebenfalls im Deutschen Architekturmuseum statt und zeigt

ausgewählte Arbeiten der Preisträger aus den Jahren 1995 bis 2011.

Weitere Ausstellungstermine:Goethe-Institut Curitiba, Brasilien: Juni/Juli 2013

URBEXPO 2013 Bochum: 24. August bis 1. September 2013

KAZimKUBA Kassel: 11. bis 22. September 2013

Goethe-Institut Washington, USA: Oktober 2013

Oberösterreichischer Kunstverein, Linz (A): 17. Oktober bis

13. November 2013

VHS-Photogalerie Stuttgart: 28. November 2013 bis 31. Januar 2014

Der Katalog „Im Brennpunkt/Focus of Attention

Europäischer Architekturfotografie-Preis 2013“

erscheint im Verlag

avedition, Ludwigsburg,

104 S., ca. 250 Farb- und

SW-Abb., Text deutsch/

englisch, 24,80 Euro,

ISBN 978-3-89986-183-9

www.architekturbild-ev.de

www.dam-online.de