Pop Art - dieperspektive

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Parteifinanzierung Cédric Wermuth über das unsichtbare Geld. 05 Nacktwandern ist «grob unanständig» Ein neuer bizarrer Fall aus dem Justizwesen. 08 Wer ist dieser Brad? Der Autor geht der ältesten Frage der Menschheit nach. 12 POP ART 17. Ausgabe April 2012

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Die April-Ausgabe von dieperspektive setzt sich intensiv mit Pop Art auseinander.

Transcript of Pop Art - dieperspektive

Parteifi nanzierungCédric Wermuth über das unsichtbare Geld.05Nacktwandern ist «grob unanständig»Ein neuer bizarrer Fall aus dem Justizwesen.08Wer ist dieser Brad?Der Autor geht der ältesten Frage der Menschheit nach.12

POP ART

17. Ausgabe

April 2012

17. Ausgabe, April 2012

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seite 03: aus dem nähkästchen geplappert

seite 04: das duell #7seite 05: parteifinanzierungseite 06: die swissquote-raupe geht umseite 07: auf der suche nach einer höheren vernunftseite 08: nacktwandern ist «grob unanständig»seite 09: replik zur kolumne von mario sennseite 10: ohne musik wäre das leben ein irrtum...?!

seite 11: popartseite 12: wer ist dieser brad

seite 13: woche 7seite 14: anne clarkseite 16: lana del rey oder die sehnsucht nach authentizitätseite 18: couchpotato

seite 20: die wolkeseite 20: gedichteseite 23: laserplaster (läisaplästa)

EDITORIAL

HINTERGRUND

KULTUR

KREATIVES

POPART

verein dieperspektive, zentralstrasse 167, simon jacoby, conradin zellweger, manuel perriard, 8003 zürich

c.z. | p.w. | c.w. | c.i. | ch.z. | d.l. | j.s. | o.b. | m.b. | s.w. | m.r. | a.w. | c.m.v. | m.l. | a.h.b.

j.f. | c.b. | n.h.

joanne fordham

per rjard

mara bieler & daniela bär

timo beeler | timobeeler.ch

jonas ritscher & konstantin furrer

zds zeitungsdruck schaffhausen ag

4000

[email protected]

[email protected]

[email protected]

[email protected]

pop(p)artig

pc 87-85011-6, vermerk: gern geschehen

sonntag 15. april 2012, 23.55 uhr

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kolumne

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Name: Joanne FordhamGeboren: 16.09.1983 im schönen Hamburg

Design-Studium: 2006-2010 Fachrichtung ModedesignBis Heute: Die freischaffende Designerin und Illustratorin Joanne Fordham lebt und arbeitet in Hamburg. Ihr Studium, in der Fachrichtung

Mode-Design, absolvierte sie mit Auszeichnung. Bereits während des Studiums setzte sie ihren Schwerpunkt auf die Mode-Illustration. Nach ca. zwei Jahren reisen und arbeiten mit und für deutsche Mode- und Lifestylemagazine, konzentriert sie sich heute wieder verstärkt auf ihre Arbeit als Illustra-

torin. Für Auftragsanfragen, Anregungen oder Informationen wenden sie sich bitte direkt per Email an Joanne Fordham.Illustrationen: Alle Arbeiten entstehen in Handarbeit und werden anschließend digital bearbeitet. Material und Handschrift gehen eine experimentelle

Beziehung ein. Vorsatz und Zufall liefern dabei eine spannungsreiche Umsetzungsform, so zeigt das Ergebnis sowohlkonkrete als auch freie Kompositionen.

Inspiration: Musik für jedes Lebensgefühl, ein Frühstück in der Stadt im Kaffee um die Ecke, ein Spaziergang mit dem Hund durch den Wald, einBesuch auf dem Flohmarkt, auf’n Vino mit der «besten» Freundin, der Glaube an sich selbst, die Leidenschaft für das Schöne und Eigenwillige

egal ob alt oder neu, Liebe!Illustrationen: Auf www.illustration-fordham.de

Seiten: 07, 08, 16 & 20

Vielen Dank an Joanne Fordam für die Ilustrationen zu den Texten und das Titelbild.Möchtest auch du das Titelbild gestalten und die Texte grafische unterlegen? Melde dich auf [email protected]

Illustratorin des Monats

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EDITORIAL

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Cédric Wermuth wird neuer Kolumnist. Titelgeschichte zu vergeben. dieperspektive ist jetzt auch auf 100-Days.net zu finden.

Der Aargauer Nationalrat Cédric Wermuth ist ab sofort unser neuer Po-litkolumnist. Auf Seite 5 wird er jeweils seine Meinung zu einem aktu-ellen politischen Thema seiner Wahl kundtun. Cédric Wermuth wurde als Juso-Präsident dank pointierten und provokativen Äusserungen be-kannt. Seit den nationalen Wahlen im Herbst 2011 sitzt der Badener für die Sozialdemokratische Partei im Nationalrat. dieperspektive freut sich auf den prominenten Kolumnisten und spannende Beiträge direkt aus Bundesbern.

Ganz herzlich möchten wir uns bei Mario Senn für seine Kolum-nen bedanken. In den vergangenen Monaten forderte er die Leserschaft mit der geschickten und feinfühligen Kombination von politischen und ökonomischen Themen und bot damit eine echte Perspektive an.

Eine wichtige Neuerung ist die Titelgeschichte: Ab der Mai-Aus-gabe wollen wir dieperspektive mit einer fundierten und recherchierten Titelgeschichte eröffnen. Die Autorinnen und Autoren der Hauptge-schichte seid ihr – bei Interesse einfach per Mail und mit einem Artikel-Vorschlag melden. Weitere Informationen haben wir auf der Homepage aufgeschaltet.

Wer kennt es nicht: Das Projekt 100-days.net, wo man lässige Pro-jekte boosten (sponsern) kann. Wir sind jetzt auch mit dabei. Auf der Ho-mepage kann unsere Zeitung unterstützt werden, damit sie noch besser wird. Ein anderes Projekt, das auf 100-days aufgeschaltet ist, nennt sich Brandchamp.ch: Auf dieser Homepage kann unser Logo grossgeklickt werden. Wir freuen uns auf eure Unterstützung!

Simon JacobyFür die Redaktion

I Blasen platzen; erst Finanzblasen, jetzt Werbeblasen.

II Grund hierfür: Wir leben in einer Welt, in der vieles nicht mehr auf einem realen Hintergrund basiert. Das möchten wir jetzt ändern; ein klein bisschen, zumindest.

III Darum bringt Brandchamp mehr Realität ins Marketing.

IV Mehr Realität heisst: Mehr Identität, mehr Authentizität, mehr Lei-denschaft, mehr Echtheit, mehr gelebte Überzeugung.

V Mehr Realität = weniger Bullshit.

VI Weniger Bullshit heisst: Weniger überinszenierte Scheinwelten, we-niger trojanische Pferde, weniger potemkinsche Dörfer.

VII Weniger Bullshit heisst: Weniger Angst vor der eigenen Identität – und vor den mündigen Kunden.

VIII Mit mehr Identität mehr Identifikation erreichen; das ist der Gewinn.

IX Dazu braucht es Mut und intelligente Kreativität – das ist der Preis.

X Mehr Street-Credibility für Unternehmen – das ist das Ziel von Brandchamp.

Unterstütze dieperspektive mit vielen klicks und entdecke tolle Brands.

www.brandchamp.ch

Aus dem Nähkästchen geplappert

Das Brandchamp Manifest - No Bullshit Anymore!

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HINTERGRUND

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Conradin ZellwegerLieber Herr Werder. Das Duell ist ja ganz interaktiv geworden. Pop(p) artig. also Pop Art.

Peter WerderMuss ein Reizwort sein für die Linken. Und für die ganz Intellektuellen unter uns. Motive des Konsums, des Alltags, des Kommerzes. Und dann wird das Zeugs auch noch breit verkauft - Fazzino malt für die Fussball WM 2006, Rizzi zeichnet Briefmarken und schöne Reiseführer. Gut, ich muss sagen, die Colanis und Bottas dieser Welt gehen mir manchmal auch auf den Geist. Zuviel Kommerz tut selbst meinem Kunstempfinden weh. Aber wir reden ja von Pop Art. (Abgesehen davon sind die Sachen von Colani und Botta einfach hässlich)

Conradin ZellwegerIn der Tat. Da muss man unterscheiden. Auftragskunst für Unternehmen oder Kunst die aus einer Überzeugung und nicht in erster Linie aus kommerziellen Gründen geschaffen wird. Als Pop Art in den 50ern entstanden ist, war dies aus Überzeugung. Aber Sie haben recht. Zu viele Wirtschaftsstärken versuchen sich heute einen «künstlerischen» anstrich zu kaufen. Da stehen mir die Haare zu Berge.

Peter WerderEs gibt auch die Überzeugung des kommerziellen Auftrags. Nicht alles, was man für Geld tut, ist Prostitution.

Conradin ZellwegerWenn die Gage für Autragskunst in absurde Dimensionen steigt, dann kann man garnicht anders empfinden, als dass sich der Künstler verkauft.

Peter WerderDas ist die alte Mär der linken Kunstauffassung - und in der Kunst gibt es leider viel zu viele Linke. Das würde nämlich im Umkehrschluss heissen, dass gute Kunst nur dann möglich ist, wenn man davon nicht gut leben kann. Es gab schon immer gegenteilige Beispiele, es wird immer gegenteilige Beispiele geben. Auch reiche Künstler können gute Künstler sein.

Conradin ZellwegerZu einem etwas anderen Thema. Plakate zu ausländerfeindlichen Themen der rechten Parteien erinnern micht oft an Pop Art. Alltägliches wird völlig unnatürlich eingefärbt und betont. Haben die rechten mit Pop Art ihre Kunstrichtung gefunden?

Peter WerderDas ist die Kunst des Vereinfachens. Natürlich kann das daneben gehen, aber das Gegenteil muss überhaupt nicht besser sein. Wissen Sie wieso? Weil man es nicht versteht. Botschaften müssen auch verstanden werden. Und das ist genauso wichtig wie die Befriedigung des Absenders. Und was die Rechte von Pop Art sicher gelernt hat, ist das Zelebrieren des Einfachen. Weg vom elitären Dünkel. Was man der Rechten aber anlasten muss, ist die manchmal unzulässige Reduktion auf wenige und leider lückenhafte Informationen.

Conradin ZellwegerWenn Sie für sechs Wochen Ferien wären, hätten Sie vielleicht auch mehr Zeit selber Kunst zu machen. Ich empfehle es Ihnen wärmstens. Das kann

dem Kunstverständnis nur gut tun.

Peter WerderNatürlich bin ich für sechs Wochen Ferien. Aber ich will nicht, dass der Staat das vorschreibt. Es soll doch ein Wettbewerbsvorteil sein, wenn Unternehmen mehr Ferien anbieten als andere. Lustig - ich bin grad abgelenkt. Links in meinem Facebook Neuigkeitsbereich steht «Soziale Gerechtigkeit hat Sexappeal, ist aber Gier». Wir schweifen ab. Pop Art - gefällt Ihnen das Zeugs eigentlich?

Conradin ZellwegerJa, Danke der Nachfrage, gefällt mir. Wie Sie schön gesagt haben. Weg vom elitären, hin zu Einfachheit. Aber auch zum belanglosem.

Peter WerderPecunia non olet. Pop Art non olet.

Conradin ZellwegerDas musste ich jetzt kurz googlen. (Anm. d. red: Geld stinkt nicht. Pop Art stinkt nicht. Lateinische Floskeln befremden mich oft ein wenig. Und dass als Linker.

Peter WerderAuch Sie werden reifer. Tief in Ihnen drin schlummert ein vernünftiger, aufgeklärter, aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit entfliehender Liberaler.

Conradin ZellwegerVernünftig und aufgeklärt verbinde ich eher mit Links. Das modell des Homo Ökonomikus, welches Sie als höchstes Ideal anstreben ist für mich veraltet. Zum aufgeklährt sein gehört soziales Verhalten.

Peter WerderDas Gegenteil von «sozial» ist nicht «liberal». Sondern «asozial».

Conradin ZellwegerKennen Sie diese Metapher? Wenn jeder fischer versucht den anderen auszustechen und den möglichst viel Ertrag aus dem Teich zu fischen ist dieser bald leer. Wenn die verschieden Fischer sich vertragen und absprechen, bleibt die Fischpopulation bestehen und der Ertrag jedes einzelnen Fischers ist am Ende grösser als bei rein egoistischem Verhalten.

Peter WerderGenau! Die Fischer sprechen sich ab! Da haben wir es! Sie sind ein Liberaler! Wären Sie ein richtiger Linker, hätten Sie erwartet, dass der Staat kommt und den Fischern Vorschriften macht. Mit ganz vielen Formularen. Und irgendwo stünde dann «gerecht».

Conradin ZellwegerNein. Liberale sind nur mit sich selber liberal. Mit Leuten ausserhalb ihres eingeschränkten Blickfeldes herrscht reines Konkurenzverhalten.

Peter WerderFalsch. Erstens kann man «nur mit sich selber» gar nicht liberal sein. Zweitens ist das Konkurrenzdenken bei den Linken genauso ausgeprägt.

Das Duell #7

Fortsetzung Seite 5

{Text} * Conradin Zellweger und Peter Werder

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Nur da packt man sich in Watte, hält sich an den Händen, rennt übers Feuer, isst ein paar homöopathische Kügeli, macht einen Diskussionsabend und meint, man könne diese Konflikte verdecken. Es heisst ja auch «Linke und Nette". Da habe ich lieber einen klaren Konflikt, der ausgetragen wird.

Conradin ZellwegerAuch unter netten Menschen kann man Konflikte austragen. mit einer guten Grundlage können Konflikte erfolgreicher gelöst werden. Auch mit Kompromissen. Aber für Sie ist ein Konflikt nur dann «gut» gelöst wenn der andere ihre Meinung zu 100 Prozent akzeptiert. Da wären wir wieder bei den Fischern.

Peter WerderNein. Aber ich mag Leute nicht, die schon mit dem Kompromiss in die Diskussion einsteigen. Die Fische - vielleicht gibt es einfach zu viele Fischer. Wissen Sie, wir Liberalen sagen dann: Das wird der Markt regeln. Die Linken sagen: Man muss schauen, dass alle Fischer bleiben können. Drum muss der Staat etwas bezahlen. Ich finde: Wenns zuviele Fischer gibt und sie keine Lösung mehr finden, dann wär doch eine Umschulung angesagt. Malen zuviele Leute Pop Art, verliert die auch an Wert.Oder so. Oder wollen Sie vielleicht ein Gesetz, dass den Menschen ein Recht auf Pop Art beschert?

Conradin ZellwegerDa muss man genau sein. Es sollte keine Recht darauf geben sich mit Pop Art das leben zu finanzieren. Allerdings, wenn sich jemand keine Farbe und kein Blatt leisten kann, finde ich es gerechtfertigt dieses zu subventionieren. Es kann der Kunst nur gut tun. Viele grossartige Künstler

könnten sonst unentdeckt, und weit unter ihren Möglichkeiten bleiben.Das sehe ich nicht nur bei Pop Art so.

Peter WerderUnd auch hier wieder - das ist die typische sozialdemokratische Grundidee: Grossartige Künstler könnten unentdeckt bleiben, weil sie das Geld für ihr Schaffen nicht haben. Es könnte doch genauso umgekehrt sein: Die Reichen machen was Tolles - oder die Armen machen was Unnützes. Wieso gehen Sie immer genau von der anderen Voraussetzung aus?

Conradin ZellwegerJa, Ihre Theorie, dass die Reichen das Bessere machen als die materiell ärmeren sieht ihnen ähnlich. Aber sie müssen auch sehen, dass die reichen ein ganz kleiner Anteil ausmachen. •

Das Duell:

Beim Duell stehen sich jeden Monat Peter Werder und ein Mitglied der Redaktion zum aktuellen Thema der Ausgabe gegenüber. Abwechs-lungsweise setzt einer das Thema, worauf der andere den Schlusssatz zugute hat.

* Conradin Zellweger, 23, Student in Publizistik & Kommunikation, Redaktor dieperspekti-

ve, aus Zürich

* Dr. Peter Werder ist bürgerlicher Politiker, Dozent an der Universität Zürich und leitet die

Kommunikation eines Konzerns im Gesundheitswesen

Fortsetzung Duell #7

Jetzt mal ernsthaft: Gibt es einen einzigen gu-ten Grund, gegen Transparenz in der Politik-finanzierung zu sein? Eben. Und trotzdem hat das Parlament auch diese Session wieder zwei Vorstösse für mehr Transparenz eiskalt abge-schossen. Der Freiburger CVP-Ständerat Urs Schwaller wollte, dass Organisationen und Par-teien, die sich an Abstimmungskämpfen betei-ligen, ihre Finanzen offenlegen müssen – seine eigene Fraktion sorgte aber im Nationalrat da-für, dass die Idee Schiffbruch erlitt.

Seit Jahren weigert sich die bürgerli-che Mehrheit konstant, die Finanzierung ih-rer Parteien und Kampagnen offen zu legen. Dabei hat das, was bisher durchgesickert ist, Skandalpotential sondergleichen. Alle gros-sen Schweizer Unternehmen liessen den bür-gerlichen Parteien während Jahrzehnten gros-se Beträge zukommen. Die Credit Suisse zum Beispiel machte ihre Parteispenden jahrelang direkt vom Stimmverhalten der Parlamentarie-

rInnen abhängig; alleine von den Grossbanken fliessen bis heute jedes Jahr mindestens zwei Millionen Franken an SVP, FDP und CVP. Dies führt zu absurden Situationen bei Abstim-mungskämpfen: So verfügten Economiesuisse und die Rechte beispielsweise bei der Abstim-mungskampagne zur SP-Steuergerechtigkeits-initiative über ein 50 Mal grösseres Budget als das Pro-Komitee.

Natürlich, Geld alleine macht noch kei-nen politischen Erfolg. Die Bürgerinnen und Bürger sind nur mit einer grossen Kampagne auch nicht zu kaufen. Nur: Wenn sie während drei Monaten nur der Propaganda der einen Seite begegnen, hat das selbstverständlich ei-nen Einfluss auf die Meinungsbildung. Dass die Geldflüsse selbst den Bürgerlichen nicht ganz geheuer sind, zeigt der neuste Skandal um die SVP: Eine Sonntagszeitung deckte auf, dass diese im Wahlkampf 2007 teilweise Beträge in sechsstelliger Höhe in bar transportierte – eine

Methode, die eigentlich nur angewandt wird, wenn man die Herkunft von Geldern verschlei-ern will.

Das neuste Trauerspiel zeigt: Mit dem aktuellen Parlament ist keine transparente Poli-tik zu machen. Am Schluss wird das Volk seine VertreterInnen dazu zwingen müssen – tragisch eigentlich.

* Cédric Wermuth ist sozialdemokratischer Nationalrat aus

dem Kanton Aargau, er schreibt monatlich zum Thema Po-

litik. Antworte Cédric Wermuth auf leserbriefe@dieperspek-

tive.ch.

Parteifinanzierung{Text} * Cédric Wermuth

POLITKOLUMNE

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HINTERGRUND

Nicht allzu lange ist es her, dass die «Occupy Paradeplatz»-Strömung die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher bewegte. Bewegt werden sie noch immer, nun aber nicht mehr von kriti-schen Stimmen gegen den weltweiten Spekula-tionshandel, sondern vom ersten vollständig als Werbefläche genutzten Tram, welches von der auf Online-Trading spezialisierten Swissquote Bank AG gemietet wurde.

Wenn man von der ungemein promi-nenten Aussenbemalung einmal absieht, fällt einem beim Betreten des Trams zunächst nicht viel auf. Dieselben Werbeträger wie bis anhin: mit handelsüblichen Nägeln befestigte Kar-tonplakate an den Wänden vor den Drehplat-ten. Doch wenn man genauer hinschaut, ent-deckt man Ungeheuerliches. Fangen wir bei den Plakaten an. Jedes einzelne, insgesamt sage und schreibe 32 Stück, ist mit Werbeslo-gans der Bank bestückt, welche den Passagieren

Stellungnahme von VBZ zum Artikel «Die Swissquote-Raupe geht um» von Cécile Imhof

«Der öffentliche Verkehr finanziert sich aus Fahrausweiseinnahmen, Steuergeldern und Werbung. Als VBZ sind wir in der wirtschaftlichen Metropole der Schweiz tätig und Zürich ist ein bedeutender europäischer Finanzplatz. Dies ergibt Chancen für die Verkehrsmittelwerbung – lokale und national tätige Unternehmen können hier bis zu 800'000 Fahrgäste pro Tag erreichen.Das Erscheinungsbild der VBZ hat den Charakter eines Wahrzeichens der Stadt Zürich. Dieses Erscheinungsbild soll durch die Werbung nicht einfach geopfert werden. Ebenso soll der Fahrgast während der Fahrt nicht im Blick auf die Stadt behindert werden.Die VBZ wollen ihre «Haut" aber so teuer wie möglich verkaufen und bieten maximal fünf Cobra-Trams an, deren Aussenhülle gestaltet werden kann. Damit sind fünf von 180 Trams nicht in der gewohnten Aufmachung unterwegs – fallen dadurch aber auch entsprechend auf.Innert drei Jahren wird der Versuch beurteilt und dann entschieden, ob er fortgeführt werden soll.Der öffentliche Verkehr in der Stadt Zürich wird damit ein Stück mehr von der Werbung in Beschlag genommen, wird aus anderer Optik aber auch le-bendiger und hellt damit den Alltag von Fahrgästen und Passanten auf.»

Andreas UhlVerkehrsbetriebe Zürich, Unternehmensstab

das Börsentreiben verharmlosend nahelegen. Wenn man nicht schon von dieser omniprä-senten Plakatfront überrannt wurde, wird man es bestimmt beim Überqueren der Drehplatte, und zwar gleich von zwei Seiten durch men-schengrosse Riesenplakate. Darauf ist jeweils der Grundriss des 5-Waggon-Trams skizziert, auf welchem für jeden Waggon ein Bereich der Bank eingezeichnet ist. Ein Versuch der Recht-fertigung dieses mit Werbebotschaften um sich schlagenden Vehikels? Wenn man es nun je-denfalls endlich geschafft hat, sich hinzusetzen und seine Augen gezwungenermassen in einem hoffentlich werbefreien Buch zu vergraben, ist man dennoch nicht ganz vor den Krallen des Swissquote-Ungetüms gefeit. Denn beim ah-nungslosen Blick auf das Display, auf welchem die folgenden Tramstationen aufgeführt sein sollten, schmettert einem stattdessen ein kleine-rer, bandwurmförmiger Bildschirm die aktuell-

sten Aktienkurse um die Augen. Total überla-den von all den werbenden Worten und Zahlen, möchte man nur noch eines: aussteigen! Aber selbst das wird zum Horror. Denn ein neben der Tür auf die Innenwand des Trams aufge-maltes Strassenschild mit einem Pfeil, der die Aufschrift «Swissquote» trägt, schiesst den Pas-sagier vollends ab.

Solche wandelnden Werbetrommeln rattern schon seit den 1980ern durch Zürich, doch mussten sie bis anhin stets einem kul-turellen oder sonstigen höheren Zweck die-nen. Davon kann nun kaum mehr die Rede sein, denn der einzige Sinn dieser Werbung ist es, Swissquote in die Köpfe der Passagiere zu hämmern. Wieso sollten wir also diese Bepfla-sterung unserer öffentlichen Verkehrsmittel für den richtigen Kurs halten?

* Cécile Imhof, Studentin: PuK, Linguistik, Psychologie

Die Swissquote-Raupe geht um{Text & Foto} * Cécile Imhof

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HINTERGRUND

Die Ferieninitiative wurde klar abgelehnt. Warum eigentlich?

Sechs Wochen Ferien für alle hätten wir uns bescheren können, mindestens eine Woche mehr im Jahr für den Grossteil der arbeitenden Bevölkerung, eine Woche mehr zur freien Ge-staltung, eine Woche, in der lang gehegte Frei-zeitambitionen endlich in die Tat hätten um-gesetzt werden können. Und doch wurde die Initiative, die genau das wollte, von uns gna-denlos «bachab geschickt», um es im Fachjar-gon des Abstimmungsstudios im Schweizer Fernsehen auszudrücken. Da beklagen wir uns tagein, tagaus über unsere Arbeit, den blöden Chef, die schlechten Arbeitsbedingungen, die seltsamen Kollegen, sprechen vom «Stollen», von «Schinderei», «Plackerei» oder «Knochen-arbeit». Viele leiden unter Burnouts, Erschöp-fung, allgemeiner Trägheit und Motivations-schwierigkeiten, einige (in höheren Lohnklas-sen) vielleicht auch unter einem dysfunktio-nalen hierarchieübergreifenden Austauschver-hältnis. Dann kommt eine Chance, die herr-schenden Zustände für uns zu verbessern, und wir lassen sie ein-fach sausen. Mit einem Nein-Stim-menanteil von über 66%. Zeit ist ein kostbares Gut, vielleicht das kostbarste von al-len. Zeit bedeutet Leben, und die Freiheit, mit sei-ner (beschränk-ten) Zeit anfan-gen zu können, was man will, ein ungeheures Privi-leg. Es ist augen-fällig, dass immer mehr Menschen ihr Leben als eine Art grosses Pro-jekt betrachten, dessen Verlauf und Vollendung

sie selbst in der Hand haben. Die Zeit, die man ohne berufliche Verpflichtungen verbringt, ge-hört in diesem Bewusstsein als Kernelement des Projektes dazu. Die entscheidenden und einschneidendsten Momente des Lebens finden nun mal selten am Arbeitsplatz statt. Deshalb ist es schwierig, dieses Abstimmungsergebnis zu erklären.

Natürlich kommen jetzt die erfolgrei-chen Gegner der Initiative und werden nicht müde zu betonen, den Schweizerinnen und Schweizern liege eben der gesunde Wirtschafts-standort Schweiz am Herzen. Sie hätten rich-tig einzuschätzen vermocht, dass sechs Wochen Ferien bei gleichem Lohn vor allem für KMUs nicht verkraftbar wären. Das macht stutzig. Wo bleibt denn da der gutbürgerliche Egoismus, der sich in so vielen anderen Volksabstimmun-gen in der jüngeren Vergangenheit durchgesetzt hat? Wo bleibt die kurzsichtige Einschätzung der Lage nach den unmittelbaren Vorteilen für den Einzelnen? Ist es denn tatsächlich möglich, dass die finanziellen Schwierigkeiten, in denen sich halb Europa befindet, eine solche Sensi-bilisierung für dieses Thema zur Folge hatten,

selbst in einem Land, das davon kaum betrof-fen ist?

Ich behaupte nein. Ich denke, dass den meisten Stimmbürgern der Werkplatz Schweiz ziemlich am Allerwertesten vorbeigeht, auch wenn sie sich vielleicht durchaus als Teil da-von wahrnehmen. Viele Arbeitnehmende in ei-nem kleinen oder mittleren Unternehmen wis-sen wahrscheinlich nicht einmal etwas mit der Abkürzung KMU anzufangen. Die Sorge um die allgemeine Wirtschaftslage mag berechtigt sein, aber sie ist meiner Meinung nach nicht der Hauptgrund für die Ablehnung der In-itiative. Der liegt in einer viel tiefer veranker-ten Grundhaltung, die so typisch ist für unser Land. Wir sind skeptisch.

Zu glauben, wir könnten uns selbst auf so einfache Weise die Lebensumstände verbes-sern, ist erst einmal erschreckend. Das passt so überhaupt nicht zu der durch jahrelange (be-rufliche) Erfahrung gereiften Überzeugung, wonach wir nur mit harter Arbeit zum Erfolg kommen können. Ferien wollen schliesslich verdient sein. Unsere Skepsis baut in diesem konkreten Fall auch darauf auf, dass wir der

Umsetzung der neuen Fe-rienregelung misstrauisch gegenüberstehen. Ängste vor Missbrauch der verblei-benden Arbeitszeit durch den Arbeitgeber wären fall-weise wohl auch nicht un-berechtigt gewesen. Dazu kommt das Gefühl, mit mehr Ferien unzulänglich zu sein oder gar als faul zu gelten, was für den Durch-schnittsschweizer fast noch unerträglicher wäre als die Vorstellung eines lockeren, erholten und trotzdem er-füllten Lebens.

Nun, arbeiten wir halt weiter wie die Tiere. Dafür können wir uns auch weiterhin lauthals beklagen und uns freuen, wenn wir abends erschöpft ins Bett fallen.

Auf der Suche nach einer höheren Vernunft{Text} Christian Zürcher{Illustration} Joanne Fordham

17. Ausgabe, April 2012

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HINTERGRUND

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Juristerei mag für viele Leute trocken und lang-weilig sein. Jedoch befasst sie sich ab und zu auch mit aussergewöhnlichen Sachverhalten, die zur juristischen Knacknuss werden können. So befasste sich das Bundesgericht kürzlich mit der Beschwerde eines Mannes, der die Natur «hautnah» erleben wollte.

Nacktwandern ist «grob unanständig»

«Ich finde Abstimmungsplakate gewisser Parteien ebenfalls grob unanständig. Eine Verurteilung deswegen habe ich aber bisher noch nie gesehen.»

{Text} Davide Loss{Illustration} Joanne Fordham

17. Ausgabe, April 2012

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Kurioser könnte der Sachverhalt nicht sein: «X. (geb. 1964) wanderte am Sonntag, 11. Okto-ber 2009 bei schönem Wetter zwischen 15.40 und 16.00 Uhr nackt im Naherholungsgebiet Nieschberg bei Herisau/AR. Dabei ging er unter anderem an einer von einer Familie mit Kleinkindern besetzten Feuerstelle und an ei-nem christlichen Rehabilitationszentrum für Drogenabhängige vorbei. Eine Passantin stell-te ihn zur Rede und erstattete Strafanzeige.» X. gab vor dem Verhöramt Appenzell Ausserrho-den zu Protokoll, dass das Nacktwandern eine sportliche Betätigung sei und er sich «ganz eng mit der Natur verbunden» fühlen wolle. Die Appenzellischen Behörden liessen diese Be-gründung jedoch nicht gelten und verurteilen X. wegen unanständigen Benehmens zu einer Busse von 100 Franken. Dieser gelangte in der Folge an das Bundesgericht, das den Fall öf-fentlich zu beraten hatte.

Im Zentrum der öffentlichen Beratung stand unter anderem die Frage, ob die kanto-nalappenzellische Norm genügend bestimmt sei für eine Bestrafung. X. stellte dies in Abre-de und verlangte einen vollumfänglichen Frei-spruch. Das Gesetz des Kantons Appenzell Ausserrhoden über das kantonale Strafrecht stellt nicht ausdrücklich das Nacktwandern oder das Nacktsein in der Öffentlichkeit un-

ter Strafe. Es droht in Artikel 19 Absatz 2 aber demjenigen Busse an, der «in anderer Weise öf-fentlich Sitte und Anstand grob verletzt».

Die Mehrheit der Bundesrichter vertrat die Auffassung, dass das Nacktwandern sich wesentlich vom Baden, Sonnenbaden sowie von der Ausübung von Sport und Spiel im Zustand der Nacktheit auf einem begrenzten Gelände unterscheide. «Das Nacktwandern ist hierzu-lande und fast überall anderswo heute und seit jeher völlig unüblich und ungewöhnlich. Der Mensch, der unterwegs ist, trägt wenigstens ein Kleidungsstück, welches den Intimbereich be-deckt. Nacktwandern widerspricht klar den Sitten und Gebräuchen, Gepflogenheiten und Konventionen», so die unmissverständlichen Worte des Bundesgerichts.

Daraus folgert die Mehrheit der Straf-rechtlichen Abteilung, es sei nicht zu beanstan-den, wenn das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Nacktwandern unter Berücksichtigung der im Kanton Appenzell Ausserrhoden herr-schenden Mentalität und Anschauung als grobe Verletzung von Sitte und Anstand werte. Folg-lich habe sich X. grob unanständig benommen.Die überstimmte Minderheit brachte zu Recht vor, dass die betreffende Strafnorm eindeutig zu unbestimmt sei, um daraus einen Strafan-spruch ableiten zu können. Einer der Bundes-

richter führte treffend aus: «Ich finde Abstim-mungsplakate gewisser Parteien ebenfalls grob unanständig. Eine Verurteilung deswegen habe ich aber bisher noch nie gesehen.» Was Sitte und Anstand sei, lege jeder anders aus. Daher könne man den Nacktwanderer nicht wegen unanständigen Benehmens bestrafen.

Offenbar wollte das Bundesgericht den Beschwerdeführer partout verurteilen und be-mühte sich krampfhaft um eine taugliche Be-gründung. Davon zeugt das fast 30-seitige Ur-teil. Wer das im Strafrecht zentrale Bestimmt-heitsgebot in derart ausuferndem Ausmass aufweicht, nimmt dieses nicht mehr ernst. Zu Recht überlegt sich der Beschwerdeführer des-halb einen Weiterzug an den Europäischen Ge-richtshof für Menschenrechte.

Der abtretende Bundesrichter Hans Wiprächtiger sagte an dieser für ihn letzten öf-fentlichen Beratung: «Das Strafrecht ist nicht dazu da, um Bagatellen und Extravaganzen zu bestrafen. Es darf nur dann zu Anwendung kommen, wenn es nicht mehr anders geht.» In diesem Fall wäre es wohl gewiss auch anders gegangen.

Urteil des Bundesgerichts 6B_345/2011 vom 17. November

2011 – BGE-Publikation

Herr Senn hat wohl die Beantwortung der Frage: «Was ist Aufklärung?» gänzlich mis-sverstanden, wenn nun gerade diese Kant’sche Schrift herbeigezogen wird, um für die Ab-schaffung der Ladenschlussgesetze zu werben.Er argumentiert in seinem Aufsatz damit, dass der Produktivitätsvorteil grösserer Läden mit deren Grösse und nicht mit den Ladenöff-nungszeiten zu tun hätte und gibt gleich an-schliessend den naiven Rat, die kleinen Ge-schäfte sollten sich eben auf Nischenprodukte spezialisieren. Ist es nicht so, dass es sich gerade die «Grossen» ohne weitere Probleme leisten können, am Sonntag zusätzliche Verkäufer ein-zustellen, während kleineren Geschäften dazu das nötige Kapital fehlt? Die Folgerung daraus ist, dass der Vorteil, den die «Grossen» ohne-hin durch ihr Übergewicht haben, leicht zu ei-ner gänzlichen Verdrängung kleiner Läden und

damit zu einer Monopolisierung führen wird.Als liberaler Politiker ist es wohl selbstver-ständlich, dass Herr Senn so begründet, ohne die Folgen zu beachten. Dies ist zwar sein Recht und ihm auch nicht zu verwehren, je-doch passt dazu kaum das Schlagwort «selbst-verschuldete Unmündigkeit», mit dem Kant das Volk dazu auffordern wollte, selber zu den-ken und dies nicht den «Grossen» zu überlas-sen, sich eben gerade nicht entmündigen zu las-sen. Eins aber ist völlig klar: Würde man den mächtigen Ladenketten, den «Grossen» also, Denken und Handeln überlassen, so würden diese im Nu die Ladenschlussgesetze aufheben um weitere Gewinne zu ergattern. Das liegt in der Natur des neoliberalen Denkens. Dass da-bei anderen eine gleiche Möglichkeit genom-men wird, würde im Hinblick auf grösseren Umsatz wohl ausser Acht gelassen. Doch wol-

len wir das wirklich? In einem aufgeklärten Staat muss das Ziel doch sein, allen dieselben Möglichkeiten zu bieten, aber auch da einzu-greifen, wo eine Gleichheit nicht mehr garan-tiert ist. Ob das nur mit Ladenschlussgesetzen durchzusetzen ist, bleibt dahingestellt. Dass er in seiner Kolumne leugnet, dass es zu einer Ausbeutung der Arbeiterschaft gekommen ist, zeugt überdies nicht gerade von Herrn Senns Geschichtsbewusstsein: Wie in der Schweiz bis zur Einführung des Wohlfahrtsstaates mit der Arbeiterschaft umgegangen wurde, ist ganz klar als Ausbeutung zu bezeichnen. Ferner führte die Angst vor einer Revolution der Ar-beiterschaft ja schliesslich dazu, dass der Sozi-alstaat eingerichtet wurde. Diese Lohnsklave-rei ist heute einfach in der Schweiz nicht mehr so stark vertreten: Die Produktion hat sich in Länder mit billigeren Arbeitskräften verlagert.

Replik zur Kolumne: «Selbstverschuldete Unmündigkeit» Märzausgabe 2012

{Text} Jonas Schädler

HINTERGRUND

17. Ausgabe, April 2012

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KUNST- & KULTURKOLUMNE

{Text} * Dr. oec. HSG Olivia Bosshard

Es heisst, Musik bereichere das Leben der Menschen. Sie ermögliche es, aufgrund ihrer Struktur, Beschaffenheit oder Aufführungs-weise in uns Emotionen hervorzurufen. Mit Musik ausgedrückte Emotionen würden weltweit verstanden. Als ob der Begriff «Mu-sik» so einfach wäre...

Auf die Frage, was eigentlich Musik sei, ant-wortet das Lexikon: «Musik ist rein technisch gesehen die bewusste Aneinanderreihung von Tönen»! Woanders heisst es etwas weniger la-konisch: «Musik ist eine die Zeit gestaltende Kunst.» Sie hat die Funktion, Empfindungen oder Inhalte auszudrücken. Sie kann nur als Ablauf in der Zeit erlebt werden, deshalb setzt Musik eine rhythmische Ordnung ihres Roh-materials (Geräusche, Töne, Klänge) voraus. Musikalisches Material kann durch Rhythmus, Melodie (eine Abfolge verschiedener Tonhö-hen) und Harmonie (gleichzeitiger Zusammen-klang mehrerer Töne) organisiert sein.

Schwärmerische Geister wie der Dich-ter Novalis einer war, schrieben: «Jede Krank-heit ist ein musikalisches Problem, die Heilung eine musikalische Auflösung" und Shakespeare

liess anklingen, die Musik könne gar «der Lie-be Nahrung» sein. Aber auch der kritische Phi-losoph Friedrich Nietzsche fand: «Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum!» Heute gibt es Er-kenntnisse der neurowissenschaftlichen For-schung, die beispielsweise den Zusammenhang von Musik und Gehirn untersucht, die die Fra-ge, ob Musik schlau mache, mit ja beantworten.

Grund genug, sich doch noch einmal zu fragen, was denn Musik also eigentlich sein soll. Musik reicht schliesslich nicht nur von Mon-teverdi bis Motörhead, auch von Minnegesang bis Kanye West oder Lady Gaga wäre zu kurz gefasst. Denn der Entstehungszeitpunkt der er-

sten Musikinstrumente, die archäologisch iden-tifiziert wurden, kann auf bis zu 50’000 Jahre zurück datiert werden. Musik definiert als «be-wusste Aneinanderreihung von Tönen» konnte damit sicher schon gemacht werden. Für sym-phonische Werke oder ein anständiges E-Gi-tarren-Solo waren sie allerdings sicher wenig brauchbar... Auf jeden Fall scheint «Musik» oder zumindest die eine oder andere Art da-von seit Urzeiten das Leben der Menschen zu bereichern. Wie sie das macht, warum das vor Jahrhunderten so war und heute noch immer so ist, auch wenn sich die Musik mit der Zeit stark verändert hat, warum das für Berufsmusi-ker und Gelegenheitshörer gleichermassen gilt, was welche Musik bewirkt, weshalb sie unter die Haut geht und wie und weshalb sie zum Le-bensinhalt werden kann, sind Fragen, die Bände füllen würden. Am 11. April widmen wir ihnen schon mal ein Podiumsgespräch mit Musik-Profis, Berufs-Musikern und Musikliebhabern.

* Dr. oec. HSG Olivia Bosshard ist Leiterin der Zürcher Ver-

anstaltungsplattform KION, sie schreibt monatlich zu den

Themen Kunst & Kultur

Antworte Olivia Bosshard auf [email protected]

Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum...?!

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17. Ausgabe, April 2012

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POPART*

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{Illustration} * Carole Birou

Popart

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POPART

Wir kennen sie, die Bilder von Roy Lichten-stein, die wie Comics anmuten. Und wer sie nicht kennt, kann sich unten ein Beispiel zu Ge-müte führen. Meistens ist darauf eine gut aus-sehende Frau zu sehen, die in einer mehr oder weniger schwierigen oder verzweifelten Lage zu sein scheint. Und dann kommt dieser Brad ins Spiel. «I know how you must feel, Brad...», denkt zum Beispiel eine Blonde mit bestürz-tem und mitleidigem Gesichtsausdruck. Brad ist nicht auf dem Bild mit drauf, aber er ist zu beneiden. Wenn einem jemand so viel Empa-thie entgegen bringt, kann man nicht allzu viel falsch gemacht haben im Leben. Er hat ziem-lich sicher Enormes geleistet, dieser Brad, dass er die Frau so beeindrucken konnte. Und wird jetzt nicht einmal belohnt dafür, sondern fühlt sich wahrscheinlich hundeelend, ist am Boden zerstört. Es war (offenbar) alles umsonst.

Vom selben Brad (ist es derselbe?) ist auch in einem anderen Bild die Rede. Eine Frau droht in einer Wassermasse unterzugehen, die sie mit ihren Tränen womöglich selbst verur-sacht hat. Trotzdem denkt sie nicht daran, Brad um Hilfe zu bitten, der sie, Teufelskerl, der er ist, natürlich ohne jede Anstrengung retten könnte: «I don’t care! I’d rather sink than call Brad for help!». Zwei verschiedene Deutungen dieses Ausspruches drängen sich auf:

Entweder: Die Frau (diesmal schwarz-haarig) betrachtet sich selbst in ihrem Elend als zu nichtig, um die rettenden Dienste des Über-menschen Brad in Anspruch nehmen zu dür-fen. Oder: Brad ist ein Schwerenöter, der es nicht wert ist, dass man von ihm gerettet wird. Welche Deutung die richtige ist, spielt gar kei-ne so grosse Rolle (auch wenn ich persönlich zu Oder tendieren würde). Auf jeden Fall ist Brad der Mittelpunkt des Bildes, auf dem er nicht einmal drauf ist. Wer also ist er?

Es gibt wohl kaum einen amerikani-scheren Namen als Brad, er sprüht nur so vor Melodramatik und schlecht unterdrückter US-Heldenverehrung. Brad war sicherlich in einer Highschool American Football-Mannschaft (als Quarterback, versteht sich) und hatte beim Abschlussball das schönste Mädchen dabei. Der Name ist der Gipfel der Souveränität, ein Brad kann alles, ist unverletzlich und stark. Alle Frauen verlieben sich in ihn, alle Männer wollen so sein wie er.

Lichtenstein tat gut daran, genau diesen Namen auszuwählen für seine Hauptperson. Kaum vorstellbar wären zum Beispiel Kevin, Johnny, Jason. Oder auch Jamal, Mohammed, Darnell, Prince oder sowas (aber dafür wäre wohl auch die Zeit noch nicht reif gewesen). Man könnte vermutlich viele Worte verlieren über den gesamtgesellschaftlichen Kontext der Sechziger Jahre, in dem das Idealbild des Brad entstanden ist, man könnte vermuten, dass ein

solches Bild für die Amerikaner identitätsstif-tend war, Stärke und Unverwundbarkeit im Zeichen des damals tobenden Vietnamkrieges. Man könnte umgekehrt argumentieren, dass Lichtenstein genau das Gegenteil wollte, näm-lich eine gut platzierte Kritik der kriegerischen Handlungen, indem er den Brad subtil als ame-rikanische Illusion karikierte. Und man könnte annehmen, dass nichts von alledem stimmt und er einfach zeigen wollte, dass er ein talentierter

Künstler war. Und dazu diesen undurchsichti-gen Brad für seine Zwecke instrumentalisierte. Was bleibt, sind die Menschen, die dem brad-schen Charme erliegen, denn die gibt es allent-halben und nicht nur in Lichtensteins akkura-ten Bildern. Der Menschentyp stirbt ja (glück-licherweise?) nicht aus. Und manchmal tut es solchen Tausendsassas gut, wenn man sich ein bisschen über sie lustig macht. Brad hat näm-lich Akne. Wirklich.

Wer ist dieser Brad?{Text} Christian Zürcher{Foto} www.icollector.com

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KULTUR

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Letzten Monat habe ich eine Liste mit Leuten erstellt, die ich gerne wie-der einmal treffen würde. Die Liste wurde ziemlich lang. Das kommt da-von, wenn man sich aus lauter Bequemlichkeit immer nur mit den übli-chen Verdächtigen trifft! Ich schickte also einen Haufen Nachrichten in die Welt hinaus, traf ein paar alte Bekannte und strich sie danach auf mei-ner Liste ab. Ich fühlte mich dabei wie ein Profikiller. Aber im positiven Sinne. Trotzdem habe ich aufgehört, die getroffenen Personen durchzu-streichen; das wirkt so endgültig. Und ausserdem kann ich mir ja mer-ken, wen ich getroffen habe und wen noch nicht. Ich meine, es ist schon eine lange Liste, aber so lange nun auch wieder nicht. Aber darauf will ich eigentlich gar nicht hinaus. Worauf ich hinaus will, ist eine SMS, wel-che ich von einer alten Freundin erhalten habe. Sie sei derzeit zwar voll ausgebucht, würde mich aber gerne in Woche sieben treffen... In Woche sieben?! Ich meine, okay, sie studiert Wirtschaftswissenschaften und war schon immer eher auf der rationalen Seite des Lebens, aber Woche sieben? Bin ich ein Zahnarzttermin oder so ein verdammter Business-Lunch?! Geht’s noch? Ich wollte eine gesalzene SMS zurück schreiben, dass ich lieber zu Hause bleiben würde, als für sie nur so ein mühsamer Fünf-Uhr-Termin zwischen Coiffeurbesuch und Abendessen zu sein. Das habe ich leider nicht getan. Stattdessen habe ich geantwortet, dass ich sie gerne im zweiten Teil der Woche sieben treffen würde. Die Stichelei zwischen den Zeilen war so subtil eingefädelt, dass ich mir selber auf die Schulter klop-fen musste. Aber eigentlich hätte ich doch lieber meinen ersten Entwurf abgeschickt. Aber Sie wissen ja, wie das ist mit den SMS: Solche Dinge kommen einem erst in den Sinn, wenn man bereits «absenden» gedrückt

hat. Nichtsdestotrotz harre ich einer Antwort: Wenn meine leichten Sti-cheleien gewürdigt oder zumindest verstanden wurden, werde ich mich gerne mit meiner alten Freundin treffen. Ist die Antwort aber ein weiteres Mal in einer solch unpersönlichen Form gehalten, werde ich diese Per-son unbesucht von meiner Liste streichen. Und mit «streichen» meine ich wirklich streichen. So profikillermässig. Endgültig.

* Marco Büsch, 21, Politologiestudent aus Zürich, Filmfan und Hobbyrapper

[email protected]

Woche 7{Text} * Marco Büsch{Illustration} Joanne Fordham

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KULTUR

How did the concert title ENOUGH come about?«[…] People know the price of everything and the value of nothing.» (Os-car Wilde) Well, it’s a word that enters my head more and more frequent-ly, in response to more and more situations. It’s a response to the excesses and overload in every area of our lives.

What have you had enough of?Probably, first and foremost, the opinions of too many other people. Enough of «fashionable» movements and political standpoints. The over complications of living life. Too much intolerance, aggression, hatred, egotism and greed. I would say these are my Top 5! I have enough to eat. I have enough to drink. There is not enough love, humility and empathy. Not enough listening, looking, valuing. There is not enough silence.

Why have you decided to do an acoustic concert?There has always been an acoustic element within my work, right back to my first album, The Sitting Room. I think however, the success of my electronic material has rather overshadowed it a lot of the time. Now though, I feel a need to strip away much of the complexities and excesses of a large band and electronics and strip my work down to its basics.

What do you think about social media? Do you use Twitter, Facebook etc.?The technology itself I think is neutral. We can choose to do whatever we want with it and yet most of the time we talk shite on it! It’s mainly full of inane and vain ramblings. (I think Sigmund Freud would have had great fun studying our use of it!). Of course there are incredible examp-les of things happening with it, of mobile phone film taken inside Tunisia, Egypt, Syria etc, being shown on YouTube for example and subsequently on our TVs. These give us the possibility of really seeing what is going onin places. However, I’m sure just as much film material is being made in

Tibet, Gaza and The Occupied Territories, Zimbabwe, London, Zürich etc, yet the established and state media have the power to decide what of it we see and when we see it. I use Facebook. I don’t have a mobile pho-ne signal where I live so I don’t tweet! I use the internet to write material with musicians all over the world and this is a wonderful possibility for me!

What do you think of the Internet as a platform for music?Quite simply, I think musicians are faced with two options: They can either make their material available on line and take the risk of it being downloaded without being paid for it, but at least having the possibility of reaching a world wide audience or they can go with a record company and take the risk of never getting paid for it and never reaching a potentialaudience.

Do you think with the Internet and digital music that music has beco-me disposable?Everything is disposable – music, people … If you let it be.

Have we lost control of the Internet?Have we ever had control of the internet? If you’re a parent with young children, do you have control of the internet? If you are a pedophile, po-sting porn, do you have control of the internet? If you are Mega Upload, do you have control of the internet? If I post a new piece of music, do I have control of the internet? Do the police, al Qaeda, the State?

Do you still read books or have you moved into reading in the digital era?I still read books! I love the sensual, organic experience of reading a real three-dimensional volume! However, I also have a Kindle account and download and read books electronically – especially when I am traveling.

Post-Punk Grösse Anne Clark kommt nach Zürich{Interview} Simon Williams{Foto} © Nando Harmsen

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I heard recently that people are now using their garages, not for keeping their cars in but for keeping all the crap they bought that they don’t needin! If by listening to music or reading books, magazines, etc digitally, it can cut out that kind of nonsense, then I’m all for it!

What have you been reading recently?Well, there are so many Classics that I have never read, so, with this being Charles Dickens’ bicentenary year, I am diving into his work. At the mo-ment I’m reading Bleak House (in two gorgeously illustrated, hardback volumes!). Electronically, I am reading a book called White Fever, by a guy who drove across Siberia and writes about his experiences there.

Do you still feel that tracks such as Our Darkness and Sleeper in Me-tropolis are still relevant for you today?Relevant for me? Or to other people? I guess the answer has to be «yes» in both cases.

What inspired you to write those tracks in the first place?Well, lots of things I guess but I suppose the main one was having IBM build a mega office block opposite my family home when I was about twelve years old!

What is different about the music you make now compared to in the 80s?I hope that apart from having developed and matured in some way that it still has something very basically Anne Clark in it, something that this wonderful, loyal audience of mine recognizes with each project and each release.

Why do you think artists get tired of the recording industry, why do they so often retreat?I can’t speak for anyone else but from my own experience, I know it is a

dirty, nasty business but one that up until recently, artists had no option but to use.

What music are you into at the moment?My life is music. It is filled with music of every kind. The last thing I liste-ned to was Le Voyage Dans La Lune by Air. I’m very much into ancient and sacred music. All kinds of obscure things.

What music will you be presenting in Zurich at this concert?The concert will consist of material spanning the past 30 years of my ma-king music, arranged purely for piano and voice and choreography.

Have you ever worked with dance before in your projects?Yes, on a number of occasions. Once in London back in 1990! A second time was on my Wordprocessing Tour in 1997 and I have recently been approached by another choreographer/ dancer with a view to doing a collaboration.

How did you start in the music business?Music has been my world from when I was a tiny child, so I think it was inevitable that I would have been involved in it in some way or another. I had a job at a local record store when I was 16 in 1976, in South London, just as Punk exploded into life and so that was my starting point.

Will you be making new music for release?Well, I am working on several new projects at the moment. After the suc-cess of Die Künstlichen Paradiese last year and its award at the German Book Awards a few weeks ago, I am very happy to say Murat and I have been invited to contribute to another NDR/ SDR/Hörbuch Hamburg project.

February 2012

KULTUR

Konzertdaten: 11. Mai 2012 | 12. Mai 2012 | 13. Mai 2012Jugendkulturhaus Dynamo, ZürichwBeginn 20 Uhr, Türöffnung um 19 Uhr | Vorverkauf: www.ticketcorner.ch

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17. Ausgabe, April 2012

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Elizabeth Grant aka Lana Del Rey gelang mit ihrem Song Video Games, den sie erstmals am 19. August 2011 auf YouTube veröffentlich-te, ein fulminanter Durchbruch. Davor hatte sich die Sängerin angeblich mit gelegentlichen Gigs in kleineren New Yorker Clubs über Was-ser gehalten und ihre Songs in selbstgemachten Clips auf YouTube gepostet. Da diese kaum je beachtet worden waren, erschrak Del Rey ge-waltig, als sie feststellte, dass ihr Song Video Games innert kürzester Zeit mehr als 20’000 Klicks pro Tag generierte. So märchenhaft sich Del Reys Erfolgsstory anhört, sie ist nicht ein-zigartig. Vor ihr wurden schon Talente wie Ju-stin Bieber und Colbie Caillat dank sozialer Netzwerke ins internationale Rampenlicht ka-tapultiert. Del Reys Durchbruch ist aber des-halb interessant, weil er auf eindrückliche Wei-se zeigt, wie gross die Nachfrage nach neuen, von der Musikindustrie unberührten Talenten ist und wie ungleich schwerer es Stars im Zeit-alter von Google & Co. haben, den Zauber ih-rer Bühnenfigur zu wahren.

Seit der Veröffentlichung von Video Games auf YouTube letzten Sommer hat sich im Leben der Lana Del Rey viel getan. Längst hat sie eine eigene Webseite, professionelle Pressefotos und teure Musikvideos zu ihrem kürzlich erschienen Debüt Born to Die. Mit ihrem perfekt nachempfundenen Retrolook von Hollywoodstarlets der 50er und 60er und den überzeichneten Videoinszenierungen wirkt Lana del Rey inzwischen eher wie das Pro-dukt eines minutiös geplanten Coups der Mu-sikindustrie als eine frisch entdeckte Selfmade-Künstlerin. Ihr inzwischen über 30 Millionen Mal angeklickter Clip, den Del Rey aus eigenen Webcamaufnahmen, überkomprimierten Ama-teurvideos und Spielfilmsequenzen selbst zu-sammenbastelte, vermittelt von der Sängerin je-doch ein völlig anderes Bild. Mit ihren jugend-lich-aufreizenden Posen und dem überquellen-den Schmollmund erinnert Del Rey an einen turbulenten, frühreifen Teenager wie etwa Da-vid Lynchs Laura Palmer. Ihr leicht unsiche-rer Ausdruck und die einfallslosen Gesten las-sen keinen Zweifel daran, dass es sich bei Video Games um eine etwas stümperhaft einstudier-te Selbstinszenierung handelt. Im Gegensatz zu ihrer visuellen Performanz überzeugt ihr betö-rend schöner Gesang und seine musikalische Untermalung durch eine ungleich grössere Pro-fessionalität. Der Kontrast zwischen Selbstdar-stellung und Musik ist zuweilen so gross, dass der Clip Video Games fast wie das gebastel-te Playback eines Teenagers anmuten könnte, wäre da nicht die rätselhafte Film- und Video-collage, die ihrem Clip eine einzigartig nostal-gische Note verleiht. Ein wenig wie David Bo-wies legendärer Song «Heroes», der durch sei-nen Einsatz in Wir Kinder vom Bahnhof Zoo

Lana del Rey oder die Sehnsucht nach Authentizität

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KULTUR

{Text} Marion Ronca{Illustration} Joanne Fordham

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zum unverwechselbaren Soundtrack der frühen 80er wurde, evoziert Lana Del Rey mit Video Games die verblühten Tage einer kalifornischen Jugend im Glanz und Elend Hollywoods.

Mit dieser seltsamen Mischung aus ju-gendlicher Selbstdarstellung, souligem Pop und filmischem Recycling weckte Del Rey bei ihrer rasant wachsenden Fangemeinde nicht nur die quälend schöne Sehnsucht nach einem verlo-renen Lebensgefühl, sondern auch grosse Er-wartungen an ihre Person. Zwei Monate nach der Veröffentlichung von Video Games poste-te beispielsweise Jennifer Faboulous in ihrem Blog Jenny’s Mouthwash eine vernichtende Kritik. Stein des Anstosses war nicht etwa Del Reys gesangliches Talent – im Gegenteil, Jen-ny gestand offenherzig, sich in den Song Video Games regelrecht verliebt zu haben –, sondern die mangelnde Authentizität der Sängerin. Jen-ny fühlte sich getäuscht, als sie herausfand, dass Lana Del Rey nur ein Künstlername ist und sich dahinter die Tochter eines erfolgreichen Unternehmers verbirgt. Irritierend fand Jen-ny ausserdem die Tatsache, dass Del Rey nicht wie angenommen in einer Wohnwagensiedlung aufgewachsen ist, sondern in einem idyllischen Wintersportort und sogar (!) eine Privatschule besucht hat. Del Reys Lippenkorrektur dürfte für Bloggerin Jenny den grössten Verrat an ih-rer Fangemeinde bedeuten, zum einen, weil sie davor ein hübsches Mädchen gewesen sei und zum anderen, weil Del Rey den Eingriff stets geleugnet haben soll. Für Bloggerin Jenny ist Del Reys Makeover schliesslich vor allem des-halb Betrug, weil ihre Musik im Gegensatz zur Popmusik einer Lady Gaga oder Britney Spears der Gattung der «realen Musik» angehöre und nicht auf Irrealitäten basieren dürfe. Wo ge-nau die Trennlinie zwischen Popmusik und realer Musik verläuft, verriet Bloggerin Jenny in ihrem Eintrag nicht. Sie verabschiedete sich schlicht und bitter mit den Zeilen «I want to

believe her. I want to respect her. (...) But then I open my eyes and I don’t.»

Wer nun denkt, Jenny’s Kritik sei ein ty-pisches Phänomen der Blogosphäre, der täuscht sich. Auch Blätter wie die Frankfurter Allge-meine und die Zeit beschäftigten sich kürzlich intensiv mit der Frage, wer sich hinter dem Phänomen Lana Del Rey verbirgt. So schrieb Rainer Schulze in der Frankfurter Allgemeinen: «Lana del Rey ist zwar eine brillante Sänge-

rin. Aber sie ist auch ein gemachter Star.» Und: «Ach, man würde ihr so gerne glauben. Aber alles läuft so perfekt. Viel zu perfekt.» Ähn-lich klingt es bei Kollege Jürgen Ziemer von der Zeit Online: «Wo die Realität in Fiktion über-geht – bei Lana Del Rey ist das eine Frage der Sichtweise.» Und: «Die Frage, ob das echt ist oder die Umsetzung eines genialen Marketing-Konzepts, bleibt vorerst unbeantwortet.» Beide Journalisten kommen wie die Bloggerin Jenni-fer Faboulous zum Schluss, dass das Phänomen Lana Del Rey zu schön sei, um wahr zu sein, und es sich daher nur um eine von langer Hand geplante Mogelpackung handeln könne.

Einmal abgesehen davon, dass niemand gerne angeschwindelt wird, erstaunt es ein we-nig, dass sich die Öffentlichkeit dermassen an der Vorstellung stösst, Lana Del Rey könnte das Produkt talentierter Produzenten und Ma-nager sein. Wurden nicht vergleichbare Sänge-rinnen wie Duffy und Adele von Del Reys Pro-duzent Eg White zu den Stars gemacht, die sie heute sind? Schraubte an der legendären Platte

von Amy Winehouse Back to Black nicht auch Produzent Mark Ronson entscheidend her-um? Die anhaltende Diskussion um die Au-thentizität von Lana Del Rey deutet nur vor-dergründig auf eine gesunde Skepsis gegenüber der übermächtigen Musikindustrie hin. Hinter der toughen Mir-kann-man-nichts-vormachen-Haltung dürfte sich nämlich eine deutlich weni-ger toughe, durch und durch widersprüchliche Sehnsucht nach authentischen Stars verbergen.

Authentische Stars sind aber genauso selten wie intellektuelle Fussballer, rücksichts-volle Manager und tiefgründige Models. Im Gegensatz zu authentischen Künstlern, von de-nen die sogenannte Independent Musik- und Filmszene einige zu bieten hat, sind authen-tische Stars mehrheitlich reines Wunschden-ken. Die Vorstellung, dass eine begabte Sänge-rin grossartige Songs schreibt, sich selbst einen perfekten Look verpasst und in einer Wohn-wagensiedlung aufwächst, ist ungemein inspi-rierend. Man stellt sich vor, wie sie sich hoch-kämpft, Niederlagen einsteckt und ihrem Ta-lent vertrauend immer weiter kommt. Dass eine begabte Sängerin, die Tochter eines erfolgrei-chen Unternehmers ist und von einer Horde von Produzenten, Managern und Stylisten be-raten wird, ist deutlich weniger aufregend. Sei-en wir ehrlich, Stars werden nun mal gemacht, aber wir wollen es nicht unbedingt wissen. Wie bei einem gelungenen Zaubertrick hoffen wir bis zuletzt, dass es sich tatsächlich um echten Hexenzauber handelt, und hassen es, wenn eine trockene, technische Erklärung die perfekte Il-lusion zerstört. Robert Smith von The Cure sagte einmal in einem Interview: «Wenn ich al-les getan hätte, was ich in meinen Liedern singe, wäre ich entweder im Knast oder tot.» Wenn Lana Del Rey tatsächlich in einer Wohnwa-gensiedlung aufgewachsen wäre, wäre sie heu-te vielleicht alleinerziehende Mutter, Stripperin oder Serviererin in einem Diner.

KULTUR

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«Lana Del Rey könnte das Produkt talentierter Produ-zenten und Manager sein.»

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KULTUR

Auf der Wiese, ungefähr fünf Meter westlich der Lichtung, nehme ich Gestalt an. Ich schlüpfe wieder in mein altes Ich. Dieses Ich, das alle mei-ne Freunde kennen. Fünf, um genau zu sein. Ich kann sie an einer Hand abzählen. Fünf. Ich habe schon mein halbes Leben hinter mir und nur gerade fünf Menschen schämen sich nicht, mit mir gesehen zu werden. Eine traurige Bilanz. Dieses Ich, das ich eigentlich so gar nicht mag. Ich bin nicht so, wie alle denken. Eigentlich bin ich ganz anders. Ich bin nicht hässlich, ich bin kein Monster. Ich bin liebenswürdig und hübsch. Hübsch, auf meine ganz eigene Art und Weise. Ich habe zum Beispiel wunderschöne Hände. Weiche Haut und schlanke Finger.

Meine täglichen Ausflüge in den nahegelegenen Wald geben mir Kraft und Mut. Nur dort, zwischen den grossen dicken Bäumen, fühle ich mich wohl. Geborgen und beschützt. Die Bäume schützen mich vor den neugierigen Blicken, die mich tagtäglich durch mein einsames Leben begleiten. Es interessiert sie nicht, wie ich aussehe. Sie sehen das Leuchten in meinen Augen. Die schönen Hände. Nicht die hässliche Narbe, die sich quer über meine Stirn bis hinunter zu meinem rechten Ohr zieht. Dick und hässlich. Genau wie er. Er allein trägt die Schuld daran, dass ich heu-te so aussehe. Niemals werde ich ihn je vergessen. Wie oft habe ich mich schon gefragt, was wäre wenn? Was wäre, wenn meine Mutter sich nicht in ihn verliebt hätte? Was wäre, wenn ich nie geboren worden wäre? Was wäre, wenn er ein anderes Opfer gefunden hätte? Ich kann die Dinge dre-hen und wenden wie ich will, es gibt kein was wäre wenn. Ich muss mich endlich damit abfinden, dass er immer ein Teil meines Lebens sein wird. Selbst jetzt, wo er weg ist. Für immer weg ist. Selbst jetzt verfolgt er mich in meine Träume und lässt mich schwitzen, schreien und weinen.

Zum Glück gibt es Lea. Sie gehört zu diesen fünf Personen, die sich mit mir blicken lassen, ohne drei Meter vor mir zu gehen. Sie nimmt mich so, wie ich bin. Sie findet meine Hände schön. Ohne Lea wäre ich heute nicht mehr hier. Das weiss ich genau. Sie ist nie zur falschen Zeit am falschen Ort. Sie kam, als ich sie am meisten brauchte. Und sie ist geblie-ben. Bis jetzt. Ich liebe sie. Auf meine ganz eigene Art und Weise.

Über mir ziehen dunkle Wolken auf. Es beginnt zu regnen. Dicke Tropfen streichen über mein Gesicht, als wäre es normal. Nicht hässlich, nicht furchteinflössend. Nein, einfach schön und makellos. Wie die mei-sten Gesichter sind. Ich liebe den Regen. Wir haben Gemeinsamkeiten. Wenn er auftaucht, flüchten die Menschen vor ihm. Bringen sich in Si-cherheit. Laufen weg. Vor ihm. Wie auch vor mir.

Couchpotato{Text} Anja Wyser (www.kautschpoteito.ch)

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Brille:

Eröffnung Boesner Zürich2012

In der Werkerei ander Luegislandstrasse 105Zürich Schwamendingen

boesner.ch

Die Eröffnung des boesner Ladens in Zürich bringt Farbe in die Stadt: Unter dem Slogan „Jeder Mensch ist ein Künstler“ animiert Europas Marktführer für Künstlerbedarf die Zürcherinnen und Zürcher zu

kreativem Schaffen. Mit Live-Paintings in der Stadt, einem Projekt mit der F+F, Schule für Kunst und Me-diendesign, sowie einem Facebook-Kunstwettbewerb

fördert boesner künstlerisches Wirken.

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KREATIVES

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Da isst jeder gern vegetarisch.

RufLanz

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KREATIVES

Eine Wolke hat sich auf meine Brust gesetzt. Soeben hatte ich das Gebet geschlossen,da war sie da.Sie hat mich umarmt.Die Wolke war erfrischend kühl, ihr Licht leuchtete.

Ich senkte meinen Kopf in sie, und konnte nicht mehr erkennenals kühlen sprühenden Nebel. Ich konnte DICH nicht finden in derWolke, aber sie kommt von DIR.Ich gab mich der Stille hin und sie war beharrlich da,wie ein Sack Federn in meinem Schoss, oder vielleicht nur dieIdee von einem Sack Federn, leicht und flüchtigwie Zuckerwatte aus Gas.Ich liess mich umarmen... mich kühlen.Ich konnte langsam loslassen von der klammen Einsamkeit.Da warst DU, ich und die Wolke...als hätte ich ein Stück Himmel geboren.

Die kleinen Eiskristalle setzen sich kühlend auf meine Haut.Tröpfchen blieben in meinen Poren hängen.Ich leckte den Saft von meinem Handrücken,viel zarter als Zucker, süss und knusprig.Die Zeit ist um, meine Poren haben die Wolke aufgesogen,sie kühlt jetzt mein Herzund leuchtet aus meinen Augen.

Die Wolke{Text & Illustration} Carmen Maria Vögeli

platzt aus allen knospen duftgewitter farbregen wiesen vollbebuttert schäumen vor kraut magnolien trauben schwer von den ästen im blütenrausch torkle ich heim töricht bereit mich zu verschenken blumengeil.

aus unseren mündern fielen blüten diese nachtgelächter aus kahlem gebälk wir sammelten sternemit unseren zungen drei dünne matratzen wirschnarchten bis einer ein spiegelei briet kaffee mitweissen gesichtern tranken bis einer anfing zu lachenund lachen noch heut

Blütenrausch

Und lachen noch Heut

{Texte} Marianna Lanz

Marianna Lanz übersetzt, schauspielert und verfasst lyrische Texte.Das Gedicht «Watteabend» auf Seite 21 wurde von der Illustratorin Joanne Fordham gestalterisch umgesetzt.

17. Ausgabe, April 2012

thema der nächsten ausgabe: geheimtipps der schweiz | beiträge bis 15. april an [email protected] 21

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17. Ausgabe, April 2012

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Ein elementares Ding, welches mich faszi-niert, verwirrt und im Notfall regiert. Ge-worfen oder geklebt. Ein universelles Etwas! In seiner polymorphen Vielseitigkeit und Va-riation allein. Gelassen und verbraucht. Be-nutzt und gebraucht und nie entsprechend gewürdigt. Das Pflaster.

Das Vampir-Revival. Nicht nur im Kino, son-dern auch sonst, in Kultur und Politik. Die Auferstehung der Blutsauger ist keine Fiktion. Wirtschaftsbosse und andere Spezies haben sich fest etabliert und sind nur noch in der Utopie wegzudenken. Blutsauger gibt’s nur im Mär-chen… Nein! Sie sind unter uns… Und was macht man, wenn man gebissen wurde? Ge-nau! Pflaster drauf und weiter geht’s. Die Blu-tung stillen ist der erste Schritt zur Besserung. Nun kann man nur noch hoffen, dass keine In-fektion stattgefunden hat. Die Infektion, wenn doch stattgefunden, ist heimlich und schlei-chend. Impfung? Ja die gibt’s. Die Lykanthro-pie. Heule den Mond und nicht die Sonne an! Das leuchtende Pflaster am dunklen Himmels-zelt. Regelmässig klebt er sich vor die Sonne

und bietet uns Schutz. Eine nette Geste von Mutter Natur und Vater Gravitation. Ich sage: «Danke!»

Ich möchte hier und heute nur ein Gleichnis von vielen erzählen. Nicht tolerierba-re und verbannte Geschöpfe, wie ich eines bin, ein Raucher, könnten sich mit Nikotinpflaster bepflastern und so der «Hexenjagd» entgehen. Als bekennender Lykaner stelle ich mich aber gerne den Jägern der Inquisition aus Pharmal-obbyisten und Gesundheitsaposteln. Schwanz einziehen ist nicht sexy. Ich lasse mich nicht so einfach domestizieren und verpuddeln. Und wenn die Inquisition wütend und an Demenz leidend ihr letztes Feuer entfacht, werde ich grinsend und hustend im Wind stehen und ih-ren Rauch schnüffeln.

Schon in seiner Urform wurde das Pfla-ster als Mittel zur Revolution genutzt, aber auch missbraucht. In Form eines Steines wurde und wird es heute noch geschleudert, geworfen und geschmissen. Der Kern der zu bekämpfen-den Institution konnte aber nie bis selten ge-troffen werden. Zu sanft ist das Pflaster in sei-ner Art, trotz oder wegen seines polymorphen

Wesens. Es möchte doch nur helfen. Sei es als Strassenbelag, Nervengiftersatz oder einfach nur blutungsstillend. Welch Ironie, dass die Wunden und Blutungen, die durch Pflaster ver-ursacht werden, auch mit Pflaster gestillt wer-den können, welche wiederum von der Phar-maindustrie gefertigt wurden.

Kapitulation ist keine Option. Jedoch kann ein taktischer Rückzug die Kräfteverhält-nisse zu unseren Gunsten wenden. Wir ziehen uns zurück auf die dunkle Seite des Mondes. Nicht verblendet, aber geschützt von der Sonne werden wir uns für die letzte Schlacht rüsten. Wir Lykaner, Seite an Seite, werden eines Ta-ges zurückkehren und den Gesetzen von Mut-ter Natur und Vater Gravitation in einer nie dagewesenen Revolution zu neuer Stärke ver-helfen. Die Sonne im Rücken werden wir her-ab fliegen! Bewaffnet mit Mut, Liebe, Phantasie und Laserplastern werden wir es schaffen. Wir gründen Utopia.

* Apachenkönig Huntin’Beer ist aus Zürich, deshalb schreibt

er auch die Stadtkolumne.

Antworte dem König auf [email protected]

Laserplaster (Läisaplästa){Text & Illustration} * Apachenkönig Huntin’Beer

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