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Popper, Darwin und die Biologie Hans-Joachim Niemann Inhalt Karl Popper als Biophilosoph .................................................................... 1 Poppers Neu-Interpretation des Darwinismus ................................................... 2 Anpassung ist aktiver Wissenserwerb ............................................................ 8 Ein Blick ins Innerste des Lebens ................................................................ 16 Die Evolution als Abenteuer des Geistes ........................................................ 20 Literatur ........................................................................................... 21 Zusammenfassung Karl Poppers Hauptthesen zur Evolution werden erläutert und diskutiert: (1) Nicht die natürliche Selektion, sondern Präferenzen und Neugier der Organismen bestimmen die Kreativität und Richtung der Evolution. (2) Das Rätsel des Lebens besteht weniger darin, wie es entstand, als wie es sich anpassen konnte. (3) Anpas- sung ist Wissenserwerb über die Umwelt, und alle Organismen enthalten Wissen. (4) Wir erben nicht nur tote DNA-Moleküle, sondern auch die Zelle; sie trägt das Leben weiter und weiß, was man mit der DNA macht. Diese vier Thesen sind mit Darwins Theorie voll verträglich. Schlüsselwörter Biophilosophie · Evolutionstheorie · Aktiver Darwinismus · Organisches Wissen · Gen-zentrierte Biologie H.-J. Niemann (*) Poxdorf, Deutschland # Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 G. Franco (Hrsg.), Handbuch Karl Popper, Springer Reference Geisteswissenschaften, https://doi.org/10.1007/978-3-658-16242-9_25-1 1

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Popper, Darwin und die Biologie

Hans-Joachim Niemann

InhaltKarl Popper als Biophilosoph . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1Poppers Neu-Interpretation des Darwinismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2Anpassung ist aktiver Wissenserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8Ein Blick ins Innerste des Lebens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16Die Evolution als Abenteuer des Geistes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

ZusammenfassungKarl Poppers Hauptthesen zur Evolution werden erläutert und diskutiert: (1) Nichtdie natürliche Selektion, sondern Präferenzen und Neugier der Organismenbestimmen die Kreativität und Richtung der Evolution. (2) Das Rätsel des Lebensbesteht weniger darin, wie es entstand, als wie es sich anpassen konnte. (3) Anpas-sung ist Wissenserwerb über die Umwelt, und alle Organismen enthalten Wissen.(4) Wir erben nicht nur tote DNA-Moleküle, sondern auch die Zelle; sie trägt dasLeben weiter und weiß, was man mit der DNA macht. Diese vier Thesen sind mitDarwins Theorie voll verträglich.

SchlüsselwörterBiophilosophie · Evolutionstheorie · Aktiver Darwinismus · OrganischesWissen · Gen-zentrierte Biologie

H.-J. Niemann (*)Poxdorf, Deutschland

# Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018G. Franco (Hrsg.), Handbuch Karl Popper, Springer Reference Geisteswissenschaften,https://doi.org/10.1007/978-3-658-16242-9_25-1

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Karl Popper als Biophilosoph

Karl Popper hat sich einen Namen als Wissenschaftstheoretiker (Logik der For-schung) und Sozialphilosoph (Die Offene Gesellschaft) gemacht. Weniger bekanntist sein drittes, biophilosophisches Hauptwerk, das eine Neuinterpretation der Dar-winschen Evolution, Ideen zum Ursprung und Kern des Lebens, die EvolutionäreErkenntnistheorie, das biologische Leib-Seele-Problem und die biologisch begrün-dete Lehre vom exosomatischen Werkzeug ‚Welt 3‘ umfasst1. Das wird im Folgen-den erläutert, mit Ausnahme des Leib-Seele-Problems und der ‚Welt 3‘, die ananderer Stelle im vorliegenden Band behandelt werden2.

Poppers Neu-Interpretation des Darwinismus

Poppers biologische Ausgangspunkte

Seit frühester Jugend hatte Karl Popper sich für die Evolutionsbiologie interessiert3.Aber erst in seinen späten 40er-Jahren nahm sein Interesse an Biologie wissenschaft-liche Züge an, als er Lösungen für das alte Leib-Seele-Problem suchte, also für dieFrage, wie Gefühle und Gedanken physikalische Wirkungen entfalten können. Erdiskutierte mit dem Physiker und Nobelpreisträger Erwin Schrödinger dessen Buch‚Was ist Leben?‘ (1944), das bereits eine molekulare Theorie der Gene enthielt4.1951 begann die Zusammenarbeit mit seinem Freund, dem Neuro-Wissenschaftlerund späteren Nobelpreisträger John Eccles. 1977 veröffentlichten sie gemeinsam diebiologische Lösung des Leib-Seele-Problems5. Mit einem anderen Freund, demBiologen und Nobelpreisträger Peter Medawar, diskutierte er seine Neu-Inter-pretation von Darwins Evolutionstheorie. In seinem neunten und zehnten Lebens-jahrzehnt wurde der Chemiker und Evolutionsexperimentalist Günter Wächtershä-user bei Fragen der Entstehung des Lebens aus anorganischer Materie seinbevorzugter Gesprächspartner6. Poppers Interesse am Leib-Seele-Problem hielt

1Leib-Seele-Problem und Welt 3 in Popper 2012a, kommentiert in Niemann 2012. Exosomatischesind evolutionär entwickelte, außer-körperliche Werkzeuge wie die Netze der Spinnen, die Nesterder Vögel, die Schriftwelt des Menschen.2Siehe in in Franco 2018 die Kapitel ‚Das Leib-Seele-Problem‘, ‚Welt 3 und die Mathematik‘. und‚Karl Poppers Spätwerk und die Welt 3‘.3Bartley 1987, S. 18.4Popper 2012b, Kap. 30.5Eccles 1982, S. 226. Poppers Teile des gemeinsamen Buches Das Ich und sein Gehirn (1977,dt. 1982) erschienen in Popper 2012a, Teil II.6Popper 1989b. Popper stellt in seiner ‚Lecture on Molecular Biology‘, Heidelberg 12. April 1989,überraschend Wächtershäusers Theorien vor.

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lebenslang an. Den letzten Vorschlag dazu machte er als 92-Jähriger7. Der Hirnfor-scher Benjamin Libet schätzte sein ‚Zweistufenmodell‘ des Leib-Seele-Problems8.

Seine erste evolutionsbiologische Vorlesung von 1961 war eine wesentlicheVerbesserung von Darwins Theorie, die aber Darwins Erklärung der Entstehungder Arten durch ‚Variation und Selektion‘ nicht leugnete9. In Poppers Erklärungspielen die Neugier und die Vorlieben der Organismen die Hauptrolle. Das sind diekreativen Elemente. Darwins natürliche Selektion hat lediglich die Funktion, Fehlerder Organismen bei der „Suche nach einer besseren Welt“ (ein Buchtitel Poppers) zukorrigieren. Erst ein halbes Jahrhundert später wurde Poppers Neu-Interpretation desDarwinismus von Evolutionsbiologen ernst genommen10.

Zunächst erregte nur Poppers Kritik an Darwin einiges Aufsehen, weil er dessenTheorie wegen fehlender Falsifizierbarkeit als Beispiel für unwissenschaftlicheTheorien erwähnt hatte11. Die empirische Widerlegbarkeit oder Prüfbarkeit einerTheorie ist unerlässlich, wenn diese Teil der Wissenschaft sein soll12. Diesen Testbestehen einige Formulierungen des Darwinismus nicht, weil sie nicht falsifizierbarsind, zum Beispiel Herbert Spencers Erklärung der Entstehung der Arten mit Hilfeder Theorie des ‚survival of the fittest‘13. Da die Überlebensfähigsten fast immerüberleben, ist diese Theorie kaum empirisch widerlegbar, und diese Unwiderlegbar-keit ist keine Auszeichnung, sondern ein gravierender Mangel.

Dennoch kann der Darwinismus auch als unprüfbare Theorie und ‚metaphysi-sches Forschungsprogramm‘ wertvoll und weiterführend sein und später einmalwissenschaftlichen Status erlangen14. Spätestens seit 1965 hielt Popper viele Thesendes Darwinismus, beispielsweise die Tatsache der Variabilität des Erbgutes und dienatürliche Selektion, für prüfbar:

„Ich habe meine Ansicht über die Prüfbarkeit und den logischen Status der Theorie dernatürlichen Selektion geändert“15.

Popper war kein Gegner Darwins, sondern einer seiner Bewunderer. Der vor-darwinschen Evolutionstheorie, wonach alles Leben sich in vielen Millionen Jahrenaus einfachen Anfängen entwickelt hat, stimmte er ohnehin voll zu, und zwar seit

7Popper et al. 1994.8Ausführlich in Niemann 2012.9Popper 1961. Poppers erste Herbert Spencer-Vorlesung: ‚Die Evolution und der Baum derErkenntnis‘.10Noble 2013, 2014; Noble et al. 2014.11Popper 1965, Abschn. 18; Popper 1970a, Abschn. 16.12Popper 1935, 2009, Kap. 10.13Spencer 1864. Herbert Spencer (1820–1903).14Popper 2012b, Kap. 37.15Zitat aus der Darwin-Vorlesung Popper 1977, S. 144. Widerrufen hat Popper seine Ablehnung desDarwinismus als Wissenschaft bereits in Popper 1965 zu Beginn des Abschn. 18: „Ich erröte beidiesem Geständnis“. Am Tautologievorwurf gegen bestimmte Formulierungen, wie im Text oben,hält er fest.

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seinem 12. Lebensjahr, wie er schrieb16. Auch den Darwinismus akzeptierte er, weildie Rede vom blinden Zufall der Variation und von der natürlichen Selektion durcheine bessere Formulierung leicht vermieden werden kann: Organismen, die besserangepasst sind als andere, haben größere Chancen, Nachkommen zu hinterlassen17.Ebenso akzeptierte er die Theorien über Vererbung, Populationsgenetik, Variabilitätdes Erbguts.

Alle Lebewesen steuern ihre eigene Evolution

Diese ‚Darwinismus‘, ‚Neo-Darwinismus‘ oder ‚Theorie der natürlichen Auslese‘genannten Theorien sind für Popper der Ausgangspunkt seiner Verbesserungen. Erkonzentriert sich auf die beiden damals unstrittigen Faktoren, die angeblich allein fürdie Evolution verantwortlich sind:

(1) Variabilität der DNA infolge von Zufallsprozessen.(2) Natürliche Selektion.

Wie für die meisten Biologen war für Popper ‚natürliche Selektion‘ eine anschau-liche und nützliche Metapher, die nicht wirklich die Natur mit einem Tier- oderPflanzenzüchter vergleicht. Er ging davon aus, dass ‚selektierender Einfluss derphysikalischen und organischen Umwelt‘ gemeint ist. Ausdrücke wie Herbert Spen-cers ‚survival of the fittest‘18 oder Darwins ‚Kampf ums Dasein‘19 sind für ihn wiefür die meisten Biologen ideologische Ausdrücke, die nicht zur Wissenschaft ge-hören.

Dieser passive Darwinismus schien bis dahin, und scheint vielen noch heute,alternativlos. Von der einzigen Alternative, dem Kreationismus20, kann man abse-hen, da er auf wissenschaftliche Prüfbarkeit keinen Wert legt. Popper schlägt eineneue, prüfbare Alternative vor, die er den aktiven Darwinismus nennt.

Die beiden Faktoren (1) und (2) hält er für irreführend und unwahr, weil es nichtstimme, dass sie die einzigen ursächlichen Faktoren für die Evolution seien. Popperwird zeigen, dass weder die durch blinden Zufall ausgelösten Mutationen noch dienatürliche Selektion, die das Erfolglose wegselektiert, kreativ sind. Vielmehr rührt

16Popper 1986. Allerdings dienten in Popper 1957/2003, Kap. 27, Evolutionstheorien als Beispielefür verfehlte Versuche, Geschichtsgesetze aufzustellen.17Popper 1986/2013, S. 9.18Spencer 1864.19Der Kampf ums Dasein als ‚struggle for life‘ wird oft erst den Darwinisten angelastet; er kommtaber schon im Titel von Darwins Hauptwerke vor: Charles Darwin, On the Origin of Species byMeans of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life,London 1859.20Der ‚Kreationismus‘ ist eine erste Abstammungstheorie, die sich auf die biblische Schöpfungs-geschichte stützt.

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die Kreativität der evolutionären Prozesse von der Aktivität der lebendenOrganismen her.

Es sind die Individuen mit ihren Eigenarten, Vorlieben und Aktivitäten, die einewichtige Rolle in der Evolution spielen. Auch andere hatten das schon vor Poppererkannt, beispielsweise James Baldwin, nach dem der ‚Baldwin-Effekt‘21 benanntist: Der Grottenolm wich seinen Fressfeinden durch Rückzug in dunkle Höhlen aus.Da das Erbgut von Individuum zu Individuum leicht unterschiedlich ist, war eineAuswahl der besser Angepassten möglich. In der dunklen Höhle verlagerten sichderen Fähigkeiten, die Umwelt wahrzunehmen, von den Augen, die blind wurden,auf andere Sinnesorgane.

Dieser Baldwin-Effekt war lange bekannt, aber in der Theorie der Darwinistenspielte er nur eine kleine Nebenrolle. Popper Verdienst ist es, gezeigt zu haben, dassdie Eigenarten, Vorlieben und Aktivitäten der individuellen Organismen nichtNebeneffekte, sondern die wichtigsten Faktoren der Evolution sind; von ihnen hängtdie Richtung der Evolution weitgehend und ihre Kreativität ausschließlich ab.

Diese Theorie, die Popper seit seiner Herbert Spencer-Vorlesung von 1961vertreten hat,22 gewinnt erst jetzt unter den Biologen des ‚Third Way of Evolution‘und des ‚extended Darwinism‘ zunehmend an Bedeutung23. Sie enthält viele Argu-mente und Erläuterungen zu seiner ‚Spearhead-Theorie‘ und zu seinem ‚genetischenDualismus‘, auf die ich hier aus Platzgründen nicht eingehen kann24.

Der Darwinismus versucht, das Leben wegzuerklären

Bei den Darwinisten seiner Zeit, aber auch noch bei der Mehrheit der heutigenBiologen, gibt es einen Hang, die schöpferische Kraft der Evolution auf zufälligeMutationen und natürlichen Auslese zurückzuführen. Popper erklärt das damit, dass„der passive Darwinismus das Opfer bestimmter pessimistischer Ideologien ist“, undzwar speziell der Ideologie des Determinismus. Einer der bedeutendsten InterpretenDarwins, Thomas Henry Huxley25, war Determinist, und Popper befürchtete, dassdessen Ideologie immer noch weit verbreitet und virulent sei, weshalb die Unter-scheidung zwischen aktivem und passivem Darwinismus erst begriffen werdenkönne, wenn der Determinismus endgültig begraben sei.

21Baldwin (1896).22Popper 1961.23Bei Niemann 2014a und weiteren zirka 50 Autoren wie James Shapiro, Denis Noble, EvaJablonka, Marion Lamb, die auf der Website www.thethirdwayofevolution.com für das Forschungs-programm ‚Neo-Darwinsm needs rethinking and alternative thinking‘ (Verbesserungen und Alter-nativen für den Neo-Darwinismus) stehen, also für Poppers seit 1961 vertretenes Anliegen. Die dortebenfalls aufgeführten Barbara McClintock und Conrad Waddington haben schon in den 1940er-Jahren experimentelle Vorarbeit beigesteuert.24Popper 1961, kommentiert in Niemann 2013.25Popper 1986/2013. Thomas Henry Huxley (1825–1895) war Biologe und engagierter Darwinist.

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Der Darwinismus, klagte Popper, versucht, das Leben wegzuerklären26: AllesGeistige, wie die Wünsche und die auf Ziele ausgerichteten Aktivitäten der Orga-nismen, soll eliminiert und mit Hilfe des Mechanismus von Variation und Selektionerklärt werden. Alles Organische will man auf Anorganisches reduzieren: Biologieauf Biochemie; Biochemie auf Chemie; und Chemie auf Physik. Diese unkritischübernommenen Reste der Ideologie des Materialismus und des Determinismusverhindern es, Dinge zu akzeptieren oder beim Namen zu nennen, die über Physikund Chemie hinausgehen.

Die natürliche Auslese ist nicht kreativ

Dadurch wird aber eine ganze Welt äußerst interessanter Zusammenhänge fastabsichtlich ausgeblendet, obwohl es gar nicht so schwer ist zu erkennen, woherzum Beispiel die Kreativität der Evolution kommt. Ich nenne zwei von PoppersArgumenten.

Ein erst kürzlich im Popper-Archiv Klagenfurt entdecktes Gedankenexperi-ment27 zeigt, dass die natürliche Selektion nicht in der Lage ist, die Kreativität derEvolution zu erklären. Popper konstruiert eine Welt, in der es keine natürlicheSelektion gibt und in der alle jemals entstandenen Arten auch heute noch leben.Die natürliche Selektion kann diese Vielfalt also nicht hervorgebracht haben, weil siein diesem Experiment nicht vorkommt. Die Kreativität der Evolution und das, wasDarwin die ‚Wunder der Natur‘ nannte, können daher nicht von der natürlichenSelektion herrühren, auch nicht vom Kampf ums Überleben und auch nicht vomÜberleben der Anpassungsfähigsten.

Zwanzig Jahre nach Poppers Tod bestätigen Experimente des EvolutionsbiologenAndreas Wagner: „Natürliche Selektion kann Innovationen bewahren, aber sie nichthervorbringen“28.

Ein zweites Argument trug Popper in seiner Medawar Lecture von 1986 vor29.Das Leben in seinen Anfängen musste sich auf seine Umgebung einstellen. Inmanchen Regionen gedeiht das Leben leichter, in anderen schwerer. Nur durchVersuch und Irrtum können die einzelnen Organismen bessere Lebensbedingungenoder besser an die Umgebung angepasste Lebensweisen finden. Kreative Aktivitätist also von Anfang an lebensnotwendig; die natürliche Selektion braucht man nicht,um die Kreativität der Natur zu erklären. Viele Organismen finden dank kreativerAktivität ausgefallene Nischen, in denen es sich besser leben lässt als anderswo: DerEnzian besiedelt leere Hochgebirgsräume, der Anglerfisch die Tiefen der Meere.Viele verändern ihre Umwelt, oder sie schaffen sich eine eigene: Biber stauen Flüsse,Vögel bauen Nester, Spinnen weben Netze.

26Popper 1970b.27Popper (undatiert) in Niemann 2014a, Anhang C.28Wagner 2014, ‚Prologue‘, drittletzter Absatz, dt. v. H. J. N.29Popper 1986/2013.

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Wer sich bei den Versuchen, neue Welten zu finden oder sich ihnen anzupassen,irrt, der hat weniger Nachkommen oder stirbt. ‚Natürliche Auslese‘ nennt man das,und man glaubte, sie sei das Kreative in der Evolution und schaffe die vielen Arten.Bis 1961 glaubte auch Karl Popper das30. Aber in dieser Art der Fehlerbeseitigungdurch Aussterben liegt nichts Kreatives. Das Kreative bei Anwendung der Methodevon Versuch und Irrtum liegt nicht im Irrtum, sondern in dem Versuch, neue Lebens-räume oder Lebensweisen auszuprobieren. Und daher verdanken wir die Kreativitätder Evolution fast ausschließlich der Tatsache, dass alle Lebewesen Problemlösersind und ständig nach einer besseren Umwelt suchen.

Kreative Nischensuche statt tödlicher Konkurrenz

Mithin hat die natürliche Selektion nicht die Bedeutung, die ihr der passive Darwi-nismus zumisst. Dem tödlichen Irrtum zu entkommen, das schlichte Überleben, istnicht der Kern des evolutionären Lernens. Der wesentlichere Teil dieses Lernensbesteht im Ausprobieren neuer Verhaltensweisen und in der ‚Suche nach einerbesseren Welt‘.

Wie die Ergebnisse der Suche vererbt werden – lamarckistisch, darwinistisch,epigenetisch oder sonstwie –, ist für die Beantwortung der Frage nach der Kreativitätund der Richtung der Evolution irrelevant. Die Kreativität rührt nicht von blinderVariation und natürlicher Auslese her, sondern in erster Linie von der Aktivität derOrganismen selbst. Mit Neugier, Wünschen und Vorlieben versuchen sie ständig,günstigere Lebenswelten und passendere Lebensweisen zu finden. Kampf undVernichtung von Konkurrenten sind allzu lange als das biologische Lebensprinzipüberbetont worden. Popper behauptet,

„dass hauptsächlich die Vorliebe für Nischen zur darwinschen Evolution führt. Die Orga-nismen sind aktiv; sie suchen nach einer besseren Nische. Und dann sorgt diese Nische,diese Umgebung irgendwie dafür, dass der besser angepasste Organismus mehr Nachkom-men hinterlässt“31.

Von ‚Nische‘ spricht Popper in einem sehr allgemeinen Sinn, der auch Lebens-weisen einschließt, die es ermöglichen, konkurrenzlos mit anderen Arten im selbenLebensraum zu leben: Kühe und Schmetterlinge leben in derselbenWiese und störeneinander nicht32.

So führt die Nischensuche zur Spezialisierung. Nach jeder per Versuch und Irrtumgefundenen neuen Nische geht es darum, wiederum per Versuch und Irrtum dieAnpassung an diese Nische zu verbessern. So ist Anpassung ein doppelter Lernpro-zess: (1) Eine geeignete Nische finden und (2) dann lernen, deren neue Möglichkei-

30Popper 1961.31Popper 1986/2013, S. 12.32Zur Verallgemeinerung der ‚Nische‘ zum ‚Möglichkeitsraum‘ siehe Niemann 2017.

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ten auszuschöpfen, was bedeutet, dass der Organismus sich eine Menge Wissen überdiese Nische aneignen muss. Und Anpassung ist nicht nur irgendwie mit Wissenverbunden, sondern Popper weist ausdrücklich darauf hin, „dass ich mehr oderweniger Anpassung und Wissen gleichsetze“33.

Anpassung ist aktiver Wissenserwerb

Nicht das Leben, seine Angepasstheit ist extrem unwahrscheinlich

Alles Leben war von Anfang an mit dem Erwerb von Wissen verbunden34. Dazuzeigt Popper in einem weiteren Gedankenexperiment35, dass schon das erste Lebenein großes Problem mit der Anpassung gehabt haben muss, eben deshalb, weilAnpassung bedeutet, sehr viel Wissen über die Umwelt in Erfahrung zu bringen.

Popper nimmt an, es sei in irgendeinem Labor gelungen, künstliches Leben zuschaffen. Irgendetwas Chemisches befindet sich im Reagenzglas, es kann gefüttertwerden, es scheidet aus, was nach der Verdauung übrig bleibt, es vermehrt sich durchTeilung, und es hört nicht auf zu wachsen. Die Forscher sind sich einig: Es handeltsich um echtes Leben. Aber etwas Wichtiges fehlt ihm, das alles natürliche Lebenauszeichnet: Es ist nicht an seine Umgebung –das Reagenzglas! – angepasst. Es istan die Forscher angepasst, die es versorgen: Es muss von außen gefüttert, beschütztund seine Stoffwechsel-Abfälle müssen entsorgt werden. Und sobald es im Rea-genzglas eng wird, müssen die Forscher dafür sorgen, dass die ‚Nachkommen‘ inanderen Reagenzgläsern aufwachsen und dort versorgt werden. Um wirklich demnatürlichen Leben zu gleichen, müsste in dieses künstliche Leben noch eine bio-logische Maschinerie eingebaut werden, die alles ‚weiß‘, was die Forscher über denErhalt des Leben wissen, unter vielem anderen auch, wie man eine geeigneteUmwelt findet und aus ihr jene Stoffe gewinnt, mit denen das synthetische Lebengefüttert werden kann. Leben, das von allein überleben will, muss dieses umfang-reiche Umweltwissen mitbringen, sonst stirbt es, sobald die Forscher es sich selbstüberlassen.

Nicht dass Leben entstanden ist, ist das höchst Unwahrscheinliche, sondern dassihm die Anpassung an die Umwelt gelungen ist. Die Entstehung von Leben istvielleicht gar nicht so extrem selten, wie Jacques Monod vermutete36, sagt Popperund hält es für möglich,

„dass der Versuch dazu viele, viele Male gemacht worden ist: Organismen sind mit einergewissen Anpassung entstanden, aber mit noch nicht genug Anpassung, bis dann endlich ein

33Popper 1986/2013, S. 13.34Popper 1989c.35Popper 1986/2013, S. 12–13.36Monod 1971.

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Organismus überlebte, der ausreichend gut an die Umgebung, in der er entstand, angepasstwar.“37

Ausreichende Anpassung ist extrem unwahrscheinlich, weil sie, wie in PoppersGedankenexperiment gezeigt, außerordentlich viel Wissen über die Umwelt voraus-setzt.

Anpassung ist Popper zufolge identisch mit Wissen erwerben. Was seit Darwin‚Anpassung‘ genannt wurde, ist jetzt kein letztes biologisches Erklärungsprinzipmehr, auch wenn es bis heute noch so verwendet wird. Anpassung kann nun vielkonkreter als Wissenserwerb erklärt werden38.

Bevor ich auf das Wissen von Organismen und das Wissen der Zelle nähereingehe (in Abschn. „Das Wissen von Zellen, Pflanzen und Tieren“), muss ichzeigen, wie Popper den naheliegenden Einwand entkräftet, unerlaubt anthropomor-phe Ausdrücke in die Biologie einzuführen. Darf man Ausdrücke wie ‚Ziele verfol-gen‘, ‚Erwartungen haben‘, ‚Wissen erwerben‘, die in der menschlichen Welt einenklaren Sinn haben, auf Organismen (Pflanzen, Tiere, Zellen), Organe (Herz, Niere)und sogar auf Organellen (Mitochondrien, Ribosomen) übertragen?

Nicht nur dieser Anthropomorphismus-Verdacht stört das adäquate Verständnisvon Poppers aktivem Darwinismus. Auch die Tatsache stört, dass Erklärungen, indenen Organismen, Organe und Organellen ‚Ziele verfolgen‘, ‚Erwartungen haben‘und ‚Wissen erwerben‘, sich quasi in Nichts auflösen, wenn man die dahinterstehenden Prozesse auf Physik und Chemie reduziert hat. Deshalb zeige ich in denAbschn. „Nichtreduzierbarkeit der Biochemie auf Physik und Chemie“ und „Beru-hen auf‘ ist etwas anderes als ‚erklären durch“, wie Popper dieses Problem derReduktion von Biologie auf Biochemie und von Biochemie auf Chemie und Physikgelöst hat.

Erst wenn das Anthropomorphismus- und das Reduktionsproblem gelöst sind,können wir in eindeutiger Weise über das Wissen von Organismen und das Wissender Zelle sprechen (in den Abschn. „Das Wissen von Zellen, Pflanzen und Tieren“und „Die Unterscheidung von objektivem und subjektivem Wissen“).

Keine Biologie ohne Anthropomorphismen

Die Frage ist also, ob der Begriff ‚Wissen‘ nicht ein allzu sehr aus der menschlichenLebenswelt gegriffener ‚Anthropomorphismus‘ ist.

Kann ein Organismus oder gar ein Organ wie die Niere etwas wissen? Popper:„Ich behaupte, dass wir ohne einige Anthropomorphismen überhaupt keine Biologiebetreiben können“39. Anthropomorphismen sollten wir als Theorien behandeln, die

37Popper, K. R. 1986/2013, S. 13.38In Popper 1986/2013, S. 13, und passim, zum Beispiel in Popper 1961, Abschn. 1; Popper (2015),Kap. 15.39Popper 1986/2013, S. 14–15.

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richtig oder falsch sein können. Falsch ist zum Beispiel die Rede von ‚natürlicherSelektion‘, wenn wir sie anthropomorphistisch verstehen und glauben, dass in derbiologischen Evolution die Natur an die Stelle des Züchters getreten ist. Darwin tatdas nicht. Ihm war klar, dass ein Züchter schwarze Katzen mit weißen Pfotenzüchten kann, aber die natürliche Auswahl keinerlei Ziele verfolgt. Die ‚natürlicheAuswahl‘ ist ein unerlaubter Anthropomorphismus, weil er uns eine falsche Theorienahelegt.

Dagegen kann man durchaus davon sprechen, dass ein Hund eine Nase hat, auchwenn sie der Menschennase nicht sehr ähnlich sieht. Hinter diesem Anthropomor-phismus steht die richtige Theorie, dass die Nasen von Hund und Mensch ‚homolog‘sind, das heißt, sehr ähnliche Funktionen ausüben. Anthropomorphismen darf mannicht grundsätzlich verbieten, sonst würde man wichtige Theorien ohne weitereErörterung ausschließen.

Poppers relative Anthropomorphismus-Toleranz hat wenig Anklang gefunden.Weiterhin wird in der Biologie darüber gestritten, ob Organismen oder gar Organel-len in der Zelle Ziele verfolgen40, obgleich es nachprüfbar ist, dass wissenschaftlicheErklärungen besser gelingen, wenn man etwa die Niere von ihrem Ziel der Blutrei-nigung her erklärt. Auch die Evolution der Niere ist leichter zu verstehen, wenn wirvon Zielen sprechen, denn nur dann können wir Probleme verstehen, die auf demWege zu diesem perfekt arbeitenden Organ überwunden werden mussten.

Trotzdem scheuen viele Biochemiker davor zurück, so weit zu gehen wie Popper.Sie würden vielleicht noch bei Tieren, aber kaum bei biochemischen Prozessen wieder pflanzlichen Fotosynthese von Zielen sprechen, denn alles beruhe auf chemi-schen Reaktionen. „Die Furcht davor, teleologische [von gr. télos – Ziel, Zweck]Ausdrücke zu benutzen“ schreibt Popper, „erinnert mich an die Scheu der Menschender viktorianischen Zeit, über Sex zu sprechen“41. Von dem großen Evolutionsbio-logen J. B. S. Haldane, den Popper schon mit 35 Jahren auf einer Biologentagung inEngland kennengelernt hatte42, ist das Bonmot überliefert: „Die Teleologie ist fürden Biologen so etwas wie eine heimliche Geliebte, mit der er nicht gerne in derÖffentlichkeit gesehen wird“43. Erst lange nach Poppers Tod hat sich bei einemkleinen Kreis von Biologen diese Scheu gelegt44.

Nichtreduzierbarkeit der Biochemie auf Physik und Chemie

Ziele oder keine Ziele?45 Das Problem der Teleologie hängt eng mit der Frage derReduzierbarkeit von Biologie auf Chemie und Physik zusammen; denn wenn man

40Montefiore, Noble 1989.41Popper 1986/2013, S. 15.42Niemann 2014a, Abschn. 6.43So zitiert ihn Ernst Mayr in: Boston Studies in the Philosophy of Science, Vol. XIV, S. 91–117.44Noble et al. 2014, siehe auch Anm. 23 oben.45Montefiore und Noble 1989.

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beschreiben kann, wie Amöben sich mit Hilfe besonderer Sensoren für Nahrungautomatisch in die Richtung bewegen, die zu Plätzen mit viel Nahrung führten, dannbraucht man nicht zu sagen, die Amöbe verfolge das Ziel, Nahrung zu finden. Diehöhere Funktion ‚Ziele verfolgen‘ ist auf einen biochemischen Mechanismus redu-ziert worden.

Eine ganz andere Einstellung herrscht außerhalb der Forschung. Da schreckt manim Allgemeinen davor zurück, Lebendiges wie Menschen, Tiere oder Pflanzen aufPhysik und Chemie zu reduzieren. Henri Bergson sprach aus, was viele denken:Alles Lebende beruht auf einer besonderen, irreduziblen Lebenskraft, dem Élanvital46.

Materialisten und Marxisten sahen das anders. Und auch die Chemie des Lebens,die Biochemie, versucht, alle Lebensprozesse als reine Chemie darzustellen. DieVererbung beruht auf der Verdopplung eines toten Moleküls, nämlich der DNA, dieman synthetisch herstellen kann. Die Fotosynthese beruht auf der Reaktion derPhotonen des Sonnenlichts mit chemischen Substanzen. Die Atmung aller Tiereberuht auf der chemischen Herstellung von ‚ATP‘ (Adenosintriphosphat) genanntenEnergiepaketen, was einer von Poppers Bewunderern, der Biochemiker und Nobel-preisträger Peter D. Mitchell, in den 1960er-Jahren aufgeklärt hatte. Das ist aner-kannte Wissenschaft mit wunderbaren Ergebnissen. Aber etwas ist falsch daran: Siehat das Leben wegerklärt.

Müssen die Neo-Darwinisten umdenken? Vielen von ihnen war das Umschwen-ken von vitalistischen oder christlichen Positionen auf die darwinistisch-ma-terialistische Sichtweise schwergefallen. Nun hielten sie an dieser fest. 1986, inseiner großen Rede vor der Royal Society, vor Biologen und Biochemikern, vor vierNobelpreisträgern47, wollte Popper sie zum abermaligen Umdenken bewegen. Erforderte sie auf, vor Teleologie und Irreduzierbarkeit nicht die Augen zu verschlie-ßen. Er war jedoch seiner Zeit weit voraus: Es kam es zu einem Streit mit demBiochemiker und Nobelpreisträger Max Perutz, der noch lange nach Poppers Todweiterschwelte. Darüber habe ich an anderer Stelle ausführlich berichtet48.

Offenbar befürchtete man, dass Bergsons Theorie oder der Vitalismus wiederbe-lebt werden sollten. Aber Poppers Plädoyer für das Leben war ganz andersbegründet als bei Bergson und anderen Vitalisten oder gar den Kreationisten. Der„größte Wissenschaftstheoretiker des 20. Jh.“49 stellte zwei Thesen auf, die erwissenschaftstheoretisch verteidigte:

(1) Alles Leben beruht auf Biochemie. (2) Die Biochemie lässt sich nicht aufChemie und Physik reduzieren. Die erste These ist unbestritten, die zweite nicht. Fürletztere spricht aber das rein wissenschaftstheoretische und empirisch nachprüfbare

46Mit dem Élan vital (frz. für ungefähr ‚Lebenskraft‘) kennzeichnet Henri Bergson in L’évolutioncréatrice 1907 die Besonderheit biologischer Lebensprozesse.47Popper 1986/2013; die vier Nobelpreisträger unter Poppers Hörern waren: Peter Medawar, PeterMitchell, Max Perutz und George Porter.48Perutz gegen Popper, in Niemann 2014a, Abschn. 13.49Peter Medawar über Karl Popper, BBC Radio 3, 3. Juli 1972.

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Argument, das bereits in Abschn. „Keine Biologie ohne Anthropomorphismen“angesprochen worden ist: Wenn Theorien, die Ziele, Zwecke oder Funktionenenthalten, eine bessere Erklärung liefern als Theorien, die die fraglichen Dinge aufmolekulare und atomare Prozesse reduzieren, dann sollte man die bessere Erklärungakzeptieren. Denn das Ziel aller Wissenschaften ist, unter allen möglichen Erklä-rungen die beste zu finden, das heißt die, die einfacher ist als alle anderen und diegenauere und besser nachprüfbare Voraussagen macht, um nur die Hauptkriterien zunennen50.

‚Beruhen auf‘ ist etwas anderes als ‚erklären durch‘

Die Reduktion der Biologie auf Chemie und Physik ist an sich etwas Erstrebens-wertes. Überall in der naturwissenschaftlichen Forschung geht es darum, einfachere,umfassendere Gesetze zu finden. Nur gelingen solche Reduktionen nicht zwangs-läufig51. Und wenn sie gelingen, liefern sie nicht unbedingt die bessere Erklärung.Beispielsweise können die Wirkungen eines Tornados, das Dächer-Abdecken undBäume-Entwurzeln, leichter aus Makroeffekten wie Windgeschwindigkeit und Wir-belbildung berechnet und erklärt werden als mit Hilfe des Mikrogeschehens sämtli-cher Trillionen von Luft- und Wassermolekülen, auf deren Dynamik der Tornadotatsächlich beruht. Alle Computer dieser Welt würden dafür nicht ausreichen, undniemand würde das Ergebnis eine befriedigende Erklärung nennen.

Poppers Argument ist noch besser zu verstehen, wenn man sich klar macht, dass‚beruhen auf‘ etwas ganz anderes ist als ‚erklären durch‘52. Der Tornado beruht aufden Mikroeffekten zahlloser Luft- und Wassermoleküle, aber erklärt wird er durchdie Gesetzmäßigkeiten, die zwischen Makroeffekten herrschen.

In diesem Sinne ist es unbefriedigend, die Biochemie mit ihrer Zell- undMolekularbiologie auf Chemie und Physik zu reduzieren und es dabei zu belassen.Auf Chemie und Physik beruht sie ohne Zweifel; aber damit ist noch nicht alleserklärt. In den Formeln fehlt etwas Wichtiges, das hinzugefügt wird, sobald dieBiochemiker das Zellgeschehen erklären: die Ziele oder Zwecke, die die vielenOrganellen der Zelle in einem komplexen Zusammenspiel verfolgen.

Wenn Popper Recht hat,

„dass die Nicht-Reduzierbarkeit der Biologie auf nicht-biologische Wissenschaften, dieimmer wieder behauptet worden ist, auf die Nicht-Reduzierbarkeit der Biochemie aufChemie zurückzuführen ist“53,

50Popper 1963, Kap. 10, Abschn. 3, X.51Popper 1972.52Niemann 2014a, Abschn. 14.53Popper 1986/2013, S. 16–17.

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dann vereinfacht sich die alte, schwierige Diskussion, ob der Mensch einephysikalisch-chemische Maschine ist und unser Denken und Fühlen nicht mehr istals die Aktivität von Neuronen. Denn dann kann man von dem hochkomplexenGeschehen im Innern unseres Gehirns absehen und Poppers einfache Frage disku-tieren, ob schon bei physiologischen Prozessen die Reduktion von Biochemie aufChemie ausreichende Erklärungen liefert oder nicht.

Das Wissen von Zellen, Pflanzen und Tieren

Vertraut mit der Irreduzierbarkeit der Biochemie und dem wohlüberlegten Gebrauchvon Anthropomorphismen, können wir nun auf Poppers gewagte Behauptung„Anpassung ist Wissen“ zurückkommen54. Diese These ist eng mit dem Problemder Ziele verknüpft:

„Das Seltsame ist, dass mit der Anpassung die Teleologie in die Welt kommt. Organismensind Problemlöser, Organismen suchen nach besseren Lebensbedingungen: Das sind allesganz und gar teleologische Ausdrücke. Mit besseren Lebensbedingungen kommen Bewer-tungen ins Spiel, und zweifellos bevorzugen Organismen bestimmte Dinge, sie bewerten sie,und sie mögen dies oder das lieber als etwas anderes. All diese Ausdrücke sind teleologischund natürlich anthropomorphisch, und wir können sie nicht vermeiden“55.

Auch die Rede vom Wissen, das in einer Zelle steckt oder in einem Organell derZelle wie beispielsweise in den Chloroplasten, die ‚wissen‘, wie man Luft, Licht undWasser in Zucker und andere energiereiche Kohlenwasserstoffe umwandelt, auchdiese Rede ist ein erlaubter Anthropomorphismus, weil wir ohne ihn die Biologienicht richtig verstehen können:

„Wie können wir vermeiden, das Wort ‚Wissen‘ auf Tiere und natürlich auch auf Pflanzenanzuwenden? Wie können wir vermeiden zu sagen, dass die Wurzeln eines Baumes nachNahrung, nach Wasser, nach besseren Lebensbedingungen suchen? Wenn wir das zuumgehen versuchen, dann täuschen wir uns selbst und sprechen in einer künstlichenSprache, obgleich es unnötig ist, eine solche einzuführen“.56

Die Unterscheidung von objektivem und subjektivem Wissen

Klarer kann man es kaum sagen, aber das Augenmerk muss trotzdem noch auf einesehr wichtige Unterscheidung gelenkt werden. Popper unterscheidet immer sehrstreng zwischen subjektivem und objektivem Wissen. Das ist eine Leitidee, der er

54Popper 1986/2013 und Popper 1989c.55Popper 1986/2013, S. 15.56Ibid.

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seit seinen frühen Jahren folgt57. Wir dürfen nicht denken, dass die Zelle etwasbewusst weiß. Das wäre subjektives Wissen, so wie wir Menschen es haben, wennwir spüren, dass wir etwas wissen. Die Zelle enthält Wissen in der Weise, wie einBuch Wissen enthält.

Noch eine weitere Unterscheidung ist nötig. Die Zelle enthält Zeichen, die man wiedie Zeichen in einem Buch dechiffrieren muss, um mit dem gespeicherten Wissenetwas anfangen zu können, nämlich jene aus den Buchstaben A, T, G und C gebildetenDNA-Kettenmoleküle58. Und wie beim Buch ein Leser nötig ist, um die 26 Buchstabenzu dechiffrieren, so gibt es auch in der Zelle ein System, das weiß, wie man das mit A,T, G und C digitalisierte Wissen dechiffriert und mit diesem Wissen Proteine produ-ziert. Dieses Wissen ist nicht wie in der DNA digital, sondern in die Zelle eingebautesWissen oder, um den Gegensatz zum digitalen Wissen zu betonen, analoges Wissen.

Die Anthropomorphismen Wissen, Information, Lesen und Übersetzen sind nichtnur erlaubt, sondern machen die Wissenschaft der Zell-Biochemie erst möglich.Obgleich man genau weiß, auf welchen molekularen Vorgängen diese Prozesseberuhen, verwendet man zur Erklärung die Makroprozesse.

Poppers Evolutionäre Erkenntnistheorie

Zwischen Poppers Deutung der menschlichen Erkenntnis und Darwins Deutung derEvolution gibt es eine auffällige Parallele: Bei Darwin sterben die fehlerhaftenIndividuen aus, bei Popper die falschen Theorien. Bei Darwin überlebt, was demLebenskampf, bei Popper, was der Kritik standgehalten hat. Diese Parallele hattePopper schon 1934 in seiner Logik der Forschung gesehen: „Jene Theorie istbevorzugt, die sich im Wettbewerb, in der Auslese der Theorien am besten behaup-tet“59. Offenbar ist ihm diese Parallele seitdem immer klarer geworden, denn in derenglischen Ausgabe von 1959 ist sogar von „natural selection“ die Rede und davon,dass wir unsere Theorien dem „grimmigsten Kampf ums Überleben“ aussetzensollen60. 1961 wiederholt er das in seiner ersten Spencer-Vorlesung61. DonaldT. Campbell prägte für diese Parallele zwischen Darwins natürlicher Selektion undPoppers kritischer Erkenntnismethode den Ausdruck ‚Evolutionäre Erkenntnistheo-rie‘; er wurde schon 1963 von Popper übernommen62. 1970 veröffentlichte Popperdann seine ‚Skizze einer evolutionären Erkenntnistheorie‘63.

57Popper 2012b, Kap. 13, S. 84, und Niemann 2012, Abschn. 3. Poppers letzte große Arbeit dazu inPopper 1989c.58Die Buchstaben stehen für die Nukleinbasen Adenosin, Thymin, Guanin und Cytosin. DNA(‚Desoxyribonukleinsäure‘) ist die von Crick und Watson 1953 aufgeklärte Erbsubstanz.59Popper 1935, Abschn. 30, 6. Aufl. S. 73, 11. Aufl. S. 85.60Popper 1935, „the fiercest struggle for survival“ nur in der englischen Ausgabe, Abschn. 6.61Popper 1961, Abschn. 1.62Campbell 1963, 1974.63Popper 1970a, Abschn. 16; Popper 2015, Abschn. 15.

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Seit den 1970er-Jahren haben auch Konrad Lorenz, Rupert Riedel und GerhardVollmer Versionen der Evolutionären Erkenntnistheorie vertreten. Diesen Autorenging es aber im Unterschied zu Popper darum, das menschliche und animalischeErkenntnisvermögen von der biologischen Evolution her zu erklären, währendPopper (1) umgekehrt die kognitiven Fähigkeiten aller Lebewesen als konsequenteAnwendung der Methode von Versuch und Irrtumsbeseitigung versteht und (2) eineviel umfassendere Theorie entwirft, die ganz allgemein erklärt, warum aus reinlogischen Gründen kein Erkenntnis gewinnendes System auf andere Weise neuesWissen über die Welt gewinnen kann als durch die Logik von Versuch und Irrtums-beseitigung64:

„Es ist die Logik, die Anwendung der Logik auf die Erkenntnissituation (Situationslogik),die uns lehrt, dass die Erkenntnis nur mit der Methode von Versuch und Irrtum arbeitenkann. Also ist die so genannte ‚Evolutionäre Erkenntnistheorie‘ nur eine Anwendung derLogik. Anders gesagt, die Evolution könnte anders gar nicht vorgehen“65.

Anpassung ist nicht das letzte Erklärungsprinzip der Biologie

Die Konsequenzen dieser Popperschen Evolutionären Erkenntnistheorie für dieBiologie sind längst noch nicht ausgelotet, denn sie gilt nicht nur für die Erkenntnis-fähigkeit von Mensch und Affe, nicht nur für menschliche und animalische Gehirne,sondern überall, wo Pflanzen, Bakterien, Archaeen oder die noch unbekanntenFormen vorangegangenen Lebens erstmals etwas Neues über die Umwelt gelernthaben. Poppers Evolutionäre Erkenntnistheorie wirft in diesem Zusammenhangauch neues Licht auf das wichtige ‚Central Dogma of Molecular Biology‘, auf dashier nur verwiesen werden kann66.

Anpassung ist gemäß Poppers Logik des Wissenserwerbs nicht länger das letzteErklärungsprinzip der Biologie. Statt auf die Frage ‚Wie hat das Pfauenauge seineScheinaugen bekommen?‘ zu antworten: ‚Durch Anpassung infolge spezifischenSelektionsdrucks‘, kann man jetzt gezielter fragen: Wie erwerben Tiere, Pflanzen,Einzeller und überhaupt alle Lebewesen lebensnotwendiges Wissen über ihreUmwelt und vor allem über ihre eigenen Lebensprozesse in der Zelle? ObjektivesWissen natürlich, nicht subjektives Wissen. Aus logischen Gründen ist das nur mitHilfe des Frage-und-Antwort-Spiels möglich: durch Versuch und Irrtumsbeseiti-gung. Wer das Leben erklären will, muss aus logischen Gründen danach suchen,in welcher Weise die erste Zelle und ihre Vorgänger das Frage-und-Antwort-Spieldes Wissenserwerbs realisiert haben.

64Popper 1935, Abschn. 6 und 30, und Popper 1972/1995, Kap. 1 und 2.65Karl Popper an Hans Albert in: Morgenstern und Zimmer 2005, Brief Nr. 177, 18. Okt. 1987,S. 261, kursiv von Popper.66Ausführlich diskutiert in Niemann 2014a, Kap. III.

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Poppers Version der Evolutionären Erkenntnistheorie steht in Einklang mit denbekannten darwinistischen Vorstellungen von Variation und Selektion. Neu sindseine Interpretationen von Darwins Theorie im Sinne einer prüfbaren evolutionsbio-logischen Theorie:

• Darwins Anpassung ist kein letztes biologisches Erklärungsprinzip mehr. Anpas-sung kann ihrerseits mit Wissenserwerb erklärt werden67.

• Darwins Variation und Selektion sind keine typisch biologischen Besonderheiten.Wissen, egal wo erworben, kann aus rein logischen Gründen nur auf dem Wegevon Versuch und Irrtumsbeseitigung, also nur durch Variation und Selektion,gewonnen werden.

• Darwins Variation, einst als blinde Mutation verstanden, ist als gezieltes Auspro-bieren von Alternativen bei der Suche nach zutreffendem Wissen über dieUmwelt oder über die Chemie in der Zelle zu verstehen.

• Darwins Selektion bedeutet, dass mangelndes oder falsches Wissen über dieUmwelt mit Nachteilen und weniger Nachkommen verbunden ist. Tiere, derenAugen schlechte Kameras sind, kommen mit ihrer Umwelt schlechter zurecht.Der Mangel an Wissen ist der eigentliche Grund dafür, dass sie, evolutionärgesehen, Nachteile haben und deshalb verdrängt werden.

Poppers Logik der Forschung hat sich in dieser Weise nachträglich als einwichtiger Beitrag zur Biologie erwiesen, weil auch in der Biologie nichts möglichist, was logisch unmöglich ist.

Ein Blick ins Innerste des Lebens

Die Unterscheidung von Information und Wissen

Vor allem bei der Frage, wie erstes Leben entstanden ist, wird Poppers Logik derForschung, die die Logik der Biologie einschließt, relevant, denn auch die erstenVorstufen des Lebens konnten nicht anders, als im Fragespiel von Versuch undIrrtumsbeseitigung Wissen über sich und ihre Umwelt zu gewinnen. Dazu musstensie den entsprechenden Apparat entwickelt haben, um das neu erworbeneWissen alsanaloge Information und von einem späteren Zeitpunkt an auch als digitale Infor-mation bewahren und weitergeben zu können.

Auf die Unterscheidung von Wissen und Information in der Biologie hat Poppernicht genügend hingewiesen68, weil sie für ihn selbstverständlich war: Seine Logikder Forschung und seine Evolutionäre Erkenntnistheorie handeln nicht von Infor-

67Popper 1961, Abschn. 2, gegen Ende. In Poppers Medawar-Vorlesung Popper 1986/2013, S. 11,heißt es: „Ich behaupte, dass Anpassung im Wesentlichen ein Lernprozess durch Versuch undIrrtum ist, der sich über mehrere Generationen hinzieht“.68Sie wird in Niemann 2014a, Abschn. 20, herausgearbeitet.

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mationsübertragung, sondern vom Erwerb neuen Wissens. Wenn wir Bücher lesen,erwerben wir aber Wissen, ohne die Technik von Versuch und Irrtumsbeseitigunganzuwenden. Das Gleiche gilt für Bakterien, wenn sie im so genannten ‚horizontalenGentransfer‘ digitalisierte Information aus Teilen der RNA oder DNA austauschen.Auch für die Vererbung gilt das: Die Verdopplung und Teilung der DNA bedeutetWeitergabe von Information, nicht Neuerwerb von Wissen. Gleichzeitig wird bei derZellteilung auch das eingebaute analoge Wissen dupliziert und an die Tochterzelleweitergegeben. Mit der Unterscheidung von ‚Wissen und Information‘ ist immer dieUnterscheidung von ‚neu erworbenem Wissen und Information‘ gemeint.

Die Evolution des Lebens muss von Anfang an immer mit beidem verbundengewesen sein: mit Poppers Wissen durch Lernen aus dem Irrtum und mit demAustausch von Informationen, die andere Organismen früher einmal via Versuchund Irrtumsbeseitigung gewonnen und gespeichert hatten.

Alles Leben beginnt mit Aktivität und Wissenserwerb

Organismen entwickeln keine Theorien, aber sie haben Erwartungen – objektive,nicht subjektive. Eine Zelle erwartet, dass es in der Welt Luft und Wasser gibt oderim Boden Mineralien. Eine Maus erwartet, dass Verstecke unter der Erde möglichsind. Erwartungen sind Theorien69. Da die Logik in Poppers Logik der Forschungfür den Erwerb neuen Wissens nur die eine Methode zulässt, alternative Theorienoder Erwartungen zu erfinden und an der Wirklichkeit auszuprobieren, kommt einanderes Element zum Vorschein, das ebenfalls neues Licht auf die Evolution und denUrsprung alles Lebens wirft: Aktivität. Aktivität ist nötig, um möglichst vieleAlternativen zu produzieren und dann zu prüfen, welche von ihnen eventuell aufdie Wirklichkeit zutrifft.

Biologische Aktivität ist, im Unterschied zur Aktivität eines Vulkans, immer aufein Ziel gerichtet: auf eine Nahrungsquelle, auf einen wärmeren Ort, auf ein Versteckvor Fressfeinden und so weiter.

„Ich denke, die ersten Anfänge von Aktivität müssen wir schon den niedrigsten Organismenzuschreiben, unseren primitivsten Vorfahren. Aktivität ist Bewegung mit einem Ziel. DasZiel ist vorhanden. Ohne Ziel gibt es keine Anpassung; ohne Ziel gibt es kein Wissen,. . .Aktivität im Sinne der Versuch-und-Irrtum-Bewegungen. . .“70.

Wer sich für die ersten Anfänge des Lebens interessiert, für den Übergang desAnorganischen zum Organischen, muss aus logischen Gründen, die man bei Popper

69Beispiele für Poppers Verwendung von Theorien, Vermutungen und Erwartungen als Synonyme:Popper 2009, Kap. 1, Abschn. V, S. 71; Popper 2012a, Teil II, Abschn. 39, S. 362. „JederOrganismus hat eingebaute Erwartungen“ in Popper 2015, Kap. I, Abschn. 3, S. 45; ähnlich inPopper 2012a, Abschn. 39, S. 365; Popper et al. 1994.70Popper 1986/2013, S. 15.

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nachlesen kann71, überlegen, wie in den einfachsten Systemen beides realisiert wordenist: Aktivität und Wissen, denn ohne Aktivität und Wissen ist kein Leben möglich72.

Wir erben nicht nur die DNA, sondern vor allem die Zelle

Eine der fruchtbarsten biologischen Ideen ist, wie so oft bei Popper, eine Kombina-tion aus scheinbarer Trivialität und unerwarteter Tragweite: Wir erben nicht nur dieGene; wir erben vor allem auch die Zelle73.

Wenn man diesen Gedanken ein wenig weiterdenkt74, ist sofort ganz klar: DieGene des Menschen sind aufgereiht in 46 toten DNA-Molekülen; die Zelle dagegenbesteht aus Trillionen von Molekülen, die zu Mitochondrien, Ribosomen, Membra-nen und anderen Organellen zusammengefügt sind und die gemeinsam den Betriebaufrechterhalten, den wir ‚Leben‘ nennen.

Die Zelle erben wir nur von unserer Mutter, denn alle unsere Körperzellen sindauf bestimmte Aufgaben spezialisierte Kopien der befruchteten Eizelle. UnsereMütter haben die Eizelle mit der darin eingebauten Maschinerie des Lebens jeweilsnur von ihrer Mutter geerbt. Das eigentliche Leben, das aus Wissen und Aktivitätbesteht und daher mit dem großen, toten, ‚DNA‘ genannten Rezeptbuch zur Her-stellung verschiedener Proteine etwas anfangen kann, wird nur über die maternaleLinie weitervererbt. Jeder Mensch ist also mit seinen beiden Großmüttern auf sehrunterschiedliche Weise verwandt. Von beiden erben wir jeweils ein Viertel unsererGene; aber nur von der Großmutter mütterlicherseits erben wir außerdem den Zell-apparat, die gesamte Maschinerie des Lebens, die Aktivität der Zelle und das Wissender Zelle, zum Beispiel auch das Wissen darüber, wie die Informationen der DNAzum Leben erweckt werden75.

Wie beim analogen und digitalem Wissen müssen wir also auch zwischenanaloger und digitaler Vererbung unterscheiden.

Wir schauen mit falschem Blick auf die Gene

„Wir schauen mit falschem Blick auf die Gene“76 schrieb Popper an einen südafrikani-schen Biochemiker in einem Text, dessen Gedanken er lange mit Günter Wächters-häuser diskutiert hatte, und Kopien davon schickte er auch an Peter Mitchell undWilliam Bartley. Aus den in dem Brief von 1989 skizzierten Gedanken entwickelte erbis 1991 und 1992 zwei Vorträge, die er an der Universität von Santander hielt. Sie

71Popper 1935, 2009, Kap. 10.72Siehe dazu auch Niemann 2014a, b, und 2016.73Popper 1989a, S. 135; Popper 1991b, 1992.74Niemann 2014a, Abschn. 25.75Niemann 2014a, Abschn. 25, mit Referenzen auf Poppers Arbeiten.76Popper 1989a, S. 135.

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haben die sprechenden Titel ‚Genetik dort, wo sie hingehört‘77 und ‚Eine Enzym-Theorie der sich selbst korrigierenden Evolution‘78. Popper versuchte zu zeigen, dassdas Genom nicht die führende Rolle spielt, in der Zelle nicht und in der Evolution auchnicht.

Früher als Popper, aber ebenfalls dem Zeitgeist trotzend, hatte die Jahrzehnte langverkannte spätere Nobelpreisträgerin Barbara McClintock dieselbe Ansicht vertre-ten: „Das Genom ist nicht der Diktator der Zelle“79. Die Aktualität von PoppersVorstoß mindert das nicht; denn immer noch erkennen zu wenige Biologen, vonPhilosophen ganz zu schweigen, die Tragweite der neuen Biologie. Heute wird sievon Evolutionsbiologen wie Eva Jablonka80 und Physiologen wie Denis Noble alsRevolution verstanden und weiterverbreitet: „Physiology is rocking the foundationsof evolutionary biology“81, und die Physiologie, die an den Fundamenten derEvolutionsbiologie rüttelt, steht hier für das physiologische Geschehen im Innerenvon Zellen und Organismen. Wie Popper, aber gerüstet mit empirischen Belegen,argumentiert Noble gegen den ‚gene-centred view of natural selection‘ und das‚central dogma of molecular biology‘82. An anderer Stelle habe ich die Geschichteund Bedeutung dieser Entwicklung ausführlicher behandelt83.

Wie viele Biologen war auch Denis Noble erstaunt, als er 2014 in meinem BuchKarl Popper and the Two New Secrets of Life84 entdeckte, welche Vorarbeit KarlPopper dreißig Jahre früher geleistet hatte, und er resümierte:

„Popper trug eine radikal neue, die moderne Synthese im Wesentlichen zurückweisendeInterpretation des Darwinismus vor, derzufolge die Ursache der Kreativität der Evolution dieOrganismen selbst sind und nicht zufällige Mutationen der DNA. Er erklärte, dass der Darwi-nismus gar nicht so falsch, jedoch in bedenklicher Weise unvollständig sei. Er legte auch dar,dass die Biochemie (und daher a fortiori die Physiologie) nicht auf Physik und Chemiereduziert werden können. In dieser Weise sind viele Argumente jener letzten Sonderausgabedes Journal of Physiology schon vor knapp dreißig Jahren vorgebracht worden“85.

77Popper 1991b.78Popper 1992.79McClintock 1983 in ihrer Nobelrede.80Jablonka 1999.81Noble 2013.82Mehr dazu in Noble 2008, 201683Niemann 2014a, Teil III.84Niemann 2014a.85Noble 2014, S. 9; mit ‚Sonderausgabe‘ ist Noble et al. 2014 gemeint.

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Die Evolution als Abenteuer des Geistes

Schöpfungs- und Evolutionstheorien übten schon immer einen großen Einfluss aufunser Weltbild aus. Der Darwinismus mit seinem Zentralbegriff „Kampf umsDasein“86 hat die wirkungsmächtige politische Ideologie des Sozialdarwinismusinspiriert. George Bernard Shaw meinte diesen Sozialdarwinismus, als er rückbli-ckend auf den Ersten Weltkrieg schrieb: Der „Neo-Darwinismus in der Politik hateine europäische Katastrophe von schrecklichem Ausmaß angerichtet“87. Wie wiralle wissen, kam das Schlimmste erst noch: Auch die Lehre vom Untermenschenund der Antisemitismus der folgenden Jahrzehnte stützten sich auf hochgeachtete,aber falsche Darwin-Interpretationen.

Poppers Verbesserungen des Darwinismus könnten eine völlig entgegengesetzteTradition begründen, in der ein anderer Zug der Natur für uns zum Vorbild wird: Ingrauer Urzeit hatte die Materie es einst geschafft, objektives Wissen – natürlichunbewusstes Wissen – über sich selbst zu sammeln und dieses Wissen in Ausein-andersetzung mit der Wirklichkeit ständig zu vergrößern und zu verbessern. In denersten Organismen wuchs es zunächst als analoges Wissen heran. Spätestens seit denEinzellern, von denen wir alle abstammen, wurde das Wissen auch in digitaler Formgespeichert. Es begann ein reger Erfahrungsaustausch zwischen den ‚DNA‘ und‚RNA‘ genannten Bibliotheken dieser Welt. Das Wissen wuchs und wuchs undwurde, außer in DNA und RNA, später auch in Gehirnen festgehalten und inTraditionen weitergegeben, mittels Sprache diskutiert und verbessert und in Büchernund Bibliotheken aufbewahrt zur späteren Wiederentdeckung und Weiterbearbei-tung88. In einer dieser Bibliotheken, in der Karl Popper-Sammlung der UniversitätKlagenfurt, fand ich eine handgeschriebene Notiz, in der Karl Popper vier MilliardenJahre des organischen Lebens zusammenfasst und zugleich die Leitidee für eineZukunft jenseits des Sozialdarwinismus liefert: „So gesehen ist die ganze Evolutionein Abenteuer des Geistes“89.

Danksagung ,KPS A:B‘ steht für Karl Popper-Sammlung, Universitätsbibliothek Klagenfurt,Box A, Folder B. Ich danke Manfred Lube für die Erlaubnis, aus dem Archivmaterial zitieren zudürfen, sowie Nicole Sager und Lydia Zellacher für die Unterstützung bei meiner Archivarbeit.Zitate aus bisher unübersetzten englischen Texten habe ich für diesen Band ins Deutsche übersetzt.

86Im Titel von Darwins Hauptwerk, siehe Anm. 19 oben.87Shaw 1921, Einleitung.88Siehe dazu Poppers Vortrag von 1989 ‚Towards an Evolutionary Theory of Knowledge‘ in Popper1989c.89Popper 1986, Blatt 20.

20 H.-J. Niemann

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