Power over Ethernet Spannung in der Zukunft · Im heutigen Konzept würde dabei aber jedes Gerät...

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KOMMUNIKATION AUTOREN ten 15 W sind nur die Leistung der Einspei- sung (PSE = Power Source Equipment). PoE ist international in der IEEE 802.3.AF standardisiert. PoE ist quasi aus der Not heraus eine in- telligente Spannungsversorgung, da Ge- räte ohne PoE nicht kaputt gehen dürfen, wenn sie an einen PoE-Port gesteckt wer- den. Nur für Geräte, die über PoE versorgt werden können, wird die Spannung auch eingeschaltet. Die Versorgung der Geräte (PD) erfolgt dabei über benutzte (Mode A) oder unbenutzte (Mode B) Aderpaare und kann durch zwei unterschiedliche Geräte- typen erfolgen: Endspan-Geräte (Switche), die in der Lage sind, Endgeräte mit Spannung zu versorgen, kommen bei Neuinstal- lationen und bei Austausch von be- stehenden Komponenten zum Ein- satz. Midspan-Geräte (Separate Einspeise- geräte) lassen sich typischerweise in bereits bestehenden Installationen einsetzen, wenn lediglich die Po Funk- Andreas Huhmann ist Director Strategic Mar- keting der Division Industrial Communicati- ons and Power Networks (ICPN) der HARTING KGaA in Espelkamp. Power over Ethernet (PoE) konfrontiert die Automatisierung mit einer neuen Spannungsversorgung der Endgeräte. Welche Bedeutung PoE für die Automatisierung bekommen wird, steht noch nicht fest. Die Aussagen gehen von einer Ablösung der 24-V-Systemspannung bis hin zu einer Ablehnung von PoE. Über PoE werden im Office-Umfeld in erster Linie Telefone versorgt. Noch exis- tieren, vom Volumen her betrachtet we- nige weitere Anwendungsfelder. Doch PoE hat Zukunft. Denn PoE ist die einzige weltweit normierte Spannungsversor- gung mit einem einheitlichen Steckver- binder, dem RJ45. Diese Eigenschaft ermöglicht im Prinzip diverse Anwendun- gen: Access Points für WLAN, Kameras, Bedienterminals oder ganze Rechner. PoE wird so zu einer universellen System- spannung im Office.Demgegenüber hat sich in der Automatisierung, zumindest in Europa, die 24-V-Spannung als einheit- liche Systemspannung durchgesetzt. Es stellt sich deswegen die Frage, wie die Au- tomatisierung zukünftig das Thema PoE integrieren wird. Was ist PoE? Power over Ethernet ist heute eine Mög- lichkeit, Geräte mit einer maximalen Leis- tung von 12,95 W über die Ethernet- Schnittstelle zu versorgen. Die oft zitier- 46 IEE 11-2008 Oliver Opl ist Product Manager der Division Industrial Communication and Power Net- work (ICPN) der HARTING KGaA in Espelkamp. Power over Ethernet Spannung in der Zukunft PoE versorgt Geräte mit einer maximalen Leistung von 12,95 W. Halle 10, Stand 130 Bildquelle: © Randy McKown Fotolia.com tionalität ergänzt wird, ohne beste- hende Komponenten zu ersetzen. Wichtig ist, dass PoE zur Versorgung von Einzelgeräten in Sterntopologie ent- wickelt wurde. Die Kaskadierung von Geräten in Linientopologien ist nicht vor- gesehen und ist auch aufgrund der limi- tierten Leistung nicht sinnvoll. Theo- retisch wären diese Linien aber denkbar. Im heutigen Konzept würde dabei aber jedes Gerät das nächste Gerät aktiv ma- nagen, quasi ein PSE sein. Ein Ausfall eines Einzelgeräts würde immer zum Abschal- ten des gesamten nachgeschalteten Lini- ensegments führen – eine für die Indus- trie nicht akzeptable Eigenschaft. Auch

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KOMMUNIKATION

� AUTOREN

ten 15 W sind nur die Leistung der Einspei-sung (PSE = Power Source Equipment). PoE ist international in der IEEE 802.3.AF standardisiert. PoE ist quasi aus der Not heraus eine in-telligente Spannungsversorgung, da Ge-räte ohne PoE nicht kaputt gehen dürfen, wenn sie an einen PoE-Port gesteckt wer-den. Nur für Geräte, die über PoE versorgt werden können, wird die Spannung auch eingeschaltet. Die Versorgung der Geräte (PD) erfolgt dabei über benutzte (Mode A) oder unbenutzte (Mode B) Aderpaare und kann durch zwei unterschiedliche Geräte-typen erfolgen: � Endspan-Geräte (Switche), die in der

Lage sind, Endgeräte mit Spannung zu versorgen, kommen bei Neuinstal-lationen und bei Austausch von be-stehenden Komponenten zum Ein-satz.

� Midspan-Geräte (Separate Einspeise-geräte) lassen sich typischerweise in bereits bestehenden Installationen einsetzen, wenn lediglich die Po Funk-

Andreas Huhmann ist Director Strategic Mar-keting der Division Industrial Communicati-ons and Power Networks (ICPN) der HARTING KGaA in Espelkamp.

Power over Ethernet (PoE) konfrontiert die Automatisierung mit einer neuen Spannungsversorgung der Endgeräte. Welche Bedeutung PoE für die Automatisierung bekommen wird, steht noch nicht fest. Die Aussagen gehen von einer Ablösung der 24-V-Systemspannung bis hin zu einer Ablehnung von PoE.

� Über PoE werden im Office-Umfeld in erster Linie Telefone versorgt. Noch exis-tieren, vom Volumen her betrachtet we-nige weitere Anwendungsfelder. Doch PoE hat Zukunft. Denn PoE ist die einzige weltweit normierte Spannungsversor-gung mit einem einheitlichen Steckver-binder, dem RJ45. Diese Eigenschaft ermöglicht im Prinzip diverse Anwendun-gen: Access Points für WLAN, Kameras, Bedienterminals oder ganze Rechner. PoE wird so zu einer universellen System-spannung im Office.Demgegenüber hat sich in der Automatisierung, zumindest in Europa, die 24-V-Spannung als einheit-liche Systemspannung durchgesetzt. Es stellt sich deswegen die Frage, wie die Au-tomatisierung zukünftig das Thema PoE integrieren wird.

Was ist PoE? Power over Ethernet ist heute eine Mög-lichkeit, Geräte mit einer maximalen Leis-tung von 12,95 W über die Ethernet-Schnittstelle zu versorgen. Die oft zitier-

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Oliver Opl ist Product Manager der Division Industrial Communication and Power Net-work (ICPN) der HARTING KGaA in Espelkamp.

Power over Ethernet

Spannung in der Zukunft

PoE versorgt Geräte mit einer maximalen Leistung von 12,95 W.

Halle 10, Stand 130

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tionalität ergänzt wird, ohne beste-hende Komponenten zu ersetzen.

Wichtig ist, dass PoE zur Versorgung von Einzelgeräten in Sterntopologie ent-wickelt wurde. Die Kaskadierung von Geräten in Linientopologien ist nicht vor-gesehen und ist auch aufgrund der limi-tierten Leistung nicht sinnvoll. Theo-retisch wären diese Linien aber denkbar. Im heutigen Konzept würde dabei aber jedes Gerät das nächste Gerät aktiv ma-nagen, quasi ein PSE sein. Ein Ausfall eines Einzelgeräts würde immer zum Abschal-ten des gesamten nachgeschalteten Lini-ensegments führen – eine für die Indus-trie nicht akzeptable Eigenschaft. Auch

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matisierung mit der 24-V-Systemspan-nung kennt diese Probleme heute nicht.

Ist PoE normkonform einsetzbar? Primär war zu klären, ob PoE als Schutz-Kleinspannung nach SELV (Safety Extra Low Voltage, früher Schutzkleinspan-nung) anzusehen ist, sodass Maschinen mit PoE die Maschinenrichtlinie erfüllen können. Die IEEE 802.3.AF bringt explizit zum Ausdruck, dass ein PSE-Gerät nur SELV-Spannung ins Netzwerk einbringt. Damit ist die Normenaussage eindeutig und referiert zusätzlich auf alle Isolati-onsanforderungen der IEC 60950-1:2001. Betrachtet man die momentane Verunsi-cherung im Markt, so ist diese Aussage ganz entscheidend, denn es gibt Gerüch-te über PoE-Spannungen von 72 V. Die PoE-Spannung wird aber zwischen 36 und 57 V geregelt.

Ist die Verkabelung gerüstet? Die Frage nach der technisch passenden Verkabelung ist nur für konkrete Systeme zu beantworten. Profinet soll hier als Bei-spiel dienen. Die Profinet-Verkabelung ist zweipaarig mit Cat.5-Komponenten aus-gelegt. Durch die zweipaarige Verkabe-lung ist vorgegeben, dass nur eine Versor-gung über die Datenaderpaare in Frage kommt (Mode A).

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� KOMPAKT

Power over Ethernet (PoE) eignet sich für einzelne, kleinere Funktionseinheiten wie Kameras, RFID-Reader oder Access Points in Sterntopologie. Der Vorteil vom Einsatz von PoE bei Feldgeräten ist der Wegfall aufwändiger Verkabelung. Für größere Einheiten bietet die Technologie mit 12,95 W nicht genug Leistung. Der-zeit wird deswegen an der Erweiterung PoE Plus mit 30 W gearbeitet.

Vergleich zwischen Sterntopologie mit Anschluss der PD-Geräte direkt am PSE (12,95 W pro Ge-rät möglich) und Linientopologie mit Kaskadierung der PD-Geräte (12,95 W kumulierter Ver-brauch aller Geräte)

sind noch keine Redundanzkonzepte wie die Ringredundanz angedacht. Im Office-Umfeld steigert PoE die Verfüg-barkeit von Geräten, da die einzige mo-mentane Alternative die Versorgung von Geräten über separate Netzteile ist, die über landestypische Steckdosen ange-schlossen sind. Gerade in Bezug auf die Telefonie ist eine gemanagte Versorgung über die Datenleitungen klar im Vorteil. So kann beispielsweise der Einsatz einer zentralen unterbrechungsfreien Strom-versorgung die Ausfallsicherheit der an-geschlossenen Geräte erhöhen. Diese Verfügbarkeitsvorteile sind aber in erster Linie im Office relevant. Die Auto-

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Die Arbeitsgruppe Passive Network Com-ponents der Profibus Nutzerorganisation hat außerdem die durch PoE verursachte Erwärmung der Kabel bestimmt. Für PoE mit 4 x 350 mA ergibt sich eine Tempera-turerhöhung von 2 K, bei vollständig iso-lierter Verlegung eine von 5,3 K. Vergli-chen mit üblichen Office-Kabeln sind das gute Werte. Ursache ist der hohe Ader-querschnitt der geschirmten Kabel mit ei-nem AWG (American Wire Gauge) von 22. Dieser führt neben geringer Dämpfung auch zu gutem Verhalten bei der Strom-belastbarkeit. Auch die für Profinet-spezi-fizierten Steckverbinder sind für diese Ströme geeignet. Damit existieren in einer Profinet-Installation keine Ein-schränkungen in der Verwendung von PoE.

Welche Applikationen eignen sich für PoE? Das Spektrum der Applikationen ist durch die limitierte Leistung eingeschränkt. Heute macht es erst einmal nur Sinn, Ge-räte mit einer Leistung von kleiner als 13 W über PoE anzuschließen. Das sind In-dustriekameras, kleine Anzeigeelemente, oder auch intelligente Sensoren – aber eben nicht große dezentrale Module, wie I/O-Module mit Steuerungsaufgaben. Auch einfache I/O-Boxen kommen nicht in Frage, denn diese verteilen auf mehrere Ventile. Damit stehen hier zwei Eigen-schaften in einem ungünstigen Verhält-nis. Wo Ethernet eher zum Anschluss komplexer, intelligenter Einheiten zum Einsatz kommt, bietet PoE nur für einzel-

ne, kleinere Funktionseinheiten in Stern-topologie ausreichend Leistung. PoE ist aber nicht mit einer Technologie wie I/O-Link vergleichbar, da sowohl bei der Einspeisung als auch am Gerät eine kos-tenaufwändigere Implementierung not-wendig ist. Damit PoE universeller zum Einsatz kommen kann, fehlt schlicht und einfach die Leistung. Das Problem ist auch im Office bekannt, und deswegen wird derzeit an PoE Plus mit 30 W (IEEE 802.3 at) gearbeitet.

Wird sich PoE in der Industrie durchsetzen? PoE wird mittelfristig die heutige 24-V-Systemspannung nicht ablösen. Vielmehr ist und bleibt PoE der Spezialist für Feldgeräte. Zumeist sind hier die Vor-teile im Wegfall der aufwändigen zusätz-lichen Verkabelung zu finden. Aber viel-fach kommen auch Geräte zum Einsatz, die nicht primär für die Automatisierung entwickelt wurden, wie Kameras, RFID-Reader oder Access Points. Bei diesen Ge-räten, die entweder über ein Netzteil oder über PoE angeschlossen werden, ist PoE die industrietauglichere Alternative. Denn die PoE-Spannung wird im Schalt-schrank erzeugt und steht an den einzel-nen Ports des Industrie-Switches zur Ver-fügung.

HMIs und Kameras gehören zu den Geräten, die über PoE angeschlossen werden können.

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www.iee-online.de � Link zum Unternehmen � Link zu einer Informationsseite zu PoE � Link zum PoE-Standard

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