Alternative Heilverfahren Versprechen und Realität

Bernd Mayer

Pharmakologie und Toxikologie

Karl-Franzens Universität Graz, Österreich

Therapie der IC (Quelle: www.ica-austria.at)

Schmerztherapie (Analgetika)

Blaseninstillation (v.a. GAG)

Botulinumtoxin

Neuromodulation

Zysektomie (ultima ratio)

"Je größer der Leidensdruck, desto leichtgläubiger und zahlungswilliger

sind die Patienten." (Eva S. Bernauer, Vier Frauen und ein Scharlatan, Alibri 2014, Seite 172)

Homöopathie

"Physiotherapie" (hat nichts mit Physiotherapie im Sinne von Krankengymnastik zu tun)

Elektrostimulation, Magnetfeldtherapie, Fußreflexzonenmassage, Kinesiologie,

Craniosacral-Therapie, Bioresonanz, "organferne" Osteopathie, Aromatherapie,

mentalenenergetische Verfahren u.a.

Pseudowissenschaftliche ("alternative") Therapien:

Ernährung, Selbsthilfetechniken, Öle und Essenzen u.a.

Palliative Maßnahmen:

Hypothese (präzise formuliert, widerlegbar, mit Hintergrundwissen verknüpft)

Test durch Experiment und intersubjektiv prüfbare Beobachtung

Problem/Frage

Interpretation (neue Gesetze und Theorien)

Bestätigung Widerlegung

Die Wissenschaftliche Methode (nach K. Popper)

Anomalien

(widersprechende Beobachtungen, Phänomene, die sich der Erklärung widersetzen)

Alles Wissen ist unsicher, ist also alles möglich?

Beispiele für sehr, sehr gut bestätigte Gesetze:

Gravitation

Energieerhaltung

Massenwirkung

Widerlegung wäre ein "Wunder" (grundlegende Revision der Naturwissenschaften).

"Extraordinary claims require extraordinary evidence."

Carl Sagan, 1980

"A wise man proportions his belief to the evidence."

David Hume, 1748

"Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als Eure Schulweisheit

sich träumen lässt." Hamlet, William Shakespeare

Die Mutter aller Totschlagargumente:

Die wissenschaftliche Methode in der Medizin

Placebo-kontrollierte Interventionsstudien (experimentelle Studien)

Es gibt wirksame und unwirksame Heilverfahren. Die Wirksamkeit kann nur mit

etablierten wissenschaftlichen Methoden ermittelt werden. Wirksame Verfahren sind

Teil der sogenannten "Schulmedizin".

prospektiv Studiendesign und v.a. die interessierenden Endpoints werden vor Beginn der Studie festgelegt

doppelblind weder Arzt noch Proband kennen die Zuordnung zu Placebo und Verum

randomisiert die Zuordnung der Probanden zu Placebo und Verum erfolgt zufällig

Studien, die diesen Kriterien nicht genügen, sind wertlos!

Gründe für die Ablehnung "wissenschaftlicher" Medizin

Wissenschaftsfeindliche Ideologie Wissenschaft und "Voodoo" werden als gleichberechtigte Quellen der Erkenntnis betrachtet. Man

"glaubt" eben nicht an Wissenschaft (tut das aber im täglichen Leben sehr wohl).

Chemie (synthetisches Arnzneimittel) ist giftig und böse, Grün ist gesund und gut.

Wissenschaftliche Medizin ist reduktionistisch (Apparatemedizin, keine Berücksichtigung von

persönlichen Problemen, Nöten und Gefühlen der Patienten).

Die Schulmedizin hat versagt (unheilbare Krankheiten, unbekannte Ursache usw.).

Priorität persönlicher Erfahrungen von Patienten und Ärzten (Anekdoten)

Die Unwirksamkeit einer bestimmten Therapie ist nicht bewiesen.

Individuelle, ganzheitliche Therapien können nicht wissenschaftlich geprüft werden.

Pseudowissenschaft (griech. ψεύδω, pseudo, „ich täusche vor“) ist ein Begriff

für Behauptungen, Theorien und Praktiken, die beanspruchen, Wissenschaft

zu sein, aber Ansprüche an Wissenschaften nicht erfüllen. http://de.wikipedia.org/wiki/Pseudowissenschaft

Pseudowissenschaften "tun so als ob".

gegen Widerlegung immunisiert (nicht falsifizierbar im Popper'schen Sinn)

anachronistisches Denken (Beharren auf längst widerlegten Theorien)

Berufung auf Dogmen (Galen, Paracelsus, Hahnemann, uraltes Wissen aus China usw.)

Suche nach Geheimnissen (neue Strahlen, Energieformen, Informationsübertragung usw.)

selektive Beweisaufnahme (Zitierung von Bestätigungen, Ignorieren von Widerlegungen)

Missachtung von Naturgesetzen (Energieerhaltung, Massenwirkung u. a.)

Missbrauch wissenschaftlicher Termini (Energie, Information, Quanten, nicht

nachweisbare Strahlen, Felder oder Schwingungen)

Verweigerung der Revision (Unveränderlichkeit gilt als Qualitätskriterium)

Charakteristische Merkmale von Pseudowissenschaften

Homöopathie – Potenzierter Humbug

Samuel Hahnemann

(1755-1843) Daguerrotypie, 30. 9. 1841

Homöopathie: hómoios (ähnlich) páthos (Leid)

Simile Prinzip

Jedes wirksame Arzneimittel erregt im menschlichen Körper eine Art von eigner

Krankheit, eine desto eigenthümlichere, ausgezeichnetere und heftigere Krankheit, je

wirksamer die Arznei ist. Man ahme der Natur nach, welche zuweilen eine

chronische Krankheit durch eine andre hinzukommende heilt und wende in der zu

heilenden (vorzüglich chronischen) Krankheit dasjenige Arzneimittel an, welches eine

andre, möglichst ähnliche, künstliche Krankheit zu erregen im Stande ist und jene

wird geheilet werden; Similia similibus. Hahnemann, 1796

Evidenz: Selbstversuche von Hahnemann mit Chinarinde (Allergie?)

Potenzierung

Unter Potenzierung ist die starke Verdünnung bei gleichzeitiger „Dynamisierung“

(Verschüttelung oder Verreibung) zu verstehen. Die Mittel werden durch

stufenweise durchgeführtes Potenzieren aus „Urtinkturen“ pflanzlichen und

tierischen Ursprungs und aus Verdünnungsmitteln wie Ethanol, destilliertem

Wasser, Glycerin und Milchzucker hergestellt.

Hahnemann: Verdünnung zur Verminderung der Toxizität der Arzneien

Potenzierung (Dynamisation)

Eine Verdünnung von 1 zu 1030 entspricht dem Verhältnis eines Wassertropfens auf das 50-fache

des Erdvolumens. 27.000 Tonnen Alymphon enthalten ein Schwefelatom. Berechnung in: Kamke & Walcher, Physik für Mediziner, Springer 1994

Wieviel Stoff enthalten homöopathische Präparate?

Beispiel: Alymphon® (homöopathisches Komplexmittel, enthält u.a. Sulphur D30)

Indikation: Funktionsschwächen und Anfälligkeiten lymphatischen Ursprungs

Köhler, Lehrbuch der Homöopathie, Hippokrates 1988, S. 146:

"Nebenbei: Das Problem ist nach unserem bisherigen Wissen sicher nicht mit Methoden

naturwissenschaftlich-materialistischer Forschung zu bewältigen. Die Physik der neuesten Zeit hat

den alten Materiebegriff bereits überwunden und wird nach aller Voraussicht den Energieprozess der

Potenzierung klären können."

C200: < 1 Molekül im Volumen des sichtbaren Universums

Wenn in dem Fläschchen homöopathischen Medikaments das enthalten wäre, was auf dem Etikett

draufsteht, dann dürfte das, was auf dem Etikett draufsteht, nicht drin sein. Aust, N., In Sachen Homöopathie (Kindle Ed. 2013)

Drei Erklärungsmodelle für die Wirkung von Hochpotenzen

Gedächtnis des Wassers

Wirkung durch Informationsübertragung ("Frequenzen")

Patient, Therapeut und Arznei sind quantenphysikalisch verschränkt (alle drei sind allerdings keine subatomaren Teilchen)

Das Gedächtnis des Wassers

Junk-Wasser in Google: (Hits am 10. April 2015)

+ rechtsdrehend: 24.500

+ linksdrehend: 20.900

+ belebt: 529.000

+ magnetisiert: 288.000

+ energetisch: 415.000

+ Gedächtnis: 656.000

+ Mysterium: 216.000

Sven Sommer, Homöopathie. Warum und wie sie wirkt. Mankau, 2011 (S. 122f)

Wasser scheint nicht alleine den Newtonschen Gesetzmäßigkeiten zu gehorchen, sondern dürfte auf

Molekularebene auch durch Quantenelektrodynamik beeinflusst werden. Die groben physikalischen

Gesetzmäßigkeiten nach Newton erfahren hier offensichtlich ihre Ergänzung durch die Theorien

Einsteins, die Interaktionen zwischen subatomaren Kräften und Feldphänomenen aufzeigen.

EUR 14,95.-

Das Wasser-Gedächtnis: Cluster-Bildung

Sven Sommer, Homöopathie. Warum und wie sie wirkt. Mankau, 2011 (S. 124-127)

Hydratisierung von Ionen und Wassercluster – die Realität

Dynamik der Wasserstoffbrückenbindung: Halbwertszeit in flüssigem Wasser: 10-12 s

(1 Billion Austausche/Sekunde)

Wasser hat in der Tat ein Gedächtnis, allerdings nur ein Ultrakurzzeit-

gedächtnis für etwa 1 ps (= 1 Billionstel einer Sekunde).

Hömöopathie heilt mit heilsamen Frequenzen

Sven Sommer, Homöopathie. Warum und wie sie wirkt. Mankau, 2011 (S. 148-149)

Zellbiologie der Typ-I Allergie

"It is not possible to provide evidence-based recommendations for homeopathy in the

treatment of allergic rhinitis."

Passalaqua et al., Journal of Allergy and Clinical Immunology, 2006

"Our analysis of published literature on homeopathy found insufficient evidence to

support clinical efficacy of homeopathic therapy in cancer care."

Milazzo et al., European Journal of Cancer, 2006

"There is not enough evidence to reliably assess the possible role of homeopathy in

asthma."

McCarney et al., Cochrane Database of Systematic Reviews, 2004

Neuere Metaanalysen (2004 – 2010)

"None of the CAM studies show evidence of efficacy in depression."

Thachil et al., Journal of Affective Disorders, 2007

"Current evidence does not support a preventative effect of Oscillococcinum-like

homeopathic medicines in influenza and influenza-like syndromes."

Vickers & Smith, Cochrane Database of Systematic Reviews, 2006

Asthma

Krebs

Heuschnupfen

Grippale Infekte

Depressionen

"There is no convincing evidence for the efficacy of homeopathic medicines for other

adverse effects of cancer treatments."

Kassab et al., Cochrane Database of Systematic Reviews, 2009

"Conclusions: The findings of currently available Cochrane reviews of studies of

homeopathy do not show that homeopathic medicines have effects beyond

placebo."

Ernst, E., Medical Journal of Australia, 2010

"The forms of homeopathy evaluated to date do not suggest significant treatment

effects for the global symptoms, core symptoms of inattention, hyperactivity or

impulsivity, or related outcomes such as anxiety in Attention Deficit/Hyperactivity

Disorder."

Coulter & Dean, Cochrane Database of Systematic Reviews, 2007

"The evidence from rigorous clinical trials of any type of therapeutic or preventive

intervention testing homeopathy for childhood and adolescence ailments is not

convincing enough for recommendations in any condition."

Altunc et al., Mayo Clinic Proceedings, 2007

Neuere Metaanalysen (2004 – 2010)

Kinderkrankheiten

ADHS

Krebs

Summe

Pseudomedizin – Ja oder Nein?

Verweisen die Vertreter auf eine Autorität (einen Guru)?

Verweisen die Vertreter auf Jahrhunderte (oder gar Jahrtausende) altes Wissen?

Findet man ein Verfahren zwar im WWW aber nicht in anerkannten Fachzeitschriften?

Sind die zu Therapieziele gar nicht oder nur schwammig formuliert?

Sind die Behauptungen (prinzipiell) nicht widerlegbar?

Ist das therapeutische Prinzip einfach und für "jedermann" verständlich?

Widerspricht die Behauptung den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft?

Kritisieren die Vertreter den naturwissenschaftlich-materialistischen Ansatz der modernen

Wissenschaften?

Werden zur Erklärung die Wörter Energie, Schwingung, Felder, Regelkreis, Information,

oder Quanten, ggf. mit den Beiwörtern "positiv" oder "negativ" benutzt?

"Science is a candle in the darkness of a demon-haunted world."

Carl Sagan (1934 – 1996)