Praktikum zur Vorlesung Einführung in die Geophysik ...

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Praktikum zur Vorlesung Einführung in die Geophysik Hinweise zum Praktikum: Messunsicherheit und Fehlerrechnung Stefan Wenk, Prof. Thomas Bohlen TU Bergakademie Freiberg Institut für Geophysik www.geophysik.tu- freiberg.de/pages/studenten/praktika/nebenfaechlerpraktikum.htm 10. April 2008

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Praktikum zur VorlesungEinführung in die Geophysik

Hinweise zum Praktikum: Messunsicherheit und Fehlerrechnung

Stefan Wenk, Prof. Thomas Bohlen

TU Bergakademie FreibergInstitut für Geophysik

www.geophysik.tu-freiberg.de/pages/studenten/praktika/nebenfaechlerpraktikum.htm

10. April 2008

Inhalt

ÜberblickEinleitungFehleranteile

FehlertheorieFehlerabschätzungStatistische Fehlertheorie

FehlerfortpflanzungLineare FehlerfortpflanzungFehlerfortpflanzung nach GaußGemischte Anwendung

BeispielMessung der Schallgeschwindigkeit

Inhalt Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung1

Überblick

Überblick Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung2

Einleitung

"Eine Messung ohne Genauigkeitsangabe ist wertlos"

Wir werden bei jeder Messung Fehler machen. Wir müssen lernen:I Fehler einzelner Größen einzuschätzen → Mittelwert,

StandardabweichungI Fehler des Resultats einzuschätzen → Fehlerfortpflanzung

Überblick Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung3

Fehleranteile

Hier von Bedeutung:zeitlich konstante Fehler mit dem Schwerpunkt → zufällige Fehler

Überblick Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung4

Fehleranteile

a) Grobe Fehler:I Verwechslung von Skalen → "falsch" gemessen

b) Systematische FehlerI Fehlanzeigen wegen schlechter EichungI Alterung der MessgeräteI Veränderung durch die MessungI äussere Einflüsse (Luft, Temperatur), ...

c) zufällige Fehler:I haben statistischen CharakterI Schwankung nach oben und untenI z. B. Abelese-Ungenauigkeit → "Rauschen"

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Fehlertheorie

Fehlertheorie Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung6

Fehlertheorie

ZielBestimmung geeigneter Näherungswerte undUnsicherheitsintervalle für die gemessenen Größen

I Messergebnis: x = x ±∆xx . . . Näherungswert an "wahren Wert"∆x . . . Unsicherheitsintervall

Fehlertheorie Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung7

Fehlerabschätzung

FehlerabschätzungI bei EinzelmessungI kennzeichnet die mögliche Abweichung vom "wahren Wert"

Man bestimmt die maximal mögliche Abweichung des Messwertesvom wahren Wert: "Größtfehler ∆x"Beispiel: LängenmessungMessung einer Länge → Ablesefehler , der Hälfte des Abstandesder Teilungsstriche

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Statistische FehlertheorieHäufigkeitsverteilung

I bei Mehrfachmessung einer Größe x (n-mal) → StichprobeI Klassenverteilung ergibt sich

Die relative Häufigkeit der Messwerte jeder Klasse aufgetragengegenüber dem Messwert-Bereich ergibt i.d.R. Folgendes:

ω(xk) . . . relative Häufigkeit der Klasse k

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Statistische FehlertheorieI Näherungen bei n Messungen:

Mittelwert (Näherung an den wahren Wert)

x = 1n

n∑k=1

xk

Standardabweichung vom Messwert xk

sx =√

1n−1

n∑k=1

(xk − x)2

Standardabweichung vom Mittelwert µ

sx =√

1n(n−1)

n∑k=1

(xk − x)2 = sx√n

Fehlertheorie Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung10

Statistische Fehlertheorie

WahrscheinlichkeitsverteilungI bei Mehrfachmessung einer Größe x (∞-mal)I Klasseneinteilung feinerI Annäherung an Glockenkurve

Gauß’sche Normalverteilungf (x) = 1

σ√

2πexp(− (x−µ)2

2σ2

)µ . . . Erwartungswert 6= Mittelwert

(wahrscheinlichste Abschätzung des "wahren Wertes")σ . . . Standardabweichung vom Erwartungswert

Fehlertheorie Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung11

Statistische FehlertheorieGauß’sche Normalverteilung

Intervalle[µ− σ, µ+ σ]: 68% aller Messwerte[µ− 2σ, µ+ 2σ]: 95% aller Messwerte[µ− 3σ, µ+ 3σ]: 99.7% aller Messwerte

Fehlertheorie Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung12

Statistische FehlertheorieStudents t-Verteilung

I bei Mehrfachmessung einer Größe x (n-mal)I ist eine Funktion der gewünschten statistischen Sicherheit P

(Vertrauensniveau in %) und des Stichprobenumfanges n

n 70% 95% 99%2 1.39 4.3 9.94 1.19 2.8 4.65 1.16 2.6 4.010 1.09 2.2 3.2100 1.04 2.0 2.6

I Messunsicherheit: ∆x = t · sxI Angabe experimentell ermittelter Größen: x = x ±∆x

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Statistische Fehlertheorie

Beispiel: SchwingungsdauerbestimmungWir messen die Schwingungsdauer eines Pendels mit der StoppuhrT = [2.6, 2.3, 2.5, 2.3, 2.6, 2.4, 2.2, 2.3, 2.4, 2.5, 2.6, 2.8] s

I Mittelwert:T = 1

n

n∑i=1

Ti = 2.48s

I Messunsicherheit (n = 12, P = 95%):

∆T = t ·√

1n(n−1)

n∑i=1

(Ti − T

)2 = 2.18 · 0.17s = 0.37s

I Ergbenis der Messung:T = T ±∆T = 2.48s ± 0.37s

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Fehlerfortpflanzung

Fehlerfortpflanzung Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung15

Fehlerfortpflanzung

I Problem: Bestimmung des Fehlers abgeleiteter Größenf = f (x, y)

Beispiel: Geschwindigkeitmessungv = s

tWeg s als auch Zeit t sind fehlerbehaftet

I Wie groß ist der Gesamtfehler in v?

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Lineare Fehlerfortpflanzung

Die lineare Fehlerfortpflanzung wird benutzt, wenn die eingehendenEinzelfehler durch Fehlerabschätzung (siehe oben) ermitteltwurden, d.h. bei Einzelmessungen.Sie liefert einen Größtfehler der abgeleiteten Größe.

Taylorreihenentwicklung von ff (x + ∆x, y + ∆y) = f (x, y) + ∂f

∂x ∆x + ∂f∂y ∆y + . . .

= f + ∆f(Vernachlässigung von Termen höherer Ordnung)

Da sich Fehler immer addieren, werden Betragsstriche eingeführt:

Größtfehler von f∆f =

∣∣∣ ∂f∂x

∣∣∣∆x +∣∣∣ ∂f∂y

∣∣∣∆y

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Fehlerfortpflanzung nach Gauß

Die Fehlerfortpflanzung nach Gauß basiert auf statistischenÜberlegungen und ist bei Wiederholungsmessungen anzuwenden

I Gegeben: Funktionaler Zusammenhang f = f (x, y)I Für die Größen (x, y) wurden Wiederholungsmessungen

durchgeführt

Allgemeinx = x ±∆xy = y ±∆yx, y . . . Mittelwert∆x,∆y . . . Messunsicherheit

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Fehlerfortpflanzung nach Gauß

I Die Gesuchte Größe ergibt sich aus den gemessenenMittelwerten: f = f (x, y)

I Voraussetzung: Stichprobenumfang für x und y gleich

Standardabweichung von f

sf =√(

∂f∂x sx

)2+(∂f∂y sy

)2

Messunsicherheit von f∆f = t · sf

I Ergebnis der Messung: f = f ±∆f

Fehlerfortpflanzung Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung19

Gemischte AnwendungKombiniertes ProblemDer Fehler einmalig gemessener Größen wird abgeschätzt(Größtfehler) und der Fehler anderer Größen wird durchWiederholungsmessungen ermittelt (Standardabweichung desMittelwertes).

Für f = f (x, y, z) kann man in der Praxis folgendermaßenvorgehen:1. Entweder Anwendung der linearen Fehlerfortpflanzung, oder2. gemischte Anwendung, d.h. z. B. Fehlerfortpflanzung nach

Gauß für die durch Wiederholungsmessungen bestimmtenVariablen x und y sowie lineare Fehlerfortpflanzung für dieeinmalig gemessene Größe z∆f = t · sf︸ ︷︷ ︸

Gauβ

+∣∣∣∣∂f∂z

∣∣∣∣∆z︸ ︷︷ ︸Linear

Fehlerfortpflanzung Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung20

Beispiel

Beispiel Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung21

Messung der Schallgeschwindigkeit

I Ansatz:v = s

tI Wiederholungsmessungen der Laufzeit:

t = t ±∆t = 0.65s ± 0.05sI Einzelmessung:

s = s ±∆s = 220m ± 2mI Anwendung der linearen Fehlerfortpflanzung:

∆v =∣∣∂v∂t∣∣∆t +

∣∣∂v∂s∣∣∆s

I Berechnung partieller Ableitungen:∂v∂s = 1

t∂v∂t = − s

t2

Beispiel Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung22

Messung der SchallgeschwindigkeitI Größtfehler von v:

∆v =∣∣ 1

t

∣∣∆s +∣∣− s

t2

∣∣∆t

=∣∣∣ 1

0,65s

∣∣∣ 2m +∣∣− 220m

0.652s2

∣∣ 0.05s

= 3.08ms + 26.04m

s= 29.12m

s

BeachteFehler durch ungenaue Zeitmessung > Streckenfehler

I Angabe des Messwertes:v = s

t ±∆v = 338 ms ± 29 m

s= (338± 29)m

s= 338 m

s ± 8.6%

Beispiel Großes Geophysik-Praktikum10/04/2008 Fehlerrechnung23

Zum Nachschlagen. . .

D. Geschke Physikalisches Praktikum. 1992, B.G.TeubnerVerlagsgesellschaft, Stuttgart-Leipzig

E. Hering Physik für Ingenieure. 1989, Verlag des VereinsDeutscher Ingenieure, Düsseldorf

TU Freiberg Arbeitsunterlagen Experimentalphysik-Praktikum.www.tu-freiberg.de/∼exphys/education/prakg/Arbeitsunterlagen.htm

Uni Saarland Web-Rechner für t-Verteilung.psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2004/268/html/surfstat/t.htm

M. Afanasjew LATEX-Vorlage.www.mathe.tu-freiberg.de/∼afanasjew/talk-template-r1.tar.gz

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