Predigt über Kohelet 7,13-18 - franzoesische- · PDF fileDiese Einsicht macht den...

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Septuagesimae 5. Februar 2012 Pfarrer Dr. J. Kaiser Französische Friedrichstadtkirche 1 Predigt über Kohelet 7,13-18 Liebe Gemeinde, im Jahre 1759 wird vor der Sorbonne in Paris ein kleines Büchlein verbrannt. Die kirchliche Zensur entdeckte darin ketzerische Aussagen, gottlose Behauptungen, schädliche Ansichten, die Moral zersetzende Sentenzen. Es waren Sätze wie diese: Besser ein guter Ruf als ein guter Geruch - und besser der Tag des Todes als der Tag der Geburt. Besser, in ein Haus zu gehen, wo man trauert, als in ein Haus zu gehen, wo man feiert; … Besser verdrießlich sein als lachen, denn bei trauriger Miene geht es dem Herzen gut. (Koh 7,1-3) Windhauch ist alles, was auf Erden geschieht: Es gibt Gerechte, denen es ergeht, als hätten sie gehandelt wie Frevler, und es gibt Frevler, denen es ergeht, als hätten sie gehandelt wie Gerechte. Ich dachte: Auch dies ist Windhauch. Solche und ähnlich Sätze standen in dem Büchlein, das man verbrannte. Es war voller an- stößiger Behauptungen. Oder soll man sagen: … voller anstößiger Wahrheiten? Was ist Wahrheit? Ist Wahrheit, dass nicht sein kann, was nicht sein darf? Das Büchlein war ein Angriff auf die Wahrheit und die Moral. Es war ein Angriff auf die alte Ehe von Wahrheit und Moral. Es kann nicht sein, was nicht sein darf! Hier drängte eine junge Nebenbuhlerin mit dem kecken Odeur der Aufklärung in eine bewährte Allianz und fragte wie einst die Schlange: Sollte denn wirklich Gott gesagt haben, dass sich im Sollen das Sein ab- bildet, dass die Welt der Gebote die Ordnung der Welt darstellt und dass der, der sich an die Weisungen des Herrn hält, auch ein weiser Mensch ist? Wer dieses Büchlein liest, wird un- weigerlich vor solche erschütternden Fragen stehen. Der Autor der Büchleins war ein gewisser François Marie Arouet, hinter dem sich niemand anderes als Voltaire verbarg. Gut möglich, dass die kirchlichen Behörden und die Sorbonne ahnten, welch Geist hinter dem Pseudonym steckte. Was die Hüter von Wahrheit und Moral aber übersahen, war, dass hinter der Schrift Voltaires nichts anderes steckte als eine französische Übersetzung des jüdischem Buches Kohelet, also die Übersetzung einer Schrift der hebräischen Bibel. Was die Theologen verbrennen ließen, war mithin ein Teil ihrer eigenen christlichen Bibel. Dieses Büchlein ist heute noch so anstößig, unorthodox und ketzerisch wie seit jeher. Mögen damals Feststellungen wie die, dass es dem Gottlosen und Frevler oft besser ergeht als dem Gerechten, der sich an Gottes Weisungen hält, anstößig gewesen sein, so sind es heute eher Aussagen wie die, wonach Trauern besser sei als Lachen. Mag in früheren Zeiten mehr der Zweifel am Sinn von Moral ein Skandal gewesen sein, so heute eher die tiefe Skepsis, von der das Buch Kohelet durchdrungen ist. Nicht, dass Kohelet ein Zweifler ist, stört heute, sondern dass er ein Skeptiker ist, einer, der das positive Denken verweigert. Kohelet, der Skeptiker und Miesepeter, scheint auch heute noch ungenießbar, wenn auch aus anderen Gründen. Kohelet heißt der Versammler. Luther hat das mit „Prediger“ übersetzt. Aber dieser Prediger hat in unserer Kirche immer noch Predigtverbot. Nur das bekannte 3. Kapitel über die Zeit („Alles hat seine Zeit“) hat gleichsam in einer Ecke des Kirchenjahres einen Platz in unserer Ordnung der Predigttexte gefunden. Sonst aber darf der Prediger, das Schmuddelkind unter den biblischen Büchern, nicht predigen. Die Predigtordnung der Konferenz jüdisch-christlicher Arbeitskreise, der die beiden Ge- meinden dieser Kirche in diesem Jahr folgen wollen, lässt den Prediger öfter auf die Kanzel. Für Septuagesimä schlägt sie Verse aus dem 7. Kapitel vor.

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Page 1: Predigt über Kohelet 7,13-18 - franzoesische- · PDF fileDiese Einsicht macht den Prediger nicht depressiv, nur melancholisch, nicht nieder-geschlagen, nur etwas traurig. Wie sollte

Septuagesimae 5. Februar 2012

Pfarrer Dr. J. Kaiser Französische Friedrichstadtkirche

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Predigt über Kohelet 7,13-18 Liebe Gemeinde, im Jahre 1759 wird vor der Sorbonne in Paris ein kleines Büchlein verbrannt. Die kirchliche Zensur entdeckte darin ketzerische Aussagen, gottlose Behauptungen, schädliche Ansichten, die Moral zersetzende Sentenzen. Es waren Sätze wie diese: Besser ein guter Ruf als ein guter Geruch - und besser der Tag des Todes als der Tag der Geburt. Besser, in ein Haus zu gehen, wo man trauert, als in ein Haus zu gehen, wo man feiert; … Besser verdrießlich sein als lachen, denn bei trauriger Miene geht es dem Herzen gut. (Koh 7,1-3) Windhauch ist alles, was auf Erden geschieht: Es gibt Gerechte, denen es ergeht, als hätten sie gehandelt wie Frevler, und es gibt Frevler, denen es ergeht, als hätten sie gehandelt wie Gerechte. Ich dachte: Auch dies ist Windhauch. Solche und ähnlich Sätze standen in dem Büchlein, das man verbrannte. Es war voller an-stößiger Behauptungen. Oder soll man sagen: … voller anstößiger Wahrheiten? Was ist Wahrheit? Ist Wahrheit, dass nicht sein kann, was nicht sein darf? Das Büchlein war ein Angriff auf die Wahrheit und die Moral. Es war ein Angriff auf die alte Ehe von Wahrheit und Moral. Es kann nicht sein, was nicht sein darf! Hier drängte eine junge Nebenbuhlerin mit dem kecken Odeur der Aufklärung in eine bewährte Allianz und fragte wie einst die Schlange: Sollte denn wirklich Gott gesagt haben, dass sich im Sollen das Sein ab-bildet, dass die Welt der Gebote die Ordnung der Welt darstellt und dass der, der sich an die Weisungen des Herrn hält, auch ein weiser Mensch ist? Wer dieses Büchlein liest, wird un-weigerlich vor solche erschütternden Fragen stehen. Der Autor der Büchleins war ein gewisser François Marie Arouet, hinter dem sich niemand anderes als Voltaire verbarg. Gut möglich, dass die kirchlichen Behörden und die Sorbonne ahnten, welch Geist hinter dem Pseudonym steckte. Was die Hüter von Wahrheit und Moral aber übersahen, war, dass hinter der Schrift Voltaires nichts anderes steckte als eine französische Übersetzung des jüdischem Buches Kohelet, also die Übersetzung einer Schrift der hebräischen Bibel. Was die Theologen verbrennen ließen, war mithin ein Teil ihrer eigenen christlichen Bibel. Dieses Büchlein ist heute noch so anstößig, unorthodox und ketzerisch wie seit jeher. Mögen damals Feststellungen wie die, dass es dem Gottlosen und Frevler oft besser ergeht als dem Gerechten, der sich an Gottes Weisungen hält, anstößig gewesen sein, so sind es heute eher Aussagen wie die, wonach Trauern besser sei als Lachen. Mag in früheren Zeiten mehr der Zweifel am Sinn von Moral ein Skandal gewesen sein, so heute eher die tiefe Skepsis, von der das Buch Kohelet durchdrungen ist. Nicht, dass Kohelet ein Zweifler ist, stört heute, sondern dass er ein Skeptiker ist, einer, der das positive Denken verweigert. Kohelet, der Skeptiker und Miesepeter, scheint auch heute noch ungenießbar, wenn auch aus anderen Gründen. Kohelet heißt der Versammler. Luther hat das mit „Prediger“ übersetzt. Aber dieser Prediger hat in unserer Kirche immer noch Predigtverbot. Nur das bekannte 3. Kapitel über die Zeit („Alles hat seine Zeit“) hat gleichsam in einer Ecke des Kirchenjahres einen Platz in unserer Ordnung der Predigttexte gefunden. Sonst aber darf der Prediger, das Schmuddelkind unter den biblischen Büchern, nicht predigen. Die Predigtordnung der Konferenz jüdisch-christlicher Arbeitskreise, der die beiden Ge-meinden dieser Kirche in diesem Jahr folgen wollen, lässt den Prediger öfter auf die Kanzel. Für Septuagesimä schlägt sie Verse aus dem 7. Kapitel vor.

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13 Betrachte das Werk Gottes: Wer kann gerade machen, was er gekrümmt hat? 14 Am Tag des Glücks sei guter Dinge, und am Tag des Unglücks bedenke: Auch diesen wie jenen hat Gott gemacht, und was künftig sein wird, kann der Mensch nicht wissen. 15 Beides sah ich in meinen flüchtigen Tagen: Da ist ein Gerechter, der zugrunde geht in seiner Gerechtigkeit, und da ist ein Ungerechter, der lange lebt in seiner Bosheit. 16 Sei nicht übergerecht, und gib dich nicht gar zu weise. Warum willst du scheitern? 17 Sei nicht zu oft ungerecht, und sei kein Tor. Warum willst du sterben vor deiner Zeit? 18 Gut ist es, wenn du dich an das eine hältst und auch vom anderen nicht lässt. Wer Gott fürchtet, wird beidem gerecht.

Wohltuende Worte sind das, liebe Gemeinde. Keine harte Predigt, sondern eine milde Predigt. Eine Gemütsmassage für all diejenigen, für die das Christsein harte Arbeit ist. Der Prediger warnt vor Überforderung. Betrachte das Werk Gottes: Wer kann gerade machen, was er gekrümmt hat? Wir können nicht alles zurechtbiegen, was krumm und schief ist in dieser Welt. Auch beim besten Willen nicht. Das muss man akzeptieren. Der Mensch kann nur wenig ausrichten. Also sollen wir uns nicht selbst mit überzogenen Erwartungen überfordern. Kohelet hegt Zweifel an der Grundüberzeugung dessen, den die Bibel weise nennt: Dass es dem Gerechten gut geht und er lange lebt und dem Ungerechten, dem Gottlosen schlecht er-geht und er bald zugrunde geht. Nein, so ist es nicht. Er, Kohelet, habe gesehen, dass es oft gerade umgekehrt ist. Der Prediger beruft sich auf seine Erfahrung. Das ist neu und kühn. Die Lehre muss sich der Erfahrung stellen. Die Erfahrung, dass Anstand und Solidarität sich für den, der sich daran orientiert, offensicht-lich nicht auszahlen, bringt den Prediger zu einer skeptischen Zurückhaltung. Er hat sein Lieblingswort gefunden, das klingt hebräisch so: häwäl. Alles ist häwäl. Windhauch und heiße Luft, eitel und nichtig. Nichtig und flüchtig, sprach Kohelet, nichtig und flüchtig, alles ist häwäl, Windhauch und heiße Luft. Was einmal geschah, wird wieder geschehen. Welchen Gewinn hat der Mensch von seiner ganzen Mühe und Arbeit unter der Sonne? (Koh 1,2f) Diese Einsicht macht den Prediger nicht depressiv, nur melancholisch, nicht nieder-geschlagen, nur etwas traurig. Wie sollte man auch nicht traurig werden angesichts der Ein-sicht, dass dem Menschen Grenzen gesetzt sind, die er auch beim besten Willen nicht über-springen kann. Es ist zwar alles eitel und nichtig, aber deswegen noch lange nicht alles sinnlos. Im Maß seiner Möglichkeiten soll der Mensch tun, was er kann. Nur soll er sich dabei nicht über-fordern. Kohelet, liebe Gemeinde, ist der Albert Camus des Alten Testaments. In melancholischer Hingabe an die Absurdität der Welt kann er das Leben nehmen wie es ist und es sogar ge-nießen. Das ist eine Haltung, die auch in der Bibel ihren Platz haben muss, obwohl sie die Tür zum Atheismus weit aufstößt. Camus konnte mit dem Gott nichts anfangen und auch im Buch Kohelet spielt Gott keine prominente Rolle. Aber als Schutzimpfung gegen Radikalismus und Eifertum, gegen Dogmatismus und Selbst-gerechtigkeit empfiehlt sich seine Lektüre allzumal. Sei nicht übergerecht, und gib dich nicht gar zu weise. Warum willst du scheitern? Einen Satz wie diesen, eine Aussage wie diese findet man meines Wissens kein zweites Mal in der Bibel. Es ist ein vollkommen singulärer Rat, zu dem nur Kohelet fähig ist.

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Ich finde es gut und tröstlich, dass mitten in der Heiligen Schrift so ein Satz steht. Dieser Satz hindert uns daran zu Eiferern zu werden. Überlass das Eifern dem lieben Gott; uns Menschen steht das schlecht. Gott kann das Krumme gerade machen. Wir können das nicht. Daher kann Gott sich das Eifern leisten, wir können es uns nicht leisten. Sei nicht übergerecht, und gib dich nicht gar zu weise. Das ist eine Predigt für die ernsthaften Christen. Eine nötige Predigt gerade für die, die sich Gedanken machen über die Welt und die Ungerechtigkeit in ihr, über das Reich Gottes und wir es in diese Welt kommen kann. Eine Predigt für die Engagierten, für die, die nicht nur an sich selbst und das Heute denken, sondern auch an die anderen und das Morgen; eine Predigt für die, die sich verantwortlich fühlen, andere überzeugen wollen und sich dann als Gutmenschen beschimpfen lassen müssen. Es ist also eine Predigt für uns hier und heute, für Menschen, die an einem eisig-kalten Februarmorgen in die Kirche gehen, weil ihnen nicht alles häwäl, eitel und Windhauch und heiß Luft ist. Gerade sie, gerade wir brauchen die Predigt dieses Predigers. Sie impft uns gegen Selbst-gerechtigkeit. Denn Selbstgerechtigkeit ist die Sünde der Sündlosen. Selbstgerechtigkeit ist ein Kirchenvirus. Durch sie werden vor allem die Engagierten infiziert. Sie fangen dann an, andere immerzu zu belehren. Sie tun nicht nur für sich, was sie für gut und richtig halten, sondern sie versuchen, auch andere davon zu überzeugen. Und ganz still und leise fangen sie an, sich für etwas Besseres zu halten und sich selbst zu rühmen. Aber so still und leise das auch sein mag – man hört es außen doch immer deutlich. Oder darf man sich selbst nichts zugute halten dafür, dass man am Sonntag Morgen in die Kirche geht statt ins Kaffee? Kohelet würde ins Kaffee gehen. Es ist gut und heilsam, in der Kirche auch mal auf die zu hören, die im Kaffee sitzen und sagen: Sei nicht übergerecht, und gib dich nicht gar zu weise. Allerdings ist, was von Kohelet gepredigt wird, nicht der Weisheit letzter Schluss. Es ist lediglich die Einsicht eines Menschen, der seine Erfahrungen macht und sie reflektiert. Aber es ist nicht die Einsicht eines Menschen, mit dem Gott gesprochen hat. Der Prediger ist kein Prophet. Wie der Prediger hat auch der Prophet die Vergänglichkeit des Menschen vor Augen, wenn Gott ihn drängt: Rede, predige! Es spricht eine Stimme [zum Propheten]: Predige!, und ich sprach: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte ist wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des HERRN Odem bläst darein. (Jes 40,6f) Der Prophet sieht angesichts der Vergänglichkeit keinen Sinn in der Predigt. Soweit sind der Prophet und der Prediger eins miteinander. Als Menschen erkennen sie nur in den engen Grenzen ihres Menschseins. Dann aber hört der Prophet, wie Gott redet: Ja, Gras ist das Volk! Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, aber das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich. (Jes 40,7f) Dieses Aber Gottes, seinen großen Widerspruch zu all unserer Begrenztheitserfahrung, den hat Kohelet noch nicht gehört. Die Erfahrungen des Kohelets sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Gottes großer Wider-spruch zu unserer Begrenztheit ist der Weisheit letzter Schluss. Es ist die Erfahrung, die man nur mit dem Glauben machen kann: die Erfahrung, dass wir trotz der Vergänglichkeit allen Lebens am Ende auf das Lebens hoffen, weil Gott den Tod besiegt hat; die Erfahrung, dass wir trotz allen Scheiterns unserer Mühen und Bemühungen Gerechte sein können, weil Gott mit unserm Scheitern umgehen kann und uns Gerechtigkeit schenkt; die Erfahrung, dass wir etwas Gutes tun können, ohne selbstgerecht zu werden und uns selbst zu rühmen, einfach weil wir das Richtige für sinnvoll halten und es nicht zur Imagepflege brauchen. Denn unsere Imagepflege hat Gott übernommen: Er hat ein durch und durch gutes Bild von uns.

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Die Heilige Schrift hat mehr zu bieten als die Windhauch-Erkenntnisse des Kohelet, den Luther einen Prediger nannte. Der Prediger predigt den Zweifel an der Sinnhaftigkeit unserer Bemühungen. Manchmal scheint er sich sogar in einer Melancholie des Absurden zu gefallen. Wenn es aber dem Heiligen Geist gefallen hat, auch diesem skeptischen Menschengeist in der heiligen Schrift Rede- und Predigtrecht zu gewähren, dann brauchen wir kein schlechtes Ge-wissen zu haben, wenn auch uns hin und wieder die Absurdität allen Mühens und Trachtens anfällt und wir uns ihr für einige Stunden hingeben. Bevor uns das ganz niederdrückt und wir vor Depression nicht aus den Federn kommen, folgen wir lieber dem Rat des Predigers und gehen mit ihm ins Kaffee: Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes. (Koh 3,13)

Amen.