Verhaltensbesonderheiten bei kleinen Kindern – Erkennen und … · 2013. 1. 31. · • Sozialer...

16
01.02.2013 1 Verhaltensbesonderheiten bei kleinen Kindern – Erkennen und Handeln in der Kita 25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 1 Kinder Kinder mit mit Verhaltensoriginalitäten Verhaltensoriginalitäten fordern fordern uns uns heraus heraus oft zunächst Anpassungsspannung oder Anpassungsüberforderung – gilt noch nicht als psychische Störung „Eine psychische Störung bei Kinder und Jugendlichen liegt vor, wenn das Verhalten und/oder Erleben bei Berücksichtigung des Entwicklungsalters abnorm ist und/oder zu einer Beeinträchtigung führt.“ (Steinhausen, 2006) 25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 2

Transcript of Verhaltensbesonderheiten bei kleinen Kindern – Erkennen und … · 2013. 1. 31. · • Sozialer...

  • 01.02.2013

    1

    Verhaltensbesonderheiten bei kleinen Kindern – Erkennen

    und Handeln in der Kita

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 1

    Kinder Kinder mitmit VerhaltensoriginalitätenVerhaltensoriginalitätenfordernfordern unsuns herausheraus

    • oft zunächst Anpassungsspannung oder Anpassungsüberforderung – gilt noch nicht als psychische Störung

    „Eine psychische Störung bei Kinder und Jugendlichen liegt vor, wenn das Verhalten und/oder Erleben bei Berücksichtigung des Entwicklungsalters abnorm ist und/oder zu einer Beeinträchtigung führt.“ (Steinhausen, 2006)

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 2

  • 01.02.2013

    2

    Grundbedürfnisse erfüllt?Grundbedürfnisse erfüllt?• Bedürfnis nach Geborgenheit und beständigen,

    liebevollen Beziehungen• Bedürfnis nach Unversehrtheit, Sicherheit und Regulation• Bedürfnis nach Zugehörigkeit – existenziell relevantes

    System – und nach angemessenem Platz in der Familie• Bedürfnis nach individuell zugeschnittenen Erfahrungen• Bedürfnis nach entwicklungsgerechten Erfahrungen• Bedürfnis nach Grenzen und Strukturen• Bedürfnis nach stabilen kulturellen Umfeldbedingungen

    (nach Resch, Lehmkuhl)

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 3

    Altersfenster nach OPDAltersfenster nach OPD--KJKJ• 0-1;6 Jahre: Innerpsychische Repräsentationen sind

    noch nicht vorhanden, damit kein Zugang zur Innenwelt des Kindes

    • 1;6 –6 Jahre: Spiel als Medium der Mitteilung über inneres und äußeres Erleben, kognitive und psychische Struktur entwickelt sich

    • 6-12 Jahre: kommunikative Fähigkeiten im sozialen Kontext, Spiel und Gespräch Mitteilung über innerpsychisches Erleben

    • ab 12 Jahre: Pubertäre und adoleszente Entwicklung selbstreflexiver Fähigkeiten und Identitätsentwicklung

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 4

  • 01.02.2013

    3

    Frühe Kindheit (bis ca. 5 Jahre)Frühe Kindheit (bis ca. 5 Jahre)

    • Verhalten, das in einem sozialen Umfeld funktional ist, kann in einem anderen zum Regelverstoß führen

    • Interaktionsmechanismen hoch relevant• Erinnerung vor 4. Geb. eher episodisch als

    sprachlich, Störungen nicht verbalisierbar25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 5

    Selbstregulation wird erst über Fremdregulation und

    Gefühlsregeln werden über Spiegelung erworben

    20.01.13 Dr. Inés Brock 6

  • 01.02.2013

    4

    Entwicklungsaufgaben 0Entwicklungsaufgaben 0--66

    • primäre Bezugspersonen sind am wichtigsten• Bindungsqualität durch interne Repräsentationen

    • Zusammentragen Plenum• Verweis auf Entwurf bildung:elementar neu

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 7

    Dimensionen psychischer StörungenDimensionen psychischer Störungen• Internalisierte Auffälligkeiten

    • Sozialer Rückzug• Körperliche Beschwerden• Ängstlich/Depressiv

    • Externalisierende Auffälligkeiten• Dissoziales Verhalten• Aggressives Verhalten

    • Gemischte Auffälligkeiten• Soziale Probleme• Schizoid/Zwanghaft• Aufmerksamkeitsprobleme

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 8

  • 01.02.2013

    5

    Kriterien für Kriterien für DysfunktionalitätDysfunktionalität• mangelnde Angemessenheit von Verhalten• Dauerhaftigkeit, Schweregrad• Häufigkeit der Symptomatik• Teil einer allgemeinen Fehlfunktion• Durchgängigkeit des Problems• fehlender Zusammenhang mit aktuellen

    Belastungen in einer Lebensphase

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 9

    Leidensdruck, behinderte Entwicklung

    Seelische GrundstörungenSeelische Grundstörungen• Psychische Störung

    • Störungsrelevante Normkonzepte• Statistische Norm

    • Mittelwert• Soziale Norm

    • Erwartungen• Ideale Norm

    • Festgelegte Regeln• Subjektive Norm

    • Persönliche Kriterien• Funktionale Norm

    • LRS, Dyskalkulie

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 10

    22% der 8-13 Jährigen

    Jungen

    10-13% der 8-13 Jährigen

    Mädchen

  • 01.02.2013

    6

    Verhältnis dissozialer ZuständeVerhältnis dissozialer Zustände

    Jungen

    Mädchen0

    2

    4

    6

    ADHSPatienten

    (SBZ) Morbidität (acc.)

    Jungen

    Mädchen

    25.01.13 11Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin

    Prävalenz Prävalenz

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 12

    0

    2

    4

    6

    8

    10

    12

    14

    Mädchen

    Jungen

  • 01.02.2013

    7

    Einflüsse auf Verhalten Einflüsse auf Verhalten

    Bio-psycho-soziales Modell

    PsycheKörperUmwelt

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 13

    VerhaltensregulationVerhaltensregulation• Was ist beobachtbar?• Was ist unsichtbar?Verhalten ist das, was wir sehen können, aber

    was steckt dahinter?Jedes Verhalten ist grundsätzlich nützlich!Es wird aus dem Verhaltensrepertoire auf das

    zugegriffen, erworben wurde

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 14

    z.B. internalisierte Bindungsmuster prägen die Erwartungshaltung für

    künftige Beziehungsgestaltung

  • 01.02.2013

    8

    ÄtiologieÄtiologie

    • Begriff bezeichnet in der Klinischen Psychologie die Lehre von den Ursachen der Erkrankungen

    • die Gesamtheit der Faktoren, die zu einer gegebenen Krankheit geführt haben• Genetische Prädispositionen/Vulnerabilität• Soziale Interaktionsmechanismen• Risikoerhöhende oder -mildernde Faktoren

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 15

    Psychosoziale Risikofaktoren für die Psychosoziale Risikofaktoren für die Entstehung psychischer StörungenEntstehung psychischer Störungen

    • Chronische Disharmonie und Beziehungspathologie in der Familie• Autoritäres väterliches Verhalten• Psychische Störungen der Mutter oder des Vaters• Schlecht ausgeprägte Kontakte zu Gleichaltrigen• Häufig wechselnde frühe Beziehungen• Altersabstand zum nächsten Geschwister geringer als 18 Monate• Unerwünschtheit• Schlechte Schulbildung der Eltern• Junge Mütter bei Geburt des ersten Kindes• Uneheliche Geburt• Große Familien• Ernst und häufige Erkrankungen in der Kindheit• Wenig Wohnraum• Sexueller/oder aggressiver Missbrauch• Niedriger sozioökonomischer Status• Allein erziehende Mutter• Mütterliche Berufstätigkeit im ersten Lebensjahr• etc.

    01.02.2013 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichen-psychotherapeutin 16

  • 01.02.2013

    9

    Multidimensionales Multidimensionales PathogenesemodellPathogenesemodell

    • Familiäre Risiken • feindseliges emotionales Klima• Gewalttätiges oder vernachlässigendes

    Erziehungsverhalten, Missbrauch• Biologische Risiken

    • Genetische, neuropsychologische Belastungen,• Personale Risiken

    • Eingeschränkte Leistungsfertigkeit• Mangelnde Affektregulation

    • Sozioökonomische Risiken• Ablehnung Peergruppe, Misserfolg Schule, Armut

    01.02.2013 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichen-psychotherapeutin 17

    Interne Verfestigungs-prozesseVerdrängungs-mechanismen

    Ressourcenarten (Nestmann)Ressourcenarten (Nestmann)• Objekte (Obdach, Transport- und

    Kommunikationsmittel, Kleidung)• Lebensbedingungen und –umstände

    (Partnerschaft, konfliktarmes Netzwerk,)• Energieressourcen (Geld, Vertrauensvorschuss,

    Bildung)• Personmerkmale (Selbstwert,

    Bewältigungsoptimismus, Kontrollbewusstsein)

    01.02.2013 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichen-psychotherapeutin 18

  • 01.02.2013

    10

    • Gemälde von Josef Karl Stieler 185401.02.2013 19

    Blommers, Bernardus Johannes 1845-1914. "Abendessen im Landarbeiterhaus" 01.02.2013 20

  • 01.02.2013

    11

    ProtektiveProtektive Faktoren (Häfner)Faktoren (Häfner)• dauerhafte und gute Beziehung zu mindestens einer

    primären Bezugsperson• internale Kontrollüberzeugungen• Aufwachsen in einer Familie mit Entlastung der

    Mutter, weitere kompensatorische Bezugspersonen• ein insgesamt attraktives Mutterbild/positive

    Elternimagines• mindestens durchschnittliche Intelligenz• ein robustes, aktives uns kontaktfreudiges

    Temperament• Soziale Förderung25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 21

    Ressourcendiagnostik (Ressourcendiagnostik (KlemenzKlemenz))Erhebung personaler Ressourcen

    • Attraktivitätsanalyse• Physische Attraktivität• Statusattraktivität• Temperament

    • Fähigkeiten/Fertigkeiten• Intelligenz• Schulleistungsfähigkeit• Kreativität• Motorische Fertigkeiten• Technische Fertigkeiten• Bewältigungsressourcen

    • Interessenanalyse• Hochpräferierte Objekte• Hochpräferierte Tätigkeiten

    Erhebung sozialer Ressourcen

    • Positive Beziehungen• Verwandte• Familie• Freunde• Weitere Bezugspersonen

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 22

    Wahrgenommen?Nutzbar?

    Als nutzbar bewertet? Verfügbar?Aktivierbar?

  • 01.02.2013

    12

    Geschlechtersensibler Geschlechtersensibler RessourcenzugangRessourcenzugang

    Mädchen Jungen• Kommunikative Strategien des

    Umgangs mit Belastungen• Mädchen in Pubertät größere

    Anzahl kritischer Lebensereignisse, höhere emotionale Valenz, häufigere negative psychosoziale Auswirkungen

    • Unterstützung der Autonomie mit emotionaler Stärkung

    • Anerkennung der Fähigkeiten

    • In früher/mittlerer Kindheit anfälliger für negative Auswirkungen von kritischen Lebensereignissen (Trennung der Eltern, Übergang in institutionelle Settings), Angststörungen

    • Bevorzugung instrumentelle Lösungsmuster

    • Struktur und Regeln in Umgebung• Stärkung sozialer Fähigkeiten,

    Expressivität

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 23

    Inés Brock - Kinderpsychotherapeutin

    Resilienz als AnpassungsprozessResilienz als Anpassungsprozess

    • Kapazität, die im Verlauf der Entwicklung im Kontext der Kind-Umwelt-Interaktion erworben wird = psychische Widerstandsfähigkeit

    • Coping-Fähigkeiten• Aktive, konstruktive, erfolgreiche

    Auseinandersetzung mit Risikosituationen = zentrales Präventionsziel

  • 01.02.2013

    13

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 25

    Kindnormab-

    weichendes Verhalten

    Verhaltensoriginelle Verhaltensoriginelle KinderKinder

    Probleme der Umwelt –

    Familie, Kita, Schule, Umfeld

    DefizitdefinitionDiagnose

    Hilfebedarf

    Kindals biopsycho-

    soziales Subjekt

    Ich kann was , was du nicht siehst!

    Intervention

    Zuschreibungen

    Leidensdruck Kind/

    Veränderungs-bereitschaft

    DilemmaLösung kann nur Kind

    produzierenUmfeld oft nicht

    behandelbar

    ?

    Würden wir sofort das Kind als kompetentes Wesen sehen, hätten wir keinen Auftrag, keinen Veränderungsbedarf!!!

    VergleichenBewerten

    Behandlung dysfunktionalerBehandlung dysfunktionalerBewältigungsmusterBewältigungsmuster

    • Nutzung vorhandener Bewältigungskompetenzen – Sicherheit durch Beziehung

    • durch inner- und außerfamiliäre Selbstwirksamkeitserfahrungen

    • Inneren oder äußeren Stress in als überkomplex wahrgenommenen Lebens- oder Beziehungssituation identifizieren –Kontrollstrategie erarbeiten

    • Integrative Lösungsmodelle entwickeln25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 26

  • 01.02.2013

    14

    Perspektive der JugendhilfePerspektive der Jugendhilfe

    Gesell-schaft

    Soziale Umwelt

    Familie

    Subjekt/Objekt

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 27

    Sozialraum-orientierung

    Einzelfall-Hilfe

    Kita und Hort sind keine Kita und Hort sind keine therapeutischen Einrichtungentherapeutischen Einrichtungen

    • Keine Diagnosestellung und keine Behandlung!

    • Gefühle durch Spiegelung beantworten, Anerkennen• angemessene Entfaltungsräume für Selbstbildung

    gewähren – Kinder suchen sich adäquate Räume• verlässliche Bezugspersonen, Bindungsangebote• klare Botschaften, berechenbare Regeln• Festhalten, Körperkontakt, Begrenzen, Spüren

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 28

    ABER

  • 01.02.2013

    15

    Stressoren in Situationen mit Stressoren in Situationen mit besonderen Kindernbesonderen Kindern

    • kein Zugang über Möglichkeiten menschlicher Kommunikation

    • heftigste, (auto-)aggressive Reaktionen ohne erkennbaren Anlass

    • Entwickeln eigener Aggression, SOS-Ruf• kein pädagogisches Arbeiten möglich• Gefahrenvermeidung für andere Kinder• Eltern wollen es nicht wahrhaben

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 29

    Hilfe-systeme

    Eltern

    Erzieher/in

    Kind

    HandlungsarenenHandlungsarenen

    Erziehungs-partnerschaft

    25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 30

  • 01.02.2013

    16

    Elternkontakte bei schwierigen Elternkontakte bei schwierigen SituationenSituationen

    • Das Kind sendet Notsignale, helfen Sie mir das zu verstehen?

    • Dem Kind geht es nicht gut, können wir gemeinsam nach Lösungen suchen?

    • auch Professionelle dürfen hilflos, ratlos und verletzlich sein

    • Videoaufnahmen (Kita, zu Hause) als Gesprächsanlässe, ggf. weiterbegleiten

    • Elternunterstützung durch Akzeptanz der Not25.01.13 Dr.Inés Brock - Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeutin 31