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Predigt – Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20, 1-15) In dieser Geschichte benutzt Jesus einen alltäglichen Vergleich, um den Leuten das Himmelreich näher zu bringen. Allerdings hat diese Geschichte, dieses Gleichnis, ein sehr ungewöhnliches Ende. Das Gleichnis beginnt mit einer damals ganz alltäglichen Situation: Ein Weinbergsbesitzer geht früh am Morgen, für uns um 6 Uhr, aus um Tagelöhner zu finden, die in seinem Weinberg arbeiten können. Er findet ein paar, vereinbart mit ihnen einen Denar und geht mit ihnen wieder zu seinem Weinberg zurück. In der dritten Stunde, also um 9 Uhr geht er wieder aus, um frische Arbeitskräfte zu besorgen. Mit diesen Arbeitskräften handelt er aber keinen festen Lohn aus, sondern sagt nur: „ […] und was recht ist, werde ich euch geben“ (Mt 20, 4). Das Gleiche tut er auch in der sechsten, also um 12 Uhr und in der neunten Stunde, also um 15 Uhr. Auch in der elften Stunde, also um 17 Uhr, eine Stunde vor dem Ende des israelischen Arbeitstages, geht er wieder in die Stadt und findet noch ein paar Arbeiter, die seit 11 Stunden auf Arbeit hoffen, um ihre Familien ernähren zu können. Auch diesen gibt er Arbeit. Eine Stunde später, also um 6 Uhr, am Ende des Arbeitstages, trägt der Weinbergsbesitzer seinen Verwalter auf, er solle den Arbeitern nun den Lohn auszahlen, angefangen beim Letzten. Diese erhalten von ihm einen Denar. Diesen erhalten alle, auch die ersten Arbeiter, obwohl sie als Einzige den ganzen Tag

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Predigt – Das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20, 1-15)

In dieser Geschichte benutzt Jesus einen alltäglichen Vergleich, um den Leuten das

Himmelreich näher zu bringen. Allerdings hat diese Geschichte, dieses Gleichnis, ein sehr

ungewöhnliches Ende.

Das Gleichnis beginnt mit einer damals ganz alltäglichen Situation:

Ein Weinbergsbesitzer geht früh am Morgen, für uns um 6 Uhr, aus um Tagelöhner zu finden,

die in seinem Weinberg arbeiten können. Er findet ein paar, vereinbart mit ihnen einen Denar

und geht mit ihnen wieder zu seinem Weinberg zurück. In der dritten Stunde, also um 9 Uhr

geht er wieder aus, um frische Arbeitskräfte zu besorgen. Mit diesen Arbeitskräften handelt er

aber keinen festen Lohn aus, sondern sagt nur: „ […] und was recht ist, werde ich euch

geben“ (Mt 20, 4). Das Gleiche tut er auch in der sechsten, also um 12 Uhr und in der neunten

Stunde, also um 15 Uhr. Auch in der elften Stunde, also um 17 Uhr, eine Stunde vor dem

Ende des israelischen Arbeitstages, geht er wieder in die Stadt und findet noch ein paar

Arbeiter, die seit 11 Stunden auf Arbeit hoffen, um ihre Familien ernähren zu können.

Auch diesen gibt er Arbeit.

Eine Stunde später, also um 6 Uhr, am Ende des Arbeitstages, trägt der Weinbergsbesitzer

seinen Verwalter auf, er solle den Arbeitern nun den Lohn auszahlen, angefangen beim

Letzten.

Diese erhalten von ihm einen Denar. Diesen erhalten alle, auch die ersten Arbeiter, obwohl sie

als Einzige den ganzen Tag gearbeitet haben. Daraufhin beschweren sich die ersten Arbeiter

beim Hausherrn, weil sie das Gefühl haben, mehr verdient zu haben. Aber der Hausherr gibt

ihnen nicht mehr. Als Begründung weist er auf die Vereinbarung hin, die die Arbeiter mit ihm

geschlossen haben, die einen Denar als Lohn festlegt. Die anderen könne er bezahlen, wie er

will, denn immerhin ist es sein Geld. Als letztes wirft er den Arbeitern noch Neid vor indem

er sagt: „ […] Oder ist dein Auge böse, weil ich gut bin?“

Mit dieser anstoßenden Frage beendet Jesus das Gleichnis.

Ein Denar war damals das Existenzminimum für eine israelische Familie. Ohne diesen Denar

war es schwierig, zu überleben. Daher erscheint einem der Gutsbesitzer erst als ein typisch

kalkulierender Gewinn optimierender Mensch, der den ersten Arbeitern sozusagen den

Mindestlohn verspricht. Den anderen nennt er keinen richtigen Preis und der Zuhörer erwartet

erstmal, dass diese viel weniger bekommen. Die letzten könnten sich ja noch mit ein paar

Trauben glücklich schätzen.

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Am Ende erlebt man eine Wendung. Der Arbeitgeber lässt an jeden einen Denar zahlen.

Daraus lässt sich ein Gerechtigkeitsverständnis ableiten, dass Jesus den Zuhörer vermitteln

will. Nicht jeder bekommt das, was er geleistet hat, sondern jeder bekommt das, was er

braucht, in diesem Fall ein Denar.

Damit spricht Gott seine Güte einem jedem Menschen zu, unabhängig von seiner Leistung.

Außerdem haben die Arbeiter, die am morgen nicht genommen wurden, nicht aufgegeben. Sie

standen da und haben auf ein Wunder gehofft, um ihre Familie einen weiteren Tag ernähren

zu können. Auch für dieses Vertrauen wurden sie von Gott gelobt. Nun beschweren sich ja die

Arbeiter, weil sie die Gerechtigkeit, die der Gutsbesitzer ausübt, nicht verstehen. Der

Gutsbesitzer erklärt es ihnen nicht direkt, sondern rechtfertigt es nur durch die Vereinbarung.

Dann stellt er die schon erwähnte Frage, ob sie denn nur neidisch sein, weil er Gutes tut und

stellt damit das komplette Gerechtigkeitsverständnis der Arbeiter und damit auch der Zuhörer

auf den Kopf. Dies tut er besonders durch die direkte Anrede „dein“ in der Frage, womit er

den Zuhörer noch mehr aktiviert.

Jeder bekommt das von Gott, was er braucht, das heißt jeder, egal was er ist, bekommt von

Gott eine Existenz und eine Chance. Das ist ein wichtiger Aspekt des Reichs Gottes, den

Jesus in diesem Gleichnis versucht, den Leuten näherzubringen. Jesus möchte aber auch, dass

diese Leute nach dem Vorbild des Himmelreichs leben. Zwar kann der Mensch es nicht

endgültig herbeiführen, aber er kann danach leben und die Erden einen besseren Ort

verwandeln. In diesem Gleichnis will Jesus die Leute aktivieren anderen Menschen das zu

geben, was sie brauchen. Das macht das Gleichnis auch gleichzeitig so hochaktuell.

Wir leben heute in einer sehr Leistungsorientierten Gesellschaft. Wenn ein Unternehmer

dieses Gleichnis vor sich haben würde, würde er den exakten Lohn für jede Arbeitsgruppe

ausrechnen, angefangen bei einem Denar. Die letzten würden dann noch 1/12 des Wertes des

Denars bekommen. Das würde ein heutiger Unternehmer als gerecht empfinden. Jedem

Arbeiter den gleichen Lohn bei unterschiedlicher Leistung auszuzahlen, wäre für ihn völlig

ungerecht. Das denke heute viele Leute. Auch mir erging es so, als ich das Gleichnis zu

erstem Mal las. Was ich nun mit diesem Beispiel sagen will ist, dass auch wenn das Gleichnis

über 2000 Jahre alt ist es dennoch schafft, unsere komplette Marktwirtschaft und unser

komplettes Verständnis für Gerechtigkeit auf den Kopf zu stellen.

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Aber wenn wir beginnen, den tiefen Sinn dieser Geschichte zu verstehen und nach ihrem

Vorbild zu handeln können wir den Menschen in unserer Umgebung das Reich Gottes

näherbringen und die Welt in einen bessern Ort verwandeln. Aber um dies zu schaffen, muss

man seinen kompletten Denkansatz ändern.