Prüfung vor Inbetriebnahme nach BetrSichV - TÜV …€¦ · · 2018-05-09(Firma Alstom)...
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Prüfung vor Inbetriebnahme nach BetrSichV: Herausforderungen bei einer in Eigenverantwortung des Betreibers errichteten Dampfkesselanlage
Dipl.-Ing. Jörg Hendricks Dipl.-Ing. Bernhard Hoffmann Geschäftsfeldleiter Kraftwerksbetrieb Mitarbeiter CoC Betriebssicherheit
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RWE Power hat in konsequenter Erneuerung des Kraftwerksparks im rheinischen Braunkohlerevier und zur Reduzierung der CO2-Emissionen zwei neue Kesselanlagen geplant, gebaut und letztes Jahr am Standort Neurath bei Grevenbroich in Betrieb genommen. Auf Grund des Bestrebens der Wirkungsgrad zu steigern wurde bei den Prozessparametern in dieser Leistungsklasse Neuland betreten. Die technischen Daten je Dampfkessel:
Elektrische Leistung: 1.100 MWel je Dampfkesselanlage Frischdampf Druck / Temperatur 295 bar 600° C
HZÜ Druck / Temperatur 70 bar 605° C
Brennstoffmassenstrom 227 kg/s
Dampfmenge 2960 t/h
Das Projekt BoA 2&3 Neurath
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Das Projekt BoA 2&3 Neurath
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Auf Grund der anspruchsvollen Technologie wurden die Anlagen in Verantwortung der RWE Power aus Anlagenteilen geplant, montiert, installiert und bereitgestellt. Da mit Beginn des Projekts 2003 erst wenige TRBSen veröffentlich waren, ergaben sich viele Grundsatzfragen:
1. Wer prüft wann und wie die Schnittstellen?
2. Wann, wie und für welche Anlagen sind behördliche Genehmigungen erforderlich?
3. Welche Aufgaben und Pflichten hat der Hersteller und welche der Betreiber?
4. Was sind konkrete Prüfinhalte der Prüfung vor Inbetriebnahme?
5. Wann erfolgen die Prüfschritte?
Rahmenbedingungen
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Im Europäischen Recht sind Beschaffen- heit und Benutzung von Arbeitsmitteln strikt getrennt. Diese Trennung wurde in Deutschland durch diverse Verord- nungen zum Produktsicherheitsgesetz
(Beschaffenheitsanforderungen) und die Betriebssicherheitsverordnung (Bereit- stellung und Benutzung) umgesetzt.
Der Rechtsrahmen
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Zum Zeitpunkt der Antragstellung war unklar, welche Teile des Kraftwerkes eigentlich
im Sinne der BetrSichV erlaubnisbedürftig sind. Eine Definition des Umfangs der
Dampfkesselanlage erfolgte durch den Gesetzgeber erst mit der Veröffentlichung der
TRBS 2141 im Jahre 2007.
Man einigte sich daher zu Begin des Projekts zwischen Betreiber, Bezirksregierung und
ZÜS (TÜV Rheinland) zunächst auf den Umfang der erlaubnisbedürftigen Anlage,
wobei weitestgehend die bis dahin in der DampfkV definierte Beschreibung der
zugehörigen Einrichtungen und Teile übernommen wurden.
Der Rechtsrahmen
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Die Technischen Regeln Betriebssicherheit (TRBS) lösten im Laufe des Projektes nach
und nach die entsprechenden TRD-Teile ab. So ist in 2008 in der TRBS 1201 Teil 2 auch
die durch eine ZÜS durchzuführende Prüfung vor Inbetriebnahme (§14 BetrSichV)
detailliert spezifiziert worden.
Im Absatz 3.4.2.1.1 dieser TRBS ist auch der Umfang dieser Prüfung für Druckanlagen,
die in Eigenherstellung durch den Betreiber/Arbeitgeber montiert und installiert
wurden, geregelt.
Der Rechtsrahmen
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- Dampfkesselanlage in Teilanlagen untergliedert;
- Lieferanten lieferten bis zu den definierten Schnitt-
stellen inkl. der technischen Dokumentation;
- Schutzeinrichtungen war eigenständiges
Lieferpaket überwiegende Anzahl der Teilanlagen
wurde nicht als funktionale Baugruppe geliefert;
- In der Betriebsanleitung musste jeder Lieferant also
Anforderungen an die Schutztechnik als offenen
Punkt/ Restgefahr auflisten. Die max. Kräfte und
Momente an den Schnittstellen waren anzugeben.
Die Eigenherstellung der Dampfkesselanlage
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1. Die Schnittstellen zwischen den einzelnen Anlagenteilen werden durch die zugelassene Überwachungsstelle vor Inbetriebnahme der Anlage hinsichtlich Montage und Installation geprüft.
2. Als Prüfdokumentation diente ausschließlich die im Rahmen der ermittelten Anforderungen an die Arbeitsmittel gemäß TRBS 1111 Abschnitt 3.1 vom Planer (Firma Alstom) erstellten Planungsunterlagen und die öffentlich-rechtlichen Dokumente der Hersteller (Betriebsanleitungen und Konformitätserklärungen).
Problem: Inhalte der Betriebsanleitungen waren im vertraglich vereinbarten technischen Regelwerk nur abstrakt beschrieben.
Das Projekt BoA 2&3 Neurath
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Auszug TRBS 1201 Teil 2:
Bei der Eigenherstellung von Druckanlagen bzw. Teilen davon durch den Arbeitgeber/Be-
treiber, werden neben der Montage und Installation auch die im Zuge der Herstellung
erforderlichen Prüfungen durch eine zugelassene Überwachungsstelle/befähigte Person
durchgeführt. Hierbei gilt hinsichtlich der Beschaffenheitsanforderungen der Anhang I der
Richtlinie 97/23/EG (Druckgeräterichtlinie) als Stand der Technik. Die Übereinstimmung
der Druckanlage bzw. deren Teile mit den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der
Richtlinie 97/23/EG (Druckgeräterichtlinie) wird im Rahmen einer Prüfung - entsprechend
§ 12 Abs. 2 Nr. 2 BetrSichV - festgestellt.
Die Inbetriebnahmeprüfung nach §14 BetrSichV
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Herstellerpflicht
Kessel Rohrltg.
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Betreiberpflicht
§ 14 BetrSichV ZÜS
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Aufgrund der Herstellung der Dampfkesselanlage in Eigenverantwortung des Betreibers,
begann die Arbeit der ZÜS bereits zu einem frühen Zeitpunkt:
- die Schnittstellen der Teilanlagen waren zu bewerten und die durch den Lieferanten auf
der einen und den Hersteller (Betreiber) auf der anderen Seite durchzuführenden
Prüfschritte (Benannte Stelle oder ZÜS) festzulegen;
- die Durchführung der festgelegten Prüfungen war zu verfolgen;
- es musste sichergestellt werden, dass gemäß § 7 BetrSichV für Anlagenteile alle
anzuwendenden CE-Anforderungen bzw. Anhang I eingehalten wurden. Hier bestand die
Aufgabe der ZÜS darin, die Einbindung in die Dampfkesselanlage zu bewerten und
Prüfungen festzulegen und durchzuführen.
Die Inbetriebnahmeprüfung nach §14 BetrSichV
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Der finale Prüfschritt der ZÜS war die Ausstellung der Bescheinigung der Prüfung vor
Inbetriebnahme nach §14 BetrSichV, die vom Umfang her die in der TRBS 1201 Teil 2
beschriebenen Prüfschritte beinhaltet. Zu diesem Zeitpunkt mussten alle Prüfungen
(Ordnungsprüfung, Aufstellungsprüfung, Funktionstest) durchgeführt sein.
Die Erfüllung der grundlegenden Sicherheitsanforderung gemäß Anhang 1 DGRl und die
Erfüllung der konkreten Anforderung der TRBS 1201 Teil 2 wurde somit in diesem Fall
durch die ZÜS mit der Prüfbescheinigung bestätigt.
Die Inbetriebnahmeprüfung nach §14 BetrSichV
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Nach Veröffentlichung der TRBS 2141 im März 2007 bot sich im Projekt BOA 2&3 die
Gelegenheit, die in Absatz 2 (11) definierte Einteilung der Dampfkesselanlage zu nutzen,
um die Schnittstellen, bis zu denen die Sicherheitstechnische Bewertung (als Voraus-
setzung der Prüfung vor Inbetriebnahme) erfolgen sollte, festzulegen.
Es erfolgte daher durch die RWE zunächst eine Zuordnung der Bauteile/Baugruppen (mit
der entsprechenden Kraftwerkskennzeichnung (KKS)) zu den in der TRBS 2141 genannten
Teilen einer Dampfkesselanlage.
Anschließend konnte bauteil-/baugruppenspezifisch eine Angabe gemacht werden, auf
Basis welcher Rechtsgrundlage das Inverkehrbringen erfolgte.
Die Inbetriebnahmeprüfung nach §14 BetrSichV
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Wenn möglich und sinnvoll, wurden zur Bestimmung der Schnittstellen, bis zu denen die Betrachtung der Dampfkesselanlage erfolgt, auf Systemschaltpläne (R&I) oder Zeich-nungen Bezug genommen.
Die herstellerspezifischen Angaben zur Konformität zu den Rechtsgrundlagen sowie – wenn erforderlich – Konformitätsbescheinigungen bzw. Prüfberichte der jeweiligen Benannten Stelle (BS) wurden dann ebenfalls zugeordnet.
Weiterhin erfolgte eine Angabe zu den herstellerspezifischen Betriebsanleitungen. Der Prüfbericht zur übergeordneten Leittechnik (Kesselschutz), ist ebenfalls unter Nr. 12 „Alle Überwachungs- und Sicherheitssysteme des Dampfkessels“ aufgelistet. BoA2&3_Unterlagen_Kessel_Block_F_Rev.01_Hä_18.07.2012.pdf
Die Inbetriebnahmeprüfung nach §14 BetrSichV
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-Die in nationales Recht umgesetzte Rechtsetzung zum „new approach“ beinhaltet selbst
bei Anwendung harmonisierter technischer Normen einen Ermessenspielraum, der für
die Realisierung konkretisiert werden muss (z.B. Betriebsanleitungen, Prüfkonzepte).
-Es sollte von Anfang der Planung eine im Anlagenbereich erfahrene zugelassene
Überwachungsstelle auch für die Anforderungen des Teil 2 der BetrSichV eingebunden
werden, damit dieser Ermessensspielraum mit dem Ziel einer optimalen und effizienten
Betriebsführung gestaltet werden kann.
-Es konnte eine nachweisbare Optimierung der Inbetriebnahme und effizientere Prüf-
konzepte erreicht werden. Weiterhin konnten nicht regelwerkskonforme, verfügbarkeits -
einschränkende Sicherheitsanforderungen abgewehrt werden.
Fazit
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Dipl.-Ing. Jörg Hendricks Dipl.-Ing. Bernhard Hoffmann Geschäftsfeldleiter Kraftwerksbetrieb Leiter Kompetenzcentrum Betriebssicherheit
TÜV Rheinland Industrie Service GmbH RWE Power AG Bereich Energiesysteme Technische Dienste Theodor-Heuss-Str. 93-95 Energiestraße 41065 Mönchengladbach 41517 Grevenbroich [email protected] [email protected]
Mobil: 0172-2331517