PRIX PHOTOFORUM 2018 · 2018-11-22 · 2 Informations pratiques Ausstellung Prix Photoforum 2018...

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Pressedossier Biel, November 2018 PRIX PHOTOFORUM 2018 26. AUSGABE DES FOTOPREISES DES PHOTOFORUM PASQUART 2.12.18 – 13.1.2019 Solène Gün, Turunç, 2018

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PressedossierBiel, November 2018

PRIX PHOTOFORUM 201826. AUSGABE DES FOTOPREISES DES PHOTOFORUM PASQUART

2.12.18 – 13.1.2019

Solène Gün, Turunç, 2018

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Informations pratiques

Ausstellung Prix Photoforum 2018

Vernissage Samstag 1. Dezember 2018 um 17 Uhr

Daten 2.12.2018 – 13.1.2019

Öffnungszeiten Mittwoch 12.00–18.00 Donnerstag 12.00–20.00 Freitag 12.00–18.00 Samstag/Sonntag 11.00–18.00 Montage/Dienstag geschlossen

Adresse Seevorstadt 71 2502 Biel

Kontakt [email protected] +41 32 322 44 82 www.photoforumpasquart.ch

Medieninformationen & Kontakt

Pressekonferenz Freitag 30. November 2018 um 10.30

Medienkontakt Danaé Panchaud Direktorin [email protected] +41 32 322 44 82 / +41 78 723 61 07

Abbildungen www.photoforumpasquart.ch/presse

Inhalt

Prix Photoforum 2018 & Preisträgerin p. 3

Fotograf_innen p. 4–7

Bilder p. 8–15

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PRIX PHOTOFORUM 20182.12.2018 – 13.1.2019

Preisträgerin : Solène Gün

Ausgewählte Fotograf_innen : Anna-Tia Buss, Solène Gün, Maia Gusberti, Clément Lambelet, Vincent Levrat, Raphaël Lods, Olivier Lovey, Andrea Marioni, Anastasia Mityukova, Nicolas Polli, Marcel Rickli, Daniel Rihs, Maya Rochat, Nora Teylouni

In diesem Jahr gingen über 130 Bewerbungen für den Prix Photoforum ein. Die Jury, bestehend aus Béatrice Brunner (Direktorin, Galerie Béatrice Brunner, Bern), Sascha Renner (Kurator, Coalmine Forum für Dokumentarfotografie & Fotostiftung Schweiz, Winterthur), Danaé Panchaud (Direktorin, Photoforum Pasquart), Brigitte Lustenberg-er (Künstlerin und Vorstandsmitglied) sowie Andrea Gohl (Künstlerin und Vorstandsmitglied), hat 14 Kunstschaf-fende und Fotograf_innen sowie eine Preisträgerin für die Ausstellung ausgewählt.

Der Prix Photoforum ist eine der wenigen Auszeichnungen für Fotografie in der Schweiz ohne vorgegebene The-matik und offen für alle – unabhängig von Alter und Stand der Karriere. Folglich zeigt die Ausstellung jedes Jahr die grosse Bandbreite der Schweizer Fotografieszene und deren Vielfalt im Umgang mit dem Medium. Die Werke aus diesem Jahr widerspiegeln die Auseinandersetzungen der Kunstschaffenden mit wichtigen gesellschaftlichen Themen wie Migration und die Darstellung von Migrant_innen, Klimawandel und die politischen Antworten da-rauf, Militärüberwachung und politische Kontrolle, Zugang zu Informationen und die Entstehung eines Diskurses basierend auf Dokumenten, die Darstellung von Geschlechtern oder Waffengewalt. Weitere Arbeiten zeigen das Potential des fotografischen Bildes auf und durchbrechen dessen Grenzen, in dem sie zu Objekten oder raumgreif-enden Installationen werden. Vom Schnappschuss zum aufwändig inszenierten Bild, von der dokumentarischen Fotografie zu komplex gestalteten Bildern – die Ausstellung macht die Vielfalt und Aussagekraft der Fotografie im 21. Jahrhundert erfahrbar.

Der mit 5’ooo CHF dotierte Prix Photoforum geht dieses Jahr an Solène Gün (*1996). Ihr Projekt Turunç taucht in den Alltag junger, aus der Türkei emigrierter Männer ein, die in den Vorstädten Berlins und Paris leben, in denen die Fotografin selbst auch einen Teil ihrer Kindheit verbracht hat. Ausgehend davon, dass Menschen, die in solchen Or-ten leben, oft stigmatisiert und diskriminiert werden, untersucht Solène Gün deren Alltag und Umwelt, die geprägt sind von Spannungen zwischen dem Wunsch, sich zu verstecken und dem Bedürfnis wahrgenommen zu werden. Die Jury war von der starken und einzigartigen Bildsprache sowie der Subtilität und Komplexität ihrer Annäherung an ein üblicherweise von Gewalt und stereotypen Darstellungen gezeichneten Thema überzeugt.

Im Rahmen des Kick-Off Days vom 27. Oktober 2018 – dieser fand dieses Jahr zum dritten Mal statt – trafen die Kunstschaffenden auf Expert_innen aus den Bereichen der Kunstgeschichte, des Ausstellungsmachens und dem Verlagswesen. Unsere Gäste waren Patrick Frey (Edition Patrick Frey), Andreas Koller (Edition Patrick Frey), Yann Mingard (Künstler) und Maren Polte (Hochschule der Künste Bern).

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FOTOGRAF_INNENAnna-Tia BussDas Projekt I Never Realized vereint die Geschichten verschiedener Frauen und deren Kämpfe um Anerkennung und Selbstbewusstsein, die Anna-Tia Buss in Treffen mit diesen sammelte. Der männliche Blick hat historisch gesehen, die Wahrnehmung und Darstellung des Weiblichen stark geprägt und dem weiblichen Körper ästhetische Kriter-ien auferlegt. Die an diesem Projekt beteiligten Frauen verbindet, dass sie zu einem bestimmten Zeitpunkt durch Bemerkungen einer Grossmutter, Schwester, Freundin oder anderen Person ein anderes Körperbewusstsein en-twickelten. Diese Personen wiesen sie auf einen Makel hin, den sie selbst gar nie an sich selbst festgestellt haben und lösten eine veränderte Körperwahrnehmung aus. Das Projekt reflektiert den Einfluss des Blicks von aussen – in einer Gesellschaft, in der Schönheitsideale stark verankert sind.

Anna-Tia Buss (*1993) hat 2015 eine Ausbildung in Fotografie am CEPV in Vevey abgeschlossen und studiert aktuell an der Hochschule für Design & Kunst in Luzern. Sie arbeitet seit 2013 als selbstständige Fotografin.

Solène GünDie Pariser und Berliner Vorstädte sind Hochburgen der türkischen Migration. Diese vom Staat im Stich gelassenen Orte, bringen Parallelgesellschaften, Gewalt und Langeweile, aber auch Verbundenheit und Hoffnung hervor. Junge Menschen, die hier leben, werden oft stigmatisiert und diskriminiert. Oft entsteht daraus eine zwiespältige Hal-tung zwischen dem Wunsch, unerkannt zu bleiben und dem Drang, sich zu zeigen. Diesen Widerspruch untersucht Solène Gün, die Preisträgerin des Prix Photoforum 2018, in ihrer Arbeit Turunç (Bitter Orange).

Solène Gün (*1996) hat den Bachelor in Visueller Kommunikation 2018 an der ECAL in Lausanne abgeschlossen. Als türkische Migrantin hat sie einen Teil ihrer Kindheit in der Pariser Banlieue verbracht, was sie seit mehreren Jahren in ihren fotografischen Arbeiten aufgreift.

Maia GusbertiWelche Bilder stellen wir den Konfliktbildern, welche wir stetig in den Medien sehen, entgegen? Ausgehend von dieser Frage entstand Maia Gusbertis Arbeit Unresolved Objects (Not ready to dissolve). Kernseife, eines der wichtig-sten Exportprodukte Aleppos, steht im Zentrum dieses Projekts und steht für die geopolitischen Unruhen dies-er Region Aleppo steht momentan nicht mehr im Mittelpunkt der Berichterstattungen. Doch solange die Bilder des vom Krieg zerstörten Landes nicht Platz machen, für Bilder eines politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Umschwungs, ist die Seife auch ein Symbol der Würde, der Reinigung, des Austausches – ein Zeichen gegen die Ohnmacht des Westens, für das subtile Aufbegehren der Bilder im Sinne eines Befragens der mediengeformten Kriegsbilder und dessen, was sich ausserhalb des gezeigten Rahmens befindet. Für Unresolved Objects (Not ready to dissolve) fotografierte die Künstlerin 300 Aleppo-Seifen einzeln und stellt auf der Rückseite jedes Bildes Fragen, die die Problematik der kulturellen Appropriation, der Ausbeutung von Objekten sowie der medialen Darstellung und Bildpolitiken unter die Lupe nehmen.

Nach Ausbildungen in der Schweiz, Wien und Stockholm lebt und arbeitet Maia Gusbeti (*1971) in Bern und Brüssel. Ihre Arbeiten werden regelmässig international ausgestellt und wurden mit zahlreichen Preisen und Aufenthaltss-tipendien ausgezeichnet.

Clément LambeletIn Collateral Visions untersuch Clément Lambelet algorithmisches und maschinelles Sehen. Sein Projekt basiert auf einem neuen Verständnis von Sehen, welches aus der Ideologie kontrollierter Gesellschaften entstammt. Er präsentiert dieses als Konstellation, in der Bilder von Drohneneinsätzen neben inszenierten Bildern stehen, die in Körperscanner an Flughägen entstanden sind. Collateral Visions umfasst Bücher, Videos, Fotografien und einen At-lastisch. Der Fotograf setzt aktuelle Überwachungsmethoden für seine Zwecke ein und kreiert visuelle Erlebnisse, die Besucher_innen zu Beobachtenden machen und mit ebendieser Thematik konfrontieren. Collateral Visions deckt die angsteinflössenden und entmenschlichenden Systeme der Kontrolle und Überwachung sowohl durch Wiedera-neignung als auch durch Inszenierung von Bildern auf.

Clément Lambelet (*1991) ist selbstständiger Fotograf. Nach einem Bachelor in Visueller Kommunikation an der ECAL in Lausanne ist er nun dort als wissenschaftlicher Assistent tätig.

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Vincent LevratBrachen, leere und funktionslose Flächen, sind nicht sozialen Normen unterworfen. Sie können folglich als Freiräume wahrgenommen werden, in denen die Vorstellungskraft grenzenlos zum Ausdruck kommen kann. Aus-gehend von dieser Annahme experimentiert Vincent Levrat auf dieser Brache und machte diesen Ort zu seinem Atelier unter freiem Himmel. Die Brache wird zum Spielplatz, in welchem er mit verschiedenen vorgefundenen Materialien experimentiert, mit den physikalischen Gesetzen spielt und sich in dieser eigenen Welt verliert. Der Ort dieses Projekts kann weder kontextualisiert noch geografisch eingeordnet werden. Er wird so zu einem gedankli-chen und imaginären Raum, zu einer Lebenshaltung, einem Rückzugsort, einer Heterotopie. Vincent Levrat stellt eine Installation und eine Publikation vor, in der er sein Erlebnis auf der Brache festhält. So wie die vor Ort auf der Brache gefunden Materialien eingesetzt wurden, verwendet er nun auch die dort entstandenen Bilder als Inspira-tion für neue Skulpturen.

Nach dem Abschluss in Fotografie 2015 am CEPV in Vevey, hat Vincent Levrat (*1992) einen Bachelor in Fotografie an der ECAL in Lausanne erlangt.

Raphaël LodsDie Arbeit POG9317 basiert auf der persönlichen Lebenserfahrung des Künstlers. Als Raphaël Lods vor 18 Jahren wegen eines Lymphoms hospitalisiert wurde, entstanden die ersten Bilder dieser Arbeit. Mit dem Wunsch, die Ver-gangenheit aufzuarbeiten, bevor die Erinnerungen ganz verschwinden, geht Raphaël Lods zurück in die Abteilung für pädiatrische Onkologie. Zurück an den Ort, wo er als Kind behandelt wurde. Er streift durch diese Räume, auf der Suche nach intimen und absurden Details und Szenen. Seine Bilder konfrontieren uns mit einer widersprüchli-chen Realität, in der Spielzeuge auf medizinische Instrumente treffen. Wir folgen seinen Erinnerungen und lassen uns durch seine Bilder führen, die vor Kurzem in der Onkologie entstanden sind oder aus seinem persönlichen Ar-chiv stammen. Raphaël Lods beleuchtet das Paradox der Situation: Gleichzeitig Kind sein, unschuldig und dennoch vom Krebs gezeichnet dem Tod ins Auge schauen.

Raphaël Lods (*1997) hat 2017 ein BTEC High National Diploma in Fotografie an der IPAC Design in Genf erlangt. Zu Zeit studiert er am CEPV in Vevey.

Olivier LoveyDie Serie Miroirs aux Alouettes, welche Olivier Lovey 2016 begonnen hat, zeigt surreale, nahezu unwirkliche Bilder. Diese Illusionen entstehen durch Bilder, die im öffentlichen Raum oder in Museen an ganz bestimmten Orten platziert werden. Indem er die Realität und die Verdoppelung dieser, in Fotografien einander gegenüberstellt, hin-terfragt er die Grenzen des Bildes und der Darstellung. Die Begriffe der Perspektive, des Tromp-l’œil und des Mise en abyme werden auf diese Weise neu interpretiert. Ursprünglich als Fotografien gedacht, funktionieren seine Werke auch als Installationen.

Nach seinem Masterabschluss in Psychologie 2006, wechselt Olivier Lovey (*1981) ans CEPV in Vevey, um Fotogra-fie zu studieren. Seit daher ist er als selbstständiger Fotograf tätig.

Andrea MarioniAndrea Marioni zeigt eine Reihe von Bildern, die im Flüchtlingslager Eko Camp, 10 km vor der Grenze zwischen Mazedonien und Griechenland, entstanden sind. Dort werden rund 2’000 Personen, vorwiegend aus Syrien stam-mend, aufgehalten. Der Künstler gelangt zufälligerweise an diesen Ort und entscheidet, einige Zeit als freiwilliger Helfer zu bleiben. Als das Lager aufgelöst und nach Vasilika, nahe Thessaloniki, umgesiedelt wird, reist der Künstler erneut dahin. Im Angesicht dieses menschlichen Dramas beschliesst er, vorerst keine Fotografien zu machen. Als er jedoch ein T-Shirt erhascht, bedruckt mit einem Slogan, der die Absurdität der Situation passend umschreibt, macht er einen Schnappschuss davon – ohne den Träger des Kleidungsstückes zu entlarven. Im Anschluss bemerkt er im-mer wieder solche T-Shirts, die aus Europa stammen und deren Aufschriften lustig sind – oder in dieser konkreten Situation absurd werden. Unterstützt durch die Bewohner_innen des Eko Camps erstellt der Fotograf eine Sammlu-ng von T-Shirts, welche einen Bruch zwischen der Aussage, die sie vermitteln, ihrem Ursprung und dem Kontext, in dem sie getragen werden, entstehen lassen. Die systematische Wahl des Bildausschnittes wird durch die Anonymität der Träger_innen und dem Hervorheben der Botschaften auf den Kleidungsstücken definiert.

Eko Camp reflektiert Individualität und Masse: Kleider können ein Mittel sein, um aus der Masse herauszustechen

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und seine Identität zu zeigen. Hier stellen sie aber auf indirekte Weise die Frage nach der Individualität der Be-wohner_innen des Flüchtlingslagers, die oft als homogene Gruppe wahrgenommen werden. Andrea Marioni re-flektiert den Umgang mit der Fotografie im Kontext von Flüchtlingslager. Viele Bilder, die wir üblicherweise sehen, zielen auf spektakuläre und emotionale Bilder ab.

Andrea Marioni (*1986) hat 2013 einen Master in Art Action an der HEAD in Genf erlangt, nachdem er an der Uni-versität Lausanne Kunstgeschichte und Filmwissenschaften studierte. Zurzeit leitet er den espace libre von Visarte Biel. Anastasia MityukovaIm Dorf Thulé, im Norden Grönlands, wurde 1957 unter dem Eis die amerikanische experimentelle Militärbasis Camp Century erbaut. In dieser sollten Nuklearraketen für einen Angriff auf die Sowjetunion aufbewahrt werden. Als die Eisschicht nach sechs Jahren unaufhörlichen Bauens brüchig wurde, gab man das Projekt auf. Der ganze Ab-fall, darunter auch Nuklearreaktoren, liegen dort begraben. 1967 stürzt ein mit vier Nuklearbomben beladenes B-52 Flugzeug 20 km von diesem Inuit-Dorf ab. Die Bomben darin sind 1’200 Mal stärker als diejenigen von Hiroshima. Drei der Bomben explodieren, eine bricht durch das Eis hindurch und wurde nicht wiedergefunden. Heute, da wir mit dem Klimawandel kämpfen, drohen diese Überreste das lokale Ökosystem zu verschmutzen. Glaziolog_innen sagen voraus, dass die radioaktiven Abfälle und somit auch deren Strahlung 2050 freiliegen werden. Eine Tragödie für die Inuit Bevölkerung, die von der Jagd und Fischerei lebt. Bis zum heutigen Tag übernimmt weder die dänische noch die amerikanische Regierung Verantwortung für dieses Desaster.

Die Arbeit Project Iceworm von Anastasia Mityukova widmet sich diesem ökologischen Drama. Der Titel stammt von einer weiteren Bezeichnung für das Camp Century. Die Künstlerin macht die Zerstörung der Landschaft und der lokalen Bevölkerung durch verschiedene Medien sichtbar. Eine Cyanotypie beispielsweise macht das Ausmass des Flugzeugabsturzes sichtbar: Die schwarze Spur des verbrannten Kraftstoffs, gemischt mit Plutonium, erstreckt sich über 11 km. Eine Videoarbeit zeigt amerikanische Archivbilder von den ersten Atomtests, ein Tonband spielt traditionelle Gesänge aus dem Dorf Thulé, die 1960 vom Anthropologen Jean Malaurie aufgenommen wurden. Das Buch ist eine Zusammenstellung von Archivbildern der Erbauung der Basis und Bildern, die von den Inuit, die vor Ort leben, aufgenommen und 2018 von der Fotografin über soziale Netzwerke gesammelt wurden. Die zensurier-ten Dokumente bezeugen, wie die Angelegenheit von der amerikanischen Regierung behandelt wurde: der Begriff «nuklear» wurde überall geschwärzt.

Nach einem Architekturstudium an der EPFL in Lausanne studierte Anastasia Mityukova (*1992) an der ECAL in Lausanne, wo sie 2018 mit einem Bachelor in Fotografie abschloss.

Nicolas PolliIn Ferox, the Forgotten Archives untersucht Nicolas Polli die Grenze zwischen Realität und Fiktion. Dabei stellt er die Frage, wie die Echtheit von Bildern bewertet und eingeschätzt wird. Als Liebhaber der Weltraumfotografie hinter-fragt er die Komplexität der Informationen, die aus den Bildern vom Planeten Mars hervorgehen und das Vertrauen, welches wir den Bildern, die durch die NASA produziert werden, entgegenbringen. Ferox, The Forgotten Archives erschafft ein Archiv, welches der fiktiven Weltraumagentur IEMS gehört. Der Fotograf will wissen, wie wichtig die «Echtheit» des Materials ist. Ist es einfach, «Wirklichkeit» zu fälschen? Welche Art von Information braucht es, damit wir einem Bild trauen?

Um diesem Archiv mehr Kraft zu verleihen, erstellte der Künstler eine Webseite und ein Buch. Auf der Open-Source-Webseite können die Benutzer_innen das Bildmaterial anschauen und wiederverwenden. Das Ziel des Künstlers ist es, zu beobachten, wie dieses Archiv genutzt wird. Das Buch enthält eine Auswahl des Bildmaterials und wird von gleichermassen erfundenen Essays, Daten und Diagrammen begleitet.

Nicolas Polli (*1989) hat von 2010–2013 in Lugano Visuelle Kommunikation studiert und im Anschluss einen Master in Direction Artistique an der ECAL in Lausanne erworben. Er arbeitet als Künstler, Grafikdesigner und Verleger.

Marcel RickliChina ist weltweit die Nummer Eins, wenn es um Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien geht. Viele Megaprojekte werden aktuell durchgeführt, um dem grössten Umweltproblem des Landes entgegen zu wirken – dem Smog. Es ist eine zweischneidige Problematik, die Marcel Rickli in seiner Serie Ambivalent dokumentiert.

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Die hohe Luftverschmutzung in China hat jährlich hunderttausende von Opfer zur Folge und führt nun zu neuen wirtschaftlichen Investitionen. Und dennoch, fossile Brennstoffe decken nach wie vor den Grossteil der Energieer-zeugung ab. Insbesondere Kohlebrennwerke, die als Hauptverursacher für die Luftverschmutzung eingeschätzt werden, dominieren die Stadtbilder in den Provinzen Shanxi und Hebei. Gleichzeitig werden bisher unerreichte Mengen an Installationen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien erbaut. Am Rande der Wüste Gobi entsteht der grösste Windpark der Welt und eine futuristische Solarzentrale wird auf dem Plateau Qinghai erbaut. Jedoch ist die Entwicklung dieser Stationen fernab der urbanen Regionen fragwürdig, da ein Grossteil der Energie beim Trans-port in die Agglomerationen verloren geht. Doch die Investitionen werden auch einen positiven Zweiteffekt auf das weltweite Klima haben. So sinken beispielsweise die Preise für Solarmodule stetig, was zur weiteren Verbreitung und vermehrtem Einsatz von solchen führt und somit zu einer grüneren Zukunft beiträgt.

Marcel Rickli (*1986) hat eine Ausbildung zum Fotodesigner abgeschlossen und nach einigen Praktika im Bereich der Fotografie in der Schweiz und den USA sein Unternehmen Marcel Rickli Fotografie gegründet.

Daniel RihsAm 24. März 1999 intervenierte die NATO im Kosovokrieg und bombardierte das damalige Jugoslawien. Am gle-ichen Tag griffen serbische Soldaten und Milizen mit Panzern und schwerer Artillerie mehrere Dörfer im Süden des heutigen Kosovo an. Frauen und Kinder wurden vertrieben, Männer erschossen. Der Internationale Strafgericht-shof in Den Haag verfolgte die Kriegsverbrechen und kam zum Schluss, das die Opfer unbewaffnete Zivilist_innen waren.

Der Blutrausch dauerte mehrere Tage an und spielte sich ausserhalb des Radars der internationalen Medien ab, da sich diese auf die Bombenangriffe der NATO konzentrierten. Als die ersten Frauen aus den Bergen zurückkehrten, fanden sie die Leichen ihrer Ehemänner, Brüder, Söhne,Väter und ihre niedergebrannten Häuser.

Rund 20 Jahre später besucht und dokumentiert Daniel Rihs die beiden stark betroffenen Ortschaften Krushë e Madhe – mit rund 7’000 Einwohner_innen – und das deutlich kleinere Krushë e Vogël. Die Menschen dort fühlen sich von ihren eigenen Politiker_innen und der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen. Viele junge Er-wachsene erhalten zwar eine gute Bildung, haben aber keine wirtschaftliche oder gesellschaftliche Perspektive in ihrem eigenen Land. Wer die Möglichkeit hat, verlässt die Stadt. Der einzige wirtschaftliche Antrieb findet sich auf einem kleinen Platz in der Mitte der Stadt: MoneyGram. Hier holen die Bewohner_innen Geld ab, dass ihnen von Verwandten aus der Schweiz und Deutschland geschickt wird.

In Krushë e Vogël war ein Viertel der Bevölkerung serbisch. Geblieben sind nur die Ruinen ihrer Häuser, die durch Kosovo-Albaner in einem Rachefeldzug niedergebrannt wurden. Bis heute sind keine Serben zurückgekehrt. Für die Aufarbeitung der trauamtischen Verbrechen auf dem Weg zu einer Versöhnung scheint nicht nur das Geld, sondern auch der Wille beider Seiten zu fehlen.

Daniel Rihs (*1966) hat in den 90er Jahren als Autodidakt zur Fotografie gefunden. Seither hat er verschiedene Mas-terclasses und Praktika absolviert. 2016 wurde er mit dem Swiss Press Photo Award in der Kategorie Schweizer Reportagen ausgezeichnet.

Maya RochatDas Projekt LIVING IN A PAINTING von Maya Rochat basiert auf einem fotografischen und malerischen Bild-korpus, den sie auf instinktive Art und Weise zusammenstellt und bearbeitet. Die Künstlerin reagiert auf architek-tonische Räume, in denen sie arbeitet und kreiert immersive Erlebnisse für alle Sinne. Die Alchimie der (analogen und digitalen) Fotografie und das Greifbare der Malerei (Spray und Acryl) werden in ihren Arbeiten miteinanderver-bunden und imitieren verschiedenen Entwicklungen der Natur. Durch Zerreissen, Zusammensetzen, Überlagern und Bearbeiten werden die Fotografien schrittweise voluminöser und skulpturaler.

Ein Fluss aus Bildern in Bewegung macht LIVING IN A PAINTING zum Spiegel einer organischen Welt in stetigem Wandel. Die Verbindung der unterschiedlichen Medien – von bewegtem und unbewegtem Bild –lassen eine mutie-rende Collage entstehen. Dieses Projekt kann am eigenen Körper erlebt werden. Dafür hat die Künstlerin Teile der Bildserie als Hoodies und Tücher tragbar gemacht. Ausserdem kann man das Projekt direkt während «Live Paint-ings» auf Hellraumprojektoren erleben. Diese werden begleitet durch den Musiker Buvette.

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Maya Rochat (*1985) hat 2012 den Master in Fotografie an der HEAD in Genf abgeschlossen. Neben Ausstellungen hat sie mehrere «Live Paintings» und Performances in der Schweiz und im Ausland realisiert.

Nora TeylouniZwischen Griechenland und dem Senegal liegen tausende Kilometer, etliche Grenzen und Meere, die die Distanz zu der Familie schier unüberwindbar machen. Männer und Frauen haben den Senegal verlassen und sind über die Türkei nach Griechenland gelangt, wo sie sich niedergelassen haben. Die Gründe, die Heimat zu verlassen ohne zu wissen, ob und wann man zurückkehrt, sind verschiedene: Finanzielle Not, der Ruf nach «Abenteuer und Erfolg», der Traum vom Reisen, angetrieben durch den religiösen Glauben und dem Willen, für die Familie ein Opfer zu bringen.

Il Faut Marcher ist ein dokumentarisches Projekt von Nora Teylouni, welches aus zwei Regionen hervorgeht und die Geschichte dreier Familien erzählt. Das Leben der Protagonisten – derjenigen, die emigriert sind – wird mit dem der im Senegal Zurückgebliebenen in Verbindung gebracht. Im Projekt werden die Familienmitglieder durch Bild und Text zusammengeführt. In Realität können solche Treffen kaum stattfinden, da die Reisemöglichkeiten mit einem senegalesischen Pass sehr eingeschränkt sind. Um ihr Projekt zu vollenden, überschritt Nora Teylouni diese Grenzen und hinterfragt Ausdrücke wie Heimat und untersucht, wiesich ein Bezug zu einem bestimmten Ort entwickelt. Die dabei entstandenen Bilder schaffen es, die geografische Distanz mal auszulöschen, mal zu betonen.

Nora Teylouni (*1987) hat am CEPV in Vevey Fotografie studiert und ihre Ausbildung 2012 mit einem Bachelor in Bildender Kunst an der HEAD in Genf vervollständigt.

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Anna-Tia Buss, I Never Realized, 2018

Solène Gün, Turunç, 2018

BILDER

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Clément Lambelet, Collateral Visions, 2018

Maia Gusberti, Unresolved Objects (Not Ready to Dissolve), 2018

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Vincent Levrat, Outburst, 2018

Raphaël Lods, POG 9317, 2018

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Olivier Lovey, Miroirs aux Alouettes, 2017

Andrea Marioni, EKO Camp, Polykastro, Greece, 2016

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Anastasia Mityukova, Project Iceworm, 2018

IEMS/Nicolas Polli, Ferox, The Forgotten Archives, 2018

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Marcel Rickli, Ambivalent, Xingtai, Hebei Province, 2017

Daniel Rihs, Zurückgelassen und Vergessen, 2017

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Maya Rochat, LINVING IN A PAINTING, 2017-2018

Nora Teylouni, Il Faut Marcher, 2018