Probleme ländlicher Räume und Lösungsansätze - saarland.de · • Wenig soziale Probleme und...
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Dr. Patrick Küpper
Dr. Patrick Küpper Thünen-Institut für Ländliche Räume
Kirkel, den 08.03.2018
Probleme ländlicher Räume und Lösungsansätze
Dr. Patrick Küpper
Patrick Küpper
Kirkel, 08.03.2018
Was sind eigentlich ländliche Räume?
Thünen-Institut für Ländliche Räume
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Definition ländlicher Räume
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Traditionelles Verständnis:
• Der ländliche Raum als homogen
• Kleine Orte und geringe Bevölkerungsdichte
• Hohe Bedeutung von Land- und Forstwirtschaft
• Natur und fast keine Umweltverschmutzung
• Geringe Einkommen und Arbeitsplatzperspektiven
• Geringe Infrastrukturausstattung und Dienstleistungsangebot
• Abwandung Junger und Gutqualifizierter
• Konservative Werte und Tradition
• Hohe soziale Kontrolle
Modernes Verständnis:
• Ländliche Räume als heterogen
• Intensive Flächennutzung und Naturschutz
• Land- und Forstwirtschaft nur noch landschaftsprägend
• Sozioökonomische Diversität
• Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land
• Kleine und mittelgroße Städte als Zentren innerhalb ländlicher Räume
• Geringe Erreichbarkeit metropolitaner Zentren
• Plurale Werte und Bedürfnisse auf Grund der Individualisierung
08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
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Abgrenzung ländlicher Räume - der Thünen-Ansatz
Ländlichkeitsindex (mittels Hauptkomponentenanalyse)
• Siedlungsdichte
• Anteil Ein- und Zweifamilienhäuser
• Anteil Land- und forstwirtschaftlicher Fläche
• Regionales Bevölkerungspotential
• Erreichbarkeit großer Zentren
Quelle: www.landatlas.de, 2017. Seite 4 08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
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Kirkel, 08.03.2018
Werden ländliche Räume abgehängt?
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Sich selbst verstärkende Schrumpfung
Teufelskreis der Schrumpfung
Wirtschaftlicher
Niedergang
Selektive Abwanderung/Entwertung des
Humankapitals
Sinkende öffent-
liche Res-sourcen
Verminderung
der Infra-struktur
Imageverlust/risikoaverses Verahlten
Sinkende Nachfrag
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Sinkende Investi-tionen
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Ausgewählte Fakten zu den Disparitäten zwischen ländlichen und nicht-ländlichen Regionen
Unterschiede zwischen ländlichen und nicht-ländlichen Räumen sind im Durchschnitt vernachlässigbar, konstant oder verbessern sich zu Gunsten ländlicher Räume bei mehreren Indikatoren:
• Fast keine Unterschiede hinsichtlich Schulabbrecherquote, Wahlbeteiligung und Hausarztdichte
• Lebenserwertung von Männern und Frauen konstant leicht unter dem Niveau in nicht-ländlichen Räumen
• Produktivität, Steuerkraft und verfügbares Einkommen deutlich unterhalb des nicht-ländlichen Niveaus, aber Rückstand nimmt ab
• Arbeitslosenquote und Anteil Personen in Mindestsicherung deutlich unter dem nicht-ländichen Niveau und der Unterschied wächst weiter
• Aber: Unterschiede beim Arbeitsplatzangebot und der Ganztagsbetreuung wachsen geringfügig
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Regionale Schrum-
fung
Finanzausgleichssysteme
Sozialversicherung (Flüchtlin
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Sinkende Immobilie
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Sinkende relative Löhne
Freiräume für
Innovationen
Flächen- und
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Brachen
Spillover-
Effekte
Überlastungseffekte in
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Zuwanderung/Rau
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Passive Sanierung
Bremseffekte der Schrumpfung als Ansatzpunkte ländlicher Entwicklung
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Passive Sanierung, industrielles Potential und Wissensökonomie Patrick Küpper
Kirkel, 08.03.2018
Wirtschaftliche Herausforderungen
Thünen-Institut für Ländliche Räume
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Passive Sanierung: Zusammenhang zwischen Entwicklung der Bevölkerung und der Arbeitsplätze
Quelle: Eigene Berechnung; Datengrundlage: www.vgrdl.de; rural-urban classification: www.inkar.de.
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Arbeitskräfteknappheit?
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Wissensintensive Industrien
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Deutschland: 10,3 % Ländliche Räume: 11,3 % Nicht-ländliche Räume: 9,3 % Anteil ländliche Räume: 55,5 %
08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
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Bruttoinvestitionen
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Deutschland: 9,8 Ländliche Räume: 8,5 Nicht-ländliche Räume: 10,5 Anteil ländliche Räume: 58,1 %
08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
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Akademikeranteil an den Beschäftigten
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Deutschland: 13,8 % Ländliche Räume: 9,4 % Nicht-ländliche Räume: 18,3 % Anteil ländliche Räume: 34,3 %
08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
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• Agglomerationseffekte (nur Landeshauptstädte) und Verkehrsinfrastruktur nicht mehr bedeutsam
• Pfadabhängigkeit auf Grund der Branchenstruktur
• Sozialkaptial (bürgerschaftliches Engagement, konservative Werte, Unternehmertum) signifikant
• Wissensinfrastruktur und Humankapital als verbleibende Politkoption
• Einfluss von betrieblicher Förderung strittig
Bestimmungsfaktoren der Wirtschaftskraft
Quelle: Döring et al., 2011: 14.
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Veränderung sozialer Netze, Vererbung von Problemen und neue Zuwanderung Patrick Küpper
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Soziale Herausforderungen
Thünen-Institut für Ländliche Räume
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Veränderung sozialer Beziehungen
• Ausdünnung familiärer Netze vor Ort bei teils Intensivierung distanzunabhängiger Kommunikation
• Nachwuchsprobleme in Vereinen und Organisationen
• Höhere Erwerbstätigkeit bei steigenden Flexibilitätsanforderungen
• => Intensivierung des bürgerschaftlichen Engagements kaum möglich
• Hohe Bedeutung familiärer Beziehungen gerade bei Hochbetagten
• Lösungsmöglichkeiten: Gelegenheitsorte, Unterstützung (Geld, Anerkennung, Dorf-Moderatoren) und Professionalisierung
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Quelle: Vereinsplatz.Saarland 2018
Quelle: Regionale Entwicklungs-agentur St. Wendel 2018
08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
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Vererbung sozialer Probleme: Schulabbrecherquote
Durchschnitt Deutschland: 5,7 % Durchschnitt Ländliche Räume: 5,7 % Durchschnitt Nicht-ländliche Räume: 5,7 %
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Bedarf an Integrationsleistungen für Migranten
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Initiativen zur Integration von Flüchtlingen und Migranten (Beispiel Wittmund)
• Gemeinsame Renovierung eines Dorfgemeinschaftshauses von lokalen Bürgern und Flüchtlingen
• Angebot von Schnupperpraktika und Kompetenzgeststellungsangeboten
• Sportverein bietet Sprachkurse an und versucht, Migranten in die Teams zu integrieren
• Landfrauen schreiben ein Rezeptbuch zusammen mit zugewanderten Frauen und organisieren Kochkurse
• => viel zivilgesellschaftliches Engagement
• Anfänglich hohes Interesse lokaler Firmen, dann aber von fehlenden Sprachkenntnisse und Qualifikationen ernüchtert (vermutlich qualifikationsselektive Abwanderung)
• Mobilität als zentrales Problem für jegliche Aktivitäten
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Patrick Küpper
Kirkel, 08.03.2018
Herausforderungen im Bereich der Daseinsvorsorge
Thünen Institute of Rural Studies
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Erreichbarkeitsprobleme und neue Organisationsformen
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Demographischer Wandel: Schrumpfung und Alterung
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Dr. Patrick Küpper
Lösungsansatz: People to services
• Auch bei ausdünnendem Angebot, kaum Erreichbarkeitsprobleme für Personen mit PKW-Verfügbarkeit
• 90 % der Erwachsenen haben ein Auto verfügbar
• Geringe Attraktivität des ÖPNV und Schwierigkeiten, das Angebot aufrechtzuerhalten
• Dominanz des MIV in ländlichen Räumen
• Geringe Attraktivität und Finanzierungsschwierigkeiten im ÖPNV
• Bedarfsorientierte Bedienformen erfordern Mindestnachfrage und hohe Zuschüsse
• Alternativen: organisierte Mitnahme, Bürgerbus, Car-Sharing, Kombi-Bus, Pedelecs, PKW-Assistenzsysteme
Quelle: Leuphana Universität 2015: 3.
Quelle: Move on green.
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Dr. Patrick Küpper
Lösungsansatz: Services to people
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Quelle: LAG Stettiner Haff, Landkreis Vorpommern-Greifswald 2014
Quelle: http://www.eler.brandenburg.de/sixcms/detail.php/492304
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Kriterien für Investitionen und Abbau: „Demographie-Check“
08.03.2018
Quelle: Küpper et al. 2013: 35.
Dr. Patrick Küpper
Patrick Küpper
Kirkel, 08.03.2018
Einige Gedanken zur Förderung ländlicher Räume
Thünen-Institut für Ländliche Räume
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Dr. Patrick Küpper
Förderung ländlicher Räume
Diskussionsanregungen:
• Territoriale statt sektorale Politik
• Abgrenzung von Sektorpolitiken => Schnittstellenthemen und ländliche Besonderheiten fokussieren
• Prinzip fiskalischer Äquivalenz beachten
• Kommunale Selbstverwaltung ermöglichen statt Sonderprogramme für “finanzschwache Kommunen”
• Hilfe zur Selbsthilfe statt Dauersubvention
• Fokussierung auf Problemregionen
• Regelwerke vereinfachen und Bürokratie abbauen
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Quelle: Landkreis Neunkirchen 2018.
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Quelle: Fährmann 2016
Komplexität der Umsetzung ländlicher Entwicklungspolitik
Dr. Patrick Küpper
Patrick Küpper
Kirkel, 08.08.2018
Schlussfolgerungen
Thünen-Institut für Ländliche Räume
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Dr. Patrick Küpper
Zusammenfassung sozio-ökonomischer Herausforderungen
Index zur sozioökonomischen Lage (Hauptkomponentenanalyse):
• Steuereinnahmen
• Bruttoverdienst
• Anteil Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss
• Median des Haushaltseinkommen
• Arbeitslosenquote
• Wohnungsleerstand
• Nettowanderungen der 18-19-Jährigen
• Lebenserwartung von Männern und Frauen
Quelle: Küpper, 2016.
Seite 30 08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
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Kein Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Lage und Ländlichkeit
Source: Küpper, 2016. Seite 31 08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
Dr. Patrick Küpper
Schlussfolgerungen
• Ländlich ≠ strukturschwach
• Wirtschaftskraft kaum beeinflussbar
• Wissensintensive Industrien vs. kaum wissensintensive DL und Arbeitsplätze für Akademiker
• Wenig soziale Probleme und viel Engagement vs. ausdünnende Netzwerke, Aufrechterhaltung bürgerschaftlicher Angebote, Vererbung von Problemen, Migration als neue Herausforderung
• Digitalisierung und neue Organisationsformen der DV vs. Angebotsverschlechterung und Erreichbarkeitsprobleme
• Fördersystem kritisch prüfen
www.land-atlas.de
Seite 32 08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
Dr. Patrick Küpper
Zum Weiterlesen:
Seite 33 08.03.2018 Jahresveranstaltung zum ELER im Saarland
• Küpper P, Steinführer A (2017) Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen zwischen Ausdünnung und Erweiterung. Europa Regional 23:44-60, https://www.ssoar.info/ssoar/bitstream/handle/document/53589/ssoar-europareg-2017-4-kupper_et_al-Daseinsvorsorge_in_landlichen_Raumen_zwischen.pdf?sequence=1
• Küpper P (2017) Herausforderungen bei der Entwicklung ländlicher Räume - eine Bestandsaufnahme. Landkreis(6):252-260
• Küpper P (2016) Abgrenzung und Typisierung ländlicher Räume. Braunschweig: Thünen-Institut, https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn057783.pdf
• Kundolf S, Küpper P, Margarian A, Wandinger C (2016) Koordination, Lernen und Innovation zur Entwicklung peripherer ländlicher Regionen: Phase II der Begleitforschung zum Modellvorhaben LandZukunft. Braunschweig: Thünen-Institut, https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn056919.pdf
• Eberhardt W, Pollermann K, Küpper P (2014) Sicherung der Nahversorgung in ländlichen Räumen : Impulse für die Praxis. Berlin: BMUB, https://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Broschueren/nahversorgung_laendl_raeume_broschuere_bf.pdf
• Küpper P, Steinführer A, Ortwein S, Kirchesch M (2013) Regionale Schrumpfung gestalten : Handlungsspielräume zur langfristigen Sicherung gesellschaftlicher Teilhabe schaffen und nutzen. Braunschweig: Thünen-Institut, https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn052553.pdf
• Steinführer A, Küpper P, Tautz A (2012) Gestaltung der Daseinsvorsorge in alternden und schrumpfenden Gemeinden - Anpassungs- und Bewältigungsstrategien im Harz. Braunschweig: vTI, https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn051501.pdf