Prof. Dr. Hans-Peter Busch Medicus – quo vadis? · Arzt und Krankenhaus 10/2013 308 Prof. Dr....

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Arzt und Krankenhaus 10/2013 308 Prof. Dr. Hans-Peter Busch Medicus – quo vadis? Über die notwendige Weiterentwicklung der ärztlichen Sozial- und Managementkompetenz Teil II Eine erfolgreiche Weiterentwicklung von Krankenhäusern („Kultur des kontinuierlichen Wandels“) in den Dimensionen medizinische Qualität, Servicequalität und Wirtschaftlichkeit erfordert die nachhaltige professionelle Personalentwicklung der Fach-, Sozial- und Managementkompetenz nicht nur von Leitungs- und Führungskräften. Ohne konsequente Personalentwicklung scheitern Optimierungsversuche häufig in einem veränderungsresistenten Umfeld der Besitzstandswahrung. Die Köpfe der Mitarbeiter (Wissen, Verständnis, Motivation) müssen auf schwierige neue Wege mit- genommen werden. Nur begleitet von konsequenter und nachhaltiger Personalentwicklung können erforderliche strategische und operative Konzepte im Wirtschaftsunternehmen Krankenhaus umgesetzt werden („vom Anordnen zum Überzeugen“). Eine nachhaltige systematische Personal- entwicklung setzt geeignete Prozesse, passende Strukturen und qualifizierte Mitarbeiter voraus, die in den meisten Krankenhäusern erst noch geschaffen oder gesucht werden müssen. D ie Entwicklung der ärztli- chen Sozial- und Manage- mentkompetenz braucht nachhaltige Konzepte: Am Anfang der Konzeptent- wicklung steht eine strategi- sche Entscheidung: Wird die systematische professio- nelle Personalentwicklung der ärzt- lichen (und nicht ärztlichen) Sozial- und Managementkompetenz als eine Aufgabe mit hoher Priorität für die Zukunft gewertet? Einer positiven Entscheidung muss die Bestandsaufnahme folgen: Gibt es im Krankenhaus bereits die notwendigen Prozesse, Strukturen und geeigneten Personen für eine professionelle Personalentwick- lung, oder müssen diese erst noch geschaffen oder gesucht werden? Dann müssen die Aufgaben und Ziele der Personalent- wicklung klar definiert sein: Wer soll entwickelt werden? Was ist das Ziel der individuel- len Entwicklung? Welche Kompetenzen und Eigen- schaften sollen entwickelt werden? An welchem Parameter soll der Er- folg wann gemessen werden? Definierten Aufgaben, Prozessen und Strukturen muss die persön- liche Verantwortung folgen: Wer hat die persönliche Verant- wortung für die Einführung und das Monitoring der Infrastruktur zur Personalentwicklung? Wer hat die persönliche Ergeb- nisverantwortung für die individu- elle Personalentwicklung? Personalentwicklung braucht geeignete Strukturen und Personen Voraussetzung für ein erfolgreiches Personalmanagement ist die klare Abgrenzung der Aufgaben zwi- schen Krankenhausleitung (Perso- nalabteilung) und Abteilungslei- tung. Bei einem „sowohl als auch“ ist in den Organisationsstrukturen nicht klar, wer die letzte Verant- wortung für welche Aufgaben hat. Berufs- und Gesundheitspolitik Fotos: Fotolia; Montage: Lampel

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Berufs- und Gesundheitspolitik

Prof. Dr. Hans-Peter Busch

Medicus – quo vadis?Über die notwendige Weiterentwicklung der ärztlichen Sozial- und Managementkompetenz

Teil II

Eine erfolgreiche Weiterentwicklung von Krankenhäusern („Kultur des kontinuierlichen Wandels“) in den Dimensionen medizinische Qualität, Servicequalität und Wirtschaftlichkeit erfordert die nachhaltige professionelle Personalentwicklung der Fach-, Sozial- und Managementkompetenz nicht nur von Leitungs- und Führungskräften. Ohne konsequente Personalentwicklung scheitern Optimierungsversuche häufig in einem veränderungsresistenten Umfeld der Besitzstandswahrung. Die Köpfe der Mitarbeiter (Wissen, Verständnis, Motivation) müssen auf schwierige neue Wege mit-genommen werden. Nur begleitet von konsequenter und nachhaltiger Personalentwicklung können erforderliche strategische und operative Konzepte im Wirtschaftsunternehmen Krankenhaus umgesetzt werden („vom Anordnen zum Überzeugen“). Eine nachhaltige systematische Personal-entwicklung setzt geeignete Prozesse, passende Strukturen und qualifizierte Mitarbeiter voraus, die in den meisten Krankenhäusern erst noch geschaffen oder gesucht werden müssen.

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Die Entwicklung der ärztli-chen Sozial- und Manage-mentkompetenz braucht

nachhaltige Konzepte:■ Am Anfang der Konzeptent-

wicklung steht eine strategi-sche Entscheidung:

Wird die systematische professio-nelle Personalentwicklung der ärzt -lichen (und nicht ärztlichen) Sozial- und Managementkompetenz als eine Aufgabe mit hoher Priorität für die Zukunft gewertet?

■ Einer positiven Entscheidung muss die Bestandsaufnahme folgen:

Gibt es im Krankenhaus bereits die notwendigen Prozesse, Strukturen und geeigneten Personen für eine professionelle Personalentwick-lung, oder müssen diese erst noch geschaffen oder gesucht werden?

■ Dann müssen die Aufgaben und Ziele der Personalent-wicklung klar definiert sein:

Wer soll entwickelt werden?Was ist das Ziel der individuel-

len Entwicklung?Welche Kompetenzen und Eigen-

schaften sollen entwickelt werden?

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An welchem Parameter soll der Er-folg wann gemessen werden?

■ Definierten Aufgaben, Prozessen und Strukturen muss die persön-liche Verantwortung folgen:

Wer hat die persönliche Verant-wortung für die Einführung und das Monitoring der Infrastruktur zur Personalentwicklung?

Wer hat die persönliche Ergeb-nisverantwortung für die individu-elle Personalentwicklung?

Personalentwicklung braucht geeignete

Strukturen und Personen

oraussetzung für ein erfolgreiches ersonalmanagement ist die klare bgrenzung der Aufgaben zwi-

chen Krankenhausleitung (Perso-alabteilung) und Abteilungslei-

ung. Bei einem „sowohl als auch“ st in den Organisationsstrukturen icht klar, wer die letzte Verant-ortung für welche Aufgaben hat.

Arzt und Krankenhaus 10/2013

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Abb. 1

Die Alternativen für die Weiterentwicklung des Berufsbildes Chefarzt

Chefarzt (Arzt und Manager)Von der Konzern-/Krankenhausleitung geschätzter Unternehmenspartner mit hoher Beratungs- und Gestaltungs-kompetenz

Chefarzt („Oberoberarzt“)Nur noch fachlich wahrgenommener „Spitzenmediziner“ ohne Einblick in

die Leistungs-, Kosten- und Erlösdaten „Outsourcing“ des Managements

Die Alternativen

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Berufs- und Gesundheitspolitik

Der Chefarzt ist eindeutig für die Entwicklung der Fachkompetenz zuständig, wer ist für die Entwick-lung der Sozial- und Management-kompetenz der Mitarbeiter seiner Abteilung zuständig?

Für diese Aufgaben- und Rollen-verteilung gibt es zwei Möglichkei-ten:

1. Die Personalabteilung hat die „Federführung“ und damit die Verantwortung für die Aufgabe, ärztliches Personal zu entwickeln (Sozial- und Managementkompe-tenz). Dann wird vom Chefarzt Unterstützung gefordert, die Ver-antwortung liegt bei der Personal-abteilung. Bei unzureichendem Er-gebnis werden Konsequenzen in der Personalabteilung gezogen.

2. Der Chefarzt hat die „Feder-führung“ und damit die Verant-wortung für die Aufgabe, ärztli-ches Personal zu entwickeln. Die Personalabteilung als „Servicecen-ter“ unterstützt den Chefarzt bei seiner Aufgabe. Bei unzureichen-dem Ergebnis werden Konsequen-zen beim Chefarzt gezogen.

Wird die Aufgabe Personalent-wicklung dem Chefarzt zugeord-

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Aufgabenspektrum „Management

et, muss das zugehörige Aufga-enprofil entsprechend verändert erden (Wollen, Können, Dürfen). linikleitung und Chefarzt müssen

ich zwischen der konsequenten nd professionellen Rolle „Arzt nd Manager“ oder der ausschließ-

“ einer modernen Abteilung

lichen Rolle „Spitzenmediziner“ entscheiden (Abb. 1). Beides zu-sammen ist wünschenswert, doch in der Regel nicht realisierbar.

In großen Abteilungen oder Zen-tren muss beim Aufgabenprofil des Chefarztes denn Management und

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Abb. 2

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Berufs- und Gesundheitspolitik

Abb. 3

Anforderungsprofil an einen Chefarzt

Abb. 4

Arbeitsgebiete der Personalentwicklung

damit der Personalentwicklung ein hoher Stellenwert zugeordnet wer-den. Mit Experten, die fachlich me-dizinische Teilbereiche mit hoher Kompetenz beherrschen (Exper-tenorganisation), muss der Chef-arzt sich teilweise aus der täglichen medizinischen Leistungserbrin-gung zurückziehen und den strate-gischen und operativen Manage-mentaufgaben zuwenden (Abb. 2).

Neue Anforderungen verändern Berufsbilder (zum Beispiel Ärztli-cher Direktor, Chefarzt, Führungs-kraft). Hierarchische Strukturen werden zu „flachen“ Teamstruktu-ren mit qualifizierter Teamleitung und klarer Zuordnung persönlicher Verantwortung. Es gilt, das (neue?) Aufgabengebiet des operativen und strategischen Managements qualifiziert (das heißt professionell) zu besetzen. Änderungen der Prio-ritäten im Anforderungsprofil wer-den notwendig. Dies erfordert ins-besondere bei Führungskräften eine gleichwertige Kompetenz bei der Leistungserbringung und dem Management der Prozesse.

Die neuen Ansprüche an einen Chefarzt müssen bereits bei der Priorisierung der Auswahlkriterien deutlich werden (Abb. 3).

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Im Mittelpunkt steht der Chefarzt

Personalmanagement ist im Ge-samtmanagement die Aufgabe, welche den größten persönlichen Zeitanteil benötigt. Die Basis für er-folgreiches Management stellt das gegenseitige Vertrauen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern dar. Vertrauen kann nur über einen

eitintensiven persönlichen Dialog ufgebaut werden.

Personalentwicklung (PE) als eil des Personalmanagements um-asst alle geplanten Maßnahmen er Bildung, Förderung und Orga-isationsentwicklung, die zielori-ntiert geplant, realisiert und eva-uiert werden (Abb. 4).

Bei leitenden Führungskräften st in der Regel mit der Einstellung ie persönliche systematische Ent-icklung der Sozial- und Manage-entkompetenz beendet. Dies ist

chade, da gerade junge Chefärzte äufig Managementausbildungen itbringen, die es lohnt, weiter

uszubauen. Doch leider erstickt in Chefarzt am zweiten Arbeitstag n der Regel im medizinischen All-ag – und die erlernten Manage-

entfähigkeiten sind schnell wie-er vergessen. Anforderungen an eue Chefärzte liegen fast aus-chließlich auf der fachlichen Ebe-e; ein gutes Management wird tillschweigend vorausgesetzt und ur im Fall von deutlich sichtbaren ehlentwicklungen hinterfragt. ann werden einzelne Oberärzte

ur Führungskräfteentwicklung eschickt, kommen möglicherwei-e von einem hervorragenden orkshop mit neuen Ideen zurück. iese Ideen werden vom „Chef“ nd den nachgeordneten Mitarbei-

ern eher als Bedrohung für Besitz-

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Tab.

Anforderungsprofil an ärztliche Mitarbeiter (Sozial- und Managementkompetenzen)

Kompetenz

Methodisch

Strategisch

Sozial

Kriterien

Kenntnis der Marktentwicklung im Sozial- und Gesundheitswesen

Betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse (mind. Terminologie)

Kenntnisse Personalmanagement

Kenntnisse Qualitätsmanagement (QM)

Kenntnisse Personalentwicklung (PE)

Kenntnisse Organisationsentwicklung (OE)

Projektmanagement

Prozessmanagement

Strategieentwicklung

Methodenkompetenz in Analysen (SWAT, Marktanalyse, Befragungen)

Veränderungsmanagement

Visionsfähigkeit

Strategieableitungen, konzeptionelle Zukunftsplanung

Systemverständnis

Analytische Kompetenz

Zielorientierung

Erfassung von Komplexität und deren Reduzierung

Kommunikationsfähigkeit

Kooperationsfähigkeit

Konsensfähigkeit

Konfliktfähigkeit

Überzeugungsfähigkeit

Antizipationsfähigkeit

Empathiefähigkeit

Kontaktfähigkeit

Entscheidungsfreudigkeit

Selbstreflexions- und Selbststeuerungsfähigkeit

Fähigkeit, Möglichkeiten und Handlungsnotwendigkeiten zur

Verbesserung einer Situation immer zuerst bei sich selbst zu sehen

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Berufs- und Gesundheitspolitik

stände und gewohnte Abläufe ge-sehen und stoßen mindestens auf Unverständnis. Dem Wollen und Können des Mitarbeiters fehlt dann das notwendige Dürfen. Nach kur-zer Zeit ist alles wieder vergessen, Abläufe und Denkweisen sind wie vor dem Workshop.

Leitungskräfte im Krankenhaus müssen zunächst selbst die Not-wendigkeit von Änderungen der Prozesse und Strukturen erkennen, ein Veränderungsklima schaffen sowie parallel Führungskräfte und Mitarbeiter im Rahmen eines professionellen Veränderungsma-nagements mit geeigneter Per- sonalentwicklung (Sozial- und Managementkompetenz) für diese Veränderungen befähigen. Hierzu ist eine systematische Entwicklung der methodischen Kompetenz, der Sozialkompetenz und der Manage-mentkompetenz notwendig (Tab.).

Personalentwicklung – ein Erfolgsfaktor für die

Zukunft

Ohne qualifizierte und motivierte Mitarbeiter, die in einem Wandel der Rahmenbedingungen immer neue Herausforderungen der kon-tinuierlichen Prozessoptimierung annehmen, ist keine erfolgreiche Zukunft des Krankenhauses mög-lich. Personalentwicklung schafft Fähigkeiten und Motivation zur Veränderung, das heißt zunächst ein geeignetes Klima und Umfeld. Für die Aufgaben der Personalent-wicklung werden „qualifizierte Spezialisten“ in ausreichender Zahl benötigt. Wichtig hierbei ist, dass Ansprüche an die Personalent-wicklung mit einer hohen Über-zeugungs- und Begeisterungsfä-higkeit vorgelebt werden. Diesen Aufgaben muss sichtbar eine hohe Priorität und Anerkennung von der Krankenhausleitung und den Chefärzten zugeordnet werden.

In den bestehenden Strukturen reicht die „Kraft“ eines Krankenhau-ses häufig noch für punktuelle Maß-nahmen (Workshop, Seminarreihe eventuell mit externen Referenten) aus. Nachhaltigkeit wird aber erst

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it einem langfristigen Konzept so-ie kontinuierlichem Monitoring nd Refreshing garantiert – und da-

ür sind neue Strukturen und quali-izierte Personen notwendig.

Personalentwicklung erfordert ine zusätzliche Infrastruktur, die ersonal und damit Geld kostet. In inem Wirtschaftsunternehmen uss sich diese zusätzliche Investi-

ion in qualifizierte Mitarbeiter ber optimierte Prozesse („Leis-

ungs- und Kostenwettbewerb mit ualitätsgarantie“) und eine hohe ttraktivität für Patienten, Zuwei-

er und Mitarbeiter wieder refinan-ieren. Die notwendigen Finanz-

mittel stellen eine Investition in die Zukunft dar, die insbesondere be-reitgestellt werden sollten, wenn es dem Krankenhaus wirtschaftlich gut geht. Im finalen Überlebens-kampf sind dafür sicherlich keine Mittel mehr vorhanden.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dipl.-Phys. Hans-Peter BuschÄrztlicher Leiter des Zentrums für Radiolo-gie, Neuroradiologie, Sonografie und Nukle-armedizinKrankenhaus der Barmherzigen Brüder TrierStabsstelle MedizinBarmherzige Brüder Trier e.V.Koblenz

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