Prof. Dr. Mechthild Freitag und Thomas Jacob ... · Keine Unterschiede bei den Ferkelzahlen...

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Prof. Dr. Mechthild Freitag und Thomas Jacob, Fachhochschule Südwestfalen, Soest Dextrose zum Futter - rauschen die Sauen besser? Einige Betriebe versorgen die abgesetzten Sauen mit Traubenzucker. Ob sich dadurch die Fruchtbarkeit steigern lässt, sollte eine Diplomarbeit zeigen. Durch die Dextrosezugabe will man die Insulinausschüttung fördern. So soll der Hormonhaushalt der Sauen positiv beeinflusst werden. Foto: Heil 24 SUS 4/2005 D ie Flushing-Fütterung nach dem Absetzen der Sauen ist in den vergangenen Jahren wieder zunehmend von der Beratung aufgegriffen worden. Dabei wird besonders von einer positi- ven Wirkung von Futterzusätzen mit Dex- trose bzw. reiner Dextrose berichtet. Dextrose ist den meisten Leuten als Trau- benzucker bekannt. Dabei handelt es sich um einen Einfachzucker, der nicht weiter verdaut werden muss und somit direkt in das Blut übergehen kann. Die Dextrose wird den Tieren als Top Dressing über das Futter angeboten. Man bekommt den Trau- benzucker im Landhandel in 25-kg-Säcken für rund 1 je kg. Durch die Zugabe von Dextrose will man einen schnellen Anstieg des Blutzucker- spiegels erreichen. Auf den hohen Blut- zuckerspiegel reagiert der Körper mit der vermehrten Produktion des Hormons Insu- lin, das den Blutzuckerspiegel reguliert. Die Ausschüttung des Insulins steht wiederum im Wechselspiel mit den Geschlechtshor- monen. Dies belegen zumindest niederlän- dische Versuche, in denen sich der Hor- monhaushalt abgesetzter Sauen vor allem durch die Zugabe von leicht verfügbaren Kohlenhydraten in Form von Dextrose po- sitiv beeinflussen ließ. Dextrose-Zugabe in vier Betr ieben Um dem Effekt der Dextrosefütterung in der Praxis nachzugehen, wurde im Rahmen einer Diplomarbeit an der FH-Südwestfa- len in Soest ein vergleichender Versuch auf vier landwirtschaftlichen Betrieben durch- geführt. Die beteiligten Ferkelerzeugerbetrie- be hielten im Versuchszeitraum zwischen 180 und 340 Hybrid- bzw. Reinzuchtsauen (siehe Übersicht 1). Am Tag des Absetzens wurde in allen Betrieben eine Mahlzeit ausgesetzt, um den Milchfluss zu reduzie- ren. Am folgenden Tag erhielten die Sauen auf Betrieb 1 und 3 ein Laktationsfutter. Betrieb 4 fütterte die Sauen mit einer Mi- schung aus Laktationsfutter und einem Er- gänzer als zusätzliches Flushing. Aus tech- nischen Gründen bekamen die Sauen in

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Prof. Dr. Mechthild Freitag und Thomas Jacob, Fachhochschule Südwestfalen, Soest

Dextrose zum Futter -rauschen die Sauen besser? Einige Betriebe versorgen die abgesetzten Sauen mit Traubenzucker. Ob sich dadurch die Fruchtbarkeit steigern lässt, sollte eine Diplomarbeit zeigen.

Durch die Dextrosezugabe will man die Insulinausschüttung fördern. So soll der Hormonhaushalt der Sauen positiv beeinflusst werden. Foto: Heil

24 SUS 4/2005

Die Flushing-Fütterung nach dem Absetzen der Sauen ist in den

vergangenen Jahren wieder zunehmend von der Beratung aufgegriffen worden. Dabei wird besonders von einer positi­ven Wirkung von Futterzusätzen mit Dex­trose bzw. reiner Dextrose berichtet.

Dextrose ist den meisten Leuten als Trau­benzucker bekannt. Dabei handelt es sich um einen Einfachzucker, der nicht weiter verdaut werden muss und somit direkt in das Blut übergehen kann. Die Dextrose wird den Tieren als Top Dressing über das Futter angeboten. Man bekommt den Trau­benzucker im Landhandel in 25-kg-Säcken für rund 1 € je kg.

Durch die Zugabe von Dextrose will man einen schnellen Anstieg des Blutzucker­spiegels erreichen. Auf den hohen Blut­zuckerspiegel reagiert der Körper mit der vermehrten Produktion des Hormons Insu­lin, das den Blutzuckerspiegel reguliert. Die Ausschüttung des Insulins steht wiederum im Wechselspiel mit den Geschlechtshor­monen. Dies belegen zumindest niederlän­dische Versuche, in denen sich der Hor­monhaushalt abgesetzter Sauen vor allem durch die Zugabe von leicht verfügbaren Kohlenhydraten in Form von Dextrose po­sitiv beeinflussen ließ.

Dextrose-Zugabe in vier Betrieben

Um dem Effekt der Dextrosefütterung in der Praxis nachzugehen, wurde im Rahmen einer Diplomarbeit an der FH-Südwestfa­len in Soest ein vergleichender Versuch auf vier landwirtschaftlichen Betrieben durch­geführt.

Die beteiligten Ferkelerzeugerbetrie­be hielten im Versuchszeitraum zwischen 180 und 340 Hybrid- bzw. Reinzuchtsauen (siehe Übersicht 1). Am Tag des Absetzens wurde in allen Betrieben eine Mahlzeit ausgesetzt, um den Milchfluss zu reduzie­ren. Am folgenden Tag erhielten die Sauen auf Betrieb 1 und 3 ein Laktationsfutter. Betrieb 4 fütterte die Sauen mit einer Mi­schung aus Laktationsfutter und einem Er­gänzer als zusätzliches Flushing. Aus tech­nischen Gründen bekamen die Sauen in

1 Keine größeren Würfe mit Dextrose Betrieb 1

340 Sauen Betrieb 2

240 Sauen Betrieb 3

180 Sauen Betrieb 4

190 Sauen Gesamt

Kontrolle Dextrose Kontrolle Dextrose Kontrolle Dextrose Kontrolle Dextrose Kontrolle Dextrose

Anzahl Sauen 120 137 127 ........ . ......... .

Absetz-Rausche-IntervaJl/Tage 4,7 4,6 4,8 ....................... . ................................................ . ................ -..... . Trächtigkeitsratei', % 87 82 82

.... ....................... . ....................................................... . gesamt geb. Ferkel je Wurf 11,6 11,2 10,6

123

4,8

84

108

4,8

84

11,2 11,4

108

4,7

84

12,1

122

5,4'

90

11,6

127

5,l b

92

11,2

477

4,9

86

11,4

495

4,8

86

11 ,4

I) Trächtigkeitskontrolle mit Scanner ab 24. Tag nach Be1egung; Werte mit unterschiedlichen Buchstaben unterscheiden sich signifIkant

2 So fütterten die Betriebe die abgesetzten Sauen

Betrieb 1 Betrieb 2 Betrieb 3 Betrieb 4

Futter LAK NT LAK LAK + Ergänzer ............................................... .. ............ . .

Futtertechnik flüssig ..................... ..............

Futteraufnahme (geschätzt), kg/Tag 3 ................... . ............... -.

MJME/Tag 39 ............ ............. .... ...........

Rohprotein, g/Tag

Lysin, g/Tag

Rohfett, g/Tag

Zucker, gjTag ............................

Stä rke, g/Tag

506

28,2

144

154

1098

LAK = Laktationsfutter; NT = Niedertragende Mischung

trocken

2,6

34

360

trocken

3,2

42

531

trocken

2

25

546

18,7 28,8 38,9 ................................................................. ...... ........ .•. ..

88 92 83

91

1161

139

1388

123

455

Die Sauen auf Betrieb 4 fraßen nur 2 kg täglich. So lag die tägliche Energieversorgung mit 25 MJ ME pro Tag deutlich unter dem Energieniveau der anderen Versuchsbetriebe.

Betrieb 2 ein NT-Futter im genannten Zeit­raum. Abgesehen von Betrieb 1, der flüssig fütterte, wurde in den anderen Betrieben Trockenfutter vorgelegt.

Die Futteraufnahme war von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich. Während die

Sauen in Betrieb 4 nach dem Absetzen nur 2 kg Futter pro Tag fraßen, nahmen die Tiere in Betrieb 3 über 3 kg Futter auf, was einer täglichen Energieaufnahme von über 40 MJ ME entspricht. Ähnlich hoch war die Futteraufnahme in Betrieb 1 und auch

Auf Leistung füttern.

Lediglich auf Betrieb 4 konnte das Absetz­Rausche-Intervall durch die Dextrosefütte­rung verkürzt werden.

Betrieb 2 konnte den Nährstoffbedarf der Tiere über das NT -Futter abdecken (siehe Übersicht 2) .

Während des Versuchs wurden die Sau­en beim Absetzen unter Berücksichtigung von Kondition und Wurfnummer in eine Versuchs- und Kontrollgruppe eingeteilt. Die Tiere der Versuchsgruppe bekamen zu­sätzlich zur betriebsindividuellen Fütterung in der Zeit vom Absetzen bis zum Eintre­ten der Rausche täglich 200 g Dextrose über das Futter gestreut. Die Tiere in der Kon­trollgruppe wurden wie üblich gefüttert.

Die Betriebsleiter kontrollierten die Rau­sche ab dem dritten Tag jeweils morgens und abends und notierten den Eintritt und das Ende der Rausche sowie die Anzahl der Belegungen in entsprechenden Erfas­sungsbögen. Außerdem wurden das Er­gebnis der Trächtigkeitsuntersuchung und die Anzahl der geborenen Ferkel auf den gleichen Bögen festgehalten. Die Trächtig­keitskontrolle erfolgte ab dem 24. Tag nach der Belegung mit dem Scanner.

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4/2005 SUS 25

Keine Unterschiede bei den Ferkelzahlen

Insgesamt wurden 972 Belegungen so­wie 846 Würfe ausgewertet. Zunächst wur­de der Effekt der Dextrose-Zufuhr auf das Absetz-Rausche-Intervall (AR!) ermittelt. Während auf den ersten drei Betrieben kei­ne Effekte festgestellt wurden, zeigten die Sauen der Versuchsgruppe auf Betrieb 4 ei­ne signifikante Verkürzung des ARI um 0,3 Tage (siehe Übersicht 1, Seite 25).

Dieser Effekt ist wahrscheinlich auf die zu geringe Energieversorgung zurückzu­führen. Durch die Dextrose hat man den Energiegehalt von 25 auf 28 MJ ME ange­hoben. Diesen Effekt bestätigen auch hol­ländische Untersuchungen, in denen man ein verlängertes ARI bei zu geringer Ener­gieversorgung der Sau im Zeitraum nach dem Absetzen beobachtet hat. Auf den an­deren Betrieben war kein Einfluss der Dex­trosefütterung zu beobachten, da das Ener­gieniveau mit 34 bis 42 MJ ME je Sau und Tag den Bedarf der Tiere bei weitem ab­decken konnte.

Bei der Auswertung nach Wurfnummer und Konditionszustand der Tiere konn­te weder bei den Jungsauen noch bei den abgesäugten Sauen ein Einfluss auf das ARI beobachtet werden. Lediglich normal konditionierte Sauen zeigten eine gering­fügige Verkürzung des ARI von 0,2 Tagen bzw. 0,1 Tagen während der Wintermona­te. Auch bei der Auswertung nach Jahres­zeit wurden keine Effekte der zusätzlichen Dextrosegabe festgestellt. Lediglich am Anfang des Fütterungsversuches in den Wintermonaten konnte eine geringfügige Verkürzung des ARI um 0,2 Tage beobach­tet werden.

Neben dem ARI interessierten auch die Trächtigkeitsrate und die Anzahl der ge­borenen Ferkel je Wurf. Auch hierzu die Ergebnisse: Die Trächtigkeitsrate lag in beiden Gruppen bei 86%. Die Wurfgröße war mit 11,4 gesamt geborenen Ferkeln in Versuchs- und Kontrollgruppe gleich. Bei einer Auswertung nach Jahreszeit, Wurf­nummer und Kondition zeigte sich weder bei den Trächtigkeitsraten noch bei den Wurfgrößen ein Effekt durch die Zugabe von Dextrose.

Das bleibt festzuhalten Obwohl Effekte auf Betriebsebene nicht

ausgeschlossen sind, kann ein generel­ler Einsatz von Dextrose zur Steigerung der Fruchtbarkeit von Sauen nicht emp­fohlen werden. Auch bei Jungsauen und abgesäugten Tieren zeigte sich in diesem Vesuch keine Verbesserung der Fruchtbar­keitsleistungen durch die Dextrosezufuhr. Die Verringerung der Fruchtbarkeitsprob­lematik in den Sommermonaten konnte ebenfalls nicht nachgewiesen werden.

26 SUS 4/2005

~VERSUCHSBERICHTE

Haus Düsse

lohnt Hubboden für die Abferkelbucht? Erdrückungsverluste stellen eine der

wichtigsten Verlustursachen in der Fer­kelerzeugung dar. In einem Versuch auf Haus Düsse wurde getestet, ob durch ei­ne Hubboden-Abferkelbucht die Ferkel­verluste reduziert werden können.

Die eingesetzte Hubbodenbucht (Vario­lift von Wubbels) funktioniert folgen­dermaßen: Beim Aufstehen bedient die Sau mit dem Rücken einen Schalterbü­gel. Dadurch werden per Druckluft die seitlichen Aufenthaltsbereiche der Fer­kel, inklusive der Ferkelheizplatten, ca. 23 cm tief abgesenkt. Das soll zumindest in der ersten Lebenswoche verhindern, dass sich die Ferkel unter der stehenden Sau aufhalten und beim Hinlegen er­drückt werden. Auf Haus Düsse wurden fünf Buchten installiert. Es traten wäh­rend des dreijährigen Versuchszeitraums keine technischen Probleme auf.

In Übersicht 1 sind die Ergebnisse aus 102 Würfen in der Hubbodenbucht im

Die abgesenkten

Erdrückungsverluste durch Hubboden verringert

Seitenflächen verhindern, dass die Ferkel unter

die Sau klettern.

Hubbodenbucht lebend geborene Ferkel/Wurf 10,80 ...............................................

abgesetzte Ferkel/Wurf 9,33

Saugferkelverluste, % 13,16

Standardbucht 10,74 Foto: Arden

.......................................................................................................

9,37

12,66

4,19 systembedingte Verluste ll, % 3,15

I) Erdrückungs- und Trittverluste

Vergleich zur Standardbucht dargestellt. Insgesamt lagen die Ferkelverluste in den Hubbodenbuchten gegenüber den Stan­dardbuchten um 1 % höher. Die systembe­dingten Verluste, die hauptsächlich durch Erdrücken verursacht werden, waren beim Hubboden dagegen um 1,04% reduziert.

Ob sich vor diesem Hintergrund die In­vestition in eine Hubbodenbucht rechnet, sollte mit einer Beispielrechnung dargelegt werden. Die Versuchsergebnisse zeigten, dass sich bei den geringeren Erdrückungs­verlusten durch den Hubboden und 10,80 geborenen Ferkeln pro Wurf 1,04 Ferkel pro Bucht und Jahr mehr absetzen lassen. Bei einem Nettoerlös von 43,19 €je Ferkel ergibt das einen Mehrerlös von 44,92 € pro Bucht und Jahr. Dem gegenüber stehenjähr­liche Kosten von insgesamt 60 € je Bucht, die sich aus den Investitionskosten von 400 € netto je Bucht bei einer lO-jährigen Nutzungsdauer sowie Reparaturen (3 0/0) und Zinsen (4% vom halben Neuwert) er­geben. So müssen mit Hubboden mindes-

tens 1,39 Ferkel je Bucht und Jahr mehr aufgezogen werden, damit der Mehrerln~ die Kosten ausgleicht.

Fazit: Bei den hier unterstellten Leistun­gen, Kosten und Erlösen ist der Hubboden momentan nicht wirtschaftlich.

• Osnabrück

Lärmpegel im Auf­zuchtstall gemessen

Wie laut ist es in einem Ferkelaufzucht­stall und welchen Einfluss hat die Bodenge­staltung auf den Geräuschpegel? Um diese Fragen zu beantworten, wurden im Rahmen einer Diplomarbeit an der Fachhochschule Osnabrück, Fakultät für Agrarwissenschaf­ten und Landschaftsarchitektur, Geräusch­pegelmessungen in sechs verschiedenen Ferkelaufzuchtställen durchgeführt.