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INGENIEURBIOLOGIE / GENIE BIOLOGIQUE 2/09 35 PROJEKTBESCHRIEB Bätzimatt am Zürcher Obersee – Rettung einer Insel vor der Wellenerosion Andreas Huber, Markus Jud 1 Vorgeschichte Der heutige Linthkanal ist die Verbin- dung des Walensees mit dem Obersee, wo er südlich von Schmerikon einmün- det. Links des Kanalendes und dem Buechberg befindet sich eingerahmt zwischen ein paar Inseln und dem Ka- naldamm ein mehrere Hektaren grosser Baggersee. Das unter Naturschutz ste- hende Gebiet von nationaler Bedeutung heisst Bätzimatt. In den vergangenen zwei Jahrhunder- ten hat sich in dieser Gegend einiges verändert. Im Zuge der Linthkorrektion ist aus dem wilden Gebirgsfluss aus dem Glarnerland ein geschiebefreier und gestreckter Wasserlauf mit klarem Abfluss geworden. Die Verwirklichung des eigentlichen Linthwerkes unter Hans Konrad Escher nahm ihren Anfang 1807. Die Linth wurde bereits 1811 über den neu erstellten Escherkanal in den Walensee übergeleitet. Sie hatte der Bevölkerung bis dahin häufig Was- sernöte beschert. Die Erstellung des Linthkanals zwischen Walensee und Obersee dauerte länger (Abb.1). Das unterste Teilstück von Grynau bis zum Zürichsee wurde erst 1866 begonnen und 1910 fertiggestellt. Die natürlichen Mündungsarme im Deltagebiet wurden im Kanal zusammengefasst. Das links- seitige Deltagebiet der Bätzimatt ver- landete mit feinen Sedimenten. Die noch bestehenden, ehemaligen Mün- dungsinseln des Flusses sind Zeugen dieser Zeit. Auf die Wasser– und Geschiebeführung der Linth hatten diese Eingriffe nachhal- tige Auswirkungen. Nach 1811 erhielt die Linth keinen Geschiebenachschub mehr, und das Abflussregime war aus- geglichener dank dem Rückhalt des Walensees. Vor der Korrektion lag des- sen höchster Spiegel gemäss J.G. Tulla auf Kote 426,62, nachher anlässlich des 100-Jahr-Ereignisses von 1999 auf Kote 422,16. Mit der Absenkung der höchsten Walenseespiegel um etwa 4,5 m verringerte sich das Gefälle im 17 km langen Linthkanal zwischen den beiden Seen von 1,15‰ auf ca. 0,89‰. Schon vor der Korrektion war die Linth nicht imstande gewesen, gro- bes Geschiebe bis in den Obersee zu befördern. Sie lagerte Geröll und Steine bereits zwischen Niederurnen und Zie- gelbrücke ab und erhöhte so die Lage ihres Bettes stetig. Bis zum Obersee wurde das noch transportierte Korn zu- nehmend feiner. Im Bereich der Linth- mündung bei Schmerikon ist der Unter- grund feinsandig. Vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 20er-Jahre des letzten Jahrhunderts hat das Unterneh- men KIBAG aus diesen Ablagerungen Blausand gewonnen, und entstanden ist der grosse Baggersee, der die Land- schaft bereichert und von den Bootsfah- rern gerne besucht wird. Der Baggersee wird durch drei Inseln gegen den Ober- see und den Linthkanal abgegrenzt (Abb. 2 und 3). Die Inseln liegen auf dem feinen Untergrund und sind des- Abbildung 1: Stich Linthebene 1811, Zustand vor und nach der Linthkorrektion. Das letzte Teilstück des Linthkanals von Grynau bis zum Obersee wurde erst nach 1866 kanalisiert. Zu beachten ist das Delta mit der verzweigten Einmündung in den Obersee (aus Wikipedia) Abbildung 2: Blick nach Süden auf das Gebiet der Bätzimatt. Rechts aussen der Obersee, daneben die gerettete Westinsel, Baggersee auf der linken Bildseite, im Hintergrund der Fuss des Buechberges, vorne die Nordinsel, welche den Baggersee vom Linthkanal trennt

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INGENIEURBIOLOGIE / GENIE BIOLOGIQUE 2/09 35

PROJEKTBESCHRIEB

Bätzimatt am Zürcher Obersee –Rettung einer Insel vor der WellenerosionAndreas Huber, Markus Jud

1 VorgeschichteDer heutige Linthkanal ist die Verbin-dung des Walensees mit dem Obersee,wo er südlich von Schmerikon einmün-det. Links des Kanalendes und demBuechberg befindet sich eingerahmtzwischen ein paar Inseln und dem Ka-naldamm ein mehrere Hektaren grosserBaggersee. Das unter Naturschutz ste-hende Gebiet von nationaler Bedeutungheisst Bätzimatt.In den vergangenen zwei Jahrhunder-ten hat sich in dieser Gegend einigesverändert. Im Zuge der Linthkorrektionist aus dem wilden Gebirgsfluss ausdem Glarnerland ein geschiebefreierund gestreckter Wasserlauf mit klaremAbfluss geworden. Die Verwirklichungdes eigentlichen Linthwerkes unter HansKonrad Escher nahm ihren Anfang1807. Die Linth wurde bereits 1811über den neu erstellten Escherkanal inden Walensee übergeleitet. Sie hatteder Bevölkerung bis dahin häufig Was-sernöte beschert. Die Erstellung desLinthkanals zwischen Walensee undObersee dauerte länger (Abb.1). Dasunterste Teilstück von Grynau bis zumZürichsee wurde erst 1866 begonnenund 1910 fertiggestellt. Die natürlichenMündungsarme im Deltagebiet wurdenim Kanal zusammengefasst. Das links-seitige Deltagebiet der Bätzimatt ver-landete mit feinen Sedimenten. Dienoch bestehenden, ehemaligen Mün-

dungsinseln des Flusses sind Zeugendieser Zeit.Auf die Wasser– und Geschiebeführungder Linth hatten diese Eingriffe nachhal-tige Auswirkungen. Nach 1811 erhieltdie Linth keinen Geschiebenachschubmehr, und das Abflussregime war aus-geglichener dank dem Rückhalt desWalensees. Vor der Korrektion lag des-sen höchster Spiegel gemäss J.G. Tullaauf Kote 426,62, nachher anlässlichdes 100-Jahr-Ereignisses von 1999 auf

Kote 422,16. Mit der Absenkung derhöchsten Walenseespiegel um etwa4,5 m verringerte sich das Gefälle im17 km langen Linthkanal zwischen denbeiden Seen von 1,15‰ auf ca.0,89‰. Schon vor der Korrektion wardie Linth nicht imstande gewesen, gro-bes Geschiebe bis in den Obersee zubefördern. Sie lagerte Geröll und Steinebereits zwischen Niederurnen und Zie-gelbrücke ab und erhöhte so die Lageihres Bettes stetig. Bis zum Oberseewurde das noch transportierte Korn zu-nehmend feiner. Im Bereich der Linth-mündung bei Schmerikon ist der Unter-grund feinsandig. Vom Ende des 19.Jahrhunderts bis in die 20er-Jahre desletzten Jahrhunderts hat das Unterneh-men KIBAG aus diesen AblagerungenBlausand gewonnen, und entstanden istder grosse Baggersee, der die Land-schaft bereichert und von den Bootsfah-rern gerne besucht wird. Der Baggerseewird durch drei Inseln gegen den Ober-see und den Linthkanal abgegrenzt(Abb. 2 und 3). Die Inseln liegen aufdem feinen Untergrund und sind des-

Abbildung 1: Stich Linthebene 1811, Zustand vor und nach der Linthkorrektion. Das letzte Teilstück desLinthkanals von Grynau bis zum Obersee wurde erst nach 1866 kanalisiert. Zu beachten ist das Deltamit der verzweigten Einmündung in den Obersee (aus Wikipedia)

Abbildung 2: Blick nach Süden auf das Gebiet der Bätzimatt. Rechts aussen der Obersee, daneben diegerettete Westinsel, Baggersee auf der linken Bildseite, im Hintergrund der Fuss des Buechberges, vornedie Nordinsel, welche den Baggersee vom Linthkanal trennt

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halb erosionsgefährdet. Die mittlere die-ser Inseln ist besonders gegenüber denWellen des Westwindes exponiert.Seit dem 22. April 1420 ist die Bätzimattim Besitz der Ortsgemeinde Schmerikon,liegt aber auf dem Hoheitsgebiet der po-litischen Gemeinde Tuggen im KantonSchwyz. Die Bätzimatt mit den Inseln istin der Liste der Landschaften von natio-naler Bedeutung und somit im Bundesin-ventar der Landschaften und Naturdenk-mäler aufgeführt. Die Inseln sind zudemein Erholungsgebiet, wo die Ortsge-meinde kleine Grundstücke verpachtet.Nachdem die kanalisierte Linth keineSedimente mehr dem Zürichsee zu-führte, setzte die Erosion der feinsandi-gen Flachufer ein. Die Uferlinien bilde-ten sich allmählich zurück, ein Prozess,der auch an andern Seen mit kanali-sierten Zuflüssen zu beobachten ist.Ähnliche Beispiele finden sich etwa beider Reussmündung in den Vierwaldstät-tersee, bei der Rhonemündung in denGenfersee und beim Rheindelta am Bo-densee.Die rund 100 Jahre alten Inseln in derBätzimatt erfüllen eine wichtige Funk-

tion als Wellen- und Sichtschutz. Dielängliche Westinsel schützt die hintereBätzimatt vor der Erosion und hilft mit,den Landverlust einzudämmen. Diese In-sel ist aber selbst durch den Wellen-schlag, insbesondere jenen der Stürme,und durch die Seeregulierung gefähr-det. Vor allem das Westufer erlitt Unter-spülungen und einen beträchtlichenLandabtrag. Das Hochwasser 1999,mit einem Seespiegelanstieg von mehrals einem Meter im Vergleich zum Mit-telwasserstand, verschärfte die Situa-tion zusätzlich. Die Pächter wurden deskritischen Zustandes der Insel gewahr

und versuchten vorerst den Abtrag mit-tels mehr oder weniger wirksamen Ver-bauungen zu stoppen. Die Wellen droh-ten die bereits sehr schmal gewordeneInsel in der Mitte zu durchbrechen.

2 Uferschutzmassnahmen beider Westinsel

2.1 GrundsätzlicheÜberlegungen undProjektvorbereitung

In Anbetracht der schwindenden Inselbeauftragte der Verwaltungsrat derOrtsgemeinde Schmerikon im Juni2000 ein Ingenieurbüro mit der Ausar-beitung wirksamer Uferschutzmassnah-men. Zielsetzung ist ein nachhaltigerSchutz der Westinsel. Es sollen stabileFlachufer mit dichtem Bewuchs vonSchilf und Wasserpflanzen geschaffenwerden. Harte Verbauungen, welchedie Wellen reflektieren und damit dennSchilfgürtel schwächen, sollen nur dort,wo sie unbedingt nötig sind, erstellt wer-den. Die ehemalige Uferlinie soll soweitals möglich wiederhergestellt werden.Das Ufer am oberen Ende des Zürich-sees wurde durch die Sedimente desvorstossenden Linthdeltas gebildet, es istflach, und der Grund ist feinsandig. DerSedimentnachschub der Linth wurde vornahezu 200 Jahren infolge der Einlei-tung des Flusses in den Walensee unter-bunden. Die Wellen des Windes ausRichtung Westen/Nordwesten (225°bis 325°), dessen Streichlänge vomRapperswiler Seedamm her 11 Kilome-ter beträgt, und der für die Wellenbil-dung massgebend ist, leisten seither ste-tige Erosionsarbeit und befördern denSand durch die welleninduzierten Strö-mungen in grössere Seetiefen. Aus der

Windstärke nach Beaufort 10 9 8 7Windgeschwindigkeit [m/s] 24,5 – 28,5 20,8 – 24,4 17,2 – 20,7 13,9 – 17,1

[km/h] 89 – 102 75 – 88 62 – 74 50 – 61

Beobachtungsperiode 2004 1 1 3 102005 1 2 2 42006 1 2 1 152007 0 4 12 122008 0 2 8 16

Tabelle 1: Anzahl Tage der Periode, an welchen die Windstärken gemessen wurden (Sekundenböen)

Abbildung 3: Das Mündungsgebiet des Linthkanals mit den Inseln, dem Baggersee und dem RiedlandBätzimatt. Parallel zum Linthkanal verlaufen der linke und der rechte Seitengraben

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Windstatistik vergangener Jahre gehenfür die Station Schmerikon Hafen vonMeteoSchweiz folgende Zahlen der ge-messenen Windböen hervor (Tabelle 1).Länger andauernde höhere Windge-schwindigkeiten dürften etwa die Hälfteder Spitzenwerte erreichen. Wird bei-spielsweise ein Wind der Geschwindig-keit v = 10 m/s und 2 Stunden Dauerangenommen, so können sich Wellender Höhe H = 0,8 m entwickeln. Bei hef-tigen Stürmen sind Wellen von mehr als1,0 m Höhe möglich. Diesen Wellenhalten örtliche Uferbefestigungen nichtstand, sie werden unterspült und zerfal-len. Die Uferlinie weicht immer mehrzurück.Die Lösung des Problems bietet sich andurch die Vorschüttung aus einer Sand-Kies-Mischung mit gröberen Komponen-ten. Ähnlich dem morphologischen Ge-schehen im Bett eines Fliessgewässersbildet sich auch an einem sandig-kiesi-gen Seeufer eine pflästerungsartigeDeckschicht aus den gröberen Körnern.Sie schützt den feineren Untergrund voreinem weiteren Abtrag. Die Sandkörneraus der Oberfläche werden dabei vonden Wellenströmungen ins Tiefwasserverfrachtet. Zurück bleibt eine stabilegepflästerte Uferböschung. Es stellt sichhierbei die Frage nach den zu wählen-den Korngrössen. Wohl gibt es Theoriendazu, doch ist es schwierig, die Einga-bedaten exakt zu bestimmen, weil z.B.repräsentative Wellenmessungen fehlenund die örtlichen Verhältnisse nicht soeinfach idealisiert werden können.Einfacher ist es die Natur zu beobach-ten und ihre Gesetzmässigkeiten zuübernehmen. Grundsätzlich gilt: Je stei-ler die Uferböschung, je gröbere Steinesind erforderlich zur Befestigung. Esging also darum, passendes Material,nämlich Flusskies mit genügend gros-sem Maximalkorn, in ausreichenderMenge zu finden. Was lag näher, alsdem gleichen Fluss weiter oben gröbe-res Material zu entnehmen, nämlich imKieswerk Gäsi bei der Mündung desEscherkanals in den Walensee. EinAugenschein ergab, dass sich diesesFlussgeschiebe vorzüglich eignet. Dergesamte Korngrössenbereich bis ca.15 cm ist vorhanden, das Material istsauber gewaschen. Gewinnung und

Abtransport stellen keine besonderenProbleme. Das von der Glarner Linthhertransportierte Geschiebe enthält ei-nen beachtlichen Anteil an Schwemm-holz. Grössere Stücke wurden heraus-gelesen, die kleineren sind für die vor-gesehene Verwendung ohne Nachteil.

2.2 Schüttungen undErosionsschutz

Ziel der Bauarbeiten war einerseits dieRückgewinnung eines Teils des verlore-nen Territoriums und andererseits dieGestaltung einer stabilen, biologischwertvollen und wellendynamisch wirk-samen Flachwasserzone auf der West-seite.Zunächst stellte sich die Frage nach ei-nem standortgerechten und stabilenUferprofil für die gefährdete Westseiteder Insel. Das Flachwasser sollte soseicht sein, dass sich darin Schilf ansie-deln und ausbreiten kann. Die geringeWassertiefe verstärkt zudem die refrak-tionsbedingte Bremswirkung auf die an-laufenden Wellen. Mit der Absicht, dieWellen vor dem Eintritt ins Flachwasserein erstes Mal zum Brechen zu bringen,wurde ein Riff eingeplant, welches dasgesamte Flachwasser gegen den offe-nen Obersee abgrenzt (Abb. 4 und 11).Die Wassertiefe über dem Riff bei mitt-lerem Seestand soll ca. 0,4 m betragen.

Folgende Überlegungen führten zur vor-liegenden Bemessung des Riffs: Das ausder Wellentheorie bekannte Brechkrite-rium sagt aus, dass eine Welle im seich-ten Wasser bricht, wenn die relativeWellenhöhe, definiert als das Verhältnis

Wellenhöhe H zu Wassertiefe h, einenGrenzwert überschreitet. Es gilt:H > 0,78–hFür h = 0,4 m brechen demnach Wellenab der Höhe H = 0,31 m. Geht man voneiner durchschnittlichen WellensteilheitvonH–L

= 0,05 = 5 %

aus, so ergibt sich eine zugehörige Wel-lenlänge von L = 6,2 m, welche einemangeregten Wellengang entspricht. Län-gere Sturmwellen brechen auf jeden Fallbevor sie die Uferlinie erreichen. Wel-lenströmungen sind bis in eine Tiefe un-ter dem Wasserspiegel noch spürbar,die der halben Wellenlänge L/2 ent-spricht. Im gezeigten Beispiel sind alsoStrömungen bis in eine Tiefe von 3,1 mspürbar. Diese Zahl belegt auch, dassim Flachwasser mit wellenbedingten Tur-bulenzen zu rechnen ist, denen ein fein-sandiger Grund nicht zu widerstehenvermag.Ein weiterer Projektierungsschritt betrafdie Festlegung des Schüttkörpers unddessen Schüttvolumen. Vor der Schüt-tung wies die Insel eine Oberfläche von5'639 m2 auf, nach der Schüttung6'687 m2. Demnach konnte vom Seeeine Landfläche von 1'048 m2 oderrund 10 Aren zurückgewonnen wer-den. Diese schmale Fläche ist 110 mlang und etwa 10 m breit. Die Berech-nungen ergaben einen Inhalt des Schütt-körpers von 5'000 m3. Die Schüttungensamt Riff auf der Inselwestseite sind inder Situation Abb. 5 dargestellt.

Abbildung 4: Normalprofil durch die Schüttung am Westufer

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Vor den eigentlichen Bauarbeitenwurde das zum Teil nicht standortge-rechte Gehölz auf der Insel teilweise ge-rodet. Die im nassen Boden stark trei-benden Bäume und Sträucher behin-dern mit ihrem Schattenwurf dasWachstum des Schilfes.Das Sand-Kies-Gemisch aus dem Gäsiwurde mit Lastwagen zur Umschlag-stelle westlich von Schmerikon transpor-tiert und von dort mit einem Nauen zurInsel gebracht. Auf der Ostseite der In-sel wurde das Schüttgut mittels Baggernentladen und in einem Depot zwi-schengelagert. Schliesslich wurde es mitMaschinen ins Flachwasser eingebrachtund gemäss den vorgegebenen Profilenverteilt (Abb. 6).Ein Teil des Schüttmaterials wurde zurLandrückgewinnung verwendet. Die sogewonnene zusätzliche Inseloberflächeerhielt eine Humusschicht von 10 cmStärke. Sie soll als Liegewiese genutztwerden können (Abb. 7). Ein beachtli-cher Teil der Schüttung entfällt auf daskünstliche Riff (Abb. 8).Am Flachufer wurde grundsätzlich aufharte Verbauungen verzichtet. An denSchmalseiten der Insel, wo der Grundstark in gebaggerte Fahrrinnen abfällt,ist ein Verzicht nicht möglich. Der Insel-rand wurde mit Weisstannenpfähleneingefasst (Abb. 8). Über dem Mittel-wasser wurden Sandsteinblöcke ausdem nahen Steinbruch Buechberg auf-geschichtet (Abb. 9).Der Raum zwischen Pfählen und ge-wachsenem Boden wurde mit Kies auf-gefüllt und als notwendige Filter Geo-textilien eingelegt. Das steile, in denBaggersee abfallende Ostufer von etwa60 m Länge wurde nicht angeschüttet,sondern mit ingenieurbiologischen Mass-nahmen befestigt. Verwendet wurde einFlechtwerk (Abb. 10).

3 Beobachtungsphase undBewährung

Nach der Fertigstellung der Bauarbei-ten im Februar 2004 wurde die Inselder Natur und den Pächtern übergeben.Dennoch interessiert die weitere Ent-wicklung der Pflanzenwelt und der Ufer-morphologie, weshalb im Sinne einesMonitorings von den Projektverantwort-lichen am Ende der Jahre 2004, 2005,

Abbildung 5: Situation der Westinsel. Dunkelgrün: noch vorhandenes Inselgebiet; dunkelgrün-schwarzschraffiert: Landschilf; hellgrün, Flachwasserschilf; dunkelbraun: Terrainvorschüttung; hellbraun: Flach-wasseraufschüttung umgrenzt vom Riff. Links und rechts der Insel führen vertiefte Fahrrinnen durch, so dasseine Steiluferbefestigung aus Pfahlreihen und Blocksteinen notwendig ist (mit schwarzer Signatur dargestellt)

Abbildung 6: Verteilung des Schüttmaterials auf der Westseite der Insel (Februar 2004)

Abbildung 7: Fertiggestellte Vorschüttung auf der Westseite der Insel. Rechts, oberhalb der Uferböschungwurde das zurückgewonnene Inselgebiet auf Wunsch der Bauherrschaft humusiert (März 2004)

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2006 und 2008 ein Augenschein ge-nommen wurde. Im Jahr 2006 wurdenzudem die ursprünglich festgelegtenQuerprofile (Abb. 5) auf Veränderun-gen überprüft. Den Erwartungengemäss haben die Wellenströmungendie Feinanteile aus der Oberfläche derSchüttung seewärts verfrachtet. Unter-halb der Wasserlinie schützt nun eineAbpflästerung aus Rundkies den Schütt-körper vor der weiteren Wellenerosion.2008 betrug die Wasserüberdeckungdes Riffs 45 bis 50 cm.Ähnliche Erfahrungen wurden bei derBefestigung der südlichen Schmalseiteder Insel durch die Sandsteinblöcke ge-wonnen. Die aufprallenden Sturmwel-len erreichten das hinterschüttete Sand-Kies-Material (Abb. 9) und spülten esweg. Gröberes Kies als Ersatz bewährtesich hingegen.Nachträgliche Ausbesserungen wurdenam oberen Rand der Strandböschungbeim Übergang zur Liegewiese notwen-dig. Die heftigen Sturmwellen erreichtendiese Böschungskante und bildeten ei-nen kliffartigen Erosionssaum (Abb.12). Um den unerwünschten Material-abtrag zu stoppen, wurde die Böschungim gefährdeten Bereich mit gröberemGeröll belegt (Abb. 13). Die sich aus-breitende Vegetation wird die Steine mitder Zeit überdecken.Die vorliegenden 4-jährigen Erfahrun-gen zeigen, dass die Westseite der Inseldurch die gewählten Massnahmen sta-bilisiert werden konnte. Das geschütteteRiff dämpft die anlaufenden Wellen ineinem wesentlichem Masse. Der Wei-terbestand der Insel ist nun gesichert.

Abbildung 8: Links: Herstellung des Riffs mit Hilfe des Schrittbaggers. Rechts im Hintergrund: Einram-men der Weisstannenpfähle auf der nördlichen Schmalseite der Insel (Februar 2004)

Abbildung 9: Uferbefestigung auf der südlichen Schmalseite der Insel mit Sandsteinblöcken aus demSteinbruch Buechberg. Im Gegensatz zum ursprünglichen Feinkies hält die Nachfüllung aus Grobkiesden aufpeitschenden Sturmwellen stand (Dezember 2006)

Abbildung 10: Flechtwerk auf der Ostseite der Insel, welche steil in den Baggersee abfällt(März 2004)

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Adresse der AutorenMarkus Juddipl. Bauing. FHc/o P. Meier & Partner AGBauingenieurbüroTellstrasse 18853 Lachen

Andreas HuberDr. sc. techn. dipl. Bauing. ETHZberatender IngenieurIm Baumgarten 128606 Greifensee

Weitere am Projekt BeteiligteBauunternehmung:Johann Müller Schmerikon (JMS)8716 SchmerikonBiologische Begleitung:AquaPlus, 6300 ZugVermessung Terra Vermessungs AG,8006 Zürich

LiteraturSPEICH DANIEL (2006): Linth-Kanal,Die Korrigierte Landschaft – 200 JahreGeschichte, Verlag Baeschlin, Glarus.

AMSTUTZ PIA, KÄMMLEIN BRIGITTE(1988): Landschaftswandel in der Linth-ebene, Interkantonales Technikum Rap-perswil, Abteilung Grünplanung, Gas-terländer Druck & Verlag, Kaltbrunn.

Ortsgemeinde Schmerikon (2003): Aus-serordentliche Bürgerversammlung vom6. November 2003, Gutachten und An-trag, Uferschutzmassnahmen WestinselBätzimatt im Betrag von 920'000 Fran-ken.

SISSEGGER BERTHOLD, TEIBER PETRA(2001): Erfolgsmodell für Renaturierun-gen am Bodenseeufer, Ingenieurbiolo-gie 3/01.

Abbildung 11: Das geschüttete Riff kurz nach der Fertigstellung. Es wurde seither durch die Wellen aufdas gewünschte Niveau abgeflacht und ist vom Ufer her kaum mehr sichtbar (März 2004)

Abbildung 12: Der obere Teil der neuen Böschung wurde durch die Sturmwellen abgetragen, und esbildete sich ein kliffartiger Erosionssaum (21. Dezember 2006)

Abbildung 13: Der Erosionssaum bis zur Böschungskante wurde mit Geröll belegt. Der Übergang zurLiegewiese ist nicht mehr gefährdet (Aufnahme 22. Dezember 2008)