ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung...

42
Projekt Projekt Projekt Projektbegleitung Wildbach begleitung Wildbach begleitung Wildbach begleitung Wildbach- und und und und Lawinenverbauung Lawinenverbauung Lawinenverbauung Lawinenverbauung: Von der Von der Von der Von der Idee bis zum baufertigen Idee bis zum baufertigen Idee bis zum baufertigen Idee bis zum baufertigen Plan Plan Plan Plan Fachbereichsarbeit in Geographie und Wirtschaftskunde am Realgymnasium Schwaz Schuljahr 2006/2007 Claudia Sauermoser, 8R Betreuer: Prof. Mag. Fritz Tiefenthaler

Transcript of ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung...

Page 1: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

ProjektProjektProjektProjektbegleitung Wildbachbegleitung Wildbachbegleitung Wildbachbegleitung Wildbach---- und und und und

LawinenverbauungLawinenverbauungLawinenverbauungLawinenverbauung::::

Von der Von der Von der Von der Idee bis zum baufertigen Idee bis zum baufertigen Idee bis zum baufertigen Idee bis zum baufertigen

PlanPlanPlanPlan

Fachbereichsarbeit in Geographie und

Wirtschaftskunde

am Realgymnasium Schwaz

Schuljahr 2006/2007

Claudia Sauermoser, 8R

Betreuer: Prof. Mag. Fritz Tiefenthaler

Page 2: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Inhaltsverzeichnis

2

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis………………………………………………………………………… 2

Einleitung………………………………………………………………………………… 3

Kapitel 1: Arbeitsweise und Methodik…………………………………………………... 4

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung………….. 5

2.1. Naturräumliche Voraussetzungen…………………………………………. 5

2.2. Antropogene Einflüsse…………………………………………………….. 11

2.3. Die Entwicklung der Wildbachverbauung………………………………… 13

2.4. Die Entwicklung der Lawinenverbauung………………………………….. 14

2.5. Struktur und Organisation der Wildbach- und Lawinenverbauung……...... 15

2.6. Aufgaben der Wildbach- und Lawinenverbauung………………………… 16

2.7. Finanzierung……………………………………………………………….. 17

2.8. Der Gefahrenzonenplan……………………………………………………. 17

2.9.Schutzsysteme……………………………………………………………… 19

Kapitel 3: Der Eckartaubach……………………………………………………………... 26

3.1. Schutzbedarf…………………………………………………………………. 26

3.2. Projektsidee………………………………………………………………….. 29

3.3. Projektsplanung……………………………………………………………… 30

3.4. Behördenverfahren…………………………………………………………... 35

3.5. Finanzierungsverhandlung…………………………………………………… 35

3.6. Projektsumsetzung…………………………………………………………… 36

3.7. Kollaudierung………………………………………………………………... 37

Schlussbemerkungen……………………………………………………………………... 38

Anhang 1: Begriffserklärungen…………………………………………………………... 39

Anhang 2: Quellenangaben………………………………………………………………. 42

Anhang 3:Materialienmappe

Wildbachaufnahmeblatt Eckartaubach

Antrag der Gemeinde Ramsau

Detaillageplan

Regelprofile

Page 3: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Einleitung

3

Einleitung

Am Ende der siebten Klasse, als das Thema Matura immer lauter von allen Seiten klang,

spielte ich mit dem Gedanken, eine Fachbereichsarbeit zu schreiben. Doch es stellte sich die

Frage eines geeigneten Themas. Ich wusste allerdings, dass es mit Naturgefahren zu tun

haben muss. Durch meinen Vater, der Sektionsleiter der Wildbach- und Lawinenverbauung in

Tirol ist, bin ich auf diesem Gebiet mehr oder weniger vorgeprägt. Schon als kleines Mädchen

besuchte ich mit ihm Baustellen und hatte die größte Freude, wenn er mir einen Plan aus

seinem Büro mitbrachte.

Schließlich sprach ich mit meinem Geographielehrer Prof. Mag. Tiefenthaler, ob meine

Vorstellungen, auf diesem Gebiet eine Fachbereichsarbeit zu schreiben, möglich wären.

Dieser war damit einverstanden und so entstand die Idee, ein Wildbach- und

Lawinenverbauungsprojekt in der Planungsphase zu begleiten. Da mich sowohl geologische

Hintergründe als auch die Arbeit der Wildbach- und Lawinenverbauung interessierten, war

ich mit diesem Thema sofort einverstanden. So konnte ich meine Interessen mit etwas völlig

Neuem kombinieren.

Gemeinsam mit dem Gebietsbauleiter der Gebietsbauleitung Westliches Unterinntal, welche

ihren Sitz in Schwaz hat, wurde ein geeignetes Projekt ausgesucht. Das war keine leichte

Aufgabe, denn die Entstehung solcher Projekte zieht sich oft über Monate und Jahre. Wir

wählten dann ein Projekt, das sich derzeit in Ausarbeitung befindet, den Eckartaubach in der

Gemeinde Ramsau, bei dem ich von Beginn an, also von der ersten Besichtigung dabei sein

konnte. Da solche Planungen, wie schon erwähnt, zeitaufwendig sind, habe ich mir auch

andere Projekte angesehen, die schon in einem fortgeschrittenen und fast fertigen Stadium

sind. Deshalb konnte ich nicht alle Vorgehensweisen des Eckartaubaches beschreiben und

habe mir deshalb sozusagen „Ersatzprojekte“ gesucht.

Natürlich war es für mich sehr angenehm, so nahe an der Quelle zu sitzen und dadurch viel

Material zu bekommen und Einsicht in die Arbeit der Sektion und der Gebietsbauleitung zu

haben.

Page 4: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 1: Arbeitsweise und Methodik

4

Kapitel 1: Arbeitsweise und Methodik

Grundsätzlich war die Idee hinter meiner Fachbereichsarbeit, die Entstehung eines Projektes

der Wildbach- und Lawinenverbauung vom Beginn bis zum Ende persönlich zu begleiten.

Das stellte sich allerdings als schwierig heraus, da die Entstehung eines Projektes inklusive

aller behördlichen Genehmigungen normalerweise ein bis zwei Jahre in Anspruch nimmt.

In diesem Zusammenhang war mein erster Schritt, mich mit dem Gebietsbauleiter der

Gebietsbauleitung Westliches Unterinntal, DI Josef Plank, zusammenzusetzen und ein

geeignetes Projekt, möglichst in der Nähe meines Wohnortes, zu finden. Er schlug mir die

Begleitung des Verbauungsprojektes am Eckartaubach in der Gemeinde Ramsau vor. Bei den

ersten wichtigen Projektsschritten konnte ich im Sommer und Herbst 2006 teilnehmen.

Da die Behördenverfahren und die Finanzierungsverhandlung aber erst im Laufe des Jahres

2007 stattfinden werden, kann ich im Zuge meiner Arbeit darüber nicht mehr berichten. An

Stelle der Finanzierungsverhandlung des Eckartaubaches habe ich aber an einer

Finanzierungsverhandlung für den Gänsbach in der Stadtgemeinde Kitzbühel teilgenommen.

Wasserrechtliche-, naturschutzrechtliche- und forstrechtliche Genehmigungsverhandlungen

waren während des Zeitraumes meiner Bearbeitung leider keine angesetzt und deshalb konnte

ich mich daran nicht persönlich beteiligen.

Neben der persönlichen Begleitung eines Projektes habe ich Literatur über die Wildbach- und

Lawinenverbauung im Allgemeinen über Raumordnung, die historische Entwicklung und den

Eckartaubach im Speziellen studiert.

Ebenso habe ich die neuen technischen Richtlinien der Wildbach- und Lawinenverbauung

studiert, die als Anleitung für die Durchführung der Projektierungsarbeiten dienen.

Page 5: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

5

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und

Lawinenverbauung

2.1. Naturräumliche Voraussetzungen

In vielen Teilen Österreichs stellen alpine Naturgefahren, wie Hochwässer, Muren, Lawinen,

Hangbewegungen und Steinschlag, eine erhebliche Bedrohung für den Lebensraum der

Bevölkerung dar. Der Begriff gravitative Naturgefahr definiert sich durch einen Prozess, der

sich aus Bewegungen von Wasser, Schnee, Eis, Erd- oder Felsmassen an der Erdoberfläche

ergibt. Grundsätzlich handelt es sich dabei um natürliche Erosionsprozesse, die jedoch nur

durch das Zusammentreffen mit menschlichen Interessen zur Gefahr geworden sind.

Die häufigsten schadbringenden Prozesse, die in Einzugsgebieten von Wildbächen

auftreten, sind geschiebeführende Hochwässer und Muren. Als Geschiebe werden jene

Feststoffe bezeichnet, die vom Bach erodiert, transportiert und abgelagert werden. Das sind

alle Arten von Lockermaterial, wie Hangschutt oder Moränenreste.

Zu den alpinen Naturgefahren zählt man Hochwässer, Muren, Hangbewegungen, Steinschlag,

Felssturz und Lawinen.

2.1.1 Hochwässer

Hochwässer werden durch extreme Niederschläge oder auch plötzliche Schneeschmelze

verursacht, die zu einem raschen Anstieg des Wasserabflusses beitragen und dadurch zu

Überschwemmungen im Tal führen. Wenn Geschiebe aufgenommen und transportiert wird,

spricht man von einem geschiebeführenden Hochwasser.

Page 6: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

6

Abb.1: Hochwasser 2005 im Paznauntal (Foto: WLV Tirol)

2.1.2.Muren

Muren mobilisieren, zum Unterschied von geschiebeführenden Hochwässern, große

Materialmassen. Der Geschiebeanteil am Hochwasserabfluss beträgt ≥ 50%. Die

Abfuhrbereitschaft einer Mure hängt von der Steilheit des Geländes, von der Größe des

Geschiebes, von der Beschaffenheit der Vegetationsdecke und von der Lockerheit des

Materials ab. Von ca. 10 000 ausgewiesenen Wildbächen in Österreich gefährden etwa 4 200

den Siedlungsraum oder Verkehrseinrichtungen.1

1 Vgl.: www.forstnet.at/article/articleview/16329/1/14419

Page 7: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

7

Abb. 2: Mure in der Gemeinde Kaltenbach(Foto: WLV Tirol)

2.1.3. Hangbewegungen

Hangbewegungen treten meistens in Verbindung mit Quell- oder Grundwasser auf. Dabei

unterscheidet man zwischen „langsamen“ Gleitrutschungen oder „schnellen“ Rutschungen

und Hangmuren. Man differenziert ebenso zwischen Rotations- und Translationsrutschungen.

Bei Translationsrutschung handelt es sich um Rutschungen parallel zur Oberfläche auf einer

präformierten Gleitfläche.2 Bei Rotationsrutschungen verlaufen die Gleitflächen jedoch

annähernd kreisförmig.3 In Tirol findet man Rutschungen häufig in Schiefergebieten oder im

Bereich eiszeitlicher Lockermassen (Moränen).

2 mündl. Mitteilung: DI Siegfried Sauermoser 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“, S.92

Page 8: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

8

Abb. 3: Rotationsrutschung (Foto: WLV Tirol)

Abb. 4: Translationsrutschung (Foto: WLV Tirol)

2.1.4. Steinschlag

Steinschlag ist das Abstürzen einzelner Gesteinsbrocken. Steinschlag kann durch

mechanische oder chemische Verwitterung ausgelöst werden. Ein Beispiel für mechanische

Verwitterung ist Frostsprengung, wobei Wasser in Gesteinsritzen in kurzer Zeit gefriert und

wieder auftaut. Durch die Ausdehnung des Wassers beim Gefrieren kommt es zur Sprengung

des Gesteins. Häufig tritt Frostsprengung im Herbst oder im Frühjahr auf. Wenn größere

Gesteinsmassen abstürzen, spricht man von Fels- oder Bergsturz.

Page 9: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

9

Abb. 5: Felssturz Bärenbad in der Gemeinde Brandberg (Foto: WLV Tirol)

2.1.5. Lawinen

Lawinen entstehen durch den plötzlichen, ruckartigen Abgang von größeren Schneemassen an

einem Steilhang.4 Sie unterscheiden sich in der Form ihres Anrisses (Schneebrett- oder

Lockerschneelawine), in der Bewegungsform (Fließ- oder Staublawine), in ihrer Gleitfläche

(Ober- oder Grundlawine), in ihrer Feuchtigkeit (Nass- oder Trockenschneelawine) und der

Form der Sturzbahn (kanalisierte oder Flächenlawine). Die größte Lawinengefahr besteht bei

einer Hangneigung von 30° bis 50°. Ausschlaggebend ist auch das Gewicht der Schneedecke,

die durch Temperatur, Strahlung und Niederschlag beeinflusst wird. Je größer das Gewicht,

umso größere Scherkräfte entwickeln sich, denen die verschiedenen Schneeschichten nur

ungenügend Festigkeit entgegensetzen können.5 Deshalb genügt oft nur eine leichte

Belastung, um eine Lawine auszulösen. Die vorhin genannten Lawinenmerkmale sind in einer

internationalen Lawinenklassifikation festgelegt (siehe Tabelle).

4 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“, S. 162 5 Vgl.: „Lawinen“, S.165

Page 10: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

10

Abb.6: Internationale Lawinenklassifikation („Lawinenhandbuch“, S.97)

Abb. 7: Staublawine Sonntagsköpfl in der Gemeinde Fügenberg (Foto: WLV Tirol)

Zone Kriterium Alternative Merkmale

Form des Anrisses Von einem Punkt

ausgehend: Lockerschneelawine

Von einer Linie anreißend: Schneebrettlawine

Lage der Gleitfläche Innerhalb der Schneedecke:

Oberlawine

Auf der Bodenoberfläche: Bodenlawine

Ab

bru

chg

ebie

t

Flüssiges Wasser im Lawinenschnee

Trocken: Trockenschneelawine

Nass: Nassschneelawine

Form der Sturzbahn Flächig:

Flächenlawine

Runsenförmig: Runsenlawine (kanalisierte

Lawine)

Stu

rzb

ahn

Form der Bewegung

Stieben, als Schneewolke durch die

Luft: Staublawine

Fließend, dem Boden folgend:

Fließlawine

Oberflächenrauhigkeit der Ablagerung

Grob (über 0,3 m): Grobe Ablagerung

Fein (unter 0,3 m): Feine Ablagerung

Flüssiges Wasser in der Ablagerung

Trocken: Trockene Ablagerung

Nass: Nasse Ablagerung

Ab

lag

eru

ng

sgeb

iet

Fremdmaterial in der Ablagerung

Fehlend: Reine Ablagerung

Vorhanden (Steine, Erde, Äste, Bäume):

Gemischte Ablagerung

Page 11: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

11

2.2. Anthropogene Einflüsse

Ca. 12 % der Tiroler Landesfläche ist als Dauersiedlungsraum nutzbar. Durch die ständige

Expansion des Lebensraums steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Mensch mit

Naturgefahren in Berührung kommt.

Seit 1900 hat besonders der Westen Österreichs einen starken Bevölkerungszuwachs erfahren.

In Tirol ist der Einwohnerstand seit 1900 um 153 % 6 gestiegen. Natürlich bedeutet das auch

eine Ausweitung des Siedlungsraumes, wodurch der Kampf gegen Naturgewalten immer

schwieriger wird.

Durch das Zusammentreffen von natürlichen Erosionsprozessen und den Interessen der

wachsenden Bevölkerung entsteht zunehmendes Konfliktpotenzial.

Im Mittelalter wurden vor allem große, mächtige Mauern, die vor Überschwemmungen und

mitgeführtem Geröll schützen sollen, errichtet. Das heißt, die Präventionsmaßnahmen

beschränkten sich bis zum 18. Jahrhundert nur auf den Unterlauf der Wildbäche.

Abb. 8: Sperre in Trient, die im 16. Jahrhundert errichtet wurde (Foto: WLV Tirol)

6 Vgl.: „Die Tiroler Bevölkerung, Ergebnisse der Volkszählung 2001“, S. 2

Page 12: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

12

1788 erschien das Gubernialdekret vom damaligen Gouverneur Wenzel Graf von Sauer, das

besagte, die Bevölkerung gefährdeter Gebiete solle zur Selbsthilfe greifen und sich zu

Arbeitsgemeinschaften zusammenzuschließen, um Schutzbauten zu errichten. Aber sie sollten

vor allem auf die Bewirtschaftung von Wäldern in Wildbacheinzugsgebieten achten. So lautet

zum Beispiel eine Aufforderung: „Bei Anlegung der Holzschläge, so wie bei Abhauung

einzelner Bäume, sie mögen durch privat- oder landesfürstliche Forstämter geschehen, ist

jederzeit darauf zu sehen, dass keine zu beträchtlichen Gegenden, besonders nach der

Richtung, wo sie den kalten nördlichen Winden ausgesetzt würden, von Bäumen entblößt

werden; hauptsächlichst aber ist darauf zu denken, dass an den untern Theilen der Berge, und

an jene, so jäh abhängig dem Angriffe vorbeifliessender Gewässer, sie mögen nun aus

wirklichen oder nur von dem anhaltenden Regen entstehenden Bächen bestehen, ausgesetzt

sind, immer so viele Bäume gelassen werden, als es erforderlich ist, um für sich das Erdreich

fest zu erhalten, und den künftigen Nachwachs zu sichern.“7

Wie man aus dem Auszug erkennt, wurden nun auch Maßnahmen getroffen, die das gesamte

Umfeld eines Wildbaches mit einbeziehen. Dabei spielte ein Faktor eine wichtige Rolle.

Besonders in Tirol wurden zu viele Rodungen betrieben. Zum Beispiel nahm die Waldfläche

im Paznauntal von 7.124 ha innerhalb von 150 Jahren (1774/1800 – 1953/1960) auf 3.887 ha

ab.8 Man benötigte das Holz in Hall zur Salzgewinnung, um die Solen zu erhitzen. Natürlich

war man sich nicht im Klaren darüber, welche Folgen die großflächige Abholzung der Wälder

mit sich brachte. Durch die ständigen Rodungen hatte der Boden keinen Halt mehr und war

deshalb besonders anfällig für Erosion.

Auch Georg Freiherr von Aretin verfasste 1808 das Buch „Ueber Bergfälle und die Mittel,

denselben vorzubeugen, oder wenigstens ihre Schädlichkeit zu vermindern“. Er

erkannte ebenso wie Gouverneur Wenzel, dass die schlecht betriebene Waldbewirtschaftung

Mitschuld an den zahlreichen Naturkatastrophen hatte.

Aber alle Erkenntnisse zu dieser Zeit waren vergebens. Erst 1826 gelang es, Interesse an der

Bekämpfung von Wildbächen zu wecken. So wurden zum Beispiel im Fersinatal in Südtirol

zahlreiche Hänge begrünt und aufgeforstet und der Boden stabilisiert.

Durch die Hochwasserkatastrophe 1882 am südlichen Alpenhauptkamm (Kärnten, Tirol,

Krain) wurden vom Tiroler Landtag folgende Anträge beschlossen:

− eine durchgreifende Regulierung aller Wildbäche und Flüsse nach einem einheitlichen

Plan durchzuführen und

7 Vgl.: „Dokumente und Materialien zur Geschichte der Wildbach- und Lawinenverbauung in Österreich“, S.14 8 Vgl.: „Das Bergwald-Protokoll; H. Aulitzky: Siedlungsentwicklung und Naturkatastrophenpotenzial“, S.40

Page 13: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

13

− gleichzeitig mit den Regulierungsmaßnahmen auch forstliche Maßnahmen zur

Entwässerung und Befestigung der Gebirgsböden anzuwenden.9

Dafür wurde eigens die „Landescommission für die Regulierung der Gewässer in Tirol“

eingerichtet. Diese Einrichtung bezog sich speziell auf Tirol.

2.3. Die Entwicklung der Wildbachverbauung

Die erste Einrichtung, die für den Schutz vor Wildbächen in Tirol zuständig war, wurde, wie

oben schon genannt, 1882 installiert. Ein Jahr später wurde dafür die finanzielle Grundlage

geschaffen. Somit war der erste Schritt zu einer vom Staat und Land ausgehenden

einheitlichen Organisation getan. Auf Grund einer kaiserlichen Entschließung wurde von der

Regierung ein Gesetzesentwurf im Parlament eingebracht. Darin ist unter anderem

festgehalten, dass die Staatsverwaltung, Länder, Bezirke, Gemeinden und andere

Interessenten an der Finanzierung der Projekte beteiligt sind.

1884 wurde dann die Forsttechnische Abteilung für Wildbachverbauungen eingerichtet.

Wegen des baldigen Mangels an geschulten Arbeitskräften und an den notwendigen

Budgetmitteln kam es erst zu einer allmählichen Erweiterung der Abteilung und zur

Vermehrung der Mitarbeiter. Innerhalb von 30 Jahren (1884 – 1914) erhöhte sich die Zahl der

verschiedenen Sektionen von 2 auf 14, die über das gesamte, ehemalige Österreich verteilt

waren.

Im Ersten Weltkrieg erlag die Wildbachverbauung großen Einschränkungen und ihre

Tätigkeit kam mehr oder weniger zum Erliegen. Durch den Verlust österreichischer Gebiete

wurde auch die Wildbachverbauung mit einem Schlag kleiner. So waren es nach dem Krieg

nur noch sieben Sektionen. Besonders in der Nachkriegszeit waren die Zeiten nicht rosig. Erst

1925 war wieder ein Aufblühen der Bautätigkeit zu verzeichnen, das durch die

Weltwirtschaftskrise jedoch wieder eingedämmt wurde. Als Österreich mit Deutschland

zusammengeschlossen wurde, flossen zuerst vermehrt Gelder in die Wildbachverbauung. Die

Situation im Zweiten Weltkrieg war aber nicht minder besser als jene im Ersten Weltkrieg.

Durch zahlreiche Verhandlungen konnte nach dem Zweiten Weltkrieg wieder ein

Mitarbeiterstab, darunter auch Akademiker, die in der Nachkriegszeit Mangelware waren,

aufgebaut werden. Manuelle Arbeit wurde zunehmend durch Maschinen ersetzt, weshalb es

9 Vgl.: „100 Jahre Wildbachverbauung in Österreich“, S. 18

Page 14: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

14

auch nötig war, Bauhöfe einzurichten, um Baustellen mit dem erforderlichen Material zu

versorgen und die Maschinen zu warten.

2.4. Die Entwicklung der Lawinenverbauung

Seit Jahrhunderten ist bekannt, dass der Wald einen wesentlichen Schutz vor dem „weißen

Tod“ bietet. Bereits 1397 wurde der Wald oberhalb der schweizerischen Ortschaft Andermatt

in „Bann“ gelegt. Das heißt, in diesem Wald waren Holzschlägerungen strengstens untersagt.

Lawinenverbauungen hat man in der älteren Vergangenheit nur wenig Aufmerksamkeit

geschenkt, da die Alpentäler sehr dünn besiedelt waren. Erst in den 50er Jahren des 19.

Jahrhunderts entstanden die ersten Verbauungen gegen Lawinen. Durch den Ausbau des

Verkehrssystems und die wachsende Entwicklung des Wintersportes wurde die

Lawinengefahr immer präsenter.

Anfangs blieb es aber nur bei wenigen örtlich begrenzten Schutzmaßnahmen. Auch als 1879

41 Tote bei einem Lawinenunglück in Kärnten und mehrere Jahre darauf 53 Tote in Tirol und

Vorarlberg zu beklagen waren.

Erst mit dem Bau der Arlbergbahn (1880 – 1884) wurden an den lawinengefährdeten Hängen

Sicherungsmaßnahmen ergriffen. Die folgenden Jahre blieb die Lawinenverbauung eine

Domäne der Eisenbahn und der Straßenbauverwaltung. In Tirol wurde die erste

Lawinengalerie 1854 an der Reschenstraße errichtet. Während des Ersten Weltkrieges kam

auch diese Verbauungstätigkeit zum Erliegen.

Nach dem Zusammenschluss Österreichs mit Deutschland im Jahr 1939 wurde das

„Forsttechnische Amt“ zum „Amt für Wildbach- und Lawinenverbauung“ umbenannt und

somit die Lawinenverbauung mit der Wildbachverbauung zusammengelegt. Bis dahin war die

Lawinenverbauung im Schatten der Verbauungsmaßnahmen von Wildbächen gestanden. Eine

Wende trat in den Katastrophenwintern 1950/51 mit 135 und 1953/54 mit 143 Lawinentoten

ein.10Aufgrund der historischen Entwicklung werden Lawinenschutzmaßnahmen nicht nur

von den Sektionen des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und

Wasserwirtschaft ausgeführt, sondern auch von der Österreichischen Bundesbahn und den

Straßenbauämtern.

2.5. Struktur und Organisation der Wildbach- und Lawinenverbauung

10 Vgl.: „100 Jahre Wildbachverbauung in Österreich“, S. 31

Page 15: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

15

Die Wildbach- und Lawinenverbauung ist eine Einrichtung (Abteilung 5) des

Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

In den neun Bundesländern sind derzeit sieben Sektionsleitungen und 27 Gebietsbauleitungen

eingerichtet, wobei die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland in einer Sektion

zusammengefasst sind. Weiters gibt es drei Stabstellen, die ebenfalls wichtige

Planungsaufgaben erfüllen. Geregelt sind der Sitz und die Anzahl der Dienstellen im

Forstgesetz von 1975. 280 MitarbeiterInnen in Technik und Verwaltung sowie 960

KollektivertragsarbeiterInnen11 sind bei der Wildbach- und Lawinenverbauung tätig (Stand

2003).

Abb. 9: Organigramm der Wildbach- und Lawinenverbauung (Foto: www.forstnet.at/article/archiv/12705)

2.6. Aufgaben der Wildbach- und Lawinenverbauung

11 Vgl.: „Wildbach und Lawinenverbauung in Österreich“, S. 9

Page 16: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

16

Den Schutz vor Wildbächen und Lawinen zu gewährleisten ist Aufgabe des Bundes und ist in

der österreichischen Verfassung verankert. Diese Aufgaben werden auf der Grundlage des

Forstgesetztes von 1975 durch den Forsttechnischen Dienst für Wildbach- und

Lawinenverbauung ausgeübt.

Im Forstgesetz festgehalten sind sowohl die Aufgaben, aber auch, wie schon vorhin genannt,

der Sitz und die Anzahl der Dienststellen.

Zu den Aufgaben der Wildbach- und Lawinenverbauung gehören die Erstellung von

Gefahrenzonenplänen, die Planung und Durchführung von technischen und forstlich-

biologischen Schutzmaßnahmen, die Beratung und Sachverständigentätigkeit, die Betreuung

der Einzugsgebiete von Wildbächen und Lawinen, die Verwaltung der zugewiesenen

Förderungsmittel und die Vertretung des öffentlichen Interesses des Schutzes vor alpinen

Naturgefahren. Zu den Kernleistungsfeldern gehören deshalb:

− Beratung: Dabei wird besonders Wert darauf gelegt, das Wissen und das Bewusstsein

bezüglich Naturgefahren zu stärken. So wird die Eigenprävention gefördert.

− Sachverständigentätigkeit: Darunter versteht man das Erstellen von Gutachten und

Stellungsnahmen im Rahmen von Behördenverfahren. Dabei ist das öffentliche

Interesse am Schutz vor alpinen Naturgefahren zu vertreten.

− Gefahrenzonenplanung: Darunter versteht man die Ausscheidung von durch

Naturgefahren gefährdeten Gebieten. Wichtig dabei ist, laufend am Stand der Technik

zu bleiben. Bis 2010 versucht man Gefahrenzonenpläne flächendeckend

abzuschließen.

− Maßnahmenplanung: Auf Basis der gutachtlichen Bewertung der Gefahren werden

Schutzsysteme erarbeitet.

− Maßnahmensetzung: Dabei werden die geplanten Schutzsysteme umgesetzt und für

deren Erhaltung gesorgt

− Förderungsabwicklung: Dies sind Maßnahmen, die im gesetzlichen Auftrag des

Forstgesetztes 1975 und des Wasserbautenförderungsgesetztes ausgeführt werden.

Im Jahr 2003 wurden in Österreich 13.186 Gutachten und 202 Gefahrenzonenpläne erstellt.

498 Projekte wurden ausgeführt, 704 Projekte wurden abgeschlossenen und 549

Betreuungsmaßnahmen in Wildbacheinzugsgebieten durchgeführt.12

2.7. Finanzierung

12 Vgl.: „Wildbach- und Lawinenverbauung in Österreich“, S. 9

Page 17: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

17

Die Finanzierung von Maßnahmen erfolgt nach dem Katastrophenfondgesetz und dem

Wasserbautenförderungsgesetz. Jährlich werden etwa 69 Millionen € aus dem

Katastrophenfond des Bundes für den Schutz vor Wildbächen und Lawinen bereitgestellt.

Gemeinsam mit den Bundesländern, den Gemeinden und anderen Interessenten stehen fast

120 Millionen € zur Verfügung. Im Durchschnitt werden die Projekte der Wildbach- und

Lawinenverbauung etwa zu 50 - 60 % vom Bund, 15 – 20% vom Land und 15 – 30 % von

den Interessenten finanziert.

Von den verfügbaren Mitteln werden in Österreich ca. 54 % für Wildbachschutz, 14% für

Lawinenschutz, 11 % für flächenwirtschaftliche Maßnahmen, darunter fallen Sanierung und

Erhaltung von Schutzwäldern und die Einzugsgebietbewirtschaftung, 4 % für Planung und der

Rest zum Schutz vor Steinschlag und Rutschungen verwendet.13

2.8. Der Gefahrenzonenplan

Gefahrenzonenplanung ist erst seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt. Im

Forstgesetz von 1975 ist rechtlich geregelt, dass gefährdete Zonen, Vorbehalts- und

Hinweisbereiche in Gefahrenzonenplänen darzustellen sind. Die Erstellung eines

Gefahrenzonenplanes beruht auf der Grundlage von Methoden nach dem Stand der Technik.

Dazu zählen die Ergebnisse digitaler Prozessmodellierung (Computersimulierung), die

persönliche Erfahrung, die Dokumentation historischer Katastrophenereignisse und die

Vorstellung möglicher Szenarien, die mit einer 150-jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeit

angenommen werden. Der Plan wird in einem Maßstab von 1:2.000 dargestellt und erfolgt

meist flächenhaft für das Gebiet einer Gemeinde.

Der vorläufige Entwurf des Gefahrenzonenplanes, vom Forsttechnischen Dienst für

Wildbach- und Lawinenverbauung erstellt, wird dem/der BürgermeisterIn übermittelt und vier

Wochen lang zur öffentlichen Einsicht aufgelegt. Jeder hat ein Recht auf Einsichtnahme und

auch zur schriftlichen Stellungnahme. Dadurch soll eine hohe öffentliche Akzeptanz dieser

wichtigen Grundlage für Raumplanung, Bau- und Sicherheitswesen gesichert werden. Nach

Ablauf der vier Wochen wird der Plan durch eine Kommission, bestehend aus einem Vertreter

des Ministeriums, des Bundeslandes, der zuständigen Sektion des Forsttechnischen Dienstes

und der Gemeinde, geprüft und gegebenenfalls geändert, wobei schriftliche Stellungnahmen

zu beachten sind.

13 Vgl.: „Wildbach- und Lawinenverbauung in Österreich“, S. 8

Page 18: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

18

Die Genehmigung des endgültigen Planes erfolgt durch den Bundesminister für Land- und

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

Ein Gefahrenzonenplan stellt die Summe aller möglichen Gefährdungen durch Wildbäche

oder Lawinen dar und hat keine direkte rechtliche Bindewirkung. Indirekte rechtliche

Bindewirkung erlangt der Gefahrenzonenplan durch die Raumordnungsgesetze bzw.

Bauordnungen der jeweiligen Bundesländer, in denen die Beachtung der Gefahrenzonenpläne

für Widmungs- und Bauzwecke meistens vorgeschrieben ist.

Der Gefahrenzonenplan dient weiter als Basis für die Projektierungsarbeiten der Wildbach-

und Lawinenverbauung, aber auch zur Reihung der Maßnahmen nach ihrer Dringlichkeit.

Ändern sich jedoch die Verhältnisse in einem Einzugsgebiet, so wird der Gefahrenzonenplan

einer Revision unterzogen. Natürlich treten häufig Konflikte mit Interessenten auf, doch in

den vergangenen Jahren hat sich bewiesen, dass der Gefahrenzonenplan zu höherem Schutz

vor Naturgefahren beiträgt.

2.8.1 Die Gefahrenzonen:14

− In der Roten Gefahrenzone ist die Gefährdung durch Wildbäche und Lawinen so

groß, dass eine ständige Besiedelung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem

Aufwand möglich ist.

− In der Gelben Gefahrenzone ist die ständige Benützung für Siedlungs- und

Verkehrszwecke beeinträchtigt. Eine Bebauung ist hier nur eingeschränkt und unter

Einhaltung von Auflagen möglich.

− Blaue Vorbehaltsbereiche sind für technische oder biologische Schutzmaßnahmen

freizuhalten oder sind Wälder, welche einer besonderen Art der Bewirtschaftung

bedürfen.

− Mit Braunen Hinweisbereichen wird auf andere als durch Wildbäche und Lawinen

hervorgerufene Naturgefahren hingewiesen (Steinschlag, Rutschung).

− Violette Hinweisbereiche kennzeichnen jene Flächen, deren gegenwärtiger Zustand

erhalten werden muss, weil sie bereits einen natürlichen Schutz bieten.

2.9. Schutzsysteme

14 „Wildbach- und Lawinenverbauung in Österreich“, S. 10

Page 19: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

19

Schutzsysteme bestehen meistens aus der Kombination von flächenwirtschaftlichen und

technischen Maßnahmen, welche in der Folge im Einzelnen beschrieben sind.

2.9.1. Wildbäche

2.9.1.1. Technische Maßnahmen

− Konsolidierungsbauwerke: Diese werden meist im Mittellauf des Baches angebracht

und dienen zur Stabilisierung der Bachsohle und dadurch zur Verhinderung der

Tiefenerosion und infolge der Seitenerosion.

Abb. 10: Konsolidierungsbauwerke im Mittellauf (Foto: WLV Tirol)

− Geschiebeablagerungsbecken: Diese bestehen aus einem Becken zur Ablagerung

von Geschiebe und einer meistens kronenoffenen Geschiebestausperre.

Geschiebeablagerungsbecken werden dann errichtet, wenn eine Konsolidierung des

Geschiebes nicht möglich oder zu teuer ist und wenn das anfallende Geschiebe nicht

durch die Unterlaufverbauung transportiert werden kann. Da diese Becken räumbar

sein müssen, werden diese meist unmittelbar oberhalb der zu schützenden Objekte

errichtet. Durch die Errichtung von kronenoffenen Sperren will man erreichen, dass

Page 20: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

20

ein Teil des Geschiebes durch die Sperre transportiert wird und nach dem Ereignis

eine Selbstentleerung des Beckens stattfindet.

Abb. 11: Geschiebeablagerungsbecken mit einer kronenoffenen Sperre (Foto: WLV Tirol)

− Längswerke: Diese sollen Geschiebe und Wasser schadlos in den Vorfluter ableiten.

Dabei unterscheidet man zwischen mehreren verschiedenen Arten.

Eine davon ist die Künette, ein zementmörtelgemauertes Gerinne. Je geringer die

Gerinnerauhigkeit, umso besser sind die hydraulischen Voraussetzungen zum Wasser-

und Geschiebetransport.

Im Gegensatz dazu die steingeschlichtete Ufersicherung, die wesentlich rauer und

hydraulisch ungünstiger ist, aber dafür ökologisch vorteilhafter. Ausschlaggebend für

die Art der Längswerkverbauung sind die Neigung des Schwemmkegels und das

vorhandene Platzangebot. Je steiler ein Bach ist, umso mehr Kraft hat das Wasser, um

Geschiebe zu transportieren, und umso stabiler müssen die Bauweisen sein. Das heißt,

in einem Bach mit starker Neigung entlang des Unterlaufes wird häufig die Künette

eingesetzt ebenso in unmittelbarem Siedlungsbereich, wo meistens ein geringes

Platzangebot herrscht und ein hoher Sicherheitsgrad erwartet wird.

Die Planung von Längswerken ist immer ein Zusammenspiel von Hydraulik und

Ökologie, wobei den ökologischen Maßnahmen natürliche Grenzen gesetzt sind.

Page 21: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

21

Abb. 12: Steingeschlichtetes Unterlaufgerinne Ahrnbach in der Gemeinde Stumm (Foto: WLV Tirol)

2.9.1.2. Forstlich-biologische Maßnahmen

Es handelt sich dabei um Aufforstungen und Schutzwaldpflege bzw. -sanierungsmaßnahmen.

Dies soll zur Reduktion des Oberflächenabflusses führen. Bei starken Regenfällen versickert

wesentlich mehr Wasser in dicht bewaldeten Gebieten als auf freien Flächen. Weiters sollen

durch Aufforstung Geschiebeherde und Hänge stabilisiert und gefestigt werden.

2.9.1.3. Ingenieur-biologische Maßnahmen

Diese Art von Maßnahmen beinhalten Schutzsysteme, bei denen man lebenden Baustoff als

Baumaterial verwendet. In erster Linie werden dafür Stecklinge von Weiden eingesetzt, mit

diesen können Hänge und Ufer naturnah stabilisiert werden. Den ingenieur-biologischen

Maßnahmen sind jedoch durch die geringere Stabilität Grenzen gesetzt und deshalb werden

sie häufig in Kombination mit technischen Maßnahmen eingesetzt. Ein Beispiel dafür ist eine

Ufersicherung aus Grobsteinen, in die Weidenstecklinge eingebracht werden.

Page 22: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

22

Abb. 13: Buschlagenbau mit Weidenstecklingen (Foto: WLV Tirol)

Im Rahmen der Wasserrahmenrichtlinie, einer europäischen Richtlinie zur Erhaltung bzw.

Verbesserung der Fließgewässerqualität, existiert das so genannte Verschlechterungsgebot. Es

besagt, dass Bäche und Flüsse in ihrer ökologischen Qualität nicht beeinträchtigt werden

dürfen. Bis zum Jahr 2015 sollen sich alle Fließgewässer in einem ökologisch guten Zustand

befinden.

2.9.2. Lawinen

Als natürlicher Schutz vor Lawinen gilt der Wald, allerdings nur dann, wenn er im

Anbruchgebiet wächst. Die potentielle Waldgrenze in Tirol liegt im Nordalpinenbereich bei

SH 1900 m und Inneralpin bei einer SH von 2100 m.15 Die meisten Lawinen brechen jedoch

oberhalb dieser Waldgrenze ab, weshalb permanente oder temporäre technische Maßnahmen

zum Schutz vor Lawinen notwendig sind.

15 Vgl.: mündl. Mitteilung: DI Siegfried Sauermoser

Page 23: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

23

2.9.2.1. Permanenter Lawinenschutz

Permanenter Lawineschutz beinhaltet technische, forstliche und auch biologische

Maßnahmen. Dazu zählen:

− Stützverbauungen im Anbruchgebiet aus Stahl, Holz oder Netzen

− Verwehungsverbauungen im Anbruchgebiet, um die Ablagerung des Schnees zu

beeinträchtigen.

− Brems- oder Ablenkverbauungen in der Sturzbahn

− Brems-, Ablenk- oder Auffangverbauungen im Ausschüttungsgebiet

− direkte Schutzmaßnahmen an Gebäuden, zum Beispiel Lawinenschutzfenster oder

Stahlbetonmauern

− Hochlagenaufforstung in Kombination mit den oben angeführten Maßnahmen

Abb. 14: Stützverbauung in Kombination mit Aufforstung (Foto: WLV Tirol)

2.9.2.2. Temporärer Lawineschutz

− künstliche Auslösung von Lawinen, zum Beispiel mittels Sprengseilbahnen,

Gaskanonen oder Lawinenorgeln, zum Schutz von Straßen oder Skigebieten

− Evakuierung und Sperren gefährdeter Gebiete und Straßen

Page 24: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

24

2.9.3. Steinschlag

Zum Schutz vor Steinschlag werden großteils Stahlnetze oder Auffangbecken bzw.

Auffangdämme errichtet, welche zum Auffangen und Ablagern der Steinmassen dienen.

Weiters werden Steinschlagbereiche laufend abgeräumt bzw. versucht man, einen möglichst

steinschlagresistenten Wald zu begründen. Ein Steinschlagschutzwald hat eine hohe

Stammzahl und besteht aus Baumarten, die wenig empfindlich gegen Schäden durch

Steinschlag sind. Von den heimischen Baumarten gehören dazu in erster Linie der Bergahorn

und Bäume mit einer dicken Rinde, wie die Lärche und die Kiefer.

Abb. 15: Steinschlagschutznetze (Foto: WLV Tirol)

2.9.4. Hangbewegungen

Wie im Kapitel 2.1. erläutert, stehen Rutschungen meist in Verbindung mit

Hangwasserbewegungen und -austritten. Deshalb ist die effizienteste Methode die

Entwässerung (Dränagierung), um Hänge zu stabilisieren. Zusätzlich werden Verankerungen,

Page 25: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 2: Der Forsttechnische Dienst für Wildbach- und Lawinenverbauung

25

Verpfählungen oder Stützbauwerke eingesetzt, um die nötige Stabilität sicherzustellen.

Besonders bei tiefgründigen Rutschungsvorgängen, bei der die unterirdischen Wasserwege

nicht abzuklären sind, sind Maßnahmen häufig nicht möglich und nur eine laufende Messung

der Bewegungen kann Aufschluss über die Entwicklung der Massenbewegung geben.

Page 26: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

26

Kapitel 3: Der Eckartaubach

3.1. Schutzbedarf

Die Basis eines Projektes stellt der Gefahrenzonenplan dar. Damit verbunden ist das

Wildbachaufnahmeblatt, das im Zuge des Gefahrenzonenplanens erstellt wird. Auf Grund des

erstellten Gefahrenzonenplanes für den Eckartaubach befinden sich in der Roten

Gefahrenzone ca. 10 m Gemeindestraße und in der Gelben Gefahrenzone 15 Wohngebäude,

15 Pensionen, 3 Wirtschaftsgebäude, 4 sonstige Gebäude und ca. 1000 m Gemeindestraße.

Die Rote Gefahrenzone umfasst Bereiche des Ablagerungskegels, des

Geschiebeauffangbeckens und des Gerinnes.

Abb. 16: Gefahrenzonenplan Eckartaubach (Gebietsbauleitung Westliches Unterinntal)

Page 27: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

27

Aus dem Wildbachaufnahmeblatt ergeben sich folgende Daten.

Der Eckartaubach hat ein Wildbacheinzugsgebiet von 1,7 km2 und eine Bachlänge von 3,1

km. Sein Grundgestein besteht aus verschiedenen Schieferformationen. Das Gewässer liegt in

der inneralpinen Klimazone, bei einem Jahresniederschlag von 1167 mm und durchschnittlich

18 Gewittertagen pro Jahr.

Der Waldanteil im Einzugsgebiet liegt bei 85 %. Derzeit ist am Schwemmkegel ein

verdichteter Siedlungsbereich vorzufinden. Es wird zusätzlich eine Ausweitung des

Siedlungsraumes erwartet. Bei einem Hochwasserereignis mit 150-jähriger

Eintrittswahrscheinlichkeit rechnet man mit einer Geschiebefracht von 30.000 m3.

Der Eckartaubach wurde im letzten Jahrhundert schon mehrmals verbaut. So wurden in den

Jahren zwischen 1904 und 1988 zahlreiche Sperren im Mittellauf, ein

Geschiebeablagerungsbecken und ein Gerinne im Bereich des Unterlaufes errichtet. Weiters

wurden Erneuerungen und Ausbesserungen an alten Sperren durchgeführt.

Abb. 17: Errichtung der Sperrenstaffelung im Mittellauf 1968 (Foto: Gebietsbauleitung Westliches Unterinntal)

Page 28: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

28

Trotz der zahlreichen Verbauungsmaßnahmen kam es immer wieder zu Murgängen und

Hochwässern. Berichte über solche Ereignisse liegen aus den Jahren 1948, 1959, 1964, 1965,

1970 und 1973 vor.

Abb. 18: Murenabgang 1965, Eckartaubach (Foto: Gebietsbauleitung Westliches Unterinntal)

Eine Ergänzung der bestehenden Verbauung ist deshalb notwendig, da bereits oberhalb der

derzeitigen Unterlaufverbauung Bachausbrüche stattfinden könnten. Weiters befinden sich die

Sperren im Mittellauf altersbedingt in einem dringend sanierungsbedürftigen Zustand und das

Unterlaufgerinne muss neuen Hochwasserberechnungen angepasst werden.

Das Geschiebeauffangbecken ist für die Geschiebefracht des Ereignisses mit 150-jähriger

Eintrittswahrscheinlichkeit zu klein und nur für geringere Geschiebemengen geeignet.

Angehende Schutzmaßnahmen müssen zuerst von der zuständigen Dienststelle in eine

Prioritätenreihung nach ihrer Dringlichkeit eingereiht werden.

Um ein Projekt überhaupt in die Dringlichkeitsreihung aufzunehmen, muss ein Antrag der

Gemeinde eingebracht werden. In diesem Fall hat die Gemeinde Ramsau den Antrag an die

Wildbach- und Lawinenverbauung gestellt.

Der Antrag wird von der Gebietsbauleitung geprüft und anhand des Wildbachaufnahmeblattes

das Gefahrenpotenzial und die Wirtschaftlichkeit dieses Vorhabens errechnet.

Page 29: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

29

Auf dieser Grundlage erfolgen die Planung und schließlich die Durchführung. Grundsätzlich

haben Maßnahmen eine höhere Priorität, die dem überwiegenden Schutz von Menschenleben,

Siedlungszentren, hochwertigen Kulturgütern und von bedeutender Infrastruktur dienen.

Ebenfalls von höherer Priorität sind Maßnahmen gegen sehr energiereiche und in der

Eintrittswahrscheinlichkeit schwer oder nicht abschätzbare Prozesse und Maßnahmen von

überregionaler Bedeutung und hohem öffentlichen Interesse.

Nach dem Wasserbautenförderungsgesetz ist eine grobe Kosten-Nutzen-Untersuchung, die

die Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen beurteilt, durchzuführen. Dieses Verfahren umfasst die

Gegenüberstellung von Aufwand und Ertrag. Unter Aufwand versteht man die Gesamtkosten

eines Projektes und infolge Instandhaltungskosten. Der Ertrag setzt sich aus verschiedensten

Nutzen einer Schutzmaßnahme zusammen. Dabei kann der Nutzen zum Beispiel in

Landwirtschaft, Fremdenverkehr, Industrie, Verkehrsanlagen oder sonstigen privatem

Eigentum liegen. So weit es möglich ist, wird der Nutzen in Geldeinheiten ausgedrückt.

3.2. Projektsidee

Auf Basis einer ersten Begehung und aller verfügbaren Unterlagen, wie des

Gefahrenzonenplanes und vorhergehender Projekte, versucht man das Ziel einer neuen

Verbauung zu formulieren und erste Überlegungen über die verschiedenen Arten von

Sicherungen anzustellen.

Bei weiteren Geländebegehungen wurde das Geschiebepotenzial eruiert. Das ist jene

Geschiebemenge, die bei einem Katastrophenereignis transportiert und in schadbringender

Form abgelagert werden kann. Der Zustand der schon vorhandenen Sperren wurde im Detail

beurteilt und der Planungsbereich festgelegt. Als Planungsbereich bezeichnet man jenen

Bereich, auf den sich die künftigen Verbauungsmaßnahmen beziehen. Es wurde auch der

Bedarf an weiteren Untersuchungen aus dem Fachbereich Geologie, Hydrologie, Geotechnik

etc. abgeklärt.

Die ersten Begehungen sind vor allem dazu da, um sich ein umfassendes Bild des Baches und

seines Einzugsgebietes zu machen. Man versucht grobe Ideen, wie zukünftige

Schutzmaßnahmen auf Basis der aktuellen Rahmenbedingungen aussehen könnten, zu

entwickeln, die im weiteren Planungsverlauf genauer untersucht werden.

Page 30: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

30

Beim Eckartaubach konnte man sich bei der ersten Begehung vor allem ein erstes Bild des

Zustandes der bestehenden Sperren machen und konnte dadurch eruieren, welche Maßnahmen

man im weiteren Verlauf setzen wird.

3.3. Projektsplanung

Die Erstellung eines Detaillageplanes ist der erste Schritt für weitere Planungsmaßnahmen.

Häufig wird der Bachverlauf von den Mitarbeitern der Wildbach- und Lawinenverbauung

selbst vermessen, oft werden auch bereits vorhandene Detailvermessungen verwendet. Im

Falle des Eckartaubaches wurde eine Eigenvermessung durchgeführt, bei der ich als

Vermessungsgehilfin mitarbeiten konnte. Im Eckartaubach war es teilweise sehr schwer zu

vermessen, da sehr dichter Uferbewuchs vorhanden ist, für Vermessungsarbeiten jedoch freie

Sicht notwendig ist. Nach zwei Tagen Arbeit war es uns jedoch möglich, die verschiedenen

Geländepunkte mit dem Vermessungsgerät aufzunehmen, um unter anderem Quer- und

Längsprofile, die der Materialenmappe beigefügt sind, zu erstellen.

3.3.1. Variantenstudium

Der nächste Schritt im Planungsprozess ist das Variantenstudium. Dabei versucht man die am

besten geeignete Möglichkeit einer Schutzmaßnahme zu finden. Am besten geeignet sind jene

Maßnahmen, die den größten Schutz mit dem geringsten Aufwand und damit der höchsten

Wirtschaftlichkeit kombinieren. Ein wesentlicher Aspekt ist dabei auch die Bewertung der

Naturnähe eines Projektes.

Da beim Eckartaubach die Gefahr eines Bachausbruches am oberen Ende des

Schwemmkegels (=Schwemmkegelhals) vorhanden ist, müssen Maßnahmen projektiert

werden, die diesen Prozess wirksam verhindern können. Grundsätzlich wurden drei

Möglichkeiten in Betracht gezogen.

Die erste beinhaltet die Erweiterung von Querwerken im Mittellauf, die zur Reduktion von

Geschiebe führen sollen. Das Problem dabei ist, dass eine gänzliche Verminderung der

Geschiebemenge nicht möglich ist. Die Restgeschiebemenge könnte vor allem in

Kombination mit Wildholz, das im Eckartaubach zur Genüge vorhanden ist, immer noch zu

Bachausbrüchen führen.

Page 31: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

31

Eine weitere Variante einer Schutzmaßnahme wäre die Errichtung eines zweiten

Geschiebeablagerungsbeckens direkt am Schwemmkegelhals. Grundsätzlich wäre diese

Verbauungsart gut geeignet, um das Geschiebe zurückzuhalten und so mögliche seitliche

Bachausbrüche zu verhindern. Die Detailvermessung hat jedoch ergeben, dass der Standort

am Schwemmkegelhals eine Geländeneigung von bis zu 25% aufweist und das Gelände auf

beiden Seiten des Baches steil abfällt. Grund für die steilen Bachseiten sind frühere Murgänge

die den Bach dammartig aufgebaut haben. Deshalb ist ein Auffangbecken in diesem Bereich

nicht möglich, da man das Gelände ungefähr 50 m abgraben müsste, um die notwendige

Größe des Beckens zu erreichen.

Die dritte und letzte Möglichkeit wäre eine Vergrößerung des Bachbettes vom

Schwemmkegelhals bis zum bestehenden Geschiebeablagerungsbecken in Kombination mit

der Sanierung der bestehenden Konsolidierungsstaffelung im Mittellauf. Wenn das Bachprofil

entsprechend groß ist und tief im Gelände liegt, kann dadurch ein Bachausbruch verhindert

werden.

Nachdem man ein Konzept verschiedener Varianten vor sich hat, werden diese Möglichkeiten

näher untersucht. Nach eingehenden Prüfungen der Möglichkeiten hat sich die

Gebietsbauleitung zu folgendem Verbauungskonzept entschlossen.

3.3.2. Verbauungskonzept

3.3.2.1. Sanierung der bestehenden Sperrenstaffelung

Die Begehungen haben gezeigt, dass sich vier Sperren im Mittellauf in einem desolaten

Zustand befinden und deshalb ihre Schutzfunktion nicht mehr erfüllen können. Durch

Hangdrücke und die Beanspruchung der Sperren sind Schäden im Mauerwerk aufgetreten. Im

Falle eines Murganges rechnet man damit, dass diese Sperren zerstört werden und dadurch die

gesamte Sperrenstaffelung ihre Funktionsfähigkeit verlieren würde. Eine Erweiterung der

Sperrenstaffelung in Richtung bachaufwärts ist nicht notwendig, da hier die Bacheinhänge

derzeit stabil sind und keine größeren Einrutschungen zu erwarten sind.

Page 32: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

32

Abb. 19: Sanierungsbedürftiges Querwerk Eckartaubach (Foto: Gebietsbauleitung Westliches Unterinntal)

3.3.2.2. Ausbau der Bachstrecke vom Schwemmkegelhals bis zum Geschiebebecken

Nach der Sanierung der schadhaften Sperren ist nur mehr mit einer geringeren

Geschiebemenge von etwa 2 000 m³ zu rechnen, welche in dem vorhandenen

Geschiebeablagerungsbecken schadlos abgelagert werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass

der Gerinneabschnitt oberhalb des Geschiebeablagerungsbeckens einen entsprechenden

Durchflussquerschnitt aufweist, sodass hier keine seitlichen Bachausbrüche stattfinden

können. Zum Zwecke der Vergrößerung des Durchflussprofils muss die vorhandene

Bachsohle um etwa 3 Meter abgesenkt und aufgeweitet werden.

Damit es in weiterer Folge nicht zu einer Tiefenerosion des Baches kommt, werden in diesem

Bereich Querwerke errichtet, um das neue Gerinne zu stützen und zu sichern.

3.3.2.3. Erweiterung des Geschiebeablagerungsbeckens

Um eine größere Sicherheit beim Aufnahmevermögen des Geschiebeablagerungsbeckens

gewährleisten zu können, wird dieses erweitert werden.

Durch die Errichtung eines Einlaufwerkes am Einlauf zum Geschiebeablagerungsbecken wird

ein zusätzlicher Absturz geschaffen, wobei einerseits Energie einer Mure reduziert wird und

andererseits die Aufnahmekapazität des Beckens erhöht wird.

Page 33: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

33

Abb. 20: Geschiebeablagerungsbecken Eckartaubach (Foto: Autorin)

3.3.2.4. Ausbau des Unterlaufgerinnes vom Geschiebeablagerungsbecken bis zur Mündung

Für das 1,7 km² große Einzugsgebiet wurde ein Hochwasserabfluss von ca. 15,0 m³/s

ermittelt. Das Gerinne unterhalb des Geschiebeablagerungsbeckens wurde zwar erst Anfang

1990 errichtet, kann jedoch diese Wassermenge nicht zur Gänze abtransportieren, da es aus

heutiger Sicht zu klein dimensioniert ist. Außerdem ist das Gerinne in Form einer Künette zur

Gänze zementmörtelgemauert und aus ökologischer Sicht deshalb sehr ungünstig. Beim

Neubau wird darauf geachtet, dass die Bachsohle offen ist. Dadurch ist sie für

Kleinlebewesen durchgängig. Auch die Bachböschungen werden viel flacher ausgeführt und

bepflanzt, sodass nicht nur die Aufnahmekapazität des Gerinnes erhöht wird, sondern auch

die ökologische Qualität des Gerinnes wesentlich verbessert wird.

Page 34: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

34

Abb. 21: Unterlaufgerinne (Künette) Eckartaubach (Foto: Gebietsbauleitung Westliches Unterinntal)

Für die Beurteilung eines Projektes ist neben den fachlichen Aspekten auch die

Wirtschaftlichkeit der geplanten Maßnahmen von Bedeutung. In einer genauen Kosten-

Nutzen-Analyse werden die zu erwartenden Kosten der Schutzverbauung dem zu erwartenden

Nutzen gegenübergestellt.

Nur bei einer positiven Kosten-Nutzen-Untersuchung ist das Vorhaben förderungswürdig.

Projekte mit einer positiven Kosten-Nutzen-Bilanz werden bevorzugt behandelt und solche

mit einer negativen Kosten-Nutzen-Bilanz kommen erst später zur Ausführung. Ist der

Kosten-Nutzen-Faktor negativ, so wirkt sich das auch auf den Anteil der öffentlichen

Förderungen aus, welche in solchen wesentlich geringer sind.

Die weiteren Planungsschritte am Eckartaubach konnte ich aus zeitlichen Gründen leider

nicht mehr mitverfolgen.

Page 35: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

35

Der nächste Schritt wäre jedoch, nach Vorliegen eines Verbauungsentwurfes, sich mit den

betroffenen Grundstücksbesitzern in Kontakt zu setzen. Dadurch soll die Bevölkerung

möglichst früh informiert werden und Einblick in die zukünftigen Maßnahmen haben.

Weiters muss das Projekt mit der Sektion Tirol fachlich koordiniert werden, um

sicherzustellen, dass landesweit ein einheitlicher Planungsstandard gewährleistet ist.

3.4. Behördenverfahren

Für alle Maßnahmen entlang von Gewässern ist sowohl eine wasserrechtliche als auch eine

naturschutzrechtliche Genehmigung notwendig. Werden Maßnahmen in Waldbereichen

gesetzt, wird zusätzlich eine forstrechtliche Genehmigung benötigt. Für den Erhalt dieser

Genehmigungen muss das Projekt bei der Bezirkshauptmannschaft eingereicht werden. Diese

führt eine mündliche Verhandlung vor Ort durch, bei der sowohl Sachverständige,

Projektsvertreter und auch betroffene Grundeigentümer angehört werden. Liegen alle

Voraussetzungen für die Erteilung der jeweiligen Genehmigungen vor, werden diese per

Bescheid von der Bezirkshauptmannschaft erteilt. Nach Ablauf einer Berufungsfrist wird der

Bescheid rechtskräftig und somit sind die rechtlichen Voraussetzungen für die Durchführung

der Maßnahmen gegeben. Die jeweiligen Sachverständigen formulieren im Rahmen der

Verfahren eine Vielzahl von behördlichen Auflagen, welche bei der Ausführung der

Maßnahme einzuhalten sind.

Für den Eckartaubach werden diese Verhandlungen im Laufe des Jahres 2007 durchgeführt

werden.

3.5. Finanzierungsverhandlung

Das fertige Projekt wird der Sektion Tirol und dem Bundesministerium für Land- und

Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Genehmigung vorgelegt. Nach formaler

und fachlicher Prüfung des Projektes wird eine örtliche Überprüfung nach dem

Wasserbautenförderungsgesetzes vorgenommen, bei der im Wesentlichen die Frage der

Finanzierung geklärt wird.

Page 36: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

36

An Stelle der erst im Laufe des Jahres 2007 stattfindenden Finanzierungsverhandlung des

Eckartaubaches habe ich bei der Finanzierungsverhandlung des Gänsbaches in der

Stadtgemeinde Kitzbühel teilgenommen.

Bei der Finanzierungsverhandlung müssen sich die Interessenten zur Übernahme eines

bestimmten Kostenanteils verpflichten. Interessent war im Falle des Gänsbaches die

Stadtgemeinde Kitzbühel.

Da es sich um ein Projekt über € 400.000,-- Bundesmittel handelte, war ein Vertreter des

Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft anwesend.

Bei Projekten unter € 400.000,-- Bundesmittel tritt als Vertreter des Ministeriums der

zuständige Sektionsleiter auf. Vertreter des Landes ist in Tirol der jeweilige

Bezirkshauptmann.

Anhand einer örtlichen Begehung des Gänsbaches versuchte man sich ein Bild des derzeitigen

Zustands zu machen.

Für die Finanzierung werden verschiedene Gesichtspunkte, wie die Wirtschaftskraft der

Gemeinde oder die Anzahl der Wildbäche in der Gemeinde, herangezogen. Üblicherweise

werden Projekte der Wildbach- und Lawinenverbauung zu ca. 60 % vom Bund und ca. 20 %

vom Land gefördert. Der Rest ist von den Interessenten zu tragen.

Normalerweise ist die Frage der Finanzierung eines derartigen Projektes ein Produkt aus

langwierigen und schwierigen Verhandlungen. Im Falle des Gänsbaches kam ich jedoch zu

der Überzeugung, dass es der Stadtgemeinde Kitzbühel kaum an Finanzkraft fehlt.

3.6. Projektsumsetzung

Nach Vorliegen eines positiven Bescheides und einer Genehmigung der Finanzierung durch

das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft kann

mit der Umsetzung der Baumaßnahmen begonnen werden. Das Projekt wird in Abstimmung

mit den Interessenten in das Jahresarbeitsprogramm der Gebietsbauleitung aufgenommen und

üblicherweise von eigenen Mitarbeitern der Wildbach- und Lawinenverbauung ausgeführt.

Das Jahresarbeitsprogramm ist so aufgebaut, dass im Frühjahr und im Herbst Talbaustellen

und im Sommer Höhenbaustellen betreut werden.

Da die Finanzierungsverhandlung und die Behördenverfahren am Eckartaubach im Jahr 2007

erfolgen werden, wird mit der Umsetzung des Projektes im Jahr 2008 begonnen werden.

Dabei ist eine langfristige Ausführungsplanung notwendig, da durch eventuelle Berufungen

Page 37: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Kapitel 3: Der Eckartaubach

37

und Einsprüche im Zuge der Behördenverfahren ein Baubeginn auch um Jahre verzögert

werden kann.

Für jedes Bauvorhaben ist ein Bautagebuch zu führen, das Folgendes beinhalten soll. Die

Arbeitszeiten, Witterungsverhältnisse, Beschreibungen der Tätigkeiten, Abweichungen vom

Arbeits- und Zeitplan und besondere Vorkommnisse.

Diese Aufzeichnungen könnten für eventuelle Nachprüfungen von Bedeutung sein und sind

deshalb bei der betreffenden Gebietsbauleitung aufzubewahren.

Durchgeführt werden die Bauarbeiten von mehreren Partien, die in jeder Gebietsbauleitung

beschäftigt sind. Diese Partien werden von einem Partieführer geführt und setzen sich aus

acht bis zwölf Mann zusammen. Üblicherweise besteht eine Wildbachpartie neben dem

Partieführer aus ein bis zwei Maurern, ein bis zwei Zimmerern, einem Forstfacharbeiter und

einigen Hilfskräften. Entlohnt werden die Mitarbeiter nach dem Kollektivvertrag der

Wildbach- und Lawinenverbauung. Früher hatte jede Partie eine eigene Köchin, da die

Arbeiter die ganze Woche in einer Baracke auf der Baustelle wohnten. Heute versucht man

jede Wildbachbaustelle mit einem Weg zu erschließen, sodass eine tägliche Heimkehr der

Arbeiter, bis auf wenige Ausnahmen, möglich ist.

Jede Gebietsbauleitung hat einen Bauhof mit einer Werkstatt, von welchem die Baustellen mit

Material und Gerät versorgt werden.

3.7. Kollaudierung

Nach Fertigstellung der Schutzmaßnahmen werde diese offiziell an den Interessenten

übergeben. Diese Übergabe erfolgt im Rahmen einer Kollaudierungsverhandlung, bei der

sowohl die Bauten als auch alle Belege überprüft werden und von den Interessenten die

ordnungsgemäße Abrechung und Durchführung der Maßnahmen bestätigt wird. Die bei dieser

Verhandlung erstellte Kollaudierungsniederschrift muss wiederum vom Bundesministerium

für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft genehmigt werden.

Durch die Kollaudierung gelten die Schutzmaßnahmen als übergeben und gehen somit in den

Verantwortungsbereich der Interessenten über.

Page 38: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Schlussbemerkungen

38

Schlussbemerkungen

Durch meine Arbeit habe ich einen guten Einblick in die Aufgaben der Wildbach- und

Lawinenverbauung bekommen, aber ich habe dadurch auch einen guten Einblick in die

Arbeitswelt bekommen, was für eine angehende Maturantin sicherlich von Vorteil ist.

Was mich vor allem bei der Projektierungsarbeit beeindruckt hat, ist die Tatsache, dass ein

Wildbachverbauungsprojekt einen Kompromiss zwischen den Ansprüchen der Technik, der

Ökologie und den Interessen der Gemeinde bzw. der Anrainer darstellt.

Als positiv habe ich empfunden, dass die Wildbach- und Lawinenverbauung den Kontakt mit

der Bevölkerung sucht, um diese besser zu informieren und in das Projekt mit einzubeziehen.

Bedanken möchte ich mich bei den Mitarbeitern der Wildbach- und Lawinenverbauung,

besonders beim Gebietsbauleiter Westliches Unterinntal DI Josef Plank, der mir stets für die

Beantwortung von Fragen bereit stand, mir die Tätigkeiten und Aufgaben zeigte und mich

auch mitarbeiten ließ. Obwohl er mich durch so manche Brennnesselfelder führte, haben mir

die Besichtigungen und Begehungen des Eckartaubaches viel Spaß gemacht und mir

weitergeholfen.

Weiters möchte ich mich beim Sektionsleiter DI Siegfried Sauermoser bedanken, da ich durch

viele Gespräche mit ihm einen noch besseren Einblick in die Arbeiten der Wildbach- und

Lawinenverbauung bekam. Weiters war es natürlich sehr angenehm, so nah an der Quelle zu

sitzen, da ich dadurch viel Fachliteratur zur Verfügung hatte.

Bedanken möchte ich mich auch bei Norbert Ragger, der mich bei wunderschönem

Sommerwetter in die Kunst des Vermessens einwies und mich dankenswerterweise nicht von

Geländepunkt zu Geländepunkt hetzte.

Ebenfalls bedanke ich mich bei DI Dr. Florian Rudolf-Miklau, einem Vertreter des

Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, den ich

bei der Finanzierungsverhandlung kennen lernte und der während der Verhandlung immer für

von mir gestellte Frage offen war.

Schlussendlich möchte ich mich bei meinem Geographielehrer Prof. Mag. Fritz Tiefenthaler

bedanken, dass er mir dieses Thema meiner Fachbereichsarbeit überhaupt ermöglicht hat.

Page 39: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Anhang 1: Begriffserklärungen

39

Anhang 1: Begriffserklärungen

Bundesmittel: Das sind jene Mittel, die der Bund aus dem Katastrophenfond für die

Errichtung von Schutzbauten zur Verfügung stellt. Basis der Ermittlung

des Bundesbeitrages für ein Projekt ist das Wasserbautenförderungsgesetz.

Der Bundesanteil an Wildbachverbauungsprojekten liegt zwischen 50 und

65 %. Der Landesanteil liegt bei 15 bis 22 % und der Rest ist von den

Interessenten zu tragen.

Durchflussquerschnitt: Das ist jener Gerinnequerschnitt, der zur Abfuhr eines

Hochwassers gebraucht wird.

Einlaufbauwerk: Als Einlaufbauwerk wird ein Bauwerk bezeichnet, das am Beginn eines

Geschiebeablagerungsbeckens errichtet wird. Durch die Errichtung eines

Einlaufbauwerkes wird zusätzlicher Platz im Ablagerungsbecken

geschaffen.

Geschiebe: Als Geschiebe werden die von einem Wildbach transportierten Feststoffe

bezeichnet. Das sind Erosionsprodukte, wie Hangschutt oder Moränenmaterial.

Geschiebeablagerungsbecken: Als Geschiebeablagerungsbecken wird ein Bauwerk

bezeichnet, in dem man das von einem Wildbach

transportierte Geschiebe zur Ablagerung bringen will.

Dies ist häufig notwendig, da es nicht gelingt, das

Geschiebe über lange Flachstrecken schadlos abzuleiten.

Geschiebefracht: Die Geschiebefracht ist jene Geschiebemenge, die bei einem Ereignis

transportiert wird.

Hochwasserabfluss: Das ist jene Wassermenge, die im Falle eines Hochwassers von

einem Wildbach abtransportiert wird. Der Hochwasserabfluss wird in

m³/s angegeben und ergibt in Summe die Hochwasserfracht.

Page 40: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Anhang 1: Begriffserklärungen

40

Kollaudierung: Im Rahmen einer Kollaudierung wird die fertig gestellte Schutzverbauung

den Interessenten zur weiteren Betreuung und Erhaltung übergeben. Im

Rahmen der Kollaudierung wird ein Lokalaugenschein durchgeführt,

sämtliche Belege und Abrechnungen werden kontrolliert und darüber wird

eine Niederschrift verfasst. Diese dient als Übergabeprotokoll an die

jeweiligen Interessenten, meistens sind das die Gemeinden, in denen die

Maßnahmen errichtet wurden.

Konsolidierungsstaffelung: Als Konsolidierungsstaffelung werden mehrere aneinander

gereihte Querwerke bezeichnet, welche die Funktion haben,

die Tiefenerosion in einem bestimmten Bachabschnitt zu

verhindern und somit die Sohle zu konsolidieren. Diese

werden meist in den Mittelläufen oder Oberläufen der Bäche

errichtet, wo die Tiefenerosion am stärksten ist.

Kronenoffene Geschiebestausperre: Das ist eine Geschiebestausperre mit Öffnungen,

sodass Wasser und Feingeschiebe die Sperre

passieren können und nur das Grobgeschiebe

zurückgehalten wird. Typische kronenoffene

Sperren sind Balkensperren.

Längswerk: Ein Längswerk ist ein Bauwerk, das parallel zur Fließrichtung des Baches

eingebaut ist. Meistens handelt es sich dabei um Ufersicherungen in Form von

geschlichteten Steinen oder gemauerten Ufermauern.

Potentielle Waldgrenze: Das ist jene Waldgrenze, die sich einstellen würde, wenn keine

menschlichen Aktivitäten die Waldgrenze beeinflussen würden.

Man unterscheidet zwischen der potentiellen und der aktuellen

Waldgrenze. Die aktuelle Waldgrenze ist jene Waldgrenze, die

derzeit unter dem Einfluss menschlicher Aktivitäten wie

Almwirtschaft besteht.

Page 41: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Anhang 1: Begriffserklärungen

41

Querwerk: Ein Querwerk ist ein Bauwerk, das quer zur Fließrichtung des Baches

eingebaut ist. Meistens dient es der Verhinderung von Tiefenerosion oder des

Rückstaues von Geschiebe.

Schwemmkegel: Ein Schwemmkegel ist eine Geländeform am Unterlauf eines Wildbaches

und wird von der Summe der Ablagerungen aus der Vergangenheit

gebildet. Im Gegensatz zum Erosionsbereich eines Wildbaches im Mittel-

und Oberlauf ist der Schwemmkegel das Ablagerungsgebiet.

Schwemmkegelhals: Der Schwemmkegelhals ist der oberste Teil des Schwemmkegels

unmittelbar am Übergang von der Erosionsstrecke zum

Ablagerungsbereich.

Seitenerosion: Das ist die seitliche Entnahme von Erosionsmaterial entlang einer

Bachstrecke.

Tiefenerosion: Als Tiefenerosion bezeichnet man das Eingraben des Baches in des

Bachbett. Dadurch wird dieses immer tiefer und es kann vermehrt zum

Einrutschen von Uferbereichen kommen.

Vorfluter: Das ist jenes Gewässer, in das ein Wildbach entwässert.

Wildbacheinzugsgebiet: Als Wildbacheinzugsgebiet bezeichnet man ein Gebiet, das von

einem Wildbach entwässert wird.

Wildholz: Als Wildholz wird jenes Holz bezeichnet, das unmittelbar am Gerinne wächst

und im Falle eines Ereignisses vom Wasser mitgenommen wird und häufig zu

Verklausungen an Brücken und Engstellen führt. Im Rahmen der

Wildholzbewirtschaftung versucht man, Altholz möglich vom Gerinne

fernzuhalten.

Page 42: ProjektProjektbegleitung Wildbach begleitung Wildbachbegleitung ...gw.eduhi.at/bundesarge/fba/Claudia_Sauermoser.pdf · 3 Vgl.: „Landschaftsformen und Landschaftselemente im Hochgebirge“,

Anhang 2: Quellenangaben

42

Anhang 2: Quellenangaben

Bücher:

− Alexander Stahr, Thomas Hartmann; Landschaftsformen und Landschaftselement im

Hochgebirge;1999; Springer-Verlag

− Forstliche Bundesversuchsanstalt Wien; Dokumente und Materialen zur Geschichte

der Wildbach- und Lawinenverbauung in Österreich Teil 1; 1990;

Kommissionsverlag: Österreichischer Agrarverlag

− Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft; 100 Jahre Wildbachverbauung;

1984

− Land Tirol; Lawinenhandbuch; 1996 Tyrolia-Verlag Innsbruck-Wien

− Walter Ammann, Othmar Buser, Usch Vollenwyder; Lawinen; 1997; Birkhäuser

Verlag

− Herbert Scheiring, Europäische Akademie Bozen, Das Bergwald-Protokoll; 1996;

Blackwell Wissenschafts-Verlag Berlin-Wien

− Bundesministerium für Land- und Forstwirtschat, Umwelt und Wasserwirtschaft,

Sektion Forstwesen; Wildbach- und Lawinverbauung in Österreich; 2005;

− Amt der Tiroler Landesregierung Raumordnung und Statistik, Landesstatistik Tirol;

Die Tiroler Bevölkerung – Ergebnisse der Volkszählung 2001

Internet:

− www.forstnet.at (November 2006 – Jänner 2006)

− www.tirol.gv.at/tiris (Dezember 2006)