Psychische Probleme verkürzen das Leben

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Hypertonie „Therapieresistenz“ oder Therapiefehler? Hohes Re-Infarktrisiko Psychische Probleme verkürzen das Leben Schlechte Aussichten Diabetes macht pflegebedürftig Patient entlässt sich selbst Das ist oft lebensgefährlich 1–2% der erwachsenen Krankenhauspatien- ten wollen partout nicht auf ihre Ärzte hö- ren und gehen aus eigenem Antrieb nach Hause. Das ist nicht ungefährlich, wie ein Team von Internisten von der University of Manitoba im kanadischen Winnipeg ausge- rechnet hat. Wer sich selbst entlässt, hat ein um das Zwei- bis Dreifache erhöhtes Risiko, binnen eines Monats erneut im Kranken- haus zu landen. Die Chance, während der folgenden drei Monate nicht mehr nur in ein Klinikbett, sondern gleich ins Grab gelegt zu werden, erhöht sich ebenfalls um den Faktor 2,5. Für die Studie wurden die Daten von nahezu zwei Millionen Klinikpatienten in der Provinz Manitoba analysiert. Rund 21 000 von ihnen hatten ihre stationäre Be- handlung gegen ärztlichen Rat beendet. Im Vergleich mit folgsamen Patienten haben die Selbstentlasser mindestens ein halbes Jahr lang ein erhöhtes Risiko, erneut in der Klinik oder gar im Grab zu landen. CMAJ 2013, online; doi:10.1503/cmaj.130029 Viele Diabeteskomplikationen können zu bleibenden Beeinträchtigungen führen – und damit die Unabhängigkeit im Alter ge- fährden. „Diabetiker haben ein ungefähr um 50–80% erhöhtes Risiko für eine Behin- derung“, schreiben Forscher vom Baker IDI Heart and Diabetes Institute in Melbourne. In 26 ausgewerteten Studien erwies sich ein Diabetes durchgängig als Risikofaktor: Über 55-jährige Diabetiker hatten öfter eine ein- geschränkte Mobilität sowie Schwierig- keiten mit den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) als Stoffwechselgesunde. Das relative Risiko für Probleme mit der Mobili- tät war um 51%, das für ADL-Probleme um 82% erhöht. Lancet Diabetes & Endocrinology 2013; online 24. Juli; doi: 10.1016/S2213-8587(13)70046-9 Wenn der Herzinfarkt und seine Folgen zu sehr auf der Seele lasten, begünstigt dies of- fenbar einen erneuten Infarkt – nicht selten mit Todesfolge. Per Fragebogen hatten 2009 dänische Forscher den psychischen Zustand von 880 Infarkpatienten 12–14 Wo- chen nach der Klinikentlassung ermittelt. Von den Patienten mit dem besten psychi- schen Zustand hatten nach durchschnittlich 2,6 Jahren 15% erneut einen Infarkt erlitten oder waren verstorben. Bei den Probanden mit den schlechtesten Werten waren es im selben Zeitraum 48%. Besonders aussage- kräftig war die Frage nach der Vitalität. Pa- tienten, die sich häufig ruhig, energiegela- den und selten depressiv fühlten, zeigten die geringste Reinfarkt- und Sterberate. BMJ Open 2013; 3: e003045; doi:10.1136/bmjo- pen-2013-003045 Wenn der Blutdruck trotz dreier Antihyper- tensiva noch übers Ziel hinausschießt, be- steht nicht zwingend eine Therapieresis- tenz. Oft sind die Patienten nur nicht opti- mal behandelt. In einer US-amerikanischen Studie hatten von 468 877 Hypertonikern, die zwischen 2007 und 2010 in Klinikambu- lanzen behandelt wurden, 31,5% Drücke über 140/90 mmHg. Von diesen Patienten wiederum erhielten 30,3% mindestens drei Blutdrucksenker und wurden daher als au- genscheinlich therapieresistent eingestuft. In einem Großteil dieser Fälle könnte jedoch eine Pseudoresistenz bestanden haben, wie die Analyse der Verordnungsdaten ergab. „Nur der Hälfte dieser Patienten war eine optimale Therapie verordnet worden“, so die Studienautoren. Als optimal definieren sie eine Therapie mit drei Blutdrucksenkern einschließlich eines Diuretikums in mindes- tens 50% der maximal empfohlenen oder zugelassenen Dosis. Hypertension 2013, online 5. August Top gelesen auf springermedizin.de Dossier „ESC-Kongress 2013“ ID: 4577824 Schlaganfall und Herzinfarkt: Ein hoher BMI an sich ist kein Risiko ID: 4660180 Widersprüchliche Assoziation: Kardiovaskuläre Sterblichkeit in ärmeren Ländern am höchsten ID: 4656418 Herzinsuffizienz: Fernüberwa- chung hilft, Todesfälle zu verhin- dern ID: 4655564 MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (15) 1 FORTBILDUNG _ SCHWERPUNKT AKTUELLE MEDIZIN Dr. med. Brigitte Moreano Stellvertretende Chefredakteurin brigitte.moreano@ springer.com

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Hypertonie

„Therapieresistenz“ oder Therapiefehler?

Hohes Re-Infarktrisiko

Psychische Probleme verkürzen das Leben

Schlechte Aussichten

Diabetes macht p�egebedürftig

Patient entlässt sich selbst

Das ist oft lebensgefährlich1–2% der erwachsenen Krankenhauspatien-ten wollen partout nicht auf ihre Ärzte hö-ren und gehen aus eigenem Antrieb nach Hause. Das ist nicht ungefährlich, wie ein Team von Internisten von der University of Manitoba im kanadischen Winnipeg ausge-rechnet hat. Wer sich selbst entlässt, hat ein um das Zwei- bis Dreifache erhöhtes Risiko, binnen eines Monats erneut im Kranken-haus zu landen. Die Chance, während der folgenden drei Monate nicht mehr nur in ein Klinikbett, sondern gleich ins Grab gelegt

zu werden, erhöht sich ebenfalls um den Faktor 2,5. Für die Studie wurden die Daten von nahezu zwei Millionen Klinikpatienten in der Provinz Manitoba analysiert. Rund 21 000 von ihnen hatten ihre stationäre Be-handlung gegen ärztlichen Rat beendet.

Im Vergleich mit folgsamen Patienten haben die Selbstentlasser mindestens ein halbes Jahr lang ein erhöhtes Risiko, erneut in der Klinik oder gar im Grab zu landen.

■ CMAJ 2013, online; doi:10.1503/cmaj.130029

Viele Diabeteskomplikationen können zu bleibenden Beeinträchtigungen führen – und damit die Unabhängigkeit im Alter ge-fährden. „Diabetiker haben ein ungefähr um 50–80% erhöhtes Risiko für eine Behin-derung“, schreiben Forscher vom Baker IDI Heart and Diabetes Institute in Melbourne. In 26 ausgewerteten Studien erwies sich ein Diabetes durchgängig als Risikofaktor: Über 55-jährige Diabetiker hatten öfter eine ein-geschränkte Mobilität sowie Schwierig-keiten mit den Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL) als Sto�wechselgesunde. Das relative Risiko für Probleme mit der Mobili-tät war um 51%, das für ADL-Probleme um 82% erhöht.

■ Lancet Diabetes & Endocrinology 2013; online 24. Juli; doi: 10.1016/S2213-8587(13)70046-9

Wenn der Herzinfarkt und seine Folgen zu sehr auf der Seele lasten, begünstigt dies of-fenbar einen erneuten Infarkt – nicht selten mit Todesfolge. Per Fragebogen hatten 2009 dänische Forscher den psychischen Zustand von 880 Infarkpatienten 12–14 Wo-chen nach der Klinikentlassung ermittelt. Von den Patienten mit dem besten psychi-schen Zustand hatten nach durchschnittlich 2,6 Jahren 15% erneut einen Infarkt erlitten

oder waren verstorben. Bei den Probanden mit den schlechtesten Werten waren es im selben Zeitraum 48%. Besonders aussage-kräftig war die Frage nach der Vitalität. Pa-tienten, die sich häu�g ruhig, energiegela-den und selten depressiv fühlten, zeigten die geringste Reinfarkt- und Sterberate.

■ BMJ Open 2013; 3: e003045; doi:10.1136/bmjo-pen-2013-003045

Wenn der Blutdruck trotz dreier Antihyper-tensiva noch übers Ziel hinausschießt, be-steht nicht zwingend eine Therapieresis-tenz. Oft sind die Patienten nur nicht opti-mal behandelt. In einer US-amerikanischen Studie hatten von 468 877 Hypertonikern, die zwischen 2007 und 2010 in Klinikambu-lanzen behandelt wurden, 31,5% Drücke über 140/90 mmHg. Von diesen Patienten wiederum erhielten 30,3% mindestens drei Blutdrucksenker und wurden daher als au-genscheinlich therapieresistent eingestuft.

In einem Großteil dieser Fälle könnte jedoch eine Pseudoresistenz bestanden haben, wie die Analyse der Verordnungsdaten ergab. „Nur der Hälfte dieser Patienten war eine optimale Therapie verordnet worden“, so die Studienautoren. Als optimal de�nieren sie eine Therapie mit drei Blutdrucksenkern einschließlich eines Diuretikums in mindes-tens 50% der maximal empfohlenen oder zugelassenen Dosis.

■ Hypertension 2013, online 5. August

Top gelesen aufspringermedizin.de

Dossier „ESC-Kongress 2013“ ▶ ID: 4577824

Schlaganfall und Herzinfarkt: Ein hoher BMI an sich ist kein Risiko ▶ ID: 4660180

Widersprüchliche Assoziation: Kardiovaskuläre Sterblichkeit in ärmeren Ländern am höchsten ▶ ID: 4656418

Herzinsu�zienz: Fernüberwa-chung hilft, Todesfälle zu verhin-dern ▶ ID: 4655564

MMW-Fortschr. Med. 2013; 155 (15) 1

FORTBILDUNG_SCHWERPUNKTAKTUELLE MEDIZIN

Dr. med. Brigitte MoreanoStellvertretende [email protected]