Psychogene Blutdruckssteigerung : Kriegshypertonien

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Acta Medica Scandinavica. Vol. CXXII, fasc. VI, 1945. Psychogene Blutdruckssteigerung. Kriegshypertonien. vo 11 M. CH. EHRSTROM. (Bei der Hedaktion am 2. August 1844 ringegangen). Einleitung. In Finnland wird Carl ITgerstedt aIs der angesehen, der die Be- deutung der Wirkung psychischer Faktoren auf den normalen nlut- druck erpcrimentell erwies. Studenten, die cin Examen ablegen soIlt.cn, konntcn in den spannendcn Stunden vor dern Examen cine bedeutcnde IIgpcrtonic aufweisen. Nach bestandener Prufung sank dcr Ulutdruck wieder zu normalen Werten. Nunnirhr wissen die meisten Arzte, dass, wenn die erstc Blut- drucksmessung auf eineni Patienten einen hohcn \Vert gibt, dies auf der psycliischen Spannung des Patienten aiihrend der Regeg- nung niit den1 l\rzte beruhen kann und dass einc Kontrollc untcr Bedingungen, die cine moglichst grow .\bsparinung drin Patien- ten geben, notwendig ist. In der Litcratur tragt dicsc ;\rt von psychogencr Hlutdrucksstei- gerung gewohnlich den Nairicn einoiionelle Hyperlonie. Fishherg weist darauf hin, dass die Hlutdruckssteigcrung in dem Empfangs- zimnier oft verschwindet, wcnn die JIessung im Verlaaf einiger Minuten ein paar Jtal wiedt~rholl wird, dass cs aber bei neurotischen Individuen schwerer ist, den Druck normal zu bekommen R. Ehrstriirn war 1!)18 der Ansicht, dass der I h c k unter dcm Ein- fluss von psychischcn Rffeklen bei jungen Rlcnschcn ZII 140 mni

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Acta Medica Scandinavica. Vol. CXXII, fasc. VI, 1945.

Psychogene Blutdruckssteigerung. Kriegshypertonien.

vo 11

M. CH. EHRSTROM. (Bei der Hedaktion am 2. August 1844 ringegangen).

Einleitung.

In Finnland wird Carl ITgerstedt aIs der angesehen, der die Be- deutung der Wirkung psychischer Faktoren auf den normalen nlut- druck erpcrimentell erwies. Studenten, die cin Examen ablegen soIlt.cn, konntcn in den spannendcn Stunden vor dern Examen cine bedeutcnde IIgpcrtonic aufweisen. Nach bestandener Prufung sank dcr Ulutdruck wieder zu normalen Werten.

Nunnirhr wissen die meisten Arzte, dass, wenn die erstc Blut- drucksmessung auf eineni Patienten einen hohcn \Vert gibt, dies auf der psycliischen Spannung des Patienten aiihrend der Regeg- nung niit den1 l\rzte beruhen kann und dass einc Kontrollc untcr Bedingungen, die cine moglichst g r o w .\bsparinung drin Patien- ten geben, notwendig ist.

In der Litcratur tragt dicsc ;\rt von psychogencr Hlutdrucksstei- gerung gewohnlich den Nairicn einoiionelle Hyperlonie. Fishherg weist darauf hin, dass die Hlutdruckssteigcrung in dem Empfangs- zimnier oft verschwindet, wcnn die JIessung im Verlaaf einiger Minuten ein paar Jtal wiedt~rholl wird, dass cs aber bei neurotischen Individuen schwerer ist, den Druck normal zu bekommen R. Ehrstriirn war 1!)18 der Ansicht, dass der I h c k unter dcm Ein- fluss von psychischcn Rffeklen bei jungen Rlcnschcn ZII 140 mni

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und bei alteren zu 160 mni steigen kann, und dass eine vereinzelte Messung, die unter 180 r i m ergibt, nicht siclier die Diagnose patho- logische Hypertonics berechtjgt.

Cai Holten hat die Reobachtung betont, dass die Blutdrucks- messung des ersten Tages auch bei Krankenhauspatienten erhohte Wcrte geben kann. Der Hlutdruck war bei 78 von 100 nicht aus- cmviihlten Patienten am ?'age nach der Xnkunft niedrigcr als am Tage der Ankunft. Irn Durchschnitt war der llruck 19 mm gefallen: bei 11 mehr als 45 mm.20 vori 55 Patienten, die am ersten Tdge Drucke uber 150 mm hatten, hatten am folgenden Tage normale Werte.

Im allgemeinen gibt man an, dass die Ihcksteigerung bei emotioneller Hypertonie nur den systolischen Ilruck beruhrt. Best & Taylor rriachen es geltend, dass der Effekt von vermehrter Herzwirksamkeit uiid Veranderungen im Zustande der Gefasse herruhrt. Iliese Veriinderungen kommen durch Impulse zustande, die auf Herz- und Vasorriotorzentrcn in riiedulla oblongata wirken. Gleichfalls spricht sich :\sk-Upniark aus, der c s fur wahrscheinlich halt, dass der einolionelle Ilochdruck ein Prlinutvolumen-Hocli- druck sei (Wezlcr & Roger). wo der diastolische Druck bei gc- wohnlicher Pulsfrequenz niedrig odcr normal ist, aber gesteigert sein kann, wenn die Pulsfrequenz sich verniehrt hat. Fishberg will dagegen die Auffass ling zu widerlrgcn versuclien, dass die Steigc- rung nur den systolischen Druck brruhrc.

Emotionelle I3lui druckssteigerung hat a u w r ihrer praktischen Bedeutung auch theoretisches Intcresse. In der Tat, sic macht den Grund zu den 'I'lieoricn aus, dic den Anteil dcr psychischen Faktoren an der bunten Atiologie clcr essentiellcn Ilyprrtonie hervorheben. Man hat z.H. sich gefragt, inwiefern cine eniotionclle Hlutdrucks- steigerung so ganz unschuldig ist, oder ob eine Person, dic bei der llntersuchung niit ciner zufiilligen Blutdruckssteigerung reagiert, als ein latenter IIypertoniker betrachlet werden kiinnte. Hicr offnen sich inanehe Problerne, zu dcren Beleuchtung beizutrageri folgende Untersuc1i:ingen beabsirhtigt sinrl.

Eigene L'nlersuchungen.

Die Anregung zu meincan eigenen Untcrsuchungen uber emotio- nell bedingten Hochtlruck erhielt ich wahrend des Winterkrieges in

Firinland 1939-1940. Die Arzte, die damals Gelegenheit hatten, die einbcrufenen Soldaten und Reservisten zu untersuchen, bekamen den Eindruck. dass die Rlutdrucksmessiingen iiberraschend hohe Werte gaben. I7ieser Eindruck war so allgemein, dass ZufiillIgkei- ten ausgeschlosscn zu srin schicnen. Eine systematischc Unter- suchung wurde damals nicht ausgefuhrt, aber der Llozent 31. Hir- vonen hat mir niitgeteilt, dass er auf seiner inneren medizinischen .\bteilung eines ~~ili larkrankenhauses durch zahlreiche Messun- gen von der grossen Frequenz holler Ilruckc bei den Patienten uber- zeugt nurde. Wahrend dcr Fortsetzung von Finnlands Verteidi- gungskrieg war ich in dcr letzteren Halfte tles Jahres 1942 als ratgebender Internist auf den Feldlazaretten der :Irmee tgtig. I h hatte ich Gelegenheit eine grosse :\nhaufung von Hochdrucken unter den Frontsoldaten zu sehen, und da wurde auch die Unter- siichung begonncn, uber dcren Resultatc liier berichtct werden sol].

Literaturangaben iibcr den Einfluss des Krieges auf den Rlut- druck sind iiberraschend sparlich. Zu denen gehiirt Diringshofens Observation von Hochdrucken sogar bci bewahrtcn 1;liegern vor dern Antreten riner Flugtour. .Aus den1 gegenwiirtigcn \\'eltkriege licgen drei deutsche C'ntersuchungen vor, die von A. Sturin & T. Hertlein, von Blum und von Sarre.

Sturm C% Hertlein massen wahrend der Zeit Oktober 1939- September 1940 den Blutdruck bei 2704 gesunden Militarflug- aspiranten im Alter von 2 0 4 0 Jahren, die rneisten zwischcn 20 und 25 Jahren. Die Messungen geschahen in korperlichtr Ruhe in liegender Position. Von diesen 2704 hatten 139 oder 5.1 04 einen Rlutdruck ':. 150 rnm. Der diasiolische Druck bei diesen 139 war 9 0 ~ -100, in ucr&zelfen Fallen iiber 100 rnm H g . Unler den Hyper- tonikern waren die nieistcn -- 92.8 ol0 - in1 .\lter von 20- -25 Jahren (was auf der Zusanimensetzung des Materials bcruht?) Mehr als die Halffe, oder 61.8 %, rvaren oegefafiv sfigmafisierf, d.h wiesrn Tachykardie. vrrstirkte I Ierztone, ncrvoscs Axillarschweiss, verstarkte Lkrmographie, lebhafte Reflexe und zuweilen Glanz- augcn auf. Unter 1000 normotonischen Soldaten wiesen nur 29.6 yo solche Symptome auf. 78.4 yo hatten einen leptosonien Korper- bau, eine Zahl die doch nicht bemerkenswert scheint, da 64.5 7; von den normotonen denselben Korperbau hatten. , h c h die Ein- teilung in verschiedenc Berufsgruppen und in Sportsmanner oder nicht Sportsmanner war nicht signifikativ.

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Die Drucke der normotonen Soldaten verteilten sich folgender- weise:

100- -105 1 1 0 - 115 120-125 130--135 140- 14.5 0 .7 ?,, 5.9 yo 4-1.8 96 :35.0 ?b 12.6 yo

Bei einer Nachuntersuchung ein Jahr spater zeigte es sich, dass nur 1.8 yo mchr Horhdrucke hatten, und ausserdem stellte es sich heraus, dass die Frequenz der Blutdruckssteigerung sukzessiv ab- genommen hatte, je langer der Krieg fortdauerte.

Die Verfasser konkludieren, dass diese Falle nicht als juvenile Hypertonien aufzufassen sind, sondern dass man den Hochdruck in den meisten Fallen als einen HSituationsbedingten Erregungs- hochdruck, auffassen muss. Hesonders bei den vegetativ labilen cntdeckte die Unteriuchung des .Irztes im Heginn des Krieges emo- tionelle Blutdruckssteigerung; spater aber, als der Krieg und die €3lutdrucksuntersucliungen otllltagn wurden, wurde eine solche Reaktion nicht so oft ausgelost. Mit Hecht machen die Verfasser darauf aufmerksam, dass die Messungen von Blutdruck die nur ein- ma1 stattfinden, z i i der Diagnose juvenile Hypertonie oder zu Entscheidungen be treffs der Diensttauglichkeit nicht berechtigen. Sic sind vielmehr dt:r Ansicht, dass die suspekten Falle unter Kran- kenhausobservation genommen werden sollten. Schliesslich wollen die Verfasser es geltend machen, dass die observierten Hoch- drucke eine besondere Irritabilitait bei dem vegetativen Gefass- nervensystem enkchleiern, die ini Zusamnienwirken mit schadlichen Faktoren wie chronische Infektionen und Herdinfektionen und in Kombination mit einer anlagenbedingten I-Iypertoniebereitschaft zu echter Hypertoriie niit allen ihren schweren Folgen fuhren kann.

Blum fand bei 1456 gesunden Soldaten in 1.37 yo Blutdrucke uber 150 mm. Auch er glaubt an ein Mitwirken von dem vegeta- tiven Nervensystern. In Obcreinstimmung mit Sturm und Hert- lein fand Sarre, dass unter 3500 Soldaten die jiingsten, die 16 jahrigen, die grosste Anzahl Falle init Blutdruck iiber 140 mm (12,3 yo) aufwiesen, wahrend die 20-jahrigen in nur 4.6 % Drucke iiber 140 mm hatten. (Vgl. Sturm & Hertlein: von lo00 Fallen hatten 12.6 % Bhtdrucke 140--145 mm).

iMein eigenes Maierial umfasst Blutdrucksmessungen auf 30oO Rlannern und Frauen im Alter von 20-35 Jahren, die meisten zwischen 20 und 25 Jahrcn. Es lasst sirh teilen i n ein Kontroll-

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material, das aus Messungen wahrend des Friedens (1937 und 19%) auf 525 Zivilpersonen und 375 Soldaten besteht, und in das eigent- liche Kriegsieitsmaterial, das aus Messungen wahrend dcs .Jahrrs 1943 auf 200 Zivilpersonen, 200 Frauen im Kricgsdienst und 1700 Soldaten besteht. In 1700 Fallen is1 der Blutdruck niehrcrc Ma1 kontrolliert worden. 1300 sind Einmalmessungen.

A . Messungen nu/ Ziuilpersonen ivahrend des Friedens.

Uiese bestehen ails Messungen auf Patienten, die wahrend des Jahres 1937 auf drr 111 medizinischen Klinik behandelt aurden. Aus den Journalen sind alle die Falle mitgenommcn, wo Hlut- drurksmessungcn bei Personen zwischen 20 und 35 Jahren an dcni Ankunftstage ausgefuhrt wurden. Ausgelassen sind nur solche Falle, wo die Krankheit an und fur sich auf den Rlutdruck geairkt haben kann, d.h.: Kollapsuszustandc, Ncphriten, I Ierzinsuffizit,n- zen und offenbar altc Hypertonien mit kardiovaskularer H\ per- trophie und Sklerosc.

Die prozentuelle Verteilung tlcr Hlutdrucke (Mcssung am crstea I'age) war folgcnde:

$10 - 95 0 5 7:) 140-145 7.5 Oh,

110-115 38.75 ?(, 160-- 165 1.0 "/, 120-125 33.0 o/(l 170- 175 0.5 ?<

100- 105 6.0 O<) 150--155 1.5 "(,

130-135 21.0 yo 180-190 0.35 %,

Bluidrucke uon 150 mrn oder ciaruber hinuus kumcn also in 3.25 yo ( I S Fallen) uor. In 10.75 o/o war dcr Druck ~ 140 111111.

Die Durchschnittszahl fiir alle Alessungen war 123 mm, u clchc wohl mit dem van Symonds auf 150000 Pillen gefundenen Mittcl- wert iibercinstimmt. Der Mittelmert fiir den diastolischen Druck war 79 mm.

Die Frauen hatten cine etwas niedrigere Durchschnittszahl. 120 mm, und die Frequenz von Drucken 1; lFi0 mni war 2.5 "/o.

Auf 6 von den 18 Hypertonien wwde der Rlutdruck nur einnial gemcssen. Bei 3 sank der Druck narh 1-3 l'agen zum nornialen, wahrend der Druck bei 9 (= 1.7 yo von der Totalanzahl) wahrend einvr Observationszeii uon ein bis mehruen Wochm zwischm 150 und

I’SY ClIOGEIY E i 3 L L T D R L CKSSTEIG E R C S G K R I E G S I I Y P E R T O S I EN. 551

180 mm varierte. Von diesen hatten 2 die Diagnose Hypertonie (ohne nachweisbare kardiovaskulare Veranderungen), 2 waren Pleuriten, 2 Polyarlhriten, 1 Anamie und 2 Psychoneurosen. ; \user diesen 2 Psychoneurosen gab es unter den 18 Hochdrucken noch eine Psychoncurose und 3 Falle, die als neurozirkulatorisclie Ast henien bczeichnet werden konnten. Der diaslolische Druck war in 2 Fallen S5, in 4 Fallen 90, in den ubrigen 100-125 mm.

Unter den normotonen gab es 20 vegetativ labile Psychoneuro- sen und 14 neurozirkulatorische Asthenien, d.h. die Frequeni von Psychoneurosen und uon neurozirkulaiorischen Asihenien war 5 md hoher in der hypertonen Gruppe. In dem ganzen Material waren 9.5 yo derartige psychisch und vegetativ labile Personen.

.Us Vergleich zii Holten’s Ohscrvation, dass die Messung des

ersten Tages auf Kr ankenhlusern in1 allgenieinen niedrigere \\‘erte gibt, mag erwalint .werdcn, dass unter 151 Patienten, bei wclchen der Druck wahrend 4ncr langercn Zeit observicrt wurde, der Druck in 64 Fallen sank, in 34 Fallen unverandert blieb, wahrcnd in 5 3 Fallen spater hohere Werte als am ersten Tage gcmessen wurden. Die Variationen aufwarts und abwlrts waren 5 - 2 5 mm. Holten’s Angabe, dass von 1 0 0 Paticnten 55 Hlutdrucke iiber 150 min hatten, ist iiberrascliend, sol1 abcr wahrscheinlich gegen den I Iin- tergrund betrachtet werden, dass unter seinen Patienten eine griis- sere Anzahl altere Personen waren.

U . Messungen uuf Soldalen iuuhrend des Friedens.

Das Soldatenmaterial aus der Zcit des I:riedens, das aucli zii- gleich ein I<rankenIiausmaterial ist, hat der Ilozent hl. Savolin, mir zur Verfiigung gestellt. Das RIaterial ist nicht ganz vergleich- bar mit deni Material aus der 111 niedizinisclien Klinik. Auf Grund der Art der Krankheitsfalle sind Rlutdrucksniessungen nicht in deniselben gewohnheitsniiissigen Umfang ausgefiihrt worden, son- dern sind einigermassen auf die Fallc beschrankt, die zur Hcrz- untersuchung inreniiltiert worden waren. 1)ie grosstc hlehrzahl von diesen -- 40 yo voni ganzen Material - machen die Falle aus, die deshalb eingesandt wordcn waren, dass sie iiber I lerzklopfen, Stich in der Herzpartie, ))Atemnoto geklagt hatten, oder dass der Trup- penarzt ein systolisches Nebengerausch uber der Herzspitze gefun- den hatte, 11. dgl. Die objektive Untersuchung hat diese 17511e als

- - :I 5 3 . \ I . ( ' 1 1 . l ~ ' t ~ l ~ S T l t l l V ,

Inehr oder weniger nusgepragte neurozirkulatorische Asthenien, Psychoneurosen oder vegetutiv labile Personen klassifiziert. Die siimtlichen 375 Falle sind Junglinge im ;\lter von 20 - 2.5 .Jahren.

Diese Gruppe liattc mehr Hochdrucke als die vorige. I n 10. -5% iuar der Rluidruck 150 mm oder dariiber hinaus (38 Falle). In 23.5 yo war der Druck 2 140 mm. Die Durchschittszahl ist 133 m m Hq.

In 3 1 von den in1 Ganzen 38 Ilypertoniefallen w r d e dcr Rlut- druck nur einmal gemessen. I n den ubrigen 7 Fallen (= 1,8 yo uon der Totalanzahl) wurde dar Blutdriick wahrend ein bis zwei Wochen baobachtet. In einem Fnlle sank d t r Druck von 180 zu 140 mm i n 10 Tagen, bei den uhrigcn blieb der Druck iiber 150 mm, mit tlcm Maximum 200 rnm. 4 von den Fallen werden als Hypertonien ohne nachweisbare kartiiovaskulare Vrranderungen, 2 als neuro- zirkulatorische Asthenien bezcichnet, und 1 war cine Rroncho- pneumonie. Eine genauere Kontrolle von dem Rlutdruck hatte vielleiclit mehr Falle von prolongierten Hypertonien entschleiert.

Der diasiolische Druck bei den 38 Iiochdruckern mnr bei 12 60 -95 nim. bei dem Reste -:. 100 mil dem Maaimurn 135 mni.

C . :Ilessungen auf Z ivilpersonen wahrend des Krieges.

Ilas wahrend des Krieges (1943) nach denselben Prinzipien wie wahrend des Friedens auf der I11 Klinik gesamrnelte Material von I~lutdrucksmessungen auf Zivilpersonen gibt folgende Hesultate:

Rlutdruck von 150 m m oder rlaruber hinaus karri in 9 % (18 Fal- len) uor. In 2 2 3 yo war der 1)ruck : . 140 mm. Die Durchwhniifszahl ivar 126 mm.

Nur in 2 Fallen - dcr eine als Hypertorlie ohne kardiovasku- lare Veranderungen bezeichnet -- der andere cine akute Tonsillitis ohne Zeichen von Nrphritis, 1 O/* von der Totalanzahl entsprechend, hiell sich der Druck iuahrend der Observationszeif von 2 Wochen hoch (19.5 --170 und 150- -1.35). In 5 Fiillen sank dcr Druck in1 Ver- lauf von 2 his 10 Tagen zu normalen IVerlen (1.50--120, 155-135, 200-110, 15.5-130, 165-100). In 11 Fallen wurdc der Druck niir einmal gemessen.

Der diasfolische Druck war in den 18 Fallen niit holiem systo- lischem Ilruck bei 2 80-90 und bei 16 100-120 mm.

Unter den 18 Hochdruckern gab es 5 als Psychoneurosen be- zrichnete Falle und ein Fall von neurozirkulatorischer Asthenie.

PSYCHOGESE R L I l D R U C K S S T E I ( ; E R ~ ' N C ; R R I E C S H Y P E R T O T I E N . 553

Die normotonen Psychoneurosen und die neurozirkulatorischen Asthenien waren im ganzen Material 9 und 2. Die Frequenz uon Psychoneurosen und neurozirkulatorischen Asfhenien war also 7 ma1 grosser in der hyperfonen Gruppe. Im ganzen Material machten diese fur psyrhisch und vegttativ labil gehaltenen Falle 8 %.

D. Messungen auf Soldaien wahrend des Krieges.

1. Messungen auf 300 Fallen sind in der innerniedizinischen Ab- teilung eines Feldlaz.aretts gemacht worden, wohin die Patienten direkt von den Rataillonverbandplatzen gesandt worden waren. 1)ie Auswahl ist nacli denselben Prinzipien geschehen, wie bei dem Kontrollmaterial aus der 111 medizinischen Klinik in der Zeit des Friedens. Den Blutdruck habe ich selbst taglich auf allen beilie- genden Patienten gemessen. Die Ohservationszeit ist 3-14 Tage gewesen, ausnahmsv;cise nur 1 - 4 Tage. Die Frequenz von Psycho- neurosm, vegefafiv iabilen und neurozirkulaforischen' Asfhenien isf gross, 27.0 yo. Dies beruht wenigstens zum Teil darauf, dass die Rataillonarzte in rwht grossem Umfang solche Falle cinsenden, u.a. um die Iliensttauglichkeit bestimmt zu bekommen.

Die prozentuelle Verteilung der Blutdrucke (Messung am ersten Tage) war folgende:

90- 95 0.5 yo 160-165 9.5 yo 100---105 3.0 O h 170--175 3.0 yo 110-115 9.5 yo 180 --185 1.5 %, 120--12:j 19.5 yo 190-195 1.0 yo 130-135 20.0 yo 200--205 0.5 yo 140--14!j 19.5 yo 210 -215 0.5 150--15:j 11.5 yo 220--225 0.5

Blutdruck uon 150 rnrn oder dariiber hinaus kam also in 28 yo (84 Fallen) uor. In 47.5 yo war der Ilruck ;< 140 mni. Die Durch- schniftkzahl fur alle Messungen war 136 mm.

Auf 5 von den 84 Hypertonien wurde der Blutdruck nur ein- ma1 gemessen. Bei 31 sank der I h c k am zweiten oder dritten Tage zu normalen Werten. Bei den ubrigen 48 oder in 14 yo uon dem ganzen Maferial hielf sich der Blufdruck uber 150 mm wiihrend der ganzen Obseruafionmif = 4 bis 14 Taqe. In einem Drittel von

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diesen F d k n war der Ilruck recht fixiert, varierte weniger als 20 Jnm, wahrend er in 2/3 von den Fallen labil war, inden1 er bis 80 inm varierte.

Der diasfolische Druck war in 24 Fallen 80--90 mni, in 30 ~cr l - len 100-105 mm, in 24 Fallen 110---120 mm und in 6 Faller1 12.5-- 130 mm.

IJnter den Hochdruckern gab es 21 vegetativ labile Neurosen und 20 neurozirkulatorische Asthenien. Die entsprechenden Werte hei den norrnotonen waren 25 und 16. Die Freguenz von psychisch und vegefativ labilen Personen war also 3,5 rnnl grosspr in der Hyper- ion iegr uppe.

2. Das iibrige Material aus der Kriegszeit bestcht aus anibulato- rischen Xlessungen auf 1 4 0 Soldaten und 200 Lottas und andercn wciblichen Personen iin Kriegsdienst. In 1300 Fallen liegen Ein- malinessungen vor. Die blessungen sind von mrtl. l ic. 'Th. Dreyer (200), nied.cand. l3ll"lfield (200), medxantl. I<. Sevanlinna (300) und von mir sclbst (900) ausgefiihrt worden. Ilas Xlatcrial kann in c h i Gruppen eingeteilt werdcn:

a. Die ersfe GruppP (700) umfasst Soldaten in (lei voiderston 1:rontlinie. ] ) i t Messungen, von dcnen 200 von niir gcinacht wor- den sind, wurden in ,1Iannschaftsbunkcrs ausgefuhrt. Es wurde beriicksichtigt, dass die Manner vor der Messung zu moglichst grosser physischer und psychischer ;\bspannung Gelegenheit hatten. Der 1)ruck wurdc in sitzendcr oder liegender Stellung gemrssen. nei den Xlessungsgelegcnlieitrn war cs ruhig bt.i den I,inien, tinhe- deutendes Infanterit. - - und I\rtillcrieslijrungsfcuer.

163 Soldaten oder 23.3 ;{, haffen Hlufdruckc~ von 150 mm oder dariiber hinaus. (In d m von inir ausgefuhrtcn Jlcssungen war die I'rozentzahl 39 yo). 18 hatten I)ruckr zwischen 180 untl 200 n i n i . 111 45.6 yo war der Ilruck 140 nini. Die Durchschniffsxhl fiir idle Messungen war 138 mm. U n k r den Hoclidruckern hatten .-5, d.h. c:a +$ einen diasfolischen Druck zwischen 100 rind 120 mni. In l i von 37 Fallen von lIochdruck hielt sich der l h c k bei 3 - 3 an verschiedenen 'Tagen gemachtrn Messungen zz 150 1nm. Die Zahlen beziehen sich auf cine Gruppe von 300, umgerechnet auf 'die garm Gruppe sollte es 5.7 yo entsprechen.

h. Die zweite Gruppe (200) umfasst gleichfdh Soldaten in der vordersten Linie, und die Messungen sind auf dieselbe Weise gr- schehen. Die Unterscheidung von dieser Gruppr sch(.int RUS zwei

I'< I C H 0 (, I: V E H 1. L T n H 1 C h: S ST E I (, E H I \ 1, K R I E G S H \i I' E H T 0 \ 1 E X , 5 ,?5

Griinden berechtigt. Ei*stens sind alle Messungen von mir gemacht worden, d.h. nicht von den1 Arzte dcr Truppenabteilung. Man muss annehmen, dass, wenn ein vinspekticrender, ,\rzt zu eincr Fronttruppe kommt, dies an und fur sich eine psychische Beeinflus- sung bedeutet, die in h e r emotionellcn Steigerung des Rlutdruc- kes resultieren kann. -- Zweitens war die Zusammensetzung von den Soldaten in der Truppenabteilung von Bedeutung. (Die Trup- penabteilung bestand aus Mannern, die auf Grund irgend eincs mili- tarischen Verbrechens nach gelittener Strafe in dersclben Trup- penabteilung zusammcngefuhrt sind. Als solche Verbrechen gel- ten: Ungehorsam gegen den Hefehl, Desertierung, Trunksucht, Verspiitung vom C'rlaub, sich zum ,\ufgebot nicht einfinden, Flucht aus der vordersten Link wiihrend des Kampfes, Versaum- nisse wahrend des Wachtdienstes, Aggravation, Simulation, Selbstverstummelung u.dg1.) Das Material in dieser Gruppe enfhalt mit anderen Worien zohlreiche solche Indiuiduen, bei welchen man vermuten kann, dass psychische, von der Norm ablueichende Eigen- schaften mit vegetaliueI Labililaf kombiniert sein konnen.

99 Soldalen, d.h. rlic Halfle oder 49.5 yh hatfen einen Blutdruck von 150 rnm oder daruber hinaus. 12 odcr c:a G yo halten Ilrucke zwischen 180 und 2% nim. In 74.5 yo war der Rluldruck 2; 140 mni. Die Durchschnitfszahl fur alle Messungen war 148 mm. Bei den Hoch- druckern war der diastolische Druck in 55 Fiillen oder in mehr als die Halfte von den Fal:.en 100-145 mrn. Die hohen diastolischen Drucke waren im allgemeincn nicht mit Tachykardie kombiniert.

c. Die dritte Gruppe (700) besteht aus 225 Soldaten, die zu einer schweren, hinter der Front befindlichen Artilleriesektion gehoren, aus 225 Rekruten in einem hinter der I;ront befindlichen Ausbil- dungsbataillon und a m 2.50 Frauen im Kriegsdienst ini Train der S t iitzfront.

In dieser Gruppe hdfen 65 oder 9.3 yo einen Blufdruck von 150 rnrn oder daruber hinaus. 4 hatter1 Drucke zwischen 180 und 200 mm. In 29.0 yo war der Ihuck ?. 140 rnm. Die Durchschniltszahl war 129 mrn H g . Unter den Hochdruekern halten 44 oder 213 einen dirrslolischen Druck uber 100 mm (ad 125 rnm).

556 31 t 11. F H R b T n O H .

Zusammenfassung von meinen eigenen Untersuchungen.

Die Hauptresultate von rneincn Untersuchungen konnen zu- sarnrnengefasst in der untenstehenden Tabelle am bcsten iiberhlickt werden:

Zivile ICrankenhauspatienten wahrend des Krieges (Gruppe B) 9.0

123 nini

1%; nini _ _ _-.

1 :<:< 111111

129 nini - _.

138 nim .. -

13(i inni

1-18 111111

.. - .. - . . . .

Soldaten 1;rankenhauspatienten :\ahrend tles Friedens (Gruppe C)

Soldatrn und Personal in1 Kriegs- dienst hinter der Front (Gruppe

~- ~- ~ - .

9.5 . . .

8.0 _ _

40.0 - -~ .

. . . -

-

27.0 . -

ine gross .\nzat

..

10.5 - _

Es muss noch hinzugcfugrt werden, dass unter Soldaten wahrend des Krieges 46 Ilrucke zwischen 180 und 225 mm (= 2.7 yo von der Totalanzahl) gernessen wurden, und dass da, wo der systolische Druck gesteigert war, auch der diastolische Druck in rnehr als die Halfte von den Fallen gestcigert war. In einigen von den Fallen von neurozirkulatorischer Asthenic, die hohen Rlutdruck hatten, war doch die Pulsaniplitude gross und tler diastolische Druck

- - .. - - .

Soldaten in der vordersten Front- l ink (Gruppe D, 2 a) . . . . . . . . . .

.~ ~~

Soldaten aus der vordersten Frontlinie, auf Feldlnzarette aul- genommen (Gruppe D, 1 ) . . . . . .............

I'sychisch und vegetativ labile Soldaten in der vorderste I'ront- linie (Gruppe D 2 1)) . . . . . . . . . .

23.3 . - -

28.0 __-.__

19.5

YSY C I1 0 C E S E HI. C T D H I C li SST E I G E Ii I ’ \ I , li R I L H Y I’ F. HTO > I E X . 557

konnte zeitweise zur Xu11 sinken. Hoher diastolischcr Druck fie1 nicht regelmassjg mit Tachykartlie zusanimen.

Die erste Kolumne der Tabelle gibt die Frequenz von den bei jungen hlenschen beobachteten hohen Rlutdruckswerten bei der ersten hlessung des Blutdruckes an. Die niedrigste ist die Frequenz bei Zivilpersonen wahrend des Friedens (3.25 yo), darauf folgen die Gruppen von Zivilpersonen wahrend dcs Kriges, Soldaten wahrend des Friedens und Soldaten und Personal im Kriegsdienst hinter der Front, die c:a 3 ma1 so grosse Frequenz von Hochdrucken haben (9.0, 10.5 und 9.3 %). Schliesslich folgen die Gruppen von Front- soldaten, die c:a 8--15 ma1 grossere Frequenz von Hochdrucken haben als die Zivi1pc:rsonen wahrend des Friedens (23.3, 28.0 und 49.5 %). In Konformitat niit diesen Zahlen steigen aueh die Ilurch- schnittszahlen des Elutdruckes in der dritten Kolumne.

Mit andercn Worlen: Die Frequenz von emolioneller (psychogener) Blutdruckssfeigerung scheinf zu sleigen, j e nachdem die Milieu mehr und rnehr rniliiarisch und kriegerisch belont wird.

(Sturm & Hertlein’s Zahl - 5.1 y’, Blutdrucke 2 150 mm - -

bezieht sich auf Falle, die zunachst init meiner Gruppe: sSoldaten und Personal in1 Kriegsddienst hinter dcr Front)) zu vergleichen sind, und bestreitet also diese Behauplung nicht.)

In der letzten ISolumne der Tabelle wird die Frequenz von psyehish und vegetativ labilen Personen innerhalb der verschiede- nen Gruppen angef iihrt. Man sieht, dass die Hochdrucksfrequenz nicht dcr Frequenz von psychisch und vegetativ labilen Personen folgl, d.h. die Zunahme von emotioneller 1Iypertonie kann nicht bedingt sein nur durch eine absolute Zunahnie der Anzahl psychisch und vegetativ labiler Personen in militarisch und kriegerisch beton- ter Milieu.

Dagegen ergab es sich von der Untersuehung, dass die psychisch und vegetativ Iabilm Personen unter sowohl zivilen als auch mili- tarischen Verhaltnissen mehr gencigt waren, mit emotioneller Blutdruckssteigerung zu reagieren nls die normalen. Zusammen- fasscnd durfte man a156 mit Tkcht sagen konnen, dass die psychische Irritation die die mililarische Dienslleistung und der Krieg auf einige Menschen nusiiben, speziell bei psychisch und vegefaliv labilen Per- sonen - aber auch bei normalen -- den Hluldruck beeinflussen zu kiinnen scheint, so ilass emolionelle (psychogene) Illufdruckssfeigerung gewdmlicher wird j e mehr die Milieu mililarisch und kriegerisch beion f wird.

558 h l . L I I . l . ~ ~ l ~ ~ l l : ~ l \ l .

IXe Zahlen in der zweiten Kolumne geben die Frcquenz v011 den Fallen an, bei welchen der Blutdruck wahrend der Observa- tionszeit - 4 bis 14 Tage, in vereinzelten FSllen einige \Vochen, nicht unter 1.50 rnm gesunken war.

14 yo von den Soldaten auf den1 Feldkrankenhause gchorten zu dieser liatcgorie, und von den Soldaten in den Linien hatten (::a 5 :/, bei wiederholten Messungen Drucke die sich 2 150 mm hiel- ten. In den iibrigen Gruppm waren die Prozentzahlcn nur 1.0- 1.8.

In keinem von dicsen Fallen wurderl Organueranderungen nach- gewiesen. Solche sind indessen uorgekommen.

Seit dem Jahre 1942 habe ich Gelegenheit gehabt, 10 Fallen zu folgen, die wahrend der Zeit von % his 1 Jahren unter Observa- tion gestanden haben, nur deshalb weil der Blutdruck aus irgend- einem Grunde gemessen und hoch befunden wurde. Die sanit- lichen sind Frontmilitare (1 Offizier, 1 IJnteroffizier und 8 Solda- ten) irn Alter von 20- 35 Jahren. Wihrend der Observationszeit sind die blaximaldrucke der Fdle ‘L10/140-18O/110 und die Rlini- maldrucke 160!120 -140/80 gcwescn. I)ie Jlinimaldrucke sind nacti Rettruhc und medikamentoser Behandlung niehrrrrr \Voc.hrn ge- messen worden. Keiner von den Patienten hat eine sichere Herz- vergrosserung aufgewiesen, aber bei 2 sind elektrokardiographische Veranderungen aufgetretcn: abgeflachte T-Zacken und verlangertes P--Q Intervall. Bci eineni Patienten t ra t cine hypertonische Retinopalie und gestiirte Siercnfunklion auf. I k r Fall wird liier kurz wiedergcgeben:

S.R.L. eiii 20-jahrigrr Karirpflirgc~. - .- I)rr Vatcr ini Altw von 63 Jahren an Apoplcxich geytorben. Svit etwa eincm halbcn Jahrtx wurdc cler Patient in den psycho-physischeii Prober1 fiir Militarllieger gutgeheisscn. Er wurde ini Jun i 1942 wegrn allgenieiricr nervliser Lcidcn, Kopfschrrier- zen und Scliwiridel auf ciri Kric,Rskrarrkrrrhaus aufgcnornmrn. - Hlut- druck 170/110. Cor nicht vergriissvrt. Ekg. normal. Urin alhrninfrc~i, die Tiririmenge vermindert und Korrzcritratiori iiur 211 1018. Rrststickstoff 50 mg yo. In beiden Augenhintrrgruriden leichtt>s l’;ipillocdcm, Rlutungeii und stark kontrahichrte Gefjsse. (Ophtdmolog).

I n drc,i Wocheri sank der Bluttlruck ZIJ 110!80. die Xugcnhintcrgrund- vernnderungen verschwandvn, drr Reststickstoff wurde normal und die Nirrerifunktion wurde normal. D w Patient wiirde auf S t a h d i m s t auf- gestellt, und bei wiederholten Kontrollen warcn der Blutdruck und die Niercnfunktion normal. Im Februar 19 13 suchte sich dcr Patient wieder

P S Y C H O G E N E BL~TDRUCKSSTEIGERL'KE K H I E C S H Y P F H T O S I E S . 559

zu dem Fluge und flog 100 Stunden. Seitdem aber, dass er wieder zu fliegen anfing, begann er an Kopfschmerzen, Schwindel und Miidigkeit zu leiden. B1utdrucksme:;sungen zeigten jetzt Werte zwischen 160/115 und 140/110. Im Februar 1944 besuchte er Ohrenazte wegen zunehmenden tinnitus aurium. Es wurde eine Cochleadegeneration konstatiert. Det Blut- druck war da 150/110. Die Nieren, das Herz und die Augengriinde wahren normal.

Eine Abflachung von den T-Zacken und eine Senkung von der S--T-Linie kam auch bei einigen Fallen von oKriegshypertonien, vor, die zu sehcn ich irn Jahre 1942 auf I)r. H. Lundsten's .\bteilung auf eineni von unseren Kriegskrankenhausern Gelegenheit hatte. In einigen Fallen waren die Veranderungen von kurzer Dauer, in anderen bestehend. (Das Material wird publiziert werden).

Auch Adlercreutz hat in seinen Fallen von neurozirkulatorischen .\sthenien mit Hypertonie, sowohl elektrokardiographische Ver- anderungen als Augenhintergrundveranderungen gesehen oals Ausdruck fur einen allgemeinen Gefassspasmus.9

Schliesslich muss in diesem Zusammenhange erwahnt werden, dass ein bedeutender Teil von den Fallen nit prolongierter Blut- drucksste.igcrung, uker gleichartige subjektive Leidcn wie ))gewoh,n- liche essentielle Hypertonien)), Kopfschmerzen, Schwindel, Ohren- sousen, Herzleiden U.S.W. klagten.

'Es scheint also berechtigt, uber diese prolongierten Hypertonien folgenden zusammenlassenden Ausspruch zu geben:

In Verbindung mit der in militarisch und kriegerisch betonter Milieu beobachteten Z unahme von .ernotioneller Blutdruckssteigerung bei Einmalmessung sicht nian eine vermehrte Anzahl Falle von Blut- druckssieigerungen mil! prolongiertem Verlauf. Der systolische Druck bei diesen #Kriegshypertonien)) kann bis uber 200 mm sfeigen und der diastolische Druck ist oft hoch. Oft fallt der Druck zum normalen in einigen Tagen, wenn die Patienten in ein Krankenhaus genommen iuerden, aber bei einer belrachtlichen Anzahl bleibf der Druck wochen- und monaielang hoch. Die Patienten klagen uber allgemeine Hyper- ton ieleiden, und zuweilen werden bei ihnen gleichartige organische Veriinderungen wie bei essen tieller Hyperton ie beobachtet.

Diskussion. Ein Ruckblick auf meine Untersuchungen zeigt, dass es fhes-

sende x?bergange gibt von Fallen mit schnell vorubergehenden zu- falligen Blutdrucksstcigerungen zu Fallen niit prolongierter Hyper- tonie, zu Fallen mit langwierjger Hypertonie und leichten Organ- veranderungen und zu Fallen init solchen Organveranderungen, die man bei maligner Hypertonie sieht.

Es ware deshalb erwunscht, die Falle in ein gemeinsames System einzuordnen oder aus einem gemeinsamen Gesichtspunkte zu beleuchten. Ein cberblick iiber die gegcmartige Auffassung von der Atiologie und Pathogenes der Hypertonien gibt dabei eine Anleitung.

Ask-Upmark teilt die Hypertonien ein in: I. Essentielle Hypertonie 11. Symptoinatische Hypertonie bei 1. kardiovaskular'en Krankheitszustanden; 2. nervensystemsaffektionen; 3. endokrinen Storungen; 4. renalen Zustanden. In dieser Diskussion kommt es zunachst zur Erorterung, in

welchem Verhaltnis meine ))Kriegshypertonienn zu den essentiellen Hypertonien und zum Nervensystem stehen. Da eine primar renale Hypertonie mit der grossten \Yahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, wird dieselbe hier ubergangcn.

Manche Forscher schreiben der Konsfifufion eine ausschlagge- bende Rolle als primare Ursache zu den essentiellen Hypertonien ZU. Wichtige Argurnente sind in spaterer Zeit durch Familien- und Zwillingforschungen hervorgebracht worden. So z.B. fand Hines bei ciner Nachuntersuchung von 1800 Personen, die vor 20 Jahren einen normalen Rlutdruck gehabt hatten, dass eine Hypertonie sich bei 45 yo von denen entwickelt hatte, bei welchen einer von den Eltern Hypertonie gehabt hatte, und bei 90 yo von denen, deren beide Eltern Hypertoniker gewesen waren. Auf die Kalteprobe (Blutdruckssteigerung, wenn der Arm in Eiswasser getauscht wird) reagierten alle solche Kinder normal, deren Eltern Normotoniker waren, wahrend die Kinder der Eltern, von denen beide Hyper- tonic oder hypertonische Reaktion hatten, in 95 94 wic Hyperto- niker readerten. Wenn nur der eine von den Eltern Hypertonie

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hatte, reagierten Idie Kinder in 43 wie bei Hypertonie. 7 Ein- eizwillinge reagierten identisch, wahrend die Reaktionen bei 3 Zweieizwillingen divergierten. Auch Weitz hat in erschfipfenden Studicn die dominierende Rolle der Hereditat bei den essentiellen Hypcrtonien enviesen, und die Literatur ist reich an individuellen Observationen und kleineren Statistiken die dieselben Umstande beleuchten. (R. Ehrstrom, Fishbcrg und Williams in Cowdry’s Arteriosclerosis, New York 1933).

Auf der Basis der Arbeiten von Wezler & Biigcr und ihrer Schule ist es moglich Vermutungen dariiber zu aussern, worin das vererbbare konstitutionelle Moment liegen konnte. Nach diesen Forschern maeht die essenticlle Hypertonie h e n Elastizitats- hochdruck aus, zu welchem spater ein renal bedingte Widerstands- hochdruckskomponent hinzukommt. Der Elastizitatshochdruck beruht auf ciner iinzulanglichen Elastizitat bei den Arterien, be- dingt entweder durch organische Veranderungen in der Gefass- wand wie bei Arteriesklerose, oder durch eine funktionelle Insuffi- zienz in den glat ten Artcriemuskeln. Das erbliche konsfitutionelle Moment sollfe also in einer ongeborenen Elastizitatsinsuffisimz bei den Arterien beslehen .

Jedoch ist es sehr wichtig, dass man sich nicht mit dem Aus- druck HElastizitaIsinsuffizienz bei den Arterieno begniigt. Der Ausdruck an sich selbst erklart nicht, worauf diese gestorte Arterie- muskelfunktion bwuht. Man kann sich eine primare, angeborene Minderwertigkeit im Bau dcr Artcriemuskeln vorstellen, man kann aber auch an eine sekundare Einwirkung auf die Arteric durch pri- mare, angeborene Storungen in der Nutrition oder Innervation der Arteriemuskel denken.

Das konsfitutionelle Moment konnte mit anderen Worten auch aus- serhalb der Arterien gesucht werden, in den Organen, die die Funk- lionen der Blulgefdsse regulieren. Zunachst kame das zentrale und vegetative Nervensysteni in Betracht.

Die friihesten !jymptome bei essentieller Hypertonie haben oft eine grosse Ahnlichkeit mit den Psychoneurosen, und zu dem ent- wickelten klinisehrn Bilde gehort eine eigenartige psychishe Affekt- spannung und Irritabilitat. (Hiseman, Weiss, Ayman, I’ratt, R. Ehrstrom). Iler Bliitdruck wird leicht beeinflusst durch Affekte und steigt oft ansehnlich durch Angst, Unruhe, Schrecken, Zorn u.dgl. Von ihrer Umgehung werden die Hypertoniker oft als *dyna-

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mischs, ntemperamentvoll)), ))Raufdegenu, bezcichnet, ohne Ver- mogen zu psychischer Abspannung. Diese psychischen Symptome sind gedeutet worden, teils als eine Folge von der Blutdruckssteigerung, teils als Ausdriicke fur eben solche Konstitutionsanomalien, die mit einer Hypertonie gleiehgestellt worden sind oder der Ent- wickelung derselben zu Grundc liegen.

Gleichfalls hat man die Erfahrung gemaeht, dass emotionelle Einfliisse starker auf den normalen Blutdruck bei solchen Per- sonen einwirken, die eine neurotische Psyche und Labilitat in dem vegetativen Nervensystem haben, als auf normale Personen. Diese Tatsache hat man als einen Reweis fur cine Hypertoniebereitschaft gedeutet, die durch cine Konstitutionsanomalie bedingt ist.

Untersuchungen iiber das Vorkommen von blutdruckregulie- renden Zentren im Gehirn machen es moglich, auch iiber die Art dieses konstitutionellen Moments eine Vermutung auszusprechen.

Sowohl tierexperimentell als auch klinisch ist es zu erweisen gelungen, dass es ausser dcm Vasomotorzentrum in medulla oblon- gata auch blutdruckregulierende Zentra in diencephalon gibt. Durch direkte elektrische oder mechanische Reizung hat man diese zu der Umgebung der hinteren Wand des dritten Ventrikels und zu den hinteren und lateralen Teilen des hypothalamus lokalisiert (bei Veil & Sturm: Kahler, Karplus, Bogaert-Jaegher, Stavraky, Has u.a.) Auch die medialste vorderste Partie des globus pallidum scheint mit engagiert (Leinidiirfer). Weil nennt FIIle von Hyper- tonie bei Poliomyelitis mit Veriinderungen in hypothalamus, Weltman hat einen Fall von Hypertonie nach einem Hevolver- schuss durch die Partie dcs nucleus caudatus beschriebcn, und bekannt sind Falle mit Hypertonie bei den s.g. Penfieldschen dien- cephalen Epilepsien, die auf Affektionen im Mittelgehirn beruhen. Zu den diencephalen Hypertonien werden auch die Blutdrucks- steigerungen bei Postencephaliten, bei Bleivergjftung und bei CO- Vergiftung gerechnet. Ein Menschenexperiment wurde von Ras- mussen & Gardner ausgefuhrt, die einen 46-jahrigen Mann operier- ten, weil sic einen Gehirntumor vermuteten. Der Patient hatte einen fixierten Blutdruek von 200/130 mm. Kein Gehirntumor wurde gefunden, aber bei der Operation w r d e der Hypophysis- stengel durchschnitten. Naeh dem Eingriff sank der Blutdruck zu 110/75 und blieb unverandert. Bei einer vie1 spater ausgefiihrten Obduktion wurden bilateral in nucleus opticus des hypothalamus

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ein Zellenverlust und in dem vorderen Lappen der Hypophysis fibrose Herde gefunden.

Die Blutdruckssteigerung, die bei Gchirnanamie und ver- mehrten intrakranidlem Druck errcicht wird, wie bei Kaolininjek- tionen in cisterna cerebellomedularis, bei sukzessiver Ligatur der Blutgcfasse des Gehirns, bei intraventrikularen Injektionen von Histamin, Pitressin, Pilocarpin, Vasopressin u.dgl. (Dixon & Heller, Cushing), bei gewisscn Gehirntumoren u.s.w., kann natur- lich auf dem Einfliiss auf die Medulla beruhen, es ist aber hierbei von Bedeutung, dass Freeman & Jeffers erwiesen haben, dass eine solehe Blutdruckssteigerung nach doppelseitiger Extirpation des ganglion stellatum ausbleibt, d.h. cin solcher Hochdruck beruht auf der Intaktheit bei dem sympatischen Nervensystem.

Dime und gleichartige (des Raumes wegen nicht rcferierte) Untersuchungen haben Veil & Sturm dazu veranlasst, sich recht kategorisch tiber die PatogeneFe der Hypertonie zu aussern. Nach ihnen gibt es nur zwei Formen von Hypertonie,

die primar-dienccphale Hypertonie durch anlagenbedingte Organminderwertigkeit (essentiellc, essenticll-juvenile, konstitu- tionell-familiare) oder durch unmittelbaren Schaden in diesem Gehirnteil: (Trauma, Encephalitis, CO-Vergiftung u.s.w.),

die sekundar-diencephale Hypertonie, ausgeliist durch zentri- petale Einfliissc auf hypothalamus.

Wenn auch eirie solche Definition ubers Ziel hinauszuschiessen scheint, bedeutet dieselbe doch, dass man das Rechf hat, mit einer blutdruckregulierenden Einwirkung auf die Gehirnteile zu rechnen, die teils mit dem Ljegetativen Nervemystem und teils mit dem Affekf- leben in intimer Verbindung stehen, und dass folglich eine vererbte Organminderwertigkeit in diesen Gehirnteilen eines von den konstitu- tionellen Momenten ausmachen konnie, die fur Hyperionie disponie- ren .

Die Forschung hat also gute Grunde fur die Annahme hervorge- bracht, dass die Konstitution bei der Entwicklung der Hypertonie eine dominierende Rolle spielt. Geschlecht- und Zwillingunter- suchungen haben es wahrscheinlich gemaeht, dass die Vererbung der Hypertoniebcreitschaft recht dominant ist. In Betracht der Gewohnlichkeit der Hypertonie hat man Ursache anzunehmen, dass es eine sehr grosse Anzahl von Individuen gibf, die latente Hyper-

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h i k e r sind. Inwiefern eine Hypertonie bei ihnen manifest wjrd, beruht in grossem Umfange auf exogenen Faktorcn.

Die Zusammenwirkung endogener und exogener Fnktoren bei der Entstehung der Hypertonie ist von vielen Forschern hervor- gehoben worden. SO betont es z.B. Ask-Upmark, dass man auch bei den renalen Hypertonien bei Pyelonephriten, Cystnieren und Hydronephrosen einen konstitutionellen Faktor annehmen soll. Die hlehrzahl von diesen Fallen bekommen keine Hypertonie, sondern dieselbe setzt wahrscheinlich neben dem renalen Schaden- faktor auch eine besondere konstitutionelle Reschaffenheit bei dem Gefassystem voraus.

Psgchische Faktoren als exogcne Momente werden von Fish- berg eingchend diskutiert. Er referiert einen von 0. Mueller beschrie- benen I'all in welchem der Druck bei einem blanne im Zusammen- hange mit grossen psyschischen Schwierigkeiten zu 280 mni stieg und von alarmierenden Nierensymptomen und Lungenoedem be- glcitet wurde. Nachdem die Schwierigkeiten beseitigt worden waren, sank der I h c k zu 130 mm und blieb clabei mchrcre Jahre darauf. - Intellektiielle Arbcit, die mit Lust oder Unlust ver- bunden ist, gespannte affektivc Aufmerksamkeit u.dg1. rufen cine Blutdruckssteigerung hervor (Rickel, Stieglitz), wahrend z.B. das Schachspiel keinen zolchen Effekt hat (Fischer). Menninger ist der Ansicht, dass Affekte wie Zorn und Schrecken fur das hlanifestieren der Hypertonic eine Rolle spielen. Unter primitiven Negern in Afrika ist IIypertonic sehr seltcn, wihrend die Neger in den Ver- cinigten Staaten in grossem Umfange an diesem Uebel leiden. Auch bei den Chinsesen und anderen orientalischen Volkern ist Myper- tonic ungewolinlich, und ilir normaler Blutdruck ist niedrjger als unserer. Fishberg aussert schliesslich: ))Undoubtedly, protracted or often repeated mental or emotional strains play an important role in the evolution of many instances of essential hypertension. Does the stress and strain of modern life tend to precipitate hyper- tension in predisposed individuals through an effect on the central or synipathetic nervous systems or on the endocrine glands?))

Endochrine Verruckungen sind nur in Ausnahrnsfallen die pri- mare Ursache zu Hypertonie, aber konnen als exogene Faktoren bei disponiertem Individucn gleichfalls zur Entwicklung eincr I Iy- pertonie beitragen. I Iierbei ist zu bcachten, dass horrronale und zentralnerv6se oder vegetative Storungen so intim verbunden sind,

P S Y C H 0 GENE B L J T D R U C KSSTE I C E R U N G K R I E C S 1I Y P E RT 0 N I E N . 565

dass eine Unterscheidung unsicher sein kann. Vie1 Arbeit ist auf Untersuchungen iiber die Hollc der Adrenalin verwendet worden, aber auch die empfindlichsten Methoden solchc wie I-Iuelse’s, die in einer Verdunnung 1: ‘700,000,000 Adrenalin aufweisen, habcn keine Hyperadrenalinamie bei Hypertonie aufweisen konnen. Dagcgen hat Kalaja eine gewisse Hyperadrenalinamie bei Neurosen zu finden geglaubt, - ein Fund, der, wenn er verifiziert wiirde, fur das Verstandnis der emotionellen Hypertonie Bedcutung haben konnte.

Auf welche Weise das vegetative Nervensysten, als ei n exogenes Moment wirkt, ist weniger klar. Durch Prinzmetal & Wilson’s Arbeiten weiss man, dass es wenigstens bei essentieller Hypertonie keine sympathikoton bedingte Vasokonstriktion vorliegt. Die gemeinsame Lokali <a tio n der veget a t ivcn u nd blu t druckregu lie- renden Zentren in diencephalon sowie die klinische Erfahrung machen es jedoch wahrscheinlich, dass die vegctativen Momente bei Hypertonie aui irgend eine Weise den Zentralnervijsen und psychischen Faktoren beigeordnet sind. Ein schwer erklarlicher circulus vitiosus-Mcchanismus macht sich wahrscheinlich geltend. Einen interessanten Einblick hierbei gibt eine Arbeit von Sarre. Mit Boger-Wezlers Technik studiert er die Einwirkung von starken vasodilatatorischen Faktoren (Acctylcholin, kiinstliches Fieber) auf Falle von maligneni Nephrosklerose. Die Vasodilatation senkte stark den peripheren Widerstand, aber der Blutdruck sank gar kaum, dadurch dass das Schlag- und Minutvolumen stieg. Die Widerstandshypertonie ging also in Minutvolumenhochdruck iiber. Sarre spricht von nErfordernishochdruck)). Der Druck muss auf- rechterhalten werdcn, um die Durchblutung des Gehirns zu wahren. Es handelt sich also um eine Dysregulation des ganzen Kreislaufes, mit einer zentraleri Einregulicrung auf dem pathologischen Blut- drucksniveau. Zu der Gruppe von vegctativ-nervosen Storungen kijnnen auch gewisse Falle von neurozirkulatorischer Asthenie gerechnet werden. 13ei dieser Syndrome ist ein labiler, oft gesteiger- ter Blutdruck ein gewohnliches Symptom (White, Thomas, €3. C . Christensen, Lewis u.a.). In einer noch nicht publizierten Arbeit hat hdlercreutz solche Falle einer genaueren Analyse unterzogen, und Reindell & Bayer haben dieselbe Frage beriihrt. Die letztge- nannten Verfasser zeigen, wie gewohnlich Labilitat im Blutdruck, wechselnde Blutdrucksamplitude und Hochdruck bei vcgetativer Hyperirritabilitat und bei hormonalen Storungen sind.

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Schliesslich kommen als exogene Momente Infektionen und SfoffwechseIsforungen in Betracht. Veil und Sturm samt Mitarbeiter haben die lokale Infektion und die rheumatische Gewebesensibill sicrung besonders betonen wollen, besonders in Kombination mit cndochrinen Korrelationsstorungen. 1918 lenkte H. Ehrstrom die Aufmerksamkeit auf lues als auslosendeUrsache bei Nephrosklerose. 1)as Problem enthalt manche schwere und vieldeutige Fragen. Man diirfte es als wahrscheinlich ansehen konnen, dass Infektionen als auslosende Momente bei der Entstehung der Hypertonie wirken konnen, aber der Mechanismus hierbei ist dunkel. Veil & Sturm glauben an zentripetale Einwirkungen auf hypothalamus, aber es ist nicht unmoglich, an cine direkte Einwirkung auf die Gefasse zu denkcn, teils in Form von organischen Verandcrungen - Arte- riten -, teils in Form von funktionellen, chemisch bedingten Stii- rungen in der Arteriemuskel. Aof dieselbe Weise diirften Storungen im Stoffwechsel wirken konnen. Zu beachten sind verschiedene neurozirkulatorische StBrungen wahrend der Konvaleszenz nach Infektionen und bei Nutritionsverriickungen.

Nach unserer gegenwartigen huffassung von dcr Atiologie der essentiellen Hypertonie entsteht also diese Krankheit, wenn exo- gene Faktoren mit einem endogenen konstitutionellen Moment zusammenwirken, nach der Formel Morbus = f (constitutio + con- ditio) (causae exogenae).

In meinen Fallen darf man als einen exogcnen Faktor nenig- stens das emotionelle Moment, - die psychische Spannung rech- wn. In welchem Masse Infektionen mitwirken, kann mangels ge- niigend erschopfender anamnestischer A'ngaben nicht festgestellt werden. Primar wirkende endochrine, kardiovaskulare und renale Faktoren konnen mit grosser Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Inwiefern man Stoffwechselstorungen infolge der ver- anderten Nahrungsverhaltnisse wahrend des Krieges in Betracht nehmen SOH, kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden, es scheint aber unwahrscheinlich, wenn man bedenkt dass es schon unter dem Soldatenmaterial aus der Zeit des Friedens cine vermehrte Anzahl IIochdrucke auftrat.

Als ein endogenes konstitutionelles Moment kommt eine funk- tionelk Minderwertigkeit in den Arterien in Betracht, entweder primar oder bedingt durch konstitutionelle zentralnervose Ano- malien, die psychischer und vegetativer Labilitat beigcordnet sind.

P S Y C H O G E ~ E BLUTDRUCRSSTEIGERUNC KRIECSHYPERTOFIEN. 567

Es ist wahrscheinlich, dass ein schwer analysierbarer circulus vitio- sus - Mechanismus zwischen endogenen und exogenen Faktoren sich geltend machl.

Der Wunsch, die Falle in ein System eingeordnet zu haben, konnte folgenderniassen erfiillt werden:

Die Iiypertonien sind enfstanden durch Zusammenwirkung zwischen exogenen (emotionelle Einfliisse, Infektionen? Nahrungs- verhaltnisse?) und endogenen (konsfiiufionelle Anomalien in Blut- gefassen oder in dem zentralen und vegelativen Nerven.sysfem) Fak- toren. In vereinzelfen Fallen ist ein renaler Faktor hinzugefrefen. Die Art und der VerlaLrf des Falles (zufiillige Blufdruckssteigerung, ver- liingerte und langwierige Hyperfonie) sind abhiingig van der Starke dieser Faktoren, so dass bei konsfanfen ausseren Ursachen ein star- keres konstifutionellm Moment die Hypertonie zu prolongieren und zu steigern fendiert und vice versa. Weil essentielle Hypertonie eine so allgemeine Krankhcif ist, durfte heredifiir bedingfe Hyperfoniebe- reitschafi (= latente Hypertonie) recht gewohnlich sein. Die exogenen Faktoren diirffen eicen reichen Nahrboden finden.

Die Versuche, den Entstehungsmechanismus bei diesen Hyper- tonicn eingehender zu analysieren, fiihren auf die Gebiete un- sicherer Hypothesen. Wenn auch dessen bewusst, mag es doch er- laubt sein, gewisse Vermutungen auszusprechen. Es lasst sich denken, dass dieser Mechanismus demjenigen gleichen konnte, der vermutlich der Entstehung von einigen Neurosen von hysterischem Typus und der Schizophrenie zu Grundc liegt. Bei diesen sieht man eine Zersplittwung des Seelenlebens mit Verselbstandigung und Automatisierurig von dessen Teilfunktionen. Die Hyperto- nien mit ihren psychishen und vegetativen Ilinschlagen diirften auch als ein Ausdruck gelten fur eine Zersplitterung des harmo- nischen Ganzen, das unter normalen Zustanden diesen Komplex von Funktionen charakterisiert. In den Leitungen von cortex iiber diencephalon und die Medulla zur Peripherie sind Unter- brechungen und eine Steigerung der Autonomie der einzelnen sSta- tionen)) entstanden.

Schliesslich einige Worte iiber die Prognose. Die Observations- zeit ist noch zu kurz um ein sicheres Urteil zu erlauben. Die Falle mit Organveranderungen erweisen, dass die Prognose a priori nicht gut ist. Die ganz fliichtigen Blutdruckssteigerungen in der grossen Mehrzahl Falle scheinen reeht unschuldig zu sein. An

568 M. cri. E H R S T R O M .

schwierigsten ist es solche Falle zu beurteilen, wo cine prolongierte Blutdruckssteigerung vorhanden ist, aber ohne Organverander- ungen. Diese Falle konnen nur nach einer langeren Observations- zeit beurteilt werden, und die endgultige Prognose wird erst ge- stellt, nachdem die exogenen Faktoren zu wirken aufgehort haben, d.h. nach beendigtem Kriegsdienst. Nachuntersuehungen in dicser Richtung sind von med. cand. K. Nevanlinna angefangen worden. Man kann sich wohl vorstellen, dass das besttindige Hammern des vermehrten Blutdruckes an die Gefasswande zu organischen Ver- Bnderungen und durch das Schlicssen eines circulus vitiosus zu vermehrter Hypertonie fuhren konnte. Miigliclierweise werden here- ditar-konstitutionelle Faktoren sich hierbei entscheidend erweisen. Bemerkenswert ist der Umstand, dass es beim Kaolinhochdruck trotz langwieriger Hypertonie ' keine Herzvergrosserung sich ent- wickclt.

Summary.

The niaterial consisted of 3000 persons, men and women he- tween the ages of 20 and 35. 900 of these were controlled cases from peacetime, 1937--1938, 725 were civilians, 200 women in warser- vice, and 2075, soldiers. In 1300 cases the blood pressure was mea- sured once only, in 1700 cases the time of observation was longer from - a few days to a year and a half.

I t appeared tha t a t the first measurement of the blood pressure (high pressure ;-; 150 millirrietres Hg,) occurred in 3.25 per cent of the civilian patients in hospital during pcace-time, in 10.5 per cent of the military patients in peacetime, in 9.3 per cent of the soldiers and in personnel serving behind the lines, in 23.0 per cent of the soldiers in the front lines, in 28.0 per cent of the soldiers from the front lines admitted into hospital, and in 49.5 per cent of mentally and vegetatively labile soldiers in the front lines. According to these percentages the average figures for the blood pressure in the various groups were 123 mm, 126 mm, 133 mm, 129 mm, 136 mm and 148 mm. The mentally and vegetatively labile persons were more disposed to reactions with emotional rise in blood pressure in civil as well as military conditions.

In the case of soldiers, during the war, 46 pressures (= 2.7 per cent) between 180 and 225 mi11 were measured. When the systolic

P S l C l l O C E N E B L ~ ' T D R U C K S S T E 1 C E R U N G K R I E C S l i Y P E R T O N I E N . 569 - - . pressure was high, the diastolic pressurewas also high in more than 50 per cent of the cases.

In 14 per cent of the soldiers in field-hospitals -time of obser- vation 4 days to some weeks - a blood pressure which did not fall bc>low 150 mm during the time of observation was noted. In 5 per cent of the soldiers in the front lines a pressure 5: 150 mm was observed a t repeated determinations. In the remaining groups the correponding pcrccntages were 1.0-1.8.

No organic changes were found in these cases, but in those under observation for some time - up to one year and a half - there were cases with changes in the electrocardiogram, disturbances in the functions of the kidneys, and hypertensive changes in the funda- ments of the eye.

The high-pressure cases are considered to be hypertensions, in which precipitating and developing exogeneous factors (the mental strain of war conditions, possibly also infections and metabolic factors) co-operate with constitutional factors (hereditary abnor- mities of the functions of the arteries and in the central and vege- tative nervous SJ stern).

Literaturverzeichnis

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