PUVA-induzierte akrobullöse Dermatose

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FARBBILDKASUISTIK Hautarzt (1996) 47: 465–468 C Springer-Verlag 1996 Zusammenfassung Die akrobullöse PUVA-induzierte Dermatose ist durch das Auftreten von Blasen im Bereich der Akren im fortgeschrittenen Stadium einer PUVA-Therapie gekennzeichnet. Pathophysiologisch dürfte eine im Verlauf der Behandlung obligat auftretende Beeinträchtigung der dermoepidermalen Kohärenz zu- grundeliegen, die durch mechani- sche Belastung in Form praller Blasen klinisch manifest wird. Die akrobullöse Photodermatose ist differentialdiagnostisch von pho- totoxischen Reaktionen abzugren- zen, die infolge zu hoher UVA-Be- strahlung oder zu hoher Psoralen- konzentrationen auftreten. An- hand zweier Fälle wird die Klinik, Pathophysiologie und Differential- diagnose dieses Krankheitsbildes dargestellt. Schlüsselwörter PUVA – Blasenbildung – Junktio- nale Epidermolyse Nebenwir- kungen – Phototoxizität PUVA-induzierte akrobullöse Dermatose Stephan Grabbe, Bärbel Schütte, Leena Bruckner-Tuderman und Thomas Schwarz Klinik und Poliklinik für Hautkrankheiten (Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. T.A. Luger) der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster Blasige Eruptionen zählen zu den häufigsten unerwünschten Nebenwir- kungen einer PUVA-Therapie [5]. In den meisten Fällen ist eine erhöhte Phototoxizität für die Blasenbildung verantwortlich, bedingt durch eine zu hohe UVA-Dosis bzw. durch zu hohe Psoralenkonzentrationen oder durch Interaktionen mit anderen gleichzeitig verabreichten photoreagiblen Medi- kamenten [4, 5]. Ein ganz anderer pa- thogenetischer Mechanismus dürfte der PUVA-induzierten akrobullösen Photodermatose zugrunde liegen. Dieses Krankheitsbild ist durch kleine bis mittelgroße, nicht schmerzhafte, zum Teil hämorrhagisch tingierte Bla- sen gekennzeichnet, die vorzugsweise an den Akren lokalisiert sind [3, 7, 12]. Es besteht keine Assoziation mit der Intensität des PUVA-induzierten Erythems bzw. einer Dermatitis sola- ris. Es wurde hingegen beobachtet, daß die Häufigkeit der Blasenbildung mit zunehmender kumulativer UVA- Dosis und der Gesamtzahl der Be- strahlungen steigt [7]. Eine durch die PUVA-Bestrahlung herabgesetzte Adhäsion im Bereich der dermoepi- dermalen Junktionszone scheint pa- thophysiologisch von Bedeutung zu sein, was auch die Prädilektionsstel- len an den mechanisch belasteten Körperpartien erklärt [8]. Aufgrund dieses Pathomechanismus erscheint daher eine Unterbrechung der PUVA- Therapie zumindest bei milden For- men der akrobullösen Dermatose nicht gerechtfertigt. Da das Auftreten von Blasen im Rahmen einer PUVA- Therapie vom Laien in den meisten Fällen als Folge einer zu intensiven Bestrahlung und somit einer Fehlbe- handlung angesehen wird, erscheint die Kenntnis des Krankheitsbildes der PUVA-induzierten akrobullösen Pho- todermatose nicht nur von prakti- schem, sondern auch von forensi- schem Interesse. Fallbericht Fall 1 Der 58jährige Patient zeigte klinisch und hi- stologisch das typische Bild einer seit meh- reren Jahren bestehenden, aber bislang nicht therapierten Parapsoriasis d’emble ´e. Es wurde eine PUVA-Therapie mit 0,6mgykg KG 8-Methoxypsoralen per os, beginnend mit 0,25 Jycm 2 UVA unter langsamer Dosis- steigerung zunächst 4mal wöchentlich, spä- ter 3mal wöchentlich durchgeführt. Der Pa- tient (Typ II nach Fitzpatrick) zeigte eine normale UVA- und UVB-Empfindlichkeit sowie unauffällige Befunde bei der Photo- patch-Testung (Standardreihe der AG Photo- patch-Testung der DDG) und bei Provoka- tionstestungen nach Lehmann et al. [9]. Ca. 8 Monate nach Therapiebeginn (ca. 100 PU- VA-Bestrahlungen, kumulative Dosis: 220 Jycm 2 ) traten nach einer Bestrahlung mit 4 Jycm 2 subjektiv symptomlose bis zu mark- stückgroße Blasen im Inguinalbereich sowie in den Fingerzwischenräumen auf (Abb. 1). Die Blasen entstanden auf normaler, mittel- stark pigmentierter Haut ohne Anzeichen ei- ner Entzündungsreaktion. Diese heilten spontan innerhalb weniger Tage ohne Unter- brechung der PUVA-Therapie ab, weitere Dr. St. Grabbe, Universitäts-Hautklinik, Von-Esmarch-Straße 56, D-48149 Münster 465

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F A R B B I L D K A S U I S T I K

Hautarzt (1996) 47: 465–468C Springer-Verlag 1996Zusammenfassung

Die akrobullöse PUVA-induzierteDermatose ist durch das Auftretenvon Blasen im Bereich der Akrenim fortgeschrittenen Stadium einerPUVA-Therapie gekennzeichnet.Pathophysiologisch dürfte eine imVerlauf der Behandlung obligatauftretende Beeinträchtigung derdermoepidermalen Kohärenz zu-grundeliegen, die durch mechani-sche Belastung in Form prallerBlasen klinisch manifest wird. Dieakrobullöse Photodermatose istdifferentialdiagnostisch von pho-totoxischen Reaktionen abzugren-zen, die infolge zu hoher UVA-Be-strahlung oder zu hoher Psoralen-konzentrationen auftreten. An-hand zweier Fälle wird die Klinik,Pathophysiologie und Differential-diagnose dieses Krankheitsbildesdargestellt.

Schlüsselwörter

PUVA – Blasenbildung – Junktio-nale Epidermolyse – Nebenwir-kungen – Phototoxizität

PUVA-induzierte akrobullöseDermatose

Stephan Grabbe, Bärbel Schütte, Leena Bruckner-Tudermanund Thomas SchwarzKlinik und Poliklinik für Hautkrankheiten(Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. T.A. Luger)der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster

Blasige Eruptionen zählen zu denhäufigsten unerwünschten Nebenwir-kungen einer PUVA-Therapie [5]. Inden meisten Fällen ist eine erhöhtePhototoxizität für die Blasenbildungverantwortlich, bedingt durch eine zuhohe UVA-Dosis bzw. durch zu hohePsoralenkonzentrationen oder durchInteraktionen mit anderen gleichzeitigverabreichten photoreagiblen Medi-kamenten [4, 5]. Ein ganz anderer pa-thogenetischer Mechanismus dürfteder PUVA-induzierten akrobullösenPhotodermatose zugrunde liegen.Dieses Krankheitsbild ist durch kleinebis mittelgroße, nicht schmerzhafte,zum Teil hämorrhagisch tingierte Bla-sen gekennzeichnet, die vorzugsweisean den Akren lokalisiert sind [3, 7,12]. Es besteht keine Assoziation mitder Intensität des PUVA-induziertenErythems bzw. einer Dermatitis sola-ris. Es wurde hingegen beobachtet,daß die Häufigkeit der Blasenbildungmit zunehmender kumulativer UVA-Dosis und der Gesamtzahl der Be-strahlungen steigt [7]. Eine durch diePUVA-Bestrahlung herabgesetzteAdhäsion im Bereich der dermoepi-dermalen Junktionszone scheint pa-thophysiologisch von Bedeutung zusein, was auch die Prädilektionsstel-len an den mechanisch belastetenKörperpartien erklärt [8]. Aufgrunddieses Pathomechanismus erscheintdaher eine Unterbrechung der PUVA-Therapie zumindest bei milden For-

men der akrobullösen Dermatosenicht gerechtfertigt. Da das Auftretenvon Blasen im Rahmen einer PUVA-Therapie vom Laien in den meistenFällen als Folge einer zu intensivenBestrahlung und somit einer Fehlbe-handlung angesehen wird, erscheintdie Kenntnis des Krankheitsbildes derPUVA-induzierten akrobullösen Pho-todermatose nicht nur von prakti-schem, sondern auch von forensi-schem Interesse.

Fallbericht

Fall 1

Der 58jährige Patient zeigte klinisch und hi-stologisch das typische Bild einer seit meh-reren Jahren bestehenden, aber bislang nichttherapierten Parapsoriasis d’emblee. Eswurde eine PUVA-Therapie mit 0,6 mgykgKG 8-Methoxypsoralen per os, beginnendmit 0,25 Jycm2 UVA unter langsamer Dosis-steigerung zunächst 4mal wöchentlich, spä-ter 3mal wöchentlich durchgeführt. Der Pa-tient (Typ II nach Fitzpatrick) zeigte einenormale UVA- und UVB-Empfindlichkeitsowie unauffällige Befunde bei der Photo-patch-Testung (Standardreihe der AG Photo-patch-Testung der DDG) und bei Provoka-tionstestungen nach Lehmann et al. [9]. Ca.8 Monate nach Therapiebeginn (ca. 100 PU-VA-Bestrahlungen, kumulative Dosis: 220Jycm2) traten nach einer Bestrahlung mit 4Jycm2 subjektiv symptomlose bis zu mark-stückgroße Blasen im Inguinalbereich sowiein den Fingerzwischenräumen auf (Abb. 1).Die Blasen entstanden auf normaler, mittel-stark pigmentierter Haut ohne Anzeichen ei-ner Entzündungsreaktion. Diese heiltenspontan innerhalb weniger Tage ohne Unter-brechung der PUVA-Therapie ab, weitere

Dr. St. Grabbe, Universitäts-Hautklinik,Von-Esmarch-Straße 56, D-48149 Münster

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Histologie (Blasenrand).Die diskret akan-thotische und orthokeratotisch verhornendeEpidermis weist fokal Keratinozyten mit ver-größertem Zytoplasma, aber gut erkennba-ren Interzellularbrücken auf. Vereinzelt zei-gen sich “Sunburn-cells”, wie sie typischer-weise nach längerer PUVA-Bestrahlung ge-funden werden [2, 5] sowie im Stratum basa-le focal eine hydropische Degeneration.Seitlich ist die gesamte Epidermis vollstän-dig von der erheblich ödematösen Dermisabgelöst (Abb. 3). Das Blasenlumen ist zell-frei, insbesondere keine akantholytischenZellen bzw. eosinophile Granulozyten, nurstellenweise Kerntrümmer und Reste vonneutrophilen Granulozyten. Im Papillarkör-per sieht man einzelne dilatierte Gefäße undzum Teil Erythrozytenextravasate, ein ent-zündliches Infiltrat fehlt jedoch.

Immunfluoreszenz.Direkte Immunfluores-zenz (Anti-IgG, Anti-IgA, Anti-IgM, Anti-C3 und Anti-Fibrinogen) aus läsionaler undperiläsionaler Haut negativ, ebenso die indi-rekte Immunfluoreszenz. Immunfluoreszenzmit Antibasalmembran-Antikörpern (Abb.5): Immunfluoreszenzfärbung einer Blasemit Antikörpern gegen bullöses Pemphigo-id-Antigen 1 (a), Kollagen IV (b) und Kolla-gen VII (c). Die Konstellation mit bullösemPemphigoid-Antigen 1 am Blasendach undder beiden Kollagene am Blasenboden

Hautarzt (1996) 47: 465–468 Springer-Verlag 1996

PUVA-induced acrobullous dermatosis

St. Grabbe, B. Schütte, L. Bruckner-Tuderman and Th. Schwarz

Summary

PUVA-induced acrobullous derma-tosis is characterized by the occur-rence of blisters on the acral extrem-ities during PUVA therapy. Thetense blisters apparently arise as aresult of PUVA damage to the epi-dermodermal cohesion coupled withfriction or trauma. They must be dis-tinguished from phototoxic reac-tions induced either by UVA over-

dosage or excessive psoralen uptake.We report on, two cases of acrobul-lous PUVA-induced dermatosis, dis-cussing clinical features, pathophys-iological aspects and differential di-agnosis.

Key words

PUVA – Blister formation – Junc-tional epidermolysis – Side effects –Phototoxicity

Veränderungen traten zunächst nicht auf.Nach mehrtägiger intensiver mechanischerBelastung, insbesondere durch das Tragenvon Arbeitsschuhwerk, entwickelten sich je-doch großflächige Bullae vor allem im Be-reich beider Vorfüße und einzelner Zehen(Abb. 2). Diese waren erneut subjektiv sym-

ptomlos und standen auf klinisch nicht ent-zündeter Haut. Anamnestisch bestanden kei-ne Hinweise auf das Vorliegen einer photoal-lergischen oder fixen bullösen Arzneimittel-reaktion. Die Routinelaborparameter insbe-sondere Porphyrinbestimmungen waren un-auffällig.

Abb. 1. PUVA-induzierte akro-bullöse Dermatose. Blasenbil-dung. Pralle Blase im lateralenBereich des 3. Fingers links

Abb. 2. PUVA-induzierte akro-bullöse Dermatose. Pralle Bla-se nach mechanischer Bela-stung, Ausdehnung nahezuüber den gesamten Vorfußbe-reich. Keine Zeichen einesErythems

Abb. 3. PUVA-induzierte akro-bullöse Dermatose. Leicht hy-dropische Degeneration derKeratinozyten des Stratum ba-sale sowie Ablösung der ge-samten Epidermis im lateralenBereich (HE,340)

Abb. 4. PUVA-induzierte akro-bullöse Dermatose. Pralle Bla-sen auf den Zehen dorsalseitsohne Zeichen eines Erythems

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strahlung (kumulative UVA-Dosis: 70 Jycm2) entstanden erstmals kleine pralle Bla-sen an den Zehen beidseits auf klinisch deut-lich pigmentierter Haut ohne Anzeichen ei-ner Dermatitis solaris oder eines verstärktenPUVA-Erythems (Abb. 4). Es bestanden kei-nerlei anamnestische Hinweise auf das Vor-liegen einer phototoxischen bzw. photoaller-gischen Reaktion oder auf eine medikamen-töse Induktion der Blasenbildung. Die Bla-sen heilten bei fortgesetzer PUVA-Therapiekomplikationslos innerhalb einer Woche ab,ohne daß eine Reduktion der UVA-Dosis not-wendig wurde. Therapeutisch wurde der Pa-tientin lediglich geraten, enges Schuhwerkund längere Fußmärsche zu meiden.

Besprechung

Die PUVA-induzierte akrobullöseDermatose wurde auch unter den Be-griffen lokalisierte Blasen bei Photo-chemotherapie bzw. „PUVA-inducedblisters“ schon bald nach dem Beginndes routinemäßigen Einsatzes der PU-VA-Therapie als Nebenwirkung die-ser Behandlungsform erkannt [7, 8,10–12]. Es gibt allerdings nur wenigBerichte in der Literatur über diesesKrankheitsbild, was vielleicht daraufzurückzuführen ist, daß in den mei-sten Fällen das Auftreten von Blasenim Rahmen einer PUVA-Therapie au-tomatisch auf eine Überdosierung zu-rückgeführt wird und deshalb wenigberichtenswert erscheint. Die Angabehingegen, daß spontan auftretendeBlasen an den Akren bei bis zu 10%aller PUVA-Patienten zu beobachtensind [13], können wir allerdings auf-grund unseres eigenen Patientengutesnicht nachvollziehen und halten diesedoch für zu hoch bemessen. Gegendas Vorliegen einer phototoxischenReaktion bei der PUVA-induziertenakrobullösen Dermatose spricht dasfehlende PUVA-Erythem, das bei bul-lösen phototoxischen Reaktionen ob-ligat vorhanden ist. Darüberhinausgeht diese mit einem beträchtlichenentzündlichen Infiltrat einher, dieEpidermis erscheint über weite Teilenekrotisch. Phototoxische Reaktionentreten bei der PUVA-Therapie vor al-lem in der Initialphase auf, bei der dieUVA-Dosis entsprechend gesteigertwird, was natürlich die Möglichkeiteiner Überdosierung inkludiert. Dieakrobullöse Photodermatose tritt hin-gegen oft erst 4 Wochen oder nochspäter nach PUVA-Beginn auf, sehr

häufig auch in einer Phase, in der derPatient seine Erhaltungsdosis bereitserreicht hat und eine Steigerung derUV-Dosis nicht mehr erfolgt. Dieswar auch bei unseren Patienten zu be-obachten, bei denen die bullösenEruptionen erst nach acht bzw. einemMonat nach PUVA Beginn auftraten,bei einer Einzeldosis von 4 bzw. 6 Jycm2, die die Patienten zuvor problem-los vertragen hatten. Auch eine Erhö-hung der Psoralendosis oder diegleichzeitige Einnahme eines zusätz-lichen phototoxischen Medikamenteslag nicht vor. Es scheint daher bei derEntstehung der akrobullösen PUVA-Dermatose vielmehr die kumulativeals die Einzeldosis eine Rolle zu spie-len.

Wichtige Untersuchungen vonHeidbreder et al. [8] und Friedmannet al. [3] zeigen, daß es nach PUVA-Bestrahlung generell zu einer Vermin-derung der dermoepidermalen Adhä-sion kommt. Dies konnte aufgrund derInduktion von Saugblasen nachgewie-sen werden, wobei eine signifikantverkürzte Blasenbildungszeit an UV-bestrahlter Haut zu beobachten war[8]. Diese war abhängig von der Ge-samtzahl der PUVA-Bestrahlung undvon der kumulativen UVA-Dosis derletzten 4 Wochen. Histologisch undimmunhistologischwird eine Degene-ration der basalen Keratinozyten be-obachtet, wobei mittels elektronen-mikroskopischer Untersuchungen ei-ne epidermolytische Spaltbildungdurch Zytolyse infranukleärer Anteileder basalen Keratinozyten nachge-wiesen werden konnte, was an dasMuster bei der Epidermolysis bullosasimplex erinnert [6, 10].

Andererseits zeigt sich jedoch inden meisten Fällen, so auch in unse-rem, eine Blasenbildung im Bereichder Junktionszone der Basalmem-bran, sodaß das bullöse Pemphigoid-Antigen an der Blasendecke zu findenist, während Laminin, Typ IV- undTyp VII-Kollagen am Blasenbodenlokalisiert sind [1]. Die verminderteDermoepidermaladhäsion wird nichtbei alleiniger Anwendung von UVA-Bestrahlung, sondern lediglich inKombination mit 8-Methoxypsoralengefunden. Von mehreren Untersu-chern konnten keine Immunglobulin-,Komplement- oder Fibrinogenablage-

Abb. 5a–c. PUVA-induzierte akrobullöseDermatose. Antigen-mapping. Anfärbungdes Blasendaches mit bullösem PemphigoidAntigen 1 (a), des Blasenbodens mit Anti-körpern gegen Kollagen IV (b) und VII (c).Pfeile markieren die Lokalisation des Bla-senbodens (a) bzw. des -daches (b, c)

spricht für junktionale Blasenbildung. DiePfeile zeigen die Lokalisation des Blasenbo-dens in (a) und des Blasendaches in (b) und(c).

Fall 2

Bei der 40jährigen Patientin ist eine Psoria-sis vulgaris in wechselnder klinischer Aus-prägung seit dem 20. Lebensjahr bekannt. Inder Vergangenheit wurden wiederholt UVA-Bestrahlungen, z.T. in Kombination mit Tee-ren komplikationslos durchgeführt. Die Pa-tientin zeigte eine dem Pigmentationstyp IIInach Fitzpatrick entsprechende Lichtemp-findlichkeit in der Lichttreppe. Im Rahmeneiner Exazerbation der Psoriasis wurde einePUVA-Therapie mit 0,6 mgykg Körperge-wicht 8-Methoxypsoralen per os und initial1 Jycm2 viermal wöchentlich begonnen. DieBehandlung wurde subjektiv zunächst kom-plikationslos vertragen, sodaß die UVA-Do-sis innerhalb der ersten vier Wochen konti-nuierlich auf 6 Jycm2 gesteigert werdenkonnte. Hierunter besserte sich der klinischeBefund deutlich. Nach der zwanzigsten Be-

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rungen in läsionaler oder periläsiona-ler Haut gefunden werden [2, 12, 13].Lediglich Friedmann et al. beobach-teten C3-Depositionen im Bereich derperiläsionalen Haut, vor allem peri-vaskulär während der frühen Stadiender Blasenbildung [3]. Eine immuno-logisch bedingte Ursache für die Bla-senbildung wird jedoch auch von die-sen Autoren für unwahrscheinlich ge-halten.

Die Ursache der Blasenbildung imVerlauf der PUVA-Therapie ist unge-klärt. Aufgrund der fehlenden Ent-zündungsreaktion und der nicht vor-handenen Immunglobulinablagerun-gen scheinen immunologische Me-chanismen für die Entstehung dieserHautveränderungen von untergeord-neter Bedeutung zu sein. Man vermu-tet vielmehr, daß z.B. durch die PU-VA-induzierte Bildung von freien Ra-dikalen eine direkte Beeinträchtigungder dermoepidermalen Haftstrukturenerfolgt [8, 16]. In der Regel bleibenderartige Veränderungen jedoch sub-klinisch und manifestieren sich erstbei zusätzlicher Belastung der der-moepidermalen Kohäsion, z.B. durchmechanische Faktoren. Die mechani-sche Komponente scheint bei der kli-nischen Manifestation der akrobullö-sen Photodermatose von essentiellerBedeutung zu sein. Sie erklärt einer-seits, daß trotz allgemein verminder-ter Dermoepidermaladhäsion nur we-nige Patienten blasige Veränderungenzeigen, andererseits die Prädilektions-stellen, bei denen es sich ausschließ-lich um mechanisch belastete Areale,wie z.B. die Akren, handelt. Aufgrunddieses pathophysiologischen Mecha-nismus wird auch verständlich, daß imGegensatz zu phototoxischen Reak-tionen bei der akrobullösen Photoder-matose die PUVA Bestrahlung fort-gesetzt werden kann. Therapeutischeffizienter als das Absetzen derPUVA-Behandlung ist die mechani-sche Schonung der belasteten Par-tien. Auch in den vorliegenden Fäl-len wurde die Therapie fortgesetzt,ohne daß neue Veränderungen auftra-ten.

Differentialdiagnostisch ist einbullöses Pemphigoid in Erwägung zuziehen, da diese Dermatose durchUV-Licht induziert bzw. aggraviert

werden kann [13, 14]. Der histologi-sche Nachweis von eosinophilen Gra-nulozyten sowie die linearen Ablage-rungen von IgG und C3 entlang derdermoepidermalen Junktionszonebringen differentialdiagnostischKlarheit. Die akrobullöse PUVA-in-duzierte Dermatose muß zusätzlichvon der Solariumpseudoporphyrie ab-gegrenzt werden [15]. Diese ähneltdem klinischen Bild einer Porphyriacutanea tarda. Meist sind jüngereFrauen nach exzessiver UVA-Exposi-tion betroffen, vor allem im Bereichder Handrücken treten auf klinischnormaler Haut pralle Blasen auf, dieoft narbig abheilen. Milien bzw. Hy-pertrichose sind nicht zu finden. DieTherapie der Solariumpseudoporphy-rie besteht eindeutig in UVA-Karenz.Es dauert dann Wochen bis Monate,bis keine Blasen mehr entstehen, einnoch größerer Zeitraum ist für dieRückbildung der Hautfragilität not-wendig [15]. Ein bullöses fixes Arz-neimittelexanthem, das in den meistenFällen mit einer livid- bis dunkelrotenKomponente einhergeht, kann daherbereits klinisch ausgeschlossen wer-den. Eine Pseudoporphyrie bei Hä-modialysepatienten bzw. eine Bullo-sis diabeticorum ist aufgrund der ein-deutigen Anamnese und der entspre-chenden Laborveränderungen abzu-grenzen.

Die PUVA-induzierten Blasen hei-len in der Regel narbenlos innerhalbweniger Tage ab. Spezifische thera-peutische Maßnahmen, die über eineEröffnung der Blasen und eine anti-septische Versorgung hinausgehen,sind im allgemeinen bei der akrobul-lösen PUVA-induzierten Dermatosenicht erforderlich. Auch erscheint unsdas Auftreten von vereinzelten Blasenkeine Indikation zur Unterbrechungoder Beendigung der PUVA-Therapiezu sein. Die Blasen heilen im allge-meinen rasch und ohne Narbenhei-lung unter fortgesetzter PUVA-Thera-pie innerhalb einiger Tage ab. Von Be-deutung scheint jedoch, die Patientendarauf hinzuweisen, daß eine ver-stärkte mechanische Hautbelastungdie Entstehung von PUVA-induziertenBlasen begünstigen kann und daherentsprechende Schonung vorteilhaftist.

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Eingegangen am 23. Februar 1995Angenommen am 21. Juni 1995

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