Quantitative Messung von Faserlängen und - verteilung in ... · Moldflow im Bereich der Bohrung...

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Quantitative Messung von Faserlängen und - verteilung in faserverstärkten Kunststoffteilen mittels μ-Röntgen-Computertomographie Johann KASTNER, Erwin SCHLOTTHAUER, Daniel ANGERMAIER, Gernot ZITZENBACHER, FH OÖ - Campus Wels, Wels, Österreich Rotraud FREYTAG, Wolfgang STADLBAUER, Transfercenter für Kunststofftechnik - Upper Austrian Research, Wels, Österreich Kurzfassung. Faserverstärkte Kunststoffe haben wegen ihrer spezifischen Eigenschaften und ihrer vielseitigen Verarbeitungs- und Anwendungsmöglichkeiten in verschiedensten industriellen Bereichen eine sehr große Bedeutung erlangt. Für die Qualitätskontrolle dieser Materialien sind hochgenaue und sichere Verfahren der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung wichtig und notwendig. Insbesondere ist es wichtig zu erfassen, wie die Fasern in realen Bauteilen verteilt sind, damit sie tatsächlich die mechanischen Eigenschaften des Bauteils optimal verstärken. Weiters können Fasern durch den Spritzgieß – oder Extrusionsprozess gebrochen oder verändert worden sein, sodass die Faserlängen im realen Bauteil geringer sind als im Ausgangsmaterial. Im Rahmen dieser Arbeit setzen wir Microfokus-Röntgen-Computertomographie (μ-CT) ein, um Glasfasern in realen Bauteilen nicht nur zu charakterisieren, sondern die beschriebenen Eigenschaften wie Faserlängen, -durchmesser und dreidimensionale Faserorientierung quantitativ zu vermessen. Hiefür wurden industrielle CT-Messungen mit Auflösungen von 10 μm bis zu 5 μm an mit verschiedenen Prozessparametern hergestellten, faserverstärkten Spritzgussteilen durchgeführt. Die mit μ-CT erhaltenen Ergebnisse der Fasereigenschaften wurden auf zwei verschiedene Arten verifiziert und das Auswerteverfahren optimiert. Einerseits wurden Zielpräparationen durchgeführt und optische Schliffe hergestellt, anderseits wurden ausgewählte Proben mit Synchrotron-CT in Grenoble mit einer Auflösung von 0,7 μm untersucht. Während des Füllvorgangs treten beim Spritzgießen beispielsweise an Durchbrüchen sowie an Rippen Änderungen der Faserorientierung auf. Weiters kann die Faserorientierung und in weiterer Folge der Verzug sowie die mechanischen Eigenschaften des Formteils durch die Anschnittlage als auch Prozessparameter wie die Einspritzgeschwindigkeit beeinflusst werden. Die Simulationssoftware Moldflow ermöglicht die Berechnung der Faserorientierungen in Spritzgussteilen. Berechnungsergebnisse werden in diesem Beitrag den Ergebnissen der CT-Untersuchungen an realen Spritzgussteilen gegenübergestellt. Dadurch kann eine optimale Verteilung der Fasern im Bauteil realisiert werden sowie die Genauigkeit der berechneten Faserorientierung überprüft werden. Einführung Faserverstärkte Kunststoffe besitzen eine größere Steifigkeit und eine erhöhtes Festigkeits- Gewichtsverhältnis im Vergleich zu “traditionellen” Materialien wie etwa Metalle. Daher haben diese Materialien in der Industrie eine sehr große Verbreitung gefunden, die ständig DGZfP-Jahrestagung 2007 - Vortrag 47 1

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Quantitative Messung von Faserlängen und -verteilung in faserverstärkten Kunststoffteilen

mittels µ-Röntgen-Computertomographie

Johann KASTNER, Erwin SCHLOTTHAUER, Daniel ANGERMAIER, Gernot ZITZENBACHER, FH OÖ - Campus Wels, Wels, Österreich

Rotraud FREYTAG, Wolfgang STADLBAUER, Transfercenter für Kunststofftechnik -Upper Austrian Research, Wels, Österreich

Kurzfassung. Faserverstärkte Kunststoffe haben wegen ihrer spezifischen Eigenschaften und ihrer vielseitigen Verarbeitungs- und Anwendungsmöglichkeiten in verschiedensten industriellen Bereichen eine sehr große Bedeutung erlangt. Für die Qualitätskontrolle dieser Materialien sind hochgenaue und sichere Verfahren der zerstörungsfreien Werkstoffprüfung wichtig und notwendig. Insbesondere ist es wichtig zu erfassen, wie die Fasern in realen Bauteilen verteilt sind, damit sie tatsächlich die mechanischen Eigenschaften des Bauteils optimal verstärken. Weiters können Fasern durch den Spritzgieß – oder Extrusionsprozess gebrochen oder verändert worden sein, sodass die Faserlängen im realen Bauteil geringer sind als im Ausgangsmaterial. Im Rahmen dieser Arbeit setzen wir Microfokus-Röntgen-Computertomographie (µ-CT) ein, um Glasfasern in realen Bauteilen nicht nur zu charakterisieren, sondern die beschriebenen Eigenschaften wie Faserlängen, -durchmesser und dreidimensionale Faserorientierung quantitativ zu vermessen. Hiefür wurden industrielle CT-Messungen mit Auflösungen von 10 µm bis zu 5 µm an mit verschiedenen Prozessparametern hergestellten, faserverstärkten Spritzgussteilen durchgeführt. Die mit µ-CT erhaltenen Ergebnisse der Fasereigenschaften wurden auf zwei verschiedene Arten verifiziert und das Auswerteverfahren optimiert. Einerseits wurden Zielpräparationen durchgeführt und optische Schliffe hergestellt, anderseits wurden ausgewählte Proben mit Synchrotron-CT in Grenoble mit einer Auflösung von 0,7 µm untersucht. Während des Füllvorgangs treten beim Spritzgießen beispielsweise an Durchbrüchen sowie an Rippen Änderungen der Faserorientierung auf. Weiters kann die Faserorientierung und in weiterer Folge der Verzug sowie die mechanischen Eigenschaften des Formteils durch die Anschnittlage als auch Prozessparameter wie die Einspritzgeschwindigkeit beeinflusst werden. Die Simulationssoftware Moldflow ermöglicht die Berechnung der Faserorientierungen in Spritzgussteilen. Berechnungsergebnisse werden in diesem Beitrag den Ergebnissen der CT-Untersuchungen an realen Spritzgussteilen gegenübergestellt. Dadurch kann eine optimale Verteilung der Fasern im Bauteil realisiert werden sowie die Genauigkeit der berechneten Faserorientierung überprüft werden.

Einführung

Faserverstärkte Kunststoffe besitzen eine größere Steifigkeit und eine erhöhtes Festigkeits-Gewichtsverhältnis im Vergleich zu “traditionellen” Materialien wie etwa Metalle. Daher haben diese Materialien in der Industrie eine sehr große Verbreitung gefunden, die ständig

DGZfP-Jahrestagung 2007 - Vortrag 47

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noch weiter zunimmt [1,2]. Zerstörungsfreie und berührungslose Methoden sind für die Charakterisierung von faserverstärkten Kunststoffen von besonderer Wichtigkeit, insbesondere für die Inspektion von komplexen Geometrien und von Eigenschaften, die in der Tiefe des Materials bzw. Bauteils verborgen sind. Mikro-Röntgen-Computertomograpie (µ-CT) ist eine radiographische zerstörungsfreie Methode, um Werkstoffdetails in drei Dimensionen zu lokalisieren und zu vermessen [3,4]. Ein CT-Scanner erzeugt eine Reihe von Röntgen-Absorptionsmessungen, die benutzt werden, um ein rekonstruiertes 3D-Bild des Objektes zu erzeugen. In den letzten Jahren sind µ-CT-Systeme mit einem Matrixdetektor und einer Mikrofokusröhre entwickelt worden. Die Vorteile eines derartigen Systems liegen in der relativ hohen Messgeschwindigkeit bei einer sehr guten Auflösung. In dieser Publikation berichten wir über die Anwendung von Microfokus-Röntgen-Computertomographie, um Glasfasern in realen Bauteilen nicht nur zu charakterisieren, sondern um auch Eigenschaften wie Faserlängen, -durchmesser und dreidimensionale Faserorientierung quantitativ zu bestimmen.

1. Experimentelles Es wurden zwei verschiedene Arten von handelsüblichen, glasfaserverstärkten Kunststoffproben (GFK) untersucht: Zum einen PP GF20 (Polypropylen mit 20 % Glasfaseranteil, Faserdurchmesser ca. 13,5 µm und Faserlänge ca. 0,4 mm) und zum anderen PBT GF10 (Polybutylen-Terephthalat mit 10 % Glasfaseranteil, Faserdurchmesser ca. 20 µm und Faserlänge ca. 0,1 mm). Die Proben wurden vom TCKT–Transfercenter für Kunststofftechnik Wels auf einer ENGEL Spritzgießmaschine mit einem Einspritzvolumenstrom von 5-140 cm3/s hergestellt. Eine Zusammenstellung der Eigenschaften der untersuchten Proben findet sich in Tabelle 1.

Material Matrix Faseran-teil

Faserdurch-messer

Faserlänge Verarbeitung/ Ein-spritzvolumenstrom

GFK-PP GF20

PP-Polypropylen 20 % ~13,5 µm ~0,5-0,7 mm

Spritzgießen, ~40 cm3/s

GFK-PBT GF30

PBT-Polybutylenterephthalat

30 % ~20 µm ~ 0,1 mm Spritzgießen, 5-140 cm3/s

GFK-PBT GF10

PBT-Polybutylenterephthalat

10 % ~20 µm ~ 0,1 mm Spritzgießen, 5-140 cm3/s

Tabelle 1: Übersicht über die untersuchten glasfaserverstärkten Kunststoffmaterialien (GFK).

Die in der Füllphase erfolgte Orientierung der Glasfasern (=Faserorientierungstensor) wurde mit dem Softwarepaket Moldflow MPI 6.1 vom Transfercenter für Kunststofftechnik Wels berechnet. Die Computertomographiemessungen wurden mit einem Rayscan 250E 3D-CT-System der Fa. Wälischmiller durchgeführt. Hierbei wurde eine 225 keV Mikrofokusröhre und ein 1024x1024 a-Si Flachbettdetektor verwendet [3]. Die tatsächlich verwendete Röntgenenergie der Röhre war im Bereich 160-200 keV. Die Auflösungen bzw. Voxelgrößen waren zwischen 5 und 10 µm und typische Messzeiten bewegten sich im Bereich 25-50 min.

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Für die Synchrotron-CT-Messungen wurde die ESRF - European Synchrotron Radiation Facilities in Grenoble herangezogen. Hierbei wurde eine monochromatische Röntgenstrahlung mit 21,2 kV verwendet, wobei eine Auflösung von 0,7 µm erreicht wurde. 2. Ergebnisse und Diskussion Bild 1 zeigt ein CT-Schnittbild der glasfaserverstärkten PP-Probe im Vergleich zu einem Schliffbild der gleichen Stelle, das mit einem optischen Mikroskop aufgenommen worden ist. In beiden Bildern sind die einzelnen Glasfasern, die keine Vorzugsorientierung aufweisen, gut zu erkennen. Die Übereinstimmung zwischen dem CT-Schnittbild und dem Schliff ist sehr gut. Man kann also mit CT in Rahmen einer gewissen Genauigkeit virtuelle Schnitte aus dem inneren einer Probe herstellen.

250 µm

Bild 1: Vergleich von CT und Schliffbild mit optischem Mikroskop der glasfaserverstärkten Polypropylenprobe (PP GF20). CT-Auflösung: 5,28 µm/Voxel.

Bild 2 zeigt das CT-Ergebnis der PP GF20-Probe mit sehr guter Auflösung (0,7 µm) in Form von zwei CT-Schnittbildern, die mit dem Synchrotron CT in Grenoble gemessen wurde. Die einzelnen Glasfasern mit einem Durchmesser von ca. 13-14 µm sind sehr gut zu erkennen. Im CT-Schnittbild rechts ist eine Glasfaser zu sehen, die gebrochen ist. Die CT-Messdaten mit unterschiedlichen Voxelauflösungen (0,7 µm, 5,2 µm und 8,2 µm) wurden verwendet, um die Durchmesser und die Länge der Glasfasern zu bestimmen. Das Ergebnis ist in Bild 3 dargestellt. Die Auswertung der CT-Messung mit Auflösung 0,7 µm ergibt einen mittleren Durchmesser von 14 µm, was in etwa dem mittleren Wert entspricht, der optisch bestimmt wurde (13,5 µm). Bei den schlechteren CT-Auflösungen sind die ermittelten Werte beträchtlich höher als im Vergleich zu den wahren Durchmesserwerten: 5,2 µm Auflösung ergibt einen mittleren Durchmesser von 18,6 µm und 8,3 µm CT-Auflösung ergibt einen mittleren Durchmesser von 22,5 µm. Die aus den CT-Messungen ermittelten Durchmesserwerte gehorchen daher ungefähr folgender empirischer Beziehung: Durchmesser (mit CT bestimmt) ≈ Durchmesser (real) + CT-Voxelauflösung Wie in Bild 3 rechts ersichtlich ist, hängt die aus den CT-Messungen ermittelte Faserlänge nur geringfügig von der Voxelauflösung ab. Die bestimmte mittlere Länge bei Auflösung 0,7 µm ist mit 355,8 µm nur geringfügig kleiner als der Wert von 380,7 µm, der aus den

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CT-Messungen mit Auflösung 5,2 µm bestimmt worden ist. Die Auflösung hat also kaum einen Einfluss auf die ermittelten Faserlängenwerte.

100 µm

Gebrochene Faser!

Bild 2: Synchrotron-CT-Ergebnis ESRF Grenoble (Energie: 21,2 kV, Auflösung: 0,7 µm) der PP GF20-Probe. Die Durchmesser der Glasfasern sind in etwa 13-14 µm. Im Bild rechts ist ein Ausschnitt dargestellt, wo eine gebrochene Faser zu erkennen ist.

0,00%

5,00%

10,00%

15,00%

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

40,00%

10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30

Durchmesser (µm)

Häu

figke

it

Aufl. 0,7 µmAufl. 5,2 µm

Aufl. 8,2 µm

0,00%

5,00%

10,00%

15,00%

20,00%

25,00%

30,00%

35,00%

0 100 200 300 400 500 600 700 800Faserlänge (µm)

Häu

figke

it

Aufl. 0,7 µmAufl. 5,2 µm

Bild 3: Auswertung der Faserdurchmesser (Bild links) und Faserlängen (Bild rechts) aus den CT-Messungen mit unterschiedlichen Voxelauflösungen von 0,7 µm, 5,2 µm und 8,2 µm. Der reale mittlere Durchmesser der Fasern beträgt 13,5 µm. Bild 4 zeigt das Ergebnis eines Spritzgießexperiments und deren Analyse mit Röntgen-Computertomographie. Unten ist die Probe dargestellt, die im mittleren Bereich eine Dicke von 3 mm hat und eine Bohrung mit einem Durchmesser von 3 mm aufweist. Im Bereich dieser Bohrung wurden CT-Untersuchungen mit einer Auflösung von 8,6 µm/Voxel durchgeführt. Das Ergebnis ist in Bild 4 oben dargestellt, wo die Orientierung der Glasfasern durch das CT-Schnittbild visualisiert wird. Es ist zu erkennen, dass die Glasfasern sich rund um die Bohrung und in Fließrichtung orientierten (ausrichten). In manchen Bereichen ist die Orientierung sehr gering, aber rund um die Bohrung und nach der Bohrung ist die Orientierung sehr stark. Von besonderer Bedeutung für die Qualität eines Bauteils ist die sogenannte Bindenaht, die rechts von der Bohrung zu erkennen ist. Hier fließt die durch die Bohrung aufgeteilte Schmelzeströmung wieder zusammen und muss eine gute Verbindung bilden. Im Bereich dieser Bindenaht treten häufig Poren auf, da beim Zusammentreffen der beiden

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Fließfronten verdrängte Luft eingeschlossen werden kann. Die Bindenaht stellt nicht nur optisch eine störende Oberflächenmarkierung dar, auch ihre Festigkeit ist gegenüber den übrigen Formteilbereichen deutlich niedriger. Die CT-Ergebnisse zeigen, dass die Glasfasern im Bereich der Bindenaht zum Großteil parallel orientiert sind. Die Orientierung der Fasern ist nicht über das ganze Bauteil gleich. Analysen der CT-Messungen haben gezeigt, dass die Orientierung der Fasern nahe der Oberfläche deutlich geringer ist als in der Bauteilmitte.

Bild 4: CT-Schnittbild von Polybutylen-Terephthalat PBT GF10 (140 cm3/s) im Bereich der Probenmitte (=1,5 mm von der Oberfläche entfernt) mit einer CT-Auflösung von 8,6 µm/Voxel. Unten ist das dazugehörige Spritzgießteil mit der im Detail untersuchten Bohrungsumgebung dargestellt. Die roten Pfeile markieren die Füllrichtung beim Spritzgießprozess.

3 mm

L=259 mm B=59 mm Dicke=6 bis 1 mm

Bild 5 zeigt den Einfluss des Einspritzvolumenstroms auf die Ausrichtung der Fasern. Es sind hier CT-Schnittbilder aus der Probenmitte (ca. 1,5 mm von der Oberfläche entfernt) für einen hohen und geringen Einspritzvolumenstrom dargestellt. Die CT-Ergebnisse zeigen, dass der Anteil der in Fließrichtung orientierten Fasern bei geringem Einspritzvolumenstrom deutlich geringer ist als bei hohem Einspritzvolumenstrom. Weiters wurden auch GFK-Proben mit einem höheren Glasfaseranteil hergestellt und untersucht. Bild 6 zeigt links das CT-Schnittbild aus der Mitte der Probe mit Glasfaseranteil 10 % und das Bild rechts zeigt ein CT-Schnittbild der Probe mit 30 % Glasfaseranteil. Die Fasern sind bei 30 %-Faseranteil in den CT-Messungen nicht so gut zu erkennen als bei geringerem Faseranteil, aber die Qualität der CT-Ergebnisse ist trotzdem ausreichend, um Aussagen über die Richtung und Stärke der Orientierung der Fasern zu machen. An den CT-Ergebnissen ist deutlich zu erkennen, dass die Orientierung der Fasern bei 10 % Faseranteil deutlich stärker ist als bei 30 % Anteil. Offensichtlich führt ein höherer Faseranteil zu einer größeren Unordnung (Entropie) in der Faserorientierung.

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140 cm3/s 5 cm3/s

Bild 5: CT-Schnittbilder von Polybutylen-Terephthalat PBT GF10 im Bereich der Probenmitte (=1,5 mm von der Oberfläche entfernt) mit unterschiedlichem Einspritzvolumenstrom. Die CT-Auflösung beträgt 8,6 µm/Voxel und der Durchmesser der Bohrung ist 3 mm. Die roten Pfeile markieren die Füllrichtung.

GF 10 % GF 30 %

Bild 6: CT-Schnittbilder von Polybutylen-Terephthalat PBT GF10 und PBT GF30 im Bereich der Probenmitte (=1,5 mm von der Oberfläche entfernt) mit einem Einspritzvolumenstrom von 140 cm3/s . Die CT-Auflösung beträgt 8,6 µm/Voxel. Die roten Pfeile markieren die Füllrichtung.

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Bild 7 zeigt einen Vergleich der CT-Messergebnisse mit der Spritzgießsimulation mittels Moldflow im Bereich der Bohrung des Spritzgussteils. Da die Kunststoffschmelze beim Füllvorgang die Bohrung umfließen muss, wird die Faserorientierung stark in diesem Bereich beeinflusst, wie sowohl die CT-Messung als auch die Simulation zeigen. Die CT-Messung und die Simulation stimmen gut überein, was die Orientierung der Glasfasern betrifft. Unterschiede gibt es allerdings in der Stärke der Faserorientierung in manchen Bereichen. Die Simulation ergibt tendenziell eine etwas stärkere Orientierung der Fasern in Fließrichtung als das CT-Experiment. Außerdem ist aufgrund der eingeschränkten Auflösung die Orientierung der Fasern im Bereich der Bohrung und der Bindenaht in der Simulation nicht so gut erkennbar wie in der CT-Messung. Trotz der eingeschränkten Auflösung enthalten die CT-Daten alle Informationen, um den Faserorientierungstensor zu bestimmen. In einem nächsten Schritt ist geplant, den mehrdimensionalen Faserorientierungstensor aus den CT-Ergebnissen quantitativ zu bestimmen und mit den Ergebnissen der Simulation direkt zu vergleichen.

Bild 7: Vergleich des CT-Messergebnisses mit der Spritzgießsimulation im Bereich der Bohrung von PBT GF10. Die roten Pfeile markieren die Füllrichtung. Die Simulation stellt den Faserorientierungstensor farbig kodiert dar, wobei rot und gelb eine starke Orientierung und grün und blau eine schwache Orientierung der Fasern bedeutet.

3. Zusammenfassung

Die industrielle Röntgen-Computertomografie findet wegen ihrer Vielseitigkeit und Mächtigkeit immer breitere Anwendungen in Forschung und Industrie. Im Rahmen dieser Publikation wurde CT eingesetzt, um den Durchmesser, die Länge und die Orientierung von Glasfasern in faserverstärkten Kunststoffen zu bestimmen. Die Ergebnisse können folgendermaßen zusammengefasst werden:

• CT ist für die Charakterisierung von glasfaserverstärkten Kunststoffen sehr gut geeignet.

• Die Faserdurchmesser können bei ausreichender Auflösung aus den CT-Daten bestimmt werden.

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• Faserlängen und die Faserorientierung können auch mit eingeschränkter CT-Auflösung bestimmt werden.

• Die Ergebnisse von CT und Spritzgießsimulation stimmen gut überein, was die Faserorientierung betrifft. Unterschiede gibt es allerdings in der Stärke der Faserorientierung in manchen Bereichen.

• Als nächster Schritt ist geplant, den Faserorientierungstensor aus den CT-Daten zu ermitteln und diesen direkt mit den Ergebnissen der Spritzgießsimulation zu vergleichen.

Danksagung Das Projekt wurde im Rahmen des Förderprogrammes „FH-Plus“ von der FFG und vom Land OÖ finanziell unterstützt. Wir bedanken uns bei der TU Wien, Institut für Werkstoffwissenschaft und Werkstofftechnologie, Prof. Degischer für die Durchführung der Synchrotron-CT-Messungen.

Referenzen

[1] Michaeli, W., Vossebürger, F.-J., Greif H. und Wolters L., „Technologie der Kunststoffe“, Carl Hanser Verlag, München, ISBN 3-446-19372-3, 2003.

[2] Kastner, J., Schlotthauer, E., Burgholzer P., and Stifter, D.: “Comparison of optical coherence tomography and X-ray computed tomography for characterisation of glass-fibre polymer matrix composites”, World Conference on Nondestructive Testing, Montreal, Canada, 30. August–3. September 2004,

[3] Kastner, J., Heim, D., Salaberger, D., Sauerwein Ch. and Simon, M.: “Advanced applications of computed tomography by combination of different methods”, Proceedings World Conference on Nondestructive Testing, Berlin, Deutschland, 25.–29. September 2006.

[4] Simon, M. and Sauerwein, Ch.: “Cone Beam Tomography for Quality Control and Rapid Product Development”, Insight 42, 651-655, 2000.

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