r Notiert Warum Geld allein nicht glücklich macht Wissen · die Wissenschaft hedonistische...

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22 Mittwoch, 26. Juni 2019 Wissen „Wissenschaftauf AEG": Viele Faktoren beeinflussen die Zufriedenheit Warum Geld allein nicht glücklich macht Alles Geld nützt nichts, wenn jemand krank ist. Aller Reichtum ist sinnlos, wenn er mit niemandem geteilt werden kann. Nur durch die richtige Mischung vieler Faktoren lässt sich die eigene Zufriedenheit steigern, sagt die Wissenschaft. Von Christiane Krodel NÜRNBERG — Die Deutschen sind, und das mag manche verwundern, weil es der subjektiven Wahrneh- mung zu widersprechen scheint, ein durchaus zufriedenes Volk. Bei einer Umfrage gaben mehr als 50 Prozent der Befragten auf einer zehnstufigen Skala einen Wert von Sieben oder höher an. Tobias Wolbring, Professor für Empirische Wirtschaftssoziologie an der Uni Erlangen-Nürnberg, beschäf- tigt sich wissenschaftlich mit der Lebenszufriedenheit. Am Montag gab er in Nürnberg in der Reihe „Wis- senschaft auf AEG" einen Einblick in aktuelle Ergebnisse der Eorschung. Was beeinflusst die Lebenszufrie- denheit? Viele würden hier wohl reflexhaft „Geld" anführen. Das dem nicht so ist, verrät bereits der Titel von Wolbrings Vortrag „Geld alleine macht nicht glücklich". Denn die Eorschung hat ergeben: Wohlstand wirkt sich am stärksten lediglich im unteren Einkommensbereich auf die Lebenszufriedenheit aus. Sind menschliche Grundbedürfnisse wie Essen, ein Dach über dem Kopf und Sicherheit befriedigt, steigt mit wach- sendem Wohlstand kaum das persön- liche Glück. Wissenschaftler nennen dies das „Easterlin-Paradox". Es geht auf den Ökonomen Richard Easterlin zurück. An die Stelle alter Bedürfnis- se und Wünsche treten neue, etwa nach sozialer Anerkennung, Integra- tion oder Selbstverwirklichung. Und dies lässt sich nur selten mit Geld bewerkstelligen. Eür Tobias Wolbring bestimmen viele Faktoren die Lebenszufrieden- heit: Freunde, Familie, die Qualität einer Beziehung oder die Gesund¬ heit. Und hier kommt es auf eine gute Mischung an. Bei manchen Menschen wird die Lebenszufriedenheit auch durch soziale Vergleiche beeinflusst: Der Nachbar fährt ein größeres Auto oder der Kollege verdient mehr Geld. „Menschen, die stärker zum sozialen Die NZ präsentiert Vergleich neigen, sind im Durch- schnitt unzufriedener", sagt der 36-Jährige. Doch auch hier gilt: größere Autos oder teurere Urlaube führen nicht automatisch zu einer Steigerung des eigenen Wohlbefindens. Denn es tritt ein Gewöhnungseffekt ein, den die Wissenschaft „hedonistische Tret- mühle" nennt. Darunter ist zu verste- hen, dass Menschen nach einem sehr positiven Ereignis - etwa einem Lot- togewinn oder der eigenen Heirat nach einer gewissen Zeit zu einem normalen Level an Glücklichsein zurückkehren. Auch bei negativen Ereignisse wie einer Scheidung oder dem Tod des Partners gibt es solche Gewöhnungseffekte. Allerdings hin- terlassen diese Ereignisse oft auch bleibende Effekte. Wie lässt sich nun die Lebenszu- friedenheit dauerhaft positiv beein- flussen? „Einige Faktoren haben wir selbst in der Hand", sagt Wolbring. Die eigene Einstellung zum Leben gehört dazu, positive Freundschaf- ten, eine ausgeglichene Work-Life- Balance und nicht zu vergessen mehr Gelassenheit. O Mit diesem Vortrag endet die Reihe „Wissenschaft auf AEG“. Im November geht es weiter. Nürnberger Projekt: „Geniale Wissenschaft - selbst erleben" Mittelschülerinnen treffen Nobelpreisträgerin „Geniale Wissenschaft - selbst erleben.“ Unter diesem Motto beschäftigen sich drei Nürnberger Mittelschul-Klassen ein Jahr lang mit wissenschaftlichem Arbeiten. Sie experimentieren, drehen Videos und treffen Forsoher. An der Bismarckschule geht das Projekt, dass die Universität Erlangen-Nürnberg entwickelt hat, jetzt in die Endphase. NÜRNBERG - Helena und Sultam sitzen um zwei zusammengeschobe- ne Tische und schneiden mit rosa und blauen Bastelscheren DIN-A4-Papier in dünne Streifen. Das kleine Klassenzimmer mit einer Wand aus Glasbausteinen und brau- nen, zerkratzten Schrankwänden sieht nicht gerade nach innovativem Lernen aus. Doch hier soll ein Youtu- be-Video zum Thema Gentechnik ent- stehen. Die Papierstreifen helfen beim Erklären des DNA-Aufbaus. Die beiden Mädchen machen beim Projekt „Geniale Wissenschaft selbst erleben“ mit. Das Nürnberger Schulmuseum und das Zentralinsti- tut für Wissenschaftsreflexion und Schlüsselqualifikation - beides Ein- richtungen der Friedrich-Alexander- Universität - haben sich die Aktion ausgedacht. Sie wollen Mittelschü- lern wissenschaftliches Arbeiten bei- bringen. Die Jugendlichen beschäfti- gen sich ein knappes Schuljahr lang mit einem Thema, sprechen mit Wis- senschaftlern und erstellen am Ende selbst ein Video, das anschließend anderen Schülern auf Youtube beim Lernen helfen soll. Die Robert-Bosch- Stiftung und der Innovationsfonds Lehre fördern das Projekt. Damit die Zuschauer später auch verstehen, um was es bei Gentechnik geht, sind die beiden Achtklässlerin- nen gerade fleißig am Ausschneiden. Auf dem Papier stehen verschiedene Buchstaben untereinander - A, T, G und C. Sie stehen für die Bausteine der DNA: Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Später wollen die Schü- lerinnen die dünnen Streifen zusam- menrollen und damit den Zuschau- ern demonstrieren, wie das Erbgut aufgebaut ist. Wie vererbt sich die Augenfarbe? Im Verlauf des Projektes haben sich die Schülerinnen ausführlich mit Genen beschäftigt. „Mich hat besonders die Vererbung der Augen- farben interessiert", sagt Sultam. „Ich habe auch vorher schon darüber nachgedacht, warum ich grüne Augen habe.“ Anhand einer Verer- bungstabelle kann die Achtklässlerin jetzt ablesen, welche Augenfarben sich bei der Vererbung stärker durch- setzen und - in der Fachsprache „dominant" sind und welche Farben eher das Nachsehen haben, also „rezessiv“ sind. Um mehr über Gentechnik zu erfahren, konnten sich die Mittel¬ schüler sogar mit einer Nobelpreisträ- gerin austauschen. Zusammen mit „Frau Kim“, wie die Schülerinnen ihre Betreuerin Kim Graf nennen, die als angehende Realschullehrerin an dem Projekt mitarbeitet, sind sie nach Tübingen zu Christiane Nüss- lein-Volhard gefahren. Die Biochemi- kerin hat im Jahr 1995 den Medizin- nobelpreis für ihre Forschungen zur genetischen Steuerung der Embryo- nalentwicklung bekommen. Auch wenn die Schülerinnen den Austausch mit einer so renommier- ten Forscherin spannend fanden, selbst später einmal in diesem Berei- che arbeiten wollen sie nicht. „Das ist nicht so mein Ding, wenn das mit Physik oder Chemie zu tun hat“, sagt Sultam und lacht. Auch Kim Graf nimmt bei dem Projekt etwas für ihr Lehramtsstudium mit. „Die Mittel- schule ist ein raueres Pflaster, da gibt es auch sprachliche Probleme, mit denen man vorher nicht rechnet", sagt sie. „Die Schüler sagen auch sehr deutlich, wenn sie auf etwas keine Lust haben." Die beteiligten Lehr- amtsstudenten haben es in der Hand, in ihrem späteren Beruf Jugendliche r Notiert knrZ l Nur eine von fünf Professoren ist eine Frau FÜRTH — Frauen besetzen nur rund ein Fünftel aller Professuren an baye- rischen Hochschulen und Universi- täten, wie das Landesamt für Statis- tik am Montag in Fürth mitteilte. Insgesamt gab es vergangenes Jahr 6881 Professuren, darunter waren 1408 Professorinnen - also in etwa 20,5 Prozent. Im Vergleich zum Vor- jahr stieg der Frauenanteil damit um ungefähr ein halbes Prozent. Im Jahr 2010 lag die Frauenquote unter den Professuren noch bei 15,1 Prozent. Moderiertes Gespräch mit „Botschaftsf üchtling" ERLANGEN — Manuela Beckmann war 18 Jahre alt, als sie in die Prager BRD-Botschaft floh. Am 30. Septem- ber 1989 drängte sie sich zusammen mit 4000 DDR-Bürgern im Garten der Deutschen Botschaft in Prag, um vom westdeutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher zu hören, dass ihre Ausreise nach West- deutschland bewilligt wurde. Sie war eine derjenigen, die als „Bot- schaftsflüchtlinge" in die Geschich- te eingingen. Heute Abend, 26. Juni, ist Beckmann zu Gast an der Uni in Erlangen. Sie spricht mit Studenten über ihre kleine Geschichte hinter der großen Geschichte. Eine Gruppe Erasmus-Studenten aus Italien lädt mit dem Sprachenzentrum der Uni Interessierte ab 20 Uhr in die Bis- marckstraße la, Raum 00.010, in Erlangen zum Gespräch ein. Die Idee dazu entstand in ihrem Überset- zungskurs, in dem sie sich mit der deutschen Teilung und ihren Aus- wirkungen auseinander gesetzt haben. Der Eintritt ist frei. NZ Wissen Telefon: 0911/23 51 -2090 Fax: 0911/2351 -133201 E-Mail: [email protected] Internet: www.nordbayern.de/hochschule Blog: www.nz.de/blogs/campus für Wissenschaft zu begeistern und dafür Vermittlungsstrategien zu ent- wickeln. Diese Beobachtung hat auch Mathi- as Rösch gemacht. Der Koordinator des Projekts und Leiter des Nürnber- ger Schulmuseums sitzt zusammen mit vier Schülern um ein iPad und erklärt ihnen anhand seiner Zeich- nungen Albert Einsteins Relativitäts- theorie. „Die Schüler reden hier nicht lange um den heißen Brei herum", sagt Rösch. „Wir wollen, dass die Schüler merken, dass es machbar ist, Dinge zu verstehen, die sie interessie- ren." So ein Typ namens Einstein Bei Raphael ist das bereits gelun- gen. „Ich habe meinen Eltern daheim von unseren Forschungen erzählt. Die verstehen gar nicht, was ich sage. Die halten mich für verrückt“, sagt der 14-Jährige und lacht. Den Schüler motiviert das, weiter zu lernen: „Mei- ne Eltern sollen mich für noch ver- rückter halten." Doch erst einmal wollen sie zum Elternabend kommen, um sich dann die fertigen Videos anzuschauen. Wer aus der Gruppe als Sprecher im Bild Vorkommen soll, steht noch nicht fest. Den Text gibt es schon ganz in der Sprache der Jugendli- chen: Das Video handelt „von so einem Typ namens Albert Einstein". Björn-Hendrik Otte Von Christiane Krodel NÜRNBERG — Die Deutschen sind, und das mag manche verwundern, weil es der subjektiven Wahrneh- mung zu widersprechen scheint, ein durchaus zufriedenes Volk. Bei einer Umfrage gaben mehr als 50 Prozent der Befragten auf einer zehnstufigen Skala einen Wert von Sieben oder höher an. Tobias Wolbring, Professor für Empirische Wirtschaftssoziologie an der Uni Erlangen-Nürnberg, beschäf- tigt sich wissenschaftlich mit der Lebenszufriedenheit. Am Montag gab er in Nürnberg in der Reihe „Wis- senschaft auf AEG“ einen Einblick in aktuelle Ergebnisse der Forschung. Was beeinflusst die Lebenszufrie- denheit? Viele würden hier wohl reflexhaft „Geld“ anführen. Das dem nicht so ist, verrät bereits der Titel von Wolbrings Vortrag „Geld alleine macht nicht glücklich“. Denn die Forschung hat ergeben: Wohlstand wirkt sich am stärksten lediglich im unteren Einkommensbereich auf die Lebenszufriedenheit aus. Sind menschliche Grundbedürfnisse wie Essen, ein Dach über dem Kopf und Sicherheit befriedigt, steigt mit wach- sendem Wohlstand kaum das persön- liche Glück. Wissenschaftler nennen dies das „Easterlin-Paradox“. Es geht auf den Ökonomen Richard Easterlin zurück. An die Stelle alter Bedürfnis- se und Wünsche treten neue, etwa nach sozialer Anerkennung, Integra- tion oder Selbstverwirklichung. Und dies lässt sich nur selten mit Geld bewerkstelligen. Für Tobias Wolbring bestimmen viele Faktoren die Lebenszufrieden- heit: Freunde, Familie, die Qualität einer Beziehung oder die Gesund- heit. Und hier kommt es auf eine gute Mischung an. Bei manchen Menschen wird die Lebenszufriedenheit auch durch soziale Vergleiche beeinflusst: Der Nachbar fährt ein größeres Auto oder der Kollege verdient mehr Geld. „Menschen, die stärker zum sozialen Vergleich neigen, sind im Durch- schnitt unzufriedener“, sagt der 36-Jährige. Doch auch hier gilt: größere Autos oder teurere Urlaube führen nicht automatisch zu einer Steigerung des eigenen Wohlbefindens. Denn es tritt ein Gewöhnungseffekt ein, den die Wissenschaft „hedonistische Tret- mühle“ nennt. Darunter ist zu verste- hen, dass Menschen nach einem sehr positiven Ereignis – etwa einem Lot- togewinn oder der eigenen Heirat – nach einer gewissen Zeit zu einem normalen Level an Glücklichsein zurückkehren. Auch bei negativen Ereignisse wie einer Scheidung oder dem Tod des Partners gibt es solche Gewöhnungseffekte. Allerdings hin- terlassen diese Ereignisse oft auch bleibende Effekte. Wie lässt sich nun die Lebenszu- friedenheit dauerhaft positiv beein- flussen? „Einige Faktoren haben wir selbst in der Hand“, sagt Wolbring. Die eigene Einstellung zum Leben gehört dazu, positive Freundschaf- ten, eine ausgeglichene Work-Life- Balance und nicht zu vergessen mehr Gelassenheit. m Mit diesem Vortrag endet die Reihe „Wissenschaft auf AEG“. Im November geht es weiter. Die yz präsentiert Alles Geld nützt nichts, wenn jemand krank ist. Aller Reichtum ist sinnlos, wenn er mit niemandem geteilt werden kann. Nur durch die richtige Mischung vieler Faktoren lässt sich die eigene Zufriedenheit steigern, sagt die Wissenschaft. „Geniale Wissenschaft – selbst erleben.“ Unter diesem Motto beschäftigen sich drei Nürnberger Mittelschul-Klassen ein Jahr lang mit wissenschaftlichem Arbeiten. Sie experimentieren, drehen Videos und treffen Forscher. An der Bismarckschule geht das Projekt, dass die Universität Erlangen-Nürnberg entwickelt hat, jetzt in die Endphase. NÜRNBERG — Helena und Sultam sitzen um zwei zusammengeschobe- ne Tische und schneiden mit rosa und blauen Bastelscheren DIN-A4-Papier in dünne Streifen. Das kleine Klassenzimmer mit einer Wand aus Glasbausteinen und brau- nen, zerkratzten Schrankwänden sieht nicht gerade nach innovativem Lernen aus. Doch hier soll ein Youtu- be-Video zum Thema Gentechnik ent- stehen. Die Papierstreifen helfen beim Erklären des DNA-Aufbaus. Die beiden Mädchen machen beim Projekt „Geniale Wissenschaft selbst erleben“ mit. Das Nürnberger Schulmuseum und das Zentralinsti- tut für Wissenschaftsreflexion und Schlüsselqualifikation – beides Ein- richtungen der Friedrich-Alexander- Universität – haben sich die Aktion ausgedacht. Sie wollen Mittelschü- lern wissenschaftliches Arbeiten bei- bringen. Die Jugendlichen beschäfti- gen sich ein knappes Schuljahr lang mit einem Thema, sprechen mit Wis- senschaftlern und erstellen am Ende selbst ein Video, das anschließend anderen Schülern auf Youtube beim Lernen helfen soll. Die Robert-Bosch- Stiftung und der Innovationsfonds Lehre fördern das Projekt. Damit die Zuschauer später auch verstehen, um was es bei Gentechnik geht, sind die beiden Achtklässlerin- nen gerade fleißig am Ausschneiden. Auf dem Papier stehen verschiedene Buchstaben untereinander – A, T, G und C. Sie stehen für die Bausteine der DNA: Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Später wollen die Schü- lerinnen die dünnen Streifen zusam- menrollen und damit den Zuschau- ern demonstrieren, wie das Erbgut aufgebaut ist. Wie vererbt sich die Augenfarbe? Im Verlauf des Projektes haben sich die Schülerinnen ausführlich mit Genen beschäftigt. „Mich hat besonders die Vererbung der Augen- farben interessiert“, sagt Sultam. „Ich habe auch vorher schon darüber nachgedacht, warum ich grüne Augen habe.“ Anhand einer Verer- bungstabelle kann die Achtklässlerin jetzt ablesen, welche Augenfarben sich bei der Vererbung stärker durch- setzen und – in der Fachsprache – „dominant“ sind und welche Farben eher das Nachsehen haben, also „rezessiv“ sind. Um mehr über Gentechnik zu erfahren, konnten sich die Mittel- schüler sogar mit einer Nobelpreisträ- gerin austauschen. Zusammen mit „Frau Kim“, wie die Schülerinnen ihre Betreuerin Kim Graf nennen, die als angehende Realschullehrerin an dem Projekt mitarbeitet, sind sie nach Tübingen zu Christiane Nüss- lein-Volhard gefahren. Die Biochemi- kerin hat im Jahr 1995 den Medizin- nobelpreis für ihre Forschungen zur genetischen Steuerung der Embryo- nalentwicklung bekommen. Auch wenn die Schülerinnen den Austausch mit einer so renommier- ten Forscherin spannend fanden, selbst später einmal in diesem Berei- che arbeiten wollen sie nicht. „Das ist nicht so mein Ding, wenn das mit Physik oder Chemie zu tun hat“, sagt Sultam und lacht. Auch Kim Graf nimmt bei dem Projekt etwas für ihr Lehramtsstudium mit. „Die Mittel- schule ist ein raueres Pflaster, da gibt es auch sprachliche Probleme, mit denen man vorher nicht rechnet“, sagt sie. „Die Schüler sagen auch sehr deutlich, wenn sie auf etwas keine Lust haben.“ Die beteiligten Lehr- amtsstudenten haben es in der Hand, in ihrem späteren Beruf Jugendliche für Wissenschaft zu begeistern und dafür Vermittlungsstrategien zu ent- wickeln. Diese Beobachtung hat auch Mathi- as Rösch gemacht. Der Koordinator des Projekts und Leiter des Nürnber- ger Schulmuseums sitzt zusammen mit vier Schülern um ein iPad und erklärt ihnen anhand seiner Zeich- nungen Albert Einsteins Relativitäts- theorie. „Die Schüler reden hier nicht lange um den heißen Brei herum“, sagt Rösch. „Wir wollen, dass die Schüler merken, dass es machbar ist, Dinge zu verstehen, die sie interessie- ren.“ So ein Typ namens Einstein Bei Raphael ist das bereits gelun- gen. „Ich habe meinen Eltern daheim von unseren Forschungen erzählt. Die verstehen gar nicht, was ich sage. Die halten mich für verrückt“, sagt der 14-Jährige und lacht. Den Schüler motiviert das, weiter zu lernen: „Mei- ne Eltern sollen mich für noch ver- rückter halten.“ Doch erst einmal wollen sie zum Elternabend kommen, um sich dann die fertigen Videos anzuschauen. Wer aus der Gruppe als Sprecher im Bild vorkommen soll, steht noch nicht fest. Den Text gibt es schon – ganz in der Sprache der Jugendli- chen: Das Video handelt „von so einem Typ namens Albert Einstein“. Björn-Hendrik Otte Telefon: 09 11/23 51 - 20 90 Fax: 09 11/23 51 - 13 32 01 E-Mail: [email protected] Internet: www.nordbayern.de/hochschule Blog: www.nz.de/blogs/campus „Wissenschaft auf AEG“: Viele Faktoren beeinflussen die Zufriedenheit Warum Geld allein nicht glücklich macht yz Wissen Nur eine von fünf Professoren ist eine Frau FÜRTH — Frauen besetzen nur rund ein Fünftel aller Professuren an baye- rischen Hochschulen und Universi- täten, wie das Landesamt für Statis- tik am Montag in Fürth mitteilte. Insgesamt gab es vergangenes Jahr 6881 Professuren, darunter waren 1408 Professorinnen – also in etwa 20,5 Prozent. Im Vergleich zum Vor- jahr stieg der Frauenanteil damit um ungefähr ein halbes Prozent. Im Jahr 2010 lag die Frauenquote unter den Professuren noch bei 15,1 Prozent. Moderiertes Gespräch mit „Botschaftsflüchtling“ ERLANGEN — Manuela Beckmann war 18 Jahre alt, als sie in die Prager BRD-Botschaft floh. Am 30. Septem- ber 1989 drängte sie sich zusammen mit 4000 DDR-Bürgern im Garten der Deutschen Botschaft in Prag, um vom westdeutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher zu hören, dass ihre Ausreise nach West- deutschland bewilligt wurde. Sie war eine derjenigen, die als „Bot- schaftsflüchtlinge“ in die Geschich- te eingingen. Heute Abend, 26. Juni, ist Beckmann zu Gast an der Uni in Erlangen. Sie spricht mit Studenten über ihre kleine Geschichte hinter der großen Geschichte. Eine Gruppe Erasmus-Studenten aus Italien lädt mit dem Sprachenzentrum der Uni Interessierte ab 20 Uhr in die Bis- marckstraße 1a, Raum 00.010, in Erlangen zum Gespräch ein. Die Idee dazu entstand in ihrem Überset- zungskurs, in dem sie sich mit der deutschen Teilung und ihren Aus- wirkungen auseinander gesetzt haben. Der Eintritt ist frei. Foto: Andrey Popov, Fotolia Die Achtklässlerinnen Gizem, Isil, Sultam und Janyne lernen mit Lehr- amtsstudentin Kim Graf wie das menschliche Erbgut aufgebaut ist. Foto: Björn-Hendrik Otte kurz yotiert Nürnberger Projekt: „Geniale Wissenschaft – selbst erleben“ Mittelschülerinnen treffen Nobelpreisträgerin 22 Mittwoch, 26. Juni 2019 Wissen Nürnberger Zeitung | 26.06.2019 Medienquelle Print Autor - AÄW 24.253,07 Auflage 27.203 Verbreitung 26.249 Seitenstart 22 Copyright 2019 PMG Presse-Monitor GmbH Thema: Hochschulen in der Region 10

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22 Mittwoch, 26. Juni 2019 Wissen „Wissenschaftauf AEG": Viele Faktoren beeinflussen die Zufriedenheit

Warum Geld allein nicht glücklich macht

Alles Geld nützt nichts, wenn jemand krank ist. Aller Reichtum ist sinnlos, wenn er mit niemandem geteilt werden kann. Nur durch die richtige Mischung vieler Faktoren lässt sich die eigene Zufriedenheit steigern, sagt die Wissenschaft.

Von Christiane Krodel

NÜRNBERG — Die Deutschen sind, und das mag manche verwundern, weil es der subjektiven Wahrneh-mung zu widersprechen scheint, ein durchaus zufriedenes Volk. Bei einer Umfrage gaben mehr als 50 Prozent der Befragten auf einer zehnstufigen Skala einen Wert von Sieben oder höher an.

Tobias Wolbring, Professor für Empirische Wirtschaftssoziologie an der Uni Erlangen-Nürnberg, beschäf-tigt sich wissenschaftlich mit der Lebenszufriedenheit. Am Montag gab er in Nürnberg in der Reihe „Wis-senschaft auf AEG" einen Einblick in aktuelle Ergebnisse der Eorschung.

Was beeinflusst die Lebenszufrie-denheit? Viele würden hier wohl reflexhaft „Geld" anführen. Das dem nicht so ist, verrät bereits der Titel

von Wolbrings Vortrag „Geld alleine macht nicht glücklich". Denn die Eorschung hat ergeben: Wohlstand wirkt sich am stärksten lediglich im unteren Einkommensbereich auf die Lebenszufriedenheit aus. Sind menschliche Grundbedürfnisse wie Essen, ein Dach über dem Kopf und Sicherheit befriedigt, steigt mit wach-sendem Wohlstand kaum das persön-liche Glück. Wissenschaftler nennen dies das „Easterlin-Paradox". Es geht auf den Ökonomen Richard Easterlin zurück. An die Stelle alter Bedürfnis-se und Wünsche treten neue, etwa nach sozialer Anerkennung, Integra-tion oder Selbstverwirklichung. Und dies lässt sich nur selten mit Geld bewerkstelligen.

Eür Tobias Wolbring bestimmen viele Faktoren die Lebenszufrieden-heit: Freunde, Familie, die Qualität einer Beziehung oder die Gesund¬

heit. Und hier kommt es auf eine gute Mischung an.

Bei manchen Menschen wird die Lebenszufriedenheit auch durch soziale Vergleiche beeinflusst: Der Nachbar fährt ein größeres Auto oder der Kollege verdient mehr Geld. „Menschen, die stärker zum sozialen

Die NZ präsentiert

Vergleich neigen, sind im Durch-schnitt unzufriedener", sagt der 36-Jährige.

Doch auch hier gilt: größere Autos oder teurere Urlaube führen nicht automatisch zu einer Steigerung des eigenen Wohlbefindens. Denn es tritt ein Gewöhnungseffekt ein, den die Wissenschaft „hedonistische Tret-mühle" nennt. Darunter ist zu verste-hen, dass Menschen nach einem sehr

positiven Ereignis - etwa einem Lot-togewinn oder der eigenen Heirat nach einer gewissen Zeit zu einem normalen Level an Glücklichsein zurückkehren. Auch bei negativen Ereignisse wie einer Scheidung oder dem Tod des Partners gibt es solche Gewöhnungseffekte. Allerdings hin-terlassen diese Ereignisse oft auch bleibende Effekte.

Wie lässt sich nun die Lebenszu-friedenheit dauerhaft positiv beein-flussen? „Einige Faktoren haben wir selbst in der Hand", sagt Wolbring. Die eigene Einstellung zum Leben gehört dazu, positive Freundschaf-ten, eine ausgeglichene Work-Life-Balance und nicht zu vergessen mehr Gelassenheit.

O Mit diesem Vortrag endet die Reihe „Wissenschaft auf AEG“. Im November geht es weiter.

Nürnberger Projekt: „Geniale Wissenschaft - selbst erleben"

Mittelschülerinnen treffen Nobelpreisträgerin „Geniale Wissenschaft - selbst erleben.“ Unter diesem Motto beschäftigen sich drei Nürnberger Mittelschul-Klassen ein Jahr lang mit wissenschaftlichem Arbeiten. Sie experimentieren, drehen Videos und treffen Forsoher. An der Bismarckschule geht das Projekt, dass die Universität Erlangen-Nürnberg entwickelt hat, jetzt in die Endphase.

NÜRNBERG - Helena und Sultam sitzen um zwei zusammengeschobe-ne Tische und schneiden mit rosa und blauen Bastelscheren DIN-A4-Papier in dünne Streifen. Das kleine Klassenzimmer mit einer Wand aus Glasbausteinen und brau-nen, zerkratzten Schrankwänden sieht nicht gerade nach innovativem Lernen aus. Doch hier soll ein Youtu-be-Video zum Thema Gentechnik ent-stehen. Die Papierstreifen helfen beim Erklären des DNA-Aufbaus.

Die beiden Mädchen machen beim Projekt „Geniale Wissenschaft selbst erleben“ mit. Das Nürnberger Schulmuseum und das Zentralinsti-tut für Wissenschaftsreflexion und Schlüsselqualifikation - beides Ein-richtungen der Friedrich-Alexander-Universität - haben sich die Aktion ausgedacht. Sie wollen Mittelschü-lern wissenschaftliches Arbeiten bei-bringen. Die Jugendlichen beschäfti-gen sich ein knappes Schuljahr lang mit einem Thema, sprechen mit Wis-senschaftlern und erstellen am Ende

selbst ein Video, das anschließend anderen Schülern auf Youtube beim Lernen helfen soll. Die Robert-Bosch-Stiftung und der Innovationsfonds Lehre fördern das Projekt.

Damit die Zuschauer später auch verstehen, um was es bei Gentechnik geht, sind die beiden Achtklässlerin-nen gerade fleißig am Ausschneiden. Auf dem Papier stehen verschiedene Buchstaben untereinander - A, T, G und C. Sie stehen für die Bausteine der DNA: Adenin, Thymin, Guanin und Cytosin. Später wollen die Schü-lerinnen die dünnen Streifen zusam-menrollen und damit den Zuschau-ern demonstrieren, wie das Erbgut aufgebaut ist.

Wie vererbt sich die Augenfarbe?

Im Verlauf des Projektes haben sich die Schülerinnen ausführlich mit Genen beschäftigt. „Mich hat besonders die Vererbung der Augen-farben interessiert", sagt Sultam. „Ich habe auch vorher schon darüber nachgedacht, warum ich grüne Augen habe.“ Anhand einer Verer-bungstabelle kann die Achtklässlerin jetzt ablesen, welche Augenfarben sich bei der Vererbung stärker durch-setzen und - in der Fachsprache „dominant" sind und welche Farben eher das Nachsehen haben, also „rezessiv“ sind.

Um mehr über Gentechnik zu erfahren, konnten sich die Mittel¬

schüler sogar mit einer Nobelpreisträ-gerin austauschen. Zusammen mit „Frau Kim“, wie die Schülerinnen ihre Betreuerin Kim Graf nennen, die als angehende Realschullehrerin an dem Projekt mitarbeitet, sind sie nach Tübingen zu Christiane Nüss-lein-Volhard gefahren. Die Biochemi-kerin hat im Jahr 1995 den Medizin-nobelpreis für ihre Forschungen zur genetischen Steuerung der Embryo-nalentwicklung bekommen.

Auch wenn die Schülerinnen den Austausch mit einer so renommier-ten Forscherin spannend fanden,

selbst später einmal in diesem Berei-che arbeiten wollen sie nicht. „Das ist nicht so mein Ding, wenn das mit Physik oder Chemie zu tun hat“, sagt Sultam und lacht. Auch Kim Graf nimmt bei dem Projekt etwas für ihr Lehramtsstudium mit. „Die Mittel-schule ist ein raueres Pflaster, da gibt es auch sprachliche Probleme, mit denen man vorher nicht rechnet", sagt sie. „Die Schüler sagen auch sehr deutlich, wenn sie auf etwas keine Lust haben." Die beteiligten Lehr-amtsstudenten haben es in der Hand, in ihrem späteren Beruf Jugendliche

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Nur eine von fünf Professoren ist eine Frau

FÜRTH — Frauen besetzen nur rund ein Fünftel aller Professuren an baye-rischen Hochschulen und Universi-täten, wie das Landesamt für Statis-tik am Montag in Fürth mitteilte. Insgesamt gab es vergangenes Jahr 6881 Professuren, darunter waren 1408 Professorinnen - also in etwa 20,5 Prozent. Im Vergleich zum Vor-jahr stieg der Frauenanteil damit um ungefähr ein halbes Prozent. Im Jahr 2010 lag die Frauenquote unter den Professuren noch bei 15,1 Prozent.

Moderiertes Gespräch mit „Botschaftsf üchtling"

ERLANGEN — Manuela Beckmann war 18 Jahre alt, als sie in die Prager BRD-Botschaft floh. Am 30. Septem-ber 1989 drängte sie sich zusammen mit 4000 DDR-Bürgern im Garten der Deutschen Botschaft in Prag, um vom westdeutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher zu hören, dass ihre Ausreise nach West-deutschland bewilligt wurde. Sie war eine derjenigen, die als „Bot-schaftsflüchtlinge" in die Geschich-te eingingen. Heute Abend, 26. Juni, ist Beckmann zu Gast an der Uni in Erlangen. Sie spricht mit Studenten über ihre kleine Geschichte hinter der großen Geschichte. Eine Gruppe Erasmus-Studenten aus Italien lädt mit dem Sprachenzentrum der Uni Interessierte ab 20 Uhr in die Bis-marckstraße la, Raum 00.010, in Erlangen zum Gespräch ein. Die Idee dazu entstand in ihrem Überset-zungskurs, in dem sie sich mit der deutschen Teilung und ihren Aus-wirkungen auseinander gesetzt haben. Der Eintritt ist frei.

NZ Wissen

Telefon: 0911/23 51 -2090 Fax: 0911/2351 -133201 E-Mail: [email protected] Internet: www.nordbayern.de/hochschule Blog: www.nz.de/blogs/campus

für Wissenschaft zu begeistern und dafür Vermittlungsstrategien zu ent-wickeln.

Diese Beobachtung hat auch Mathi-as Rösch gemacht. Der Koordinator des Projekts und Leiter des Nürnber-ger Schulmuseums sitzt zusammen mit vier Schülern um ein iPad und erklärt ihnen anhand seiner Zeich-nungen Albert Einsteins Relativitäts-theorie. „Die Schüler reden hier nicht lange um den heißen Brei herum", sagt Rösch. „Wir wollen, dass die Schüler merken, dass es machbar ist, Dinge zu verstehen, die sie interessie-ren."

So ein Typ namens Einstein

Bei Raphael ist das bereits gelun-gen. „Ich habe meinen Eltern daheim von unseren Forschungen erzählt. Die verstehen gar nicht, was ich sage. Die halten mich für verrückt“, sagt der 14-Jährige und lacht. Den Schüler motiviert das, weiter zu lernen: „Mei-ne Eltern sollen mich für noch ver-rückter halten."

Doch erst einmal wollen sie zum Elternabend kommen, um sich dann die fertigen Videos anzuschauen. Wer aus der Gruppe als Sprecher im Bild Vorkommen soll, steht noch nicht fest. Den Text gibt es schon ganz in der Sprache der Jugendli-chen: Das Video handelt „von so einem Typ namens Albert Einstein".

Björn-Hendrik Otte

Von Christiane Krodel

NÜRNBERG — Die Deutschen sind,und das mag manche verwundern,weil es der subjektiven Wahrneh-mung zu widersprechen scheint, eindurchaus zufriedenes Volk. Bei einerUmfrage gaben mehr als 50 Prozentder Befragten auf einer zehnstufigenSkala einen Wert von Sieben oderhöher an.

Tobias Wolbring, Professor fürEmpirische Wirtschaftssoziologie ander Uni Erlangen-Nürnberg, beschäf-tigt sich wissenschaftlich mit derLebenszufriedenheit. Am Montaggab er in Nürnberg in der Reihe „Wis-senschaft auf AEG“ einen Einblick inaktuelle Ergebnisse der Forschung.

Was beeinflusst die Lebenszufrie-denheit? Viele würden hier wohlreflexhaft „Geld“ anführen. Das demnicht so ist, verrät bereits der Titel

von Wolbrings Vortrag „Geld alleinemacht nicht glücklich“. Denn dieForschung hat ergeben: Wohlstandwirkt sich am stärksten lediglich imunteren Einkommensbereich aufdie Lebenszufriedenheit aus. Sindmenschliche Grundbedürfnisse wieEssen, ein Dach über dem Kopf undSicherheit befriedigt, steigt mit wach-sendem Wohlstand kaum das persön-liche Glück. Wissenschaftler nennendies das „Easterlin-Paradox“. Es gehtauf den Ökonomen Richard Easterlinzurück. An die Stelle alter Bedürfnis-se und Wünsche treten neue, etwanach sozialer Anerkennung, Integra-tion oder Selbstverwirklichung. Unddies lässt sich nur selten mit Geldbewerkstelligen.

Für Tobias Wolbring bestimmenviele Faktoren die Lebenszufrieden-heit: Freunde, Familie, die Qualitäteiner Beziehung oder die Gesund-

heit. Und hier kommt es auf einegute Mischung an.

Bei manchen Menschen wird dieLebenszufriedenheit auch durchsoziale Vergleiche beeinflusst: DerNachbar fährt ein größeres Auto oderder Kollege verdient mehr Geld.„Menschen, die stärker zum sozialen

Vergleich neigen, sind im Durch-schnitt unzufriedener“, sagt der36-Jährige.

Doch auch hier gilt: größere Autosoder teurere Urlaube führen nichtautomatisch zu einer Steigerung deseigenen Wohlbefindens. Denn estritt ein Gewöhnungseffekt ein, dendie Wissenschaft „hedonistische Tret-mühle“ nennt. Darunter ist zu verste-hen, dass Menschen nach einem sehr

positiven Ereignis – etwa einem Lot-togewinn oder der eigenen Heirat –nach einer gewissen Zeit zu einemnormalen Level an Glücklichseinzurückkehren. Auch bei negativenEreignisse wie einer Scheidung oderdem Tod des Partners gibt es solcheGewöhnungseffekte. Allerdings hin-terlassen diese Ereignisse oft auchbleibende Effekte.

Wie lässt sich nun die Lebenszu-friedenheit dauerhaft positiv beein-flussen? „Einige Faktoren haben wirselbst in der Hand“, sagt Wolbring.Die eigene Einstellung zum Lebengehört dazu, positive Freundschaf-ten, eine ausgeglichene Work-Life-Balance und nicht zu vergessen mehrGelassenheit.

m Mit diesem Vortrag endet dieReihe „Wissenschaft auf AEG“.Im November geht es weiter.

Dieyz präsentiert

Alles Geld nützt nichts, wenn jemand krank ist. Aller Reichtum ist sinnlos, wenn er mit niemandem geteilt werden kann. Nur durch die richtigeMischung vieler Faktoren lässt sich die eigene Zufriedenheit steigern, sagt die Wissenschaft.

„Geniale Wissenschaft – selbsterleben.“ Unter diesem Mottobeschäftigen sich drei NürnbergerMittelschul-Klassen ein Jahr langmit wissenschaftlichem Arbeiten.Sie experimentieren, drehenVideos und treffen Forscher.An der Bismarckschule gehtdas Projekt, dass die UniversitätErlangen-Nürnberg entwickelt hat,jetzt in die Endphase.

NÜRNBERG — Helena und Sultamsitzen um zwei zusammengeschobe-ne Tische und schneiden mit rosaund blauen BastelscherenDIN-A4-Papier in dünne Streifen.Das kleine Klassenzimmer mit einerWand aus Glasbausteinen und brau-nen, zerkratzten Schrankwändensieht nicht gerade nach innovativemLernen aus. Doch hier soll ein Youtu-be-Video zum Thema Gentechnik ent-stehen. Die Papierstreifen helfenbeim Erklären des DNA-Aufbaus.

Die beiden Mädchen machen beimProjekt „Geniale Wissenschaft –selbst erleben“ mit. Das NürnbergerSchulmuseum und das Zentralinsti-tut für Wissenschaftsreflexion undSchlüsselqualifikation – beides Ein-richtungen der Friedrich-Alexander-Universität – haben sich die Aktionausgedacht. Sie wollen Mittelschü-lern wissenschaftliches Arbeiten bei-bringen. Die Jugendlichen beschäfti-gen sich ein knappes Schuljahr langmit einem Thema, sprechen mit Wis-senschaftlern und erstellen am Ende

selbst ein Video, das anschließendanderen Schülern auf Youtube beimLernen helfen soll. Die Robert-Bosch-Stiftung und der InnovationsfondsLehre fördern das Projekt.

Damit die Zuschauer später auchverstehen, um was es bei Gentechnikgeht, sind die beiden Achtklässlerin-nen gerade fleißig am Ausschneiden.Auf dem Papier stehen verschiedeneBuchstaben untereinander – A, T, Gund C. Sie stehen für die Bausteineder DNA: Adenin, Thymin, Guaninund Cytosin. Später wollen die Schü-lerinnen die dünnen Streifen zusam-menrollen und damit den Zuschau-ern demonstrieren, wie das Erbgutaufgebaut ist.

Wie vererbtsich die Augenfarbe?

Im Verlauf des Projektes habensich die Schülerinnen ausführlichmit Genen beschäftigt. „Mich hatbesonders die Vererbung der Augen-farben interessiert“, sagt Sultam.„Ich habe auch vorher schon darübernachgedacht, warum ich grüneAugen habe.“ Anhand einer Verer-bungstabelle kann die Achtklässlerinjetzt ablesen, welche Augenfarbensich bei der Vererbung stärker durch-setzen und – in der Fachsprache –„dominant“ sind und welche Farbeneher das Nachsehen haben, also„rezessiv“ sind.

Um mehr über Gentechnik zuerfahren, konnten sich die Mittel-

schüler sogar mit einer Nobelpreisträ-gerin austauschen. Zusammen mit„Frau Kim“, wie die Schülerinnenihre Betreuerin Kim Graf nennen, dieals angehende Realschullehrerin andem Projekt mitarbeitet, sind sienach Tübingen zu Christiane Nüss-lein-Volhard gefahren. Die Biochemi-kerin hat im Jahr 1995 den Medizin-nobelpreis für ihre Forschungen zurgenetischen Steuerung der Embryo-nalentwicklung bekommen.

Auch wenn die Schülerinnen denAustausch mit einer so renommier-ten Forscherin spannend fanden,

selbst später einmal in diesem Berei-che arbeiten wollen sie nicht. „Dasist nicht so mein Ding, wenn das mitPhysik oder Chemie zu tun hat“, sagtSultam und lacht. Auch Kim Grafnimmt bei dem Projekt etwas für ihrLehramtsstudium mit. „Die Mittel-schule ist ein raueres Pflaster, da gibtes auch sprachliche Probleme, mitdenen man vorher nicht rechnet“,sagt sie. „Die Schüler sagen auch sehrdeutlich, wenn sie auf etwas keineLust haben.“ Die beteiligten Lehr-amtsstudenten haben es in der Hand,in ihrem späteren Beruf Jugendliche

für Wissenschaft zu begeistern unddafür Vermittlungsstrategien zu ent-wickeln.

Diese Beobachtung hat auch Mathi-as Rösch gemacht. Der Koordinatordes Projekts und Leiter des Nürnber-ger Schulmuseums sitzt zusammenmit vier Schülern um ein iPad underklärt ihnen anhand seiner Zeich-nungen Albert Einsteins Relativitäts-theorie. „Die Schüler reden hier nichtlange um den heißen Brei herum“,sagt Rösch. „Wir wollen, dass dieSchüler merken, dass es machbar ist,Dinge zu verstehen, die sie interessie-ren.“

So ein Typnamens Einstein

Bei Raphael ist das bereits gelun-gen. „Ich habe meinen Eltern daheimvon unseren Forschungen erzählt.Die verstehen gar nicht, was ich sage.Die halten mich für verrückt“, sagtder 14-Jährige und lacht. Den Schülermotiviert das, weiter zu lernen: „Mei-ne Eltern sollen mich für noch ver-rückter halten.“

Doch erst einmal wollen sie zumElternabend kommen, um sich danndie fertigen Videos anzuschauen.Wer aus der Gruppe als Sprecher imBild vorkommen soll, steht nochnicht fest. Den Text gibt es schon –ganz in der Sprache der Jugendli-chen: Das Video handelt „von soeinem Typ namens Albert Einstein“. Björn-Hendrik Otte

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Nürnberger Projekt: „Geniale Wissenschaft – selbst erleben“

Mittelschülerinnen treffen Nobelpreisträgerin

22 Mittwoch, 26. Juni 2019 Wissen

Nürnberger Zeitung | 26.06.2019

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