Raine Miller - Cherry Girl, Das Maedchen Mit Dem Kirschroten Haar
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Transcript of Raine Miller - Cherry Girl, Das Maedchen Mit Dem Kirschroten Haar
LOBPREISUNGEN FÜR
Cherry Girl
Erkenntnis: Cherry Girl ist ein Buch, das man ein-
fach lesen muss, vor allem wenn man die The Black-
stone Affair Serie geliebt hat!! Ich habe mich immer
gefragt, wie sich dieses Paar wohl damals gefunden
hat, da wir ja immer Ausschnitte von deren Leben in
Ethans und Brynnes Geschichte gesehen haben. Aber
zu sehen wie Neil und Elaina zusammen gekommen
sind, war es einfach…SO. WERT. ZU. LESEN!
KAWEHI’S BOOK BLOG~
So eine wundervolle Geschichte. Und auch Vergleiche
zu den vorhergehenden Büchern der The Black-
stone Affair Serie sind für mich akzeptabel. :)
Sprache, Orte, Alpha-Männer, wunderschöne Heldin,
heißer Sex…seht ihr, alles gute Dinge, von denen man
nicht genug bekommen kann! Neil ist ein verführ-
erischer Mix aus einem sensiblen, fürsorglichen, ver-
antwortungsbewussten und scharfen Helden. Aus ver-
schiedenen Gründen ist es immer ein Spaß etwas über
Raine Millers schmutzig redende, britische Kerle zu
lesen! Ich sehe Cherry Girl als ein Geschenk, das
mich positiv überrascht hat.
VARACIOUS READER BOOK REVIEWS~
Mein letztendlicher Gedanke ist, dass dieses Buch
eines von Raine Millers besten ist. Ein wahrer
Diamant. Du wirst lachen, du wirst weinen (glückliche
3/683
und traurige Tränen), du wirst dich verlieben, erregt
sein und vor allem wirst du vollständig von Cherry
Girl vereinnahmt werden.
BOOK FRI-ENDS~
Ich habe diese Geschichte von Anfang bis Ende ein-
fach geliebt und jedes Rauf und Runter der Achter-
bahnfahrt zwischendurch auch!
BOOKIE THE BOOK CHICK~
Es gibt keinen Grund mehr zu sagen als…dass es ein-
fach eine wunderschöne Geschichte zwischen Neil
und seinem Cherry Girl ist, mit Charakteren, die wir
bereits in der The Blackstone Affair Serie kennen-
lernen durften. Ich bin ein riesiger Fan von Raine
Miller…liebe es wie sie schreibt. Sie hat diese gewisse
Art, dass du nicht anders kannst, als dich in die
4/683
Charaktere zu verlieben. Es fühlt sich jedes Mal fast
so an, als ob du sie persönlich kennen würdest.
KT BOOK REVIEWS~
5 atemberaubende Sterne!!! Sobald ich angefangen
hatte dieses Buch zu lesen, hang ich auch schon am
Haken…Ich konnte es nicht weglegen! Einfach um-
werfend. Und auch wie sich diese Geschichte entfaltet
hat, war einfach etwas Besonderes; von der
Begegnung in der Vergangenheit bis hin zur Gegen-
wart. Ich habe Cherry Girl geliebt!
L. HERNANDEZ~
Was kann ich mehr über Cherry Girl sagen, als der
Tatsache, dass es wahrscheinlich eine der schönsten
Liebesgeschichten war, die ich jemals gelesen habe.
Raine Miller hat es erneut geschafft!
5/683
LESLEY DE WIG~
Nachdem ich dieses Buch beendet hatte, war ich
sprachlos. Die Emotionen, die Sehnsucht und die
Reise die Neil und Elaina durchstehen mussten,
haben meine Seele berührt. Cherry Girl zeigt das
Talent von Raine Miller. Als ich dachte, sie könnte
nicht besser werden, schreibt sie dieses Buch, ange-
füllt mit so viel Liebe und Emotionen. Ich liebe ein-
fach deren Geschichte. Ich habe mich gefühlt, als ob
ich jeden Moment mit den beiden gemeinsam erleben
würde – die guten und die schlechten.
LUNA SOL~
Cherry Girl ist eine weitere, wunderschöne
Geschichte von Raine Miller. Wunderschön und
herzzerreißend, aber genauso auch herzerwärmend.
6/683
Es hat einfach alles, was eine gute Liebesgeschichte
braucht.
WENDY LE GRAND~
7/683
Andere Bücher von Raine Miller
The PASSION of DARIUSThe UNDOING of a LIBERTINE
The MUSE
The Blackstone AffairNAKEDALL IN
EYES WIDE OPENRARE AND PRECIOUS THINGS
The Rothvale LegacyPRICELESSMY LORD
Cherry GirlDas Mädchen mit dem
kirschroten Haar
Ein BLACKSTONE AFFAIRRoman
Raine MillerAus dem Englischen von
Franziska Popp
Der Autor erkennt die urheberrechtlichen
oder geschützten Markenartikel und deren
Besitzer der erwähnten Marken, die in der
folgenden erfundenen Geschichte erwähnt
werden, an: Land Rover, Range Rover; Lon-
don Underground; Olympische Spiele Lon-
don 2012; Jimi Hendrix; Bombay Sapphire;
Schweppes; Djarum Blacks; J. Hendrix
–Wind Cries Mary; Amazon Kindle; Lily
Munster; Dr. Marten’s; Chuck Taylor; UGG;
Dolce & Gabbana; Guinness; Spotify; Bur-
berry; Paracetamol; Spiderman; Nike dri-
FIT; JR WARD - Seelenjäger /Todesfluch -
Copyright © 2015 Raine Miller Romance
All rights reserved.
Cover by Marya Heiman
www.strongimageediting.com
Translation by Franziska Popp
Cover Image
Cristina Cappelletti
© Dandyshadowplay – 2013
www.dandyshadowplay.com
11/683
WIDMUNG
Für meinen D, der mich immer wiederauf den Boden zurückholt~
Blütenblätter werden vom Wind verwehtund den Wind bekümmert es nicht
aber die Blütenblätter des Herzens kann derWind nicht erreichen.
—Yoshida Kenko, (14. Jahrhunderty) Japan
InhaltsverzeichnisWIDMUNG
TEIL EINS
1
2
3
4
5
6
7
TEIL ZWEI
8
9
10
11
12
13
TEIL DREI
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
EPILOG
ÜBER DEN AUTOR
DANKSAGUNGEN
14/683
TEIL EINS
Elaina
Menschen, die bestimmt sind zusammen zu sein,
werden einen Weg zueinander finden.
Es wird vielleicht Umwege entlang dieses Weges
geben,
aber sie werden niemals vollkommen verloren sein.
Autor Unbekannt~
1Ich erinnerte mich an den Tag, als ich
ihn zum ersten Mal erblickte. Diesen er-
sten Moment, indem sich unsere Wege
kreuzten. Diese erste Begegnung war auf
ewig in meine Erinnerung gebrannt. Das war
mir so klar wie Kloßbrühe.
Ich war zehn Jahre alt als mein Bruder,
Ian, ihn zum Abendessen mitbrachte. Er saß
mir gegenüber am Tisch. Ich sah wahr-
scheinlich wie ein totaler Idiot aus als ich ihn
anglotzte, aber es schien ihn nie gestört zu
haben. Und das ist auch gut so, weil ich sog-
ar dann meine Augen nicht hätte von ihm
abwenden können. Neil war wunderschön
als ich ihn damals zum ersten Mal durch
meine Kinderaugen erblickte. Schlicht und
ergreifend wunderschön.
Es war auch egal, dass er sieben Jahre
älter und mit Sicherheit total uninteressiert
war an einem schlaksigen kleinen Mädchen
mit einer Zahnspange, die definitiv alles an-
dere als wunderschön war.
Er zwinkerte mir zu, als er mich erneut
ertappte, wie ich versuchte einen Blick auf
ihn zu erhaschen, während ich von einem
der leckeren Brötchen abbiss, die meine
Mutter selbstgemacht hatte. Ich erinnerte
mich, wie diese Geste von ihm etwas
Komisches in mir ausgelöst hat. Meine In-
nereien fühlten sich an, als wären sie zu Kar-
toffelbrei zusammengestampft worden. Auch
wenn ich ihm gegenüber schüchtern und ver-
legen wirkte, war mir bereits in diesem
17/683
Moment klar, dass ich den Jungen getroffen
hatte, den ich eines Tages heiraten würde.
Es stimmte. Ich verliebte mich in Neil
McManus als ich noch ein Kind war. Ich war
mir über meine Gefühle bewusst, genauso
wie ich wusste, dass es einseitig war. Außer-
dem hatte ich über die Jahre immer beo-
bachtet, wie er eine Freundin nach der an-
deren hatte. An was ich mich allerdings nicht
erinnerte ist, ob er an dem Tag als wir uns
zum ersten Mal sahen, etwas zu mir gesagt
hat. Ich erinnerte mich nur daran, dass er
meine Mutter mit Respekt angesehen und
ihr für das leckere Abendessen gedankt hat.
Das hat mich schon damals beeindruckt.
Sogar ich, ein zehnjähriges Mädchen, konnte
in ihm die tiefe Dankbarkeit, die er ge-
genüber meiner Mutter empfand -
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Dankbarkeit für etwas, dass sie für jeden
Gast in unserem Haus getan hätte- sehen.
Ich hatte ihm angesehen, dass er es nicht ge-
wohnt war, ein gemütliches Abendessen mit
der Familie zu haben. Er schätzte etwas, dass
ich für selbstverständlich hielt. Er war nur
ein junger Freund meines Bruders, den er
heimgezerrt hatte, von Gott weiß woher und
weg von was für Schwierigkeiten auch im-
mer. Allerdings war vom ersten Moment an
klar, dass dieser Junge etwas Besonderes für
uns alle darstellen würde. Für mich wurde er
das auf jeden Fall.
Von diesem Tag an kam Neil recht
häufig zum Abendessen. Manchmal fühlte es
sich an, als wäre Neil mein neuer Bruder, der
bei uns eingezogen war. An anderen Tag
tauchte er auf, nachdem er einige Wochen
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wie vom Erdboden verschluckt war, mit
einem leeren Ausdruck in seinen dunklen,
dunklen Augen. Sein Leben zu Hause war of-
fensichtlich scheiße. Keine Mutter, nur ein
Vater, der sich einen Dreck um ihn scherte.
Mein Papa war auch nicht wirklich oft da,
aber das war nicht weil er uns nicht wollte,
der Grund lag bei seinem Beruf, weswegen er
oft geschäftlich unterwegs war. Natürlich
vermisste ich meinen Vater. Wahrscheinlich
war es auch deshalb nur zu verständlich,
dass ich mich mit einer älteren männlichen
Person so verbunden fühlte. Jemandem, der
immer nett zu mir war und nicht so tat als
hätte ich die Pest.
Neil nannte mich Cherry Girl, wegen der
Farbe meines Haares. Da hatte er wohl nicht
ganz Unrecht. Meine Haare hatten ziemlich
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genau die Farbe von diesen dunklen
Kirschen - fast schwarz mit einem Unterton
von tiefrot. Neil sagte mir, dass mein Haar
einfach wunderschön sei und diese kleine
Geste reichte aus um mein Selbstbewusst-
sein aufblühen zu lassen. Ich nahm dieses
Kompliment und bewahrte es auf.
Auch erinnerte ich mich daran, wie er
mein Haar zum ersten Mal berührte. Diese
Erinnerung ist so tief in mein Gehirn gebran-
nt, dass ich sie niemals vergessen könnte,
nicht einmal, wenn ich es versuchen würde.
Weil es nämlich auch der Tag war, an dem er
mich zum ersten Mal gerettet hat…
21/683
Das Kricketfeld reichte bis zum Anfang eines
Waldstückes, welches in einem gewissen Ab-
stand zu sehen war. Als ich elf Jahre alt war,
an einem sommerlichen Sonntagnachmittag,
hatte ich auf einem Zaun gesessen und der
lokalen Mannschaft zugeschaut, wie sie
Kricket spielten. Neil und Ian waren auch da.
Ich hatte beobachtet, wie sie mit Mädchen
und anderen Freunden, die sie kannten,
sprachen. Ich war zufrieden damit das Spiel
von meinem Platz auf dem Zaun aus zu beo-
bachten und keine Aufmerksamkeit auf mich
zu lenken. Die Wärme an diesem Tag lockte
die Menschen aus ihren Häusern, was es
schwierig machte ein freies Plätzchen um das
Spielfeld herum zu finden. Als eine laute, un-
ausstehliche Gruppe sich dem Platz näherte,
wurde deutlich, warum klein sein ein
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Problem darstellte. Denn ich wurde in dem
entstehenden Gedränge einfach verschluckt.
Eine umstrittene Entscheidung des Off-
iziellen löste die Unruhen aus. Genau vor
mir brach ein Kampf aus. Zwei Kerle prügel-
ten aufeinander ein. Dabei war es ihnen egal,
wen sie vielleicht ungewollt mit ihren Taten
verletzten. Ich hatte mich nicht schnell
genug geduckt und wurde von einer Faust
getroffen und dabei von meinem Platz auf
dem Zaun heruntergestoßen. Genau auf
meinen rechten Arm. Und genau auf einem
Stein. So typisch für mich.
Ich hörte das Geräusch als der Knochen
brach, fühlte den Schmerz, sah die brutalen
Schläge der zwei Streithähne, und roch das
Bier, das verschüttet worden war als der er-
ste Schlag den Gegner traf.
23/683
Ich hielt meinen Arm und versuchte re-
gelmäßig ein- und auszuatmen, konnte aber
meine Tränen nicht zurückhalten und fing
an zu weinen. Sicher, dass mich weder je-
mand sehen, noch mir helfen würde.
Da lag ich aber falsch.
Das schönste Gefühl durchströmte mein-
en kleinen Körper als ich Neils Stimme an
meinem Ohr sagen hörte: „Ich habe dich,
Cherry Girl, und dir wird es bald besser
gehen.“
„Mein Arm tut weh“, ließ ich ihm durch
einen Ansturm von Tränen wissen.
„Ich weiß, Süße.“
„Ich hab ein Geräusch gehört…als ob ein
Ast in der Mitte zerbrochen worden ist.
Bedeutet das, dass mein Arm gebrochen
ist?“, jammerte ich.
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Er hob mich hoch und schrie etwas zu
meinem Bruder rüber. Der Ärger in seinem
Gesichtsausdruck verdunkelte seine Augen
zu einem furchterregenden Schwarz, als er
die zwei, die meine Verletzung verursacht
hatten, in den Fokus nahm. Ich wollte nicht
im Körper einer der beiden idiotischen Kerle
stecken, was mir am nächsten Tag bestätigt
werden sollte.
Neil strich mir über die Haare und blieb
die ganze Zeit bei mir, bis der Arzt meinen
Arm gipsen konnte. Und auch, als er den
Arm richten musste. Das Knochenrichten tat
weh, aber das Trostzusprechen und die san-
fte Berührung von Neils Hand, als er über
meine Haare strich, ließ mich den Schmerz
fast vergessen. „Sieh mich an, Cherry. Be-
halte deine Augen bei mir“, sagte er mit
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einem Lächeln, während seine Hand immer
wieder langsam über meine Haare strich.
Am nächsten Tag brachte Neil ein paar
Besucher mit nach Hause. Mit einem
Gesichtsausdruck von Reue und dem Beweis,
dass eine zweite Runde von Schlägen durch
Neil und Ian ausgeteilt worden waren, ka-
men die zwei Idioten, die für meinen
gebrochenen Arm verantwortlich waren, mit
Blumen und einer Entschuldigung zu mir
und meiner, in Panik geratenen, Mutter.
Mein Vater hatte auch noch seinen Moment
mit den Beiden, sobald er von seiner
Geschäftsreise zurückgekommen war. Die
armen Kerle hatten keine Chance und ich
konnte mit Sicherheit sagen, dass sie in die
richtige Richtung geschubst worden waren.
26/683
Neils Taten, vor allem in den Zeiten als
ich ihn wirklich brauchte, hatten seinen Platz
in unserer Familie sichergestellt. Er wurde
sozusagen inoffiziell von meinen Eltern ad-
optiert. Er wurde zum zweiten Sohn. Dies
verstanden einfach alle und so wurde sich
ihm gegenüber auch verhalten. Ich musste
akzeptieren, dass meine Mutter und mein
Vater Neil auch liebten…was bedeutete, dass
ich ihn mit meiner Familie teilen musste.
Ich erlaubte nicht einmal meiner besten
Freundin sich auf meinen Gips zu verewigen,
jedenfalls nicht, bevor Neil es getan hatte.
Mein Ritter in schillernder Rüstung.
Damals.
Als ich vierzehn war, und er einun-
dzwanzig, ging er zur Armee. Er ging fort
und kämpfte für Großbritannien. Meine
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Eltern hatten eine Abschiedsparty für ihn or-
ganisiert und ich erinnerte mich noch, wie
normal es für mich schien, dass wir diese
Party gaben und nicht seine eigene Familie.
Nicht, dass diese jemals auch nur einen
Hauch von Interesse gezeigt hätte. Es
machte mich traurig, dass ich mich nicht an
eine einzige Unterhaltung mit Neil erinnern
konnte, in der er jemals über irgendetwas
Persönliches gesprochen hat. Die Informa-
tionen die ich hatte, kamen immer von
meinem Bruder, Ian.
Die Morrison Familie hatte Neil für sich
selbst beansprucht und so würde es auch im-
mer bleiben.
Als es Zeit war für unseren Abschied
wurde ich schüchtern, kämpfte mit den
Worten, die ich sagen wollte, aber ich wusste
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genau, ich hatte nicht die geringste Ahnung
wie ich ausdrücken sollte, was ich fühlte. Ich
wollte Neil nicht einfach so gehen lassen,
nicht ohne ein richtiges ‚Auf Wiedersehen‘
meinerseits. Allerdings war ich auch alles an-
dere als selbstbewusst, eben wie jedes nor-
male Mädchen in meinem Alter, welches ein-
en erwachsenen Mann verehrte und von dem
sie glaubte, er hätte die Fähigkeit inne über
das Wasser zu gehen. Auch wartete ich bis
seine Freundin Cora aufs Klo ging. Ich
mochte Cora nicht sonderlich und vermied
es, ihr zu erlauben meinen ersehnten Ab-
schiedsmoment mit Neil zu versauen. Ich
war klug genug zu wissen, dass ich im
Nachteil war, sobald sie in der Nähe
auftauchte.
29/683
„Also, Cherry Girl, fall nicht wieder von
irgendwelchen Zäunen oder gerate inmitten
einer Schlägerei während ich fort bin, okay?“
Seine dunklen Augen funkelten im
Scherz, was dazu führte, dass ich nicht an-
ders konnte als seine Sticheleien mit einem
Lächeln zu beantworten.
„Werde ich nicht.“
„Es wäre nicht so einfach von Afgh-
anistan aus Kopfnüsse zu verteilen.“
Ich schaute auf den Boden und schluckte
den Klos runter, der sich auf einmal in
meinem Hals gebildet hatte.
„Niemand wird mich belästigen. Mir
passiert so etwas nie“, sagte ich.
Er beugte sich herunter, um mir in die
Augen zu schauen, und wartete bis ich sein-
en Blick erwiderte. „Ich denke, dass wird
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sich bald ändern, Cherry. Du wirst immer
hübscher, mit jedem Tag. Alle Jungs werden
ganz verrückt nach dir sein und sie sind
besser nett zu dir. Ian hat strikte Anweisun-
gen. Er soll die ganzen Arschlöcher im Zaum
halten und sichergehen, dass ich immer auf
dem neuesten Stand bin.“
Ich wurde so rot wie eine Tomate und
fand endlich den Mut ihm mein Geschenk zu
geben. „Ich hab etwas für dich und ich hab es
selbst gemacht.“ Ich gab ihm das kleine
Päckchen und wartete gespannt, während er
es öffnete. Seine großen Hände schoben das
Papier vorsichtig zur Seite. „Es ist ein Arm-
band“, platzte ich heraus, „als Talis-
man…damit du nicht verletzt wirst.“ Ich hob
einen meiner Arme. „Ich hab auch für mich
eins gemacht. Es hat das
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Unendlichkeitszeichen und zwei Eulen, die
das Glück symbolisieren sollen…Ich werde
jeden Tag für dich beten und dies wird mir
helfen, mich daran zu erinnern.“ Ich flüsterte
die nächsten Worte, die Verlegenheit von
vorher war wieder da. „Sei vorsichtig dort
drüben, Neil, ich will, dass du
zurückkommst.“
Er berührte das schwarz, geflochtene
Leder mit den Anhängern, die ich daran be-
festigt hatte und lächelte, bevor er mich
wieder ansah. „Werde ich“, flüsterte er. Sein
Gesichtsausdruck in diesem Moment war ir-
gendwie anders. Ein Ausdruck, den ich noch
nie bei ihm gesehen hatte, jedenfalls nicht
mir gegenüber. Seine Augen wirkten sogar
wässrig. Wir hatten definitiv einen Moment.
32/683
Er brachte eine Hand zu meiner Wange
und ließ den Kontakt für einen Moment be-
stehen. „Danke.“ Er befestigte das Armband
an seinem Handgelenk und zog es fest. „Ich
werde dich sehr vermissen, Cherry,…und ich
werde dieses Armband tragen, und werde
somit der glücklichste Kerl in der Britischen
Armee sein. Er hielt seinen Arm hoch, um
mir das Armband an seinem Handgelenk zu
zeigen, bevor er mich plötzlich fest umarmte.
„Ich vermisse dich schon jetzt, Neil.“
Und, ich liebe dich. Ich atmete tief seinen
Geruch ein und hoffte, er würde sicher
zurückkehren, dass der Krieg ihn uns nicht
für immer wegnehmen würde.
Ich spürte seine weichen Lippen an
meiner Schläfe und dieses komische Gefühl
in meiner Magengegend kehrte wieder
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zurück. Ich wollte ihn nicht loslassen, aber
ich fühlte mich merkwürdig sobald ich ihm
so nah war…merkwürdig und unbeholfen.
„Ändere dich bitte niemals, Cherry Girl.
Bleibe genauso wie du jetzt bist. Denn du
bist absolut perfekt.“
Dies waren Neils letzte Worte an mich,
bevor er ging um ein Soldat zu werden.
34/683
2Aber nichts bleibt jemals so wie es ist,
und ich hatte mich verändert. Definitiv
verändert. Es ist nicht möglich in Zustand
der Bewegungslosigkeit zu verweilen und
natürlich wird es das auch nie. Veränderung
ist unvermeidbar.
Das Jahr in dem Neil der Armee beitrat,
war auch das Jahr, in dem sich alles für
meine Familie verändert hat. Scheiße, alles
hat sich geändert, auf der ganzen Welt.
Der 11. September änderte alles.
Mein Vater saß in dem Flugzeug, das
während der Attacken in das Pentagon Ge-
bäude in Washington D.C. gekracht war. Er
war geschäftlich auf dem Weg nach Los
Angeles gewesen, als das Flugzeug entführt
wurde. Einer von über 60 britischen Staat-
sangehörigen, die an diesem schicksalhaften
Tag ihr Leben lassen mussten. Mein Vater
wurde uns von dem einen auf den anderen
Tag entrissen und wir würden ihn nie wieder
sehen. Ich denke, dass war jener Moment,
als ich aus meiner Kindheit heraustrat und
sie hinter mir ließ. Die Zeit meiner Un-
schuld, die ich aus meinem bisherigen Leben
kannte, war vorbei. Für immer.
Es war höchste Zeit erwachsen zu
werden.
Es war schwer für mich, mich an all die
schrecklichen Augenblicke diesen Jahres zu
erinnern. An manche Dinge erinnerte ich
mich sehr klar, Dinge die nicht wichtig er-
schienen und andere Begebenheiten, an die
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ich mich erinnern sollte, waren ein-
fach…weg.
Die Beerdigung meines Vaters bildete da
keine Ausnahme. Ich weiß, wir hatten einen
Gottesdienst für ihn. Ich hatte die Fotos
gesehen, aber ich erinnerte mich weder an
die Beerdigung noch daran, überhaupt an-
wesend gewesen zu sein, oder wer vielleicht
seinen Respekt ausgedrückt hatte, oder, ob
ich mit irgendjemandem gesprochen hatte.
Es existierte nur Leere, wenn ich an diesen
Tag zurückdachte. Allerdings erinnerte ich
mich an so bescheuerte Dinge, wie zum Beis-
piel welche Schuhe ich getragen hatte, als wir
die Nachrichten im Fernsehen, die Bilder des
Feuers und der Trümmer, sowie des ver-
unglückten Flugzeugs, welches meinen
37/683
liebevollen und geliebten Vater mit sich
nahm, gesehen hatten.
Meine roten Chucks mit schwarzen
Schnürsenkeln.
Es ist eigenartig wie unser Unterbe-
wusstsein sich an bestimmten Erinnerungen
festhalten kann, aber nicht an andere. Ein
anderes Beispiel, war der Brief, den mir Neil
geschickt hat, kurz nachdem es passiert war.
Daran erinnerte ich mich gut, auch weil ich
diesen sicher in einer Box verwahrt hatte,
mit all meinen anderen kostbaren Mo-
menten, die mit ihm zu tun hatten.
Liebe Elaina,
es gibt keine angemessenen Worte um
die Tiefe meiner Traurigkeit, über deinen
38/683
Verlust, zu beschreiben. Ich möchte, mehr
als alles andere, jetzt zu Hause in England
sein, aber das ist im Moment leider nicht
möglich. Dein Vater war einer der besten
Menschen, die ich jemals kennen lernen
durfte. Er liebte seine Frau und seine Kinder
und arbeitete hart für euch alle, um euch ein
bequemes und vor allem sorgenfreies Leben
gewährleisten zu können. Er war ein wahr-
er Mann. Diese Welt, in der wir leben, kön-
nte eine Menge mehr Männer wie George
Morrison gebrauchen. Wir werden ihn ver-
missen. Ich wünsche mir so sehr, dass ich
jetzt für dich und Ian und deine liebevolle
Mutter, da sein könnte. Bitte denke daran,
dass ich an dich denke und all meine Liebe
zu euch sende. Meine Gedanken sind bei dir,
Cherry. Vergiss das nicht.
39/683
Für immer dein,
Neil
Sein Brief ist schnell, auf militärbasier-
tem Briefpapier, verfasst worden, was natür-
lich auch zeigte, in welch hektischer Ver-
fahrensweise die Armee nach den Attacken
agierte. Neil war damit beschäftigt gegen den
Terrorismus anzukämpfen und ich war dam-
it beschäftigt erwachsen zu werden und ver-
suchte zu akzeptieren, dass ich nur noch ein-
en Elternteil in meinem Leben übrig hatte.
Ian hatte genug als Student und mit seiner
Karriere als Jurist zu tun. Unsere Mutter
hingegen, war damit beschäftigt, ihren Kum-
mer mit Gin zu ertränken.
40/683
Wir waren alle wirklich sehr beschäftigt
mit unserem Leben fortzufahren und unser-
en Job gut zu machen. Isoliert. Allein.
Mein Vater hatte sich aber um uns
gekümmert. Es gab Leistungen aus seiner
Lebensversicherung, der Fluggesellschaft
und der US Regierung. Also stellte Geld kein
Problem dar. Es war eher diese Leere, die er
hinterlassen hatte, und die Tatsache, dass
wir gezwungen waren zu akzeptieren, dass er
niemals zu uns zurückkehren würde.
Niemals.
Erst da verstand ich die Endgültigkeit
des Todes, nahm diese neue Erkenntnis auf
und verschloss einen kleinen Teil meines
Herzens, in dem Versuch einen ähnlich
furchtbaren Schmerz wie diesen nicht noch
einmal an mich herankommen zu lassen.
41/683
Du bist ein dummes und naives
Mädchen.
Meine Mutter hat es schon immer geliebt zu
kochen. Auch jetzt noch, und genauso wie
damals, als Neil unserer Familie das erste
Mal beim Abendessen beiwohnte, hat sie ihn
auch mit offenen Armen aufgenommen,
wann auch immer er auf Heimaturlaub von
der Armee war und das immer mit deftiger
Hausmannskost. Es war eine Selbstverständ-
lichkeit, dass er uns besuchen kam. Aber
wenn Mama jetzt in ihrer Küche kochte,
brauchte sie ein Glas Gin und Tonic um stark
zu bleiben.
42/683
Ich hatte allerdings nicht das Recht
meine Mutter zu kritisieren. Sie war immer
noch eine gute Mutter, sehr liebevoll, und
widmete sich mit ganzem Herzen meinem
Bruder und mir. Sie war einfach nicht mehr
so „präsent“ und ihr war auch nicht bewusst,
welchen Aktivitäten ich mich nach der
Tragödie hingab - jedenfalls nicht wie sie es
normalerweise wahrgenommen hätte.
Mir wurde Freiheit auf einem Silbertab-
lett serviert, und das zu einer Zeit, in der ich
Regeln gebraucht hätte.
Als eine verwirrte und trauernde Ju-
gendliche, hieß ich dies allerdings willkom-
men. Ach verdammt, ich schnappte zu und
hielt daran fest mit allem was ich hatte.
Bis zum Sommer, im Alter von siebzehn,
hatte ich demnach schon alles ausprobiert,
43/683
was man seine Tochter eigentlich nicht aus-
probieren lassen möchte. Ja, das war ich.
Partys, Alkohol, Rauchen,…Jungs. Ich
probierte so ziemlich alles aus und wurde
dadurch ein wenig älter, irgendwie auch sch-
lauer und sehr unsicher, wenn es um meine
Person ging. Außerdem hatte ich nicht die
geringste Idee, was ich aus meinem Leben
machen wollte. Naja, bei einer Sache war ich
mir schon sicher.
Neil.
Ich wollte ihn noch immer.
Und Neil hatte in einem Punkt recht
behalten.
Als ich zur Frau heranwuchs, rannten
mir die Jungs hinterher. Ich denke allerd-
ings, dass er es bevorzugt hätte, wenn ich
bessere Entscheidungen getroffen hätte,
44/683
wenn es darum ging, wem ich meine
Aufmerksamkeit schenkte. Eigentlich wusste
ich, dass er sich wünschte ich würde besser
auswählen. Ich bemerkte die harten Blicke,
die er mir in der Zeit zuwarf, in der er von
der Armee zu Hause war, wie er meinen ak-
tuellen Freund jedes Mal mit seinen dunklen
Augen - immer wachsam - abschätzte. Die
Tatsache, dass er mir überhaupt
Aufmerksamkeit schenkte, war wundervoll
und Fluch meiner Existenz zugleich.
Denn…er war vergeben. Neil hatte eine Fre-
undin, die einfach nicht ihre Krallen aus ihm
herausziehen wollte.
Er würde mich niemals als Frau
wahrnehmen, solange sie ihn an seinen Ei-
ern hatte. Davon jedenfalls, war ich
überzeugt.
45/683
Während ich mit einer Menge von Jungs
zusammen gewesen war, seitdem er damals
das Land verlassen hatte, blieb Neil, in all
diesen Jahren, Cora treu. Das Warum war
mir allerdings schleierhaft. Ich konnte sie
nicht leiden und wusste, dass sie ihn hinter
seinem Rücken, immer wenn er nicht im
Land war, verarschte. Ich fragte mich immer
wieder, warum er dies nicht selbst erkannte.
Oder, ob er es vielleicht wusste und es ihm
einfach egal war. Ich hätte gedacht, seine
Freunde würden ihm sagen was sie machte,
wenn er nicht da war. Als ich so darüber
nachdachte, hätte Ian es wissen sollen und es
ihm sagen können. War Neil nur mit Cora
wegen dem Sex zusammen? Ätzend. Ich
hasste es über die zwei als Einheit
nachzudenken und zur gleichen Zeit
46/683
versuchte ich ihn zu vergessen. Ich wollte
vergessen, dass er niemals mir gehören
würde. Vergessen, dass unsere Zeit niemals
kommen würde. Vergessen, dass ich den
Mann, den ich liebte, niemals ganz für mich
allein haben würde.
Der Sommer nachdem ich die Schule
beendete, war jener, als wir uns zusammen
in ein neues und unbekanntes Territorium
hineinbewegten. Ich hatte den Startschuss
gehört. Der Funke, der die Flamme zum
Leuchten gebracht hatte, der ein Feuerwerk
startete, einen Waldbrand, welcher Verbren-
nungen und Brandflecken in seiner Zer-
störungswut hinterlassen würde? Dies alles
wurde Teil einer Definition, wenn man die
Beziehung zwischen Neil und mir versuchte
zu beschreiben.
47/683
Neil kam in diesem Sommer nach
Hause. Als ich noch immer achtzehn war
und er fünfundzwanzig. Eine Zeit, in der un-
sere Ampel endlich einmal auf Grün stand…
48/683
3Ich sah Neil an einem Abend kurz
nach seiner Rückkehr, als ich nach
den Seminaren in den Pub kam.
Trotz meiner selbstzerstörenden
Entscheidungen, hatte ich es doch bisher
immer irgendwie geschafft ohne Beulen und
Schrammen davonzukommen. Ich verstehe
nicht, dass ich niemals verhaftet, schwanger
wurde oder noch Schlimmeres passiert war.
Allerdings war ich sehr, sehr dankbar, dass
das Glück auf meiner Seite war. Na ja, mir
war aufgefallen, dass mein zufälliges Glück
in Wirklichkeit als ein Wunder anzusehen
war.
Irgendwie hatte ich es geschafft mich
endlich zusammenzureißen und zu
erkennen, was die „Bestimmung“ für mein
Leben zu sein schien. Es sah so aus, als
hätte ich eine gewisse Gabe für Sprachen.
Und meine Studien in Französisch und Itali-
enisch halfen mir herauszufinden, was ich
mit meinem Talent in der Zukunft anstellen
würde. Ich hatte mich beworben, um als Au
Pair ins Ausland zu gehen; meinen Weg
durch Europa zu arbeiten, in dem ich mich
um die Kinder von Familien kümmerte,
während ich meine Sprachkenntnisse in
dem jeweiligen Land verfeinern konnte. Das
erste Land auf meiner Liste war Italien,
dann Frankreich und vielleicht, wenn alles
zu meiner Zufriedenheit abläuft, würde ich
auch noch nach Spanien und Deutschland
gehen. Ich wollte verzweifelt weg von zu
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Hause und allein sein. Und dies war mein
naiver Plan, um es zu verwirklichen.
Neil war bereits seit drei Wochen auf
Heimaturlaub, als er eines Nachts allein im
Pub auftauchte, wie ein wunderschöner und
atemberaubender Gott in Jeans, schwarzem
T-Shirt und schwarzen Doc’s. Einfach
gekleidet, aber so umwerfend in seinem
Auftreten. Definierte Muskeln, die nur ein
Soldat haben konnte, füllten seine Klamot-
ten so elegant aus, wie es eigentlich nur ein
männliches Model fertigbringen könnte.
Betonung auf „männlich“. Neil war der In-
begriff von männlicher Stärke und Macht
und er erwartete Respekt einfach nur in der
Art und Weise, in der er den Raum
durchquerte, ungeachtet seines Berufes im
Militär. Seine Größe half auch. Er ist ein
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großer Mann. Groß und muskulös wo es
zählte, und er wurde von allen wahrgenom-
men - Männern und Frauen - wegen seines
physischen Auftretens und seiner starken
Persönlichkeit. Indem ich ihn mit Bekan-
nten beobachtete, mit denen er sich unter-
hielt und die ihre Bewunderung für was er
tat zum Ausdruck brachten, sah ich, wie sie
ihn schätzten und respektierten. Sein Leben
als Junge dagegen, war sehr gegensätzlich
gewesen - so ohne die Anerkennung, die er
nun von den Bürgern in dem Pub erhielt.
Deswegen freute ich mich auch um so mehr
für ihn. Es war richtig und angemessen,
dass jeder Neil McManus bemerkte, weil er
es nämlich verdiente.
Das subtile Selbstvertrauen in seinem
Verhalten, die zielgerichteten Bewegungen,
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wenn er mit Leuten sprach, und der Klang
seiner Stimme. All das machte mich ver-
rückt, verrückt mit der Notwendigkeit ihm
nahe zu sein, ihn zu berühren. Ich hätte
alles für das Recht gegeben ihn berühren zu
dürfen und von ihm berührt zu werden. Ich
würde meine Seele an den Teufel verkaufen,
wenn er mich nur einmal mit einem ander-
en Ausdruck in den Augen ansehen würde
als dem ‚Dein – großer – Bruder – ist –
nur – hier – um – dich – zu – beschützen,
kleines Mädchen‘.
Ich war schon seit einer Stunde am
Trinken, als er neben mir auftauchte und
ein Bier bestellte. Durch die Probleme, die
ich im Moment mit meinem Freund Denny
hatte, war ich nicht gerade in der besten
Stimmung. Er hat mich vor ein paar
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Stunden angerufen und mich gefragt, ob ich
später zum Pub kommen würde, damit er es
wieder gut machen könnte. Was auch im-
mer das bedeuten sollte, denn das mit ihm
und mir war ja mal sowas von vorbei. O ja,
ihn mit dieser Schlampe hinter dem Pub zu
erwischen, war definitiv der letzte Nagel für
den Sarg unserer Beziehung und ich wusste,
dass ich ihm niemals wieder Vertrauen
könnte.
Mir war nicht einmal klar, warum ich
überhaupt hier war.
Denny war gleichbedeutend mit Proble-
men und irgendwie hatte er die Rebellin in
mir heraus gekitzelt. Er war ein junger
Mann mit einem Vater, der Geld hatte.
Genug um ihn immer mit genügend
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auszustatten, für ein glänzendes Motorrad
und für Dinge die niemand brauchte.
Dinge, die Denny, von der Persönlich-
keit her gesehen, zu dem genauen Gegenteil
von Neil machte.
Er war immer mit einem Motorradclub
unterwegs, welcher immer wenigstens mit
einen Fuß im Gefängnis stand. Ich tat ein-
fach immer so, als wüsste ich von nichts,
aber ich war sicher, dass Denny Drogen
verkaufte, als zweite Einkommensmöglich-
keit – zusätzlich zu seinem Job als verwöh-
ntes Balk seines Vaters natürlich. Wenn
mein Vater noch am Leben wäre, hätte ich
nicht einmal im Traum daran gedacht, mich
mit Denny zu treffen, oder mit irgendeinem
Kerl.
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Ich wäre wahrscheinlich noch immer
Jungfrau. Unschuldig.
Mich traf plötzlich eine Welle von
Schuld und Trauer, als ich an meinen Vater
dachte. Ich vermisste ihn noch immer. So
sehr. Und ich wusste er wäre zutiefst
enttäuscht wenn er sehen könnte, was aus
mir geworden war und was ich aus meinem
Leben gemacht hatte.
Wenn ich ehrlich mit mir war, dann
störte mich Dennys Betrug nicht in dem
Maße, wie ich ihm Glauben machte. Ich
hoffte auf einen Platz in Italien bis der Som-
mer vorbei war und wenn sich alles so en-
twickeln sollte wie ich es mir vorstellte,
dann wäre Denny Tompkins nur noch eine
Erinnerung aus meiner aufmüpfigen Zeit,
eine Zeit, die ich gerne so schnell wie
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möglich aus meinem Gedächtnis verdrän-
gen wollte.
Ich wollte raus aus England und all die
Dinge, die ich nicht haben konnte oder die
ich getan hatte, vergessen.
Neil saß nun genau neben mir auf
einem Barhocker, nah, aber nicht nah
genug, wenn es nach meinem unterdrückten
Verlangen gehen würden. Es ist einfach
nicht fair. Ich nahm einen großen Schluck
aus meinem Glas.
„Denkst du nicht, dass du dich ein
wenig bremsen solltest, Cherry?“, fragte er
in seiner ruhigen Art, mit der er es doch tat-
sächlich schaffte befehlend zu klingen, auch
wenn er so sanft sprach.
„Warum sollte ich? Ich tue doch keinem
weh.“
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Ich gab ihm einen vielsagenden Blick
und atmete tief ein, nahm dabei einen
Hauch seines männlichen Geruchs auf,
welcher dazu führte, dass der betrunkene
Zustand, in dem ich mich bereits befand,
sich noch zu beschleunigen schien, mehr als
es der Wein, den ich in meine Kehle schüt-
tete, es jemals vermögen könnte.
„Das ist nicht wahr.“
„Was willst du mir denn damit bitte
sagen, Neil?“ Ich starrte ihn an und beo-
bachtete ihn auf eine Reaktion hin. Meine
Neugier war eindeutig geweckt.
„Es beunruhigt mich, dich so unglück-
lich zu sehen und wie du dich an der Bar be-
trinkst. Es beunruhigt mich gewaltig.“ Er
verengte seine Augen und bewegte diese
wunderschönen schwarzen und
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durchdringenden Augen über mein Gesicht,
in dem Versuch mich lesen zu können.
„Was lässt dich glauben, ich wäre
unglücklich?“
Er wedelte mit seiner Hand vor mir her-
um. „Soll das, wie jemand aussehen, der
Glück empfindet?“ Er schüttelte seinen Kopf
und nahm einen Schluck von seinem Bier.
„Das denke ich nicht, Cherry.“
„Ich warte auf Denny damit er sich
entschuldigen kann“, gab ich zu, während
ich die Bewegung seiner Hand imitierte und
in die Richtung meines eigenen Körpers
zeigte, „aber er ist wahrscheinlich gerade
dabei, die selbe Schlampe wie letztes Mal zu
vögeln. Wem mach ich hier eigentlich was
vor? Diese Dinge passieren eben.“ Ich
zuckte mit meinen Schultern und hoffte,
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dass er die Bemerkung durch die Blume,
über seine Freundin Cora, die nicht im Ger-
ingsten zu ihm passte, laut und deutlich
mitbekam.
„Du musst den Trottel loswerden. Ich
kann ihn nicht ausstehen. Warum lässt du
ihn überhaupt so nah an dich ran? Du bist
zu gut für diesen Versager, Cherry.“
„Nenn mich nicht so.“ Ich nagelte ihn
mit einem harten Blick fest. „Warum lässt
du dann deine persönliche Versagerin an
dich ran?“
„Cora?“ Er schien ehrlich überrascht zu
sein, dass ich die Frage auf ihn zurückgelen-
kt hatte, ein kleines Lächeln nun auf seinen
Lippen.
Auch wenn ich nervös war, es löste sich
nun meine Zunge und ich wagte alles
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herauszulassen. „Ich kann den Mann, den
ich will, nicht haben, also begnüge ich mich
mit der widerwärtigen zweiten Wahl und
betrinke mich im Pub, auch wenn ich nicht
einmal das richtig auf die Reihe bekomme.“
Ich ließ meine hässlichen Worte für einen
Moment auf ihn wirken und versetzte ihm
dann einen unerwarteten Schlag. „Jetzt du,
Neil.“
Er starrte mich an. Seine Augen be-
wegten sich langsam und entschlossen – wie
eine Liebkosung. Es schien als ob er nur
durch seinen Willen, weitere Bekenntnisse
aus mir herausbekommen wollte. Es hätte
auch fast funktioniert. Seine wunderschön-
en dunklen Augen hatten die Macht, wenn
er mich wie in diesem Moment ansah, dies
zu vollbringen. Weiß er etwa, was ich für
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ihn fühle? Wusste er es schon immer? Wie
könnte er es nicht wissen?
Diese gefühlvollen Augen würden es vi-
elleicht schaffen diese Fragen, die ich so
fürchtete, von mir beantwortet zubekom-
men – vielleicht, aber nicht heute, oder
jemals. Ich dachte die Worte nur in meinem
Kopf. Ich liebe dich. Ich war betrunken und
er war bei mir und wirkte so, als würde er
sich wirklich Sorgen machen. Ich liebe dich.
Und dann, dann wurde mir klar, dass Neil
es nicht wusste. Wie konnte er nur so
ahnungslos sein? Wie konnte er nicht wis-
sen, was ich für ihn fühlte? Ich liebe DICH,
du Blödmann.
Ich dachte so bei mir, dass er es tatsäch-
lich nicht wusste, denn er schluckte meine
Köder nicht.
62/683
„Cherry, ich weiß was Cora hier gemac –
“
„ – ich habe gesagt, dass du mich nicht
mehr so nennen sollst. Ich hasse es jetzt!“,
spie ich wütend und signalisierte dem Bar-
keeper, dass er nachfüllen sollte. Ich fühlte
mich sofort schuldig ihn so angegangen zu
sein, aber ich wollte ihn so sehr und der
Wunsch, dass er mich als Frau wahrnahm
und nicht nur als eine kleine Schwester, die
Hilfe brauchte, zerriss mir vor Verlangen
nach seiner Nähe das Herz.
Neil stand auf und schickte den Bar-
keeper mit einer Handbewegung weg, bevor
er das Geld für die Drinks auf den Tisch
legte. „Du bist hier fertig. Ich bring dich jet-
zt heim.“
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„Oh, denkst du, ja?“ Ich verschränkte
meine Arme unter meinen Brüsten und warf
ihm einen vernichtenden Blick zu. Mir war
plötzlich heiß und ich fühlte mich ein wenig
benommen.
Einer seiner Mundwinkel zuckte und
dies entwickelte sich dann zu einem selb-
stgefälligen Grinsen. „Ich weiß, dass ich
dich nach Hause bringen werde, Süße.“ Er
nahm mich bei der Hand und zog.
„Nein, Neil!“ Mit meinen Füßen fest auf
dem Boden, versuchte ich gegen seine Kraft
anzukommen. Es war nicht einfach bei sein-
er Größe und Stärke. Ich dachte immer zu
den ungünstigsten Zeiten, an die unangeb-
rachtesten Dinge und war plötzlich verz-
weifelt daran interessiert, wie er sich wohl
auf und über mir anfühlen würde. Er war so
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groß und ich war eher klein. Würde er mich
mit seinem mächtigen Körper vereinnah-
men? Ich wäre bereit dies zu testen, davon
war ich überzeugt.
Seine Augen flackerten auf als er sich
umdrehte, um mich an zusehen. Wenn ich
mich nicht irrte, dann sah mich Neil jetzt
zum ersten Mal richtig an. Er schluckte hart,
was seinen Adamsapfel in seiner Kehle auf
und ab bewegte. Ich wünschte, ich könnte
meine Lippen auf seine Kehle pressen und
seine Haut schmecken. Ich war genervt von
ihm und im gleichen Atemzug davon auch
fasziniert, dass er mir Aufmerksamkeit
schenkte. Scheiße nochmal, warum ist er
nur so verdammt gut aussehend.
„Du bist so wunderschön, wenn du
sauer bist, Cherry.“ Er betonte seinen
65/683
Spitznamen für mich mit einem selbstbe-
wussten Schmunzeln, seine Augen blitzten
auf. „Wunderschön und absolut perfekt.“
Du bist absolut perfekt… Ich habe ihn
diese Worte schon einmal über mich sagen
hören. Ich fragte mich,…war es überhaupt
möglich, dass er so etwas von mir glaubte?
Unmöglich, oder?
„Du bist auch schön, aber im Moment
bist du einfach ein ungemein arrogantes
Arschloch.“
„Ist das so?“ Er lehnte sich ein wenig
vor und drang in meinen persönlichen
Bereich ein.
Ich hickste und nickte, nun
eingeschüchtert, und fühlte mich jetzt noch
beschwipster als noch einen Moment zuvor.
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„Du bist hier in diesem Pub, total besof-
fen.“ Sein Kiefer zuckte. „Ich werde dich
nicht hier zurücklassen, Cherry.“
Gott verdammt, er hat es schon wieder
gesagt, meine Geduld war am Ende. „Und
ich habe dir gesagt, dass du mich nicht mehr
so nennen sollst!“ Ich ging einen Schritt,
stolperte aber und fiel genau gegen seine
harte Brust. Er brachte mich näher an sein-
en Körper, in eine stabile Position, und ich
musste dem Drang widerstehen mein
Gesicht in seinem T-Shirt zu vergraben. Es
war verdammt schwierig, meinem Verlan-
gen nicht nachzugeben. Ich wollte so sehr
meine Nase in seinem T-Shirt vergraben,
damit ich mir seinen Geruch für alle Zeiten
verinnerlichen konnte.
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„Okay, okay, beruhige dich, Süße. Ich
werde dich nicht mehr Cherry nennen,
wenn du es so sehr verabscheust. Allerdings
nur, wenn du dich von mir heimbringen
lässt. Du brauchst dein Bett.“
Er brachte seine Hand zu der Hinter-
seite meines Kopfes und strich mir übers
Haar. Und er hätte mich in diesem Moment
mit jeder existierenden Frucht auf der Welt
ansprechen können – Apfel, Weintraube,
Kumquat, Banane – denn ich bin ziemlich
sicher, ich hätte es in diesem Moment nicht
einmal bemerkt, da er mich nämlich ber-
ührte. Neil hatte seine Hände auf mir.
Nein, ich brauche dein Bett. Ich hob
meine Augen zu seinen, meine Hände lagen
flach auf seiner Brust und ich fühlte wie sein
Herz unter meinen Fingerspitzen pochte. Er
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schaute auf meinen Mund, und für einen
Moment hatte ich das Gefühl, dass er
darüber nachdachte, mich zu küssen. Mein
Herz schlug so wild; ich war mir fast sicher
mein gesamter Körper müsste sich auf
Grund meines Herzschlages sichtbar für alle
bewegen.
„Wer ist es, den du willst, aber nicht
haben kannst?“, flüsterte er vorsichtig, seine
Augen glühten dunkel auf, bettelten mich an
es auszusprechen. Wenn ich nicht so stur
wäre, hätte ich es vielleicht hier und jetzt
verraten. Hätte ihm jede einzelne Klein-
igkeit, ihm jede einzelne nette Sache, die er
je für mich getan hat, als ich aufgewachsen
war, dargelegt. Und dann hätte ich ihm auch
gesagt, wie ich mich nicht an eine Zeit
69/683
erinnern konnte, in der ich ihn nicht geliebt
hätte.
Ich schüttelte meinen Kopf, fühlte wie
sich immer mehr Tränen in meinen Augen
ansammelten.
„Sag es mir – “
Ich atmete schnell ein und drehte mein-
en Kopf weg, genau rechtzeitig um zu sehen
wie Denny in den Pub trat und sich seine
Augen auf mich fixierten. „Oh Gott“, stöhnte
ich.
„Puppe, du bist gekommen“, sagte er,
hetzte herüber und versuchte mich in seine
Arme zu ziehen. Dennys Erleichterung, dass
er mich wartend an der Bar antraf, war klar
und deutlich auf seinem arroganten Gesicht
zu erkennen.
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„Nein, Denny, nicht.“ Ich hatte gerade
meine Hand ausgestreckt um ihn davon
abzuhalten mir näher zu kommen, als Neil
vortrat.
„Sie will sich nicht mehr mit dir unter-
halten, Tompkins. Halt dich von ihr fern.“
Neil blickte finster zu meinem Ex hinunter,
mit einem Blick von solcher Abscheu, dass
Denny nicht der einzige war, der von solch
einer offenen Feindseligkeit überrascht
wurde. Neil sah aus, als könnte er Denny
bluten lassen und als würde er es verdammt
noch mal genießen sicher zu gehen, dass am
Ende davon auch eine große Pfütze zu sehen
wäre. Ich konnte nicht glauben, was ich da
sah. Neil benahm sich so, als wäre er eifer-
süchtig auf Denny.
71/683
Ich musste wirklich verdammt be-
trunken sein und mein Gedankenprozess
war anscheinend beeinträchtigt. Warum
würde Neil sich so verhalten bei einem Kerl,
den ich schon längst abgeschossen hatte?
„Elaina? Puppe, bitte, hör einfach zu.
Die Schlampe bedeutet mir nichts – “ Denny
ignorierte Neils Anweisungen und versuchte
erneut nach mir zu greifen.
Ich realisierte in diesem Moment, dass
mein Ex-Freund genauso unglaublich
dumm war, wie ich betrunken.
„Offensichtlich bedeutet dir auch dein
Leben nichts, du ignoranter Arsch.“ Neil
blockte Dennys Bestreben nach mir zu pack-
en, stoppte ihn sofort. „Du bist kein beson-
ders guter Zuhörer, Tompkins. Ich sagte
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doch, sie will sich nicht mehr mit dir unter-
halten. Verpiss. Dich.“
Als Denny und Neil sich mental auf eine
Auseinandersetzung vorbereiteten, packte
mich eine überwältigende Welle der
Übelkeit und ich wusste, es würde nicht
lange dauern, bevor ich rückwärts essen,
oder in meinem Fall, trinken würde. Ich be-
deckte meinen Mund mit einer Hand und
rannte in Richtung Klo, unvorstellbar dank-
bar, dass die Tür nicht so weit entfernt von
der Bar lag. Beide Männer ließen mich so-
fort los.
Gott sei Dank, wenigstens etwas für das
ich dankbar sein konnte.
73/683
4Als ich über der Toilette den Wein und
die Happy Hour Drinks rauswürgte,
badete ich mich auch in meinem Selb-
stmitleid, betrauerte mein erbärm-
liches Liebesleben. Wie absolut ab-
stoßend, jämmerlich und bemitleidenswert
war ich eigentlich. Mein Leben war Scheiße.
Als ich mit Kotzen fertig war, ging ich
zum Waschbecken, an dem ich mich mit
beiden Händen abstützte, keuchte den
Spiegel an und sammelte meine Kräfte um
mir in ein paar Sekunden hoffentlich ein
wenig Wasser ins Gesicht spritzen zu
können. Neil haute an die Tür und stürzte
eine Sekunde später, ziemlich bedrohlich
wirkend, hinein. Der Gegensatz zu mir, denn
ich sah ja, wie bereits erwähnt, Scheiße aus.
Sein finsterer Blick verriet mir, dass er
alles andere als glücklich mit mir war. Aber
abgesehen von seiner offensichtlichen Mein-
ung, sagte er nichts. Er holte einfach nur
Handtücher, machte sie nass und presste sie
an mein Gesicht. „Halt das an deinen Kopf.
Ich bin gleich wieder da.“
„Denny?“, fragte ich schwach, hinter
dem Handtuch hervor.
„Weg. Der scheißverdammte Trottel wird
dich nicht noch einmal belästigen.“ Ich hörte
wie seine schweren Schritte dumpfer wurden
und dann schloss sich die Tür zum Klo mit
einem Klick.
Das Elend, in dem ich mich befand, ließ
mich laut aufstöhnen. Ich versuchte zu
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atmen und dachte darüber nach, ob ich nicht
einfach in eine einsame Ecke kriechen kön-
nte, um dort in Frieden meine Wunden zu
lecken. Ich nahm das Handtuch von meinem
Gesicht und schaute mich im Raum nach
dem besten Versteck um. Ich überlegte wirk-
lich, einfach aus dem Fenster zu hüpfen, als
eine Möglichkeit der Flucht. Wie konnte ich
Neil, nach dieser Katastrophe, jemals wieder
gegenübertreten. Das Wort ‚peinlich‘ bes-
chrieb nicht einmal annähernd meine
Gefühle.
„Du wirst heute durch die Tür raus ge-
hen, Süße, und nicht durch das verdammte
Fenster.“ Ich warf meinen Kopf herum, nur
um zu sehen, dass er mit einem Glas Wasser
für mich zurück war. Er trug auch immer
noch diesen finsteren Blick.
76/683
„Ich hätte es nicht gemacht“, sagte ich
kleinlaut und beschämt darüber, dass er
meine Schande lesen konnte, wie die Schlag-
zeile in einer Zeitung.
„Du hast aber daran gedacht.“ Er brachte
das Glas zu meinen Lippen. „Sehr gut.
Kleine Schlucke.“ Seine netten
Aufmerksamkeiten überwältigten mich bis
zu dem Punkt hin, dass ich meine Augen
schließen musste. Ich konnte ihn einfach
nicht mehr anschauen und mich dabei noch
zusammenreißen. Stattdessen trank ich von
dem Wasser und ließ ihn sich um mich
kümmern.
Egoistisch von mir, ich weiß.
„Besser?“, fragte er hoffnungsvoll, in
diesem tiefen Ton, den ich einfach überall als
seine Stimme wiedererkennen würde. Ich
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liebte den Klang von Neils Stimme und ich
tat dies schon immer. Stark, aber liebevoll.
Sanft, und trotzdem dominant.
Ich nickte schwach und wünschte, es
würde sich einfach ein Loch im Boden öffn-
en, durch das ich vom Erdboden ver-
schwinden könnte, damit er mich nicht in
einem derartig bedauernswerten Zustand zu
sehen bekommen müsste. Warum war er
hier? Sollte er nicht damit beschäftigt sein
sich von Cora seine Eier kraulen zu lassen?
„Warum tust du das, Neil?“
Er ignorierte meine Frage und runzelte
sattdessen seine Stirn. „Lass uns hier ver-
schwinden. Du bist hier so was von fertig für
heute.“
Dann legte er seine Hand mit einer
festen Berührung auf die untere Hälfte
78/683
meines Rückens und führte mich aus dem
Pub, die Kontrolle komplett in seiner Hand.
Ich war viel zu schwach mich zu wehren
und außerdem liebte ich das Gefühl seiner
Hände auf mir.
Auch wenn er heute nur den großen be-
sorgten Bruder gab, ich nahm was ich krie-
gen konnte. Jedes kleine Stück von Neil war
besser als gar kein Neil. Ich bin ja nicht
bescheuert.
Während ich meine Stirn an das Fenster
seines Autos lehnte, war ich dankbar für das
kühlende Glas, das gegen meine Schläfe
presste und hoffte, dass dies mein Hirn,
welches sich wie Rührei anfühlte, wieder hei-
len könnte. Nicht wirklich effektiv, wenn ich
Seine Köstlichkeit gleich neben mir riechen
konnte.
79/683
Neil fuhr einfach, blieb aber ruhig. Aber
er war sowieso kein großer Redner. Er
sprach, wenn er etwas zu sagen hatte und ich
hatte das Gefühl, dass er wirklich etwas zu
mir sagen wollte, aber ich schaffte es ja im-
mer, dass alles zwischen uns peinlich wurde.
Er wusste wahrscheinlich nicht, wie er be-
ginnen sollte. Und wollte es wohl auch nicht.
Ich war auf jeden Fall ein komplettes und
absolutes Chaos.
Ich entschied mich zu beginnen.
„Es – es tut mir so – Leid, dass ich deine
Nacht mit Cora…ruiniert habe – “
Er schnaubte. „Ich war heute Abend
nicht für Cora dort“, sagte er und schüttelte
seinen Kopf abwertend.
War er nicht? Das war neu für mich. So
sehr ich auch hoffen wollte, ich versuchte
80/683
mein flatterndes Herz zu beruhigen. „Du
warst heute Nacht nicht für Cora hier.“ Ich
sagte die Worte langsam und mit Bedacht,
mit einem Hauch von fragendem Sarkasmus
in meinem Ton, welches die brennende
Frage unausgesprochen ließ, Warum zur
Hölle warst du dann heute Nacht dort, Neil?
„Ne, war ich nicht.“ Er schaute zu mir
herüber, sein Gesichtsausdruck verriet
nichts.
Es wurde deutlich, dass er mir auch
nicht sagen würde, warum er aufgetaucht
war und diese Erkenntnis nervte mich ge-
waltig. „Also, wenn du über Cora Bescheid
weißt, warum bleibst du dann bei ihr? Sie be-
trügt dich hinter deinem Rücken, sobald du
weg bist. Sie geht fremd. Jedes Mal, Neil. Sie
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liebt dich nicht so wie ic – wie – wie sie es
sollte!“
Ups.
Die Stille in dem begrenzten Bereich des
Autos war greifbar.
„Ich bin nicht mehr mit Cora
zusammen.“
„Warst du aber als du zurückkamst. Ich
hab dich mehr als einmal mit ihr gesehen.“
Er kniff seine Augen zusammen. „Jetzt
bin ich aber nicht mehr mit ihr zusammen,
Elaina“, sagte er mit einer gewissen Schärfe
in seiner Stimme.
„Wirklich…“ Mir fiel nichts anderes ein,
was ich hätte sagen können; ich war zu über-
rascht über sein Bekenntnis. Neil und Cora
gab es nicht mehr? Wenn ich nicht gerade in
einem Auto sitzen und mich nur minimal
82/683
besser fühlen würde, würde ich wahrschein-
lich aufspringen und vor Freude herumhüp-
fen. Aber mein Kopf pochte weiter und mein
Magen rebellierte noch immer.
„Wirklich; da ist nichts mehr“, gab er
zurück. „Ich habe seit langem gewusst, was
sie trieb und es ist nicht mehr wichtig was sie
macht, wenn ich weg bin.“ Er drehte seinen
Kopf langsam zu mir, nahm seine Augen von
der Straße. „Wir haben uns nur gegenseitig
benutzt, von Anfang an…“
Wir haben uns nur gegenseitig benutzt?
Reizend. Die Vorstellung, dass diese Sch-
lampe auch nur fünf Minuten seiner
Aufmerksamkeit bekam, machte mich
rasend vor Eifersucht. Bilder von ihm und
Cora während sie sich liebten, sich ber-
ührten, sich leidenschaftlich küssten,
83/683
blitzten in meinem Kopf auf, bis ich nicht
mehr anders konnte, als an dem kalten Fen-
ster seines Autos zu stöhnen. „Oh,…das
wusste ich nicht.“
„Naja, jetzt weißt du es.“
Wahnsinnige Eifersucht war nicht das
Einzige was ich fühlte. Da war auch noch
dieses gewaltige Bedürfnis, mich ein weiteres
Mal zu übergeben.
„Halt an!“, schaffte ich zu sagen.
Die zweite Runde war fast nur demüti-
gendes Würgen. Da war nichts mehr in mir
außer dem Wasser, das ich geschluckt hatte.
Neil sagte nichts als ich fertig war. Er blieb
ruhig, half mir zurück ins Auto und fuhr uns
fort. Ich schloss meine Augen und ließ ihn
sich um mich kümmern, sicher, dass dies
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alles nur ein Alptraum war, von dem ich ir-
gendwann auch wieder aufwachen würde.
Morgen würde ich sehen, wie ich mit
dem Spektakel, das ich aus mir vor Neil
gemacht hatte, umgehen würde.
Ich würde so tun als wäre alles nur ein
Traum gewesen, denn das war alles, was
mein Herz würde ertragen können.
85/683
5Ich konnte ihn wieder riechen. Der
Geruch in meiner Nase war so wundervoll,
dass ich diesen wunderschönen, Neil-
duftenden Traum niemals wieder verlassen
wollte. Ich öffnete meine Augen und sah nur
Dunkelheit, eine unbekannte Umge-
bung…und ihn.
Neil lag auf seiner Seite des Bettes und
beobachtete mich. Genauer gesagt, in seinem
Bett.
„Aufwachen, Schlafmütze“, sagte er sanft
mit einem Schmunzeln auf seinen Lippen,
weniger als einen halben Meter von mir
entfernt.
Ich setzte mich auf, schnell wie ein Blitz,
und fand das blinkende Leuchten der Uhr
mit meinen Augen. 00:45 Uhr. „Ich – ich –
ich bin in deiner Wohnung? Meine Mutter
wird sich – ?“
„ – keine Sorgen machen.“ Er unterbrach
mich sanft. „Ich hab bei dir zu Hause an-
gerufen und mit deiner Mutter gesprochen.
Sie weiß, dass du mit mir zusammen bist,
also bleib ganz ruhig. Wie fühlst du dich?
Besser?“
Ich brachte beide Hände zu meinem
Kopf und rieb meine Schläfen, bevor ich
merkte, dass ich mein Kleid nicht mehr an-
hatte, als ich mich in Neils appetitlich
duftendem Bett aufrecht hinsetzte. Ich war
nur in meinem Höschen und BH. Ich drehte
langsam meinen Kopf, um ihn in dem
schummrigen Licht anzusehen. „Du hast
mich ausgezogen?“ Ich konnte mir das
87/683
Szenario, wie dies gewesen sein musste,
nicht vorstellen und war erneut von ihm gen-
ervt, denn verdammt, wenn Neil mich aus-
zieht, dann will ich, zur Hölle nochmal, wach
sein, wenn er es macht.
Er nickte und dann drückte er mich sanft
wieder nach unten aufs Bett. Ich legte mich
zurück auf meine Seite, auf meine vorherige
Position, in der ich auch aufgewacht war und
konzentrierte mich dann auf ihn.
Ich entschied mich, darauf zu warten,
dass er es mir erklärte. Kein Grund damit
anzufangen viel Unsinn zu reden, wenn ich
das nicht musste.
„Du bist fest eingeschlafen, nachdem du
dich das zweite Mal übergeben hast. Ich hab
dich hineingetragen und als ich dich
hingelegt habe, konnte ich sehen, dass dein
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Kleid mit…äh…Kotze…befleckt war, also hab
ich es dir ausgezogen.“ Ich musste Neil An-
erkennung dafür geben, dass er so cool blieb
und seine Augen während der gesamten, un-
angenehmen Beschreibung auf meine
gerichtet hielt.
Allerdings blamierte mich das, was er
mir teilte, so sehr, dass ich mich weder be-
wegen noch sprechen konnte. Meine Demü-
tigung paralysierte mich bis hin zu dem
Punkt, dass ich nur noch eins vollbrachte.
Weinen. Ich tat es leise, aber die Flut war
nicht mehr aufzuhalten, sobald die Dämme
geöffnet worden waren. Auch konnte ich
meine Augen nicht von ihm abwenden als
die Tränen übertraten.
89/683
„Weine nicht, Süße, ich bin’s doch nur.“
Er brachte seinen Daumen zu meinem
Gesicht und wischte meine Tränen fort.
Ich schaute ihn einfach an, hörte aber
nicht auf zu weinen. Ich konnte nicht weg-
schauen, konnte aber auch nicht die Tränen
aufhalten.
„Das kann doch nicht dein Ernst sein“,
sagte er. „Ich habe dich in deiner Unter-
wäsche gesehen und dich in meinem Bett
beim Schlafen beobachtet. Ich sollte
derjenige sein, der weint…aus Dankbarkeit.“
„Ärger mich nicht. Bitte nicht“, wim-
merte ich und hielt meine Hand nach oben
als ich den Klang meiner Stimme wahrnahm,
schockiert über meine missliche Lage. Un-
wirklich. Nahezu nackt und im Bett mit Neil,
nachdem ich mich zweimal vor ihm
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übergeben habe und eingeschlafen bin. „Ich
muss so furchtbar stinken, und – und ich
brauche etwas Wasser oder so.“
Er half mir, mich erneut aufzusetzen,
und reichte mir ein Glas vom Nachttisch, mit
zwei Tabletten Aspirin.
Zuerst einmal, war ich beeindruckt mit
seiner Vorrausicht und zweitens, mit seiner
total ruhigen Art in dieser absurden Situ-
ation. Er sagte nichts, während ich die Tab-
letten mit etwas Wasser runterschluckte. Er
schaute mir einfach nur mit diesem intens-
iven Gesichtsausdruck zu. Ich hatte absolut
keine Ahnung, was er über all das, was
gesagt wurde und zwischen uns geschehen
war, seitdem er in dem Pub aufgetaucht war,
dachte.
91/683
Die Bettdecke rutschte auf meine Hüfte
herunter und zeigte mich so in nichts, außer
einem hellblauen BH; fast alles von mir für
ihn sichtbar.
Oh, und wie er es sah. Neils Augen
strichen über meine Haut, bevor sie wieder
zu meinen Augen hochschnappten und diese
in seinem Bann hielten. Es war unmöglich zu
wissen, was er in diesem Moment höchster
Merkwürdigkeit dachte. Es war mir nicht
möglich es zu deuten und deshalb war ich
ihm gegenüber auch komplett im Nachteil.
War er angewidert von mir? Ein wenig an-
geturnt, weil ich fast nackt in seinem Bett
war und er nun mal ein Mann war? Ein Sold-
at zu Hause im Urlaub und mehr als ein
wenig geil, verlangend nach einer Frau? Sah
er mich überhaupt als Frau oder nur als eine
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Verantwortung? Wer zur Hölle könnte das
schon sagen? Ich sicher nicht. Warum hat er
mich überhaupt aufgesammelt und mich zu
seiner Wohnung gebracht?
„Ich kann dir versprechen, dass du nicht
stinkst und dass du der süßeste Saufkopf
bist, den ich jemals die Ehre hatte, in
meinem Bett zu haben.“ Er schnüffelte in
meine Richtung. „Eau de Cabernet?“
„Das ist nicht fair“, sagte ich in einem
mitleidserregenden Stöhnen.
„Tut mir leid, das war schrecklich.“ Er
streichelte mit seinem Daumen über meine
Wange. „Ich werde mich jetzt benehmen, ich
verspreche es.“ Ein wiederholtes Berühren
meiner Wange von seinem Finger ließ den
Rest meiner Tränen versickern, bevor er das
Glas zur Seite stellte und mich wieder ansah.
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Ich musste viel Mut aufbringen um ihn
zu fragen, was er hier eigentlich mit mir
machte. Ich musste es einfach wissen, sonst
würde ich noch wahnsinnig werden. „Was
war das heute Nacht, Neil?“
Er schüttelte langsam seinen Kopf. „Ich
kann es einfach immer noch nicht glauben,
dass du wirklich hier bist.“ Er streckte seine
Hand wieder nach mir aus, dieses Mal aber
verflocht er seine Finger mit denen meiner
Hand, bis er sie ruhend zwischen uns hielt.
„Ich muss träumen“, flüsterte er. Er blieb für
eine Minute ruhig, hielt nur meine Hand, be-
vor er wieder sprach, seine Augen dabei vor-
sichtig beobachtend. „Du hast meine Frage
in dem Pub nie beantwortet.“
Ich keuchte auf und schüttelte meinen
Kopf, zerrte an meiner Hand um sie von
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seiner zu lösen. „Nein, das war total besch-
euert und ich meinte es nicht so.“
Meine Anstrengungen waren allerdings
komplett zwecklos, denn Neil ließ dies nicht
zu. Er hielt meine Hand einfach fester. „Sag
es mir, Elaina. Wen willst du, von dem du
denkst, dass du ihn nicht haben kannst?“
Seine Stimme war samtweich und hart wie
Stahl, beides zur selben Zeit. Ich konnte ihn
nicht anlügen. Nicht, wenn er mich so fragte,
von Angesicht zu Angesicht. Die Spannung
zwischen uns war so intensiv, da gab es
nichts, was mein blutendes Herz hätte auf-
halten können, als es sich auf Neils Bettlaken
entleerte.
„Dich“, flüsterte ich, sicher, dass meine
Welt kurz davor war in Trümmer
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einzustürzen, nun da die Wahrheit entblößt
worden war.
Dann aber, geschah die unglaublichste
Sache des heutigen Tages. Neil schloss seine
Augen für eine Sekunde, wie in Erleichter-
ung zu meiner Antwort, bevor er seine Stirn
an meine legte. Wir verharrten in dieser Pos-
ition für eine Weile, nur die normalen nächt-
lichen Geräusche von London und die Ber-
ührungen, die wir in diesem Moment teilten,
erinnerten daran, dass dieser Moment real
war und kein Traum. Mein Herz schlug fest
gegen meinen Brustkorb, ein weiterer Beweis
dafür, dass ich nicht Tod war und ich gerade
etwas Außergewöhnliches überlebt hatte.
Ein zweites Wunder trat ein, als sich sein
Kopf bewegte und seine Lippen meine
fanden.
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Neil küsste mich.
Wir küssten uns.
Ich ließ ihn mich erforschen, sein weich-
er, wunderschöner Mund verschmolz mit
meinem, erkundete meine Lippen als ich
seine erkundete, und die Erfahrung, diese
Intimität miteinander zu teilen, war einfach
unfassbar. Seine Zunge war sogar noch
weicher und sie suchte auf sanfte Weise die
Berührung mit meiner, eine die ich nicht
ablehnen konnte. Ich war nur begierig da-
rauf, dass wir zusammenkommen und ver-
suchte diese unübersehbare Welle der An-
ziehungskraft, die ich für diesen Mann
fühlte, bis in die Ewigkeit zu reiten.
Neil nahm sich Zeit mit unserem ersten
Kuss, aber er hätte mich überall hinbringen
können, hätte alles mit mir machen können,
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hätte alles von mir verlangen können. Denn
in diesem Moment wäre ich bereit gewesen,
alles für ihn zu tun.
Er knabberte auf die sanfteste Art und
Weise an meiner Lippe, seine Zunge war mit
meiner verflochten und machte mir damit
verzweifelt klar, dass ich mehr wollte und zur
gleichen Zeit, wollte ich aus Dankbarkeit
heulen, dass er mich endlich gefunden hatte.
Das hier passiert wirklich.
Ich weiß nicht genau wie lange es
dauerte bis er aufhörte mich zu küssen und
er sich ein Stück von mir entfernte. „Lass
mich der erste sein, der dir sagt, dass du dich
geirrt hast.“ Er starrte mich an, sein Daumen
strich über meine Wange, sein Gesichtsaus-
druck unnachgiebig und entschlossen.
98/683
Ich war nun an der Reihe meine Augen
vor Erleichterung kurz zu schließen. „Ich
habe mich geirrt?“
„Furchtbar geirrt, Cherry.“ Er nickte
langsam, seine Augen glühten. „Du kannst
mich haben.“
„Sag das noch einmal.“ Die Fähigkeit, In-
formationen zu verarbeiten, war mir an-
scheinend abhanden gekommen.
„Du kannst mich haben“, wiederholte er,
meine Finger noch immer mit seinen ver-
flochten, der Ausdruck in seinem Gesicht
verbrannte mich noch immer mit seinen
dunklen, ausdrucksstarken Augen.
„Aber warum – wann ist dir das klar ge-
worden – warte – du kamst zu dem Pub
heute – du bist dort aufgetaucht, weil…?“
99/683
„Weil ich davon gehört habe, dass du mit
diesem verdammten Tompkins Versager
endlich Schluss gemacht hast , ich daheim
auf Urlaub war und ich endlich einmal etwas
tun konnte. Kannst du dir vorstellen, wie
lange ich für dies hier warten musste?“ Seine
Stimme hatte definitiv eine gewisse Schärfe.
„Auf den richtigen Zeitpunkt für uns?“ Er
klang frustriert.
„Du hast gewartet.“ Ich konnte es nicht
fassen und wiederholte deshalb seine Worte
auf ein Neues, versuchte alles zu akzeptieren,
was er mir sagte. „Du hast gewartet…“
„Das habe ich.“ Er lehnte sich meinen
Lippen entgegen, aber berührte sie nicht.
„Ich habe so lange gewartet. Auf dich. Ge-
wartet, dass du erwachsen wirst. Gewartet,
dass du mehr in mir siehst als nur den
100/683
Freund von Ian. Gewartet, auf die richtige
Zeit, um dir zu sagen, wie ich wirklich für
dich empfinde.“ Er flüsterte diese Worte so
nah an meinen Lippen, ich konnte sogar den
Hauch seines Atems, seiner wunderschönen
Worte, spüren. „Einfach eine sehr lange Zeit
des Wartens, Elaina.“
„Oh…“ Ich spürte, wie Tränen drohten
überzutreten.
„Ich will nicht mehr warten.“ Seine Au-
gen verschmolzen mit meinen und wandten
sich nicht einmal ab um zu Blinzeln. „Bitte
lass mich nicht mehr länger auf dich
warten“, flehte er. „Ich kann nicht mehr,
Cherry. Ich kann einfach nicht mehr.“
So schöne Worte. Und sie kamen aus
seinem Mund und trafen auf meine Ohren,
über mich…
101/683
„Also sag es mir jetzt, bitte.“ Ich holte
tief Luft und hob eine zitternde Hand zu
seinem Gesicht. Ich musste ihn berühren
und die Wärme seiner Haut spüren. Ich
musste ihn spüren, um meinem armen Ge-
hirn zu helfen zu akzeptieren, dass dieser
Moment wirklich passierte – dass es kein
wunderschöner Traum ist, von dem ich ir-
gendwann aufwachen müsste. Es fühlte sich
allerdings wie ein Traum an. Neil hat auf
mich gewartet…
Hier waren wir, und redeten über unsere
Gefühle und Bedürfnisse und Sehnsüchte.
Neil hatte mich in seiner Wohnung, in
seinem Bett, nah genug um mich zu
berühren.
Einfach unglaublich.
102/683
Und noch einmal beschwor ich meinen
Mut herauf und sagte: „Ich will – nein –
Neil, ich muss es dich sagen hören, um es zu
glauben.“
Er nahm meine zitternden Hände und
brachte sie zu seinen Lippen. Seine Augen
wandten sich auch jetzt niemals von den
meinen ab, als er die drei Worte, von denen
ich schon immer geträumt hatte sie von ihm
zu hören, aber niemals glaubte sie würden
kommen, aussprach.
„Ich liebe dich“, sagte er klar und deut-
lich, bevor er meinen Handrücken mit sein-
en Lippen streifte.
103/683
6So wie er die drei Worte sagte, sanft
und gefühlvoll, aber zur gleichen Zeit
auch ehrlich und klar, glaubte ich,
dass er sie auch meinte. Neil hat mir
gerade gesagt, dass er mich liebte und ich
glaubte ihm.
Ich fühlte wie mein Herz einen Schlag
aussetzte – sicher, es würde einfach für alle
Zeiten aufhören zu schlagen – als er diese
drei kleinen Worte aussprach. Herzen
machen das, wenn man von Gefühlen über-
wältigt wurde oder wenn einem etwas
Trauriges oder Schreckliches den Weg
kreuzt. Ich war mir aber darüber sicher, dass
seine Worte in die ‚überwältigt von Gefühlen‘
Kategorie fielen. Denn traurig oder
schrecklich war an dieser Situation nun
wirklich nichts. Diese Worte von Neil zu
hören, fühlte sich einfach nur wunderbar
und vollkommen an.
Neil liebte mich.
„Neil…Ich – ich liebe dich, schon solange
ich mich erinnern kann. Es gab nie eine Zeit,
in der ich es nicht tat.“ Ich schaute zur Seite
und versuchte den Mut aufzubringen auch
den Rest zu sagen. „Aber es gab auch nie eine
Zeit, in der ich dachte, dass du jemals das
Gleiche für mich fühlen würdest.“
„Sieh mich an, Cherry.“ Er nahm mein
Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger,
damit ich ihn wieder ansehen würde. „Du
verrücktes, wunderschönes, sexy, umwer-
fendes, erstaunliches Mädchen, hast dich
nun einmal mehr so wahnsinnig, wahnsinnig
105/683
sehr geirrt, wenn es um mich geht und um
das, was ich für dich, seit bereits so vielen
Jahren, empfinde. Wie könnte ich nicht in
dich verliebt sein? Du bist perfekt, erinnerst
du dich? Absolut perfekt. Ich musste nur auf
die richtige Zeit warten um es dir zu sagen,
das ist alles.“
Ich lauschte aufmerksam jedem seiner
Worte, während er wieder über meine Haare
strich.
„Jedes Mal wenn ich zu Hause war, hat-
test du jemand Neues und es wäre nicht fair
gewesen, dich von ihnen weg und dafür in
meine Arme zu locken.“
Ich fing wieder an zu weinen, aber dieses
Mal war es vor allem, weil ich so glücklich
war. „Ich wünschte, du hättest es gemacht.“
106/683
„Nein.“ Er schüttelte seinen Kopf. „Nein,
ich musste warten.“
Er nahm mein Gesicht in seine Hände
und wischte mit seinen Daumen über die
Tränen, die meine Wangen befeuchteten.
„Du bist so wunderschön, Cherry, sogar
wenn du weinst.“
Und dann küsste er mich, als ob er in
seinem bisherigen Leben nie etwas anderes
gemacht hätte. Auf eine Weise, die ich mir
immer erhofft hatte. Neil küsste meine Trän-
en fort und ließ all das Verlangen, welches
ich schon seit so langer Zeit für ihn empfand,
an die Oberfläche kommen; alles auf einmal.
Ich presste mich an seinen harten Körper
und genoss seine Berührungen. Seine Lip-
pen. Seine Worte. Jetzt hatte ich alles, was
ich mir jemals erhofft hatte. Ihn.
107/683
„Du warst mein Cherry Girl als du klein
warst.“
„Das war ich.“ Ich nickte an seinen
Händen.
„Und auch jetzt bist du noch mein
Cherry Girl.“
„Ja“, ich schaffte es erneut zu nicken und
genau dieses eine Wort herauszubringen.
„Ich liebe dich, Elaina Morrison, und du
wirst für immer mein Cherry Girl bleiben.
Für Immer. Nichts könnte das jemals für
mich ändern.“ Er lehnte sich nach vorne und
küsste mich sanft, um dann an meinen Lip-
pen zu flüstern: „Glaube mir.“
Ich konnte nicht sprechen. Meine
Fähigkeit, Worte zu artikulieren, hat mich
komplett verlassen. Ich war so überwältigt.
Alles was ich fertig brachte, war ihn
108/683
anzustarren. Und Atmen, das schaffte ich
auch noch, gerade so.
Neil neigte seinen Kopf hinunter. „Du
wirkst ein wenig so, als ob du es nicht wirk-
lich glaubst.“
„Ich glaube dir, aber ich – ich muss jetzt
duschen gehen“, platzte ich heraus. „Und
deine Zahnbürste muss ich benutzen und
mir was zum anziehen leihen. Ich habe mich
mit diesem Mund diese Nacht übergeben.
Zweimal. Und ich habe keine Klamotten an.“
Sein Mund wandelte sich im gleichen
Moment zu einem Lächeln, in dem meine
Worte herausplatzten, und er zuckte nicht
einmal bei meinem „übergeben“ Komment-
ar. Er muss mich wirklich und wahrhaftig
lieben.
109/683
„Bitte sag mir, dass ich dir mit all dem
helfen darf.“
„Beim Zähneputzen, vielleicht – beim
Duschen, nein“, warf ich zurück, als ich
plötzlich wieder, bei der Richtung, in welche
diese Unterhaltung ging, schüchtern wurde.
Zudem war ich auch noch immer halbnackt.
In meinen Gedanken war es allerdings sicher
und ich konnte mutig über die Tatsache
nachdenken, dass ich nichts lieber tun
würde, als mit Neil zusammen zu sein. Aber
es war auf jeden Fall zu früh einfach mit ihm
ins Bett zu springen und Sex zu haben. Ich
musste erst einmal alles verarbeiten, bevor
wir uns um den Part mit dem Sex
beschäftigten. Was wenn er es heute Nacht
wollte? Wie würde er reagieren, wenn ich
110/683
ihm sagen würde, dass ich ein wenig Zeit
bräuchte um zu diesem Punkt zu gelangen?
Es stellte sich allerdings heraus, dass ich
mir überhaupt keine Sorge hätte machen
müssen, denn Neil benahm sich mir ge-
genüber, wie immer, wie der perfekte
Gentleman.
„Das weiß ich doch, meine Süße“, sagte
er mit einem Kuss auf meine Nase, „aber du
wirst die Nacht bei mir bleiben, oder?“ Er
ließ seine Augen über mich gleiten, bevor er
wieder auf meinem Gesicht zur Ruhe kam.
Der Blick, den er mir zuwarf, war schon fast
flehend. Ich konnte sehen, wie sehr er wollte,
dass ich blieb, fast genauso sehr wie ich mich
bei ihm einquartieren wollte.
„Ja.“ Ich nickte langsam. „Ich bleibe
heute Nacht hier.“ Ich legte beide Hände auf
111/683
das Bettlaken, eine auf jeder Seite meiner
Hüfte, und versuchte ihm damit klar zu
machen, dass ich es wirklich ernst meinte.
„Ich will hier bei dir sein.“
„Gut. Das ist alles, was ich im Moment
brauche. Ich will dich einfach nur halten und
sicher sein, dass du auch wirklich hier bist,
wo dich niemand verletzen kann, bei mir,
und das – das mit uns…echt ist.“ Er
streichelte erneut mit seiner Hand über
meine Haare. „Ich habe Angst, dass wenn ich
aufwache, du nicht mehr hier sein wirst. Ich
muss mich an die Idee gewöhnen, dass du
jetzt mir gehörst.“
Oh ja, bitte!
Mein ungewöhnlich schüchternes Ver-
halten zeigte sich wieder und ich musste
wegschauen. Meine Augen fielen auf das
112/683
dünne Bettlaken, welches meinen Körper
kaum bedeckte, welches mir zudem auch
nicht half mich irgendwie selbstbewusst zu
fühlen. Ich musste erst etwas Klarheit
schaffen.
„Okay…“ Gott, ich klang wie ein stot-
ternder Idiot. „Das…mit uns…es ist echt,
oder?“ Meine Unsicherheit wurde noch deut-
licher durch den Klang meiner Stimme. Ich
atmete schwerer, während mein Herz wie
wild schlug und wartete darauf, dass er mir
antwortete.
„Ja, Cherry, es ist echt.“ Er berührte
mich erneut mit seinem Zeigefinger unter
meinem Kinn, damit er wieder in meine Au-
gen sehen konnte, während er die Worte
aussprach.
113/683
Ich konnte die Wahrheit in seinen Augen
sehen und in der Weise wie er mich mit sein-
en dunklen Augen studierte, als ich ihn end-
lich anblickte.
„Vollkommen echt.“ Er nahm eine mein-
er Hände und legte die Handfläche über
seinem Herz auf seine Brust. „Fühle meinen
Herzschlag, während ich dich küsse“, sagte
er, bevor er seine andere Hand in meinen
Nacken gleiten ließ und mich an seine
weichen, magischen Lippen heranzog, „dann
wirst du wissen, wie echt das hier zwischen
uns wirklich ist.“
Diesmal versuchte Neil mir etwas klar zu
machen und sein Kuss war fordernder als er
seine Zunge mit meiner verknotete. Er über-
fiel meinen Mund und ich erlaubte ihm den
Eintritt. Und während des gesamten
114/683
köstlichen Kusses fühlte ich seinen Herzsch-
lag unter meiner Handfläche.
Ich versuchte diese Erinnerung
festzuhalten, denn ich würde es nicht ertra-
gen können, wenn ich diesen Moment, und
wie ich mich währenddessen gefühlt hatte,
jemals vergessen würden.
Als sich Neil nach einer Weile von dem
Kuss und mir löste, ließ er seine Hand fest in
meinem Nacken liegen, übernahm die Kon-
trolle in unserer gegenwärtigen Situation
und das gefiel mir. Ich fühlte mich geborgen
und ich wollte in dieser Situation und den
Gefühlen, die sie in mir auslöste, für immer
verharren.
„Cherry, ich liebe dich. Und ich muss
dich einfach hier bei mir haben. Das ist alles,
was ich will. Ich werde dich nicht nach mehr
115/683
fragen bis die richtige Zeit gekommen ist und
wir es beide wollen. Und alles andere wird
sich mit der Zeit entwickeln. In Ordnung?“
Er bedeckt meine Lippen erneut mit seinen,
küsste mich langsam und ausgiebig und als
seine Zunge wieder in meinen Mund
eindrang, wurden Schmetterlinge in meinem
Bauch freigesetzt und mein Herz schlug
erneut schneller.
Ich schaffte es zu nicken und flüsterte:
„Ja.“ Ich hob meine Hände, um sie auf seine
Wangen zu legen. „Ich liebe dich schon so
lange.“
Dann lächelte Neil mich an. Sein ges-
amtes, wunderschönes Gesicht hellte sich
auf, von seinen Augen bis hin zu seinem
Kinn. Mein Mann sah wirklich glücklich aus.
116/683
Mein Mann. Ich habe jetzt einen Mann. Neil.
Neil McManus ist jetzt mein Mann.
Weihnachten und mein Geburtstag
beehrten mich dieses Jahr früher als sonst,
und beide anscheinend zur selben Zeit.
Ich beobachtete dann, wie er sich von
dem Bett erhob und in sein Badezimmer
ging. Ich hörte, wie die Dusche anging und
dann wie Schränke geöffnet und wieder
geschlossen wurden. Einige Momente später
kam er zurück mit einem großen Handtuch,
das mich zweimal umwickeln könnte und
sagte mir, dass er mir ein T-Shirt und eine
seiner Boxershorts hingelegt hatte, was ich
beides tragen könnte, sobald ich mit der
Dusche fertig wäre. Er sagte mir auch, dass
er in der Küche sein würde um die Kaf-
feemaschine für den Morgen vorzubereiten
117/683
und dann verließ er das Schlafzimmer und
zog die Tür hinter sich zu.
Ich blieb eine Weile länger in Neils Bett
und versuchte mein Bestes, alles zu ver-
arbeiten. Ich sah im Moment wirklich furcht-
bar aus, aber in meinem Inneren, wo mein
Herz noch immer wie wild schlug, hatte ich
auf jeden Fall Wolke Nummer Sieben für
mich eingenommen.
Er liebte mich. Neil liebte mich wirklich,
aber ich würde mich ganz sicher erst wieder
von ihm küssen lassen, wenn ich wieder
sauber und ordentlich war. Ich fühlte mich
unglaublich eklig und widerlich und hatte
noch immer Schwierigkeiten, all das, was
zwischen uns in den letzten Stunden passiert
war, zu verarbeiten.
118/683
Ich verließ sein Bett und ging zum
Badezimmer. Das Duschwasser war bereits
heiß und füllte den kleinen Raum mit
Wasserdampf. Wie versprochen hatte er
seine Zahnbürste und Zahnpaste für mich
bereitgelegt und sogar seidene Boxershorts
und ein weiches schwarzes T-Shirt, mit The
Jimi Hendrix Experience in weißen Buch-
staben auf der Vorderseite, hingelegt.
Ich wusste, dass Neil ein Hendrix Fan
war und ich hatte ihn sogar schon dieses T-
Shirt tragen sehen und trotzdem, die Tat-
sache, dass er es extra für mich gewählt hat,
rührte mich. Ich griff danach, vergrub meine
Nase in dem weichen Material und atmete
tief ein. Neils Geruch war für mich schon im-
mer himmlisch gewesen und ich bin danach
schon seit Jahren süchtig. Schwer zu
119/683
beschreiben, aber sein Duft ließ mich einfach
schwach werden. Wie frische Luft und der
Geruch in einem Wald, frisches Wasser, alles
kombiniert zu einer perfekten Vermischung
des Duftstoffes eines Mannes. Und ich wurde
mein ganzes bisheriges Leben davon abge-
halten darin zu schwelgen. Aber nicht länger.
Ich schloss die Badezimmertür, zog
meinen BH und mein Höschen aus und rein-
igte mich in der Dusche meines Freundes.
Ich liebte die Wörter in diesem Zusammen-
hang wirklich sehr.
Ich bin mir sicher, dass sich, während
ich mich abschrubbte, ein total blödes
Grinsen in meinem Gesicht verankert hatte.
Sobald ich mit Duschen fertig war und meine
Zähne mit seiner Zahnbürste bearbeitet
hatte, war ich immer noch wie blöd damit
120/683
beschäftigt wie ein Idiot in den Spiegel zu
grinsen. Ich war einfach nur froh, dass die
Tür zu war und Neil nicht sehen konnte, wie
sehr ich mich wie ein liebeskranker Trottel
aufführte. Dumm von mir. Er würde es sow-
ieso wissen, sobald ich durch die Tür treten
würde. Er wusste es wahrscheinlich schon
jetzt.
Ich verließ das Badezimmer in seinem T-
Shirt und den seidenen Boxershorts. Auf
jeden Fall eine Verbesserung zu ‚nackt in
einem Handtuch‘ oder zu ‚Klamotten mit
Kotze bedeckt‘ und außerdem war es erre-
gend, dass Kleidung meine Haut berührte,
die vor noch nicht allzu langer Zeit, seine
berührt hatte.
Sein T-Shirt reichte mir bis zu der Mitte
meiner Oberschenkel und ich hatte bereits
121/683
entschieden, das Teil zu behalten. Oh ja,
Neils geliebtes Hendrix T-Shirt würde für
immer mir gehören. Ich hatte noch nicht ein-
mal Skrupel, wenn es um diesen Diebstahl
ging. Ich wollte nicht ohne seinen Geruch
sein, sobald sein Heimaturlaub vorbei war.
Ich würde ihn nicht lange für mich haben,
bevor er wieder zurück musste, in den Besitz
der Britischen Armee in Afghanistan. Dies
bedeutete, dass sein T-Shirt die
Waschmaschine lange nicht von innen sehen
würde. Wenn überhaupt jemals wieder.
Mein inneres Geschwafel lenkte mich so
sehr ab, dass ich nicht darüber nachdachte,
was auf der anderen Seite der Tür auf mich
wartete. Allerdings war der Anblick, der mir
geboten wurde, als ich in Neils T-Shirt und
Boxershorts ins Schlafzimmer trat, nichts,
122/683
was ich auch nur annähernd erwartet hätte.
Ich blieb wie angewurzelt stehen, sicher,
dass meine Augäpfel aus den Höhlen
hervortraten.
Das Handtuch, welches ich benutzte um
meine Haare trocken zu rubbeln, rutschte
aus meinem Griff und fiel zu Boden, begleitet
von einem sanften Geräusch des Aufpralls.
Neil war in seinem Bett, und er wartete.
Auf mich. Definitiv auf mich.
Heilige Scheiße, was für ein attraktiver
Mann er doch war. Er saß am Kopfende des
Bettes, zurück gelehnt, sein breiter, nackter
Oberkörper nur für meine Augen entblößt.
Seine definierten und harten Muskeln und
seine goldene Haut, im Gegensatz zu den
weißen Bettlaken, ließen mich fast laut wim-
mern. Ich wollte ihn so gerne berühren und
123/683
ich wusste, ich würde diesen Wunsch bald
erfüllt bekommen.
Ich konnte sehen, dass seine Brustwar-
zen hart waren. Sein Blick war auf mich
gerichtet, mysteriös und sinnlich, mit einer
gewissen Verzweiflung in seinen Augen. Ich
konnte nur erraten, was er gerade dachte.
Über verschwitzten, verrückten, nackten Sex
wahrscheinlich. Ich tat es jedenfalls.
Meine Nippel waren auch hart, und ich
fühlte wie mich bei dem Gedanken daran,
dass Neil mich dort berühren würde, ein un-
willkürlicher Schauer durchfuhr.
Ich habe seine Körper schon vorher
wahrgenommen. Ich wusste, wie Neil ohne
sein T-Shirt aussah und ich wusste natürlich
auch über seinen Waschbrettbauch Bes-
cheid, und wie dieser, an seinen Hüften, in
124/683
einem V endete. Jedes Mal, wenn ich mich
glücklich genug schätzen konnte einen Blick
darauf zu erhaschen, versetzte der Anblick
meine Innereien in ein bebendes Chaos.
Leider kam es in der Vergangenheit nicht oft
genug vor.
Neil war gesegnet mit einem überirdis-
chen Körper, welcher ihn wie eine mythische
Gottheit wirken ließ, aber ich hatte mir bish-
er nie erlaubt, ihn in diesem Licht zu sehen.
Die Momente in den ich ihn gesehen hatte,
waren, als er mit Ian trainiert hat, mit Fre-
unden Fußball gespielt oder schwimmen
war.
Diese Situation allerdings war anders.
Neil war, so wie ich ihn jetzt sah, nur für
mich, für mich allein. Er bot sich mir dar –
seinen Körper für meine Augen allein, um
125/683
ihn mit meinen Händen zu berühren und mit
Küssen zu bedecken.
„Du hast dein Handtuch fallen lassen“,
sagte er sanft, als er seine Hand auf das
Bettlaken legte, was den Effekt hatte, dass
sich seine Muskeln unter seinen Armen in
einem sinnlichen Tanz zu bewegen schienen.
„Ich weiß.“ Ich kämpfte damit, durch das
Pochen in meiner Brust auch noch zu atmen
und griff nach unten nach dem Handtuch.
„Lass es liegen.“
Neils Stimme hatte nun einen härteren
Ton an sich – es war ein Befehl. Ich gefror
auf halbem Wege, meine Augen suchten
seine, damit ich verstehen konnte was er
meinte.
Seine langen, definierten Arme waren in
meine Richtung ausgestreckt. „Komm zu
126/683
mir, meine Schöne“, sagte er sanft. „Denke
an nichts, was dir irgendwie Angst machen
könnte. Ich bin es doch nur…und du.“
Ich nickte, aber es kamen keine Worte
aus meinem Mund. Alles, was ich machen
konnte, war die Erfahrung dieses Momentes
aufzunehmen und einfach auf mein Herz zu
hören.
„Ich möchte dich in meinem Armen hal-
ten, dir nahe sein. Und sicher sein, dass
niemand es auch nur versuchen würde, ein-
en Keil zwischen uns zu bringen oder dich
von mir fernzuhalten.“ Er neigte seinen Kopf
ein wenig. „Verstehst du das?“
„Das tue ich“, schaffte ich es
herauszubringen.
Neil ließ seine Arme ausgebreitet, seine
Augen glühten auf eine Weise, wie ich es bei
127/683
ihm noch nie zuvor gesehen hatte. Er ver-
langte viel von mir, sicher, aber das war es
nicht, was mich pausieren ließ. Die Gefühle,
die mich durchdrangen, waren erregend, zur
gleichen Zeit jedoch auch beängstigend.
Meine Emotionen paralysierten mich, weil
ich die Tragweite in diesem Moment, von
dem was ich hier tat, wirklich verstand. Mich
selbst einer anderen Person hingeben. Und
ich würde mich Neil vollkommen hingeben.
Es machte mich wahnsinnig verletzlich.
Oder nicht?
Ich fühlte das warnende Aufkommen
von Angst über mein Herz streifen. So deut-
lich, wie eine kalte Prise bei der du deine
Arme mit deinen Händen rubbeln musst,
damit du dieses unangenehme Frösteln ver-
treiben konntest.
128/683
Ich wusste nicht, wie ich es überleben
sollte, falls ich ihn verlieren würde. Wenn er
aufhören würde mich zu lieben; es wäre mir
nicht möglich das zu verkraften. Oder wenn
ich ihn durch den Krieg verlieren würde, was
schon ein entsetzliches Risiko an sich
darstellte – und zwar eines, das er jeden Tag
in Kauf nahm, solange er im Dienste der
Armee stand – ich würde es nie überleben.
Neil zu verlieren würde mich zerstören, vor
allem nachdem ich heute Nacht gelernt
hatte, wie es sich anfühlte, von ihm geliebt
zu werden.
„Denke nicht an die schlechten Dinge,
Elaina. Lass all das hinter dir und komm zu
mir. Mein wunderschönes Cherry
Girl…komm hierher und lass mich dich
lieben.“
129/683
Ich kam.
Alles, was ich wusste war, dass ich einen
Weg in die Arme fand, die ich niemals
wieder verlassen wollte, die mich so perfekt
an seinen Körper gepresst hielten, dass ich
Schmerz empfinden würde, sobald er zur
Armee zurückkehrte und ich den Drang un-
terdrücken musste, hier und jetzt in Tränen
auszubrechen.
Neils harter Körper und seine weichen
Lippen drückten sich gegen mich, erlaubten
mir ein wenig zu fühlen wie es zwischen uns
wäre, wie es wäre, wenn sich der größte
Wunsch meines Herzens erfüllen würde –
von Neil geliebt zu werden.
Und zur gleichen Zeit allerdings, wurde
ich dazu getrieben, die schrecklichsten Äng-
ste bezüglich Neil, zu erkennen.
130/683
Ich könnte ihn verlieren.
Und es würde mich umbringen, falls das
jemals passieren sollte.
131/683
7Neil war vorsichtig mit mir, sobald ich
bei ihm im Bett lag. Er küsste mich
leidenschaftlich, aber er ließ nicht zu, dass
diese glühenden Küsse zu mehr führten, ob-
wohl ich ihn gelassen hätte. Er hatte die
Kontrolle und seine Beherrschung war er-
staunlich, denn als er sich an mich presste,
konnte ich durch seine Boxershorts fühlen,
wie erregt er war. Ich spürte, wie sein harter
Schwanz gegen meine Hüfte presste, spürte
seine Erregung in jeder seiner Berührungen,
was auch mich, da es Neil war, immer verz-
weifelter für ihn werden ließ. Ich wollte
mehr. So viel mehr.
Als ich aus dem Badezimmer kam, war-
tete er im Bett auf mich und ich dachte, als
ich ihn dort sitzen sah, dass er völlig nackt
wäre. Aber nein, er hatte etwas an. Außer-
dem war das Bettlaken nun völlig als eine Art
Barriere zwischen uns gerutscht, da es uns
einfach nicht möglich war unsere Beine still
zu halten. Ein hoch auf das Bettlaken und
Neils Selbstkontrolle, denn ich hatte absolut
keine.
Sobald die Gefahr bestand die Kontrolle
zu verlieren, lehnte er sich ein wenig zurück
und sah mich einfach nur an, streichelte
meine Wangen oder zeichnete meine Lippen
mit seinen Fingerspitzen nach und wartete
drauf, dass wir uns beide wieder einiger-
maßen beruhigten.
Ich schaute ihn in dem dämmrigen Licht
an, in meinem Inneren herrschte allerdings
schon seit einiger Zeit nur noch ein
133/683
flatterndes Durcheinander, jetzt sogar noch
überwältigender durch die Art und Weise
seiner berauschenden Küsse. Ich fragte
mich, wo das mit ihm alles hinführen würde.
Nicht in der Lage ruhig liegen zu bleiben,
wölbte ich mich ihm entgegen und drückte
meine Beine zusammen, um meine Verlan-
gen ein wenig zu dämpfen. „Ich – ich
brauche – Neil, ich – “
„ – Ich weiß genau was du brauchst,
Süße. Ich weiß was du brauchst, genauso wie
ich weiß, was ich gerne mit dir machen
würde.“
Er presste seine Hüfte genau dahin, wo
ich sie brauchte und ich fühlte nun ganz
genau, wie es um seinen Schwanz stand. Er
fühlte sich riesig an, aber das überraschte
mich nicht im Geringsten. Neil war ein
134/683
großer Mann, überall. Ich konnte meine
Hände nicht von ihm lassen. Ich ließ sie über
seinen Rücken gleiten als ich mich seinen
Stößen mit meinem Körper entgegen bog
und fühlte, wie mich heiße Begierde
überkam. Ich hätte mitgemacht, zu was auch
immer er bereit gewesen wäre und wusste,
dass ich nicht hätte aufhören können, aber
es müsste auf jeden Fall von ihm ausgehen,
denn ich war bereits verloren. Meine Hand
glitt nun nach unten zu seinen Boxershorts
und in diese hinein, wo ich meine Hand
langsam zu seinem steinharten Schaft bra-
chte, die seine Shorts bis zum bersten
ausfüllte.
Neil zischte als meine Hand seine Erek-
tion umfasste und ich fühlte dann plötzlich,
wie seine eigene Hand, meine bedeckte.
135/683
„Aber wir werden heute Nacht nichts davon
tun“, sagte er mir ruhig, nahm sanft meine
Hand in seine und presste beide neben
meinem Kopf auf die Matratze.
„Werden wir nicht?“
„Nein. Nicht hier und nicht so.“ Er
presste seine Lippen zu der Kuhle meines
Halses und hauchte dort gegen meine Haut.
„Du bist für mich, für einen verzweifelten
Fick mitten in der Nacht, viel zu wertvoll.“
Seine Lippen machten sich langsam auf den
Weg nach oben zu den meinen. „Das will ich
dir einfach nicht antun. Es wird etwas beson-
deres sein, sobald wir uns auf diese Weise
lieben werden. Und das werden wir.“ Raunte
er nun dicht an meinen Lippen. „Oh, Süße,
wir werden es tun und es wird
sehr…sehr…gut werden; wenn es soweit ist.“
136/683
Neils starke Arme hielten mich in einer
Umarmung fest an sich gedrückt und dies
lehrte mir, was es bedeutete, dem Mann, den
ich liebte, nahe zu sein.
Es fühlte sich wunderschön, atem-
beraubend und einfach perfekt an.
Auch fanden wir heraus, dass es für uns
sehr einfach war uns zu unterhalten. Machte
Sinn, wenn man bedachte, dass wir so viele
Jahre mit gemeinsamen Erinnerungen
hatten.
„Erinnerst du dich an das erste Mal als
du bei uns zu Abend gegessen hast?“, fragte
ich ihn.
137/683
„Aber natürlich.“ Neils Finger streichel-
ten meinen Arm entlang, das einzige Ziel
dahinter war es, mich immer auf irgendeine
Weise zu berühren.
Ich konnte aber auch nicht genug von
seinen Berührungen bekommen. Diese Ber-
ührungen waren eine Art Bestätigung für
mich. Sie ließen alles so real werden und ich
musste verzweifelt an diesem Glauben
festhalten. An dem Glauben, dass wirklich
alles, was wir teilten, echt war. All meine
Hoffnungen und Träume basierten auf dieser
simplen Tatsache.
„Ich habe mich in dich verliebt als du
mir über den Tisch hinweg zugezwinkert
hast.“ Ich schaute in seine Augen und sah,
auch wenn er nicht antwortete, das Funkeln
in den seinen. Neil konnte kommunizieren
138/683
ohne auch nur ein Wort zu sagen und das
machte er oft. Auch ich bin mir sicher, dass
es eine hilfreiche Fähigkeit beim Militär war,
vor allem wenn er Truppen in den Kampf
führen musste. Kein Wunder, dass er in der
britischen Armee bereits den Rang eines
Captains innehatte.
„Ich erinnere mich, wie ich dir
zugezwinkert habe, und auch wie dankbar
ich dir war mir das letzte hausgemachte
Brötchen deiner Mutter zu überlassen.“
„Du warst nett zu mir“, erzählte ich ihm,
„deswegen habe ich es dir überlassen. Nicht
viele Siebzehnjährige würden einer
Zehnjährigen Aufmerksamkeit schenken und
ihr schon gar nicht zuzwinkern.“
Anstatt mir auf mein Geständnis zu ant-
worten, schob Neil sich über mich, sein
139/683
Mund fand erneut meine Lippen, sein Körp-
er drückte mich in die Matratze bis er mich
erneut um den Verstand geküsst hatte.
Er legte seine Handfläche auf die Stelle
meines Körpers, wo mein Herz schlug und
verharrte dort. Es war in keiner Weise
sexuell wie er mich in diesem Moment ber-
ührte, nur eine Geste seiner Gefühle, die
auch ich an dem Ort, an dem mein Herz
unter meiner Haut pochte, spürte. „Dieses
Herz ist so wunderschön, jetzt genauso wie
damals, als du noch zehn Jahre alt warst. Du
hast ein wunderschönes Herz, Cherry.“
So wie du auch, Neil.
„Ich denke, das war einmal“, sagte ich.
„Was meinst du damit?“
Ich kuschelte mich näher an seinen
nackten Körper und zeichnete mit meinen
140/683
Fingerspitzen die Kuhle seines Halses
entlang. „Nachdem mein Va – Vater starb, i
– ich weiß einfach, dass ich mich verändert
habe und ich bin nicht – ich bin nicht mehr
die Person von damals. Ich bin nicht dieses
nette Mädchen, an das du dich noch zu erin-
nern glaubst, Neil. Ich hoffe, dass ist dir
klar.“
„Aber genau das bist du“, sagte er. „Ich
weiß, dass du dich irrst. Warum würdest du
so etwas überhaupt denken?“ Er hielt mich
fester an seinen Körper gedrückt.
„Ich habe Dinge getan, die ich niemals
getan hätte, wäre meine Vater noch immer
am Leben.“
„Das haben wir doch alle, Cherry. Er
küsste mich tief und lang, bevor er wieder
sprach. „Ich wünschte, ich hätte damals hier
141/683
sein können. Ich habe mir solche Sorgen
gemacht als dir dein Vater genommen
wurde.“
„Ich vermisse ihn noch immer so
schrecklich.“
„Natürlich tust du das. Das ist völlig
normal.“
„Aber er wäre so enttäuscht, wenn er
wüsste, was ich in den letzten Jahren alles
gemacht habe.“
„Und was genau wäre das alles?“
Ich wusste nicht wie ich ihm antworten
sollte. Wenn ich ehrlich mit ihm wäre, wäre
Neil vielleicht sogar von mir angewidert.
Wenn ich es nicht wäre, würde mich das zu
einer Lügnerin durch Verschweigen von In-
formation machen und ich glaubte nicht,
dass ich Neil das antun könnte. Unsere Liebe
142/683
bedeutete mir dafür zu viel und ich wusste
irgendwie, dass es ihm nicht anders ging.
„Na ja, ich bin nicht unschuldig. Ich
habe Dinge getan, auf die ich nicht stolz bin.
Ich habe mich mit üblen Leuten eingelassen
und mit…vielen Jungs. Mein Vater hat mich
besser erzogen und dazu, mich zu respektier-
en und mich nicht mit Leuten abzugeben,
mit denen ich mich letztendlich aber
abgegeben habe.“
„Wenn du dieses Arschloch Tompkins
meinst, dann stimme ich aus vollem Herzen
zu – er hat es nicht einmal verdient die
gleiche Luft wie du zu atmen.“
Ich lachte leise. „Ich weiß. Vater hätte
Denny niemals auch nur durch die Tür
gelassen um mich anzusehen, geschweige
denn mich mit ihm ausgehen lassen.“
143/683
„Dein Vater war ein weiser Mann“, sagte
er trocken.
„Ich war, ehrlich gesagt, ein wenig
schockiert als du mich in dem Pub verteidigt
hast. Ich konnte einfach nicht verstehen,
warum du so interessierst warst…an mir.“
Meine Stimme verlor sich in der Stille der
Nacht, die uns umgab.
Neils Antwort war es, mich auf den
Rücken zu rollen und mich mit tiefen Zun-
genstößen leidenschaftlich zu küssen. Auf
eine schon fast harsche und verzweifelte Art
und Weise, um mich davon zu überzeugen,
dass ich es wert war. „Verstehst du es jetzt?“
„Nicht wirklich“, antwortete ich
schüchtern, „aber ich bin so dankbar dafür,
dass du…interessiert bist.“
144/683
„Lass mich dir etwas zeigen.“ Er öffnete
die Schublade seines Nachttisches und nahm
ein kleines Objekt heraus. „Gib mir deine
Hand.“
Das tat ich; und ich fühlte, wie er mir ein
Armband an mein Handgelenk anlegte.
„Du hast es all die Jahre aufbewahrt?“,
fragte ich, während ich zur gleichen Zeit
fühlte, wie Tränen versuchten zu entkom-
men, jedenfalls würde genau das passieren,
wenn er mit Gesten dieser Art nicht aufhören
würde. Ich hielt mein Handgelenk oben,
damit ich im Licht einen besseren Blick da-
rauf werfen konnte. Das Armband, das ich
selbst für Neil angefertigt hatte, als eine Art
‚Viel Glück‘ Talisman, um ihn im Krieg sich-
er zu wissen. Es sah ein wenig Kampferprobt
aus, aber es war noch intakt, immer noch mit
145/683
den zwei Eulen und dem Symbol, das für Un-
endlichkeit stand, daran befestigt.
„Ja, ich habe es all diese Jahre behalten.
Du hast es ja schließlich für mich gemacht.
Zur Hölle, ich habe es so oft getragen wie es
mir erlaubt war.“
Ich konnte den Beweis dafür anhand der
Struktur und der Farbe des Leders sehen. Ich
brachte es nah an meine Nase um daran zu
schnuppern. Neils Duft war an dem kleinen
Stück Leder und den Messing Symbolen
wahrzunehmen und ich wusste somit, dass
es in Kontakt mit seiner Haut gewesen sein
musste.
„Ich habe meins auch noch“, sagte ich.
Er zog mich an seinen Körper, presste
mich in die Beuge seines Armes und ber-
ührte mich mit seinen Fingern sanft im
146/683
Nacken. „Du weißt, dass ich deinen Bruder
und deine Mutter als mehr ansehe, dass ich
sie als meine eigene Familie ansehe?“
„Sie lieben dich, Neil.“
Wieder konnte ich den Schmerz in seiner
Stimme wahrnehmen. Neil sprach nicht über
sein scheiß Familienleben, oder wie er na-
hezu allein, schon in frühem Alter, klarkom-
men musste. Er beschwerte sich auch nie,
deswegen fühlte es sich auch bedeutungsvoll
an, als er es jetzt in dieser Unterhaltung
erwähnte.
„Ich liebe sie auch. Und ich fühle mich
von euch allen zurückgeliebt, Cherry. Mehr
brauche ich nicht.“
Als ich in der Sicherheit seines Armes
lag, schaute ich an die Decke seines Schlafzi-
mmers und dachte daran, wie glücklich ich
147/683
in diesem Moment war, in Neils Bett, von
ihm umarmt zu werden, und seine sanften
Berührungen und langsamen Küsse genießen
zu dürfen. Neil und ich, zusammen.
„Oh, mein Gott, wir müssen ihnen von
uns erzählen!“
Er lachte. „Das können wir morgen
machen.“
„Okay. Das werden wir. Ich kann es gar
nicht erwarten, Mamas Reaktion zu sehen.“
„Ich mache mir mehr Gedanken drüber,
wie wohl Ian reagieren wird.“ Er umfasste
intuitiv seinen Schwanz. „Ich würde den
gerne behalten.“
Mir blieb nichts anderes übrig als bei
seiner Reaktion laut zu lachen. „Ich denke,
dein wertvoller Besitz ist sicher.“
„Zur Hölle sei Dank.“
148/683
„Neil, du vergisst die tatsachenbezogen-
en Fakten hier.“
„Aha?“ Er hob einer seiner
Augenbrauen.
„Jep, die Tatsache, dass der Morrison
Klan dich schon vor langer Zeit als einen von
den seinen beansprucht hat und wir werden
dich nie wieder zurückgeben.“
Er mochte das; und küsste mich danach
für eine lange Zeit um mir zu zeigen, wie
sehr er diese Tatsache mochte.
Später hatten wir die Gelegenheit ein
wenig über diejenigen zu sprechen, die vor
unserer gemeinsamen Zeit da waren. Der
Teil war nicht so angenehm, aber auch das
musste diskutiert werden und ich bin froh,
dass wir es machten. Ich wollte nicht, dass er
sich irgendwelche Vorstellungen macht und
149/683
in der Annahme stand, dass ich noch eine
unschuldige Jungfrau war. Ich hatte mit
mehreren Typen etwas gehabt, und der letzte
war Denny Tompkins gewesen. Ich fand,
dass er die Wahrheit verdient hatte. Ich
nahm die Anspannung von Neils Kiefer
wahr, als ich mir alles von der Seele redete,
aber wusste, dass ich es mit ihm teilen
musste. Er musste es wissen. Mein Denny
war seine Cora.
Mein einziger Trost war, dass Neil
meinen Ex-Freund genauso hingebungsvoll
verachtete, wie ich es verachtete mir ihn mit
Cora vorzustellen, und mit anderen Frauen
über die vergangenen Jahre. Aber vor allem
hasste ich diese Schlampe.
Der wichtigste Aspekt bei all dem war al-
lerdings, wie sehr wir Zusammensein wollten
150/683
und wie sehr wir es brauchten, was uns nur
der andere möglich war zu geben. Jetzt wo
wir einen Vorgeschmack auf das Wie es sein
könnte hatten, wäre niemand anderes, weder
für Neil noch für mich, jemals wieder auch
nur annähernd genug. Für mich war es
Neil…oder keiner. Er liebte mich trotz mein-
er Vergangenheit und ich fühlte das Gleiche
für ihn.
Wir hielten in dieser Nacht einander
fest, flüsterten in der Dunkelheit, teilten un-
sere Träume und gestanden unsere Dämon-
en und Ängste. In Neils Armen, die mich fest
an ihn gedrückt hielten, driftete ich in einen
friedlichen Schlaf. Ich wusste, dass der Duft
von ihm echt war, denn er umgab mich und
ich atmete nur ihn ein.
151/683
Es gab zu dieser Zeit so viel Hoffnung als
ich an die Zukunft dachte. Ich konnte mir
nicht vorstellen, dass irgendetwas es schaf-
fen könnte, nach diesem hart umkämpften
Erfolg, mir Neil wieder zu entreißen.
Das Leben konnte, nachdem was ich
schon alles durchmachen musste, nicht so
unfair zu Elaina Morrison sein.
Seine Liebe war etwas, dass ich nie in
Frage gestellt hatte. Seine Liebe gehörte mir.
Ich kann jetzt zurück schauen und mit abso-
luter Sicherheit sagen, dass Neils Liebe auf
jeden Fall mir gehörte.
Allerdings hatte ich sie nur für eine kur-
ze Zeit.
Für eine viel, viel zu kurze Zeit.
Mir gehörte Neils Liebe, bis das Schick-
sal zuschlug und sie mir entriss…zum
152/683
wiederholten Male…so, dass ich erneut ver-
loren war.
Allein. Schon wieder.
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TEIL ZWEI
Neil
Driften auf einem Meer von vergessenen Tränen,
auf einem Rettungsboot segelnd für deine Liebe.
Jimi Hendrix, Drifting~
8Dieser Monat mit Elaina, war die
glücklichste Zeit, an die ich mich
jemals erinnern konnte. Ich kann mich
nicht an viele Momente erinnern, an denen
ich wirklich jemals glücklich war. Ich lebte
einen Tag nach dem anderen und versuchte,
so gut wie möglich klarzukommen. Das war
schon immer meine Philosophie. Aber die
Zeit mit ihr übertraf einfach alles, was ich bis
zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben
gekannt hatte.
Ich wusste, was es bedeutete, sich nach
etwas zu sehnen. Verdammt, ich sehnte mich
nach Elaina schon so lange ich denken kon-
nte. Deswegen fühlte es sich nicht irgendwie
anders an. Ich musste auf sie allerdings für
eine gewisse Zeit warten und dann…verwan-
delte ich mich in den glücklichsten Mann der
Welt, als sich für uns endlich alles zusam-
menfügte. Ich erhielt endlich die Möglichkeit
ihr zu sagen, was sie für mich bedeutete.
Aber jetzt gehörte sie mir und sie liebte
mich auch. Wir waren endlich zusammen,
und die Ewigkeit, diesen Zustand zu
genießen, lag zu unseren Füßen.
Es gab viele Dinge, die wir noch vonein-
ander lernen mussten. Denn auch wenn das
Gefühl, mit der Person zusammen zu sein,
die du schon seit Jahren kennst, unbes-
chreiblich war, gab es da noch Geheimnisse.
Aber ich konnte mein gesamtes Leben damit
verbringen, diese zu enthüllen und würde
niemals auf dieser Reise Ermüdungser-
scheinungen verspüren. Das war mir klar.
156/683
Der ersten Person, der wir von uns
erzählten, war Elainas Mutter. Na ja, ihr
zwei habt also endlich geklärt, was uns an-
deren schon von Beginn an klar war, war
das erste was aus ihrem Mund kam, zusam-
men mit Freudenschreien und Umarmungen
für alle.
Es war ein schönes Gefühl eine Familie
zu haben, die dich in ihrer Mitte wollte.
Ihr Bruder, Ian, war der nächste auf der
Liste mit dem wir unsere Neuigkeit teilten.
Er hat sich für uns gefreut und zeigte eine
ähnliche Reaktion wie Elainas Mutter, al-
lerdings fügte er noch, Du hast jetzt also Sex
mit meiner kleinen Schwester, Kumpel?, als
Kampfansage hinzu. Ich versuchte ihn zu
beschwichtigen, so gut es eben möglich war,
157/683
aber...na ja, ist schon besser, wenn wir zwei
diesen Teil nicht diskutierten.
Noch hatten wir ja keinen Sex gehabt,
aber das würde sich schon bald ändern. Wir
konnten die Hände nicht voneinander
lassen, allein deshalb war mir schon klar,
dass es uns nicht auf ewig möglich wäre, Sex
aus unserer Beziehung zu verbannen.
Das Problem war, ich hatte nicht mehr
lange Zeit, bevor mein Heimaturlaub vorbei
wäre und ich auf eine neue Tour musste. Es
gab viel über das wir noch sprechen und an
dem wir noch arbeiten mussten in diesen
wenigen Wochen, und ich wollte, dass alles
perfekt war, sobald wir zum ersten Mal Sex
haben würden.
Ich brachte Elaina für das Wochenende
an die Küste von Somerset, in Kilve. Einer
158/683
meiner Kameraden, den ich in der SAS get-
roffen hatte, hat eine Schwester, die eine
Frühstückspension leitete. Er erwähnte
diesen Ort mehr als einmal. Glücklicher-
weise, als ich Hannah Greymont von Hall-
borough Park anrief, war es mir möglich ein
Zimmer für uns zu buchen. Ich war über
meine Pläne, die mich von zu Hause weg
führen würden, genauso überzeugt wie von
denen, welche mein Schicksal betrafen…
“Wie hast du diesen Ort gefunden?“, fragte
sie verblüfft als wir die Kieseinfahrt hinauf
fuhren.
„Einer von meinen Kumpels, ein Kam-
erad der Special Force, hat mir davon
159/683
erzählt. Sein Name ist Blackstone. Das Haus
gehört seiner Schwester und ihrem Ehem-
ann. Ganz schön beeindruckend, oder
nicht?“ Und das war es tatsächlich. Das got-
ische Steinhaus vor uns war eine Landhaus-
villa, das alle Häuser die jemals auf BBC zu
sehen gewesen waren, in den Schatten stel-
len würde.
„Es ist atemberaubend, Neil“, sagte sie
leise, „perfekt für uns.“
Sie sah so umwerfend neben mir aus, so
elegant und schön, in ihrem blauen Kleid
und den langen sexy Beinen, in den Sitz
meines Autos geschmiegt. Ich hatte allerd-
ings ein paar Schwingungen wahrgenom-
men. Elaina wurde wieder schüchtern und
ich hatte auch schon eine Ahnung woran das
lag. Ich werde mich aber um dieses Problem
160/683
kümmern, sobald ich sie für mich allein in
der Suite hatte. Sehr langsam und sorgfältig.
Beruhige dich, Kumpel! Ich musste mich
wirklich darauf konzentrieren, was das Ziel
dieses Ausflugs und die Absicht dahinter
war. Und es lag nicht nur darin sie ins Bett
zu bekommen, auch wenn es vielleicht
danach aussah. Es war verdammt schwierig
sich zu konzentrieren wenn sie so umwer-
fend aussah.
„Du bist wunderschön“, sagte ich ihr,
„und ich liebe dich dafür, dass du es mir er-
laubt hast, dich für das Wochenende zu
entführen.“
„Nur weil ich zugestimmt habe dich hier-
her zu begleiten?“ Sie warf mir einen
vielsagenden Blick zu.
161/683
Blöder, idiotischer Volldeppenarsch.
„Nein, nicht nur deswegen. Ich liebe dich die
ganze Zeit.“ Ich streckte meinen Arm nach
ihr aus und zog sie an mich heran, suchte in
ihrem Gesicht nach Hinweisen. „Hast du es
dir anders überlegt?“
Sie schüttelte ihren Kopf, ihre blaue Au-
gen glänzten als sie flüsterte, „Niemals.“
Elaina brachte ihre Hand zu meinem Gesicht
und ließ sie dort ruhen. „Ich würde dir über-
all hin folgen. Ich liebe dich, weißt du noch?“
„Ich werde nicht vergessen, dass du mir
das gesagt hast.“ Und das würde ich nicht.
Diese Worte waren wertvoll für mich.
„Gut. Du solltest das auch besser nicht
vergessen.“
Ich presste sie gegen mich und küsste sie
langsam und ausgiebig, so lange, bis sie
162/683
nachgiebig in meinen Armen lag, ich nur
noch an Betten denken konnte, daran sie
nackt in einem zu haben und eine Menge an-
derer unangebrachter Ideen, die hier in
diesem Moment nichts zu suchen hatten.
„Also, ich habe einen Plan hier“, gestand
ich nah an ihrem Ohr.
„Hmmm, dachte ich mir“, schnurrte sie.
„Was beinhaltet denn dieser Plan von dir?“
Ich lehnte mich zurück, damit sie mich
ansehen konnte. „Mein Plan ist es, dass wir
uns zuerst einmal in unserem Zimmer ein-
richten.“ Ich neigte meinen Kopf als sie ihre
Augenbraue nach oben zog, sicher, dass sie
dachte, ich hätte nur schmutzige Gedanken
im Kopf. Na ja, die meisten waren das auch,
aber ich war gut darin meine Gedanken,
noch, für mich zu behalten. „Und dann,…wie
163/683
wäre es, wenn ich mein umwerfendes Mäd-
chen zum Abendessen ausführen würde, wo
ich ihr dann gegenüber sitzen und in ihrer
exquisiten Schönheit schwelgen kann? Was
sagst du?“
Sie lachte. „Okay, wie könnte ich dazu
nein sagen?“
„Lachst du mich etwa aus, Miss
Morrison?“
„Ich glaube das tue ich, Captain
McManus.“ Sie nickte zwischen mehr
Gekicher und presste dann einen süßen Kuss
auf meine Lippen. „Du zeigst Anzeichen
eines Poeten, fürchte ich. Lass das besser
nicht deine Truppen wissen.“
„Und ich dachte, meine kleine Rede war
gut“, protestierte ich.
164/683
„Aww, du darfst deinen inneren Poeten
jederzeit bei mir rauslassen, Babe.“ Sie
lächelte und warf mir einen Kuss zu.
Ich schüttelte meinen Kopf als wir uns
auf den Weg ins Innere zur Anmeldung
machten. Ich hatte Elaina glücklich und vor
Freude strahlend an meinem Arm, ja, aber
wenn ich daran dachte, wie ich sie in nur
wenigen Wochen verlassen müsste – bei
Gott, ich hatte keine Ahnung, wie ich das fer-
tig bringen sollte.
Blackstones Schwester, die uns sagte wir
sollten sie doch Hannah nennen, gab uns
eine schöne Corner Suite, die in Blau gehal-
ten war, und das Meer vom Fenster aus
überblickte. Die Aussicht auf den Küstenver-
lauf und die Lavendelfelder war einfach
beeindruckend, aber rückte definitiv in den
165/683
Hintergrund bei den schmutzigen Gedanken
in meinem Kopf. Oh ja, die einzige Aussicht
für die ich mich im Augenblick begeistern
könnte, wäre Elaina vor dieser Aussicht.
Nackt. Das war die Aussicht, die ich be-
trachten wollte. Die einzige, an die ich im
Moment auch nur denken konnte.
Als ich durch das Fenster starrte, realis-
ierte ich wie schlimm es mich wirklich erwis-
cht hatte.
Elaina raschelte im Badezimmer herum,
platzierte ihre Sachen, während ich über die
Antizipation nachdachte, an das, was endlich
Realität sein würde nach einer so langen Zeit
des Begehrens.
Allerdings hatte ich auch ein paar
Zweifel über das, was wir hier, in diesem
wundervollen prächtigen Haus entlang der
166/683
malerischen Küste von Somerset, im Begriff
waren zu tun. Elaina war eine erwachsene
Frau, aber sie war auch beträchtlich jünger
als ich. Manchmal fühlte ich mich schuldig,
dass ich sie wollte, wenn ich vielleicht besser
eine Frau in meinem eigenen Alter hätte
wählen sollen. Aber ich hatte schon vor
langer Zeit gelernt, dass es nicht in deiner
Macht stand zu entscheiden, in wen du dich
am Ende verliebst. Du wirst ausgewählt.
Für mich war diese Person ein wunder-
schönes Mädchen mit kirschrotem Haar und
dunkelblauen Augen und ihr allein gehörte
der einzig existierende Schlüssel zu meinem
Herzen.
Allein diese vereinzelten Gedanken über
sie waren schon genug, um meinen Schwanz
zu einem Punkt hin zu erwecken, wo bereits
167/683
ein wenig diskretes Zurechtrücken von
Nöten war. Es schien, als ob wir doch wirk-
lich die ganze Packung Kondome, die ich
eingepackt hatte, benötigen würden…
„Oh, Babe, du solltest die Aussicht von
hier aus sehen“, rief sie vom Badezimmer
aus, wodurch sie meine Gedanken an Sex
fürs erste unterbrach. Herrgott sei Dank. Als
ich zu ihr ging, bestrafte ich mich für das
beklommene Gefühl mich verstecken zu
müssen und versuchte, die Gedanken
abzuschütteln, auf welche Art und Weise ich
sie befriedigen würde und was ich mit ihr, in
der begrenzten Zeit, die wir zur Verfügung
hatten, schon bald machen würde.
Tatsachen blieben nun einmal Tat-
sachen. Elaina wollte mich im gleichen Maße
wie ich sie. Niemand von den Anwesenden
168/683
war Minderjährig, ebenso wenig wie un-
schuldig. Diese Tatsache machte mir Sorgen,
aber zur gleichen Zeit erleichterte mich diese
auch. Ich war nicht der erste Mann, der in
sie eindringen würde, aber ich musste mir
auch keine Sorgen darüber machen, wie ich
bei einer Entjungferung vorgehen sollte – et-
was, das ich noch nie getan hatte, und ich
hatte auch kein Verlangen, diese Erfahrung
jemals zu machen. Nein, Elaine war jetzt
mein und sie war alles was ich wollte.
Elaina war eine erwachsene Frau. Wir
hatten den Segen ihrer Familie und die
wussten, dass sie bereits einige Male bei mir
übernachtet hatte. Sie mussten es vermuten.
Also, warum fühlte ich mich dann wie ein
notgeiler Jugendlicher, der Sex geheim hal-
ten musste?
169/683
„Kommst du, Babe?“, rief sie erneut.
Oh ja, Süße, das werde ich und so wirst
du.
Ich trat in das Badezimmer und fand sie
gegen ein ähnliches Fenster, mit der
grundsätzlich gleichen Aussicht, die ich
gerade erst betrachtet hatte, gepresst. Elai-
nas war allerdings über einer gigantischen
Badewanne, von der ich hoffte, wir würden
sie zu einem bestimmten Punkt zusammen
ausprobieren.
Ich näherte mich ihr von hinten, schlang
meine Arme um sie und ruhte mein Kinn auf
ihrem Kopf. „Wunderschön“, sagte ich,
während ich ihren Duft einatmete, der zu
meiner Sucht geworden war.
„Ich weiß, das ist es wirklich“, sagte sie,
brachte ihre Hände nach oben und platzierte
170/683
sie, wo meine Arme sich kreuzten. Ich liebte
es, wann auch immer Elaina mich berührte.
Und ich saugte jede auch noch so kleine oder
kurzfristige Berührung in mich auf. Das un-
verwechselbare Gefühl ihrer Hände, die
mich immer wieder aufsuchten, bedeutete
Etwas. Das Wissen darüber, dass sie so selb-
stverständlich gab, bedeutete auch etwas
und ich würde diese Erinnerungen, an un-
sere Zeit zusammen, für die Zeit in der wir
getrennt sein würden, festhalten. Sie würden
mich durch die schweren Momente führen.
Hoffte ich jedenfalls. Ich fühlte einen Anflug
von Panik, wenn ich daran dachte, sie nach
meinem Heimaturlaub in England zurück-
lassen zu müssen. Denk einfach nicht daran.
Ich drehte sie herum und nahm ihr
Gesicht zwischen meine Hände. Ich hielt sie
171/683
so nah wie möglich, suchte in ihren fra-
genden Augen, strich über ihre wunder-
schönen Züge und versuchte mich so an
jedes auch noch so winziges Detail, an das,
was Elaina zur schönste Frau der Welt
machte, zu erinnern.
„Ich habe nicht über die Aussicht ge-
sprochen“, sagte ich ihr, bevor ich ihren
Mund mit meinem vereinnahmte.
Ich küsste sie für eine lange Zeit. Vor
diesem Fenster. Ich küsste mein Mädchen
bis es mir besser ging und ich weitestgehend
befriedigt war. Bis ich genug von ihr gekostet
hatte um sie loszulassen und mein Ver-
sprechen, sie während des Abendessens zu
betrachten, einzuhalten.
Wir waren schon jetzt etwas spät dran.
172/683
Elainas errötete Wangen, die die
Aufmerksamkeit des Kellners erregte, als
dieser uns zu unseren Plätzen führte und die
Blicke der anderen Gäste, die sich wahr-
scheinlich denken konnten warum wir so
spät waren, löste einen Beschützerinstinkt in
mir aus. Ein Blick auf Elaina, und jeder kon-
nte sich vorstellen, von ihren erröteten Wan-
gen, bis hin zu ihren erregend geschwollenen
Lippen von all der Lippenakrobatik, was wir
noch vor einer Minute getrieben hatten.
Ich ließ meine Hand besitzergreifend zu
dem unteren Teil ihres Rückens gleiten und
führte sie zu ihrem Stuhl, hielt den Stuhl für
sie bereit, so wie es mir meine Oma gelehrt
hat. Ich wollte all diesen Leuten zu verstehen
geben, dass sie mein war. Wenn ich das fer-
tig gebracht hätte, ohne das alle glauben
173/683
würden, dass ich ein kompletter Wahnsinni-
ger wäre, dann hätte ich auch eine Bekannt-
gabe gemacht. Dieses wunderschöne Mäd-
chen ist mein, Leute, und sie liebt nur mich.
Ich erkannte, egal von welcher Seite man
es betrachtete, am Ende galt ich als der
Gewinner; wahnsinnig oder nicht. Ich war
schließlich derjenige, der sie bei dem
Abendessen über den Tisch hinweg anstar-
ren durfte.
174/683
9„Was magst du am meisten daran,
dass du Captain bei der Special Force
bist? Du redest nicht viel darüber.“
„Wir sollen auch nicht darüber sprechen,
Süße.“
Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich
und ihre Lippen formten einen anbetung-
swürdigen Schmollmund, der mich Dinge
machen lassen wollte, für die wir definitiv
hinter geschlossenen Türen sein sollten.
„Also, was darfst du mir erzählen? Ich
muss ein wenig darüber wissen, was du dort
drüben in Afghanistan machst.“
Ich zuckte mit den Schultern über
meinem Teller, mit einem perfekt gebraten
Stück Wild, hinweg und gab die ehrlichste
Antwort, die ich ihr geben konnte. „Es ist
einfach nur Arbeit, die für jemanden wie
mich eine gute Möglichkeit dargestellt hatte,
denke ich. Harte Arbeit und oftmals sehr
furchterregend. Einsam. Brutal.
Ernüchternd. Beschissen.“ Ich sah von
meinem Abendessen auf und in ihre besor-
gten Augen, und zum ersten Mal in meinem
Leben, wünschte ich mir, ich wäre kein
Soldat.
„Klingt toll“, sagte sie sarkastisch. „Wie
sehr muss ich mir darüber Gedanken
machen, ob du wieder sicher zu mir zurück-
kommst, Neil?“
Ich bedeckt ihre Hand mit meiner. „Ich
komme in zehn Monaten zurück und wenn
ich das tue, dann wird es für immer sein.
Dann sind es insgesamt sechs Jahre gewesen
176/683
und das ist genug, glaub mir. Ich will etwas
anderes mit meinem Leben anfangen, und
ich verspreche dir, es wird meine letzte Tour
sein, Elaina.“
„Gott sei Dank.“ Der Klang in ihrer
Stimme wirkte erleichtert, aber die Sorge
stand ihr noch immer ins Gesicht
geschrieben.
„Es fühlt sich aber schön an, dass du
dich um mich sorgst.“
„Ich habe mir schon immer Sorgen um
dich gemacht, mir war nur vorher nicht ganz
klar, worüber ich mich genau sorgen sollte.
Jetzt ist es anders. Jetzt habe ich verdammt
noch mal Todesangst, dass dir etwas
Schreckliches passieren, dass ich dich ver-
lieren könnte – dass wir niemals unsere
Zeit…zusammen…haben werden.“
177/683
„Nein.“ Ich schüttelte meinen Kopf. „Das
akzeptiere ich nicht. Ich werde dort hinge-
hen und meinen Job machen und sobald
meine Zeit vorbei ist, komme ich wieder zu
dir zurück. Das ist ein Versprechen, das ich
halten werde.“ Ich nahm ihre Hand und hielt
sie an meinen Mund. „Ich liebe diese Hand
so sehr.“
Ihre Augen schimmerten mit unver-
gossenen Tränen, als ich den letzten Teil
sagte.
„Und ich liebe den Mann, der meine
Hand hält. So sehr“, flüsterte sie mit feucht-
en Augen, „und ich will, dass er wieder in
einem Stück zu mir zurückkehrt.“
Ich wusste, es war an der Zeit. Zeit, uns
so nah wie möglich zu sein und alle Zweifel,
die wir beide für eine lange Zeit mit uns
178/683
herum getragen hatten, hinter uns zu lassen.
Zeit, für uns zu erkennen, was wir zu verlier-
en hatten, wenn wir nicht zusammen waren,
und um uns gegenseitig zu zeigen, dass wir
nicht eine Sekunde länger ohne einander
überleben würden.
„Sieh in meine Augen, wenn ich dir sage,
dass ich zu dir zurückkommen werde. Das
werde ich. Ich werde aus dem Flugzeug
steigen und die Menschenmenge nach
meinem Cherry Girl absuchen, damit sie in
die Richtung rennen kann, in der ich stehe,
wo ich sie hochheben und sie nah an mich
gedrückt halten kann, um dann mit Sicher-
heit zu erkennen, dass wir niemals wieder
voneinander getrennt sein würden.“
Sie nickte unmerklich, ihre Augen noch
immer gläsern, aber in einem
179/683
wunderschönen Blau, als sie mir im Kerzen-
licht gegenüber saß. „Versprochen?“
„Mit allem was ich bin.“
Ich sah, wie sie in ihrem Stuhl deutlich
ruhiger wurde, die Anspannung löste sich ein
wenig auf, und ich wünschte, wir wären al-
lein und nicht in einem Raum mit anderen.
Es ist Zeit sie nach oben zu bringen und sie
nun vollständig für mich zu beanspruchen.
Ich flüsterte, damit nur sie es hören kon-
nte. „Ich muss jetzt mit dir zusammen sein,
und wir können so all diese Sorgen und Äng-
ste, all die schrecklichen Dinge, die uns
Angst machen, auslöschen“, ich sprach mit
meinen Lippen gegen ihre Hand gepresst
und meine Augen auf ihre gerichtet. „Wir
können all das vertreiben, für heute Nacht.“
180/683
„Ja, bitte.“ Eine einsame Träne fand
ihren Weg über die makellose Haut ihrer
Wange, als sie mir ihre Zustimmung über
den Tisch hinweg zunickte.
Ich bekam meine Antwort und das war
alles, was ich brauchte.
Wir hielten Händchen, den gesamten
Weg nach oben in unser Zimmer und gingen
im Treppenhaus an museumswürdigen Por-
traits vorüber, Kunstwerke von
beeindruckender Form und Vielfältigkeit,
welche mindestens 2,50 m in die Höhe
ragten. Ich konnte allerdings nicht wirklich
aufnehmen, was sich um mich herum ab-
spielte. Für mich war nur das Mädchen
neben mir von Bedeutung.
Sobald die Treppen hinter uns lagen,
schwang ich sie in meine Arme und trug sie
181/683
den Rest des Weges. Ich wollte ihr Gewicht
in meinen Armen spüren. Ich wollte sie zu
dem Ort tragen, wo wir zusammenfinden
würden.
„Du wirst dir noch dein Kreuz brechen,
wenn du mich umherträgst.“
„Ich bin mir sicher, das wird nicht
passieren, meine Süße. Du bist leicht wie
eine Feder. Meine Arme lieben das Gefühl
dich zu tragen, also denke ich, dass du dich
besser daran gewöhnen solltest.“
Meine Cherry errötete für mich, wirkte
erneut schüchtern und mir lief das Wasser
im Mund zusammen bei ihrem Anblick, ein-
fach nur weil sie ihr bezauberndes selbst
war. „Leg deine Arme um meinen Hals“,
sagte ich.
182/683
Sie folgte meiner Bitte, ihre delikaten
Hände glitten um mich herum und hielten
sich an mir fest. Es fühlte sich himmlisch an.
Ich küsste sie, während ich sie hielt, schaffte
es irgendwie sogar die Tür zu öffnen und war
dankbar für altmodische Türgriffe, die nicht
von außen abgeschlossen werden mussten.
Ich wollte nicht von ihrem Mund ablassen,
als ich mit den Türen und Schlössern käm-
pfte, um uns ins Innere unserer Suite zu
bringen, endlich in so etwas wie Privat-
sphäre. Ich brauchte die Nähe. Ich fühlte
diese ansteigende Verzweiflung, endlich in
sie einzudringen, eins mit ihr zu werden. So,
als wäre es zu spät für uns, wenn ich auch
nur einen weiteren Tag warten würde sie für
mich zu beanspruchen, als wäre sie dann ir-
gendwie für mich verloren.
183/683
Widerwillig ließ ich sie auf ihre Füße
herunter und stellte dabei sicher, dass sie
nicht ihr Gleichgewicht verlieren würde, be-
vor ich sie losließ. Sie sah mit einem ver-
schleierten Blick in ihren Augen zu mir auf
und war bereits dabei eiligst ihre Schuhe von
ihren Füßen zu kicken.
Ich folgte ihrem Beispiel.
Sie biss auf ihre Unterlippe, auf eine Art
und Weise, die meinen Schwanz so steif wer-
den ließ, dass ich stöhnen musste. „Du siehst
so scharf aus, wenn du das machst.“
Sie erwiderte nichts, stattdessen begann
sie mein Hemd aufzuknöpfen. Diese perfek-
ten weißen Zähne von ihr knabberten weiter
an ihrer pinken Unterlippe herum, was fast
dazu geführt hätte, dass ich in meiner Hose
184/683
gekommen wäre, bevor wir richtig hätten be-
ginnen können.
„Ich liebe Himmelblau. Das ist meine
Lieblingsfarbe, weißt du.“ Sie öffnete die
Knöpfe und streifte dann das Hemd meine
Schultern herunter. „Und vor allem steht dir
die Farbe wirklich gut.“
„Ich liebe es, wie du mir das Hemd aus-
ziehst, und ich werde sicherstellen, dass ich
diese Farbe nun öfter für dich trage.“
„Jetzt du“, sagte sie, während sie mir
ihren Rücken präsentierte.
Ich ließ meine Hand zu dem Reißver-
schluss ihres Kleides wandern und öffnete
ihn, ließ die seidigen Träger ihre Arme hin-
untergleiten. Nun fiel das Kleid, die Sekunde
in der ich es losließ, zu Boden. Sie drehte
sich wieder zu mir um, in nichts als ihrem
185/683
BH und Höschen, und sah mich an. Himmel-
blaue Spitze. Ein passendes Set.
Gott, steh mir bei.
Meine Augen waren noch damit
beschäftigt sie zu bewundern, als ich Elainas
Hände an meinem Gürtel fühlte und dann
das Geräusch vernahm, wie der Reißver-
schluss meiner Hose geöffnet wurde. Ich
kickte den Bastard so schnell wie möglich
von mir, sodass sie durch den ganzen Raum
flog und der Gürtel scheppernd mit einem
Tisch kollidierte. Jetzt trennte uns nicht
mehr viel, nur noch wenige Stoffe und viel-
leicht ein wenig Vorsicht, damit wir bei un-
serer ersten Nacht zusammen mit Besonnen-
heit vorgehen. Das Geräusch des aufpral-
lenden Gürtels allerdings, ließ die Lust um
einiges anschwellen und gab irgendwie den
186/683
Startschuss für alles, was wir im Begriff war-
en zu tun.
Das war für mich mehr als in Ordnung.
Ich war verzweifelt. Ich konnte es später
langsam angehen und mir dann meine Zeit
lassen, denn wir würden uns mit Sicherheit
die ganze Nacht lang lieben. Oh ja, ich würde
mir später sehr viel Zeit lassen, aber…jetzt
musste ich ihr erst einmal so nah wie mög-
lich sein. Ich musste Elaina nackt an mir
fühlen – Haut an Haut – das war so ziemlich
alles, was ich mir im Moment wünschte.
Die zwei Teile himmelblauer Spitze war-
en alles, was sie noch anhatte, und sogar das
war verdammt nochmal zu viel. Ich wollte
meine Vision von vorher. Mein Cherry Girl
vollkommen nackt, vor dem Fenster.
187/683
Mein Mund fand den Weg zu ihrer Haut,
zu all den Stellen, die ich erreichen konnte –
ihren Nacken, ihren Hals, ihre Schulter, ihr
Ohr, ihren Mund – solange ich sie nur ber-
ührte, sie küsste, war alles gut.
Ihren BH zu öffnen war allerdings eine
Herausforderung, da meine verfluchten
Finger nicht kooperieren wollten und ich war
nicht bereit ein derartig hübsches
Bekleidungsstück zu zerstören, aber wenn es
in einem Kampf zwischen dem Spitzen BH
und mir enden würde, dann würde ich ver-
dammt noch mal nicht als Verlierer daraus
hervorgehen. Ich zupfte noch einmal, wieder
mit wenig Erfolg, bis sie meine Hände let-
ztendlich zur Seite schob und einen Schritt
nach hinten ging. „Lass mich.“
188/683
Ich sah zu, wie sie ihre Hände hinter
ihren Rücken brachte, und war dann Zeuge
von echter Magie. Das verdammte Ding
öffnete sich.
Elaina sah mich an, bewegte sich nicht
und meine Anspannung stieg ins Unermess-
liche, bevor sie endlich einen der Träger ihre
Schulter herunter gleiten ließ.
Ich schluckte.
Dann nahm sie den anderen Träger von
ihrer Schulter.
Mein Herz setzte einen Schlag – oder
auch zwei – aus.
Himmelblaue Spitze fiel mit einem met-
allischen Klick, aufgrund des Verschlusses,
auf den Holzfußboden.
189/683
Oh, verdammte Scheiße, sie ist sogar
noch himmlischer anzusehen, als ich es mir
jemals hätte vorstellen können.
Elaina war wunderschön, kein Zweifel,
aber dann war diese Information auch nicht
wirklich neu für mich. Ich wusste schon im-
mer, dass sie perfekt sein würde. Ich denke,
was mich wirklich aus der Fassung brachte,
war der erstaunliche Gedanke daran, dass sie
mir genug vertraute, um sich mir hin-
zugeben, dass sie mich wollte. Das und die
Tatsache, dass ich der glückliche Bastard
war, der dieses Geschenk bekam, und die
Möglichkeit, sie so zu sehen.
„Du raubst mir den Atem, mein Schöne.“
Ich trat einen Schritt nach vorne und legte
meine Hand auf eine ihrer perfekt geformten
Brüste. Sie wölbte sich mir mit einem leisen
190/683
Stöhnen entgegen, als ich mit meinem Dau-
men über einen ihrer Nippel strich, bevor ich
dann sanft daran zupfte um zu beobachten,
wie er sich vor meinen Augen aufrichtete.
„Du mir auch“, flüsterte sie.
Ich beugte meinen Kopf zu dem anderen
Nippel herunter und tat dort das Gleiche,
aber mit meiner Zunge, anstelle meiner
Finger. Ich fühlte mich berauscht von dem
Geschmack und dem Gefühl ihrer fantastisch
Titten in meinem Mund und meinen
Händen.
Ich war gierig wenn es um sie ging,
wechselte zwischen beiden Nippeln hin und
her, bis ich keine Sekunde länger warten
konnte, meine Vision, von ihr vor dem Fen-
ster, erfüllt zu bekommen.
191/683
Nein, ich hatte es nicht vergessen. Mein
verdammt verzweifelter Wunsch wird sich
bald erfüllen oder ich würde bei dem Ver-
such zugrunde gehen.
Mit ihren Händen noch immer in mein-
en Haaren vergaben, ihr Körper so posi-
tioniert, um mir den bestmöglichen Zugang
zu gewähren, ließ ich allerdings nun mit
einem letzten saugenden Geräusch von ihr-
em köstlichen Nippel ab und vernahm zur
gleichen Zeit, als ich mich von ihr entfernte,
ein Geräusch des Widerstandes aus ihrer
Kehle. All diese Signale zeigten mir, dass sie
dies genauso sehr wollte wie ich.
„Hör nicht auf“, bettelte sie, umklam-
merte mich fester, um mich nah an ihrem
Körper zu halten.
192/683
„Ich will dich nackt vor dem Fenster“,
platzte ich heraus.
Sie bewegte keinen Muskel mehr, sobald
meine Worte über meine Lippen getreten
waren, lockerte ihren Griff um meinen Nack-
en und ließ ihre Hände auf meine Schultern
fallen. Ihre faszinierenden blauen Augen
hielten meine im Bann und ich wusste in
dem Augenblick, dass sie es tun würde.
Langsam ließ sie ihre magischen Hände
über meine Schultern gleiten, über meinen
Brustkorb, umkreiste dann beide meiner
Brustwarzen mit einem Finger, bevor sie sich
völlig von mir zurückzog.
Die Schwanz-und-Eier Party war da un-
ten im vollen Gange, drohte allerdings auch
damit, den Frieden zu zerstören, allerdings
konnte ich nichts dagegen tun.
193/683
Elainas Hände kamen auf dem einzigen
Kleidungsstück, welches noch immer ihren
Körper bedeckte, zur Ruhe. Dieses hellblaue,
knappe Spitzenhöschen.
Erschieß mich verdammt nochmal, be-
vor ich einen langsamen und unmensch-
lichen Tod sterbe.
Sie brachte ihre Daumen unter die Spitze
auf beide Seiten ihrer Hüfte.
Dieser unmenschliche Tod – über den
ich mir Sorgen machte – wird, trotz meiner
Ängste, auf jeden Fall eintreten und die
Bedeutung hinter dem Ausdruck ‚Exquisite
Folter‘ machte auf einmal absolut Sinn für
mich.
Simple Lebensweisheiten über Neil Em-
mett McManus. Akzeptiert und verstanden.
194/683
Mein Schwanz war qualvoll hart in mein-
en Boxershorts, als sich die Zeit zu einer un-
merklichen Abstufung von Vorwärtsbewe-
gungen verlangsamte. Ich hatte so lange da-
rauf gewartet, und begehrte sie so verz-
weifelt, ich musste alles versuchen um mich
zurückzuhalten – den Drang zu kontrollieren
sie unter mich zu ziehen und wieder und
wieder in sie einzudringen – bis das tobende
Verlangen, sie vollständig zu vereinnahmen,
etwas Linderung erfuhr. Ich wollte es. Ich
hatte keine Wahl.
Ich überquerte den Punkt ohne Wieder-
kehr mit Elaina und erkannte diese An-
zeichen deutlich. Kein Warten mehr oder
eine andauernde Qual sie mit anderen Män-
nern zu sehen, mit dem Wissen, dass die et-
was bekamen, was schon immer nur mir
195/683
vorbestimmt gewesen war. Ich musste ein-
fach eins mit ihr sein, in Körper und Seele
gleichermaßen, um dieses wilde Verlangen,
welches mich schon seit so langer Zeit von
innen heraus folterte, einzudämmen.
Ich zwang mich dazu tief einzuatmen
und beobachtete, wie mein wunderschönes
Mädchen ihr blaues Spitzenhöschen über
ihre Hüften streifte, an ihren fantastisch lan-
gen Beinen entlang, streckte sie ihren Fuß
auf eine Weise aus, zuerst den einen und
dann den anderen, die mich fast verrückt
werden ließ, bis das winzige Höschen leise ir-
gendwo im Raum landete.
Fick mich doch in die nächste Woche.
Ich denke, ein Teil von mir war gerade
gestorben, während ich ihre verführerische
Stripshow beobachtet hatte. Mein
196/683
mitleiderregendes Gehirn litt an extrem
sinnlicher Überlastung. Demnach blieb mir
nichts anderes mehr übrig außer den Tod zu
wählen, zu sterben, während ich den An-
blick, den mein Cherry Girl für mich darbot,
genoss. Meine Augen funktionierten noch,
auch wenn mein Gehirn schon ins Elaina-
Land abgereist war und vergnügt herum
stolperte, mit keiner klaren Richtung,
abgesehen von dem Gedanken, Ich habe dich
jetzt nackt vor dem Fenster und ich werde
eher früher als später in dir sein. Sie hat mir
damit das schönste Geschenk überreicht.
Ihr Haar war herrlich dunkel und seidig
weich, fiel auf halben Weg ihren Rücken her-
unter. Ich wollte eine Handvoll davon neh-
men, die Länge ihres Haares benutzen, um
sie mir willig zu machen, um sie an mich zu
197/683
binden, während wir fickten. Ich hatte so
viele Ideen was wir machen könnten, allerd-
ings konnte ich im Moment nur atmen und
sie anstarren.
Ich war seit Jahren auf eine gesunde
Weise von ihrem Haar besessen – das war
mir klar. Zur Hölle, es war das Fundament
hinter ihrem Spitznamen, den ich ihr gab, als
sie noch jung war und gerade jetzt diente
genau dieses Haar als die einzige Grenze,
welches mir den vollständigen Anblick von
ihr versagte. Ihre mahagonifarbenen Wellen
flossen über ihre Schultern und folgten der
Kurve einer Brust – aber ließen die andere
entblößt – und ließ damit meine Vision gänz-
lich und zur Perfektion in Erfüllung gehen.
Ich fand keine Worte. Es gab keine, die
auch nur annähernd diesen Moment hätten
198/683
beschreiben können. Hätte keinen Sinn
gemacht es überhaupt zu probieren. Sie war
einzigartig, nackt, und wollte, dass ich das
erste Mal Liebe mit ihr machte. Nichts an-
deres existierte.
Ich betete, ich würde nie vergessen, wie
sie für mich in diesem Augenblick aussah,
und ich machte einen Schwur, mit mir selbst,
es nicht dazu kommen zu lassen.
Mein Körper schrie mit dem Bedürfnis
jeden einzelnen, wunderschönen Körperteil
von ihr zu küssen, aber das würde Stunden
in Anspruch nehmen und solange konnte ich
nicht mehr warten. Zur Hölle, ich konnte
nicht einmal wenige Sekunden aushalten.
Dieser Zug war bereits durch die Stadt gefegt
ohne zu warten, ohne anzuhalten und ohne
Umstiege.
199/683
Allerdings wirkte Elaina auch nicht so,
als wollte sie es auf eine andere Art und
Weise.
Gott, sie ist so perfekt…
Ich weiß nicht wie, aber ich schaffte es
uns zum Bett zu befördern, mit Elaina darauf
ausgebreitet wie eine Göttin, wurde meine
Fenstervision nun zu einer entfernte Erin-
nerung, als ich mich auf meinen Knien
zurücksetzte und mich versuchte zu
entscheiden, wo genau ich beginnen sollte.
Sie hatte einen Körper, der mir den Atem
raubte, und ich plante jeden einzelnen
Körperteil zu berühren, das Bedürfnis zu
wissen wie sie sich unter meinen Händen
und meinem Mund anfühlte, war so unaus-
weichlich notwendig, wie das Atmen selbst.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte sie.
200/683
„Du bist so verdammt hinreißend, es fällt
mir schwer mich zu entscheiden wo ich be-
ginnen soll.“
„Küss mich.“ Sie wölbte ihren ganzen
Körper und bot sich mir in der wundervoll-
sten Art dar, sodass ich die Fähigkeit verlor
zusammenhängende Sätze zu verfassen. Das
Argument war aber sowieso hinfällig, als
mein Mund begann sich mit anderen Dingen
als Reden zu beschäftigen.
Ich ließ meine Hand langsam über sie
gleiten, begann an ihrem Hals und strich
entlang ihres Körpers, erforschte ihre soften
Kurven, fühlte wie sie auf die Berührung
meiner Hände reagierte, lauschte den Ger-
äuschen, die sie machte, ausgelöst nur weil
ich sie berührte.
201/683
Als mein Mund erneut den Weg zu ihren
Brüsten fand, verlangsamte ich das Tempo,
widmete einige Zeit darauf, diese etwas
privater kennenzulernen. Ich nahm die ges-
amte Knospe eines Nippels in meinen Mund
und saugte fest, rollte den Nippel mit meiner
Zunge und streifte sie mit meinen Zähnen.
Sie schrie leise auf und bog sich mir entge-
gen. Ihre fantastischen Titten waren an-
scheinend sehr empfindlich und dies war
genau eine dieser Informationen, die ich
begehrte über mein Mädchen in Erfahrung
zu bringen.
Ich konzentrierte meine
Aufmerksamkeiten nun auf ihre andere
Brust, hielt das anregende Gewicht in meiner
Hand, während ich auch hier an ihrer Kno-
spe saugte und dann an dem aufgerichteten
202/683
Nippel sanft mit meinen Zähnen rumknab-
berte. Ich wurde mit herrlich klingenden
Geräuschen ihrerseits für meine An-
strengungen belohnt und ich machte davon
eine mentale Notiz für die Zukunft. Sexy
Geräusche von Unterwerfung und der
Akzeptanz meiner Berührung erlaubten mir
zu nehmen, was sie so bereit war, mir
freiwillig zu geben.
Ich saugte und leckte und ließ keinen
Teil ihrer beiden Brüste aus. Ich verpasste
ihr so viele Liebesbisse, dass ich nicht einmal
mehr zählen konnte wie viele es waren, als
ich endlich aufhörte und mein Kunstwerk
betrachtete. Ich beanspruchte ja schließlich
nur was mein war.
Und es tat mir nicht mal ein kleines bis-
schen leid, dass ich die Perfektion ihrer Haut
203/683
beschädigte. Diese Zeichen, die ich mit
meinem Mund auf ihre Haut machte, waren
Symbole dafür, was sie für mich bedeutete.
Eine greifbare Darstellung darüber, was wir
miteinander teilten, und nur für unsere Au-
gen gedacht, um uns daran zu erinnern, was
wir bei unserem ersten Mal zusammen getan
hatten.
Ich brauchte allerdings so viel mehr von
ihr.
Meine Hand glitt tiefer um ihren flachen
Bauch zu streifen. Ich hörte sie sanft einat-
men und fühlte ein Zucken als meine Lippen
ihre bedeckten, zur gleichen Zeit, als auch
meine Hand begann sie zwischen ihren Bein-
en zu erforschen. Meine Finger kamen dort
in Kontakt mit Perfektion – fühlten wie
204/683
weich sie dort war, wie feucht, wie bereit für
mich.
„Ahhh, Neil“, sie stöhnte an meinen Lip-
pen, „Ich will – ich brauche – ich – bitte – “
Sie klang glückselig verzweifelt und ich
liebte es, denn ich war derjenige, der diese
Verzweiflung in ihr ausgelöste. Und außer-
dem hatte ich die Macht, dies zu beheben.
Verdammt beste Position in der ich mich
jemals hätte befinden können.
„Ich weiß, meine Schöne“, unterbrach
ich sie, „aber du wirst zuerst einmal für mich
kommen.“
Mein Finger fand ihre Klitoris zwischen
ihren feuchten Schamlippen, umkreisten den
schlüpfrigen Knopf bis sie sich unter mir
wandt, meinen Namen wieder und wieder
schrie und Tränen auf dem Bettlaken in
205/683
leidenschaftlicher Unterwerfung vergoss, als
sie sich mir weiter entgegen wölbte und ihr
Körper erschauderte. Ich beobachtete, wie
der Orgasmus aus ihr herausbrach. Ich war
verloren bei ihrem Anblick, körperlich und
emotional, und dachte bei mir, dass ich
Ewigkeiten zuschauen könnte wie sie zum
Orgasmus kommt und auch dann wäre es
nicht genug; Ich würde ihr noch immer mehr
Vergnügen bereiten wollen. Ich gehörte be-
dingungslos zu Elaina und es fühlte sich gut
an. So verdammt gut. Ich gehörte ihr,
genauso wie sie mir gehörte. Sogar ein wenig
mehr.
„Ich will dich j – j – etzt“, brachte sie in
einem gekeuchten Flüstern heraus.
Ich wusste, was sie von mir wollte, und
ich war so bereit es ihr zu geben, dass ich
206/683
keine Zeit verschwendete, sofort nach der
Packung Kondome griff, welche auf dem
Nachttisch lagen, und so schnell wie möglich
aus meinen Boxershorts schlüpfte.
Elaina war dann diejenige, die in diesem
Moment die Vorstellung beobachtete.
Als ihre Augen meinen steinharten Sch-
wanz fanden, wunderte ich mich, ob sie be-
sorgt war, wie wir zusammen passen sollten.
Ich würde mit ihr vorsichtig sein müssen,
denn ich würde es mir nie verzeihen, wenn
ich ihr beim Ficken weh tun würde. Nicht
ihr. Nicht meiner Elaina. Ich fühlte, wie
Panik in mir Aufstieg und realisierte, dass
ich nah dran war meinen Verstand zu ver-
lieren – ich erlebte einen totalen Hirnfick
wegen dem realen Fick, den wir kurz davor
waren zu vollziehen.
207/683
Reiß dich zusammen.
Sie sah, wie ich eine Kondompackung
zwischen meine Zähne nahm und sie aufriss.
„Du brauchst das nicht wirklich“, sagte
sie mit einem Schütteln ihres Kopfes.
„Doch, das tue ich“, sagte ich, als ich mir
das Kondom, der Länge meines Schwanzes
entlang, überrollte. Sie sagt vielleicht, dass
wir keine Kondome brauchten, aber ich
wusste, dass wir es taten. Elaina bedeutete
mir viel zu sehr, um es zu riskieren sie zu
schwängern, wenn ich sie doch sobald
wieder verlassen müsste. Was, wenn wir ein
Baby machen und ich lasse mich dort weg-
bomben und sie wäre dann völlig allein.
Nein. Niemals. Elaina war für Kinder sow-
ieso noch viel zu jung. Später einmal…viel
208/683
später, wir werden zu diesem Punkt kom-
men. Heirat. Kinder. Ja, aber später.
„Neil?“ Sie versuchte mich verzweifelt
mit ihren Händen an meinen Hüften näher
an sich zu ziehen.
„Ich weiß“, sagte ich, beruhigte sie leise.
Ich kam über ihr zur Ruhe, spreize diese
langen, sexy Beine von ihr mit meinen
Händen weit auseinander. Ich verweilte mit
meinen Lippen, wollte meinen Mund auf ihr-
em Geschlecht und wollte meine Zunge in sie
eindringen lassen, für einen ersten
Vorgeschmack, aber erkannte schnell, dass
dies jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür
war. Wir waren beide viel zu ungeduldig.
Später werde ich das allerdings nach-
holen, das schwor ich mir.
209/683
Elaina sah so wunderschön aus, so offen
unter mir, dass ich wusste, ich würde unser
erstes Mal niemals vergessen. Wie sie sich
mir darbot. Ihre Bereitschaft, mir die
Führung zu überlassen. Ich konnte was wir
hatten nicht versauen oder würde mir es,
falls ich es tat, niemals verzeihen.
Sie lächelte mich an, mit einem ver-
schleierten und mysteriösen Ausdruck in
ihren Augen. Ich fühlte, wie sie die Haut
meines Bauches streichelte, und dann, wie
ihre delikate Hand meinen Schwanz
umschloss.
Ich zischte, als sie mich dort berührte,
ihre Lippen leicht geöffnet, Brüste bebend
von dem heftigen Atmen, der
Vorfreude…und fühlte, wie sie die Spitze
210/683
meines Schwanzes direkt zu der Öffnung ihr-
er Fotze führte.
Verdammte Scheiße, ich war so
verloren.
Wir beide zuckten von dem simplen
Kontakt, diese erste versengend heiße und
intime Berührung zwischen uns. Aber schon
fast irrelevant, denn wir waren kurz davor
diesen Brand in ein Inferno zu verwandeln –
es würde Explosionen geben.
„Ich liebe dich und will so sehr mit dir
zusammen sein“, sagte sie in einem Flüstern.
Erstaunlich. Elaina akzeptierte meine
Liebe für sie. Diese Tatsache allein war
genug um mich zu meinem Knien zu bring-
en, aber noch besser war das Wissen, dass
dieses wunderschöne Mädchen mit mir
zusammen sein wollte.
211/683
„Ich liebe dich, Cherry.“ Meine Antwort
wurde begleitet von einem tiefen Stoß in ihre
feuchte Hitze. Sie akzeptierte meine gesamte
Länge und ihre Hüften hoben sich, um mein-
en Stößen auf halbem Wege entgegen zu
kommen. Wir passten perfekt zusammen.
Alles an ihr war perfekt. Sie stöhnte, als ich
sie vollständig ausfüllt; sie war so nachgiebig
unter mir und so verdammt scharf, ich verlor
meinen Kopf für einen Moment, sobald ich
völlig in ihr versank.
Die Muskeln ihres Geschlechts um mein-
en Schwanz, hielten mich so fest umklam-
mert, dass ich mir Sorgen machte, dass ich
viel zu früh kommen würde. Und ich hatte
noch so einiges mit ihr vor. Ich hoffte die
ganze Nacht Liebe mit ihr zu machen, so oft
wie nur irgend möglich.
212/683
Ich brachte mein Gesicht nah, rahmte
ihr Gesicht mit meinen Händen ein und hielt
sie gefangen, während ich wieder und wieder
ihren Körper für mich vereinnahmte. Ich
konnte nicht anders. Ich wusste nur, dass
dies der Weg war, wie es sein sollte. Sie zu
nehmen und es so gut zu machen, dass sie
nie wieder einen anderen Mann auch nur an-
sehen würde.
Aber es war tatsächlich gut. Wir waren
gut.
„Alles in Ordnung?“, fragte ich sie.
Sie antwortet mit einem Nicken. „Liebe
mich.“
„Das tue ich. Das werde ich. Immer…“
Wir waren uns so nah, Nase an Nase,
und ich erlaubte es ihr nicht wegzuschauen
als ich anfing mich in ihr zu bewegen.
213/683
„Du fühlst dich so gut um mich herum
an.“
Ich dachte, ich würde sterben.
Sie stöhnte, das süße Geräusch von ihr,
wie ein Stichwort für mich loszulegen.
Ihre enge, feuchte Höhle wurde der Mit-
telpunkt meines Universums für die näch-
sten Minuten, die folgten, als wir unseren
Rhythmus fanden. Ich hoffte, es erging ihr
genauso mit meinem Schwanz, denn in
diesem Moment, genau jetzt…dieser Augen-
blick veränderte einfach alles. Liebe zu
machen mit Elaina war ein außergewöhn-
licher Tanz, und nicht zu vergleichen mit ir-
gendetwas, dass ich in meinem bisherigen
Leben mit einer Frau erlebt hatte. Allerdings
hatten auch all die anderen Male nicht mit
ihr stattgefunden.
214/683
Gewartet…ich hatte darauf gewartet, und
als es passierte, fühlte ich mehr Emotionen
durch mich hindurch fließen, als ich es
gewöhnt war. Ich wusste nicht einmal, was
ich machte, außer mich in ihr zu verlieren.
Sie kam mir mit jedem Stoß entgegen und
zog sich zurück, sobald ich aus ihr heraus
glitt. Wir waren eine perfekte Einheit aus
Körper und Geist.
Jedes Mal, wenn ich sie ausfüllte,
machte sie ein sanft klingendes, kleines Ger-
äusch, das mich mit jedem weiteren Stoß
mehr und mehr dem Höhepunkt entgegen
trieb. „Oh, Scheiße, es ist so gut mit dir,
Cherry.“
„Hör nicht…a – auf“, flehte sie mich an,
während sie ihren Kopf zurück ins Kissen
warf.
215/683
„Das werde ich nicht.“ Ich bewegte mich
schneller und tiefer und härter, mehr als
glücklich der Bitte meiner Schönheit
nachzukommen. Ich hielt ihre Hüften um
uns zu stabilisieren, der wachsende Rausch
wuchs mit jeder vorübergehenden Sekunde,
vor allem als ich spürte, wie ihre Fotze um
meinen Schwanz herum erschütterte und er-
bebte. Ein tiefes Stöhnen kam tief aus ihrer
Kehle, als sie unter mir zuckte, ihre Beine
waren fest um meine Hüften geklammert um
mich tief in ihr zu behalten. Sie krallte sich
an meinen Armen fest, als der Orgasmus sie
überwältigte.
Elainas Orgasmus war wie ein
Startschuss, der mir erlaubte ihr in den
Rausch zu folgen. Mein Orgasmus übernahm
gewalttätig Besitz von mir, schoss aus mir
216/683
heraus und wie eine Explosion in sie hinein.
Unsere Augen hielten einander gebannt fest,
als wir vereinigt blieben. Der Rausch der
Lust durchströmte uns beide noch immer,
als wir tief Luft holten und einfach nur im
Moment lebten.
Sie fühlte sich total weich und
nachgiebig in meinen Armen an und sah so
vollkommen wunderschön aus, als ich mich
aus ihr zurückzog, dass ich es nicht hätte er-
tragen können meine Augen von ihr
abzuwenden. Allerdings musste ich das geb-
rauchte Kondom loswerden.
„Bleib bei mir“, verlangte sie, ihre Worte
begleitet von einem Ziehen an meinem Arm.
Als würde ich jetzt irgendwo hingehen.
„Denke nicht, dass wir schon fertig sind.
Das war nur zum Aufwärmen“, machte ich
217/683
ihr klar, bevor ich ihre Lippen mit meinen
fand und meine Zunge in ihren Mund stieß.
Ich küsste sie lang und tief, mein Verlangen
in ihr zu sein war noch nicht im Geringsten
erfüllt worden und das trotz alldem was
gerade zwischen uns passiert war.
Sie berührte mein Gesicht mit ihrer
Hand und strich mir über die Wange. „Du
hast mich gerade geliebt.“ So wie sie es aus-
drückte, klang es fast traurig in meinen
Ohren, als ob sie versuchte zu verarbeiten,
was gerade hier passiert war. Vielleicht ver-
ängstigte sie es.
„Das habe ich.“ Ich zog ihre Hand von
meinem Gesicht und brachte sie zu meinen
Lippen und küsste sie. „Und nichts hätte
mich davon abhalten können“, sagte ich.
„Nichts?“, fragte sie unschuldig.
218/683
„Nichts auf dieser Welt, nein.“
„Du bist dir in diesem Punkt sicher,
oder?“ Sie griff nach unten und umklam-
merte mein noch immer erregtes Glied. Es
schien so, als ob meine Süße Spaß daran
hatte mich zu quälen.
„Ich denke, jemand braucht eine kleine
Vorführung davon, wie motiviert ich wirklich
bin, wenn es darum geht dich zu lieben.“
„Oh, ich bin sicher, dass es dir letztend-
lich gelingen wird.“ Sie lachte leise, ihre
Hand noch immer mein nacktes Fleisch um-
fassend, und es fühlte sich großartig an,
wenn sie mich berührte.
„In wenigen Augenblicken, Cherry, wirst
du mehr davon bekommen.“ Ich verstummte
kurz, bevor ich mit einer Antwort auf ihren
quälenden Griff antwortete. „Aber
219/683
zuerst…werde ich dich erneut zum Schreien
bringen.“
„Ah….Neil!“, keuchte sie, als ich mich
wie ein Blitz auf dem Bett bewegte und ihre
Beine weit auseinander spreizte.
Ihre Hüften bewegten sich gegen meine
Hände als ich ihre Schenkel offen hielt, was
meinen Schwanz sofort wieder erweckte,
trotz des ausgiebigen Trainings vor erst
wenigen Momenten.
Ich war auf einer Mission. Um sie zum
erneuten Höhepunkt zu bringen, der mich
bereits eben schon völlig um den Verstand
gebracht hatte. „Mit meinem Mund“, sagte
ich, bevor ich mich zu ihrem noch immer
feuchten Geschlecht herunter beugte und die
ganze Schönheit vor meinen Augen bewun-
derte. Sie war nicht völlig nackt, aber fast,
220/683
der sexy Streifen kirschroten Haares, der mir
den Weg zum Paradies bereitete, machte
mich so verrückt, dass ich nicht anders kon-
nte, als sie schmecken zu wollen. Wie geseg-
net war ich?
Ich leckte ihre Schamlippen bis sie sich
vor meinen Augen teilten und als Elaine ihre
Beine soweit spreizte, wie es ihr möglich war,
fand ich ihre Klitoris und umkreiste diese
mit meiner Zungenspitze, beehrte diesen
kleinen süßen Punkt mit etwas zusätzlicher
und liebevoller Aufmerksamkeit. Elaina, un-
terlag in den nächsten Minuten völlig meiner
Gnade. Deshalb entschied ich, sie mit mein-
en Handflächen weit offen zu halten und
konnte mich gleichzeitig an ihrem
Geschlecht sattsehen, bis ich mit dem
221/683
Ergebnis zufrieden war. Sie schrie meinen
Namen – wie versprochen.
Ich hielt immer meine Versprechen.
Es dauerte allerdings eine Weile bis ich
sie kommen ließ, denn ich war ein sehr gieri-
ger Bastard, wenn es sich um sie drehte. Sie
schmeckte so ausgezeichnet, und fühlte sich
so erstaunlich seidig unter meiner Zunge an
– mein Mädchen war so viel mehr als nur ex-
quisite Perfektion. Ich brachte sie so wieder
und wieder zum Orgasmus…und schenkte
meinem Schwanz so eine wohlverdiente
Pause zwischen all dem Gevögel, welches
sich zwischen meinen ausgiebigen Zwischen-
mahlzeiten noch zusätzlich abspielte.
Nichts trug sich in unserer ersten ge-
meinsamen Nacht in kleinen Maßen zu. Der
Sex erstreckte sich über mehrere Stunden.
222/683
Der beste Teil war, dass ich jedes Mal,
wenn ich sie kommen ließ, ihre Ich liebe
dich’s zu hören bekommen durfte. Sie sagte
es jedes Mal, und ich verfiel ihr jedes Mal,
wenn sie es tat, ein wenig mehr. Wenn das
überhaupt im Bereich des Möglichen lag.
Wir konnten weder unser Augen, noch
unsere Händen von einander lassen. Nicht
das erste Mal, und nicht bei den folgenden
Malen, bei denen wir Sex hatten. Meine Zeit
mit meinem Cherry Girl lief ab und ich
musste an jeder Sekunde, die wir für uns
hatten, festhalten.
Ich verabscheute sogar die Momente, als
ich meine Augen zum Schlafen schließen
musste, und es war mir nur möglich dies zu
akzeptieren, weil ich sie an meiner Haut
spüren konnte.
223/683
Und ihr gleichmäßiges Atmen an meiner
Haut spüren konnte.
Genauso wie ich ihren Duft bei jedem
meiner Atemzüge wahrnehmen konnte.
224/683
10Ich hielt sie fest in meinen Armen, als
sich die Nacht langsam aber sicher
zum Tag wandelte – streichelte mit
sanften Bewegungen über ihren Rück-
en, während sie schlief – nicht gewillt
den körperlichen Kontakt zu unter-
brechen, in dem Versuch den mo-
mentanen Zustand beizubehalten und
mein Herz unversehrt zu belassen. Ich
liebte sie so sehr.
Aber jetzt hatte ich etwas Wertvolles zu
verlieren und die nüchterne Gewissheit
dieser Tatsache versetzte mich in Angst und
Schrecken.
Wir hatten es endlich geschafft, unseren
Weg zu diesem Punkt hin zu finden, unsere
Körper vereint, Schlüssel zu Schloss, Ge-
liebte zu Geliebter. Alles fühlte sich genauso
an, wie ich es mir immer vorgestellt hatte,
aber im selben Moment auch nicht. Denn es
gab keine mögliche Beschreibung von dem,
was wir zusammen in dieser Nacht erlebt
hatten, in einem Herrenhaus, an der Küste
von Somerset.
Es war mehr gewesen als nur eine Nacht
von erdbodenerschütterndem Sex zwischen
zwei Geliebten. Weitaus mehr.
Ich hatte so lange auf Elaina gewartet,
manchmal war ich echt nah dran meinen
Verstand zu verlieren und dann würde ich,
da bin ich sicher, alle Hemmungen aus dem
Fenster werfen.
Sie hat mich während der gesamten
Nacht geduldet und mich niemals in meinem
226/683
brennenden Verlangen sie zu nehmen
gestoppt. Mein wunderschönes Mädchen
liebte mich anscheinend wirklich. Mir war
das Wie und Warum nicht ganz klar, aber ich
akzeptierte es als das Geschenk, das es war.
Irgendwann öffnete ich dann meine
Lider, nur um zu sehen, wie ihre blauen Au-
gen leise über mich wachten. Ihr Körper war
über meinem ausgebreitet, ihr Bein über
meinem, ihre Handfläche auf meiner Brust,
unsere Gesichter so nah. „Aufwachen, Sch-
lafmütze“, schnurrte sie.
Als sie dieselben Worte nutzte wie ich,
als sie damals in meinem Bett aufgewacht
war, brachte mich zum Lachen. Sie neckte
mich erneut und ich liebte es. „Ahh, ich bin
noch nie auf eine bessere Weise geweckt
227/683
wurden. Können wir das jetzt jeden Morgen
so machen?“
Sie lächelte und errötete, versetzte mich
damit erneut in einen Zustand der Erregung.
Das Verlangen sie wieder zu nehmen war in-
stinktiv. Allerdings küsste ich sie stattdessen.
Sie musste echt erledigt sein. Wir hatten
nichts anderes gemacht, als die ganze Nacht
hindurch zu vögeln und zu schlafen, mit
gelegentlichen Pausen, um das Badezimmer
zu benutzen und etwas zu trinken.
Ich zog mich von ihrem Mund zurück,
streichelte ihr Gesicht und zeichnete ihre
Lippen mit meinem Finger nach. „Wie fühlst
du dich heute, meine Schöne?“
„Von dir geliebt“, antwortete sie
schüchtern.
228/683
Ihre einfache Antwort und das Erröten,
das ihren Worten folgte, war genug um mich
wieder in Fahrt zu bringen und deshalb griff
ich erneut nach der Packung Kondome.
„Ich kann davon niemals genug bekom-
men.“ Ich streifte eins über und mein Mund
fand seinen Weg zu ihren Nippeln schneller,
als es menschlich möglich war.
Elaina bog sich mir entgegen und stöh-
nte überrascht auf, ließ mich aber wissen,
dass sie wollte, was ich machte. Deshalb zog
ich ihren Körper über mich und brachte
meine Hand zwischen ihre Beine. Mein un-
mittelbares Ziel war es, sicherzugehen, dass
sie feucht und willig war.
Sie war es.
Mein wunderschönes Mädchen war
triefend nass und mehr als bereit, damit ich
229/683
sie nehmen konnte. Erneut. Vielleicht nahm
sie auch mich. Aber egal wie, ich wäre mit al-
lem mehr als zufrieden und wir waren beide
auch mehr als bereit für die nächste Runde.
Ich ließ meine Hände auf ihren Hintern
gleiten und hob sie über meinen Schwanz.
Sie half mir dabei den Eingang ihrer feucht-
en Höhle zu finden und ließ sich dann hart
nach unten auf meinen Schwanz fallen.
„Scheiße, ja!“, schrie ich, und wunderte
mich ob die armen Leute, die hier auch
lebten, von den Geräuschen während der
gesamten Nacht, wach gehalten wurden. Ich
wusste, wir waren laut.
Elaina ließ mich alles um mich herum
vergessen, ich konnte keine Rücksicht auf
andere mehr nehmen und mir war es egal,
230/683
ob wir jemanden störten. Mir war alles egal,
außer dem hier und jetzt, außer dem Uns.
Sie ritt mich gekonnt, hob ihre Hüften
wieder und wieder in rotierenden Bewegun-
gen, welche mich sicher in kürzester Zeit
zum explodieren bringen würden. Sobald ich
sichergestellt hatte, dass sie gekommen war,
würde ich ihr folgen. Meine Cherry kam
zuerst. Das war die Regel. Sie. Kam. Zuerst.
„Ahh…ich komme…“, flüsterte sie, als sie
mich hart ritt, ihre Augen begannen glasig zu
werden, als ihr ganzer Körper von Schauern
eingenommen wurde.
Gott sei Dank.
Ich folgte ihr wenige Sekunden später,
meine Hände verließen dabei niemals ihre
Hüften und ich ließ sie immer wieder auf
231/683
meinen Schwanz herabfallen, während ich
mich in ihr auflöste.
„Ich weiß nicht, was besser ist, dieser
Brotaufstrich, oder die Aussicht von unserer
Suite“, kündigte sie während des Frühstücks
an.
Wir hatten es auf wundersame Weise
vollbracht aus dem Bett zu kommen und es
sogar geschafft nach unten zum Speisezim-
mer zu gehen. Nach dem Sex, kurz nach dem
Aufwachen, hatten wir zusammen geduscht
und uns in passende Kleidung für die Öffent-
lichkeit geschmissen. Ich denke, der Grund
dafür war einzig und allein, dass wir ab und
zu einmal Nährstoffe brauchten. Körper
232/683
können nicht für Stunden vögeln ohne hin
und wieder aufzutanken, um dann weiterzu-
machen. Ist allerdings das beste Experiment,
an dem ich jemals teilgenommen hatte. Ich
konnte mich nicht beschweren, als ich ihr ge-
genüber von dem Frühstückstisch saß und
sie über eine Tasse Tee und einem Scone
beobachtete. Der einzige Gedanke, der mich
ablenkte war die eine lockige Strähne ihres
Haares, die sich sanft über ihre linke Brust
gelegt hatte und die damit meine Aussicht
versperrte. Mein Hirn fing an das Spiel -Lass
uns erinnern wie Elainas Titten nackt aus-
sehen- zu spielen. Sie hatte definitiv ein
beeindruckendes Paar.
Jep, ich bin nur ein primitiv denkender,
männlicher Bastard und niemand kann mir
mehr helfen.
233/683
„Was denkst du gerade, Neil?“, unter-
brach sie meinen inneren Monolog.
Ich schaute nach oben und sah wie sie
mich angrinste und mir war sofort klar, dass
sie genau wusste, an was ich gerade gedacht
hatte.
„Nichts, dass ich in einem Raum mit so
vielen Leuten teilen sollte.“
„Wusste ich es doch“, lachte sie.
„Alles deine Schuld, meine Süße“, sagte
ich. „Ich muss dich irgendwo hinbringen, wo
wir allein sind und dann kann ich dir genau
zeigen, an was ich gedachte habe.“ Ich
flüsterte den Rest, damit niemand in Hör-
weite die Worte vernehmen konnte. „Nach-
dem ich dich einiger deiner Klamotten
entledigt habe natürlich.“
234/683
„Natürlich. Ich sehe schon, was du
vorhast. Du versuchst mich wieder zurück
ins Bett zu bekommen, aber du solltest wis-
sen, dass dir das sobald nicht gelingen wird,
Mister.“
„Wirklich?“ Ich warf ihr einen Blick zu,
als ob sie mir gerade mein liebstes Spielzeug
weggenommen hätte.
Sie lachte noch mehr, aber sagte nichts.
„Na, es ist ein so schöner Tag heute. Also
vielleicht wäre dir Sex draußen recht?“ Ich
zwinkerte ihr zu. „Ich bin dabei, Babe, ich
liebe es den Sonnenschein auf meiner nack-
ten Haut zu spüren.“
Sie schüttelte ihren Kopf und errötete.
Und führte das nicht erneut zu Chaos und
Verwüstungen unterhalb der Gürtellinie. Es
löste etwas in mir aus, wenn sie mit mir
235/683
zusammen war und dann schüchtern wurde
und wenn sie bei dreckigen Gedanken rot
wurde. Die zartrosa Verfärbung ihrer Haut,
die immer dann erschien, wenn sie über all
die erregenden Dinge nachdachte, die wir
zusammen gemacht hatten, war auf jeden
Fall mein Kryptonit.
Der Tag war einfach perfekt und alles andere
war es auch. Schillernd blaue Libellen
schwebten über das Wasser, summten um
uns herum und manchmal kamen sie sogar
zur Ruhe auf der Oberfläche des Wassers.
Die frische Luft, zusammen mit dem Duft
ihres Haares, entspannte meine Sinne, bis
hin zu einem Punkt, an dem ich ehrlich
236/683
zugeben konnte, dass ich…glücklich war. Das
war neu für mich. Ich hatte das Gefühl nie
zuvor gekannt.
Elaina lehnte gegen meine Brust in
einem kleinen, grün- und weißfarbenem
Ruderboot auf dem Fluss Leticia, der in ein-
en malerisch gewundenen Teich mündete,
welcher sich auf dem Hallborough Anwesen
befand.
Ich war erneut an die vielen BBC Serien
erinnert, die meine Oma immer geschaut
hatte, als ich noch ein kleiner Junge war –
Geliebte aus vergangenen Zeiten, die nichts
Besseres zu tun hatten, als auf einem See
ihren Tag zu verbringen, in ihrer vornehmen
Kleidung Küsse zu stehlen und ihre Beglei-
tungen mit hochtrabenden Worten zu
schmeicheln.
237/683
Ich musste zugeben, dass mir der
Gedanke immer besser gefiel. Nein, ich liebte
den Gedanken sogar.
„Meiner Mutter würde es hier gefallen“,
sagte sie, brachte eine Hand über den Rand
des Bootes und ließ sie übers Wasser gleiten.
„Sie war schon immer von historischen
Häusern und Gärten gefesselt.“
„Das Gleiche gilt für meine Großmutter.“
Ich überraschte mich selbst, dass ich sie
überhaupt erwähnte. Großmama war ein
Thema, das ich für mich behielt, ver-
schlossen. Elaina war aber anders, natürlich,
ich könnte es mit ihr teilen, aber es war nicht
etwas, worüber ich gerne redete. Wenn ich
aber jetzt über meine Großmutter
nachdachte, wünschte ich mir nur, dass ich
sie mal an so einen Ort, während eines
238/683
Urlaubes, hätte bringen können. Sie hätte
die Gärten sehr geliebt und die Aussicht auf
das Meer hinaus, und das Herrenhaus. Ich
hatte niemals die Möglichkeit bekommen sie
irgendwo hinzubringen, wo es nett war oder
irgendetwas Besonderes für –
„Du hast mit deiner Großmutter gelebt,
bevor du mit siebzehn nach England bist?“,
fragte sie von der Seite des Bootes. Sie unter-
brach damit mein Bedauern über vergangene
Zeiten, über Dinge, die ich nun leider nicht
mehr gut machen konnte.
„Ja. In Glasgow.“
„Ich wusste, dass du ein Schotte bist,
weil Ian dich immer Scotty nannte, als du
noch jünger warst.“
„Er änderte das, sobald ich größer war
als er, oder nicht?“
239/683
Sie lachte. „Daran erinnere ich mich
auch. Ian war so enttäuscht, als du ihn ir-
gendwann überragt hattest.“
„Es waren vielleicht zwei Zentimeter.
Dein Bruder kann manchmal so ein Idiot
sein.“
„Da muss ich dir zustimmen. Aber was
ist mit deiner Mutter passiert?“, fragte sie
leise, als ob sie behutsam mit mir sein wollte,
falls ihre Frage traurige Erinnerungen an die
Oberfläche bringen würde.
Ich streichelte ihre Arme entlang, um ihr
zu versichern, dass alles in Ordnung war.
„Sie bekam mich, als sie noch sehr jung
war…gerade einmal sechzehn. Mein Vater
war ein Student an der Universität von Glas-
gow, als er meine Mutter traf und sie
schwängerte. Er verließ uns, als sie ihm
240/683
erzählte, dass ich unterwegs war. McManus
war ihr Familienname, nicht seiner.“
„Also hast du in Schottland mit deiner
Mutter und Großmutter gewohnt?“ Sie dre-
hte sich vom Wasser weg und fragte mich
direkt.
„Genau. Ihre Mutter, meine Oma, hat
sich um uns gekümmert, und dann um mich,
nachdem meine Mutter gestorben war. Das
war nicht leicht.“ Elaina nahm ihre Hand aus
dem Wasser und lehnte sich zurück gegen
meine Brust. Sie wartete darauf, dass ich an-
fing über meine Vergangenheit zu reden und
ich begriff, dass es wohl keinen besseren Au-
genblick als jetzt geben würde. Es zu ver-
stecken, würde auf jeden Fall nicht helfen.
Ich sollte einfach alles rauslassen und mit ihr
241/683
teilen. Ich würde es wissen wollen, wenn es
andersherum gewesen wäre.
„Als ich zehn Jahre alt war, starben
meine Mutter und ihr damaliger Freund bei
einem Autounfall, als sie betrunken von
einem Pub heimgefahren sind. Sie sind in
einem Regensturm von der Straße abgekom-
men und in einen überfluteten Graben
gerast.“
„Das ist ja furchtbar.“
„Meine Mutter hat sich nie wirklich wie
eine typische Mutter verhalten. Sie hat mich
viel zu früh bekommen und sie ist niemals
wirklich erwachsen geworden oder ist
darüber hinweggekommen, dass mein Vater
sie nicht liebte oder nichts mit uns zu tun
haben wollte. Sie war gerade einmal sech-
sundzwanzig als sie starb. Und sie hatte
242/683
einen grauenvollen Geschmack was Männer
angeht, offensichtlich…“ Ich verstummte und
hoffte, dass ich jetzt erst einmal aufhören
konnte diesen traurigen Teil meines Lebens
mit ihr zu teilen. Ich wollte unsere Zeit hier
genießen und nicht mit Gedanken des
Bedauerns verschwenden, auf Ereignisse, auf
die ich keinen Einfluss mehr hatte. In Erin-
nerungen zu verharren brachte mich ver-
dammt nochmal auch nicht weiter. Ich hatte
gelernt in der Gegenwart zu leben und für
die Zukunft. Das war der einzige Weg.
Elaina drehte ihren Körper um mich an-
zusehen und ruhte an meiner Brust, als sie
nach oben sah. „Ich wusste all das nicht über
deine Familie. Es tut mir leid.“
„Warum tut es dir denn leid?“
243/683
„Für dich; es musste sehr beängstigend
gewesen sein, damals als kleiner Jungen
deine Mutter zu verlieren und dann später
auch noch deine Großmutter. Ich wusste, es
musste etwas Schreckliches passiert sein,
aber ich kannte nicht die Geschichte dah-
inter. Es tut mir leid, dass du den Verlust
geliebter Menschen miterleben musstest.“
Ich teilte noch mehr mit ihr, weil sie so
verständnisvoll und gütig mit ihren Gefühlen
war, und ich konnte fühlen, dass sie mehr
über mich erfahren wollte. Zum ersten Mal
hatte ich das Gefühl, ich könnte frei reden,
denn ich wusste, dass ich ihr vertrauen
konnte.
„Großmama war großartig…und wenn
wir ehrlich sind, war sie diejenige, die mich
aufgezogen hat. Meine Mutter war nicht
244/683
bereit für ein Kind und auch wenn meine
Erinnerungen an sie schön sind, waren wir
niemals wie ein typischer Sohn mit seiner
Mutter. Das Schlimmste allerdings war, als
meine Großmutter an Krebs gestorben ist,
als ich gerade einmal siebzehn war. Es zer-
störte mich…und es blieb kaum Zeit damals
irgendetwas zu regeln bevor sie starb.“
„Du musstest Schottland dann ver-
lassen?“ Sie fand meine Hand mit ihrer und
verflocht ihre Finger mit meinen, strich dann
mit ihrem Daumen immer wieder über
meine Haut.
„Ja. Und es war klar, dass ich mit
meinem Vater gehen müsste, sobald es of-
fensichtlich wurde, dass sich der Zustand
meiner Großmutter nicht mehr verbessern
245/683
würde. Es gab niemand anderen, der mich
aufgenommen hätte.“
Sie brachte meine Hand zu ihren Lippen
und hielt sie dort.
Ich erzählte weiter. „Alle waren un-
glücklich darüber. Ich wollte mein zu Hause
nicht verlassen, oder das meine Großmutter
stirbt, oder mit meinem Vater leben, den ich
zuvor noch nie getroffen hatte, und der mich
genauso wenig wollte wie ich ihn.“
Sie drückte meine Hand.
„Er hatte eine Frau, die mich wirklich
nicht dort haben wollte – sonst hätte ich
nämlich deren kleines, perfektes Familien-
leben in England zerstört, hätte Fragen
aufgebracht, die keiner bereit war zu beant-
worten und hätte die gut aufgerichtete Fas-
sade zerstört, die sie sich mit der Zeit
246/683
erarbeitet hatten. Sie hatten bereits einen
dreijährigen Sohn. Sam – ihr echter Sohn.“
„Also kamst du hierher um mit deinem
Vater zu leben und das war die Zeit, als auch
wir dich kennenlernen durften?“, fragte sie
sanft.
„Genau, aber ich habe es uns allen auch
nicht wirklich leichter gemacht. Sobald ich
bei dem Haus meines Vaters ankam und ich
ein gutes Gefühl dafür bekam, wie die Dinge
mit meiner neuen Familie sein würden, lief
ich fort. Ich schlich mich raus und fuhr per
Anhalter den ganzen Weg zurück nach
Schottland. Dauerte eine Weile, aber sie
fanden mich schließlich, wie ich versuchte, in
der Garage meiner Großmama zu leben.
Mein Vater hat mich dann sofort nach
diesem Chaos in ein Internat nach London
247/683
geschickt, damit ich nicht mit ihnen leben
musste, und da unsere Nachnamen unter-
schiedlich waren, hat niemand die Ver-
bindung zwischen meinem Vater und mir
erkannt. Ich war nur ein Kind, das vor einer
Schule abgeworfen wurde, damit sie so tun
konnten, als würde ich nicht existieren.“
Elaina war ruhig für einen Moment, hielt
meine Hand noch immer an ihre Lippen
gedrückt und nahm alles auf, was ich gerade
erzählt hatte. Als sie endlich sprach, hatte
ihre Stimme einen distanzierten Klang, als
ob sie kurz davor war ein Geständnis zu
machen. „Ich habe deine Familie immer ge-
hasst. Ich habe sie nie kennengelernt, aber
ich habe sie dafür gehasst, wie gleichgültig
sie dich behandelt haben.“
248/683
Gott, wie ich sie doch liebte. „Ich habe
das irgendwie immer gespürt, Cherry. Ich
liebte dich aus diesem Grund nur umso
mehr.“
Sie war noch nicht fertig. „Aber ich sollte
sie nicht hassen, denn wenn sie nicht so
grauenhaft zu dir gewesen wären, hätten wir
uns vielleicht niemals kennengelernt. Ian
wäre nicht dein Freund geworden und hätte
dich nicht zu uns nach Hause geschleppt.“
Sie streckte sich, um meine Lippen für einen
Kuss zu finden.
Ich klammerte mich an ihr fest, als wäre
sie meine Rettungsleine.
„Deine Familie hat wahrscheinlich mein
Leben gerettet“, flüsterte ich und hielt ihr
Gesicht dabei nah an meinem.
249/683
„Wie haben wir das gemacht?“ Ich kon-
nte Tränen in ihren Augen sehen und
wusste, es hat ihr wehgetan, all diese
schrecklichen Dinge von mir zu erfahren. Ich
hoffte, es war das letzte Mal, dass ich mit ihr
darüber sprechen musste. Elaina gehörte zu
den wenigen Dingen in meinem Leben, die
gut waren. Sie war das Licht zu all der
Dunkelheit. Ich war erleichtert zu realisier-
en, dass der ganze traurige Rest meiner Ver-
gangenheit mir einfach nichts mehr
bedeutete.
„Indem du mich wolltest. Du hast mich
immer gewollt, Cherry, und auch, wenn ich
nicht weiß warum, weiß ich doch, dass dies
der Grund war, der mich gerettet hat. Du
und deine Familie, ihr habt mich gerettet.“
250/683
Sie nickte und ließ ein Schluchzen hören.
„Habe ich immer…und werde ich immer.“
Ihre Hand fing an sich zu bewegen,
streichelte mir über den Brustkorb, der Ort,
an dem mein Herz für sie schlug und das
Blut pumpte, und zeigte mir damit die
Wahrheit hinter ihren liebevollen Worten.
„Allerdings möchte ich nicht, dass du
dich daran aufhältst. Bitte, für mich, denke
nicht mehr daran, denn es ist vorbei und ist
nicht mehr von Bedeutung. Ich habe wegen
dir überlebt und außerdem, gehörst du jetzt
mir. Du bist mein.“ Ich lächelte. „Das ist das
Einzige, was noch von Bedeutung ist.“ Und
bevor sie etwas sagen konnte, küsste ich sie
für eine lange Zeit.
Ich hielt an Elaina fest. Ich hielt sie ge-
gen mein Herz gedrückt, in diesem kleinen
251/683
Ruderboot auf dem idyllischen See, an dem
prächtigen Herrenhaus, welches sich wie et-
was aus einem Roman von Dickens anfühlte
und wusste nun mit Sicherheit, wie es sich
anfühlte, vollkommen glücklich zu sein. Eine
Erfahrung, die ich zum ersten Mal in
meinem Leben als Erwachsener wirklich
genießen konnte.
Der ganze traurige Mist, einschließlich
der beschissenen Vergangenheit, lag weit
hinter uns, wo er auch hingehörte. Ich
erkannte, dass wir nur Gutes hatten auf das
wir uns in unserer Zukunft freuen konnten.
Keine Worte konnten ausdrücken, was
ich gerade mit Elaina, an einem besonderen
Ort wie diesem, geteilt hatte. Es bedeutete
mir zu viel. Ich konnte auf jeden Fall nicht
die richtigen Worte finden um zu erklären,
252/683
was es mir bedeutete zu wissen, dass sie
mich liebte und dass sie mich wollte…nur
weil sie es wollte. Kein anderer Grund als
dem, dass ihr Herz sie zu mir geführt hatte.
Ein Wunder. Ich konnte es nicht vernünftig
begründen und ich würde es auch nicht
probieren herauszufinden, warum Dinge sich
mit uns so entwickelt hatten, wie sie es getan
hatten.
Ich entschied mich stattdessen dafür,
einfach von jetzt an, an das Schicksal zu
glauben. Und Schluss. Ich würde die Wie‘s
und Warum‘s nicht mehr in Frage stellen,
stattdessen würde ich einfach das Geschenk
akzeptieren, das mir mit Elaina übergeben
wurde.
Ich werde die Erinnerung von dieser
wunderschönen Zeit, die wir hier
253/683
miteinander verbracht hatten, für immer
festhalten, sicher in mir aufbewahren, wo ich
sie, wann immer ich das möchte, wieder her-
vorholen konnte, damit ich es durch die
nächsten zehn Monate getrennt von ihr
schaffen würde.
Und diese Zeit würde kommen.
Allerdings viel früher als gedacht.
254/683
11Die gewaltige Badewanne verfügte
über eine Aussicht, die mit den besten
Ausblicken aller vorhandenen Reise-
dokumentarfilme konkurrieren kon-
nte, aber weder schaute ich hin, noch
interessierte es mich. Nein, meine ganze
Aufmerksamkeit war woanders. Und meine
Aussicht war viel beeindruckender.
Elaina, vor allem nackt, war atem-
beraubend. Elaina, nackt und nass in einer
Badewanne mit mir, sogar noch mehr.
Elaina, nackt, nass und an meinem Schwanz
lutschend, würde mich in den nächsten
Minuten wahrscheinlich erblinden lassen.
Wenn ich bis dahin nicht bereits das zeitliche
gesegnet habe.
Sie besorgte es mir so richtig, ließ mein-
en Schaft tief in ihren Mund gleiten und zog
sich dann wieder zurück, wobei sie dann
jedes Mal ihre Hand, die meinen Schwanz
fest umklammert hielt, drehte. Ich hielt ihr
langes Haar weg von ihrem Gesicht und ließ
mich von ihren Mund zum Mond blasen.
„Oh Scheiße, Scheiße, Scheiße…genauso
– ich komme.“
Ich versuchte mich zurückzuziehen, aber
sie wollte mich einfach nicht loslassen und
die feuchte Hitze ihres Mundes fühlte sich an
dem nackten Fleisch meines Schwanzes ein-
fach zu gut an. Ich konnte die Wucht des
Spermas, welches herausschoss und mich
dahingehend beunruhigte, dass ich sie er-
sticken könnte, nicht aufhalten. Allerdings
war ich auch schon zu weit fortgeschritten
256/683
um irgendetwas dagegen zu unternehmen.
Der Zustand von Kontrolle, den ich noch vor
kurzem über mich selbst hatte, verließ mich.
Ich kam so heftig.
Sie schluckte alles, während ich noch im-
mer in ihrem Mund bebte und pulsierte, und
auch als ich bei mir dachte, dass ich ihr das
nicht antun sollte, aber es fühlte sich zu ver-
dammt gut an um stoppen zu können. Ich
war ein Sklave ihrer Liebe und sehr glücklich
darüber, dass ich so gesegnet war.
„Gott, Süße, du wirst mich noch umbrin-
gen“, sagte ich schnaufend, durch die Nach-
wirkungen meines Höhepunktes.
Sie ließ mich dann aus ihrem Mund
gleiten und während sie wie der Teufel höch-
stpersönlich grinste, wischte sie sich mit
einem Finger über ihre Mundwinkel.
257/683
Ich stöhnte von der puren explodier-
enden Lust, die sie in mir entfachte. Nur auf
die bestmögliche Art und Weise, aber
trotzdem…“Ich bin bereits halbtot, ich bin
mir sicher.“
„Ach was. Hier wird niemand umgeb-
racht und schon gar nicht du, Captain. Ster-
ben ist nicht erlaubt.“ Ihre Hand umfasste
noch immer meinen Schwanz. Sie strich
langsam der Länge meines Schaftes entlang
und schaffte es so, mich noch immer in
einem steifen Zustand zu belassen. Dies
stellte allerdings kein Problem dar, niemals,
nicht mit ihr. Ich wollte Elaina die ganze Zeit
und sie war so freizügig mit mir. Ich nahm,
und dann nahm ich noch mehr. Solange sie
mich wollte, war ich bereit ihr zu dienen.
Was natürlich nur ein anderer Grund dafür
258/683
war, vorsichtig zu sein, wenn es um Verhü-
tungsmittel ging. Mit all dem Sperma von
dem unendlich währenden Sex, ist es nur
eine Frage der Zeit, bis ich sie schwängerte.
Das konnte ich nicht zu lassen.
„Ich liebe dich so sehr, dass es mir Angst
macht“, flüsterte ich. „Komm her, meine
Schöne.“ Ich zog sie quer über meinen Körp-
er, bis sich ihre Brüste an meine nackte Haut
schmiegten, ihre Wange unterhalb meiner
Schulter. Ich streichelte durch ihre Haare
und hielt sie an mich gedrückt. Wie zur Hölle
würde ich zehn Monate ohne sie überleben?
Ich konnte es wirklich nicht ertragen, zu
diesem Zeitpunkt, daran zu denken.
Das war ein Punkt, den ich verstand.
Verdrängung funktionierte für mich manch-
mal wirklich sehr gut.
259/683
„Ich war für eine so lange Zeit in dich
verliebt, dass ich manchmal befürchte, es
wäre alles nur ein Traum“, sagte sie. „Ich
habe solche Angst all dies hier mit dir zu ver-
lieren, Neil.“
„Nein. Du wirst mich nicht verlieren. Ich
bin hier, und wenn ich gehen muss, werde
ich trotzdem noch jeden Tag bei dir sein,
hier“, sagte ich, und legte eine Hand über ihr
Herz, „bis wir wieder vereint sind und meine
Hände dich wieder berühren können.“
Sie kuschelte sich näher an mich heran
und hielt mich ein wenig fester.
„Glaubst du mir?“, fragte ich behutsam.
Ich fühlte wie sie an meiner Schulter
nickte, aber sie schwieg.
„Was ist los? Hast du Angst?“
„Ja.“
260/683
Etwas bedrückte sie, das konnte ich
fühlen.
„Wirst du mir sagen, was dich beun-
ruhigt, Cherry, denn ich muss es einfach
wissen.“
Sie fuhr mit einer Fingerspitze über eine
meiner Brustwarzen, was einen Schauer
durch meinen Körper fuhren ließ und mein-
en Schwanz auf den Weg der Erholung
führte.
„Es ist nichts…Ich bin einfach nur ego-
istisch, wenn es um dich geht. Ich will dich
ganz für mich allein und ich will dich nie
wieder mit irgendjemandem teilen müssen.“
Sie hob ihren Kopf und sah mich an. „Ich will
alles. Du musst wissen, dass ich nicht bereit
bin dich zu teilen, Neil. Das könnte ich nicht
und das werde ich nicht.“ Ihre Stimme klang
261/683
härter als sonst, unnachgiebig, und die
Bedeutung hinter ihrem Ton machte mir ein
wenig Sorgen.
„Was meinst du damit? Mich teilen
mit…anderen Frauen?“ Ich schüttelte mein-
en Kopf. „Da ist niemand außer dir. Elaina?
Um was geht es hier wirklich?“
Sie schüttelte ihren Kopf erneut.
Ich umklammerte sie ein wenig fester.
„Sag es mir, Süße, was besorgt dich?“
Sie schluckte und schaute nach unten.
„Also, du bist – du bist immer so vorsichtig,
wenn wir Sex haben. Immer so vorsichtig
mit den Kondomen…und das musst du nicht.
Ich habe dir bereits gesagt, dass ich die Pille
nehme und es stört mich, dass du – dass du
mir nicht auf diesem Wege nah sein möcht-
est…als ob du Angst hättest, es würde
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zwischen uns ernst werden, oder – oder e –
etwas in der Art.“
Stille.
Ich bekam eine wertvolle Lektion in
diesem Moment. Niemals, auf keinen Fall,
solltest du annehmen, du wüsstest, was eine
Frau denkt. Dies führt wahrscheinlich nur zu
Verwirrung und Desaster. Elaina hat mich
völlig falsch verstanden.
„Oh, Cherry, du willst wissen, warum ich
so bedacht darauf bin, immer zusätzlich zu
deiner Pille zu verhüten?“
„Ja.“ Sie nickte mit einem traurigen Aus-
druck in ihren wunderschönen blauen
Augen.
„Es ist nicht, weil ich bereits daran den-
ke, wen ich als nächstes vögeln könnte, denn
da ist niemand. Ich denke doch nur noch an
263/683
dich.“ Ich platzierte einen Kuss auf ihre
Stirn. „Daran, wie sehr ich dich liebe.“ Ein
erneuter Kuss. „Daran, wie wertvoll du für
mich bist und wie entschlossen ich bin unser
Leben zusammen perfekt zu machen.“ Ich
hob ihr Gesicht an. „Da ist niemand, dem ich
mehr verschrieben bin als dir, Cherry. Nur
dir. Ich werde es nicht versauen, indem ich
dich schwängere, bevor ich dich wieder ver-
lassen muss um in den Krieg zu ziehen. Das
würde dich verletzen. Keine ungeplanten
Babys für uns. Das werde ich dir nicht antun
und ich werde es auch nicht einem un-
schuldigen Kind antun. Ich war einmal eins
dieser Kinder und werde dies garantiert
nicht einem meiner Kinder zumuten. Was
ist, wenn mir etwas dort drüben passieren
sollte und mir es nicht möglich wäre zu dir
264/683
zurückzukehren? Wenn du alleine wärst und
ein Kind ohne mich aufziehen müsstest. Du
bist dafür noch zu jung und es wäre unver-
antwortlich von mir, das zu riskieren. Ich
würde dich niemals aufs Spiel setzen, Elaina.
Dafür liebe ich dich zu sehr.“
Ich hielt ihr Gesicht zwischen meinen
Händen und sie nickte zu mir auf. „Aber ich
würde alles, was von dir kommt, wollen,
alles, was sich aus unserer Liebe entwickeln
würde. Kein Baby von dir könnte jemals von
mir ungewollt sein, Neil. Das weißt du doch
sicher.“
Gott, sie war erstaunlich. „Jetzt weiß ich
es.“ Ich lächelte sie an. „Und irgendwann
werden wir ein paar davon zusammen
machen und sie werden wunderschön sein,
mit dir als Mutter.“
265/683
„Mit dir als Vater“, sagte sie mit einem
hinreißenden Lächeln.
„Fühlst du dich jetzt besser, nachdem
wir unsere Zukunft zusammen geplant
haben?“, fragte ich.
„Jep.“ Sie bewegte sich im Wasser und
brachte ihre Lippen zu meiner Brust, um
mich, genau über dem Ort, wo mein Herz in
meiner Brust schlug, zu küssen.
Die Geste bewirkte etwas in mir. Elaina
war mein Schalter. Oder anders, sie war die
Person, welche die Macht über diesen Schal-
ter besaß. Sie kontrollierte mich, und ich war
ausnahmslos zufrieden mit dieser Vereinbar-
ung. Als ihre Lippen sich ihren Weg nach un-
ten bahnten, in die Richtung von Körper-
teilen, die verzweifelt daran interessiert war-
en, ihre Berührungen noch einmal zu
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genießen, war ich verloren. Verloren und
verzweifelt wieder in sie einzudringen.
Getrieben von dem Bedürfnis ihren Körper
für mich zu beanspruchen, öfter als es nötig
war, aber sie fühlte sich so gut an, ich konnte
mich nicht zurückhalten.
Also war es dies, was ich den Rest des
Morgens tat…ich konzentrierte mich auf
mein Mädchen und darauf, sie so oft kom-
men zu lassen, damit sie einfach alle Sorgen
und Ängste, die sie quälten, vergessen
musste. Sie hatte mich, um diese Last zu tra-
gen. Ich würde sicher gehen, dass sich mein
Cherry Girl nie über irgendetwas Sorgen
machen müsste. Ich würde immer für sie da
sein, sie lieben und auf sie aufpassen.
Das war mein Plan. Meine Motive waren
klar, aber meine Naivität verhüllte komplett
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den verdrehten Weg des Schicksals und wie
sich dieser, wie aus heiteren Himmel, zeigen
kann und es vermochte, dir alles auf einmal
zu entreißen. Man sollte niemals unter-
schätzen, was das Schicksal vielleicht noch
für einen bereithielt. Es hatte einen Weg ge-
funden, immer die Oberhand zu behalten
und kann daran für eine lange, lange Zeit
festhalten.
Ich war ja so naiv.
„Halt still, das ist ein tolles Bild von dir.“
Bilder von Elaina zu machen war dabei
meine Lieblingsbeschäftigung zu werden. Sie
war umwerfend. Diese bestimmte Aufnahme
von ihr, unter einem blühenden Baum, be-
deckt mit blassrosa Blüten, war so perfekt
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für sie. Wir dachten, es könnte eine Art Zi-
erkirschenbaum sein, nach dem wie die
Blüten aussahen. Mein Cherry Girl unter
einem Kirschbaum. Klischee ja, aber
trotzdem atemberaubend und ich plante
davon Abzüge zu machen und diese
einzurahmen.
„Die Blüten sind einfach überall. Es
kommt einem fast wie Schnee vor.“ Sie dre-
hte sich, mit ihren Armen ausgebreitet,
mehrmals um ihre eigene Achse.
Ich machte ein Foto nach dem anderen,
während sie ihrem Gefühl nachgab, so dank-
bar, dass ich diese wunderschöne Erinner-
ung von uns hier, an diesem letzten Tag
zusammen haben würde, bevor wir nach
Hause zurückkehren mussten.
269/683
„Was willst du an unserem letzten Tag
hier machen, meine Schöne?“
Sie zog ein komisches Gesicht und wir-
belte um den Kirschbaum herum. „Oh, ich
habe dir noch nicht von meinen Neuigkeiten
erzählt.“
Ich ließ meine Kamera herunter. „Was
denn für Neuigkeiten?“
Sie schaute hinter dem Stamm hervor.
„Die Neuigkeiten darüber, dass ich nicht
plane, jemals wieder nach London zurück-
zukehren natürlich. Ich werde hier unter
diesem Kirschbaum bleiben, jeden Tag mit
dem Ruderboot auf dem Fluss Leticia her-
umfahren und die Libellen beobachten wie
sie über das Wasser schweben.“
270/683
Ich lief zu ihr hinüber. „Ach,
tatsächlich.“
Sie bewegte sich auf die andere Seite des
Baumstammes. „Jep, tatsächlich. Ich dachte,
ich sollte dich vielleicht darüber aufklären,
immerhin wirst ja auch du mit mir hier leben
müssen.“ Ihr Gesichtsausdruck war todernst.
Ich streckte meine Hand nach ihr aus,
aber sie bewegte sich erneut, hielt Abstand,
ihre Augen beobachteten mich aufmerksam,
genauso wie ich sie fokussierte. „Du musst
mit mir hier bleiben, Neil.“
„Muss ich, wirklich? Weil du mich so
sehr liebst?“ Zentimeter für Zentimeter
näherte ich mich ihr.
Ihr Gesichtsausdruck verriet sie, denn
sie konnte das teuflische Glühen in ihren Au-
gen nicht unterdrücken, als sie ihren Kopf
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schüttelte. „Nein, ich brauche jemanden, der
das Boot rudert.“
Ich griff plötzlich an und sie rannte kre-
ischend davon. Wir lachten beide, als ich
meine Hände um ihren Körper schlang und
uns beide zu Boden in das weiche Gras warf.
Ich hielt sie unter mir gefangen und
kitzelte sie, während ich zwischen Küssen
und dem Spaß, den wir hatten, auch viel Zeit
fand, ihren Körper zu erkunden. Aber auch
sie hatte Glück und verdammt noch mal,
wenn sie es nicht schaffte zu entdecken, wie
kitzlig ich doch in der Nähe meiner Rippen
war.
„Jetzt sei ein braves Mädchen und lass
mich dich küssen“, warnte ich sie, hielt ihre
Hände gegen das Gras gedrückt, damit sie
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nicht einen Gegenangriff mit weiteren
Kitzelattacken starten konnte.
Ihre Augen funkelten und sie neigte
ihren Kopf ein wenig zur Seite, ihre Haare
auf dem Gras ausgebreitet mit ein paar
Kirschblüten um uns herum, die bereits vor
einiger Zeit zu Boden gefallen waren.
Die Sanftheit in ihrem Gesichtsausdruck
und die Art und Weise wie ihr Körper in Ge-
genwart meines zerschmolz, verehrte ich. Sie
nahm mich so wie ich war, und so küssten
wir uns, bis wir beide keine Luft zum Atmen
mehr hatten und uns wünschten, dass die
Zeit einfach aufhören würde fortzuschreiten.
273/683
Wir entdeckten Figuren in den Wolken, als
wir im Gras lagen und die Kirschblüten um
uns herum schwebten. Zu dieser Zeit waren
wir bereits von ihnen bedeckt, aber es
machte keinen Sinn sie zu entfernen, denn es
kamen immer wieder neue auf uns nieder-
gerieselt. Keinen von uns beiden störte es
und die Blüten hatten nur einen dezenten
Duft, so dass es nicht im Geringsten über-
wältigend war.
„Ich sehe dort drüben einen springenden
Frosch, auf zwei Uhr.“ Zeigte ich. „Siehst du,
wie seine Hinterbeine nach außen stehen
und die Füße mit Schwimmhäuten – “
„Oh, schau, Neil, beweg dich nicht!“
Ich erstarrte. Wir sahen beide auf mein-
en ausgestreckten Finger, auf dem sich eine
von diesen blau leuchtenden Libellen
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niedergelassen hatte. Ich brachte meine
Hand sehr langsam näher zu unseren
Gesichtern und auf wundersame Weise blieb
sie auf meinem Finger.
„So bezaubernd. Sie dir die verschieden-
en Blautöne an“, sagte sie leise, als wir beide
das Insekt studierten. Anscheinend un-
beeindruckt von unserer Gegenwart, breitete
die Libelle ihre Flügel aus und hob die Beine,
um ein oder zwei Schritte zu gehen.
„Faszinierend, dass die Farbe von der
Natur geschaffen wurde, oder nicht?“
„Ist es wirklich. Wie eine Mischung aus
den Tönen eines blauen Himmels und einem
metallischen Blau. Ich liebe es so sehr.“
„Du sagtest, dass deine Lieblingsfarbe
Himmelblau sei.“ Ich fühlte die Vibration der
Bewegung und dann war die Libelle von
275/683
meinem Finger verschwunden und flog von
dannen.
„Oh, da fliegt sie“, sagte sie, „und ja,
Himmelblau ist mein Favorit.“ Wenn ich
nicht vollkommen falsch lag, dann hörte ich
zwischen ihren Worten ein wenig Traurigkeit
heraus.
„Warum magst du die Farbe so gern?“
„Es ist die Farbe des Himmels, wenn es
warm und sonnig ist.“
Ich nickte und schaute in die Richtung
des Himmels, suchte nach mehr Formen in
den Wolken.
„Der 11. September war ein sonniger
Tag“, sagte sie sehr leise.
Ich verstand mein Mädchen so gut. Sie
hatte meistens Gründe für die Dinge, die sie
tat, und dies war ein gutes Beispiel dafür.
276/683
„Die Farbe des Himmels erinnert dich an
deinen Vater.“
Sie schmiegte sich an mich. „Ja. Es sieht
so schön aus und unschuldig. Ich mag es zu
denken, dass er da oben ist, in den Wolken
am Himmel. Es war der letzte Ort, von dem
ich wusste, dass er noch am Leben war und
es war so ein wunderschöner Tag…“ Der
Klang ihrer Stimme verstummte.
Ich spielte mit ihrem ausgebreiteten
Haar als wir auf unseren Rücken lagen, zu-
frieden damit, dass ich die seidigen Strähnen
berühren durfte, bis ich ein sanftes Geräusch
vernahm und ein leichtes Erschauern von ihr
spürte, bis sie sich soweit drehte, um ihren
Tränen in der Beuge meines Halses freien
Lauf zu lassen. Es mir zu erzählen, hat
schmerzhafte Gefühle in ihr geweckt. Ich
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verstand, wie das funktionierte. Es war in
Ordnung, solange du an deinen tiefsten Ge-
fühlen festhalten konntest, aber sobald du
sie mit jemandem teilst, überschwemmte
dich die Flut des Schmerzes und riss all die
Dämme, die du um dich aufgerichtet hattest,
nieder.
„Er ist dort und wartet auf dich, Cherry.
Er ist stolz auf dich und glücklich, wenn du
es bist. Dort wo dein Vater jetzt ist, gibt es
weder Schmerzen noch Traurigkeit.“
„Wie kannst du das wissen?“, fragte sie.
„Ich weiß es einfach. Ich muss an etwas
glauben und ich glaube daran. Dein Vater
und meine Großmama – die guten Menschen
– sind jetzt an einem besseren Ort. Und wir
dürfen sie vermissen, aber ich weiß, sie
würden uns nur glücklich sehen wollen.“
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„Ich liebe dich einfach so sehr“, sagte sie
mir, ihre Augen noch angefüllt von Tränen.
„Ich liebe dich so sehr und ich werde
heim kommen, zu dir, wenn ich mit der
Armee fertig bin. Und dann können wir un-
ser gemeinsames Leben starten. Wir haben
nichts, aber Zeit, die haben wir.“
„Okay, ich werde hier sein und auf dich
warten, genau hier unter diesem
Kirschbaum.“ Sie versuchte mich an-
zulächeln mit ihrem kleinen Scherz, aber ich
konnte sehen, dass es ihr noch immer
schwer fiel. Die nächsten Monate würden für
uns beide schwer werden.
„Ich weiß. Sobald ich zurück bin, kom-
men wir erneut hierher für ein Wochenende,
um unser Wiedersehen zu feiern.“ Ich zog
sieh an mich heran und betrachtete ihr
279/683
wunderschönes, aber trauriges Gesicht. „Was
sagst du zu meiner Idee, Süße? Hier in Hall-
borough, du und ich. Kirschblüten, Ruder-
boote und blaue Libellen.“
„Mach daraus besser eine Woche, Cap-
tain. Ein erbärmliches Wochenende wird
nicht ausreichen.“
„Gott sei Dank dafür, denn ich werde
sehr viele und langanhaltende Bäder in der
Wanne mit dir zusammen brauchen, bevor
ich auch nur nah dran bin mich davon erholt
zu haben von dir für so eine lange Zeit
getrennt gewesen zu sein, Cherry.“
Ich hielt sie nah und sorgte mich. Ich
konnte das Gefühl von Finsternis, das in der
Luft hang, einfach nicht abschütteln und
fürchtete, dass ich vielleicht drauf und dran
war wahnsinnig zu werden. Ich versuchte
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mich zu erinnern, dass wenn ich dieses Mal
für meine Tour das Land verließ, würde ich
das mit dem Gedanken tun, dass ich mein
Mädchen in England zurücklassen würde.
Aber ich liebte sie und sie würde zu Hause
auf mich warten.
Elaina wird auf mich warten. Sie
brauchte die Bestätigung, dass ich immer ihr
Mann bleiben würde, aber wir haben das
geklärt. Ich habe ihr versprochen, dass es
niemand anderes neben ihr gab und ich
meinte das, mit allem was mir heilig war.
Ich schloss meine Augen und hielt sie
und betete. Ich bat darum, dass alles zu un-
seren Gunsten ablaufen würde, dass das
Schicksal uns gut behandeln würde und dass
meine Schöne hier sein wird, sobald ich
heimkomme.
281/683
12Vier Wochen später
Ich erwachte mit einem unbehag-
lichen Gefühl in der Magengegend. Ich
würde Morgen zum aktiven Dienst zurück-
kehren; also war der heutige Tag der letzte
für uns, den wir zusammen verbringen kon-
nten. Und lange zehn Monate lagen vor uns,
die wir getrennt voneinander verbringen
mussten. Für die SAS saß ich zwar bereits
morgen um diese Zeit in einem Flugzeug in
Richtung Afghanistan, aber mein Herz
würde hier zurückbleiben, in London, bei
Elaina.
Die vergangenen vierundzwanzig Stun-
den waren ein Marathon von emotionalen
Auf und Abs und…Sex gewesen. Mein Ver-
langen, sie immer und immer wieder zu neh-
men, war ein Zwang, den ich nicht zurück-
halten konnte und ich würde es auch nicht
ertragen können ihn zu unterdrücken.
„Wie soll ich es nur fertig bringen dir
morgen am Bahnhof ‚Auf Wiedersehen‘ zu
sagen?“, fragte sie mit sanfter Stimme,
während ihre Hand über meine nackte Brust
streichelte.
„Ich wünschte, ich könnte dir sagen, wie
um alles in der Welt ich es schaffen soll, dich
zu verlassen. Ich weiß nur, dass wenn du mir
nicht hilfst, indem du stark bleibst, dann
wird die SAS ein -Abwesend ohne offizielle
Begründung- Problem haben.“
„Das klingt nicht gut.“ Sie ließ ihre Hand
nach oben gleiten, in die Richtung meines
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Mundes, wo sie die Konturen meiner Lippen
mit ihrem Finger nachzeichnete.
„Abwesend ohne Begründung ist allerd-
ings alles andere als gut.“
„Ich habe endlich einen Brief von dem
Büro der Internationalen Stellenvermittlung
bekommen. Ich habe darauf schon eine
halbe Ewigkeit gewartet und da gibt es einen
Platz für mich in Italien. Ich habe schon mit
der Planung begonnen, als Au Pair zu
arbeiten, bevor du nach Hause kamst. Du
weißt davon, dass ich in der Schule Unter-
richt in Italienisch und Französisch hatte,
oder? Naja, ich habe daran teilgenommen,
damit ich mit meiner Gastfamilie kommun-
izieren kann, falls ich einen Platz bekomme
– “
284/683
„Nein. Ich will nicht, dass du gehst.“ Ich
glitt mit meinem gesamten Körper über den
ihren und hielt ihr Gesicht zwischen meinen
Händen. „Bitte, versprich mir, dass du nicht
nach Italien gehen wirst.“
„Warum, Neil? Es ist doch nur ein Job.“
Ihre Augen suchten die meinen. „Und ich
werde beschäftigt sein solange du weg bist
und das wird mir helfen, die Zeit rumzukrie-
gen. Es wird hier furchtbar sein ohne dich.“
Ich konnte mir vorstellen, wie ein itali-
enischer Graf oder ein reicher Playboy sie
mir wegschnappen würden, sobald diese ein-
en guten Blick auf Elaina erhaschen konnten.
„Zehn Monate, meine süße Schönheit. Das
ist alles, was ich von dir verlange. Ich werde
dann wieder zu Hause sein und dann können
wir hingehen, wohin du auch immer
285/683
möchtest, aber bitte warte auf mich. I-ich
könnte die Idee einfach nicht ertragen, dass
du nicht hier bist und auf mich wartest. Ich
weiß, dass ich viel von dir verlange, aber ich
will dich hier an diesem Ort, wo ich weiß,
dass du sicher bist, und mit deiner Familie
zusammen bist, falls irgendetwas…passiert.“
„Nichts wird passieren“, sagte sie
bestimmt. „Alles wird gut gehen, Neil.“ Dann
wurden ihre Augen sanfter und sie lächelte
mich an. „In Ordnung, ich werde nicht nach
Italien gehen, wenn es dir so wichtig ist. Ich
werde einen Job irgendwo in der Stadt find-
en. Da muss es doch ein Unternehmen
geben, das Französisch- und Italienischken-
ntnisse schätzt, vor allem wenn sie interna-
tionale Geschäfte tätigen.“
286/683
„Danke.“ Ich stieß einen Atemstoß der
Erleichterung aus, bevor ich ihren Körper
mit Küssen bedeckte, das Bettlaken zerrte
ich mit meinen Zähnen von ihr herunter und
entblößte damit ihre atemberaubende Form
in all ihrer glorreichen Nacktheit.
„Ich brauche ein Bild von dir, in dieser
Pose, um es mitzunehmen“, platzte ich
heraus.
Ihre Augen weiteten sich, aber genauso
schnell entspannte sie sich auch wieder, als
ob sie darüber nachgedacht hatte und
entschied, dass ich doch kein erbärmlicher
Widerling war, sondern nur ein verzweifelt
verliebter Kerl, der versuchte, in jeder nur
möglichen Art und Weise an ihr festzuhalten.
„Okay, denke ich“, sagte sie schüchtern.
„Du darfst Bilder von mir machen.“
287/683
Also schoss ich ein paar Nacktbilder von
meiner Schönen und würde diese mit in den
Krieg nehmen. Die Bilder würden mich
daran erinnern, wie scharf, wunderschön
und großzügig sie in ihrer Liebe war, wie sie
nach Blumen roch und wie eine griechische
Göttin aussah, wenn ich bei Nacht allein im
Bett lag, nur mit meinen Erinnerungen…und
meiner rechten Hand.
Elaina war fort, um in den Geschäften etwas
für uns zum Abendessen zu kaufen, während
ich meine Sachen zusammen packte. Sie
würde meine Wohnung für mich im Auge be-
halten und hat zudem die Möglichkeit, mein
Auto zu benutzen, solange ich nicht hier war.
288/683
Ich liebte die Vorstellung, dass sie hier sein
würde, auch wenn ich es nicht wäre. Dies
würde mir helfen mir vorzustellen, dass wir
noch immer zusammen an einem Ort waren,
auch wenn dies nicht der Fall war.
Es klingelte an der Tür und ich fragte
mich, wer es sein könnte. Ich hatte mich von
jedem, der mir etwas bedeutete, bereits ver-
abschiedet. Auch mein Vater wusste, dass es
bald wieder soweit war und hat mir eine E-
Mail hinterlassen. So typisch. Wir hielten
Kontakt über schriftliche Kommunikation-
skanäle, niemals übers Telefon, und sehr sel-
ten trafen wir uns. Meistens verlangte er
meine Anwesenheit in seinem Haus, wenn er
das Bedürfnis danach hatte. Ich fühlte mich
dort aber sowieso nicht willkommen, also
289/683
war ich mit diesem Arrangement
einverstanden.
Ian und seine Mom hatten bereits ein
großes Abschiedsessen für mich abgehalten
und ich hatte mit ihm über Elaina ge-
sprochen, und dass er auf sie aufpassen
müsste, solange ich nicht hier war um es zu
tun. Und am Wichtigsten, er sollte dieses Ar-
schloch, Tompkins, von ihr fernhalten.
Meine Kumpels kamen vorbei, um mir alles
Gute zu wünschen und versprachen mir
literweise Bier, sobald ich wieder sicher im
Land wäre.
Ich öffnete die Tür, nur um Cora auf der
anderen Seite vor mir zu erblicken und war
froh, dass Elaina gerade unterwegs war. Sie
wäre nicht glücklich gewesen, Cora in der
Nähe meiner Wohnung zu sehen. Überhaupt
290/683
nicht glücklich. Elaina verachtete Cora und
ließ mich gleich von Beginn an wissen, dass
Cora der Staatsfeind Nr. 1 war. Ich verstand
das. Ich sage nur Tompkins.
„Was kann ich für dich tun, Cora?“
Sie grinste. „Wo ist deine Kindergarten-
freundin, Neil?“
„Geht dich nichts an, und ihr Name ist
Elaina, wie du sehr wohl weißt.“ Ich würde
ihre andere Bemerkung nicht einmal mit
einem Kommentar würdigen. Macht keinen
Sinn. „Ich bin beschäftigt, also was willst
du?“
„Nur, was mir rechtlich gesehen
zusteht.“
Ich bin sicher, dass meine Augen aus
ihren Höhlen traten. „Was zur Hölle erzählst
291/683
du da für einen Müll, Weib. Ich schulde dir
gar nichts, rechtsgültig oder nicht.“
Genau in diesem Moment kam Elaina,
beladen mit Einkaufstüten, die Stufen hoch
und unterbrach unsere Unterhaltung. Cora
drehte sich zu ihr und sagte: „Sehr gut, sie ist
hier. Du solltest es auch erfahren, Püp-
pchen.“ Cora fischte einen kleinen, quadrat-
isch aussehenden Zettel aus ihrer
Handtasche und presste ihn mir in die Hand.
Ich sah drauf; fühlte wie mein Herz aus
meiner Brust gerissen wurde und dann auf
den Boden geworfen wurde, damit es wie ein
Fußball herumgekickt werden konnte. „Ver-
dammte Scheiße, Cora, was zur Hölle soll
das werden?“
„Das“, sagte sie mit einer dramatischen
Betonung, „ist unser Baby, Neil. Bereits acht
292/683
Wochen in der Schwangerschaft. Ist er nicht
süß?“
Ich sah zu Elaina, die noch immer wie
erstarrt im Flur stand, eine Einkaufstüte in
jeder Hand und sie hörte jedes einzelne
giftige Wort. Ihr Gesicht war so weiß wie ein
Blatt Papier.
„Nein! Nein, Cora, verdammte Scheiße.
Das kann nicht meins sein! Elaina?“ Ich fand
sie mit meinen Augen und flehte sie an:
„Cherry, verspreche mir, dass du nicht gehst
ohne – “
Cora ignorierte uns beide und laberte
weiter. „Aber natürlich kann es, Schatzi. Vor
acht Wochen? Erinnerst du dich? Du bist
gerade erst von deiner superlangen und ein-
samen Tour nach Hause gekommen und
warst ziemlich von Sinnen, wenn ich mich
293/683
richtig erinnere. So viele Monate ohne eine
Frau…du brauchtest jemanden, der es dir
mal wieder richtig besorgt?“ Sie kicherte.
„Und zudem mehr als nur ein Mal. Probleme
mit dem Kondom…das passiert öfter als du
denkst.“
„Nein…“ Mein Magen drehte sich um
und die Angst kochte über, als ihre schreck-
lichen Worte meine Welt zum Einsturz bra-
chten. Ich hatte Cora gevögelt. Mehr als ein-
mal. Den Tag als ich heim kam, bin ich gleich
zu dem Pub und fing an zu trinken. Als Cora
dort auftauchte, war ich bereits total hinüber
und so geil, ich hätte sogar einen Troll ge-
fickt. Und am Ende landeten wir bei ihr und
bestritten einen Sexmarathon, bei dem es
nur darum ging Befriedigung zu finden, da
waren sicher keine Gefühle involviert
294/683
gewesen. Ich sagte ihr bereits im Vorfeld,
dass wir danach nicht zusammen sein
würden. Eines der Kondome riss…Cora
sagte, ich sollte mir deswegen keine
Gedanken machen…Scheiße, nein, Scheiße.
Ich starrte auf das Bild in schwarz und
weiß, welches sie mir gegeben hat.
Es konnte nicht meins sein. Oder konnte
es doch? Was würde das mit Elaina anstel-
len? Scheiße!
Cora drehte sich um und zuckte ihre
Achseln in Elainas Richtung, während ich
noch immer auf das Bild in meiner Hand
starrte. „Das war auch schon alles, was ich
dir erzählen wollte, Schatzi. Ich weiß doch,
dass du morgen das Land verlässt und
dachte du solltest vorher noch wissen, dass
du bald Vater wirst. Also pass dort drüben
295/683
auf dich auf. Sei vorsichtig und der ganze
Müll, oh, und schicke mir ab und zu mal et-
was Geld. Ich muss die Rechnungen bezah-
len, du verstehst, damit ich mich um dein
Kind kümmern kann, Neil.“
Und dann ging Cora, als ich noch immer
auf das Ultraschallbild des Arztes starrte und
das Gefühl hatte, ich müsste kotzen. Ich
sagte kein Wort. Ich konnte es nicht. Ich
weiß nicht, wie viel Zeit verging. Hätte eine
Sekunden sein können, oder eine Stunde,
aber als ich wieder aufsah, war Elaina ver-
schwunden. Der einzige Beweis dafür, dass
sie jemals hier gewesen war um Coras An-
schuldigungen zu hören, waren die zwei
Einkaufstüten auf der obersten Stufe, gefüllt
mit den Zutaten für unser Abendessen.
296/683
Die Stunden, die darauf folgten, waren
wie aus einem Horrorfilm. Ich konnte sie
nicht finden und wusste nicht, wohin sie
gegangen sein könnte. Sie antworte nicht auf
meine Anrufe und nahm auch meine Na-
chrichten nicht entgegen. Elainas Mutter
sagte, sie hätte angerufen und gesagt, ich
wäre einen Tag früher abgereist und dass sie
jetzt bei einer Schulfreundin übernachten
würde. Elaina hat ihr nicht gesagt, um
welche Freundin es sich handelte. Ian hatte
auch nichts von ihr gehört. Beide, ihre Mut-
ter und ihr Bruder, waren ahnungslos und
konnten mir nicht helfen.
Mir blieb keine Zeit mehr.
Verzweifelt und mit Angst erfüllt, ver-
suchte ich alles um wegen eines Notfalls
meinen Urlaub zu verlängern, aber es wurde
297/683
abgelehnt. Meine letzten Befehle standen.
Entweder sich den nächsten Morgen bei dem
kommandierendem Offizier melden, zu der
angeordneten Zeit, oder verhaftet werden
und vor das Militärgericht treten.
Diese Nacht gehörte zu einer der läng-
sten und schrecklichsten Erfahrungen, an
die ich mich jemals erinnern konnte. Ich
schlief nicht, aus Angst, dass sie vielleicht
hier auftauchen würde oder mich anrufen
könnte. Das tat sie aber nicht.
Am nächsten Morgen schleppte ich mich
mit Mühe und Not zum Bahnhof, denn
meine Zeit war abgelaufen. Ich überflog die
Plattformen, hoffte auf ein Zeichen von ihr,
mein Herz in Stücke gerissen, von Angst er-
füllt, was ich ihr sagen würde, aber ich hoffte
auf die Möglichkeit, um ihr zu sagen, wie leid
298/683
es mir tat, und wie wir herausfinden würden,
was zu tun war. Ich liebte sie und konnte sie
nicht verlieren; ich würde dafür sorgen, dass
alles wieder wie vorher werden würde –
irgendwie.
Aber mein Cherry Girl war nicht hier.
299/683
13Ein Jahr später
Meine letzte Tour in der Armee hatte
sich als eine der schlimmsten meiner
Karriere herausgestellt. Ich war Zeuge
bei gefährlichen Aktionen gewesen. Riskante
Manöver wurden ausgeführt und ich war
noch nie zuvor so nah dran gewesen zu ster-
ben. Ich hatte die meisten Verluste von
Leben miterleben müssen, von Truppen, die
ich kannte und kommandierte. Ein total ver-
dammtes Chaos von Situationen, die sich alle
zu einer sehr dunklen Zeit für mich vereint
hatten.
Ich hatte überlebt, aber ich war jetzt ein
anderer Mann. Aus vielen Gründen, aber der
schlimmste Teil war es, wieder nach London
zurückzukehren, um zu erkennen, dass sie
wirklich nicht mehr da war. Elaina hat die
Au Pair - Beschäftigung angenommen und
war, kurz nachdem ich das Land verlassen
hatte, nach Italien gezogen, um dort zu
arbeiten.
Ich hatte mein Mädchen verloren. Mein
Cherry Girl war für mich verloren und ich
musste mir wohl eingestehen, dass ich mein
Leben nun ohne sie führen musste. Während
meiner Tour hat sie mich nicht kontaktiert.
Ihre Mutter und Ian, ja, aber sie hielten sich
aus unseren Angelegenheiten heraus und
akzeptierten das, was auch immer zwischen
uns passiert war, nicht zur Diskussion bereit
stand und stellten damit sicher, dass unsere
Privatsphäre akzeptiert wurde. Es fühlte sich
301/683
an, als wäre sie gestorben, sie war einfach so
verloren für mich. Ich denke, es würde sogar
weniger wehtun, wenn sie wirklich gestorben
wäre.
Als ich in meine Wohnung zurückkam,
fand ich einen Brief von ihr, der an dem Tag
geschrieben wurde, als ich London in Rich-
tung Afghanistan verlassen hatte.
Lieber Neil,
das hier ist wirklich sehr schwer für
mich, aber es bleibt mir keine andere Wahl.
Ich entlasse dich. Du bist frei von allen Ver-
sprechungen, die du mir jemals gemacht
hast. Ich verstehe deine Situation und
akzeptiere, was du tun musst. Aber damit
ich dies überleben kann, muss ich dich
loslassen. Das ist der einzige Weg um mit
302/683
meinem Leben weiter zumachen, und ich
bitte dich, das Gleiche zu tun. Lass mich los.
Versuche nicht, mich zu finden oder meine
Meinung zu ändern. Es geht nicht anders.
Leb wohl, Neil, ich wünsche dir Erfolg
in allem was du tust, und bete, dass du sich-
er nach Hause zurückkommst, wann auch
immer das sein mag.
Pass auf dich auf,
Elaina
Ich las ihren Brief hunderte Male. Da
waren einige getrocknete Wassertropfen zu
sehen und ich stellte mir vor, dass diese von
ihren Tränen kamen. Ich konnte es nicht er-
tragen ihn wegzuschmeißen, aber es gab
viele Momente, in denen ich es gern getan
hätte. In den dunklen Zeiten, als ich so sauer
303/683
darüber war, dass sie mir nie eine Möglich-
keit gegeben hatte ihr zu erklären, was alles
passiert war.
Nein, das gestand sie mir nicht ein. Ich
hatte nicht die Möglichkeit bekommen ihr zu
erzählen, was ich alles im Krieg durch-
machen musste. Ich konnte ihr nicht von
dem Angebot erzählen, das mir ein ehemali-
ger Kamerad gemacht hat – der es fast nicht
lebend aus der Armee geschafft hätte. Es war
eine Möglichkeit für einen Job und wir war-
en beide motiviert diese Möglichkeit in einen
Erfolg zu verwandeln.
Auch konnte ich ihr nicht von dieser
merkwürdigen Wende des Schicksals erzäh-
len, die zur Folge hatte, dass ich der alleinige
Eigentümer eines schottischen Herren-
hauses geworden bin, welches einem
304/683
Großonkel gehörte, den ich niemals zuvor
getroffen hatte. Es gab ein Haus und ein
dazugehöriges Grundstück, zusammen mit
einem kleinen Vermögen, welches mich zum
ersten Mal in meinem Leben, finanziell gese-
hen, sehr gut dastehen ließ. Nachdem ich das
Grundstück begutachtet hatte, konnte ich es
ihr nicht erzählen, oder ihr sagen wie sehr
sie diesen Ort lieben würde, oder den kleinen
See, oder die alten Kirschbäume, die auf dem
Grundstück blühten und die mich an unsere
Zeit in Hallborough erinnerten.
Alles war einfach Scheiße und mein Herz
war gebrochen.
Und, das Wichtigste von allem, ich kon-
nte Elaina nicht sagen, dass ich definitiv
nicht der Vater von Coras Baby war. Ich wäre
bereit gewesen, meiner Verantwortung
305/683
nachzukommen und für das Kind zu sorgen,
wenn es meins gewesen wäre, aber das war
es nicht und Cora teilte diese Information
mit mir, als ihr Sohn geboren wurde. Ob dies
nun bedeutete, dass sie eine anständige Per-
son war oder weil es einfach auf den ersten
Blick deutlich wurde, dass ich nicht der
Vater sein konnte, wusste ich natürlich nicht.
Es war nicht von Bedeutung, mein Verlust
war zu dem Zeitpunkt bereits zu offensicht-
lich, um alles wieder hinzubekommen.
Cora hat dann den richtigen Vater ihres
Kindes geheiratet, noch bevor ich wieder
zurückgekommen war. Einen riesigen, farbi-
gen Burschen namens Nigel. Dies wurde
alles bestätigt, als ich nach meiner Rückkehr
die drei einmal im Supermarkt getroffen
hatte. Das kleine Baby mit
306/683
schokoladenfarbener Haut, gehörte zu je-
mand anderem. Sehr süß. Ich brachte ein
hohl klingendes ‚Herzlichen Glückwunsch‘
über die Lippen und verschwand dann, an-
getrieben von einem bitteren Geschmack der
Ungerechtigkeit und des Wutes.
Ich verzehrte mich noch immer nach
Elaina, aber der Ärger darüber, dass sie mich
ohne ein Wort verlassen hat, brannte noch
immer tief in mir, und hat mich abgehärtet.
So sehr, dass ich meine Gefühle vor der Welt
verschloss und mein Schicksal akzeptierte.
Ich hatte schon vorher bittere Enttäuschung
und Trauer miterleben müssen und würde es
auch dieses Mal überstehen. Ich war es ge-
wohnt, Dinge zu akzeptieren, die mich ver-
letzt hatten und mein Herz brachen. Dies
307/683
war nur eine weitere Situation, die ich über-
leben musste.
Ich vergrub mich in Arbeit bei Black-
stone Security International, Ltd., als Vize-
präsident und Einsatzleiter. Die Nummer
Eins des Chefs. Wir boten Sicherheitsdi-
enstleistungen für das im Fokus der Öffent-
lichkeit stehende Klientel, wie Politiker,
Würdenträger, Berühmtheiten aus Film und
Fernsehen und sogar manchmal für Mit-
glieder der Königsfamilie. Ich war viel unter-
wegs, lernte das Geschäft mit Blackstone
kennen und erledigte Aufträge die gutes Geld
brachten, aber wenig Zeit für ein Privatleben
ließen. Kein Problem. Ich konnte auf Gesell-
schaft verzichten. Jedes Verlangen, dass ich
jemals nach Liebe hatte, lag in den Händen
308/683
einer einzigartigen Person, und sie wollte
mich nicht mehr.
Ich meldete mich regelmäßig bei Elainas
Mutter und fragte nach ihr. Sie erzählte mir,
Elaina war glücklich in Italien und dass sie
darum gebeten hat, dass ich sie nicht kon-
taktieren würde. Sie wollte einfach nur die
Freiheit, ihr Leben zu leben und war mir
nicht böse für das, was bei uns schief
gelaufen war, aber ich nahm es ihr nicht ab.
Natürlich war sie mir böse. Sie fühlte sich
betrogen, dass ich mit Cora eine Nacht ver-
bracht hatte. Und dann musste ich sie auch
noch für fast ein Jahr verlassen, nachdem
wir uns auf diese schreckliche Weise
getrennt hatten. Diese gesamte Situation war
schlimmer als nur beschissen.
309/683
Elainas Mutter, Ian und ich hielten noch
immer Kontakt und ich hoffte dabei auf eine
Möglichkeit, in der ich sie wiedersehen kon-
nte; vielleicht bei einem ihrer Besuche zu
Hause. Das wir vielleicht dann die Möglich-
keit hätten, über uns und was passiert war,
zu reden. Das, wenn wir uns wiedersehen, et-
was entfachte und wir unseren Weg zu dem
Ort zurückfinden konnten, an dem wir so
verliebt gewesen waren.
Ich fing an so verzweifelt zu werden,
dass ich sie sogar in Italien aufsuchte, als ich
dort auf einer Geschäftsreise war.
Italien, an der Küste im Sommer, ist ein
beeindruckender Ort. Die ansprechende
310/683
Schönheit schien irgendwie passend für sie,
um hier zu arbeiten und zu wohnen. Elaina
verdiente es, von all dieser naturbelassenen
Schönheit umgeben zu sein. Dieser Teil
machte Sinn für mich.
Ich beobachtete sie am Strand, aus einer
gewissen Entfernung heraus, in einem him-
melblauen Bikini und einem großen, schwar-
zen Schlapphut. Ich erkannte sie sogar aus
dieser großen Entfernung. Wie könnte ich sie
auch jemals vergessen? Sie sah wunderschön
aus, meine Augen brannten, als ich diesen
Moment in mir aufnahm. Langes, kirsch-
farbenes Haar wirbelte im Wind und fiel
über ihren Rücken. Anmutige Beine, die kein
Ende fanden, nahmen kurze Schritte in dem
Sand, damit die Kleinen, die mit ihr am
Strand waren, Schritt halten konnten.
311/683
Elaina hatte zwei Kinder mit sich, beides
Mädchen, die fast im gleichen Alter schien-
en, eine an jeder Hand und eine große
Strandtasche über ihrer Schulter mit den
Dingen, die sie für den Tag benötigten. Ich
brauchte meine ganze Selbstbeherrschung
um nicht zu ihr zu rennen, die Tasche zu
nehmen, und sie für sie zu tragen.
Es tat verdammt weh mich zu versteck-
en, in den Schatten auszuharren, während
sie einen Tag am Strand für sich und ihre
zwei Kleinen vorbereitete. Aber genau da
blieb ich, verborgen. In totaler Verzweiflung.
Ich beobachtete, wie sie mit den Mäd-
chen Sandburgen baute, bis die Flut kam
und ihre Kreationen forttrug.
312/683
Fortgetra-
gen…weggespült…aus-
gelöscht…ausradiert…einfach fort. Als hätte
es niemals auch nur existiert.
Ich konnte es nicht mehr ertragen noch
mehr zu sehen und erkannte recht schnell,
dass es keine gute Idee gewesen war, sie hier
aufzusuchen, sie zu beobachten wie ein
Stalker. Ich fühlte mich grauenvoll für das,
was ich hier tat und noch beschissener, als
wenn ich sie nie wieder in meinem Leben se-
hen würde. Elaina noch einmal mit meinen
eigenen Augen zu sehen, machte diese ganze
Situation einfach umso schwerer für mich.
Ich wusste, was ich zu tun hatte.
Die Zeit war gekommen, sie endlich
loszulassen.
313/683
Gerade als ich dabei war mir ihr Gesicht
für alle Zeiten in mein Gedächtnis zu
brennen, drehte sie sich in meine Richtung.
Elaina drehte sich zu mir und sah herüber.
Sie konnte mich unmöglich sehen, ich war
gut versteckt, aber sie fühlte mich. Ich
wusste, sie fühlte meine Anwesenheit.
Ich werde niemals aufhören dich zu
lieben, Cherry Girl. Niemals. Ich kann es
nicht…und ich werde es nicht.
In diesem Moment explodierte mein
Herz und das, was davon übrig blieb, ver-
wandelte sich in einen Klumpen aus ver-
schiedenen Bestandteilen, welche nicht wirk-
lich mehr viel wert waren.
Mein Herz blieb versteinert für eine
lange Zeit. Es musste so sein, damit ich
meinen nächsten Atemzug nehmen und
314/683
funktionieren konnte. Also lernte ich mit mir
selbst zu leben und akzeptierte diese Ex-
istenz. Ich hatte nicht wirklich eine Wahl,
und letztendlich, war es einfacher das Blatt,
das mir im Leben überreicht wurde. Ich
musste es akzeptieren, anstatt mich von den
scheiß Karten, die ich bereits in der Hand
hielt, täuschen zu lassen.
Ich arbeitete hart, lebte hart, machte die
Dinge, die jeder Mann brauchte um zu über-
leben, ohne darüber nachzudenken, wie leer
ich mich danach immer fühlte.
Ich vollbrachte das Schwerste, das ich
jemals in meinem Leben getan hatte.
Ich ließ sie los.
Ich ließ mein Cherry Girl gehen.
315/683
TEIL DREI
Uns
Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese
drei;
aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
1. Korinther - Kap. 13, Vers 13~
14
Fünf Jahre später
Blackstone Security International,
Ltd. befand sich in einem gepflegten
Hochhaus, nahe der Liverpool Street
Station, im Zentrum von London.
Mein neuer Arbeitsplatz.
Das Unternehmen zog weltweit
Geschäfte an Land und brauchte eine Rezep-
tionistin, mit der Fähigkeit, mehrere
europäische Sprachen fließend sprechen zu
können. Ich war sehr gut in Italienisch und
Französisch – arbeitete aber im Moment
noch an meinem Deutsch und Spanisch.
Wie es sich raustellte, war dieser Job in
vielerlei Hinsicht wie geschaffen für mich.
Ich hatte England in den letzten sechs
Jahren vermisst, deshalb war es wirklich toll
wieder zu Hause und näher bei meiner Fam-
ilie zu sein. Drei Jahre in Italien und zwei in
Frankreich, hatten es mir erlaubt, andere
Orte kennenzulernen und die Sprachen des
Landes aus erster Hand zu verbessern. Und
da es die Aussicht gab, in Europe her-
umzureisen, wäre der Job bei Blackstone Se-
curity irgendwie das Beste aus beiden Wel-
ten für mich, und der Gedanke gefiel mir.
Als Mama vorschlug, mich für die Stelle
zu bewerben, dachte ich, es wäre, weil eine
Freundin ihres Kartenclubs erzählt hätte, wie
318/683
passend dieser Job für mich wäre. Frances
Connery war die Assistentin des Geschäfts-
führers und eine langjährige Freundin mein-
er Mutter. Mein Bruder, Ian, hatte anschein-
end auch ein gutes Wort für mich eingelegt.
Er war jetzt ein erfolgreicher Rechtsanwalt
in London und Blackstone Security Interna-
tional gehörte zu seiner erstklassigen Kund-
schaft. Er arbeitete in demselben Gebäude,
zwei Stockwerke tiefer, also sahen wir uns
jetzt wieder öfter. Manchmal zu oft, denn ich
hatte herausgefunden, wie sehr doch die
weibliche Bevölkerung meinen Bruder liebte.
Und den Grund wusste ich jetzt auch. Wirk-
lich abartig zu erfahren, wie gut dein Bruder
anscheinend zwischen den Bettlaken war.
Eklig. Reden wir doch mal über jemanden,
der sich wirklich endlich niederlassen sollte.
319/683
Mein neuer Job klang schon fast zu gut
um wahr zu sein und ich hatte erst vor
gerade einmal zwei Wochen dort angefangen
zu arbeiten, als ich herausfand warum.
„Das Team kommt heute von dem
Auftrag in Madrid zurück. Du wirst endlich
Mr. Blackstone kennenlernen. Er wird, we-
gen all dem Herumreisen in letzter Zeit,
heute wahrscheinlich etwas später ins Büro
kommen. Ich werde dich ihm vorstellen und
dem Rest der Mitarbeiter auch, sobald sie
alle eintreffen. Kaffee, meine Liebe?“
Frances, meine unmittelbare Vorgesetzte,
zeigte auf die Kanne im Pausenraum.
„Ja, bitte. Ich muss immer noch so viele
Mitarbeiter treffen, bevor ich wirklich alle
kenne, die hier arbeiten.“ Einige waren im-
mer abwesend, beschäftigt mit
320/683
großangelegten Aufträgen, deshalb war es
auch fast unmöglich, dass einmal alle Mit-
arbeiter des Unternehmens im Haus waren.
„Mach dir keine Sorgen, meine Liebe.“
Sie reichte mir eine Tasse Kaffee, die ich
sofort mit Süßstoff bearbeitete.
„Na ja, ich hoffe einfach, dass ich hier
rein passe. Macht das Sinn, Frances?“
„Oh, aber das tust du, meine Liebe, das
tust du. Du machst einen fabelhaften Job
und ich weiß, dass Ethan sehr zufrieden sein
wird, jemanden mit deinen Fähigkeiten hier
bei BSI zu haben, vor allem, da wir jetzt so
viele internationale Aufträge bekommen.“
„Vielen Dank dafür. Ich finde es wirklich
toll hier. Ich bin fast fertig mit dem Vertrag
des italienischen Konsulates und kann mit
den anderen bald beginnen.“
321/683
„Du bist eine Perle, meine Liebe“, sagte
sie und schwebte dann mit ihrem Kaffee aus
dem Pausenraum.
Ich kehrte an meinen Arbeitsplatz
zurück, vertieft in Übersetzungen und dem
Entgegennehmen von Anrufen, als plötzlich
der wahrscheinlich attraktivste Mann durch
den Rezeptionsbereich schritt. Attraktiv bes-
chrieb ihn allerdings nicht einmal an-
nähernd, umwerfend traf da wohl eher zu.
Dunkle Haare, blaue Augen, groß, gut ge-
baut, nachdenklich wirkend und er tat so als
ob ihm der Ort gehören würde.
„Morgen“, sagte er mit einem Nicken
und einem abschätzendem Blick in meine
Richtung.
„Guten Morgen, Sir“, sagte ich, als er an
mir vorüberging.
322/683
Dann benutze er seinen Schlüsselcode
und verschwand aus meinem Blickfeld.
Ich atmete beruhigt aus und hoffte, dass
ich einen guten ersten Eindruck bei meinem
Chef gemacht hatte. Der Job passte wirklich
gut zu mir und ich wollte ihn auch behalten.
Ich bevorzugte es, bei schönem Wetter,
meine Mittagspause draußen zu verbringen.
Wenn ich etwas mehr Zeit zur Verfügung
hatte, nahm ich sogar meinen Kindle mit,
um ein paar Minuten zu lesen. Ich liebte
Romane aller Art und erkannte, dass wenn
ich bekannte Bücher in anderen Sprachen
kaufte, es mir half und mir die Möglichkeit
323/683
verschaffte, die Sprachen, an denen ich noch
arbeitete, zu verbessern.
Im Moment liebte ich es JR Wards
Seelenjäger /Todesfluch in Spanisch zu lesen
und war wirklich von der inneren Qual der
Vampire, welche die Vernichtung ihrer Rasse
in der modernen Welt versuchten zu ver-
hindern, gefesselt. Jedenfalls bis der Platz
neben mir plötzlich besetzt wurde.
„Hallo, Baby, was hast du mir denn
heute mitgebracht?“ Er glitt mit seinem
Finger in meine blumenbedruckte Mittag-
stüte und schaute hinein.
„Verflucht, Denny, gibst du eigentlich
niemals auf?“
Er nahm sich eine Weintraube und warf
sie in seinen Mund. „Warum sollte ich? Du
bist wieder in England und du arbeitest nicht
324/683
weit von mir entfernt, denn du kommst aus
diesem Gebäude dort drüben; jeden Tag um
die gleiche Zeit, um dein Mittag zu essen.“ Er
zeigte mit einer Bewegung seines Kopfes,
welches Gebäude er meinte.
„Vielleicht weil ich nicht interessiert
bin?“ Ich lächelte gekünstelt.
„Aber, Baby, sei doch nicht so. Ich will
doch nur, dass du mit mir ausgehst und dich
erinnerst, was du mit mir verpasst, erinnerst
du dich nicht; der alten Zeiten willen. Was
sagst du?“
Ich nahm meinen Kindle runter und
warf ihm einen geduldigen Blick zu. „Ich
sage, lieber Denny, zum bereits zehnten Mal,
nein danke.“ Nicht der alten Zeiten willen,
oder der neuen Zeiten willen, oder ir-
gendwelcher zukünftigen Zeiten willen,
325/683
werden wir jemals wieder mit einander
ausgehen.
Gott, ich konnte mir gut vorstellen, was
er sich ausgedacht hatte, um „mich daran zu
erinnern, was ich verpasse“. Nein. Ganz sich-
er nicht. Ich würde nicht zu einem Ex-Fre-
und zurückkehren, der mich mit einer Sch-
lampe in einer Seitenstraße hinter dem Pub
betrogen hatte.
Und auch wenn ich ihn nie in Erwägung
ziehen würde, hat mich Denny Tompkins
doch, mit dem was er aus sich gemacht hatte,
überrascht. Ich hätte Wetten abgeschlossen,
dass er im Gefängnis landet. Aber nachdem
was er mir erzählt hat, war er nicht im Ge-
fängnis gewesen und arbeitet nun gewin-
nbringend in der Importfirma seines Vaters.
Ich konnte mir nicht einmal vorstellen, was
326/683
für illegale Importe sie vertrieben, aber es
war besser als auf der Straße Drogen zu ver-
ticken, und ich war mir sicher, dass er das
damals getan hat. Vielleicht machte er es
auch jetzt noch. Wer kann das schon genau
sagen?
Er hat begonnen mich während meiner
Mittagspausen beharrlich zu stalken, seit-
dem er mich hier unten an meinem zweiten
Tag entdeckt hatte.
„Wirst du mir heute endlich verraten, wo
du nun arbeitest, Baby?“
„Hör auf mich „Baby“ zu nennen und
nein, das werde ich nicht. Das nennt man
Verletzung der Privatsphäre, Denny, und du
musst damit aufhören.“
Er grinste mich an und neigte seinen
Kopf zur Seite, seine dunkel gewellten Haare
327/683
vielen dabei über seine Augenbraue und
ließen ihn dadurch unglaublich charmant
wirken. Er mag ein Hooligan in einem Anzug
sein, aber er war ein gutaussehender Hoo-
ligan in einem Anzug, das musste ich
zugeben.
„Du bist schwierig geworden, Elaina
Baby. Was ist aus dem süßen jungen Ding
geworden, das du einmal warst?“ Er legte
seine Hand auf mein Bein. „Wir hatten doch
eine so gute Zeit.“
„Sie wurde erwachsen. Und pass auf, wie
du mit mir redest. Und vor allem, hör auf
mich zu befummeln“, sagte ich bestimmend,
während ich seine Hand von meinem Bein
entfernte.
Ich erinnerte mich daran, wie hartnäckig
er gewesen war, nachdem Neil nach
328/683
Afghanistan abgereist war und bevor ich
nach Italien flüchtete. Ich konnte ihn auch
damals schon nicht abschütteln. Ian musste
eingreifen und ihm klar machen, dass ich
kein Interesse hatte. Er wollte mich einfach
nur wieder in seinem Bett, aber ich war alles
andere als interessiert. Denny war beharr-
lich, aber war zu dämlich um zu verstehen,
dass niemand je wieder Neils Platz einneh-
men könnte.
Nein, dieser Platz würde für immer eine
offene Position darstellen.
„Also gut. Dann also bis morgen, Baby.“
Er lehnte sich näher und gab mir einen
Kuss auf die Wange. Auch griff er erneut in
meine Tüte und klaute ein paar Wein-
trauben, bevor er sich davonmachte.
329/683
Ich verdrehte meine Augen und ver-
suchte, mich wieder auf mein Buch zu
konzentrieren, wunderte mich aber, wie zur
Hölle, von allen möglichen Plätzen in Lon-
don, mein neuer Arbeitsplatz mich direkt zu
Denny Tompkins zurück brachte. Ich hatte
einfach kein Glück, das war klar.
Mit diesem Gedanken gab ich mein aus-
gefallenes Vampirbuch auf und suchte meine
Sachen zusammen. Ich ging allerdings noch
am Zeitungsstand vorbei, um mir ein paar
ausländische Zeitungen zu holen. In Italien-
isch und Französisch die Nachrichten zu
lesen, hielt mich auf dem Laufenden mit den
ausländischen Schlagzeilen und half mir in
einer gänzlich anderen Weise, als es das
bloße Lesen einer fremden Sprache
vollbrachte.
330/683
„Das wären dann 2 Euro und 50 Cents.“
Muriel, die Zeitungshändlerin an der Ecke,
war schon etwas Besonderes. Sie sah aus wie
eine Mischung aus einer Obdachlosen und
einer wahrsagenden Zigeunerin, mit ihrer
Angewohnheit, mir jedes Mal die Zukunft
vorhersagen zu wollen. Ihre Augen hatten
ein außergewöhnliches grünliches Hasel-
nussbraun, eine Farbe die ich so noch nie
gesehen hatte. Einfach atemberaubend.
„Bitte sehr, Muriel, und behalt den
Rest.“ Ich reichte ihr einen Fünfer.
„Du bist ein wahrer Engel, vielen Dank.“
Sie warf mir ein gruseliges Grinsen zu. „Gib
mir deine Hand, Mädchen. Ich werde dir
weissagen.“
Sie nahm meine rechte Hand und hielt
sie in einem bestimmten Winkel. Sie
331/683
zeichnete mit ihren knorrigen Fingern die
Linien auf meiner Handfläche nach und
murmelte als sie diese benannte. „Leben, Ge-
sundheit…Liebe.“ Ihre Augen fanden bei
dem letzten Wort plötzlich die meinen.
„Liebe ist auf dem Weg zu dir, Mädchen.
Wahre Liebe kommt für dich.“ Sie lächelte
erneut.
Muriels Weissagung erschütterte mich.
Ich zog meine Hand aus ihrem Griff zurück,
murmelte ein leises „Danke“ und ver-
schwand mit meinen Zeitungen, sicher, dass
sie nur ihre Gabe an mir überprüfen wollte.
Mal ehrlich? Wahre Liebe ist auf dem
Weg zu mir? Ich wollte laut loslachen, aber
das tat ich natürlich nicht. Die Worte, die sie
benutzte, waren lächerlich, denn schließlich
wusste ich, dass ihre Vorhersage falsch war.
332/683
Ich hatte nur eine wahre Liebe und ich hatte
ihm vor einer langen Zeit gesagt, dass…er
niemals versuchen sollte mich zu finden.
Als ich von meiner Mittagspause zurückkam,
rief mich Frances an und fragte, ob es mög-
lich wäre mit den Übersetzungen, die ich
gemacht hatte, nach unten zu ihrem Büro zu
kommen.
Jetzt wurde es ernst. Meine erste Kon-
ferenz. Ich war aufgeregt, versuchte aber
meine Nerven zu beherrschen und machte
mich fertig um meinen Platz zu verlassen.
Ich suchte meine Dokumente in einem
Ordner zusammen und ging zur Tür, um
diese mit dem Sicherheitscode zu öffnen. Ich
333/683
gab Z-A-R-A ein und die Tür öffnete sich er-
folgreich, allerdings hatten meine Doku-
mente andere Pläne. Die Ecke des Ordners
blieb am Türrahmen hängen und ich verlor
dabei den Halt an dem Berg von Doku-
menten. Der ganze Inhalt fiel auf den Boden
zu meinen Füßen.
„Einfach toll. So ein Mist.“
Ich ließ mich auf meine Knie herunter
um die Dokumente aufzuheben und hoffte
beschämt, dass nicht allzu viele das mit an-
gesehen hatten, als plötzlich ein paar gut
bekleidete Männerfüße in mein Blickfeld
traten.
„Lassen Sie mich Ihnen damit helfen“,
sagte er, als er sich hinkniete und anfing das
Chaos von Dokumenten zu unseren Füßen
zusammenzusuchen.
334/683
„Vielen Dank“, schaffte ich zu sagen. Es
war mir allerdings zu peinlich während-
dessen in seine Augen zu sehen, als er mir
bereits einen Teil der Dokumente
überreichte.
Er erhob sich zur gleichen Zeit wie ich.
Darauf konzentriert, die einzelnen Seiten in
meinem Ordner zu sortieren, achtete ich
nicht darauf, wem ich mich in diesem Mo-
ment vorstellte. „Entschuldigung dafür.
Mein Name ist Elaina, ich bin die neue
Rezeptionis – “
Meine Augen glitten über einen sehr
breiten, im Anzug steckenden Brustkorb und
trafen letztendlich auf Augen, in die ich
bereits einmal vor langer Zeit geschaut hatte.
Dunkle, wunderschöne Augen, die damals
aus Liebe in meine gesehen hatten und zwar
335/683
in Momenten der tiefsten Intimität. Augen,
die ich geliebt hatte…
Die restlichen Worte blieben mir im Hals
stecken.
Mein Herz hämmerte. ‚Sprachlos‘ konnte
nicht annähernd beschreiben, wie ich mich
gerade fühlte. ‚Atemlos und wie vor den Kopf
geschlagen‘ sollte auch in den Mix, denn ich
ließ den Ordner erneut fallen und hörte, wie
die Dokumente mit einem kaum hörbaren
Rauschen heraus fielen.
„N – Neil.“
„Elaina“, sagte er mit versteinerter
Miene.
Das Runzeln auf seiner Stirn bewies,
dass er genauso überrascht war mich zu se-
hen, wie ich es war.
336/683
15
Heilige Scheiße! Elaina war die neue
Rezeptionistin?!
Mein Herz schlug wie wild in meiner
Brust, als ich versuchte, diese Information zu
verarbeiten. Frances hat gerade einmal vor
einer halben Stunde erwähnt, dass wir ein
neues Mädchen eingestellt hatten. Nicht in
meinen wildesten Träumen…
Alles machte jetzt allerdings Sinn. Mir
war sofort klar, wer dahinter steckte. Und ich
werde diesen armseligen Sack bei der ersten
Möglichkeit, die sich mir bietet, mit meinen
eigenen Händen umbringen. Mutter Morris-
on würde ich entkommen lassen, aber von
ihr hätte ich auch mehr erwartet.
Aber zuerst einmal wollte ich sie anse-
hen… Fünf Jahre war es her, als ich sie das
letzte Mal betrachtet hatte. Sogar ein wenig
länger, aber was ich meinte, war nahe genug
um sie berühren zu können. Aber das tat ich
natürlich nicht. Ich ließ stattdessen meine
Hand durch meine Haare gleiten und packte
ein Bündel davon im Nacken, mit einen fest
Griff und zog daran, bis es wehtat.
Also das hier war im wahrsten Sinne ein
Mindfuck. Ich war kaum im Stande mich zu
beherrschen, meine Emotionen und mein
Körper operierten in verschiedene Richtun-
gen und total unabhängig voneinander.
Meine Elaina – die Frau, die ich nie
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aufgehört hatte zu lieben, das Mädchen, der
mein Herz vor all diesen Jahren gehörte und
die ich nur unter Schmerzen hatte loslassen
können – war hier mit mir und war eine
neue Angestellte bei BSI.
Fick mich in die nächste Woche und
zurück!
Meine Gedanken verloren sich in einem
Chaos von Schock und Fassungslosigkeit.
Es hätten bereits Stunden vergangen
sein können, ich wusste es nicht, aber ja, das
war auf jeden Fall ein heftig mentaler Tritt in
meine Weichteile. Ich brauchte einen Drink,
oder gleich eine ganze Flasche davon, oder
vielleicht schlaf ich einfach in dem Pub heute
Nacht. Und ich fühlte definitiv, wie sich
Kopfschmerzen bei mir ankündigten.
339/683
„I – ich wusste es nicht…“, begann sie.
„Niemand hat es m – mir gesagt – ahh…“
Ich bekam nicht wirklich mit, was sie
mir sagte, denn meine Fähigkeiten dafür
waren wie weggeblasen. Ich starrte sie ein-
fach an.
Also, hier war sie wieder und stand vor
mir. So wunderschön wie eh und je. Sogar
noch schöner als das ich mich erinnern kon-
nte. Nicht länger ein achtzehnjähriges Mäd-
chen, die versuchte ihren Weg zu finden,
sondern eine reife, fünfundzwanzigjährige
Frau mit Selbstvertrauen.
Von ihrem Selbstvertrauen merkte man
allerdings in diesem Moment nicht allzu viel.
Diese mitternachtsblauen Augen erinnerten
mich an ein Reh, das bei dem Anblick von
Scheinwerfern eines Autos, erstarrt war. Ich
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musste mich sehr kontrollieren, damit ich sie
nicht berührte. Meine Hände auszustrecken
und sie zu umarmen war instinktiv, und ich
wollte es, aber ich versuchte mich zu be-
herrschen und wartete auf eine Art Reaktion
von ihr. Immerhin hatte sich mich verlassen,
ohne dass ich ihr meine Meinung hätte sagen
können. Die Wunde von diesem Schuss
durch mein Herz war noch immer da, erneut
aufgerissen und es tropfte, im übertragenen
Sinne, Blut aus der Wunde auf den
Büroboden herunter. Ich hatte so lange ge-
wartet, ich würde auch noch einen Moment
länger warten können.
„Wa – was machst du denn hier?“ Ihre
Kehle arbeitete angestrengt, als sie schluckte
und dies rief in mir das Verlangen hervor,
meinen Mund dorthin zupressen und sie zu
341/683
schmecken. Ich gierte danach, die Erinner-
ung von dem Geschmack ihrer Haut aufzu-
frischen, aber mehr als alles andere, wollte
ich, dass sie mich wieder wahrnahm. Ich
wollte, dass sie mich ansah, mit mir redete,
mich in ihrer Nähe akzeptierte. Und, wenn
ich irgendetwas über Elaina wusste, dann
war es, dass sie erneut versuchen würde vor
mir zu fliehen.
„Ich bin der Einsatzleiter hier bei BSI.“
Ich ließ sie diese Information verarbeiten
und beobachtete, wie ihre Gesichtsfarbe
genau vor meinen Augen immer mehr an
Farbe verlor.
„Du arbeitest hier.“ Es war keine Frage,
sondern eine Feststellung, als ob sie ver-
suchte sich selbst zu überzeugen.
342/683
Und ich glaube, ich weiß genau, wie du
dich gerade fühlst.
Sie strich mit ihrer Hand durch ihre
Haare und kam dann mit dieser Hand in der
Mulde ihrer Kehle zur Ruhe, als ob sie ver-
suchte sich zu schützen. Es war interessant
ihre verängstigte Reaktion zu beobachten,
nachdem ich die Bombe hatte platzen lassen.
Komischerweise gab es mir sogar irgendwie
ein gutes Gefühl. Denn wenn sie instinktiv
versuchte sich wegen meiner Anwesenheit in
Sicherheit zu bringen, dann bedeutete dies,
dass unser Wiedersehen eine Wirkung auf
sie haben musste. Gut. Wenn sie sich so
fühlte bei meiner bloßen Anwesenheit, war
das allerdings nichts im Vergleich zu dem,
was ich gerade in ihrer Gegenwart durch-
machen musste. Für eine lange Zeit wollte
343/683
ich Elaina bereits so nah sein. So lange. Es
fühlte sich unwirklich an, nachdem ich mich
so lange danach gesehnt hatte. Jahre hatte
ich ausgeharrt. Mir war klar, es würde let-
ztendlich passieren, denn ich war noch im-
mer eng mit ihrer Familie verbunden, aber
ich denke, nichts hätte mich auf die Realität
vorbereiten können. Und vor allem, nicht so.
Im selben Gebäude arbeiten? Jesus, Gott
und all die Engel.
Ich fühlte mich betäubt.
Ich war vor allem betäubt, als ich ihr an-
twortete, nicht wirklich sicher wie ich ihr die
Neuigkeiten klar machen sollte, wenn sie so
nah vor mir stand.
„Jeden Tag seit der Gründung, vor mehr
als fünf Jahren.“ Ich nickte langsam, ver-
suchte in ihrer Gegenwart cool zu bleiben.
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„Ich habe mit E – Ethan gedient, bei der
Special Force.“ Meine Hände schweiften aus,
um die Büroräume mit einzubeziehen. „Und,
ja, all das hier hat auf mich gewartet, als ich
vom Krieg nach Hause kam.“ Nur du hast
nicht auf mich gewartet, das stimmt doch,
Elaina, oder? Ich konnte ein Bastard sein,
wenn mir danach war und ich musste
gestehen, in diesem Moment fühlte ich mich
danach. Scheiße, aber ich verdiente mehr als
diese gekünstelte, unterkühlte Wiederverein-
igung. Ich kannte sie bereits seit Ewigkeiten
und nun, nachdem was wir miteinander ein-
mal geteilt hatten, blieben nur dieses unan-
genehme Anschweigen und ein emotionaler
Abstand zwischen uns? Aber genau das war
ja das Problem, oder? Wir waren einmal
zusammen gewesen. Und dann kamen all
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diese Jahre dazwischen, wo wir es nicht
waren.
Die gesamte Situation war einfach
beschissen. Allerdings war ich daran ja
gewöhnt. Es hatte in den vergangenen
Jahren viele, sehr viele Situationen gegeben,
in denen einfach alles immer im Arsch
gewesen war. Ich erinnerte mich nicht an
eine Zeit, in der alles gut gewesen war, al-
lerdings war Elaina niemals ein Teil von
diesem Mist in meinem Leben. Sie war das
Gute. Nur das Gute…jedenfalls für eine
Weile. Unser Ende hatte mich fast zerstört.
Ich hoffte auf irgendeine Reaktion von
ihr, irgendetwas. Alles wäre mir recht.
„Oh, okay…“ Ihre Augen flackerten für
eine Sekunde über mein Gesicht und dann
wieder nach unten, wo sie zur Seite schaute.
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Das war alles auf jeden Fall auch eine Über-
raschung für sie. Gut. Ich konnte mich da
nur wiederholen.
Ich sah, wie ihr Atem jetzt stoßweise
ging und erinnerte mich daran, wie sie
gewesen war, als ich sie unter mir hatte und
sie kurz davor war zu kommen. Diese erre-
genden Geräusche, die sie immer beim Sex
gemacht hatte, als sie um mich herum er-
bebte. Wie die enge Passage ihrer Fotze
meinen Schwanz in einem festen Griff hielt,
als ich mich in ihr bewegte…
Ich konnte nicht verhindern, was ich als
nächstes zu ihr sagte.
„Sieht so aus, als wären wir von jetzt an
Kollegen, Elaina.“
„Äh…ja.“ Und dann tat sie etwas, mit
dem ich nicht gerechnet hatte. Sie biss auf
347/683
ihre Unterlippe, sog sie in ihren Mund und
ein Blick von Unbehagen blitzte über ihr
Gesicht, als ob sie Schmerz empfinden
würde. So erschien es mir jedenfalls und ich
fühlte dabei einen kleinen Erfolg. Die Be-
merkung darüber, dass dieser Job auf mich
„gewartet“ hat, war das Verhalten eines Ar-
schloches, aber es kam über meine Lippen
und ich würde es nicht zurücknehmen. Es
war die Wahrheit, auch wenn es mich nicht
befriedigte. Sie versuchte in dem begrenzten
Bereich des Flurs an mir vorbei zu laufen.
„Frances wartet auf mich in ihrem Büro…wir
wollen die Verträge besprechen, die ich
bereits übersetzt habe…“
„Meinst du diese?“ Ich zeigte auf den
Boden.
348/683
„Scheiße.“ Sie ließ sich wieder auf ihre
Knie fallen und hob die Dokumente auf, der
kurze schwarze Rock rutschte auf eine an-
genehme Weise ihre Beine hoch als sie
abgelenkt war. Es war offensichtlich, wie un-
angenehm ihr das alles war, und ich konnte
sehen, wie sich ihre Wangen rot färbten.
Mein Schwanz reagierte sofort als ich die
pinke Verfärbung ihrer Haut bemerkte. Wie
in alten Zeiten.
Ich war ihr erneut behilflich und fing
einen Hauch ihres Parfums auf, der Duft
brachte mich sechs Jahre zurück in die Ver-
gangenheit, als wären nur ein paar Momente
seitdem vergangen. „Denkst du, es wird dir
gelingen den Ordner zu Frances zu bringen,
oder soll ich dich begleiten?“
349/683
Sie holte scharf Luft bei meinem Kom-
mentar, riss eines der Papiere aus meiner
Hand und schob es quer in den Ordner. „Ich
denke, das werde ich schon schaffen, vielen
Dank auch“, sagte sie mit einem Hauch Sar-
kasmus in ihrer Stimme.
„Na dann, viel Glück“, sagte ich, stand
auf und bot ihr meine Hand an, um ihr beim
Aufstehen behilflich zu sein. „Schön
konzentrieren, Miss Morrison.“ Ich zwang
mich zu einem Lächeln.
Sie überraschte mich, als sie meine Hand
akzeptierte und mir erlaubte, sie
hochzuziehen. Endlich berührten wir uns.
Hände. Ihre Hand in meiner und ich wollte
nicht loslassen. Ich wollte sie an meinen
Körper pressen und sie irgendwo hin tragen,
wo wir allein sein konnten. Ich wollte von ihr
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verlangen, mir ihre Geschichte zu erzählen
und ich wollte, dass sie sich meine anhörte.
Das verdienten wir. Wir beide verdienten
wenigstens ein klein wenig ehrliche Kom-
munikation, um all das hinter uns zu lassen,
wenn schon nichts anderes.
Elaina ließ meine Hand los und ver-
suchte, ihren Rock runter zuziehen. ohne
ihren Ordner zum dritten Mal zu verlieren.
Sah nach einem Kraftakt aus, und ich hatte
meine Zweifel, ob der Ordner es sicher in das
Büro von Frances schaffen würde.
Allerdings genoss ich es sehr sie zu beo-
bachten, als sie davon lief, genauso wie ich
den Anblick ihres Hinterns in diesem kurzen
Rock genoss.
Mein süßes Cherry Girl war zurück in
meinem Leben, ob es ihr nun gefiel oder
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nicht. Ich wusste, wo sie lebte und ich wusste
auch, wo ich sie jeden Tag zur Arbeit er-
warten konnte. Ich werde die Möglichkeit
haben sie zu sehen und sie wird sich sogar
mit mir unterhalten müssen. Ich war ihr
Vorgesetzter und dagegen konnte sie nichts
machen.
Sie hasste mich vielleicht noch immer
und wird mir wahrscheinlich nie eine zweite
Chance geben, aber wir mussten es auf uns
zukommen lassen, oder nicht?
Ich hatte noch eine Aufgabe, die meine
volle Aufmerksamkeit benötigte, oder besser
gesagt, einen guten Kumpel, der den Tod
verdiente.
Ich verließ geradewegs den vierund-
vierzigsten Stock und ging hinunter zum
zweiundvierzigsten. Ich segelte an Ians
352/683
Sekretärin vorbei, hielt meine Hand nach
oben um Proteste im Keim zu ersticken und
stürzte dann in sein Büro.
Er war gerade am Telefon, aber ich been-
dete den Anruf für ihn. Ich drückte den roten
Knopf mehrere Male und unterbrach sein
Gespräch.
„Was zur Hölle soll das denn, Neil?“ Ian
starrte mich zornig an. „Das war ein
geschäftlicher Anruf. Würde es dir etwas
ausmachen zu verschwinden?“
„Oh ja, das würde mir sehr wohl etwas
ausmachen, du aufdringlicher Schwan-
zlutscher! Was zur verfluchten Hölle hast du
dir dabei gedacht, Elaina zu BSI zu bringen,
um hier zu arbeiten?“
Ian lehnte sich in seinem Ledersessel
zurück, verschränkte seine Hände in seinem
353/683
Schoß und sah dabei selbstgefällig und zu-
frieden aus. „ Meine Schwester brauchte ein-
en Job und…na ja, er passt perfekt zu ihr; in
vielerlei Hinsicht. Frances, Mutter, alle war-
en meiner Meinung.“ Er schaute mich mit
seinen blauen Augen an, die Elaines so ähn-
lich waren, und konzentrierte sich auf mich.
„Stimmst du da nicht auch zu, Kumpel?“
Ich zeigte auf ihn, mein ausgestreckter
Finger zitterte dabei deutlich. „Ich stimme
zu, dass du ein verdammtes Arschloch bist,
wie gefällt dir das?“
Ian zuckte mit den Schultern, hob den
Telefonhörer ab und wählte eine Nummer.
„Wie auch immer, Bruder.“
„Wie wäre es, wenn du dich aus meinen
Angelegenheiten raushalten würd-
est,…Bruder.“ Ich war so sauer darüber, dass
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ich ausgetrickst wurde, ich wusste genau, ich
sollte gehen, bevor ich ein abscheuliches
Verbrechen an dem Kerl verüben würde, der
für mich wie ein Bruder war, auch wenn es
dem Blut nach nicht so war. „Fick dich, Ian“,
sagte ich, bevor ich mich umdrehte um zu
verschwinden.
„Kein Grund mir zu danken, Neil“, rief
mir Ian fröhlich hinterher, „wir können
später im Pub reden.“
Aber auch nur, wenn ich dich zuvor
nicht umbringe.
355/683
16
Ich rannte ins Haus, in dem ich aufge-
wachsen war, und rief sofort nach
meiner Mutter.
„Mutter, wie konntest du nur?“, ver-
langte ich zu wissen, warf meine Handtasche
auf den Tisch und kickte meine High Heels
von mir. „Du wusstest, dass Neil bei Black-
stone Security arbeitet, hab ich Recht? Du
hast mich ins offene Messer laufen lassen,
und Ian auch, der Bastard.“
„Aber, Schatz, bitte sei mir nicht böse,
denk lieber an deinen neuen Job und wie
sehr du es liebst dort zu arbeiten und das
bereits nach einer so kurzen Zeit, die du dort
angestellt bist. Es ist eine wundervolle Mög-
lichkeit für dich. Und ich weiß, dass du Neil
noch immer liebst, egal was damals zwischen
euch passiert ist“, bemerkte sie.
Das ist nichts Neues für mich, Mutter.
Ich starrte meine Mutter zornig an und kon-
nte es einfach nicht glauben, dass meine
Mutter zu so etwas Manipulativem und Hin-
terhältigem fähig war.
„Und er ist so nett zu mir…“ Sie verstum-
mte, nahm einen Schluck ihres sechs Uhr
Gin und Tonic, während sie versuchte, un-
schuldig auszusehen. Und sie war auch noch
verdammt gut darin.
357/683
„Hat dir Neil vorgeschlagen mich für den
Job zu bewerben? Hat er Ian gefragt, ein
gutes Wort für mich einzulegen?“ Dann kam
mir eine Erkenntnis und ich wollte irgendwo
meine Faust reinschlagen. „Warte mal – was
meinst du damit, dass Neil immer so nett zu
dir ist, Mutter?“ Ich war zu diesem Zeitpunkt
mit dem vorhandenen Wissen bereits so
wütend. Ich war von meiner eigenen Familie
reingelegt wurden, damit ich wieder zurück
nach England komme, und zu Neil. Aber ir-
gendwas an meiner Theorie machte keinen
Sinn. Neil hat nicht so gewirkt, als hätte er
erwartet mich dort zu sehen. Und wenn ich
ehrlich bin, sah er sogar total schockiert aus,
als er mich gesehen hat. Niemand hat ihm
gesagt, dass ich eingestellt wurde, da würde
ich all mein Geld drauf setzen.
358/683
Alles machte Sinn. Meine Familie hat
sich gegen mich verschworen, um uns wieder
zu verkuppeln.
Auf. Gar. Keinen. Fall.
„Na ja, Neil war schon immer so ein
liebenswerter Junge, Elaina Schatz. Das
weißt du doch. Eine große Hilfe, vor allem
nachdem dein Vater gestorben war.“ Sie
nahm einen weiteren großen Schluck ihres
G&T und schniefte. „Er – er schaut öfter mal
nach mir, meine Liebe, ich habe dir nur im-
mer nichts davon erzählt, weil er mich spezi-
fisch darum gebeten hat, dich damit nicht zu
bekümmern.“
„Ist das so, Mama? Gehst du mit mir
später noch spazieren? Über einer Planke?
Platziert über Wasser mit hunderten von
Haien?“
359/683
Ich war schockiert über das, was ich hier
erfahren musste.
„Sei nicht so melodramatisch, Elaina.“
„MAMA!“ Meine Mutter sollte wirklich
auf ihren eigenen Ratschlag hören, aber sie
ignorierte mich und fuhr fort mit den Lob-
preisungen über Neil.
„Er hat sich um mein Auto gekümmert,
als es ein Problem gab, und half mir, als
dieser schreckliche Sturm den Weidenbaum
vorne umgeworfen hatte. Ich weiß einfach
nicht, wie wir es ohne ihn geschafft hätten.
Du weißt, dass ich ihn als einen Sohn ansehe
und das habe ich auch schon immer.“ Sie
nippte erneut an ihrem Drink und sah mich
dann über den Rand ihres Glases an, eine el-
egante Augenbraue nach oben gezogen.
360/683
Unglaublich. Ich verschränkte meine
Arme unter meinen Brüsten und starrte
meine Mutter an, als hätte sie plötzlich einen
zweiten Kopf auf ihrer Schulter sitzen. Ich
wusste nicht, was ich sagen sollte. Also gab
ich verärgert auf und ging ins Badezimmer
um mich bei einem langen Bad zu
entspannen.
Ich schrie laut genug den Flur entlang
um sicher zu gehen, dass meine Mutter mich
auch hören würde, bevor ich die Tür
zuschlug. „Du hast deine Berufung verfehlt,
Mutter! Du hättest eine Schauspielerin auf
der Bühne werden sollen!“
Während sich die Badewanne füllte, rief
ich meinen Bruder auf seinem Handy an.
„Wie geht es meinem kleinen Schwester-
herz?“ Er klang recht vergnügt auf der
361/683
anderen Seite der Leitung und ich konnte
Hintergrundgeräusche hören und vermutete,
dass er im Pub war.
„Fick dich, Ian.“
„Na ja, ist nicht das erste Mal, dass ich
genau diesen Satz heute zu höre--“
„Das überrascht mich nicht im Gering-
sten, du Arschloch!“, schrie ich, bevor ich
auflegte.
Während meines Bades hatte ich Zeit,
ohne Ablenkungen nachzudenken. Der
Schock, Neil wieder zu sehen, war unglaub-
lich gewaltig, und der Schmerz war noch im-
mer da.
Definitiv noch immer da.
Ihn so jeden Tagen sehen zu müssen,
verspricht sehr hart für mich zu werden. Oh,
mein Gott, wie sollte ich das nur schaffen?
362/683
War das überhaupt möglich? Ich wollte
meinen Job nicht aufgeben, aber dachte,
dass ich am Ende vielleicht keine andere
Wahl haben würde.
Ich wusste eigentlich nichts über Neils
Leben, nicht seitdem wir uns getrennt hat-
ten, außer, dass er meine Wünsche respek-
tierte und niemals versucht hatte, mich
aufzusuchen. Er hat meinen Brief wahr-
scheinlich gefunden und handelte dements-
prechend. Wie hätte er Cora auch verlassen
können, wenn sie sein Baby in sich trug? Ich
wusste, er wäre nicht in der Lage gewesen
das zu tun – und ich hatte Recht behalten.
Ich hatte gesehen, wie sie aus dem Kranken-
haus kam, kurz bevor ich nach Italien gegan-
gen war und man hatte es damals schon
gesehen, ein kleiner Babybauch an ihrer
363/683
schlanken Figur. Neils Baby wuchs in ihr
heran. Sein Kind, welches er niemals zurück-
lassen könnte.
Mir war nicht klar, dass er sich nach dem
Militärdienst einen fabelhaften Job in Lon-
don geangelt hatte. Ich hatte mir immer
vorgestellt, er würde eine Karriere im Militär
anstreben, denn schließlich hatte er nach
meinem letzten Stand bereits den Titel eines
Captain erlangt.
Aber um fair zu bleiben, ich hätte meiner
Mutter und auch meinem Bruder, wenn sie
versucht hätten sich einzumischen oder Na-
chrichten von oder über Neil weitergeleitet
hätten, niemals vergeben können. Ich
erzählte ihnen meine Au Pair Pläne und
sagte, ich würde die Einzelheiten über un-
sere Trennung nicht mit ihnen teilen, also
364/683
sollten sie auch gar nicht erst fragen. An-
scheinend hatten sie meinen Wunsch re-
spektiert. Mir war schon damals klar, dass
ich es nicht hätte ertragen können, über sein
Leben nach mir zu erfahren. Ich hätte es
nicht überlebt. Ich ließ ihn gehen, früh in un-
serer Beziehung, und das war die beste
Entscheidung um zu überleben. An ein
Leben ohne ihn zu denken war angstein-
flößend und qualvoll gewesen, aber ich stand
zu meiner Entscheidung.
Ich kannte mich gut und auch meine Ge-
fühle zu Neil waren mir nur allzu bewusst.
Zur Hölle, ich hatte den Beweis, wie viel er
mir bedeutete, als Tätowierung auf meinem
Rücken.
Ich wusste, dass ich es nicht geschafft
hätte ihn mit Cora zu teilen, oder sogar mit
365/683
seinem Kind, in dem Moment als sie uns
alles erzählte. Es hätte keinen Kompromiss
gegeben, mit dem ich diese Situation
geschafft hätte. Ich bin vielleicht nicht per-
fekt, aber ich war ehrlich, wenn es um die
Dinge ging, die ich mit Sicherheit wusste. Es
hätte mich umgebracht zu bleiben, ich wäre
verbittert und nachtragend geworden und
hätte damit Neils Liebe zu mir irgendwann
trotzdem zerstört.
Durch seine Reaktion wurde mir deut-
lich gemacht, dass sie zusammen gewesen
waren und ein Baby gezeugt hatten. Er hat es
niemals bestritten, deswegen wusste ich,
dass es die Wahrheit sein musste. Ich vergab
Neil diesen Teil. Wir waren nicht zusammen,
als er mit Cora Sex hatte und er kam gerade
erst von einer langen und einsamen Tour
366/683
nach Hause zurück. Ich verstand das. Allerd-
ings verstand ich auch, dass Neil niemals
sein Kind verlassen könnte. Ich kannte ihn
und nachdem er bereits als Junge von
seinem eigenen Vater verlassen wurde,
würde er das niemals seinem eigenen antun.
Ich stand auf, um aus der Badewanne zu
steigen und griff nach einem Handtuch. Als
ich das tat, sah ich mein Kirschblütentattoo
im Spiegel reflektiert. Auf meinem Rücken,
rechte Schulter, wo es mich immer erinnern
würde. Warum hatte ich es machen lassen?
Egoismus.
Es war ein kleiner Teil von uns, der für
immer nur mir gehören würde.
Kirschblüten auf himmelblauem Hinter-
grund. Meine Erinnerung. Meine allein, die
mir nie jemand wegnehmen konnte.
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Ich hoffte, Neil war jetzt glücklich. Ich
wollte das so sehr für ihn, aber das änderte
nichts an der Tatsache, was ich dafür
machen würde um den Verlust von ihm zu
überleben.
Ich wusste, was ich wusste. Ich wäre
nicht in der Lage ihn mit Cora zu teilen, egal
wie wenig Kontakt sie auch hätten. Sie würde
für immer einen Teil von ihm besitzen und
ich würde genau diesen besonderen Teil
begehren, der mir gestohlen wurde. Die
Nähe, die Neil mit Cora hätte beibehalten
müssen, hätte mit Sicherheit unsere Liebe
vergiftet und alles zerstört, bis nichts Wer-
tvolles mehr übrig gewesen wäre. Nur noch
Herzschmerz. Und grausame Eifersucht.
Und Schmerz. Ich hätte das Neil nicht antun
können. Er hatte das nicht verdient, nicht
368/683
nachdem er solch eine Kindheit, voller Sch-
merz, überlebt hatte.
Es machte mich zu einer grauenvollen
Person, ich weiß, aber damit konnte ich
leben. Ich war egoistisch, wenn es um die
Liebe ging. Ich war egoistisch, wenn es um
Neil ging. Und ich hätte einfach diesen Sch-
merz nicht ertragen, den ich in uns beiden
verursacht hätte.
Sein Kind wäre jetzt fünf Jahre alt. Ich
dachte oft über das Baby nach. Junge oder
Mädchen? Dunkle, schokoladenfarbene Au-
gen mit blondem Haar, oder vielleicht wie
Cora, mit rotblonden Locken und hellen Au-
gen? Hatten Mama und Ian das Kind kennen
gelernt?
Ich trocknete mich fertig ab und hang
das Handtuch zum Trocknen auf. Als ich in
369/683
meinen Bademantel schlüpfte, ließ ich die
rechte Schulter unbedeckt und sah mir
erneut meine Tätowierung im Spiegel an.
Sehr kunstvoll. Ich bereute nicht, dass ich es
hatte machen lassen, und würde es auch nie
bereuen. Mein kleines Stück von Neils Liebe
blieb auf meiner Haut erhalten.
Das einzige Stück, das ich noch übrig
hatte.
Auch wenn ich ihn am liebsten umbringen
würde, war ich trotzdem in der Bar und
trank mit ihm.
370/683
Ian legte sein Handy auf den Tisch und
ließ seinen Kopf hängen. „Jeder scheint mir
heute zu sagen, dass ich zur Hölle fahren
soll. Das war übrigens Elaina.“
Also war auch Elaina wütend. Na super,
wir hatten also etwas gemeinsam. Wir hatten
miterlebt, wie es war, wenn einem der Boden
unter den Füßen weggezogen wurde.
„Warum? Warum zur H – Hölle hast du
sie zu BSI gebracht…? Warum hast du das ge
– gemacht?“ Vier Pints und ich war bereits
völlig besoffen. Nur gut, dass ich hergelaufen
war, denn mit dem Auto zu fahren stand zu
diesem Zeitpunkt bereits außer Frage.
„Verssssuchst du mich umzubringen,
Bruder?“, lallte ich die nächste Frage.
Ian wischte diese Behauptung mit der
Hand zur Seite, als wäre ich ein Käfer, der
371/683
um seinen Kopf herum schwirren würde.
„Ihre beide seid verdammt noch einmal so
belastend, mit eurem Geschmachte und
euren Tätowierungen und eurer verlorenen
Liebe. Kommt drüber weg und unternehmt
etwas, warum tust du denn nichts.“ Ian kniff
seine Augen zusammen, um sie auf mich zu
fokussieren. Er war auf jeden Fall so be-
trunken wie ich. „Mom und ich konnten
keinen von euch beiden länger ertragen, also
haben wir ein wenig nachgeholfen. Nur ein
wenig, isssss alles.“
„Na ja, das war verdammt blöd von euch.
Sie will doch gar nichts mit mir zu tun haben
und jetzt müssen wir zu – zusammen ar –
arbeiten.“
„Nein, du bist verdammt blöd. Sie issst
doch immer noch in dich verliebt. Und du in
372/683
– in sie. Ich habe euer Kirschblütentattoo
gesehen und wie ihr euch benehmt, wenn je-
mand den Namen des jeweils anderen auss-
pricht.“ Er tippte mit seinem Finger an sein-
en Kopf und hätte sich beinahe den Augapfel
ausgestochen. „Ich sehe Dinge. Ich weiß
Dinge.“
Ich griff ihn bei am Kragen seines Hem-
des. „Sag ihr bloß nichts über das Tattoo
oder ich sch – schlag dich zusammen, Ian.“
Ian grinste über sein ganzes Gesicht. „Du
bist so ein verdammter Idiot. Du hast keine
Ahnung, oder?“
„Was zur H – Hölle redest du da?“
„Ich lass es dich selber herausfinden, B –
Bruder, aber ich werde dir so viel s – s –
sagen…“ Er stach mit seinem Finger in
373/683
meine Stirn. „Du bist nicht der einzige mit
einem Kirschblütentattoo.“
Als ich mir ein Lied von Hendrix auf Spotify
anhörte, trafen mich die Worte, als wäre ich
gegen eine Wand gerannt. Musik war ein Teil
meines Lebens und ich konnte mir nicht vor-
stellen, jemals ohne sie zu sein, aber heute
passte der Liedtext, zu der Situation mit
Elaina und mir, wie die Faust aufs Auge. Das
war nicht gut. Es bewirkte nur, dass der Sch-
merz beharrlicher wurde.
A broom is drearly sweeping
(Ein Besen ist trostlos am Fegen)
374/683
Up the broken pieces of yesterday’s life
(all die Scherben des vergangenen
Lebens)
Somewhere a queen is weeping
(Irgendwo weinte eine Königin)
Somewhere a king has no wife
(Irgendwo hat ein König keine Frau)
And the wind, it cries Mary
(Und der Wind, er schreit nach Mary)
Aber nicht Mary. Der Wind schrie
nach…Cherry.
Die nächsten Tage behielt ich bei der
Arbeit meinen Abstand zu Elaina. Sie tat das
Gleiche. Es war seltsam, denn irgendwie war
es nicht so schmerzhaft wie ich erwartet
hätte. Sie in der Nähe zu wissen, war beruhi-
gend, nachdem ich mich solange fragen
375/683
musste, wie es ihr geht, was sie gerade
machte, mit wem sie zusammen war. Jetzt
aber wusste ich die Antworten zu all diesen
Fragen.
Allerdings kamen auch neue Fragen auf.
Ians Geständnis, als er betrunken war,
hat mich neugierig werden lassen. Wenn ich
Ian Glauben schenken konnte, hatte sie ein
Kirschblütentattoo irgendwo auf ihrem
Körper. Interessant. Und warum würde
Elaina denn so etwas tun?
Ich konnte es mir nur auf eine Weise
erklären.
Sie hat es sich aus dem gleichen Grund
machen lassen wie ich.
Ich wühlte in der Schublade meines
Schreibtisches so lange herum, bis ich fand,
nach was ich suchte. Den USB Stick mit den
376/683
Fotos, die ich vor mehr als sechs Jahren von
ihr gemacht hatte. Ich versicherte mich, dass
die Tür verschlossen war und sagte Susie,
dass sie keine Anrufe durchlassen sollte.
Die Bilder öffneten sich für eine
Diavorführung.
Fast zweihundert Bilder: Kirschblüten,
Elaina unter den herunterfallenden Blüten,
Selbstporträts von uns zusammen in dem
Boot und einige Nahaufnahmen von einer
blauen Libelle, die auf einem Kirschblütenz-
weig saß. Ich erinnerte mich vor allem an die
Bilder von den Libellen. Ich hatte eines dav-
on ausgedruckt und mit zu einer Tätowi-
erkünstlerin genommen, damit sie das
Design perfekt hinbekommen würde.
Blaue Libelle, umgeben von
Kirschblüten, in einem japanischen Tsuba
377/683
Design, platziert auf meiner Brust, genau
über der Stelle meines schlagenden Herzens.
Ich scrollte durch die Bilder – eins nach
dem anderen – und erinnerte mich an alles
als die Bilder luden. Und wieder war es ein
seltsames Gefühl. Ich dachte, ich hätte diese
Erinnerungen vergessen, oder sie wenigstens
so tief in meinem Unterbewusstsein verg-
raben, dass ich mich nicht erinnern würde.
Aber das war nicht der Fall. All die Bilder
und Geräusche und Gefühle aus diesen Erin-
nerungen kamen wieder an die Oberfläche,
so schnell, als hätte das Wochenende in Hall-
borough erst gestern stattgefunden.
Ich klickte schneller und schneller durch
die Fotos, bis die Fotos sich zu der Zeit ver-
änderten, als wir schon wieder daheim
waren.
378/683
Ich hörte auf zu klicken und starrte
stattdessen, es war mir unmöglich meine Au-
gen abzuwenden.
Elaina. Nackt in meinem Bett. Ihre Au-
gen auf mich gerichtet, ihr Kopf zur Seite
geneigt, ihr wundervolles Haar ausgebreitet,
ihr perfekter Körper nachgiebig und träge
von den Berührungen, Küssen und davon,
dass ich erst wenige Minuten vor diesem
Foto in ihr war.
Ich hatte sie gefragt, ob ich einige Bilder
von ihr machen könnte um sie mitzunehmen
und sie hatte edelmütig zugestimmt. Wie
merkwürdig zu wissen, dass nur wenige
Stunden später unsere gemeinsame Zeit ab-
gelaufen war und zwar auf eine Weise, die
mir noch heute das Herz zerbricht. Eine
Erinnerung, festgehalten in
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atemberaubenden Bildern, die an dem Tag
als sie gemacht wurden, meine gesamte Welt
dargestellt hatten.
Ich klickte weiter zum nächsten Bild, in
dem Wissen, dass ich mehr als nur ein Bild
gemacht hatte. Gott, sie war damals atem-
beraubend. Das war sie noch immer und mit
mir in diesem Gebäude, in dem ich verdam-
mt noch mal gerade saß.
Ich könnte dieses Büro verlassen, zu der
Rezeption gehen und sie, wenn ich das
Bedürfnis dazu hätte, mit meinen eigenen
Augen betrachten. Ich könnte sie nach einer
Verabredung zum Abendessen fragen oder
zum Mittagessen. Ich könnte nah genug an
sie herangehen um ihr himmlisch riechendes
Parfum einzuatmen, oder das Shampoo, das
sie für ihr Haar benutzte, oder was auch
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immer es war, dass mich so berauschte,
wenn ich ihr nah war. Ich könnte ihrer
Stimme zuhören, wenn sich mir auf eine ges-
tellte Frage antwortete. Ich könnte sogar
meine Hand austrecken und sie in einer
Weise berühren, die total akzeptabel wäre
für Kollegen.
Ich könnte all das tun.
Wenn ich das wollen würde.
Mein Arsch blieb allerdings fest mit dem
Stuhl verwurzelt und ich studierte
stattdessen die Nacktbilder von ihr.
Und dachte daran, meinen Schwanz aus
meiner Hose zu befreien und die Bilder zu
benutzen um mir einen runterzuholen.
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Mit besonderem Augenmerk auf die
Wünsche der Kunden gerichtet, kam
der Florist zweimal die Woche um
Blumen zu liefern. Ich schaute voller
Faszination zu den Kreationen hinüber,
welche mir sehr nach Kirschblüten in einer
himmelblauen Vase aussahen. Die langen
Zweige mit blass pinken Blüten schafften es
mich abzulenken. War es möglich, dass Neil
speziell nach diesen verlangt hat? Sie waren
so ein spezifisches Arrangement…Mein
Spinnensinn schlug Alarm, allerdings konnte
ich nicht genau sagen, was hier los war.
Was allerdings in den letzten Tagen
deutlich wurde war, dass er versuchte mir
auszuweichen. Ich akzeptierte den Grund
dafür, aber es war trotzdem kein Spaß für
mich an diesem Schreibtisch zu sitzen und
ihn zu beobachten, wenn er vorbei lief ohne
mich wenigstens zu grüßen. Es machte mich
traurig, aber ich wusste auch nicht, was ich
dagegen hätte tun sollen. Und ich wusste
auch nicht, wie ich es uns beiden erleichtern
könnte. Ich verbrachte viel Zeit damit, mir
darüber Gedanken zu machen, was wohl in
seinem Kopf vorging.
Ich sah an seinem Finger keinen Eher-
ing, aber das musste noch lange nichts
bedeuten. Viele Männer trugen keinen. Auch
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wurde ich noch nicht ein einziges Mal in sein
Büro bestellt, also konnte ich nicht sagen, ob
es Bilder von seiner Familie, oder…Cora und
dem Baby –
„Also, wie hast du dich bisher eingelebt?
Elaina ist der Name, richtig?“
Meine traurigen Gedanken wurden
durch meinen Boss unterbrochen, der mit
einer Tasse Kaffee an dem Empfangstresen
lehnte. Er blickte mich mit seinem attrakt-
iven und schon fast gemeißelt wirkendem
Gesicht direkt an und warf dabei noch eine
gute Portion von Charme in den Mix.
„Ja, Mr. Blackstone, ich genieße diesen
Job wirklich im hohen Maße.“
„Aber bitte, nenn mich doch Ethan. Wir
sind sehr familiär hier im Büro.“ Er
zwinkerte mir zu. „Wenn ich ehrlich bin,
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würde es mich nicht einmal stören, wenn du
mich E nennen würdest.“
Wenn ich es nicht besser wüsste, würde
ich denken, dass er mit mir flirtet. Meine
Güte, er war wirklich attraktiv. Sah aus wie
ein männliches Hochglanzmodel. Frauen
müssen doch regelmäßig zu seinen Füßen
fallen.
Ich lachte nervös auf. „Mein Bruder nen-
nt mich auch E, aber er ist der Einzige.“
„Richtig. Das wusste ich.“ Er stieß mit
der Handfläche gegen seine Stirn. „Morrison
ist dein Bruder. Immer ein guter Mann für
ein Bier…oder drei“, scherzte er.
„Jep, das klingt nach meinem Bruder,
immer willig jemandes Trinkpartner zu
sein.“
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„Es ist niemals eine gute Idee, allein zu
trinken“, sagte er leise.
Ich nickte und lächelte, nicht sicher, was
ich darauf erwidern sollte.
„Gut, also ich wollte dich nur persönlich
willkommen heißen und dir sagen, dass ich
nur Gutes über deine Arbeit hier gehört
habe. Mach so weiter, Elaina, und bitte, falls
du jemals etwas benötigen solltest, zögere
nicht danach zu fragen, alles klar?“
Er lächelte herzlich, hielt meinen Blick
allerdings für einen Augenblick zu lange um
diesen nur als ein freundliches Willkommen
zu interpretieren. Jep, es war eine Ein-
ladung. Alles, was ich würde machen
müssen, war es, ihm zu verstehen zu geben,
dass ich Interesse hätte und Mr. Blackstone
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würde mir wahrscheinlich auch schon einen
Ort und eine Zeit geben.
„Das mach ich…danke, Sir.“
Ethans Antwort darauf war ein: „Tss,
tss!“, während er seine Augenbraue nach
oben zog. „Ethan, nicht vergessen, okay?“
„Ethan.“ Ich lächelte und wartete darauf,
dass er ging.
Gott sei Dank, leuchtete genau in diesem
Moment meine Zentrale auf. „Blackstone Se-
curity International, wie kann ich Ihnen be-
hilflich sein?“ Die Leitung war tot, nur das
Freizeichen war zu hören. Ein zweiter Anruf
kam durch, ließ die Zentrale erneut au-
fleuchten und wieder nahm ich ab.
Ethan hob seine Tasse in einer Geste des
Abschiedes, als ich mit den eingehenden
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Anrufen beschäftigt war, unser Gespräch war
anscheinend offiziell vorbei.
Er gab den Sicherheitscode ein und ging
zurück zu den Büros. Aber als die Tür sich
öffnete, sah ich Neil dahinter stehen, sein
Handy am Ohr, während er einfach dort
stand mit einem versteinerten Gesichtsaus-
druck. Er hielt meinen Blick von der Tür aus,
bis diese sich zwischen uns schloss, welche
die Sicht auf einander nun unterbrach.
„Blackstone Security International, wie
kann ich Ihnen behilflich sein?“ Wieder das
Freizeichen. Ich runzelte meine Stirn und
sah auf die Zentrale. Irgendetwas Komisches
ging hier vor sich.
Ich dachte an meine kurze Unterhaltung
mit Ethan.
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Unser Boss war ein interessanter Mann.
Neben der Tatsache, dass er wahnsinnig gut
aussah, hatte er auch sehr gute Manieren.
Aber da war etwas an ihm, das an diesem
Bild, welches Ethan Blackstone in der Öf-
fentlichkeit versuchte darzustellen, nicht
ganz passte. Etwas an ihm schien alles an-
dere als manierlich oder gesellig. Ich fühlte
mich sicher, wenn er in der Nähe war, ja,
aber das war ein Mann der einigen Schaden
bei einer Frau anrichten könnte, wenn sie
denn dumm genug war ihn zu lassen. Mein
Bauchgefühl täuschte mich selten. Ich hatte
nicht vor diese Frau zu werden, also war ich
auch nicht besorgt, aber ein Mädchen würde
es sein – irgendwann.
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Ich marschierte in sein Büro und hielt erst
an, als ich nur wenige Zentimeter von
seinem Gesicht entfernt war.
„Denk nicht einmal dran.“
Ethan wich ein wenig zurück und zog
eine Augenbraue nach oben. „An was soll ich
nicht denken?“
„Ich bin nicht blind, alles klar“, ich
schnaubte verächtlich. „Ich hab dich gerade
über den Monitor beobachtet, du hast mit ihr
geflirtet, deinen Schwanz vor ihr
herumgewedelt.“
Er kniff seine Augen zusammen. „Bei al-
lem, was mir heilig ist, was erzählst du da für
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einen Scheiß, Kumpel? Hast du dir deinen
Kopf angestoßen, oder was?“ Er öffnete die
Schublade, in der er seine Kippen
aufbewahrte.
Ich lehnte mich über ihn, Hände auf
dem Schreibtisch. „Das wird nicht passieren.
Nicht mit ihr“, flüsterte ich, nur Millimeter
von seinem Gesicht entfernt, mein Nacken
angespannt.
„Meinst du etwa die neue Rezeptionistin,
Elaina?“ Er glotze mich nun an.
„Blitzmerker. Sie ist für dich tabu und
das kannst du auch deinen wandernden Sch-
wanz und Eiern sagen.“
„Komm runter, Kumpel. Ich war doch
nur höflich.“ Er zündete sich eine seiner
Djarum Blacks, die er so mochte, an.
Woraufhin der würzige Geruch von Nelke die
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Luft zwischen uns erfüllte. „Wollte nur sicher
gehen, dass sie sich hier wohlfühlt. Ich hatte
bisher noch keine Gelegenheit das zu tun.“
Er atmete aus und blies den Zigaretten-
rauch genau in mein Gesicht. Wahrschein-
lich, weil ich noch nicht einen Millimeter von
ihm abgerückt war, aber es störte mich nicht
im Geringsten. „Vergiss es, E. Ich warne
dich.“ Ich lehnte mich zurück, neigte meinen
Kopf und verschränkte die Arme über
meinem Brustkorb, um mich daran zu
hindern, etwas zu tun, das ich später bereuen
würde. „Lass die Finger von Elaina. Sie wird
nicht eine von deinen Nur-für-eine-Nacht-
Allerhöchstens-Zwei-Nächte-Fick Bekan-
ntschaften. Wenn du es so nötig hast, dann
such dir jemand anderes.“
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Ethan schätzte mich ab, seine blauen
Augen kühl, als er ein weiteres Mal an seiner
Zigarette zog. „Du kennst sie. Ich schätze das
war zu erwarten, wenn Morrison ihr Bruder
ist. Hab ich Recht?“
Ich schaffte es zu nicken.
„Willst du darüber reden?“, fragte er
vorsichtig.
„Nein, das will ich ganz sicher nicht.“ Ich
schüttelte den Kopf.
„Richtig, na gut, kein Problem. Ich wollte
sie nur willkommen heißen und höflich sein.
Du weißt doch, dass ich nicht mit Angestell-
ten ins Bett steige. Das würde ich niemals
einer Untergeordneten antun.“
„Jedenfalls nicht während der Arbeit-
szeit“, murmelte ich. Ich wusste, er hatte
schon ein oder zwei Angestellte flachgelegt,
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aber um fair zu bleiben, er beschränkte
dieses Verhalten nur auf Mitarbeiter von an-
deren Stockwerken, und damit auf Frauen,
die weit genug von unseren Büros weg
waren.
Ethan grinste und lehnte sich in seinem
Stuhl zurück, die Zigarette zwischen seinen
Lippen. „Alles in Ordnung, Neil?“
„Nein“, sagte ich und ließ mich in den
Stuhl gegenüber vom Schreibtisch fallen.
Wir saßen dort für eine Weile in abso-
luter Stille, er rauchte, während ich den
Rauch einatmete, und dabei an Afghanistan
erinnert war. Der Geruch brachte mich
zurück zu einer anderen Zeit, einen anderen
Ort. Ein Ort, an dem ich mit Ethan war, vor
einer langen Zeit, als die Dinge noch anders
waren. Aber er war schnell und ich
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vermutete, dass er das Rätsel bald gelöst
haben würde.
„Elaina ist das Mädchen, hab ich Recht?
Von damals, die eine, die du…verloren hast,
kurz bevor wir zu der letzten Tour
aufgebrochen sind.“ Er zündete sich eine
weitere Djarum an.
„Ja, sie war die Eine.“
Ich zog meine Jacke an und sah aus dem
Fenster, vom vierundvierzigsten Stock aus.
Scheiße.
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Es war spät und bereits völlig dunkel
draußen. Es war auf jeden Fall jetzt Herbst,
das war klar. Es wurde kälter und der Regen
wollte einfach nicht aufhören.
Der Weg nach Hause in der U-Bahn
störte mich nicht, der Weg zu Fuß von der
Station aus war allerdings ein ganz anderes
Thema. Vielleicht könnte ich meine Mutter
anrufen und fragen, ob sie mich mit dem
Auto abholen könnte.
Aber ich wollte nicht fragen. Ich konnte
es nicht riskieren und ich wusste genau war-
um. Mama war wahrscheinlich schon dabei
ihren dritten Gin und Tonic zu trinken.
Ich überlegte, ob ich meinen Bruder an-
rufen sollte, um darauf zu hoffen, dass er
nicht bereits irgendwo die Happy Hour am
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Freitag auslebte, als Neil durch das Foyer
lief.
Er schaute ernst und hatte seine Jacke
über seine Schulter geworfen. Mit seinem
Aktenkoffer erschien es, als würde auch er
jetzt nach Hause wollen, genau wie ich.
„Ich bring dich heim“, sagte er und lief
zum Fahrstuhl.
Ich starrte ihn überrascht an. Es war das
erste Mal, das er seit unserem ersten Zusam-
mentreffen mit mir sprach und ich wurde
misstrauisch.
Er stieg in den Fahrstuhl. Ich blieb wie
angewurzelt in der Halle stehen.
Einen Moment später steckte er seinen
Kopf heraus, während seine Hand die Türen
davon abhielt sich zu schließen. „Und,
kommst du?“
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„Was? Ähm…Nein. Ich nehme die U-
Bahn, so wie ich das immer tue.“
Er schüttelte langsam seinen Kopf. „Du
wirst nicht in diesem Regen und in der
Dunkelheit nach Hause laufen, Elaina.“
„Ich werde Mama von der Station aus
anrufen, damit sie mich abholen kann.“
„Nein, das wirst du nicht und wir wissen
beide warum. Komm jetzt.“
Ich bewegte mich nicht, nicht sicher, wie
ich reagieren sollte. Ich wollte intuitiv
seinem direkten Befehl folgen, aber hatte zu
viel Angst ihm wieder so nahe zu sein. Im In-
neren des Fahrstuhls war nicht viel Platz.
Und Neil war ein großer Mann. Und, er
würde mit mir da drin sein. Ich würde ihn in
diesem Moment als wirklich einschüchternd
beschreiben.
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„Der Fahrstuhl, Elaina?“ Er neigte un-
geduldig seinen Kopf zur Seite. Es erklang
ein Klingeln von dem Fahrstuhl und ich sah
das erleuchtete G in rot auf dem Bedienfeld,
darauf hinweisend, dass er auf dem Weg zur
Garage war.
„Nein, danke.“ Ich schüttelte meinen
Kopf. „Ich nehme die U-Bahn um nach
Hause zu kommen.“ Ich sah zu, wie die
Türen Neil in dem Fahrstuhl einschlossen,
von wo er mich mit verwirrter Miene, einer
Miene bestehend aus attraktiven Gesichtszü-
gen, mit denen er bereits auf die Welt
gekommen war, ansah.
Erleichterung durchzog meinen Körper
und ich schloss für einen winzigen Moment
meine Augen.
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Mit einer ruhigen Hand drückte ich
erneut den Knopf, um einen weiteren Fahr-
stuhl zu rufen. Als er kam, versicherte ich
mich, dass ich den Knopf fürs Erdgeschoss
gewählt hatte, denn ich hatte das Gefühl,
dass Neil darauf bestehen würde mich heim
zu fahren, auch wenn ich strikt dagegen war.
Er kannte mich zu gut. Er kannte die
Station und wie weit ich von dort aus laufen
müsste um nach Hause zu kommen. Er kan-
nte die Trinkgewohnheiten meiner Mutter
und dass sie heute nicht mehr in der Lage
wäre zu fahren. Er wusste auch, dass Ian an
einem Freitagabend beschäftigt war. Neil
wusste einfach alles.
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Elaina war der lebende Beweis dafür, dass
man das Bedürfnis haben konnte, eine Per-
son gleichzeitig beschützen und erwürgen
zu wollen. Erwürgen im übertragenen
Sinne, natürlich, neben ein paar anderen
Dingen, die ich gerne mit ihr machen
würde.
Gott im Himmel, ich war drauf und
dran meinen Verstand erneut zu verlieren,
wenn sie nicht in den nächsten Minuten
auftauchen würde.
Sobald sie mich am Fahrstuhl abgew-
iesen hatte, war es eine Aufholjagd gewesen,
um vor dem Zug an der Station
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anzukommen. Sicher keine leichte Aufgabe
in einem Feierabendverkehr in London und
zudem an einem Freitag. Noch dazu dieser
Regen, und es war ein verdammter
Alptraum. Das Erwürgen schien noch im-
mer eine gute Option. Das, oder ein Kuss bis
sie nicht mehr würde atmen können.
Ich hatte allerdings einen Trumpf in
meinem Ärmel. Ich hatte ihre Mutter an-
gerufen und gepetzt; gleich bevor ich ihr
versichert hatte, dass ich Elaina finden und
sicher heimbringen würde. Mutter Morrison
liebte mich noch immer, auch wenn es ihre
Tochter nicht mehr tat.
Oh ja, es würde Elaina ankotzen, aber
das war mir egal. Willkommen im Verdam-
mte Scheiße Club! Ich hatte die letzte Woche
wegen dieser beschissenen Situation in
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einem andauernden Zustand des
Wahnsinns verbracht. Sie würde also ein-
fach damit klar kommen müssen. Und mit
mir.
Da war sie, durch den Regen schlürfend
mit dem Kopf nach unten. Ich würde diese
Beine überall wiedererkennen. Hundert
Jahre könnten vergehen und mein Hirn
würde sich trotzdem noch darin erinnern,
wie sie gebaut war.
Ich ließ meine Scheinwerfer aufleuchten
und kam neben dem Bürgersteig zum
Stehen.
Sie hob überrascht ihren Kopf und ihre
Augen weiteten sich.
Ich öffnete die Tür der Beifahrerseite.
„Steig ein.“
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Sie stand einfach nur da, ihr
klatschnasses Haar klebte ihr im Gesicht,
begleitet von einem herausfordernden Aus-
druck in ihren Augen.
„Hast du meine Mutter angerufen,
Neil?“
„Das habe ich und jetzt steig in das
Auto“, kläffte ich sie an, bereit aus dem Auto
zu springen und sie reinzuziehen, wenn es
denn sein musste.
„Das war sehr unvernünftig von dir“,
schrie sie, ihre Arme wild gestikulierend.
„Nicht annähernd so unvernünftig, wie
in einem sintflutartigen Regensturm nach
Hause laufen zu wollen, mitten in der ver-
dammten Nacht!“
Sie drehte sich um und lief erneut los.
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Ich sah Rot und alles, was danach kam,
war nur darauf zurückzuführen. Der Rover
war auf dem Bürgersteig, blockierte ihren
Weg und sie schaute mich an, als ob sie mir
mit Vergnügen meine Eier abhacken würde,
um sie dann ihrem Haustier, einem Allig-
ator in diesem Fall, zum Fraße vorwerfen
wollte. „Was ist denn bitte dein Problem,
Neil?“, kreischte sie auf.
„In diesem Moment, ist es deine Dick-
köpfigkeit“, warf ich ihr entgegen. Ich zeigte
auf den leeren Sitz. „Und jetzt, verfrachte
deinen ungehorsamen Arsch in den SCHEIß
VERDAMMTEN SITZ MEINES AUTOS!“
Sie tat es.
Der Innenraum des Rovers war ruhig,
abgesehen von dem Geräusch des Regens.
Der erdige Geruch von Wasser erfüllte die
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Luft und vermischte sich mich dem Duft
ihres Haares und ihrer nassen Jacke. Ich
denke, wir waren beide in einer Art
Schockzustand.
Ich bin mir sicher, dass ich niemals ir-
gendeine Person so angeschrien hatte. Diese
extremen Emotionen fingen an mich zu bee-
influssen. Ich war der Typ, der immer
gelassen war und einen ruhigen Kopf be-
hielt. Ich erkannte mich nicht wieder.
Ich sah zu Elaina hinüber, die Arme
über ihrer Brust verschränkt, ihr Haar
tropfte, Augen geradeaus und sie war sogar
in diesem tropfnassen Zustand so hin-
reißend, dass es einfach nur schmerzte, sie
so nah zu haben. Es tat weh, weil sie trotz
allem noch so weit entfernt von mir war und
ich wusste einfach nicht, wie es schaffen
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sollte, dass sie mich wieder zurück in ihr
Leben ließ.
Ihr Handy klingelte von dem inneren
ihrer Jackentasche heraus. Sie rollte ihre
Augen, als sie es herausnahm und ging ran.
„Ja, Mama. Neil ist bei mir und er wird
mich nach Hause bringen.“ Sie blieb still,
während sie zuhörte. „Ich werde es ihm
sagen. Okay. Bis gleich.“
Ich konnte mir nicht vorstellen, was sie
gerade dachte. Sie redete nicht, aber sie
kämpfte auch nicht gegen mich an, sie saß
einfach nur in dem Beifahrersitz meines
Rovers, ohne eine Reaktion.
Ich griff nach drüben um sie an-
zuschnallen und konnte sehen, dass sie
zitterte.
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„Dir ist kalt.“ Ich machte die Heizung an
und fuhr vom Bürgersteig herunter, be-
gradigte die Räder und parkte am Straßen-
rand. Die Scheibenwischer, die sich zwis-
chen uns hin und her bewegten, das einzige
Geräusch im Inneren des Autos.
„M – Mama w – will, dass du zum
Abendessen b – bleibst“, sagte sie ausdruck-
slos, während sie weiterhin einfach in die
dunkle Regennacht blickte.
Aber was ist mit dir, Elaina?
„Es tut mir leid, dass ich dich anges-
chrien habe“, sagte ich sanft.
Ich wünschte mir, sie würde mich anse-
hen, aber sie würde nicht…oder konnte
nicht nach unserer schrecklichen
Auseinandersetzung.
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Deshalb saß ich einfach nur da und beo-
bachtete sie, die Heizung im Auto arbeitete
auf Hochtouren, ließ die Luft mit jeder
Sekunde, die verging, wärmer werden.
„Schon gut“, sagte sie endlich und wis-
chte mit einer Hand über ihre Wange.
Weinte sie etwa?
„Elaina,…schau mich bitte an.“ Ich war-
tete, während die Zeit vor sich hinkroch.
Sie drehte ihren Kopf in meine Rich-
tung, ihr Kinn stolz nach oben, obwohl es
zitterte, als ob sie sich davor beschützen
wollte, zusammenzubrechen.
„Ich wusste nicht, dass du dort
arbeitest. Ich hätte den Job nicht angenom-
men, wenn ich es gewusst hätte. Sie haben
mich reingelegt und ich möchte einfach
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nicht, dass du denkst, ich hätte das alles mit
Absicht getan – “
Ich unterbrach ihr gefühlsbetontes
Gerede, in dem ich zwei meiner Finger auf
ihre Lippen legte. „Ich weiß. Ich weiß es
waren die Zwei, und nicht du. Mach dir
keine Gedanken deswegen.“
Sie erstarrte, als ich sie berührte, wirkte
so zerbrechlich, dass ich befürchten musste,
sie könnte jeden Augenblick die Fassung
verlieren.
Ich ließ von ihr ab, auch wenn ich das
nicht wollte. Ich wollte meine Hand in ihren
Nacken gleiten lassen und sie zu mir ziehen.
Ich wollte sie noch immer. Egal was zwis-
chen uns vorgefallen war, all der Verrat und
die Hilflosigkeit als sie mich verlassen hat –
meinem Herzen war all das egal.
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Elaina war hier. Mein Cherry Girl war
genau neben mir.
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Neil fuhr mich heim. Ich war wie
betäubt und es kam nicht von dem kal-
ten Regen. ‚Beherrscht‘ war ein gutes Wort
um unsere Situation im Moment zu bes-
chreiben, vor allem nach dieser Ausein-
andersetzung auf dem Bürgersteig. Ich hatte
noch nie miterleben müssen, wie Neil seine
Beherrschung verlor. Er war so wütend
gewesen. Um Himmels willen, er hatte sein
Auto auf den Bürgersteig gefahren.
Er bog in die Einfahrt meines Hauses
und ich fand den Mut ihn zu fragen.
„Kommst du mit rein? Mama möchte,
dass du bleibst.“
Er drehte sich zu mir und sah mich
direkt an, seine großen Hände hielten noch
immer das Lenkrad fest umklammert. „Was
ist mit dir, Elaina? Willst du, dass ich
bleibe?“
„Na ja, ist es – ist es denn überhaupt in
Ordnung, dass du hier bist?“
Er schien verwirrt bei meiner Frage.
„Was?“
Anscheinend plante er nicht, es mir ein-
fach zu machen. Ich schluckte und platzte
mit meiner nächsten Frage einfach heraus.
„Bist du verheiratet?“
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Seine Augen weiteten sich für einen kur-
zen Moment. „Bitte was?“
„Bitte zwinge mich nicht, das noch ein-
mal zu sagen.“
Er hielt kurz inne, bevor er antwortete,
als wenn er sich die Worte wirklich gut über-
legen musste. „Ich verbuche diese Frage mal
unter Sie ist nicht sie selbst im Moment. Du
bist bis zu deiner Haut durchgeweicht und
wir hatten einen Streit, der uns beide mit-
genommen hat – aber hast du mich gerade
tatsächlich gefragt, ob ich verheiratet bin?“
„Ja“, flüsterte ich.
Er grunzte verächtlich und schüttelte
seinen Kopf, drehte sich von mir ab und
schaute aus dem Fenster. „Nein. Ich bin
nicht verheiratet.“
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„Also seid ihr beiden, du und Cora, nicht
zusammen geblieben?“
Mit einem Mal fixierten mich seine Au-
gen erneut. „Ähm, nein“, sagte er langsam, er
schüttelte wieder seinen Kopf, seine Lippen
leicht geöffnet.
„Warum nicht, Neil?“
„Weil ich es nicht wollte, Elaina.“
Mein Magen zog sich vor der aufkei-
menden Angst, die drohte mich zu ver-
schlucken, zusammen und mir war plötzlich
wieder eisig kalt. „Aber das B-Baby…ich hab
Cora noch einmal gesehen, nachdem du fort
warst. Sie war schwanger gewesen und man
konnte es sehen. Ich hab es mit meinen ei-
genen Augen gesehen.“ Während Neil mich
weiterhin zornig anstarrte, kam mir ein
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Gedanke. Gott, bitte nicht. „Hat sie es
verloren?“
„Nein, sie hat es nicht verloren. Sie hat
einen Sohn bekommen.“
Neil wandte sich wieder von mir ab, als
ob er es nicht ertragen konnte mich anzuse-
hen. Er beantwortete meine Fragen,
während er aus dem Fenster sah und den
Regen beobachtete.
„Oh. Wie heißt er?“
„Keine Ahnung. Ich habe ihn nur einmal
gesehen und sie hat es mir nicht gesagt.“
„Du siehst – du siehst deinen Sohn
nicht?“ Dies war nicht der Mann, den ich
glaubte zu kennen. Seine Worte verwirrten
mich. Warum besuchte er seinen Sohn nicht
oder wusste nicht einmal seinen Namen?
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Er drehte sich erneut in meine Richtung
und antwortet mir, seine Augen waren dabei
von einer Traurigkeit erfüllt, die ich nur zu
deutlich sehen konnte, trotz des dämmerigen
Lichts im Auto. „Ich sehe ihn nicht, weil er
nicht von mir ist.“
Ich zitterte als ein Schauer durch meinen
Körper fuhr und erstarrte dann. Ich war für
einen Moment sprachlos, ich brachte kein
Wort heraus, hatte sogar Angst ihn anzuse-
hen. Zu verängstigt herauszufinden, was ich
noch in seinen Augen erkennen würde.
Ich sehe ihn nicht, weil er nicht von mir
ist.
„Aber – aber sie sagte – ich habe dich
mit dem Ultraschallbild gesehen und… Du
hast es nie abgestritten…“
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Ich sehe ihn nicht, weil er nicht von mir
ist.
„Ich habe dir damals einen Brief ges-
chrieben. Ich habe dir geschrieben, dass ich
verstehe, warum du mit Cora zusammen sein
musst…“
Neil reagierte zuerst einmal nicht. Er sah
mich einfach nur an, der Ausdruck auf
seinem Gesicht wurde immer dunkler, als
mir klar wurde, was hier eigentlich los war.
Ich verstand jetzt, warum er so wütend war.
Ich sehe ihn nicht, weil er nicht von mir
ist.
„Oh, Gott.“ Ich schlug meine Hand über
den Mund, versuchte die wachsende Panik,
die im Begriff war von mir Besitz zu nehmen,
zu dämmen.
Als ob das etwas bringen würde.
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Eine unwillkürliche Reaktion, das war
alles.
Er hat noch immer nichts gesagt. Neil
ließ mich reden und überreichte mir damit
genug Seil um mich zu erhängen.
„Wenn es nicht dein Baby war, warum –
warum hast du dann nichts gesagt? Du hast
mich gehen lassen und hast mir nichts
gesagt…Neil, bitte sag mir, dass war nicht
alles umsonst.“
Ich konnte fühlen, dass ich hysterisch
wurde. Die Wahrheit wurde mir mit so bru-
taler Kraft vor Augen gehalten, dass ich
kaum atmen konnte.
Ich sehe ihn nicht, weil er nicht von mir
ist.
Er kam mir sehr nah und ergriff meine
Schultern, zwang mich, mir selbst
419/683
einzugestehen, was für einen grauenhaften
Fehler ich begangen hatte, drückte fest zu
und schüttelte mich leicht bei jedem marker-
schütterndem Wort, das er sagte.
„Warum bist du einfach gegangen ohne
mir die Gelegenheit zu geben, es dir zu
erklären? Du hast mich dort einfach stehen
lassen, an dem Vorabend meiner letzten
Tour. Du hast mich gehen lassen. Hast du
mich nicht genug geliebt um dir wenigstens
anzuhören, was ich zu sagen gehabt hätte,
Elaina? War ich dir nicht einmal so viel
wert?“
Ich schloss meine Augen, als mein Herz
kollabierte. Mein tragischer und schwerwie-
gender Fehler wurde plötzlich deutlich und
ich hatte keine Möglichkeit dem zu entkom-
men. Was hatte ich nur getan? Ich war der
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Grund für so viel unnötigen Schmerz für
beide von uns, nur weil ich Angst hatte zu
zuhören und auch nur einen kleinen Teil von
ihm mit irgendwem anders zu teilen.
Leise Tränen gossen aus mir heraus, als
ich versuchte Worte zu finden. „Nein, nein,
neeeeeein“, schluchzte ich, „sie war
schwanger – wir waren alle sicher es wäre
dein Baby…sogar du…“ Ich verlor die
Fähigkeit zu sprechen. Was könnte ich ihm
auch schon sagen? Welche Worte könnte ich
anbieten?
Nicht viele. Eigentlich sogar keine.
Ich war damals nicht dort geblieben um
die Wahrheit herauszufinden, warum sollte
er irgendetwas – von dem was ich sagte –
glauben? Ich konnte noch nicht einmal be-
greifen, warum Neil in diesem Augenblick
421/683
neben mir saß, darum besorgt war, ob es mir
gut geht und dass er mich in dieser Nacht
sicher nach Hause gebracht hatte. Ich
verdiente es nicht von ihm. Er tat es wahr-
scheinlich wegen der Zuneigung, die er für
meine Familie empfand, denn schließlich
hatten sie ihn niemals losgelassen. Ich war
die Einzige, die das getan hat.
Ich sprach. Die Worte kamen aus mir
heraus und es gab nichts, was ich dagegen
hätte tun können. Wörter. Bittere Sägespäne
in meinem Mund – die mich nicht trösteten,
nur noch mehr Schmerz verursachten –
bezüglich der Erkenntnis, was dies alles
wirklich für ihn und mich bedeutete, und für
all die Jahre, die wir getrennt voneinander
verbracht hatten.
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„Du warst es wert, Neil. Du warst es. Ich
war es allerdings nicht. E – e – es tut mir so
leid…“
Er schloss seine Augen, hielt noch immer
meine Schultern fest, als ob er die Worte
meines Bedauerns nicht ertragen konnte.
Von tief in mir drin war es mir möglich,
eine Quelle von Adrenalin zu finden, die mir
dabei behilflich war, mich aus seinem festen
Griff zu befreien und zur Hölle nochmal aus
dem Auto zu springen. Ich rannte.
Wegrennen war etwas, indem ich wirk-
lich gut war.
Ich schaffte es, ins Haus zu stolpern, ig-
norierte die Kommentare meiner Mutter
darüber, warum ich denn alleine in einem
Sturm nach Hause laufen sollte und auch
ihre Frage nach Neil und ob er denn nicht
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mit uns zu Abendessen würde. Ich weiß al-
lerdings nicht, was ich dazu gesagt hatte.
Es gelang mir, die Sicherheit meines
Zimmers zu erreichen. Mein Zufluchtsort.
Der Ort, an dem ich in Ruhe meinen Tränen
freien Lauf lassen konnte. Ich werde morgen
versuchen herauszufinden, was ich nun tun
sollte.
Ich wollte einfach nur schlafen und be-
dauern, was ich ihm angetan hatte. Was ich
uns angetan hatte.
Sogar es zu akzeptieren schmerzte. Ich
hatte Angst vor meinen Träumen, sobald ich
eingeschlafen wäre.
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Ich musste es mit meinen eigenen Augen se-
hen. Da gab es einige Dinge, die eine Frau
nicht einfach so hinnehmen konnte und dies
war eines davon. Ich musste sie sehen und
sie fragen, warum sie es getan hatte. Sie wird
es mir vielleicht nicht erzählen, und mehr
Schmerz war sicher auf dem Weg zu mir für
den Versuch, aber ich musste fragen.
Ich stand an einer Straße, sah mir ein
Haus in Barnet an, genau die Adresse, die ich
aus meinem Bruder herausgequetscht hatte.
Das Haus, in dem Cora mit ihrem Ehemann
lebte.
Als ich dabei war die Straße zu überquer-
en, öffnete sich die Tür und heraus kam eine
Mutter mit zwei kleinen Kindern. Ein kleiner
Junge hielt ihre Hand und dann war doch
noch ein jüngeres Mädchen in Pink, in einem
425/683
Kinderwagen. Sie war es. Cora hatte sich
nicht wirklich verändert, sie war nicht mehr
so schlank wie damals, bevor sie zwei Kinder
geboren hatte, aber es war Cora.
Ich folgte ihnen zum Park.
Ich brauchte nicht lange um zu
erkennen, warum es so deutlich gewesen
war, dass Neil nicht der Vater ihres Sohnes
sein konnte. Beide Kinder hatten eine dunkle
Hautfarbe, welche nicht von Neil und seinen
angloamerikanischen Genen kommen kon-
nte. Irgendwann kam der Junge zu der Bank,
auf der ich saß und fing an mit einigen
Spielsachen in dem Sandkasten her-
umzubuddeln. Er war ein niedlicher kleiner
Junge, aber nicht Neils Sohn. Der Vater von
diesem kleinen Kerlchen musste auf jeden
Fall dunkelhäutig sein.
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„Ich dachte mir doch, dass du es wärst,
die hier sitzt.“ Cora hat mich entdeckt und
kam zu mir herüber. „Ich habe schon gehört,
dass du wieder in England bist.“
Ich sah sie an und sagte nur ein Wort.
„Warum?“
Sie setzte sich neben mich auf die Bank.
„Warum ich Neil gesagt habe, dass mein
kleiner Nigel von ihm wäre? Das ist eine
Geschichte, die dir nicht gefallen wird, das
kann ich dir versprechen.“
„Sag es mir trotzdem“, sagte ich benom-
men. Das war es. Die Wahrheit, für die ich
alles geopfert hatte, welche aber nur auf dem
Fundament einer Lüge aufgebaut war und
der Angst, dass ich mein Herz hätte verlieren
können.
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„Ich bin nicht stolz darauf, was ich ihm
angetan habe. Wenn man eigene Kinder hat,
kann das deinen Blickwinkel allerdings ver-
ändern. Ich habe seitdem viel gelernt. Um es
kurz zu machen, ich habe es gemacht um zu
überleben.“
„Um zu überleben, Cora? Was meinst du
damit?“
„Ich brauchte Geld; und Denny Tomp-
kins kam genau zum richtigen Moment
vorbei. Er hasste Neil dafür, dass er dich von
ihm gestohlen hatte. Ich erzählte Denny,
dass ich schwanger war, ohne gute Aussicht-
en und dass du und Neil mich mal Kreuz-
weise könntet. Er bot mir eine hübsche
Summe an, wenn ich mein Ultraschallbild
Neil zeigen und ihm sagen würde, dass es
sein Kind wäre. Ich habe meinen Teil
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erledigt und Denny hat sein Versprechen
gehalten.“
„Also habe ich Neil wegen einer Lüge
verlassen.“ Es war keine Frage. Nur wurde
mir gerade wirklich bewusst, was ich getan
hatte.
Cora saß noch immer neben mir. Keine
rauen Worte oder Schadenfreude, sie teilte
einfach nur die nackte, simple Wahrheit mit
mir.
„Für Denny hatte es sich allerdings nicht
gelohnt. Du wolltest ihn nicht zurück und ein
paar Monate später bist du nach Spanien.“
„Italien…ich bin nach Italien.“ Ich kon-
nte nicht einmal den Klang meiner eigenen
Stimme erkennen.
Cora erzählte weiter. „Wo auch immer
du hin bist, du warst fort, also bekam dich
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Denny nie zurück. Ich schuldete es allerdings
Neil, die Wahrheit zu sagen und ich tat es so
früh wie ich konnte. Er hat uns sogar einmal
im Supermarkt gesehen und uns beglück-
wünscht. Es ging gut aus. Nigel hat mich ge-
heiratet und wir bekamen Allison nicht ein-
mal zwei Jahre nach der Geburt von Nigel
Jr., also ja, es ging gut aus.“
„Nicht für mich“, sagte ich, starrte auf all
die spielenden Kinder und deren Eltern in
dem Park.
„Aber warum hast du ihn nie danach ge-
fragt? Neil hätte dir erzählt, was ich ihm
erzählt habe, das es nicht sein Kind war.“ Ich
fühlte, wie sie mich mit einem verwirrten
Ausdruck auf ihrem Gesicht anstarrte.
Eine wirklich einfache Frage. Warum
hatte ich ihn nie gefragt? Warum war ich
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nicht geblieben und hatte versucht, das
Problem mit ihm zusammen zu lösen? War-
um hatte ich Neil niemals die Chance
gegeben mir zu erzählen, was sich tatsächlich
zugetragen hatte?
„Ich weiß es nicht“, flüsterte ich.
Ich beobachtete alles. Ich folgte ihr in einem
gewissen Abstand und überblickte den Be-
such in dem Park mit Cora. Ich verfolgte sie
noch immer, neugierig, wohin sie jetzt auf
dem Weg war. Es machte mich wahrschein-
lich zu einem kranken Bastard, aber ich
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verfolgte Elaina und hatte nicht die Absicht,
damit aufzuhören.
Gott sei Dank hatte mich Ian angerufen,
um mir zu erzählen, was seine Schwester
wohl vorhatte. Sie wollte Coras Adresse und
das bedeutete, dass Elaina sie konfrontieren
würde.
Deren Unterhaltung zu beobachten
überraschte mich allerdings. Ich konnte bei
Konversationen von Lippen ablesen, auf-
grund des Hochleistungsfernglases, das ich
in meinem Job öfter brauchte. Was mich
überraschte war, dass der Austausch zwis-
chen den beiden ohne Konflikte stattfand.
Kein schreiender Zickenkrieg, den ich hätte
unterbrechen müssen. Kein an den Haaren
ziehen oder jemanden den Fehdehandschuh
zu den Füßen werfen. Nichts. Beide
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benahmen sich während der gesamten Situ-
ation sehr vorbildlich. Am Ende stellte Cora
ihr eine Frage über mich. Ich konnte deutlich
sehen, dass es eine Frage war, denn die
Worte Warum und Neil waren deutlich
durch das Lippenlesen zu erkennen.
Elaina antwortet ihr mit nur ein oder
zwei Worten. Und dann erhob sie sich von
der Bank und verließ den Park. Ich sah, wie
sie sich öfters über die Augen wischte. Ihr
Kopf war in dem aufkommenden
Herbstwind nach unten geneigt, ein langer,
blauer Schal wurde durch den Wind in alle
Richtungen von ihrem Körper fort geweht,
als sie lief.
Sie schien zu weinen und ich konnte
deutlich sehen, dass sie aufgelöst war, aber
ich ließ sie allein. Sie würde nicht gutheißen,
433/683
was ich tat und das würde ich auch nicht,
wenn die Situation umgekehrt wäre. Wir
waren beide auf unsere Privatsphäre
bedacht.
Ich folgte ihr zu der nächstgelegen U-
Bahn Station und sah, wie sie die Treppen
runterging. Es gab keine andere Möglichkeit
als ihr in dem Rover zu folgen und ich hätte
raten müssen, wohin sie als nächstes unter-
wegs war. Ich schrieb Ian deshalb eine SMS
und sagte ihm, er solle sie anrufen um es für
mich herauszufinden.
Ich musste für sie da sein. Ich werde für
sie da sein.
Es gab keinen anderen Ort, an dem ich
lieber wäre.
434/683
19
Ich hatte mir geschworen niemals
wieder einen Fuß in das The Race-
horse zu setzen. Niemals. Schlechte Dinge
waren dort geschehen. Die schlimmsten
Entscheidungen worden in diesem kleinen
Bereich, zwischen den alten Mauern, gefällt.
Ich hatte so viel verloren und so wenig erhal-
ten, von Begegnungen in dem kleinen
Hampstead Pub, verborgen in einer Ge-
meinschaft, in der ich aufgewachsen war.
Ich machte mich dem Barkeeper, Bert,
bemerkbar, damit er nachfüllen konnte,
während ich darauf wartete, dass er
auftauchte.
Es dauerte eine Weile, aber letztendlich
betrat er den Pub. Ich hörte sein Motorrad
zuerst und so wusste ich, dass er hier war.
Er stolzierte herein, ein selbstzu-
friedenes Grinsen auf seinen Lippen und es
verriet mir, dass er einen völlig falschen
Eindruck von dem hatte, warum ich ihn ein-
geladen hatte. Denny irrte sich gewaltig.
„Hey, Baby, ich muss schon sagen, deine
SMS hat meinen Tag wirklich getoppt.“ Er
küsste meine Wange und setzte sich neben
mich an die Bar.
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Ich nahm einen Schluck Wein und
schaute ihn von Kopf bis Fuß an. „Ist das so.
Wirklich.“
Er lehnte sich näher zu mir herüber, sein
langes Haar fiel auf eine verwegene Art über
seine Stirn, ein Aussehen, dass sein Image
als Bad Boy immer nur noch mehr angeheizt
hat, schätze ich. In all den Jahren, die seit
Denny vergangen waren, konnte ich mit
Sicherheit sagen, dass das gesamte Konzept,
das er verfolgte, mich definitiv nicht mehr
anturnte.
Ich lächelte ein wenig und versuchte
mich davon abzuhalten meine Hände aus-
zustrecken, sie um seinen Hals zu legen und
zuzudrücken, bis er würgte.
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Er sprach tief und nah. „Ich werde dich
mit zu mir nehmen und es dir zeigen, wenn
du willst.“
„Ah, eine Einladung…andere Mädchen
wären so glücklich darüber.“
„Das könntest du auch, Baby. Wie in al-
ten Zeiten.“
„Alte Zeiten, Denny?“
„Oh ja, bevor du weggelaufen bist,
Baby.“ Er wackelte mit seinem Finger vor
meinem Gesicht herum. „Du hättest niemals
weglaufen sollen. Ich fühlte mich so ver-
loren, als du fort warst, nur um ganz Europa
zu erobern – “
Als Denny rumlaberte und seine verdre-
hte Logik durch seine hübschen Lippen vor
mir ausbreitete, fühlte ich, wie ich mich end-
lich auf das konzentrieren konnte, was
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wichtig war. All meine Energie und mein
Fokus kamen zusammen zu einem mächti-
gen Wutanfall, der drauf und dran war einen
Weg nach draußen zu finden. Ihn länger in
mir zu behalten, hätte mich wahrscheinlich
umgebracht. Ich schaffte es, meine Wut zun-
ächst zu kontrollieren, auf meinen Moment
zu warten, aber sobald er die Worte, Du hät-
test niemals weglaufen sollen, laut auss-
prach, verlor ich wirklich meine
Selbstbeherrschung.
Denny hatte Recht, weißt du. Ich hätte
niemals weglaufen sollen.
Ich rannte von Neil weg, als ich hätte
bleiben sollen.
Eine außerkörperliche Erfahrung ist ein
merkwürdiges Gefühl. Man fühlt sich von
seinem Körper losgelöst und die Geräusche
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im Raum waren irgendwie gedämpft. Du
schwebst über dem Boden und du kannst
alles auf einmal so deutlich erkennen. Genau
das passierte mit mir in dieser Bar. Ich
wusste, es würde passieren und hieß den ver-
änderten Zustand meiner Realität mit offen-
en Armen willkommen.
Ich beobachtete mich seelenruhig von
oben, als ich mich in etwas nahezu animal-
isches verwandelte, einen Dämon, der mir
ähnelte, und auf Denny Tompkins einschlug.
Jeder Teil seines Körpers, den ich erreichen
konnte, war befriedigend. Ich schlug und
haute und kratzte. Ich versuchte sein Haar
aus seiner Kopfhaut herauszureißen. Ich
warf mein Weinglas nach ihm, meine
Handtasche und alles, was ich noch zu fassen
bekam um es ihm an den Kopf zu werfen.
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Ich hörte, dass eine Frau unnatürliche
Schreie ausstieß. Sie klang nicht einmal
menschlich, denn die schrecklichen Sch-
merzen und Qualen, die sie fühlen musste,
waren deutlich erkennbar für jeden, der die
Schreie vernahm.
Irgendwann realisierte ich, dass diese
Frau ich war.
Denny konnte einen guten Gegenschlag
treffen, sobald er sich von dem Schock mein-
er Attacke erholt hat. Er schob mich von sich
und ich landete mit meinem Hinterteil auf
dem Boden, rutschte über den Boden, nahm
dabei, wegen der Kraft die er in den Stoß
legte, einen Stuhl und einen Hocker mit.
„Geh runter von mir, du verrückte Sch-
lampe!“, brüllte er, Kratzer tauchten auf
seinem Gesicht auf, wo ich ihn erwischt
441/683
hatte, Blut rann aus seinem Mundwinkel.
„Was zum Teufel ist denn mit dir falsch
gelaufen, du verfickte Hure?!“
„Du weißt genau, wofür das war! Du hast
es verdient, für das, was du Neil angetan und
Cora bezahlt hast. Du hast sie bezahlt, damit
sie uns wegen dem Baby anlügt. Ich hoffe, du
wirst in der Hölle verrotten, du dreckiges,
verwahrlostes, Arschloch!“
Er holte mit seiner Faust aus um mich zu
schlagen, aber er bekam nicht die Chance
dazu. Neil traf ihn am Kinn und Denny
Tompkins ging zu Boden. Mit einem Schlag.
Bewusstlos, auf dem schrammigen Boden
des The Racehorse.
Neil hob mich hoch und trug mich nach
draußen. Er schnallte mich in seinem Rover
an und fuhr uns davon. Ich weinte neben
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ihm in dem Sitz und absolute Verzweiflung
machte sich in mir breit.
Mit jeder Träne, die fiel, wurde das
Gewicht meiner Qual greifbarer.
Neil fragte mich nach nichts. Er sagte
auch nichts, abgesehen von der Frage, ob ich
verletzt war. „Tut dir irgendetwas weh?“
Nur mein Herz. „Nein. Mir geht’s gut.
Die Ruhe nach dem Sturm.“
Danach sagte ich kein weiteres Wort zu
Neil, nicht einmal ein Dankeschön dafür,
dass er Denny umgehauen hatte, bevor er
mich hätte schlagen können.
Er ließ mich in Ruhe und fuhr uns zu
dem Haus meiner Mutter.
Als er um das Auto herum lief, um meine
Tür zu öffnen und mir herauszuhelfen, war
ich dankbar, denn ich war auf einmal so
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erschöpft, dass ich nicht sicher sein konnte,
ob meine beiden Beine mich tragen würden.
Ich hätte mir darüber allerdings auch
keine Gedanken machen müssen.
Neil trug mich ins Haus.
Ich musste meine Augen schließen. Es
tat so weh ihm so nah zu sein, seine Muskeln
zu spüren, seinen Duft wahrzunehmen, ihn
anzusehen und zu wissen, dass ich all das
aufgegeben hatte. Ich hatte all das wegge-
worfen wegen einer Lüge.
Er legte mich auf mein Bett, nachdem er
mir meine Jacke und meinen Schal abgen-
ommen hatte. Er zog mir die Schuhe aus und
bedeckte mich mit meiner Tagesdecke. Ich
erlaubte Neil sich um mich zu kümmern,
weil ich im Moment körperlich nicht mehr
dazu in der Lage war.
444/683
Ich drehte mich auf meine Seite und ver-
steckte mich unter der warmen Decke. Und
dann…schlief ich.
Das Geräusch von Gelächter ließ mich ins
Land der Lebenden zurückkehren. Ich hörte
wie Neil sich mit meiner Mutter unterhielt.
Die geschmeidige, tiefe Stimme würde ich
überall wiedererkennen. Eine Erinnerung,
die tief in diesem Haus vergraben war, aus
einer Zeit, die wir hier noch zusammen
miteinander verbracht hatten. Er war so
viele Male hier gewesen und half dabei das
Abendessen vorzubereiten, dass die Tat-
sache, dass ich ihn jetzt hörte, Nostalgiege-
fühle in mir aufkommen ließ und ein Gefühl
445/683
von…Geborgenheit. Ein Grund, warum mich
diese Erinnerungen immer überallhin beg-
leitet hatten.
Er war also nach meinem Nervenzusam-
menbruch mit Denny geblieben? Ich konnte
mir nicht vorstellen warum. Vielleicht hatte
Mama ihn gedrängt zu bleiben und etwas zu
essen, da er den Abend davor nicht geblieben
war.
Denke nicht an diese Nacht.
Ich sah nach wie spät es war.
Ich hatte vier Stunden geschlafen.
Ich fragte mich, was zur Hölle die Beiden
in dieser Zeit gemacht hatten. Na ja, nein,
streich das. Ich wusste es bereits. Die Zwei
hatten sich schon immer gut verstanden.
Meine Mutter und Neil hatten noch nie ein
446/683
Problem damit Zeit miteinander
totzuschlagen.
Ich zwang mich aus dem Bett und ins
Badezimmer. Verdammte Scheiße, ich sah
aus wie eine Vogelscheuche. Wie bei eine,
Mischung aus einem Buschbaby und Lily
Munster, waren meine Augen weit geöffnet
und meine Haut sehr blass.
Das auszubessern würde eine Weile
dauern.
Als erstes putzte ich meine Zähne, dann
wusch ich mein Gesicht und kämmte dann
das Rattennest aus meinen Haaren. Ich
entschied mich für eine Yogahose und einen
langen pinken Pullover mit einem blauen
Kontrast am Ausschnitt, Saum und den
Ärmeln. Er war wirklich kuschelig, ich kon-
nte mich irgendwie in ihm verstecken und
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genau das hatte ich in diesem Moment auch
vor. Ich richtete meine Haare zu einem un-
ordentlichen Dutt auf meinem Kopf her und
schlüpfte in meine babyblauen Ugg’s.
Eigentlich würde ich mir nichts mehr
wünschen, als mich die ganze nächste Woche
in meinem Zimmer zu verstecken, aber ich
kannte meine Mutter und sie würde ein de-
rartiges Verhalten niemals erlauben. Nicht,
wenn wir einen Gast im Haus hatten. Es war
schon erstaunlich genug, dass sie mich bish-
er noch nicht aus dem Zimmer nach unten
gezerrt hat.
„Elaina?“ Sie klopfte an meine Tür und
rief meinen Namen.
Wenn man vom Teufel spricht…
„Ich bin auf dem Weg, Mama“, antwor-
tete ich.
448/683
Einen Spritzer des Light Blue von DG
Parfums und dann atmete ich tief ein.
Auf geht’s, meine Hinrichtung erwartete
mich bereits. Oder noch besser, die Mumie
und McManus Feinschmecker Show.
Ich folgte dem Klang des Geschnatters
und trat in die Küche. Was für eine Überras-
chung, sie sind in der Küche. Mein innerer
Sarkasmus sollte sich wohl besser ein wenig
zurückziehen, stellte ich fest. Dies war defin-
itiv weder die Zeit noch der Ort den heute
spazieren zu führen.
Ich beobachtete die Beiden für eine
Weile von der Türschwelle aus, wie sie
zusammen kochten. Ich musste zugeben, als
ich bei der Unterhaltung zuhörte, dass sie
schon irgendwie süß waren. Neil nannte sie
schon seit vielen Jahren Mom und war
449/683
genauso ein Sohn für sie wie es Ian war. Das
wurde sehr deutlich für mich, als ich die
Beiden belauschte und beobachtete. Beide
trugen sogar ähnlich aussehende Schürzen,
Mama mit ihrem Longdrinkglas in der Hand,
gefüllt mit Gin und Tonic, und Neil mit
seinem Guinness.
Ich ging in Richtung der Kaffeekanne
und dem Schrank mit den Tassen.
„Wie hast du geschlafen?“, hörte ich ihn
fragen, mit dem Rücken zu ihm, als ich den
Süßstoff in den Kaffee warf.
„Gut, hatte ich wohl mal gebraucht“,
sagte ich, während ich mich versuchte hinter
der Tasse zu verstecken, als ich einen
Schluck des süßen und brühend heißen Kaf-
fees nahm.
450/683
Mama kam zu mir und legte ihre Hand
auf meine Stirn. „Schatz, ich hoffe du hast
dich nicht mit einer schrecklichen Grippe
angesteckt. Es hat wahrscheinlich nicht ge-
holfen, dass du letzte Nacht durch den
eiskalten Regen gelaufen bist.“
Ich ignorierte ihre Erinnerung an die
traumatischen Ereignisse von letzter Nacht.
Ich konnte es nicht ertragen. Die Enthül-
lungen dieser Nacht brachten mich sprich-
wörtlich an den Rand eines Kliffs und ich
war bereit zu springen. Nachdem was Cora
mir offenbart hat, als wir im Park ge-
sprochen hatten, konnte ich mich kaum noch
zusammenhalten.
„Ich sehe schlimmer aus als ich mich
fühle, Mama“, log ich und küsste sie auf die
Wange.
451/683
Ich setzte mein bestes Lächeln auf,
strahlte in Neils Richtung und versuchte ihm
glauben zu machen, dass ich gute Laune
hätte.
„Was habt ihr zwei denn fürs
Abendessen zusammengebraut? Hat sich ja
fast wie eine Party angehört hier unten.“ Ich
verzog mein Gesicht. „Eigentlich habt ihr
mich sogar damit aufgeweckt.“
Neil lehnte sich gegen die Arbeitsfläche
in der Küche und studierte mich. Er wirkte
total gelassen in seiner Jeans und einem
langärmligen, schwarzen T-Shirt mit den
Ärmeln nach oben gekrempelt. Ein wirklich
attraktiver Mann. Er war in seinen großen
Körper hineingewachsen – sogar noch
gutaussehender, jetzt wo er älter war, als
damals. Sein Haar war jetzt heller als an was
452/683
ich mich erinnerte, als ob er die Spitzen
blondiert hätte. Auch hatte er ein neues Tat-
too auf seinem Unterarm. Die Unterschrift
von Jimi Hendrix. Es war so typisch Neil sich
das tätowieren zu lassen.
Es war nicht einfach ihn so zu sehen und
sich nicht daran zu erinnern, wie sein Körper
ohne Klamotten aussah. Und wie er sich mit
diesem Körper über mir und in mir anfühlte.
Okay, das tat weh. Ich gab mir selbst ein-
en mitfühlenden, aber harten mentalen
Klaps auf meine Hand. Nicht mehr an die
Vergangenheit denken oder an das, wovon
ich weggelaufen war. Ich konnte nicht in
Gedanken schwelgen oder ich würde
wahnsinnig werden und Mama und Ian
müssten mich dann im Bethlem
453/683
Krankenhaus besuchen, wo ich dann eine
modische Zwangsjacke tragen dürfte.
„Gut, denn wenn du nicht irgendwann
mal aufgewacht wärst, hättest du sehr wahr-
scheinlich heute Abend Probleme beim
Einschlafen gehabt“, sagte er und nahm ein-
en erneuten Schluck von seinem Guinness.
„Richtig“, sagte ich abweisend. „Also was
wird es zum Essen geben?“ Ich schaute in die
Richtung des Ofens. „Was auch immer es ist,
es riecht köstlich.“ Ich atmete ein.
„Das ist Moms perfekter Rinderbraten
mit Kartoffeln“, sagte Neil.
„Aber nur, weil Neil einkaufen war und
das beste Stück Rind geholt hat, während du
geschlafen hast, Elaina. Er hat an alles
gedacht, sogar an ein leckeres Dessert, das er
454/683
später noch für uns zubereiten wird“, schnat-
terte Mama gut gelaunt.
„Ahh, nett. Was willst du machen?“,
fragte ich.
„Fool.“
„Das klingt…ähm…interessant? – Denke
ich.“
Er lachte. „Ein Fool besteht einfach nur
aus gekochten Früchten mit frisch geschla-
gener Sahne vermischt. Einfach, oder? Wenn
ich es kann, kann es jeder.“
„Und sag Elaina, was für Früchte du
nehmen möchtest, mein Lieber“, forderte ihn
Mama mit kaum unterdrücktem Entzücken
auf.
„Oh, ja, ich habe darüber nachgedacht
und mich für…Kirschen entschieden.“ Er
warf mir ein breites Grinsen zu und presste
455/683
dann seine Lippen zusammen, um nicht laut
loszulachen.
Ich rollte meine Augen. „Wie lustig, ihr
Zwei zusammen seid wirklich zum Weg-
schießen. Ich hätte meine Portion Fool gerne
mit extra Früchten, bitte.“
Ich wusste genau, dass ich diese Show
nicht mehr lange aufrecht erhalten könnte,
bevor ich ausrastete. Es war alles immer nur
so lange lustig, bis jemand weinte. Ich kon-
nte nur solange mithalten, bis ich aus dem
Gleichschritt kam. Je mehr Aufmerksamkeit
er mir gab – die süßen und sanften Stichelei-
en, die netten Bemerkungen, sein Lächeln,
das Zwinkern – desto schlechter fühlte ich
mich. Es zeigte mir nur umso deutlicher, was
ich hinter mir gelassen hatte. Etwas, das
niemals wieder mir gehören würde.
456/683
Es war schön, dass wir zivilisiert mitein-
ander umgehen konnten. Diese übermäßige
Unbehaglichkeit hatten wir anscheinend
hinter uns gelassen, aber wie konnte ich von
hier aus mit Neil weitermachen? Erst ein
Liebespaar, jetzt Freunde? Und für wie lange
könnte ich das verdammt nochmal ertragen?
Bei BSI zu arbeiten würde mich umbringen.
Ich sollte wahrscheinlich anfangen, nach
einem neuen Job zu suchen.
Diese totale Leere in mir, der Mangel an
Motivation auch nur irgendetwas zu finden,
das an der Situation zwischen Neil und mir
gut war, war aussichtslos.
Später an dem Abend, nachdem das
Abendessen beendet, alles abgeräumt war
und wir den wirklich leckeren Kirsch-Fool
457/683
vor uns stehen hatten, war ich auf jeden Fall
kurz davor in Tränen auszubrechen.
„Neil Schatz, erzähl Elaina alles über
diese wundervolle Erbschaft.“
„Schon in Ordnung, ich bin mir sicher,
dass sie davon nichts hören möchte, Mom“,
sagte er, während er sich auf das cremige
Dessert konzentrierte um das Thema zu
umgehen.
Das machte mich neugierig. Wieder war
ich die letzte Person auf Erden, die Dinge
über Neil und Details über sein Leben er-
fuhr. Allerdings war mir klar, wer die Schuld
daran hatte. Ich atmete tief ein und sagte
meinem aufgeregten Herzen, dass es sich
beruhigen sollte und sich an dieses Gefühl
gewöhnen müsste.
„Doch, das will ich“, platzte ich heraus.
458/683
„Doch, das will sie“, sagte meine Mutter
zur selben Zeit.
Neils Augen wirkten jetzt sanft als er
mich ansah und ich wusste, was los war.
Du willst es mir behutsam beibringen,
weil du weißt, wie sehr ich mit all dem hier
zu kämpfen habe.
Er kannte mich einfach.
„Du hast eine Erbschaft bekommen?
Aber von wem?“
„Einem Großonkel, den ich noch nie zu-
vor getroffen hatte. Er war der Bruder mein-
er Großmutter. Keine lebenden Kinder und
ich war sein nächster Blutsverwandter.“ Er
zuckte die Achseln. „Niemand war überras-
chter als ich.“
„Wann ist das passiert?“ Dumme Frage.
Du kennst doch die Antwort.
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„Als ich noch im Einsatz war.“ Er
rutschte in seinem Stuhl hin und her. „Die
Anwälte mussten warten bis ich heimkam.
Es dauerte Monate bis ich fahren konnte um
mir den Ort anzusehen.“
Wäre ich geblieben, dann hätte ich ihm
helfen können, während er fort war.
„Ja, und Neil hat ein wunderschönes
Haus auf einem Grundstück in Schottland,
Elaina. Viel Platz zum Jagen und ein See,
von dem aus man angeln kann. Ian war mit
ihm dort gewesen, an Wochenenden, um zu
jagen. Das Land sieht auf Fotos wirklich
überwältigend aus…oh, und erzähl ihr von
den Kirschbäumen, Schatz.“
Man konnte sehen, dass es ihm unan-
genehm war als Mama von dem schottischen
460/683
Herrenhaus, über das jeder Bescheid zu wis-
sen schien, außer mir, schwärmte.
Ich legte meinen Löffel zur Seite und
konzentrierte mich auf ihn, gab ihm meine
volle Aufmerksamkeit und ein Lächeln. Ir-
gendwie wusste ich genau, dass was er zu
erzählen hatte, schmerzhaft werden würde.
Vorahnungen passierten und diese würde
wehtun.
„Es gibt Kirschbäume auf dem
Grundstück“, begann er. „Eine
außergewöhnliche Züchtung, die zweimal im
Jahr blüht. Natürlich zu Beginn des Früh-
lings, aber auch im Herbst, nachdem all die
Blätter ihre Farbe gewechselt und die Bäume
ihre Blätter verloren haben…genau dann
blühen die Bäume ein zweites Mal. Sie wird
Herbst -Kirsche genannt.“
461/683
Das ist einfach nicht gerecht.
Als er fertig war mit sprechen, blinzelte
ich, damit meine Augen sich nicht mit Trän-
en füllten. Ich dachte, es würde mir auch
sehr gut gelingen, wenn man bedachte, was
gerade aus seinem Mund gekommen war
und die versteckte Bedeutung hinter seinen
Worten. Genau dann blühen die Bäume ein
zweites Mal.
„Das klingt wundervoll. Ich hoffe, dass
ich irgendwann einmal Bilder sehen werde.
Und Glückwunsch, ich bin so glücklich über
diese Wendung des Schicksals.“
Er nickte seinen Kopf in Dankbarkeit bei
meinen Worten.
Ich schob meinen Stuhl nach hinten und
stand auf, mit einem Lächeln auf meinen
462/683
Lippen,…denke ich. Ich versuchte jedenfalls
Freude auszustrahlen.
„Ich werde mich jetzt zurückziehen für
die Nacht. Mein Kopf tut schrecklich weh
und ich denke, das Beste, was ich dagegen
tun kann, ist wieder ins Bett zu gehen.“
Neils gefühlvolle Augen wichen nicht
von mir ab, als ich vor mich hin stammelte;
keine Vorurteile, nichts mehr von dieser
rauen Wut von zuvor war in ihnen zu sehen,
sondern nur Freundlichkeit und Akzeptanz.
Ich musste meinen Blick letztendlich ab-
wenden. Ich würde niemals wieder in den
Genuss kommen diese Augen aus Liebe auf
mich gerichtet zu wissen und diese Gewis-
sheit war einfach zu schmerzhaft.
„Mama, Neil, danke für das fabelhafte
Essen. Es war erstklassig. Gute Nacht.“
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Neil erhob sich als Antwort darauf, dass
ich stand, seine Manieren immer noch in
Takt nach all diesen Jahren, die er mit seiner
Oma verbracht hatte.
„Es war mir ein Vergnügen.“
Ich wirbelte herum und verließ das Essz-
immer. Ich versuchte mich zusammen-
zureißen, aber als ich die Tür bereits erreicht
hatte – hörte ich es ihn sagen.
„Ich hoffe, du fühlst dich bald wieder
besser, Cherry.“
Meine Beine gaben nach und ich stolp-
erte, als er es sagte. Wie der Hieb eines Sch-
wertes über meiner Achillesferse. Oder über
meinem Herzen.
Ich hätte es ohne Probleme aus dem
Zimmer geschafft, wenn er mich nicht
Cherry genannt hätte.
464/683
Verdammt seist du, Neil McManus.465/683
20
In der Woche, die folgte, mied mich
Elaina wie die Pest. Ich beobachtete sie
aus der Entfernung, um zu sehen, ob ich die
Mauer, die sie um sich errichtet hat, durch-
brechen könnte; hatte allerdings nur wenig
Erfolg. Sie redete mit mir, aber das war auch
schon alles.
Ich hinterließ Dinge auf ihrem Schreibt-
isch, wenn sie nicht an ihrem Platz war. Ich
hatte ihr angeboten sie nach der Arbeit heim
zufahren, hoffte sie für ein oder zwei Stun-
den allein zu erwischen um mit ihr zu reden,
aber stattdessen verließ sie das Büro immer
als es mir nicht möglich war zu gehen oder
sie fragte Ian sie nach Hause zu fahren.
Ich gab allerdings nicht auf. Ich hatte
noch Hoffnung.
Ich war da, als sie die Wahrheit über
Cora und mich erfuhr und sah, was diese
Erkenntnis ihr angetan hat. Die Wahrheit –
so gegensätzlich von dem, was sie all diese
Jahre geglaubt hatte – hat sie umgehauen.
Wut, Zorn und großes Bedauern kocht-
en in Elaina wegen unserer Trennung. Ich
sah, wie sie Tompkins angegriffen hatte und
diese unbändige Wut miterlebt, die von ihr
Besitz nahm, als ihr erzählt wurde, dass
Cora und Tompkins zusammen gearbeitet
hatten um uns auseinander zu bringen. Ich
hatte nie zuvor etwas über diese
467/683
rechtswidrige Vereinbarung erfahren und
das war wahrscheinlich auch gut so, denn
sonst säße ich jetzt mit Sicherheit wegen
Mord hinter Gittern.
Die Attacke im Pub hatte uns alle auf
den gleichen Stand gebracht. Ein Ereignis,
das unsere Augen zu den Geschehnissen von
damals geöffnet hat und zu den
Entscheidungen, die vor sechs Jahren getro-
ffen worden waren. Ich ließ sie in all den
Jahren an einer Lüge festhalten, weil ich zu
stolz war, und weil die Idee, dass mich je-
mand, der mich liebte, einfach so verlassen
könnte, zu sehr schmerzte.
Jep, die Narben der Vergangenheit sind
schwanzlutschende Arschlöcher, hab ich
nicht Recht?
468/683
Aber ich fand etwas über mich und sie
heraus. Ich hatte gelernt, dass Reue nichts
bringt, abgesehen natürlich von einem noch
größeren Haufen Scheiße, um den man her-
um schaufeln musste. Deswegen traf ich
eine Entscheidung. Ich entschied mich, den
Haufen Scheiße von Reue nicht einen Tag
länger zu düngen.
Es war unmöglich für Elaina den Schein
darüber, dass ihr alles egal sei, noch länger
aufrecht zu erhalten, wenn ich sie doch
gesehen hatte, mit meinen eigenen Augen,
als sie alles versucht hat, den Mann, der uns
auseinander gebracht hatte, umzubringen.
Ich war also noch optimistisch. Und es
schien auch nicht mehr länger so abwegig zu
sein, dass sie mich noch liebte. Die
469/683
Hoffnung stirbt schließlich immer noch
zuletzt.
Demnach war alles, was ich jetzt noch
tun musste, sie davon zu überzeugen.
Ich hatte unauffällige Andeutungen hin-
terlassen, wie die Blumenarrangements im
Foyer. Aber Kirschblüten in blauen Vasen
würden mich nicht weit bringen und sie
zurück in meine Arme und mein Bett laufen
lassen. Nicht, solange sie sich von mir abs-
chotten würde. Ich war der festen Überzeu-
gung, wir könnten den Schmerz und die
Missverständnisse hinter uns lassen. Und
dass wir uns wieder lieben könnten. Wenn
ich sie in meinem Leben wollte, dann
musste ich mir etwas einfallen lassen.
470/683
Und mein Cherry Girl brauchte definitiv
einen kleinen Schubs in die richtige
Richtung.
Zu Beginn der Woche bekam ich eine E-Mail
von der Personalabteilung, dass ich einen
Termin angeben sollte, für einen Tag an dem
es mir möglich wäre an einem Selbstverteidi-
gungskurs teilzunehmen. Der Kern der E-
Mail war, dass es von allen Angestellten ver-
langt wurde einen Basiskurs in Selbstvertei-
digungsmanövern abzulegen. Mit BSI als ein
471/683
Unternehmen, das Sicherheit für die Kund-
schaft anbot, konnte man nicht sicher genug
gehen und es wurde davon ausgegangen,
dass vielleicht ein Wahnsinniger hier
auftauchen könnte, um Ärger zu machen.
Aus diesem Grund mussten alle Angestell-
ten, im Falle einer solchen Bedrohung, durch
und durch vorbereitet sein, um sich verteidi-
gen zu können.
Was für ein beruhigender Gedanke. Vor
allem da mein Schreibtisch der erste Punkt
war, den man überwinden musste, wenn zu-
vor erwähnter Wahnsinniger vorhatte uns im
vierundvierzigsten Stock einen Besuch
abzustatten. Die sollten mir besser verdam-
mt gute Manöver beibringen.
An dem Tag, an dem das Training
stattfinden sollte, gab mir Frances zur
472/683
Mittagszeit die Wegbeschreibung zu der Ein-
richtung und erklärte mir auch, was mich er-
warten würde. Ich sah auf die Uhr. Noch drei
Stunden.
Die ganze Woche schon nervte mich Neil
und verlangte, dass ich ihm erlaubte mich
heim zu fahren. Ich sagte immer nein, oder
versuchte eine Alternative mit Ian
vorzuschieben. Für den Fall der Fälle brachte
ich immer gute Schuhe mit zur Arbeit, in
denen ich laufen konnte und wechselte sie
dann in der U-Bahnstation. Unglücklicher-
weise war das Wetter im Moment so gar
nicht mein Freund. Strömender Regen und
sehr kalt, genau wie in der Nacht, in der Neil
und ich unsere Auseinandersetzung hatten.
Die Erinnerung an diese Nacht versetze mich
in eine miese Stimmung, auch weil ich
473/683
wusste, er würde so oder so wieder darauf
bestehen mich heim zu fahren.
Und natüüürlich wartete eine E-Mail auf
mich, als ich von der Mittagspause zurück an
meinen Platz kam.
Heute kommst du mir nicht davon. Ich
fahre dich heim. N
Heute hatte ich allerdings eine legitime
Ausrede, die ich benutzen konnte und genau
dieses Wissen brachte mich zum Grinsen,
während ich auf seine Nachricht antwortete.
Ich würde ihm auch nicht erlauben mich zu
überzeugen. Um ehrlich zu sein, war ich mir
nicht einmal sicher, was er im Moment
plante. Er hinterließ Kaffee und Süßigkeiten
auf meinem Schreibtisch, sobald ich diesen
einmal verließ. E-Mails. SMS. Er musste
474/683
mich auf der Sicherheitskamera beobachten,
um zu wissen, wann ich nicht an meinem
Platz war. Schon mal was von Privatsphäre
gehört, Neil? Und was für eine Ver-
schwendung seines Arbeitstages.
Nein, ich kann nicht. Hab heute nach
der Arbeit einen obligatorischen Selb-
stverteidigungskurs. E.
Nimm das, Mr. Anmaßend, dachte ich,
als ich ‚Senden‘ klickte.
Mein Sieg währte allerdings nicht lange.
Er musste doch tatsächlich am Schreibt-
isch sitzen, mit seinem Postfach vor seiner
Nase, denn er antwortet keine Minute später.
Ich werde warten bis du deinen Kurs
beendet hast.
475/683
Seine Antwort brachte mich zur Weiß-
glut und ich sagte mir selbst, dass ich dieses
Verhalten nicht eine Sekunde länger dulden
würde. Ich versuchte, an diesem Gefühl
festzuhalten als ich meinen Platz verließ und
durch die Türen ging. Ich marschierte direkt
zu seinem Büro.
Seine Sekretärin, Susie, lächelte mich an,
als ich an ihrem Schreibtisch vorbei lief. Ich
lächelte zurück und sagte Hallo, als wäre es
das Normalste der Welt in Neils Büro zu
stürmen, mit dem Plan ihn zu ermorden. Für
diesen Gedanken würde ich mich auch ganz
sicher niemals entschuldigen.
Dann stampfte ich hinein.
Sein Kopf schnappte von seinem Com-
puterbildschirm zu mir. Wahrscheinlich
476/683
gerade dabei, einen weiteren direkten Befehl
per E-Mail an mich zu verfassen.
„Nein, das wirst du nicht“, sagte ich mit
fester Stimme, meine Arme unter meinen
Brüsten verschränkt.
Einer seiner Mundwinkel zuckte bei
meinem Anblick, als ob ich ihn amüsieren
würde. Ich war fast soweit, es ihm aus dem
Gesicht zu schlagen.
„Oh, aber das werde ich auf jeden Fall,
Elaina“, sagte er betont sanft.
Sein Kiefer zuckte und seine Augen glit-
ten gemächlich über meinen Körper. Von
den schwarzen High-Heels mit Riemchen an
meinen Füßen, über meine Beinen nach
oben, um in dem Tal meines Ausschnittes zu
verharren, bis er dann auf meinem Gesicht
zur Ruhe kam. Der Blick, den er auf mich
477/683
richtete, war einer der puren, wilden und
dreckigen Sex versprach. Ich fühlte die
Funken zwischen uns sprühen und der Ef-
fekt war einer, der mich zwischen meinen
Beinen feucht werden und mich sofort nach
Luft schnappen ließ. Wenn er jetzt irgendet-
was probieren würde, wäre ich verloren. Ich
schluckte schwer und versuchte den Schaud-
er, der mich zu einem bebenden Häufchen
Lust auf seinem Boden reduzieren würde,
zurückzuhalten.
Er sah alles.
Nicht gut.
„Warum – warum tust du mir das an,
Neil?“
„Was tue ich denn? Dich heimfahren,
damit du nicht im Regen nach Hause laufen
musst?“
478/683
„Ja! Nein, ich meine – ich meine, warum
tust du das hier?“
„Das?“
„Sei kein Arschloch. Lass es mich nicht
laut aussprechen müssen.“
„Tut mir leid, Babe, aber ein Arschloch
zu sein passt mir grad ganz gut in den Kram.
Was genau ist dieses Das, was dich so
belastet?“
„Neil…bitte. Hör auf. Ich – ich kann das
nicht mehr jeden Tag von dir ertragen. Das
ist mir einfach zu viel.“
„Da liegst du falsch, meine Schöne.
Dieses eine bestimmte Das war dir
niemals…zu viel.“ Er zwinkerte mir zu.
„Allerdings hast du mir immer noch nicht
gesagt, welches Das du genau meinst,
Elaina.“
479/683
Er neigte seinen Kopf, er war nun
derjenige mit verschränkten Armen.
Es macht mich fertig, wenn er mich
‚meine Schöne‘ nennt und mir auch noch
zuzwinkert, das war mir klar! Scheiße, ich
muss aus diesem Büro raus, sofort. Und
schnell.
„Ich warte.“
Er würde mich dazu bringen es zu sagen,
der Bastard. Was war nur mit ihm los im
Moment?
„Mich auf der Arbeit zu verfolgen, als ob
ich dir etwas bedeuten würde“, schrie ich let-
ztendlich. „Wenn du mich n – nicht willst,
warum tust du mir das dann jeden
scheißverdammten Tag an?“
Oh, Gott. Habe ich ihn das wirklich
gerade gefragt?
480/683
Er stand auf, lief um seinen Schreibtisch
herum und kam auf mich zugelaufen. Er
sagte kein Wort, während er allmählich näh-
er kam. Ich wusste nicht, was er vorhatte,
sobald er vor mir stehen würde, aber der In-
stinkt zu fliehen ging mir durch den Kopf.
Neil sah wie ein gefährliches Raubtier aus
und ich fühlte mich wie das Beutetier ohne
jegliche Chance darauf entkommen zu
können.
„Was tust du da?“, verlangte ich von ihm
zu wissen, während ich zurücktrat bis ich mit
meinem Rücken gegen die Wand gepresst
war.
Er hielt nicht inne bis ich von seinem
Körper völlig umgeben war, seine Arme
blockierten den Fluchtweg auf beiden Seiten
meiner Schultern.
481/683
„Ich zeige dir, dass Weglaufen nicht
länger eine Option für dich darstellt, Elaina.“
Er brachte sein Gesicht nahe an meinen Hals
und atmete tief ein.
„Mmmmm…du willst auch nicht mehr
wirklich vor mir davon laufen. Das kann ich
riechen.“
Heilige. Scheiße.
Ich schüttelte meinen Kopf um diesen
Rausch, in den er mich durch seinen Duft
purer, männlicher Dominanz, welcher
weitaus mehr anrichten konnte als der Geb-
rauch von Alkohol, abzuschütteln.
„Was willst du von mir?“, flüsterte ich an
seinem stoppeligen Kiefer, meine Lippen so
nah, ich könnte sie ohne große Anstrengung
gegen seine Haut pressen. Ich stöhnte, es
482/683
war mir nicht möglich dieses Geräusch zu
unterdrücken.
Er nahm eine Hand von der Wand und
berührte mich mit der Rückseite zweier sein-
er Finger zwischen meinen Brüsten. Er ließ
sie nach oben gleiten, über meine empfind-
liche Haut, höher, bis er meine Kehle er-
reichte, und meinen Nacken, hinauf zu
meinem Kiefer, um letztendlich zu meinen
Lippen zu gelangen.
Ich war so erregt; ich könnte wahr-
scheinlich jetzt auf der Stelle einen Orgas-
mus haben, wenn er es mir nur sagen würde.
Es würde nicht viel brauchen, um mich an
diesem glückseligen Ort ankommen zu
lassen, nicht wenn er so nah war. Es war so
viel Zeit vergangen seit damals, dass wir uns
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so nahe waren, aber mein Körper erinnerte
sich gut. Nur. Allzu. Gut.
Er ließ diese zwei Finger zwischen meine
Lippen gleiten. Ich ließ ihn.
„Ich will das hier, Cherry.“
Er brachte seine Lippen nah an meine
heran, seine Finger noch immer in Kontakt
mit meiner Zunge, forschend, feucht von
meinem Speichel.
„Ich will diesen Mund, wie er meinen
Namen schreit, wenn ich in dir bin und du
gerade dabei bist zu kommen. Ich will dich in
meinem Bett, damit wir die ganze Nacht fick-
en können – immer und immer wieder – bis
du ein Sklave deiner eigenen Begierde bist,
genau wie du es schon einmal gewesen bist.“
Meine Augen rollten in meinen Kopf
zurück und ich war so unsagbar dankbar für
484/683
die Wand, denn ohne diese wäre ich bereits
zu Boden gerutscht und hätte als
geschmolzene Pfütze zu Neils Füßen
geendet.
Ich hatte sie genau da, wo ich sie wollte.
Scharf, erregt und unterwürfig. Sogar besser
als ich mich erinnerte. Und, verdammte hei-
lige Mutter Gottes, es würde mich nicht wun-
dern, wenn ich bald meinen Verstand ver-
lieren würde. Ich wollte sie so sehr in diesem
Moment, mir war nicht einmal genau be-
wusst, was ich eigentlich zu ihr sagte. Oder
mit ihr machte.
485/683
Der Schalter meiner Cherry war wieder
umgelegt.
Der blumige Duft ihre Haut brachte
mich so nah an den Rand des Wahnsinns, bis
zu dem Punkt hin, dass ich an nichts anderes
mehr denken konnte, als meinen Schwanz
tief in sie eindringen zu lassen. Und das
würde ich auch tun, hier, mit ihr, in meinem
Büro. Und der verdammte Schreibtisch
würde dafür herhalten müssen.
Ich versuchte herauszufinden, welcher
Weg der Beste wäre, um sie von der Wand in
eine Position zu bekommen, in der ich sie
hinlegen könnte, mit all ihrer kirschfarbenen
Haarpracht vor mir ausgebreitet, damit ich
tief in sie eindringen konnte. Und um ihr zu
zeigen, was bereits für mich so offensichtlich
486/683
war. Sie wollte mich auch. Das war mir klar,
tief in mir drin, war mir das klar.
Oh ja, die Vision setzte sich in meinen
Gedanken einfach wundervoll zusammen.
Ich würde sie hochheben und würde sie dann
zum Schreibtisch tragen. Mein Finger würde
dann den Knopf finden, der die verdammte
Tür schließen würde, damit uns niemand un-
terbrechen konnte. Mein Mund an ihrem
Hals, auf dem Weg, um ihre Brüste zu kos-
ten, welche, und das wusste ich, süßer
schmeckten als Honig. Meine Handflächen
würden ihren engen, schwarzen Rock, der
ihren Hintern so wundervoll betonte, nach
oben schieben, bevor meine Hände ihre
Schenkel weit spreizen würden um –
Ethan platzte in mein Büro und musste
natürlich alles versauen.
487/683
Der verdammt größte Wichser aller
Zeiten!
„Schau mal, was gerade gekommen ist,
Kumpel. Ich musste einfach kommen, um es
dir persönlich zu sagen. Das ist verdammt
erstaunl – “ Ethan brach mitten im Satz ab,
ging rückwärts aus dem Büro und murmelte
irgendetwas davon, dass er später zurück-
kommen würde.
Super, mach das, E.
Ich würde ihn wahrscheinlich jetzt um-
bringen müssen.
Während ich mental dabei war, Ethan
wegen seines unpassenden Besuches zu zer-
stückeln, schaffte es Elaina zu entkommen.
Sie quietschte leise, duckte sich unter meine
Armen durch und verschwand. Ich ver-
suchte, sie zurückzuhalten, aber sie war zu
488/683
schnell und hatte genug Platz, um mir auszu-
weichen und dann zu flüchten.
Meine Hand griff nur nach leerer Luft.
Aber ich konnte noch ihren Duft
wahrnehmen. Der liebliche, blumige Geruch,
den ich mehr als alles liebte, war noch im-
mer im Raum präsent, auch wenn sie es
nicht mehr war.
Ich ging zu meinem Schreibtisch hinüber
und ließ mich langsam in den Stuhl her-
unter. Auf dem Wort ‚langsam‘ lag auch die
Betonung, wenn man den Zustand meines
Schwanzes bedachte. Das verdammte Ding
war so hart in diesem Moment, ich hätte es
benutzen können um die Nummern von Mit-
arbeitern zu wählen.
„BSI Personalabteilung, Helen am Ap-
parat, wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
489/683
„Helen, hier ist Neil. Ich muss wissen,
wer für den Selbstverteidigungskurs, heute
17 Uhr, von Elaina Morrison, geplant ist.“
„Das wäre Terrence, Mr. McManus.“
„Danke dir, Helen. Ich muss also einfach
nur ein paar Dinge aus dem Weg schaffen
und die Zeit ein wenig ändern. Du hast mir
sehr geholfen.“
Ich wählte erneut.
„Terrence Shaw hier.“
„Terrence, hier ist Neil. Ich werde dich
von dem Selbstverteidigungskurs für Elaina
Morrison heute abziehen müssen. Du warst
für 17 Uhr geplant. Wir brauchen dich aber
für einen anderen Auftrag.“
„Kein Problem, Boss. Sag mir einfach,
wo und wann du mich brauchst“, antwortete
Terrence.
490/683
Guter Mann, dieser Terrence. Da muss
ich jetzt auf jeden Fall sicher gehen, dass er
einen Bonus zu Weihnachten bekommt,
dafür, dass er so umgänglich ist.
„Gut. Es hat sich etwas ergeben, dass
eine Priorität zu dem Kurs darstellen muss.
Miss Morrison werden wir einfach für näch-
ste Woche einplanen. Hast du einen Stift?“
Ich beendete den Anruf mit Terrence
und lehnte mich in meinem Stuhl zurück,
selbstzufrieden, wenn es um mein meister-
haftes Organisationstalent ging. Ich lernte,
wie man dieses Spiel angehen musste und
ich muss sagen, dass es sich wirklich gut an-
fühlte einen Plan zu haben. Das erste Mal,
seit dem sie wieder in meinem Leben auf-
getaucht war, wusste ich genau, was ich zu
tun hatte.
491/683
Ich sah auf die Uhr.
Drei Stunden.
Drei weitere Stunden bis ich sie ganz für
mich allein in einem Raum mit mir haben
würde.
Und dieses Mal? Dieses Mal würde es
keinerlei Unterbrechungen geben.
492/683
21
Bis ich zurück an der Telefonzentrale
meines Schreibtisches war, zitterte ich
bereits aus lauter Verwirrung und
Sorge und Hormonen. Ein Boxenstopp
auf der Toilette hatte daran leider auch
nichts geändert. Ich wusste genug, um zu
realisieren, dass ich ein großes Problem
hatte, allerdings hatte ich auch keine Idee,
wie ich aus diesem Schlamassel wieder
herauskommen soll.
Neil wollte mich ficken. In seinem Büro.
Und ich hätte ihn gelassen.
Was zur Hölle war mit Neil los?
Neandertaler plus griechischer Gott gleich
große Probleme für mich. Wenn Ethan uns
nicht unterbrochen hätte, wären wir jetzt im
Moment auf seinem Schreibtisch hart bei der
Sache. Heilige Scheiße…
Ich saß für eine Minute dort und ver-
suchte zu verarbeiten, was gerade in Neils
Büro passiert war.
Was bedeutete das alles? Versuchte er
mich zu foltern?
Erwartete er jetzt einfach, dass ich mit
ihm schlafen würde, wann auch immer er
das Verlangen dazu hatte? War das gerade
eben die Rache dafür, dass ich ihn vor so
langer Zeit verlassen hatte? War er einfach
nur ein manipulativer Bastard und versuchte
494/683
mich, indem er mir ein schlechtes Gewissen
einredete, wieder in sein Bett zu bekommen;
nur weil er dachte, er würde aus diesem
Grund damit wegkommen?
Wenn das der Fall war, dann ist er nicht
nur ein manipulativer, sondern auch ein
wahnhafter Bastard. Ich saß still und kochte
vor Wut in meinem Stuhl, wurde dabei mit
jeder Minute, die verging, wütender und
wütender.
Ich öffnete mein E-Mail Postfach und
fing an zu tippen.
Du aufdringliches Arschloch träumst,
wenn du denkst, dass ich dir erlauben
würde mich heute heimzufahren.
LASS MICH IN RUHE!!!
495/683
Ich hatte etwas Hoffnung, dass meine
Nachricht dieses Mal ankommen würde,
buchstäblich und im übertragenen Sinne,
denn dieses Mal antwortete er nicht. Viel-
leicht wurde ja etwas Verstand in sein Hirn
geprügelt, als der Chef gesehen hat, wie Neil
versuchte in den Geschäftsräumen mit einer
Angestellten Sex zu haben. War nicht meine
Schuld. Das ging alles auf Neils Kappe. Er
hat aus all dem ein Chaos gemacht. Er kon-
nte es demnach auch klären.
Als es sich dann 17 Uhr näherte, hatte
ich mich bereits soweit beruhigt, dass ich an
den Selbstverteidigungskurs denken konnte.
Vielleicht lernte ich gleich einige Griffe, die
ich auch bei Neil ausprobieren könnte, falls
er vorhatte mich erneut in seinem Büro zu
verführen.
496/683
Würde es ein nächstes Mal geben? Es
darf kein nächstes Mal geben, du blöde Kuh.
Ich befiel mir, die Erinnerung in einer
Kiste zu verbuddeln, denn ich sollte meine
Aufmerksamkeit wirklich auf den Kurs, der
gleich stattfinden würde, richten. Ich verließ
die Umkleide, die an den Trainingsraum an-
grenzte, umgezogen und bereit. In der Na-
chricht hatte gestanden, bequeme Kleidung
und Schuhe für den Kurs zu wählen. Genau
deshalb hatte ich eine Tasche mit Turn-
schuhen und Sportsachen zur Arbeit
mitgebracht.
Ich ging in den Hauptraum, in dem ich
den Trainer treffen sollte, jemand mit dem
Namen Terrence. Die Kurse waren Eins ge-
gen Eins, um den Erfolg der zugewiesenen
Zeit zu maximieren. Anscheinend nahm BSI
497/683
die Situation ernst, wenn es um die Anges-
tellten ging.
Das Licht war an und es war eine Power
Point Präsentation im hinteren Bereich
aufgebaut, aber ich sah niemanden im
Raum.
„Hallo?“, rief ich und wurde mit Schwei-
gen begrüßt.
Ich ging in die Mitte des Raumes, wo
eine Matte lag, und sah mich im Raum um.
Typische Fitnesseinrichtung mit Gewichten
und Laufbändern und ausgewähltem Equip-
ment für Material Arts. Würde mich nicht
wundern, wenn hier auch Krav Maga train-
iert wurde. Es gab viele, die sich dafür
begeisterten und ich hatte Freunde, die
niemals einen Kurs verpassten.
498/683
Ich würde unbefangen an die ganze
Sache heran gehen, aber das wäre nicht et-
was, das mich interessieren würde. Ich be-
vorzugte es spazieren zu gehen, oder viel-
leicht Pilates, oder Yoga im Park. Ich stand
eher auf eine entspannte Art des Trainings
und nicht auf die Art, die im Inneren und
damit hinter geschlossenen Türen in einem
Fitnessstudio stattfand.
Ich hörte, wie sich die Doppeltüren
hinter mir öffneten und drehte mich, um et-
was zu sehen.
Da stand nicht mein unbekannter Ausb-
ilder namens Terrence.
Neil.
Schwarz gekleidet, in einer Nylonhose
und einem langärmligen Dri-Fit, welches
499/683
sich perfekt an seinen muskulösen
Oberkörper und seine Arme anschmiegte.
Er lief langsam auf mich zu, seine Augen
erneut raubtierartig, als er meinen gesamten
Körper mit diesen verschlang.
Oh, bitte nicht!
„Es gab da eine kleine Änderung. Dein
Trainer bin jetzt ich.“
Scheiße.
„Was zur H-Hölle?“, stotterte sie, ihr
Gesichtsausdruck zeigte mir, dass sie fuch-
steufelswild war. Wunderschön, aber
500/683
definitiv sehr wütend und es war offensicht-
lich, dass sie mich in diesem Moment
verachtete.
Aber sie kann das zu ihrem Vorteil
nutzen.
„Das kann doch nicht dein Ernst sein“,
sagte sie, ihre Kinnlade hing vor Überras-
chung nach unten.
„Oh, aber natürlich. Ich nehme Selb-
stverteidigung für alle Angestellten bei BSI
sehr ernst.“
„Du weißt genau, dass ich das nicht ge-
meint habe, Neil.“ Sie stampfte mir ihrem
Fuß auf und spitzte ihre Lippen zu einem,
meiner Meinung nach, sexy Schmollmund,
der meinen Schwanz sofort anschwellen ließ.
Ich wollte ihre wütenden Lippen küssen, bis
501/683
sie sich dem Unvermeidlichen beugen
würde.
Es war an der Zeit, dass sie und ich end-
lich wieder miteinander verschmelzen.
Sobald ich einen Riss in ihrer harten Schale
hätte, die wie eine Mauer um sie herum
errichtet war, hätte ich auch einen Weg zu
ihr vorzudringen und dann würden wir auch
den Rest bewältigen können.
Ich zuckte meine Achseln und fragte:
„Sollen wir anfangen?“ Ich zeigte mit meiner
Hand auf einen Punkt auf der Matte, wo sie
sich positionieren sollte.
„Nein!“, schrie sie. „Wir fangen hier gar
nichts an.“
„Du bist hier wegen eines obligator-
ischen Kurses, richtig?“ Ich fing an sie lang-
sam zu umkreisen. Sie drehte ihren Körper,
502/683
um mir mit ihren Augen zu folgen. „Du
musst in Selbstverteidigung unterrichtet
werden.“ Ich zeigte mit beiden Zeigefingern
auf sie. „Ich bin hier, um dich zu unterweis-
en.“ Ich zeigte mit meinen beiden Daumen
zurück auf meine Brust, während ich sie
noch immer umkreiste und stellte dadurch
sicher, dass es für sie mit jeder weiteren
Sekunde unangenehmer wurde.
Es ist immer gut, einen Plan zu haben.
„Aber, du kannst doch nicht einfach als
mein Trainer hier herkommen – nicht,
nachdem was vor nicht einmal drei Stunden
in deinem Büro passiert ist!“
„Ich sehe allerdings keinen anderen
Trainer als mich, du etwa?“ Ich sah mich für
eine dramatische Wirkung im Raum um.
„Nur ich bin hier.“ Ich verkleinerte den
503/683
Zirkel, kam immer näher in ihre Richtung
und sah zu, wie ihre Augen dunkler wurden.
Meine Sticheleien machten sie immer
wütender.
„Das ist nicht richtig, Neil – dass du mir
d-das hier antust“, sprudelte es aus ihr
heraus.
„Da haben wir dieses Wort ja schon
wieder, Cherry. Das ist, meiner Meinung
nach, so gar kein greifbares Wort. Ich denke
wirklich, dass ich eine solide Definition für
den Gebrauch des Wortes Das verlangen
muss.“
„Warum bist du so gemein? Habe ich
nicht schon genug gelitten, du sadistisches
Arschloch!“
504/683
„Macht dich das wütend, Cherry? Willst
du mich dafür, was ich in meinem Büro mit
dir…begonnen habe, verletzen?“
Sie funkelte mich wütend an und
keuchte zwischen kurzen, aneinander
gereihten Atemzügen. Ihre wundervollen
Brüste hoben sich auf und nieder unter dem
engen, pinken Sporttop, das sie trug. Ich
wollte es ihr so verzweifelt vom Körper re-
ißen und ihre nackten Titten ansehen.
Bald.
Ich würde nicht so schnell aufgeben.
„Nur damit du es weißt, wenn E nicht
hereingeplatzt wäre, als er es getan hat…?“
Ich hielt meine Hände nach oben, in einem
Zeichen der Kapitulation. „Dir ist doch klar,
dass ich dich dann in unter zwei Minuten,
505/683
ausgebreitet auf meinem Schreibtisch und
meinen Namen schreiend, gehabt hätte – “
Sie ohrfeigte mich hart auf die Wange,
der stechende Schmerz trieb mich nur noch
mehr an, meinen Plan fortzusetzen.
„Halt die Fresse! Halt dein dreckiges
Maul, du Bastard. Warum sagst du solche
Dinge zu mir? Warum verspottest du mich
auf diese grausame Weise?“
Ich breitete meine Arme aus, bot ihr
meinen Körper an, bot mich selbst an.
„Gut so, Cherry, lass alles raus. Schlag
mich. Ich kann es verkraften. Sag, was dich
so wütend macht. Ich bin es, richtig? Ich bin
es, auf den du wütend bist.“
Sie pausierte, ihre Brüste bebten, ihre
Wut war kurz davor aus ihr
herauszubrechen.
506/683
„Es wird Zeit für die Wahrheit, meine
Schöne. Komm schon!“ Ich zeigte auf mein-
en Brustkorb. „Keine Lügen mehr, nicht
mehr im Hintergrund stehen und aufgeben.
Nur die Wahrheit. Sag es laut heraus, damit
ich dich hören kann! SAG MIR DIE
VERDAMMTE WAHRHEIT! JETZT!“
Sie schlug mir gegen die Brust, die Arme
und das Gesicht, mit all dem Zorn einer ex-
plodierenden, wutentbrannten Frau und sie
kämpfte sich Schlag um Schlag näher an
mich heran.
„Du bist nicht zu mir gekommen. Du
hättest in Italien zu mir kommen sollen und
mir die verdammte Wahrheit sagen müssen.
Du hast mich an etwas glauben lassen, was
uns voneinander ferngehalten hat. Ich liebte
dich und du hast mich auf Abstand gehalten,
507/683
als du zu mir hättest kommen können! DU
HAST UNS DAS ANGETAN, NEIL!“
Sie brach an meinen Körper zusammen,
schmerzerfüllte Schluchzer erschütterten
ihren Körper, der Kampfgeist nun aus ihr
verschwunden, die Wahrheit offenbart.
Ich hielt sie an mich gedrückt und wiegte
ihren Kopf an meiner Brust; nah an meinem
Herzen, wo sie schon immer gewesen war,
sogar als wir getrennt waren. Wo sie auch für
immer sein würde.
„Ich weiß“, sagte ich an ihrem Ohr, dam-
it sie mich klar und deutlich hören konnte.
„Es war meine Schuld.“
Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände
und hob ihre Lippen zu den Meinen. Das
Gesicht von meiner Cherry war von Tränen
bedeckt und mit verlaufendem Mascara
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markiert. Trotzdem aber ließ die Ruhe, die
von ihr ausging, als ich sie an mich gepresst
hielt, sie so wunderschön auf mich wirken.
Es war die Wahrheit des Augenblicks. Wir
sind endlich auf derselben Seite, zur selben
Zeit und lasen das gleiche, verdammte Buch.
„Ich weiß, ich weiß, ich weiß. Ich lag
falsch. Ich hätte zu dir kommen sollen.“
Meine Daumen streichelten ihre Wangen,
während ich sie hielt und ich versuchte es ihr
verständlich zu machen. „Es tut mir so leid.“
Ich hielt ihr Gesicht nah an meinem,
hielt sie sanft zwischen meinen Handflächen
und brachte meine Lippen zu den Ihren.
Sie wich zurück.
„Lass mich, Cherry. Lass mich rein“,
flüsterte ich leise, meine Bitte genauso ein
Wunsch wie es ein Befehl war.
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Ich versuchte es erneut und dieses Mal
akzeptierte sie meinen Kuss. Ihre weichen,
bebenden Lippen fügten sich in atem-
beraubender Weise unter meinen. Ich ver-
tiefte den Kuss. Ich zeigte ihr all das, was wir
in den letzten Jahren verpasst hatten. Ich
zeigte ihr, wie gut es sich anfühlen konnte
die Zunge deines Geliebten im Mund zu
haben. Ich zeigte ihr meine Liebe.
Von diesem Zeitpunkt an verloren wir
die Kontrolle, bis hin zu dem Punkt, dass ich
wirklich sehr dankbar dafür war, daran zu
denken, die Überwachungskamera für diesen
Raum abzuschalten.
Ich führte uns zu einer gepolsterten
Wand und presste sie dagegen. Nichts würde
mich dieses Mal stoppen. Gar nichts.
Nicht einmal sie.
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Neils Hände waren überall auf meinem
Körper; seine Zunge war in meinem Mund,
sein Körper verschluckte mich förmlich. Ich
konnte nicht mehr tun, als mich von ihm
verschlingen zu lassen.
Ich stand in Flammen, überall, und als
wir uns in dem Trainingsraum nacheinander
verzehrten, war mein Verstand von dem
Geschmack und dem Duft von ihm völlig
eingenommen.
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Er schob mein Sportoberteil nach oben
und knurrte, als meine Brüste zum
Vorschein kamen. Es war ein Geräusch, der
Hunger und primitive Emotionen zum Aus-
druck brachten, sobald er mich sah. Meine
Nippel waren bereits hart und ich konnte es
nicht erwarten, seinen Mund auf ihnen zu
spüren.
Ich warf meinen Kopf in Ekstase zurück
gegen die gepolsterte Wand, als ich die erste
exquisite Berührung seiner Zunge, wie diese
meine Haut berührte, spürte. Er saugte und
biss und leckte meine Nippel und bewirkte
damit, dass ich wahnsinnig vor Lust wurde.
Ich vergrub meine Hände in seinen Haaren
und hielt ihn so nah wie möglich an meinen
Brüsten, als er diese auf eine berauschende
Weise kostete.
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„Ich brauche dich jetzt“, sagte er, als er
harsch ausatmete.
„Ja…“ So ziemlich unbrauchbar durch
das Verlangen, das mich beherrschte, war es
mir auch egal, dass wir in einem öffentlichen
Bereich waren. Es war mir völlig egal. Ich
dachte an nichts anderes, als an Neil und
daran, wie nah wir uns sein könnten.
Er hat sich schon zurückgezogen und hat
sich auf seine Knie heruntergelassen. Seine
Hände glitten zu dem Bund meiner
Yogahose und zogen sie nach unten. Mit
einem Ruck. Mein Höschen kam auch gleich
mit. Er brachte seine Lippen auf den Bereich
über meiner Vagina und platzierte dort einen
zärtlichen Kuss, als würde er Hallo sagen,
nach einer so langen Zeit der Abwesenheit.
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Es fühlte sich jedenfalls so an. Mein
Körper kannte seinen Körper auf eine de-
rartig intime Weise und trotzdem waren wir
hier, in einer völlig neuen Realität.
„Heb deinen Fuß für mich“, sagte er, be-
vor er mein rechtes Bein von dem Höschen
und der Yogahose befreite. Er ließ das an-
dere Bein unberührt. Wir brauchten schließ-
lich nur zu einer Seite unbeschränkten
Zugang, um unser Ziel zu erreichen.
Neil stand wieder aufrecht auf seinen
Füßen und küsste mich, bevor ich überhaupt
Luft holen konnte. Seine Hand glitt zu mein-
er Hüfte, nach vorne, und legte dann seine
Hand auf meinen Venushügel.
„Ich will dich, Cherry.“ Er ließ zwei
Finger zwischen meine Schamlippen gleiten.
„Hier und jetzt.“ Seine Finger erkundeten
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mich, glitten weiter durch meine feuchte
Hitze, die er verursacht hatte, um meinen
Kitzler zu finden.
Ich schrie auf, als er damit in Kontakt
kam, die Hitze die mich überkam, war so in-
tensiv, dass ich sicher war, ich würde keine
Minute länger brauchen, um zum Orgasmus
zu kommen. Er eroberte meinen Mund mit
seiner Zunge und mein Geschlecht mit sein-
en Fingern, glitt über meine Knospe bis ich
mich nicht mehr zurückhalten konnte und zu
nichts anderem mehr in der Lage war, als
meinen Höhepunkt herauszuschreien. Sein
Mund, der meinen bedeckte, dämpfte die
Lautstärke meines Schreies, als ich meinen
Orgasmus, der durch seine talentierten
Finger ausgelöst wurde, erreichte.
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Ich fühlte, wie er mit seiner anderen
Hand an der Vorderseite seiner Hose rum-
fummelte, seinen Schwanz befreite und sah
dann mit meinen eigenen Augen, wie bereit
er für mich war.
„Ich kann nicht länger warten, meine
Schöne“, sagte er; und während er in meine
Augen sah, hob er meine Füße vom Boden
hoch und spreizte mich weit. Ich fühlte, wie
die Eichel seines Schwanzes den Eingang zu
meiner feuchten Höhle küsste, bevor er tief
in mich eindrang. „Fuck“, stöhnte er, „du
fühlst dich so eng um mich herum an.“
„Oh, Gott…“ Wir beide pausierten, als
wir zum ersten Mal nach vielen Jahren
wieder verschmolzen. Was hier gerade
passierte, überwältigte mich. Ich ließ meine
Gedanken schweifen, als ich mich an seine
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starken Arme klammerte. Mein Rücken
prallte wieder und wieder gegen die weiche
Wand hinter mir, als sein enormer Schaft
mich auf eine dekadente Weise ausfüllte.
Rein und raus. Schneller und härter, unsere
Lippen klebten aneinander, unsere Körper
rangen danach, den Gipfel zu erreichen. Bis
ich schließlich als erstes diesen Gipfel er-
reichte und sich die Muskeln meines
Geschlechts reflexartig um seinen Schwanz
zusammenzogen.
Ich schrie erneut auf als es passierte,
außer Stande mich zu bewegen, nur darauf
Bedacht zu nehmen, was er mir geben
konnte.
Neils Augen brannten in meine, als er
begann zu kommen. Sein Schwanz wurde
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noch härter und schwoll sogar noch an, als er
während seines Ergusses in mir zuckte.
Die Zeit verlangsamte sich; Stirn an
Stirn gepresst, stieß Neil noch immer in
mich hinein, aber jetzt in einer Art der zärt-
lichen Berührung. Er küsste mich sanft,
liebevoll. Es fühlte sich alles einfach wunder-
schön und so richtig an, aber als mein Körp-
er von dem Höhepunkt wieder runterkam,
wurde mir klar, was wir gerade getan hatten.
„Ich werde dich jetzt runterlassen,
okay?“
Ich nickte, die restliche Lust wurde
durch Sorge ersetzt.
Er zog sich vorsichtig aus mir zurück,
stellte meine Beine zurück auf den Boden
und hielt mich, bis ich mein Gleichgewicht
wiedergefunden hatte. Ich wunderte mich,
518/683
warum ich dieses Mal so viel Feuchtigkeit
zwischen meinen Beinen spürte. Ich be-
merkte, es war mehr als jemals zuvor, genau
als ich einen Tropfen seines Spermas mein
Bein herunter laufen sah.
„Oh nein,…du hast kein Kondom ben-
utzt.“ Ich bückte mich und versuchte verz-
weifelt meinen einen Fuß in mein Höschen,
welches ich mit der Yogahose zusammen in
der Hand hielt, zu bekommen und das in
einem Moment totaler Panik, als ich darauf
wartete, was Neil darüber dachte oder zu
sagen hätte.
Ich zog die Kombination aus Höschen
und Yogahose endlich über meine Hüften
und richtete dann mein Top wieder her, um
wieder respektabel zu wirken, damit ich
diesen Plan von vorher, den des aus der Tür
519/683
Rennens, umsetzen konnte. Ich hatte es
wirklich vor.
Neil musste wohl eine präzise Einsch-
ätzung meines emotionalen Zustandes
gemacht haben, denn er griff nach meinem
Oberarm und hielt mich eng an sich ge-
presst. „Es ist okay. Alles ist okay.“
„Aber – wir haben kein Kondom – aber
du bis in mir gekom – “
Neil küsste mich auf den Mund, wahr-
scheinlich aus dem einfachen Grund, um
mich zum Schweigen zu bringen, aber ich
musste zugeben es half, ein wenig. „Es macht
keinen Unterschied“, sagte er, während er
seinen Kopf langsam schüttelte, „denn Kon-
dome kümmern mich nicht mehr, wenn es
um dich geht.“
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Ich fing an zu weinen, all diese Gefühle
überwältigten mich einfach und ich brauchte
ganz dringend etwas Privatsphäre. „Ich – ich
will mich ein wenig frisch machen und mich
umziehen, damit ich heimfahren kann.“
„Schhh, hab keine Angst. Es ist alles in
Ordnung, Cherry. Ich werde dir helfen.“ Er
strich weiterhin seine Hand über meine
Haare, um mich mit besänftigten Worten zu
beruhigen.
„Neil?“
„Ich kenne einen Ort. Komm mit mir.“
Er hielt meine Hand in seiner und er auch
würde nicht loslassen. Nicht ein einziges Mal
ließ er meine Hand los, als wir uns in die
Richtung des Fahrstuhls begaben und zurück
in den vierundvierzigsten Stock fuhren. Und
auch einige Minuten später, als wir durch
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einen Hintereingang liefen, die in eine
private Suite hinter seinem Büro führte, hielt
er meine Hand noch immer fest umklam-
mert. „Der Bereich ist meiner und niemand
hat Zugang zu diesen Räumlichkeiten, außer
mir.“
„Wäre es okay, wenn ich duschen
würde?“, fragte ich, unsicher über alles und
jeden. Sogar über mich.
„Natürlich.“ Er hielt noch immer meine
Hand in seiner und brachte nun unsere
beiden Hände zu seinen Lippen und drückte
einen sanften Kuss auf die Rückseite.
„Was machen wir denn jetzt, Ne – “
Er küsste mich fest auf den Mund, ein
fordernder Kuss, der mir sagen sollte ich ge-
hörte ihm. Seine Zunge kam nach vorne
geschnellt um meine zu finden, bewegte sich
522/683
in tiefen Wirbeln. Er beendete den Kuss, als
er es für angemessen hielt, das Ziel, in
diesem Moment die Kontrolle zu überneh-
men, war klar und deutlich zu erkennen.
„Ich werde dich hier behalten.“
„Was?“, fragte ich ihn, meine Arme nun
um seinen Nacken gelegt. Ich musste ihn
umklammert halten, um nicht mein
Gleichgewicht zu verlieren und zu seinen
Füßen auf dem Boden zu enden.
Er lächelte mich an und fand meine Lip-
pen erneut für einen Kuss, dieser allerdings
süß und sanft und langsam.
Meine Sorge wurde reduziert, aber
meine Beine fühlten sich nicht im Geringsten
stärker an.
„Du wirst hier bleiben. Mit mir. Heute
Nacht…in dieser Suite.“
523/683
22
Ich klopfte. „Elaina? Geht’s dir gut?“
Keine Antwort. Nur das Geräusch der
Dusche war zu hören.
Ihr Schweigen beunruhigte mich ein
wenig. Die explodierende Art, in der wir un-
sere Vereinigung ausgelebt hatten, bewies
nur, wie sehr sie mit dem Sex im Trainings-
raum und all den Emotionen, die daran ge-
bunden waren, zu kämpfen hatte. Scheiße
nochmal, ich musste auch mit mehr Gefüh-
len, als mir lieb waren, versuchen klar zu
kommen. Aber noch wichtiger, ich wollte
nicht, dass sie zu viel nachdachte.
Zu vieles Nachdenken war oftmals der
Weg, der den Untergang besiegelte. Wir
beide waren dafür schon einmal verurteilt
worden.
Nein, ich wollte mein Cherry Girl ganz
allein und für mich haben, mit allem, was
uns ausmachte – und ich würde sie zurück-
führen – zurück zu der Idee eines Uns.
Ich würde meinen Plan nicht aus den
Augen verlieren.
Ich wusste, was sie brauchte und ich
würde dafür sorgen, dass sie genau das
bekam.
Eine Minute später legte ich meine Hand
auf den Türgriff und überraschenderweise,
die Tür öffnete sich. Ich trat in das mit
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Wasserdampf angefüllte Badezimmer. Da
war sie, sitzend auf dem Boden der Dusche,
ihr Rücken gegen die Wand gepresst und
ihre Arme um ihre Knie geschlungen. Sie sah
verloren aus und biss auf ihre Unterlippe, in-
dem sie die gesamte Lippe zwischen ihre
Zähne saugte. Ich wollte auch an ihrer Lippe
saugen und daran rumknabbern, bis es ihr so
den Atem verschlug, dass es ihr nicht mehr
möglich war, über die Dinge, die ihr Angst
machten, nachzudenken.
Mein wunderschönes Mädchen brauchte
mich in diesem Augenblick mehr als alles an-
dere. Außerdem war sie so herrlich feucht
und nackt.
Ich sagte nichts, zog mich einfach nur
aus.
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Ich musste in dieser Situation einfach
nackt sein, das war mir klar. Es würde keine
Grenzen zwischen uns geben. Und solange
sie nackt war, würde sie mit mir in diesem
Raum bleiben. Sie würde nicht auf die Idee
kommen zu rennen, wenn sie nichts zum An-
ziehen hätte, das war offensichtlich.
Ihre Augen fanden meine, als ich mich
auszog. Und dann beobachtete ich, wie sich
ihre Augen weiteten, als meine Brust zum
Vorschein kam. Das war der Moment, in
dem ich es wusste. Ich wusste, dass sie es
sah.
Ich setzte einen Fuß in die Duschkabine
und setzte mich dann gegenüber von ihr auf
den Boden der Dusche. Angesicht zu
Angesicht, Körper zu Körper, das heiße
Wasser fiel zwischen uns, Wassertropfen
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fielen herab, bedeckten unsere Haut und
Haare. Beide waren wir nun nass.
Elaina streckte ihre Hand nach mir aus
und berührte mein Tattoo mit zitternden
Fingern. „Du hast dir das machen lassen, um
dich an uns zu erinnern?“, flüsterte sie mit
Ehrfurcht in ihrer Stimme.
„Das habe ich.“
„Es ist atemberaubend“, flüsterte sie
erneut, als sie das Design mit ihren Finger-
spitzen nachzeichnete und das Kunstwerk
unter meiner Haut studierte. „Eine Libelle
zwischen Kirschblüten…“
„Genauso atemberaubend wie du es
bist.“
„Warum hast du es machen lassen? – Du
hast es dir…s – stechen lassen, nachdem
ich…weg war?“ Sogar mit all dem Wasser,
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das auf uns herunter rieselte, sah ich, wie
sich Tränen in ihren Augen sammelten, als
sie die Fragen stellte.
„Weil ich niemals aufgehört habe dich zu
lieben und mir klar war, dass ich das auch
niemals würde. Ich wollte dich für immer
unter meiner Haut.“
Ein Schluchzer entwich ihrer Kehle. Sie
schloss ihre tränenangefüllten, dunkelblauen
Augen und ihr gesamter Körper entspannte
sich in einer Art, die auf große Erleichterung
schließen ließ.
„Das wollte ich auch“, sagte sie leise, ihre
Augen noch immer geschlossen, während
ihre Lippen bebten.
Dann drehte sie langsam ihren Rücken
zu mir, ihr Kopf zur Seite geneigt, ihren Hals
gestreckt. Sie griff nach hinten und schob
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ihre nassen Haare nach links, was den Blick
auf ihre rechte Schulter freigab. Ich blickte
auf ihre perfekte Haut und mir stoppte der
Atem, als ich das umwerfendste Tattoo aller
Zeiten, bestehend aus Kirschblüten und
Zweigen in den Farben Himmelblau und
Pink, sah. Es wirkte sehr asiatisch und exot-
isch vom Design her und sehr viel größer als
ich es bei ihrem schlanken Körper erwartet
hätte. Elaina besaß keine weiteren Tätowier-
ungen, deswegen war mir auch klar, wie
wichtig unsere Beziehung für sie sein
musste, wenn sie so ein imposantes
Kunstwerk für immer auf ihrem Rücken
hatte verewigen lassen.
Das Schicksal kann es gut mit dir mein-
en und dieser Moment ist ein Beispiel dafür.
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Vergesse niemals diesen Moment…oder was
dieser Moment für dich bedeutet.
Mein Herz setzte ein oder sogar zwei
Schläge aus, als ich starrte. Ich hatte ver-
gessen, was Ian mir erzählt hatte – sein
kryptischer Kommentar in seinem be-
trunkenem Zustand, dass ich nicht der ein-
zige wäre mit einem Kirschblütentattoo. Ich
war so mit den Ereignissen um mich herum
beschäftigt gewesen, dass ich es vergessen
hatte. Sie hat allerdings auch niemals
Kleidung getragen, die das Tattoo hätten
sichtbar machen können.
„Ich wollte dich auch für immer unter
meiner Haut, Neil.“
531/683
Ich schwebte mit meinen Fingern über dem
Design ihres Tattoos, berührte es aber nicht,
damit ich sie nicht wecken würde. Ich wollte
dich auch für immer unter meiner Haut,
Neil.
Meine Cherry war mit mir in meinem
Bett und sie schlief. Ich wollte sie nicht
stören, aber das brachte mich nicht davon
ab, sie anzusehen und den Moment zu
genießen.
Sie lag auf ihrer Seite – ihr Körper aus-
gestreckt wie eine griechische Göttin auf
einem Podium – das Bettlaken bedeckte
ihren Körper nur zum Teil, aber zeigte genug
nackte Haut, dass ich sie schon wieder
wollte.
Ich würde sie immer wollen. Ich musste
nur an ihren nackten Körper denken und ich
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war bereit. Ich hatte mittlerweile Übung dar-
in. Viele Jahre der Übung.
Ich schwor mir allerdings, dass ich mich
niemals wieder in einer derartigen Situation
mit ihr wiederfinden würde. Mich nach ihr
so schmerzhaft sehnen, als sie für mich ver-
loren war. Angst davor, der einzigen Person
zu vertrauen, die mein Herz wieder hätte
heilen können. So viele verlorene Jahre la-
gen hinter uns. Verschwendete Zeit.
„An was denkst du?“, fragte sie schläfrig.
„Du bist wach, Cherry Girl?“
Sie rollte auf ihre andere Seite um mich
anzusehen, platzierte ihre Hände unter ihre
Wange auf dem Kissen. „Bin ich.“
Ihre Augen beobachteten mich, studier-
ten mich, mit dem zufriedenen Ausdruck
einer erst kürzlich befriedigten Frau. Sie
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wirkte auf mich wieder glücklich. Sie wirkte
friedlich.
Sie hatte den Blick einer Frau, die es
genoss bei mir zu sein.
Ein Ausdruck, für den ich in den letzten
sechs Jahren getötet hätte, auch wenn ich
ihn nur ein einziges Mal hätte erleben
dürfen.
„Ich denke daran, was für ein wunder-
voller Anblick es ist, dich nackt in meinem
Bett zu haben. Wo ich dich nah genug habe,
um meine Hand auszustrecken und deine
warme Haut zu berühren. So wie jetzt.“
Ich legte meine Hand auf eine ihrer
Brüste und streichelte ihre seidige Haut, be-
vor ich ihren Nippel zwischen Daumen und
Zeigefinger nahm, nur um zu beobachten,
wie ihr Nippel sich aufrichtete.
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Sie schnurrte sexy und lächelte mich an.
„Daran, den Duft von dir und mir ein-
zuatmen, nachdem wir Sex hatten.“
Ich vergrub mein Gesicht zwischen ihren
Brüsten und atmete tief ein, genoss den un-
verkennbaren Geruch von Sex, vermischt mit
dem berauschenden Duft, der nur sie
ausmachte.
Sie wölbte mir ihren Körper entgegen
und das Atmen viel ihr bereits schwerer.
Meine Worte und Taten erregten sie.
„Daran, deinen süßen Körper zu
schmecken.“
Ich bedeckte ihren Mund mit meinem
und stieß meine Zunge zwischen ihre Lippen,
um sie durch und durch zu schmecken,
während meine Finger den Weg zwischen
ihre Schamlippen fanden und diese mich
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erneut in ihrer feuchten Hitze willkommen
hießen. Ich zog meine Hand zurück und
führte diese drei Finger zwischen meine Lip-
pen, in meinen Mund und leckte ihren süßen
Nektar von meinen Fingern.
Ein sexy Stöhnen entkam ihren Lippen,
als ihre Augen sich weiteten. Oh ja, ich hatte
sie genau da, wo ich sie wollte. Sie wollte
mehr, von mir.
„Daran, dir zu zeigen, wie sehr ich dich
liebe und dass ich es nicht ertragen könnte
jemals wieder ohne dich zu sein.“
Sie sah an unseren Körpern hinunter
und erkannte, wie steif mein Schwanz bereits
unter dem Bettlaken war, wie sehr ich sie
begehrte.
536/683
„Ich denke daran, dass ich der glücklich-
ste Bastard auf dem gesamten Planeten bin,
weil du hier bei mir bist.“
Ich rollte sie auf ihren Rücken, spreizte
ihre Beine mit meinen Händen in ihren
Kniekehlen, und ließ ihre Beine auf meine
Arme nieder. Ich ließ meine Hüfte auf sie
heruntersinken und drang tief in sie ein. Ihre
Fotze passte sich perfekt meinem Schwanz
an und ich liebte es, wie ihre Augen aufflack-
erten – die gehauchten Geräusche, die aus
ihrer Kehle drangen – die von dem intimen
Kontakt unserer nackten Körper ausgelöst
wurden.
Sie wollte mehr von mir und von
meinem Kumpel da unten, und das war so
ziemlich alles, was ich im Moment wissen
musste. Mein Kumpel war willig, bereit und
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fähig. Zeit, ihm das zu geben, nach was er
verlangte.
Wir hatten unaufhörlich Sex, seit sie mir
ihr Tattoo in der Dusche gezeigt hatte. Wir
hatten so viel Liebe gemacht, dass es mich
wunderte, warum sie mich nicht langsam
mal satt hatte. Auch war kein Kondom in
Sicht. Es fühlte sich zu gut an, nackt in ihr zu
sein, um daran überhaupt zu denken. Ich
hoffte, sie würde es nicht stören, wenn wir
viele, viele Kinder hätten, denn ich würde
mit ihr nie wieder ein Kondom benutzen.
Aber, und es muss doch noch Wunder
geben, denn sie hatte noch nicht genug von
mir und ihre Augen konnten nicht lügen. Ich
sah den Ausdruck in ihren Augen, dem ich
sechs Jahre lang nachgetrauert hatte.
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Mein wunderschönes Mädchen war
vollkommen und sie zeigte mir wie vollkom-
men, indem sie mich jedes Mal wieder in
sich aufnahm. Jedes verdammte Mal. Und es
fühlte sich so gut an. So gut, dass ich es nicht
zu beschreiben im Stande gewesen wäre.
Ich war gesegnet.
„Und daran, dass ich das hier machen
kann“, murmelte ich scharf, fand ihre Hände
mit meinen, platzierte sie oberhalb ihres
Kopf, machte sie damit unter mir bewegung-
sunfähig und bereitete ihren Körper auf die
Invasion von mir vor.
Ihre Lippen teilten sich, sie keuchte laut
auf, während ihre Augen in unterwürfiger
Leidenschaft entflammten.
Ich stieß tief in sie – so tief ich nur kon-
nte; und das schnelle, süße Erbeben um
539/683
meinen Schwanz, als die Muskeln ihre Fotze
sich auf eine so intensive Weise zusammen-
zogen, ließ mich aufschreien.
„Oh ja!“, schrie sie zur gleichen Zeit, als
sie die brutalen Stöße akzeptierte, während
sie ihre Finger mit meinen verflocht.
Ich war verloren. Wir könnten das hier
immer und immer wieder machen und es
fühlte sich doch jedes Mal noch besser an,
intimer, müheloser in der Art und Weise wie
wir uns bewegten, perfekt in der Art und
Weise wie sie mich in sich aufnahm.
Wir bewegten uns jetzt langsamer, in
einem gemächlicheren Tempo, aber nicht
weniger intensiv als die Male zuvor. Mit
Elaina Liebe zu machen wollte ich nicht het-
zen. Ich würde es immer ewig andauern
lassen wollen.
540/683
Ich hielt ihre Arme mit einer meiner
Hände über ihrem Kopf gefangen und drang
immer wieder in sie ein, mit allem, was ich
zu bieten hatte. Schwanz, Zunge, die Finger
meiner anderen Hand. Welchen Part von ihr
ich auch erreichen konnte, leckte, eroberte,
saugte, oder berührte ich, solange es mir
möglich war mein Tempo beizubehalten.
Ich wollte mit einem weiteren explosiven
Orgasmus von ihr belohnt werden. Ich wollte
diesen Orgasmus in dem Ausdruck ihres
Gesichtes beobachten, wenn es passierte. Ich
wollte die krampfhaften Spasmen ihrer Fotze
um meinen Schwanz spüren und die Worte
hören, die sie vor langer Zeit immer ges-
chrien hat als sie kam.
Diese Worte.
541/683
Ich wollte genau diese Worte wieder von
meiner Cherry hören.
Worte, die für mich alles bedeuteten,
wenn es um mein Cherry Girl und mich ging.
Unser Tempo wurde schneller; lange,
feuchte Stöße der Vereinigung, bevor man
sich dann zurückzog, nur um dann die
feuchten Körper wieder und wieder und
wieder aufeinander treffen zu lassen.
Ich war ihr behilflich, indem ich ihren
geschwollenen Kitzler mit zwei meiner
Finger umkreiste.
„Ich – ich…k – k – komme“, stöhnte sie
mit einem leisen Flüstern, „Neil…“
So ein wundervolles Geräusch und so
verdammt sexy, es brachte mich an den
Rand des Wahnsinns. Meine Hoden zogen
sich in dem Moment zusammen, als die
542/683
Worte ihre Lippen verließen und hinter-
ließen mich als Sklave ihrer süßen Fotze,
welche so fest um meinen geschwollen Sch-
wanz gewickelt war.
Sag es, Cherry. Sag die Worte, die ich
hören möchte.
Ich hörte nicht auf, ritt sie
härter…schneller…tiefer.
Sie begann zu erbeben und zu zittern.
Ihr Mund formte ein O und sie warf ihren
Kopf zurück, streckte mir ihre herrlichen
Brüste entgegen, als sich ihr Körper wölbte.
Sag es!
Ich konnte das Pulsieren, und wie ihre
Fotze meinen Schwanz fest umklammerte,
spüren; und das Brennen in meinen Hoden,
kurz bevor das Sperma meinen Schaft hoch
und in sie hinein, schoss.
543/683
Sag es verdammt noch mal, meine
Schöne! Ich würde sterben, wenn ich die
Worte nicht bald zu hören bekam.
„Ich liebe dich!“, schrie sie.
„Nochmal“, antwortete ich, während ich
nicht nachließ und weiter tief in sie stieß.
„Ich liebe dich so sehr, Neil.“
Erschüttert.
Es gab kein anderes Wort, um diesen
Moment zu beschreiben. Der Orgasmus er-
schütterte mich. Elainas Worte erschütterten
mich. Meine Liebe zu Elaina und wie sie un-
sere Liebe akzeptierte, erschütterten mich.
Wir kamen zusammen in einem explos-
iven Höhepunkt von Intimität und
Leidenschaft, ein Zustand, den man erlebt
haben musste. Denn eine Beschreibung
dessen war einfach nicht möglich.
544/683
Auch Minuten später keuchten wir noch
immer. Unsere Körper waren noch immer
vereint, unsere Herzen schlugen wie wild;
Herzen, die nur durch Haut und Knochen
voneinander getrennt waren.
„Ich kann sehen, dass dich irgendetwas
bedrückt.“ Ich zeichnete ihre Augenbraue
nach und glitt dann zu ihrem Kiefer, ihren
Lippen, welche geschwollen und rot waren,
von all dem, was ich mit ihr in den letzten
Stunden getan hatte. „Was ist los?“
„Du musst mich bald heimfahren.“ Sie
gähnte.
Ähm…ich habe dich nackt in meinem
Bett. Denkst du etwa ich wäre total
545/683
unterbelichtet, meine Schöne? Ich konnte
nicht verhindern, dass sich meine Lippen zu
einem Grinsen formten.
„Naja, ich schätze, du musst vergessen
haben, was du vor ein paar Stunden zu mir
gesagt hast.“
„Ich bin mir sicher, dass ich sehr viele
Dinge zu dir gesagt habe.“
„Das hast du. Dinge wie ‚Jaaaaaaaaa‘,
‚Hör nicht auf‘ und ‚Gib mir mehr von
deinem großen Schwanz, Baby‘.“
Sie piekte mir mit einem Finger zwis-
chen die Rippen und versuchte mich zu
kitzeln, aber ich griff nach ihrer Hand, bevor
ihr das gelang und wusste, dass ich nun mein
ganzes Leben lang ihre Attacken abwehren
musste, weil sie leider mein Geheimnis
kannte.
546/683
„Du arroganter Idiot, das habe ich über-
haupt nicht gesagt“, sagte sie lachend.
„Aber für diese eine Sache habe ich einen
schriftlichen Beweis, Cherry. Du hast mir
14:58 Uhr eine E-Mail geschickt welche sagte
und ich zitiere, ‚du träumst, wenn du denkst,
dass ich dir erlauben würde mich heute
heimzufahren‘.“
Sie lächelte, als sie verstand und schüt-
telte darauf ihren Kopf. „Das war noch nicht
ganz richtig, Mister. Was ich eigentlich ges-
chrieben habe war ‚du aufdringliches Ar-
schloch träumst‘.“
Nach dieser Antwort konnte ich nicht
wiederstehen und musste sie einfach küssen
und eine Handvoll ihres perfekten Hinterns
zwischen meine Hände nehmen, wodurch
ich sie an meine Hüfte drücken konnte, um
547/683
sie fühlen zu lassen, was ihr Körper mit mir
anstellte.
„Du hast Recht. Also mit Hinblick auf
deine geäußerten Wünsche von heute, muss
ich dir leider sagen, dass ich dich nicht heim-
fahren kann.“
„Ich sehe schon, du bist hin- und her-
gerissen, oder nicht?“ Sie hob eine Augen-
braue und grinste.
„Nein, nicht im Geringsten. Warum
denkst du das?“
„Ich erinnere mich auch daran, wie ich
zu dir gesagt habe, dass du mich in Ruhe
lassen sollst und du hast diesen Wunsch auf
jeden Fall ignoriert.“ Sie ließ ihre Augen zu
meiner Hüfte wandern, wo mein Schwanz
bereits schon wieder auf Halbmast stand.
„Offensichtlich.“
548/683
Sie lachte laut auf und der Klang ihres
Lachens machte mich unaussprechlich
glücklich. Zu realisieren, wie wohl sie sich
fühlte und zu wissen, dass wir uns gegenseit-
ig zum Lachen bringen konnten, mit
Sticheleien und idiotischen Kommentaren,
war genauso unbeschreiblich.
„Ich liebe dich“, sagte ich.
„Ich liebe dich“, sagte sie.
„Aber ich werde dich trotzdem nicht
heimfahren.“
Sie runzelte ihre Stirn und schmollte.
„Ich habe aber für morgen keine Klamotten
für die Arbeit.“
„Wo sind denn deine Sachen von heute?“
„Ich schätze mal, die sind noch immer in
meiner Tasche in der Umkleidekabine, gleich
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angrenzend an den Trainingsraum, indem
du mich verführt hast.“
Ich grinste, und wusste schon jetzt, dass
mir ihr scharfer Verstand von jetzt an sehr
viel Spaß bereiten würde. „Willst du, dass ich
nach unten gehe und deine Tasche hole?“
Das Grinsen verschwand bei meiner
Frage von ihren Lippen und sie funkelte
mich an, als hätte ich die Intelligenz eines
Regenwurms. „Ich kann doch nicht dieselben
Sachen anziehen wie gestern. Die Leute
würden es dann wissen.“ Anscheinend
musste ich noch viel lernen, wenn es um die
Wahl der Kleidung bei Frauen ging. Sie
schüttelte ihren Kopf und gähnte und be-
deckte dabei ihren Mund mit der Rückseite
ihrer Hand.
550/683
Ich zog sie an meinen Körper heran,
drückte einen Kuss auf ihre Stirn und strich
mit meinen Fingern durch ihr langes, sei-
diges Haar; und Gott sei Dank, wusste sie
bereits, wie sehr ich ihr Haar liebte und
meine Besessenheit hat ihr noch nie etwas
ausgemacht. „Ich werde mich darum küm-
mern. Schlaf jetzt, Cherry.“
Sie war so nachgiebig und fühlte sich so
gut in meinen Armen an, als sie sich an mich
kuschelte und es sich bequem machte, um zu
schlafen. Und noch besser fühlte es sich an,
als ich erneut die drei Worte, die ich so sehr
liebte, wenn sie von ihren Lippen kamen.
„Ich liebe dich.“
Die süßesten Worte.
551/683
Der Alarm von meinem Handy weckte mich
auf. Es dauerte einen Moment, um zu
erkennen, wo ich war, aber der angenehme
Schmerz in meinem Körper erinnerte mich,
sobald ich mich streckte. Ich sah mich in der
Suite um, die hinter seinem Büro verborgen
lag. War das eine von diesen Suites für
Junggesellen, gedacht für bedeutungslosen
Sex? Ich musste zugeben, es passte nicht zu
dem, was ich von Neil wusste, und außerdem
erkannte ich, als ich mich umsah, den noch
makellosen Zustand von den Bettlaken oder
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den Kunstwerken an den Wänden, und mir
war klar, dass dieser Ort nicht oft zum Ein-
satz kommen konnte.
Wo war er überhaupt?
Wo auch immer Neil war, ich musste
sobald wie möglich duschen gehen und
meine Trainingssachen anziehen, um den
Zug heimwärts zu nehmen und mich für die
Arbeit umzuziehen. Ich konnte auf keinen
Fall in der Kleidung von gestern in der
Arbeit auftauchen und ich könnte natürlich
auch nicht meine Turnschuhe und ein
Sporttop mit meinem Rock von gestern kom-
binieren. Ich brauchte angemessene
Kleidung für die Arbeit, und auch, wenn ich
dann zu spät hier erscheinen würde, konnte
ich nichts an der Tatsache ändern. Ich sah
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nach wie spät es war und stürmte ins
Badezimmer.
Eigentlich wollte ich gar nicht duschen,
denn es fühlte sich an, als ob ich ihn von
meinem Körper entfernen würde. So viel Sex
letzte Nacht. Er behielt sein Wort, sein Ver-
sprechen, das er mir gestern in seinem Büro
gemacht hatte…Ich will dich in meinem Bett,
damit wir die ganze Nacht ficken
können…immer und immer wieder, bis du
ein Sklave deiner eigenen Begierde bist –
genau wie du es schon einmal gewesen bist.
Sein Wunsch wurde erfüllt. Ich war ein
Sklave meiner Begierde gewesen. Und wir
hatten es auf jeden Fall getan.
Ich hüpfte in die Dusche und wurde im-
mer nervöser.
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Als ich wieder in das Schlafzimmer
zurückkam sah ich, dass jemand hier
gewesen sein musste. Das Bett war gemacht
und auf dem Bett lagen mein Burberry
Baumwollkleid, braun im oberen Bereich,
und ein schwarzer Rock, Stiefel und meine
blau gemusterte Übernachtungstasche. Ich
öffnete die Tasche und fand meine Haarbür-
ste und einen Haartrockner, mein Make-up,
Höschen, BH, Parfum, Strumpfhose…alles,
was ich brauchte, um mich für einen Arbeit-
stag vorzubereiten, war da. Beeindruckend.
Er war gut.
Ich sah eine Nachricht aus der Tasche
hervorgucken.
Cherry,
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Danke, dass du geblieben bist. Danke
für dieses wertvolle Geschenk. Ich kann und
werde niemals zurücknehmen, was ich let-
zte Nacht zu dir gesagt habe. Es wird sich
niemals für mich ändern. Den Beweis dafür
habe ich für immer unter meiner Haut
tätowiert. Genauso wie du. Ich liebe dich,
meine Schöne.
xo N
P.S. Ich bin raus geschlichen und habe ein
paar Dinge bei deiner Mom abgeholt, dam-
it du dich für die Arbeit fertig machen
kannst. So bin ich einfach und sie liebt mich
sehr; außerdem beantwortet sie immer
meine SMS. (sei nicht eifersüchtig)
P.P.S. Falls du dich fragen solltest, wo ich
gerade bin, ist die Antwort, unten im Train-
ingsraum (indem ich dich verführt habe) um
556/683
zu trainieren. Ich muss stark bleiben, damit
ich damit fortführen kann mich um dich zu
kümmern, so gut wie es einem Mann eben
möglich ist. Xox
Ich drückte seinen Brief gegen meine Brust
und hielt ihn dort fest gegen mein Herz ge-
presst. Und weinte, weil mein Mann, mein
Herz vor Glück zum Zerbärsten brachte.
557/683
23
„Bitte sag mir, dass es diesmal sicher
ist reinzukommen?“
E steckte seinen Kopf ins Büro, nachdem
er geklopft hat.
„Benehmen wir uns heute? Und die viel-
leicht wichtigere Frage, muss ich mich um
einen Anwalt kümmern – du weißt schon, je-
mand der spezialisiert ist auf sexuelle Beläs-
tigung am Arbeitsplatz?“
Ich sah ihn ausdruckslos an, ließ ihn
seinen Spaß haben, denn er schien dieses
Theater wirklich zu genießen.
„Allerdings wird es ein wenig schwierig
werden, wenn der Anwalt, den ich im Sinn
habe, mit der Frau verwandt ist, die du ver-
suchst hast am Arbeitsplatz zu verführen.“
Er verzog das Gesicht. „Scheint mir eine aus-
sichtslose Situation zu sein; du wirst un-
tergehen, Kumpel.“
Er stand dort zwischen Tür und Angel
und hörte einfach nicht auf Scheiße zu erzäh-
len, bis ich es einfach nicht mehr ertragen
konnte.
„Fertig jetzt?“
E kam herein und setzte sich in einen
der Stühle. „Macht es dir was aus?“, fragte er
als er auf die Hemdtasche zeigte, in der er
seine Kippen aufbewahrte.
559/683
„Mach ruhig“, sagte ich und beobachtete
wie, er sich eine anzündete und genüsslich
daran zog.
Er grinste mich an. „Also, ich warte.“
„Da kannst du lange warten, ich werde
dir nichts erzählen.“
E zog eine seiner Augenbrauen nach
oben. „Du hast sogar deine angrenzende
Suite eingeweiht? Beeindruckend, Bruder.
Wenn du springst, dann dort wo das Wasser
am tiefsten ist.“
„Halt doch deine Fresse“, sagte ich ihm.
„Warum zur Hölle weißt du davon? Diese
Suites sind nicht einmal überwacht.“ Er
nervt mich schon seit Jahren bezüglich der
Tatsache, dass ich niemals die Suite so ben-
utzt hatte, wie er es tat. Ich hatte ihm schon
immer versucht verständlich zu machen,
560/683
dass es Geldverschwendung war, denn ich
würde niemals eine Frau dort hinbringen.
Und jetzt hat er mich zu einem Lügner wer-
den lassen.
Er lachte. „Ich sah, wie Elaina heraus
gelaufen kam und sie sah sehr…ähm…wie
soll ich ihren Gesamteindruck bes-
chreiben…“ Er tippte zwei seiner Finger
mehrmals an seine Schläfe. „Oh, ich weiß!
Sie sah wirklich sehr…befried – “
„ – Es reicht jetzt! Hast du etwa Unter-
richt in der Schauspielerei genommen, oder
was, E? Verlass dich aber lieber nicht auf
eine Karriere in Film oder Fernsehen, denn
da würdest du total abkacken. Bleib bei
deinem jetzigen Job, bitte.“
Er ignorierte mich und redete einfach
weiter. „Wenn ich darüber nachdenke, du
561/683
siehst wirklich äußerst entspannt aus. Als ob
du etwas Druck abgelassen hättest. War das
Bett bequem?“
„Du kannst jetzt aufhören. Hör bitte auf,
bevor ich dich zum Schweigen bringen muss.
Und es würde wirklich nicht gut aussehen,
wenn ich in den Knast müsste, weil ich mein-
en Boss umgebracht habe und nur zu deiner
Information, ich stand gestern ganz kurz
davor.“
Er lachte laut auf, schüttelte seinen Kopf,
aber gab mir dann ein aufrichtiges Lächeln,
etwas, das er nicht oft machte. „Ich freu mich
für dich. Tue ich wirklich. Sie ist bezaubernd
und ihr beide verdient es, glücklich zu sein.“
„Danke.“ Ich seufzte erleichtert. „Sechs
Jahre sind eine lange Zeit, um auf jemanden
zu warten. Aber wir haben über alles geredet
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und…na ja, ich werde sie nie wieder aus
meinen Augen lassen.“
Er nickte, tief in Gedanken, verlor jetzt
seinen neckenden Unterton und wurde
ernst, während er in meinem Büro eine
rauchte. „Sechs Jahre…das ist eine lange
Zeit.“ Ich konnte mir gut vorstellen, wo seine
Gedanken ihn gerade hinbrachten. Der arme
Kerl hatte die schlimmste Hölle auf Erden
durchlebt und war am Leben geblieben. Zu
einem Zeitpunkt, als die meisten Männer
diese Qualen beendet und den leichten
Ausweg gewählt hätten. Viele Veteranen ka-
men zurück und entschieden sich genau für
diese Option. Seine Erfahrung war eine der
schlimmsten, die man hätte durchmachen
können und dennoch, Captain Blackstone
hatte noch immer Eier aus Stahl und er hatte
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das Victoria-Kreuz Abzeichen, um das zu
beweisen.
„Du liebst sie.“ Es war keine Frage, es
war eine Feststellung.
„Mehr als alles andere.“
„Ah.“ Er dachte darüber eine Weile nach
und fragte dann: „Woher wusstest du, dass
du Elaina liebst?“
„Das ist nicht etwas, das du herausfinden
musst, E. Diese Entscheidung wird für dich
getroffen. Wenn dir das richtige Mädchen
begegnet…wirst du es schon verstehen.“
Er schüttelte seinen Kopf, als ob der er
sich nicht vorstellen könnte, dass solch eine
Situation jemals für ihn in Frage käme. Viele
Frauen hatten ihr Bestes gegeben, ihre
Klauen in ihn zu schlagen. Ich hatte es über
die letzten Jahre beobachtet, aber ich hatte
564/683
nie miterlebt, dass er an einer wirkliches In-
teresse gezeigt hätte. Jedenfalls hat kein In-
teresse jemals über eine Nacht hin-
ausgereicht. Jeder wusste, dass Blackstone
keine Daueraufträge mit Vaginas unterhielt.
Ich erinnerte mich, dass ich ihn noch
fragen wollte, was er gestern eigentlich von
mir wollte. „Hey, was wolltest du mir gestern
eigentlich sagen, als du in mein Büro
gestürmt bist? Du hast mir auch noch nicht
gesagt, was so wichtig war.“
Sein Gesichtsausdruck änderte sich
erneut. Dieses Mal sah er stolz aus. „Rate
mal, welche Firma damit beauftragt wurde,
sich bei den Olympischen Spielen um die
Sicherheit der Königsfamilie zu kümmern?“
„Ihre Majestät?“ Ich konnte nicht an-
ders, als vor Aufregung über diese
565/683
Neuigkeiten und was das für BSI bedeuten
würde, aus meinem Stuhl zu springen. Das
war verdammt bedeutend.
„Oh ja. Sie haben uns gefragt.“ Ethan
grinste von einem Ohr zum anderen.
Wie war dein Frühstück? xo N
Da Elaina die Anrufe weiterleitete, war
es schwierig für sie, die SMS auf ihrem
Handy zur gleichen Zeit zu bewältigen. Das
Gleiche galt für Anrufe, deswegen war unser
Weg der Kommunikation während der
Arbeitszeit, die E-Mail. Aber ich konnte sie
an ihrem Arbeitsplatz sehen, mit Hilfe der
Monitore in meinem Büro und den vielen
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Sicherheitskameras, die im gesamten
Geschäftsbereich von Blackstone Security In-
ternational installiert waren. Allerdings war
die interessanteste Kamera die, im Bereich
der Rezeption im vierundvierzigsten Stock-
werk. Ich hatte Elainas Bereich auf dem
größten Bildschirm in meinem Büro
einprogrammiert.
Es machte ihr Nichts aus, dass ich sie
beobachtete, aber ich würde es ihr auch nicht
ständig unter die Nase reiben. Dafür liebte
ich die Möglichkeit, von meiner Arbeit
aufzusehen und sie dann auf dem Monitor
sehen zu können, viel zu sehr. Es machte
mich glücklich zu sehen, was sie gerade
machte, wer in die Büros kam; zu beobacht-
en, wie sie sich bewegte und mit wem sie re-
dete. Dieser Anblick wurde mir solange
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vorenthalten, es tat sogar manchmal weh nur
für einen winzigen Augenblick
wegzuschauen.
Die Kirschscones waren so lecker,
aber ich fand die Kleidung, die du mir
geholt hast noch viel besser. Und
danke für die Nachricht. Du hast mich
zum Weinen gebracht. P.S.: Freuden-
tränen. xxE
Ihre schlagfertigen Antworten brachten
mich zum Lächeln und machten mich un-
glaublich hart. Ich wäre nach draußen
gegangen, zur Rezeption, hätte sie hochge-
hoben, zurück ins Bett getragen und erneut
mit ihr Liebe gemacht, wenn ich damit
durchgekommen wäre.
568/683
Ich habe eine wichtige Frage, die ich
dir stellen möchte. xo N
Ich wusste, sie würde mit etwas Bissigem
und Amüsantem antworten. Das war der be-
ste Teil. Darauf zu warten, was sie wohl ant-
worten würde und zu wissen, dass es
trotzdem noch eine Überraschung sein
würde.
Na ja, du solltest wissen, dass ich
zuerst einmal immer ‚nein‘ sage, zu al-
lem und jedem, als eine allgemein gel-
tende Regel, Mister. xxE
P.S.: Außerdem solltest du wissen,
dass wenn ich an die Nachrichten den-
ke, die du wahrscheinlich letzte Nacht
mit meiner Mutter ausgetauscht hast,
ich im Boden versinken möchte. Bäh.
569/683
Gott, wenn sie nur wüsste, wie viele Male
ich in der Zeit, als sie in Europe herumgere-
ist war, bei ihrem Haus vorbeigeschaut hatte,
um ihrer Mutter zu helfen. Wenn Ian auf
einer Geschäftsreise war, würde deren Mut-
ter mich anrufen, um nach Hilfe zu fragen.
Und ich war immer bereit vorbei zufahren
und der Frau, die mich bereits seit dem er-
sten Treffen als Sohn willkommen geheißen
hatte, zu helfen. Was allerdings niemand
wusste, war die Tatsache, dass ich jedes Mal
auch in Elainas Zimmer gegangen war und
mich umgesehen hatte. Manchmal berührte
ich ihre Dinge, roch daran, um zu sehen, ob
es mir möglich war auch nur einen winzigen
Hauch von ihr wahrnehmen zu können. Ich
mochte es nicht mich daran zu erinnern,
aber fühlte irgendwie, dass es eine zu
570/683
wichtige Erfahrung war, um sie zu ignorier-
en. Wenn ich mich daran erinnerte, was wir
verloren hatten, dann würden mir diese
Erinnerungen helfen, dass es nie wieder zu
einer Wiederholung dieser Ereignisse kom-
men würde.
Mein Plan war noch nicht vollends ver-
wirklicht worden. Aber ich würde nicht stop-
pen bis ich mein Ziel erreicht hätte.
Auf diese Frage wirst du mit ‚ja‘ ant-
worten wollen. Vertrau mir. Und
bezüglich der Nachrichten zwischen
deiner Mutter und mir? Denk einfach
nicht daran. Siehst du? Schon hat sich
das Problem erledigt. War doch ein-
fach. xo N
571/683
Sie war dann erst einmal mit Kundschaft
beschäftigt, die hereinkam und es dauerte
demnach eine Weile, bis sie antworten kon-
nte. Ich liebte es ihrer Stimme bei interna-
tionalen Gesprächen zu lauschen, wenn sie
Italienisch oder Französisch sprach. Es
machte mich einfach scharf und ich war sehr
stolz auf das, was sie aus sich gemacht hatte.
Alles aus eigener Initiative heraus und ohne
Hilfe von Außenstehenden.
Ich denke, du hast vergessen mir die
Frage zu stellen, Captain. Konzentrier
dich, bitte. :P
Ich konnte es nicht abwarten, sie heute
Nacht in meine Wohnung zu bekommen.
Das erste Mal. In meinem Bett. Totale Priv-
atsphäre und die Gewissheit darüber, wo sie
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war und was sie die ganze Nacht lang tun
würde. Und wie sie den nächsten Tag zur
Arbeit kommen würde (mit mir) und wie sie
von der Arbeit aus wieder nach Hause kom-
men würde (mit mir). Ein verdammt riesiges
Fenster, mit den Lichtern von London im
Hintergrund. Nur der Gedanke daran ließ
meinen Schwanz pulsieren. Mein Cherry Girl
und ich hatten eine Verabredung vor diesem
Fenster vor uns.
Würdest du mir erlauben, dich heute
nach Hause zu fahren, Cherry?
Ihre Antwort ließ nicht lange auf sich
warten.
Ja, das darfst du. (Ich liebe es, wenn
du mich „fährst“) *Erötet*
573/683
Ich sah auf die Uhr und seufzte. Noch
fünf Stunden. Noch fünf weitere Stunden um
meine Versprechungen in die Wirklichkeit
umzusetzen und um meine errötende Schön-
heit genau da zu haben, wo ich sie wollte.
„Wann darf ich schauen?“, fragte ich un-
geduldig. „Ich will alles sehen.“
„Noch einen Moment Geduld. Wir sind
fast da.“ Neil hielt meine Hand und führte
mich durch seine Wohnung.
574/683
Ich ließ meine Augen geschlossen, nur
weil er es mir gesagt hat. Eine der unausge-
sprochenen, aber trotzdem verstandenen Ei-
genarten in unserer Beziehung – ein Grund,
warum wir so gut zusammenpassten war,
dass er niemals unentschlossen war, wenn es
um mich ging. Er wusste genau, was er woll-
te, wie er danach fragen, es verlangen kon-
nte, es bekam, oder wenn er musste, wie er
es sich nehmen konnte. Die Kombination
seiner intensiven, dominierenden
Ausstrahlung machte aus Neil ein so umwer-
fendes Gesamtpaket.
Er mochte es, mich mit kleinen Dingen
zu überraschen und mich zu verwöhnen. Er
hat mir geholfen genug Kleidung zu packen,
damit ich die nächsten Tage die der Arbeit
zurechtkomme, ohne einen dieser
575/683
merkwürdigen Alpträume zu bekommen, in
denen alle außer mir angezogen waren. Ich
hasste diese Art von Träumen.
Nachdem ich meiner Mutter einen Kuss
auf die Wange gegeben, das Haus verlassen
und er ihr dafür gedankt hatte, dass er mich
mit zu sich nehmen durfte, führte er mich
zum Abendessen ins Gladstone’s aus. Er war
schließlich ein Romantiker und er war auch
immer schon ein rücksichtsvoller Mann
gewesen und das hatte sich auch nicht
geändert. Der Wein und sein Körper mir ge-
genüber, bei dem mir bei dem Anblick das
Wasser im Mund zusammenlief, ließ mich
ein wenig berauscht zurück, aber ich wusste,
dass ich nirgends sicherer war, als wenn ich
in seiner Nähe war. Allerdings hatte er nun
meinen Schal über meinen fest
576/683
geschlossenen Augen und führte mich blind
an seiner Hand, in die Richtung zu etwas in
seiner Wohnung, das er mir gerne zeigen
würde.
„Jetzt?“, fragte ich erneut.
Er stoppte uns beide und bewegte sich
nur, um hinter mir stehen zu können und
platzierte mich dann mit seinen Händen an
meinen Oberarmen, damit er mich dort hin-
bekam, wo er mich auch haben wollte. Als
nächstes fühlte ich, wie er den seidigen Stoff
meines Schals mit seinen langen Fingern
aufknotete. Ich liebte Neils Finger. Seine
Berührungen waren magisch für mich. Er
berührte mich mit ihnen und ich wurde ein
begieriges Wesen, verzweifelt nach mehr von
ihm, seinen Berührungen und nach Dingen,
577/683
die er mit anderen Teilen seines Körpers
vollbringen konnte.
Meine Augen waren noch immer
geschlossen.
„Du kannst sie jetzt öffnen, Cherry.“
Es dauerte einen Moment bis es mir
möglich war Worte herauszubringen.
„I – ich kann nicht glauben, wie atem-
beraubend das ist.“ Die dunkle Nacht wurde
erleuchtet durch die Millionen von Lichtern
der Stadt London.
Er schwieg.
„Dies ist, was du mir zuerst zeigen woll-
test?“ Ich streckte eine Hand aus und ber-
ührte das Glas. „Die Aussicht aus deinem
Fenster.“ Es war wirklich beeindruckend.
Eine gesamte Glasfront, die den Blick über
London bereithielt, das Alte und das Neue,
578/683
erleuchtet vor dem mitternachtsblauen
Himmel.
„Ja.“ Ich fühlte, wie er zurück trat und
den Kontakt zu meinem Körper unterbrach.
Ich drehte meinen Kopf und sah, wie er
zu einem gepolsterten Stuhl lief, um sich
hinzusetzen.
„Erinnerst du dich noch, nach was ich
dich gefragt habe, als wir das erste Mal in
Hallborough Sex hatten?“, fragte er leise.
„Du wolltest mich nackt, vor der Aus-
sicht des Fensters.“
„Das ist richtig, Cherry. Du erinnerst
dich also…“
„Das tue ich, Neil.“ Ich brachte meine
Hände nach hinten in meinen Nacken und
streifte mit meinen Handflächen sanft durch
meine Haare. „Und jetzt?“
579/683
Ich sah, wie er schwer schluckte und sich
seine Augen weiteten. Ich liebte es, seine Be-
fehle zu hören, also wartete ich darauf, dass
er etwas sagte. Ich liebte den Ausdruck auf
seinem Gesicht in diesem Moment. Wie ein
wildes, einzigartiges Biest, das auf den richti-
gen Moment wartete, um seine Beute anzus-
pringen. Ich war die Beute. Und ich konnte
mich darüber wirklich, wirklich glücklich
schätzen.
„Zieh dich für mich vor diesem Fenster
aus, Cherry. Bis zu deiner Haut…damit die
Aussicht in dieser Wohnung endlich so ist,
wie ich sie mir all diese Jahre gewünscht
habe. Dieses Fenster – diese Aussicht – du
davor. Tu das für mich…jetzt.“
580/683
Ich versuchte, mein rasendes Herz unter
Kontrolle zu bekommen und fing an für
meinen Mann zu strippen.
Er beobachtete mich, ohne sich zu bewe-
gen, in absoluter Stille.
Ich schätzte, dass dies mehr für ihn war,
als das Vorspiel, welches mit großer Wahr-
scheinlichkeit in einer orgasmischen Explo-
sion enden würde. Dies war unser zweiter
Anfang.
Nur seine Augen folgten meinen Bewe-
gungen. Sie verfolgten meine Arme, als ich
mein Kleid auszog und es zu Boden fallen
ließ. Sie verweilten auf meinen Beinen, als
ich den Reißverschluss meiner Stiefel öffnete
und als ich meine Strumpfhose langsam
meine Beine herabstreifte. Sie flackerten auf,
als mein BH neben dem Kleid landete und
581/683
entflammten, als mein Höschen aus meiner
Hand glitt, um geräuschlos auf dem Berg von
Kleidung zu landen, welche bereits den Fell-
teppich zu meinen Füßen bedeckten.
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück
und sah mich durchdringend an, seine Ellen-
bogen stützten dabei seinen mächtigen
Oberkörper, seine Beine waren vor ihm aus-
gestreckt, Fußknöchel gekreuzt. Er schien
nicht den Eindruck zu machen mich hetzen
zu wollen, im Gegenteil, er schien zufrieden
damit etwas zu genießen, das er bereits seit
einer lange Zeit begehrte.
Ich gab ihm so viel Zeit, wie er wollte,
damit zufrieden auf seine nächste Anweisung
zu warten.
„Dreh dich um und schau aus dem Fen-
ster“, sagte er atemlos.
582/683
Das tat ich, total sicher, dass mich
niemand anderes außer Neil sehen könnte.
Der Fotograph in ihm hatte diesen Moment
bereits durchgeplant, es würde kein Gegen-
licht geben. Ich kannte meinen Mann sehr
gut.
Ich hörte das Geräusch eines Reißver-
schlusses, eines Gürtels und von Klamotten,
die zu Boden fielen. Das dumpfe Geräusch
von Schuhen und einer Hose, die abgestreift
wurden; das Klingen von Metall, als Dinge,
wo immer sie auch hinfielen, aufprallten.
„Spreize deine Beine auseinander und
platziere deine Handflächen vor dir, auf dem
Rahmen des Glases.“
Ein Schauder lief meine Wirbelsäule her-
unter, als ich seinem Befehl folgte. Ich war-
tete darauf, dass etwas passierte und wurde
583/683
erregter und ungeduldiger mit jeder
Sekunde, die verging, bis ich ihn plötzlich
ganz nah hinter mir fühlte, auch wenn ich
ihn nicht hatte näher kommen hören.
Ich konnte den würzigen, sauberen Duft
von ihm wahrnehmen und ich fühlte, wie er
lange und kontrolliert an meinem Rücken
entlang ausatmete.
Dann leckte er mit seiner Zunge plötzlich
genüsslich über die Schamlippen meiner
Fotze.
Ich schrie bei dem Kontakt auf, unfähig
die Schreie meiner extremen Lust zu unter-
drücken, als er mein Geschlecht mit seinem
Mund verschlang. Ich wölbte mich ihm ent-
gegen, um ihm einen besseren Zugang zu er-
möglichen und packte den Fensterrahmen
584/683
noch fester, um mich selbst aufrecht zu
halten.
Er war unnachgiebig mit seinem Mund.
Und seine Finger hielten meine Hüften in
einem festen Griff, kneteten mein Fleisch
und hielten mich gleichzeitig gespreizt, dam-
it er mich weiterhin mit seiner Zunge ficken
konnte und zwar bis er spürte, dass ich kam.
Oh ja, er würde wissen, wenn es passierte.
Seine Lippen würden mich spüren und seine
Zunge würde mich schmecken. Jede
Sekunde könnte es jetzt passieren…
Und als er sich dann zurückzog, fiel ich
beinahe zu Boden und weinte.
Ich hatte wahrscheinlich ein Geräusch
des Protestes über meine Lippen kommen
lassen, denn er knurrte nah an meinem Ohr,
„Ich weiß, meine Schöne…ich weiß.“
585/683
Dann machte sein Schwanz da weiter,
wo seine Zunge begonnen hatte.
Wir schrien beide auf, als seine enorme
Länge in mich eindrang und das Ende mein-
er Fotze mit einem scharfen, luxuriösen Sch-
merz erreichte.
„Ich liebe dich so sehr…“, stöhnte er an
meiner Schulter, als er sich langsam aus mir
zurückzog, nur um dann mit einem kraftvol-
len Stoß gewalttätig wieder in mich
einzudringen.
Das Tempo war verboten gut, ein
stoßender Angriff, die Leidenschaft intensiv,
als er seinen Rhythmus mit mir fand. Ich
schwebte an einen Ort, an dem das Denken
nicht möglich war; und auch nicht wichtig.
Wir wussten beide, wo wir waren und was
wir taten.
586/683
Alles fühlte sich richtig an.
So richtig,…als mich Neil gegen die Pan-
oramascheibe seiner Wohnung vögelte,
welche den Blick über London freigab, in all
ihrer mitternächtlichen Pracht. So
richtig,…als Neil mich als sein Eigen mar-
kierte, zum zweiten Mal in unserem Leben.
Er strich mit seiner Hand gedankenverloren
über meine Hüfte, als ob er nicht wollte,
dass ich vergesse, dass er da ist.
Als ob ich das jemals vergessen könnte,
wenn er mich berührte.
Er war von hinten an mich gepresst, als
wir beide auf unserer Seite vor dem Fenster
lagen, kuschelnd auf dem Fellteppich, der
587/683
auf dem Boden lag. Der Teppich war zwar
dekadent weich und auch, wenn ich ihn
schätzte, brauchte ich die Wärme von unten
nicht. Ich hatte meinen Mann an mich ge-
presst, um mich warm zu halten. Mein
Körper verbrannte förmlich von dem, was
wir gerade getan hatten und diese Hitze
würde noch eine Weile andauern. Ich dachte
nicht, dass mir jemals wieder kalt werden
würde.
„Danke“, flüsterte er an meiner Schul-
ter, presste seine Lippen gegen meine Haut,
bevor er sie an einen anderen Punkt meines
Körpers gleiten ließ, kleine sanfte Küsse auf
meiner Haut auf einem Weg über meine
Schulter zu meinem Nacken.
„Es war mir ein Vergnügen“, schnurrte
ich.
588/683
„Deins und meins“, sagte er.
„Ich habe noch immer keine Tour durch
deine Wohnung bekommen, weißt du.“
„Du hast den Teil gesehen, der mir am
meisten bedeutet.“
„Das Fenster bedeutet dir so viel, Neil?“
„Das tut es.“
Er war ruhig für einen Moment und
sagte dann: „Du brauchst sowieso keine
Tour.“
„Warum nicht?“
„Weil das hier auch dein zu Hause ist.
Du wohnst hier.“
Mein Körper versteifte sich aus Schock.
„Ich erinnere mich nicht gefragt worden zu
sein.“
Er rollte mich auf meinen Rücken und
schob sich über mich und brachte seine
589/683
Hand nach oben, um meine Wange zu ber-
ühren. „Cherry, wirst du hier bei mir ein-
ziehen? Dies dein zu Hause machen? Mit
mir?“
Seine schokoladenfarbenen Augen
glitzerten zu mir herunter, sein Daumen
streichelte über meine Wangenknochen. Die
Liebe, die ich in seinen Augen sah, beant-
wortete all die Fragen zu denen ich Ant-
worten brauchte. Ich wusste, er liebte mich,
genauso wie ich ihn. Er hätte mir die Frage
nicht wirklich stelle müssen, denn ich
wusste bereits, dass ich hier zu Hause war.
Zu Hause bedeutet Neil. Ich war nicht mehr
das Mädchen von früher. Die Jahre hatten
uns beide verändert, aber meine Antwort
war wirklich sehr einfach und simpel.
590/683
„Ich liebe dich…also ja“, antwortete ich
ihm mit einem Kuss auf diese wertvollen
Lippen, die genau wussten, wie sie mich
lieben mussten.
Neil stand zuerst auf und bückte sich
dann, um mich von dem Teppich
aufzuheben und dann küsste er mich, sobald
ich in seinen Armen war. Er lächelte mich
an, bewegte sich dann und trug mich den
Flur meines neuen Zuhauses entlang.
Es war mir egal wohin und ich konnte
nur erahnen, dass es seine Absicht war mir
das Schlafzimmer zu zeigen, indem wir von
diesem Moment an zusammen schlafen
würden.
591/683
24
„Das ist so typisch für meinen Bruder,
dass er nicht im Land ist, wenn es
Arbeit für ihn gibt.“
Elaina sah nach, ob sie eine SMS bekom-
men hat, als ich uns zu ihrer Mutter fuhr.
„Das ist, was er mir geschickt hat: ‚Sorry,
Schwesterherz, bin auf dem Weg nach Paris.
Bedeutende Kunden mit viel Geld lassen
mich Vive la France schreien! Scotty kommt
auch ohne mich ganz gut klar. Er ist größer
und stärker als ich. –Ian‘.“ Sie machte ein
verächtliches Geräusch in Richtung ihres
Handys. „Was für ein Blödmann.“
„Wohl wahr. Aber wenn er uns wirklich
bei deinem Umzug helfen würde, würden wir
ihn wahrscheinlich danach nicht mehr
loswerden. Er würde für Stunden bleiben,
mein Guinness trinken und von uns er-
warten ihn zu füttern.“
„Ein sehr guter Punkt, Captain.“ Sie dre-
hte sich im Sitz, um mich ansehen zu
können, während ich fuhr, ihre Stirn
gerunzelt.
„An was denkst du, Cherry Girl? Ich
sehe, wie sich die Räder in deinem hübschen
Köpfchen sehr schnell drehen.“
„Na ja, du solltest deine Augen auf der
Straße haben und nicht auf den Rädern in
meinem Köpfchen“, gab sie zurück, in dieser
593/683
frechen Art, die mich dazu verleitet wirklich
dreckige Dinge mit ihr machen zu wollen,
eine Idee würde dabei ihren Schmollmund
und meinen Schwanz zum Thema haben.
„Du kannst es mir sagen, das ist dir doch
klar.“ Ich griff nach ihrer Hand und nahm
diese in meine. „Ist in der Beschreibung von
meinem neuen Job. Meine Aufgabe als dein
Mann.“
Sie zog meine Hand hoch zu ihren
weichen Lippen und küsste meine Hand-
fläche. „Es ist wegen Mama. Sie hat in letzter
Zeit wieder mehr getrunken und ich mache
mir Sorgen über das Warum.“
„Ist mir auch aufgefallen. Und du denkst
es ist, weil du aus ihrem Haus ausziehst?“
Sie schüttelte ihren Kopf. „Das denke ich
nicht. Ich war für eine so lange Zeit nicht im
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Land und da ist sie auch allein klargekom-
men. Ich bin erst seit ein paar Wochen
wieder daheim und da hätte sie nicht wieder
so schnell so abhängig von mir werden
können. Außerdem war ihr einziger Grund,
mich wieder zurück nach London zu bekom-
men, damit wir wieder zusammenfinden. Sie
will das hier für uns. Also warum würde es
sie runterbringen, wenn ihr Wunsch doch er-
füllt worden ist?“
„Ich weiß es nicht. Aber du hast recht, es
macht keinen Sinn.“ Caroline Morrisons
Stärke und Hingebung mir gegenüber,
beeindruckten mich schon seit Jahren. Ihre
Liebe und Unterstützung ist niemals hinter-
fragt worden. Für mich hat sie die Rolle
meiner Großmutter übernommen, als diese
starb. Da gab es nichts, was ich nicht für sie
595/683
tun würde. „Lass uns versuchen sie für heute
mit uns in die Wohnung zu nehmen. Sie
kann dann mit ihren eigenen Augen sehen,
wo wir leben, dass sie immer willkommen ist
und dass sie uns immer besuchen kann,
wenn sie das möchte. Ich werde euch beide
zum Abendessen ausführen, sobald alles or-
ganisiert ist und vielleicht können wir uns
zusammen tun und Detektivarbeit leisten,
um das Problem aus ihr
herauszubekommen.“
Sie seufzte in ihrem Sitz und gab mir ein
kleines, trauriges Lächeln. „Dir ist schon
klar, dass, als wir beschlossen dich zu adop-
tieren, wir den besseren Deal gemacht
haben, richtig?“
Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein,
meine Süße. Ich bin der glücklichste Mann
596/683
auf der Welt. In dem Punkt bin ich mir abso-
lut sicher und ich werde niemals vergessen,
dass, als ich Ian als Freund gewann, ich nicht
nur einen Bruder zu diesem Zeitpunkt ge-
wonnen habe, sondern auch noch eine ganze
Familie.“
In dem Moment, in dem wir das Haus be-
traten, wusste ich, dass etwas nicht stimmte.
Es war viel zu ruhig. Neil fühlte es auch. Es
wurde mir klar, als er seinen gesamten Körp-
er anspannte und wie er sich zwar schnell,
597/683
aber methodisch durch das Haus auf der
Suche nach Hinweisen bewegte.
„Mama?“, rief ich laut.
Stille.
„Sie hat uns erwartet. Sie wusste, wir
würden um die Mittagszeit vorbeikommen,
um alles zusammenzupacken“, fasste ich lo-
gisch zusammen, während ich mir immer
größere Sorgen machte.
„Ihr Auto steht vor der Tür. Vielleicht ist
sie nur gerade bei einem Nachbar oder so – “
Er hörte auf zu reden und sah an die Decke,
als ob er ein Geräusch gehört hätte. Er zeigte
nach oben. „Euer Dachboden hat eine
Treppe zum Herausziehen, richtig?“
„Ja schon, aber warum würde sie denn
auf den Dachboden gehen – “
598/683
Ein lautes Rumsen war über uns zu
hören.
Neil war schon im zweiten
Obergeschoss, um die Leiter nach unten zu
lassen, bevor ich überhaupt den halben Weg
der Treppe hinter mir hatte. Die Stufen hat-
ten sich noch nicht einmal völlig entfalten
können, da war er schon dabei auf den Dach-
boden zu klettern.
„Siehst du sie?“, fragte ich ungeduldig.
Ich hörte ihn sagen: „Ach, Mom, das ist
nicht gut für dich.“
„Es geht mir gut, Schatz.“ Ihre Stimme
klang nach meiner Mutter, aber als ich die
Leiter nach oben kam und sie sah, sah sie
nicht wie meine Mutter aus. Sie sah
durcheinander aus, trug noch immer ihr
Nachthemd, das Haar nicht gebürstet und
599/683
zudem war sie angetrunken und es war noch
nicht einmal Mittag.
„Mama,…was ist passiert?“ Ich setzte
mich neben sie auf ein altes Sofa und legte
meinen Arm um ihre Schultern. „Hast du die
ganze Nacht hier oben verbracht? Es ist
eiskalt.“ Ich rieb ihre Arme mit meinen
Händen, um sie etwas aufzuwärmen.
Sie hielt eine Hand nach oben und ließ
sie dann wieder fallen. „Hach, Elaina…“ Sie
drehte ihren Kopf von mir weg und fing an,
leise zu weinen. Kartons mit den Sachen
meines Vaters und Erinnerungen, waren
geöffnet und um uns herum verteilt worden,
neben einer Flasche Bombay Sapphire und
Schweppes Gin Tonic. Das Wichtigste schien
allerdings ein Brief zu sein, den meine Mut-
ter an ihre Brust gedrückt hielt.
600/683
Ich wollte, dass sie mich ansah, aber sie
ließ ihren Blick von mir abgewandt. Sie
weinte allerdings noch immer, der Brief auch
weiterhin an ihre Brust gepresst.
Neil hockte sich vor sie auf den Boden,
um auf Augenhöhe mit ihr sprechen zu
können. „Was ist das, Mom?“ Er berührte
eine Ecke des Papiers. „Darf ich es lesen?
Hat dich etwas, das in dem Brief stand,
traurig gemacht?“
Sie erlaubte ihm den Brief zu nehmen.
„Was steht drin?“, verlangte ich zu wis-
sen, auch wenn ich sehr wohl wusste, dass er
den Inhalt noch nicht gelesen haben konnte.
Manchmal weißt du einfach, dass irgen-
detwas schlimm war. Das Gefühl von Grauen
hüllte mich ein und bestätigte ohne Zweifel,
dass was auch immer dieser Brief zum Inhalt
601/683
hatte – es etwas sehr Verhängnisvolles sein
musste.
Neil erblasste und mein Herz setzte ein-
en Schlag aus, während ich weiterhin ver-
suchte meine Mutter etwas aufzuwärmen, in
dem ich ihre Arme entlang rubbelte.
„Es ist von dem U.S. Verteidigungsmin-
isterium in Washington D.C..“ Er sah mich
mit Mitgefühl aus seinen wunderschönen,
dunklen Augen an, welche mir deutlich
machten, wie sehr er mich liebte und das er
versuchte den Schlag, der mich gleich treffen
würde, sanfter ausfallen zu lassen.
Meine Hand flog sofort zu meinem
Mund, um mich zu wappnen. „Papa?“
„Ja. Sie haben die Überreste von George
Morrison durch eine fortgeschrittene DNA
Analyse identifiziert. Es ist ein
602/683
Herzenswunsch der Familien…damit die let-
zte Ruhestätte für die Überreste…organisiert
werden kann.“ Neil hasste es, uns diese
Worte mitteilen zu müssen. Ich konnte se-
hen wie sehr es ihn schmerzte.
„Hach…Mama…“ Nichts anderes wollte
über meine Lippen kommen. Ich war schock-
iert, versuchte aber gleichzeitig
herauszubekommen was uns der Inhalt des
Briefes eigentlich sagen wollte und sorgte
mich über den derzeitigen Zustand meiner
Mutter, aber konnte auch an nichts denken,
was ihr irgendwie helfen würde. Was sollte
ich auch sagen? Papa war nicht mehr bei
uns, so wie er es nicht mehr war seit dem 11.
September 2001. Dies brachte die ganzen
Gefühle, die ich in den Tiefen meiner Erin-
nerungen vergraben hatte, wieder zur
603/683
Oberfläche. Ich konnte mir nicht einmal vor-
stellen, wie es meiner Mutter im Moment ge-
hen musste…und dass sie es nicht mit uns
geteilt hatte, nicht einmal mit ihren Kindern.
Naja, ich konnte sehen, wie sie damit um-
ging. Mit einer Flasche Bombay Sapphire.
Und das machte mir verdammt nochmal
Angst.
„Mom,…wann hast du den Brief denn
bekommen?“, fragte Neil leise.
Ein qualvoller Schluchzer kam über ihre
Lippen und dann sagte sie: „Er kam Freitag
vor einer Woche.“
Ich hatte Angst die nächste Frage zu stel-
len, aber ich musste es einfach tun. Ich sah
zu Neil und sammelte all meinen Mut
zusammen, denn ich hatte eine Ahnung, was
604/683
sie sagen würde. „Was sollen wir tun,
Mama?“
Sie wirbelte zu mir herum und sah mich
an, nahm meine Wange in ihre Hand und
hielt sie dort. Tränen wellten über ihr
faltiges, aber noch immer wunderschönes
Gesicht und dann verriet sie mir, was sie sich
von mir wünschte.
„Mein Schatz, bitte – bitte geh dort hin
und bring ihn zurück – bring deinen Papa
zurück nach Hause – zu seiner Familie, die
ihn liebt. Ich k-kann den Gedanken nicht er-
tragen, dass er…d – dort ganz allein…und so
weit weg von uns ist.“
„In Ordnung, Mama. Ich werde gehen.“
Ich antwortete ihr schnell, denn ich
wusste bereits, was sie mich fragen würde.
Und außerdem gab es keine andere Antwort,
605/683
die ich ihr hätte geben können. Ich würde
nach Washington D.C. fliegen, um meinen
Vater zu holen und ihn wieder nach Hause
bringen. Es war egal wie sehr es wehtun
würde, ich würde tun was gemacht werden
musste.
„Und ich werde die ganze Zeit an ihrer
Seite bleiben“, sagte Neil, umarmte uns
beide mit seinen starken Armen, die, Gott sei
Dank, das Gewicht beider unserer zwei
gebrochenen Herzen tragen konnten.
Die Totenhalle des Dover Luftwaffen-
stützpunktes bewahrte die Überreste der
606/683
Opfer der Attacke auf das Pentagon vom 11.
September auf. Ich wunderte mich, wie sie
all die Familien handhabten, die hier im let-
zten Jahrzehnt den gleichen Weg wie wir
gerade, gehen mussten. Familien, die ihre
verlorenen Angehörigen betrauerten. Aber
vor allem machte ich mir darüber Sorgen,
wie sie mit Elaina umgehen würden. Ich
nahm ihre Hand in meine und hob sie an
meine Lippen, als wir den Gang zusammen
entlangliefen.
„Okay?“, fragte ich.
Ihre mitternachtsblauen Augen blinkten
mehrmals, bevor sie endlich nickte. „Ich bin
wirklich erleichtert, dass du hier bist.“
„Nichts hätte mich davon abhalten
können. Wo auch immer du bist, da muss
auch ich sein.“
607/683
Elaina hauchte ‚liebe dich‘ zu mir, als wir
weiterhin der Soldatin folgten, die uns den
Gang entlang führte.
Sie hielt vor einem Raum, der so her-
gerichtet war, wie der Sichtbereich in einem
Bestattungsinstitut. Trübe Beleuchtung,
reich an Dekor, mit bunten Glasfenstern und
sogar einer Art Podium. Diese ganze Er-
fahrung war gespenstisch. Der Gedanke
daran, dass die Menschen in dieser Einrich-
tung so viele – nur teilweise vorhandene –
Überreste der lebenden Angehörigen über-
gaben, so oft, und an so viele Familien – dass
die Amis gezwungen gewesen waren, nur für
diesen Zweck Raum zu schaffen – war dep-
rimierend. Ich machte mir Sorgen darüber,
mit was Elaina konfrontiert werden würde.
Es brauchte nicht viel um zu erkennen, dass
608/683
es keinen Körper von George Morrison
geben würde. Wenn es einen Körper gegeben
hätte, wäre er sofort identifiziert worden und
nicht mehr als ein Jahrzehnt später. Es
würde wenig geben, um der Familie zu
übergeben; ich wollte nicht, dass Elaine, ihre
Mutter, oder ihr Bruder so etwas durchleben
müssen.
„Hier hindurch und Sie können alles in
Besitz nehmen.“ Wies Gefreite Knowles mit
ihrem Arm. „Die Unterlagen sind auf dem
Altar, neben den Überresten Ihres Vaters,
platziert und Sie werden auch diese Unterla-
gen mit sich nehmen.“ Sie gab Elaina An-
weisungen und sprach dabei direkt mit ihr.
„Der Raum steht zu Ihrer Verfügung, solange
Sie diesen benötigen. Sobald Sie gehen
möchten, benutzen Sie bitte den Ausgang,
609/683
zum Gang hinaus und gehen Sie dann nach
rechts. Wenn Sie aus dem Gebäude kommen,
werden Sie ein Auto sehen, das sie wieder
zurück ins Hotel bringen wird.“ Sie lächelte
sanft, als ob sie ihre kleine Rede bereits
tausende Male absolvieren musste und dies
bereits in ihrem Schlaf schaffen würde.
„Nehmen Sie sich aber alle Zeit der Welt.
Wann immer Sie bereit sind.“
Ja, Dover musste dies meiner Meinung
nach schon viel zu oft miterleben. Die Amis
hatten ein Protokoll, welches in den letzten
Jahren perfektioniert worden war. Ich hasste
die gesamte Prozedur. Ich hasste es, dass Ge-
orge Morrison in einer Terroristenattacke
getötet wurde. Ich hasste es, dass ein guter
Mann einfach so ausgelöscht worden war,
wie so viele andere auch, in einem sinnlosen
610/683
Krieg, wegen Semantiken…und Idealen, we-
gen Meinungen, welche niemals jemand zu
ändern im Stande wäre. Einfach sinnlos und
bescheuert.
Mein eigener Dienst, in demselben
Krieg, hat mich irgendwie zum Zyniker wer-
den lassen. Truppen zu sehen, die vor mein-
en Augen sterben mussten, werde ich wohl
niemals vollständig aus meinen Gedanken
vertreiben können. Verlorene Freunde und
Brüder, Menschen, mit denen du gesprochen
hast, mit denen du gegessen hast. Menschen,
denen du dein Leben anvertraut hast. Ver-
loren. Gestorben. Tot. Es war schwer kein
schlechtes Gewissen zu bekommen, wenn ich
doch noch immer ein Leben hatte, aber diese
Menschen nicht mehr. Warum die und nicht
ich?
611/683
Außerdem hasste ich es, dass die Tochter
hier herkommen und die wenigen Überreste
ihres Vaters abholen musste, ein Jahrzehnt
nach seinem Tod, damit die Familie etwas
hatte, um es zu bestatten. Ich hasste, was die
Umstände mit Mutter angerichtet hatten,
mit Ian und auch mit Elaina. Es machte
einem klar, wie schnell eine geliebte Person
für immer aus dem Leben gerissen werden
konnte. Genau wie Großmama – wie meine
Mutter.
Gefreite Knowles salutierte und verließ
uns, das Geräusch ihrer Schuhe in einem
gleichmäßigen Schritt, in einem gleichmäßi-
gen Takt, als sie sich von uns entfernte und
uns in der Stille zurück ließ.
Elaina ging in die Richtung des Altars
und ließ dabei niemals meine Hand los. Sie
612/683
war nicht zusammengebrochen und es war
ihr auch nicht anzusehen, ob es sie störte
hier zu sein, aber ich wusste, dass es sehr
schwer für sie sein musste diese Reise zu
machen. Es gab nie einen Zweifel darüber,
ob ich sie begleiten würde oder nicht. Sie
brauchte mich und das war alles, was ich
wissen musste. Familie kam zuerst. Die Mor-
risons waren meine Familie.
Wir hielten am Altar und schauten auf
die zwei Dinge, die dort bereit lagen, her-
unter. Ein Umschlag und ein kleiner quad-
ratischer Karton aus Pappe, mit einem
selbstschließenden Deckel, auf dem sein
Name und die Adresse vermerkt waren.
Elaina streckte ihre Hand aus und ber-
ührte es.
„So winzig…“
613/683
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
Ich legte einfach meinen Arm um sie und
schaute nach unten auf diese kleine Box,
welche einige wenige Überreste ihres Vaters
innehatte.
Eine ganze Person auf das reduziert, was
in einen winzigen Pappkarton passte.
„Lass uns jetzt gehen“, sagte sie.
Elaina nahm die Box und den Umschlag
hoch und sah zu mir auf. Ihr wunderschönes
Gesicht wirkte ausdruckslos, ein Beweis
dafür, dass sie unter Schock stand. Sie kon-
nte es wahrscheinlich nicht glauben, wie
wenig man ihr von ihrem Vater überreicht
hatte, um es mit nach Hause zu nehmen.
„Ich will diesen Ort jetzt bitte verlassen.“
Also begleitete ich sie nach draußen in
die Sonne. Ein paar wenige Wolken in einem
614/683
blauen Herbsthimmel über unseren Köpfen.
Wir beiden schauten nach oben und ich
schätzte, wir dachten beide das Gleiche; ein
Gedanke, der nicht laut ausgesprochen wer-
den musste.
Dieser Tag war dem Tag, als George
Morrison sein Leben verlor, sehr ähnlich.
Ich saß an dem Tisch in unserem Hotelzim-
mer und starrte die Box an. Eine Box, die
meinen Vater als Inhalt hatte. So viele Emo-
tionen machten sich in mir breit. Dinge, die
615/683
ich für Jahre versucht hatte zu verdrängen,
denn die Zeit lindert den Schmerz, wenn du
dein tägliches Leben absolvieren musst. Und
auch wenn ich noch ein Kind war als er
starb, je mehr Jahre ich ohne ihn sein
musste, desto weniger Zeit hatte ich im Ver-
gleich dazu mit ihm verbringen können.
Wenn ich nun darüber nachdachte, war das
Sterben einfacher als das Loslassen. Wenn
die Person weg war, hast du keine andere
Wahl, als es zu akzeptieren. Der Tod ist das
Ende. Wenn sie aber noch am Leben war, für
dich aber verloren, dann bleibt auch der Sch-
merz am Leben.
Aber meine Mutter hatte viele wunder-
volle Jahre mit meinem Vater gehabt. Ich
dachte an Neil, und wie es für mich sein
würde, wenn uns etwas Ähnliches passieren
616/683
würde. Wenn er plötzlich einfach…fort wäre.
Und wenn es nie wieder eine Chance gäbe,
noch einmal mit ihm zusammenzusein. Ich
schauderte. Jep, scheint, als ob Gin & Tonic
jeden Tag für den Rest meines Lebens eine
Möglichkeit für mich wäre, wenn ich es mal
nüchtern betrachtete. Meine Mutter hatte
ihren Ehemann verloren, den Vater ihrer
Kinder, die Liebe ihres Lebens. Wer war ich
denn schon um zu verurteilen, wie sie ihre
Trauer versuchte zu bewältigen? Mir war
nicht einmal klar, wie ich diese – wie sollte
ich es eigentlich nennen? – Überreste
meines Vaters für meine Mutter übergeben
sollte, sobald wir daheim ankommen
würden.
„Neil, ich kann ihn doch nicht zu meiner
Mutter zurückbringen in dieser…Box. Da
617/683
muss es etwas Besseres geben, das wir ben-
utzen können.“
Seine Antwort war, dass er seine Hand in
meinen Nacken legte und mit seinem Dau-
men über meine Haut streichelte. Er war so
gut mit allem gewesen, zeigte mir, mit seiner
Stärke und seiner Unterstützung, wie sehr er
mich und meine Familie liebte. Ich hatte Neil
wehgetan als ich ihn vor sechs Jahren ver-
ließ. Ich verstand jetzt wie sehr es ihn getrof-
fen hatte, als ich ihn zurück ließ, so sehr,
dass es ihm nicht möglich war mich irgend-
wo ohne ihn hingehen zu lassen. Ich
schätzte, dass er noch immer Angst hatte, ich
würde nicht zu ihm zurückkehren.
Das war etwas, das mich sehr quälte,
sobald ich die Zeichen seiner zwanghaften
Sorge um mich bei ihm erkannt hatte. Ich
618/683
fühlte mich deshalb schuldig und ich mochte
es nicht, mich so zu fühlen. Ich wusste, dass
er mich auf den Monitoren seines Büros in
der Arbeit beobachtete; dass er mich an
meinem Schreibtisch sehen und zu den Kun-
den sprechen hören konnte. Ich war geduldig
mit ihm, aber ich dachte nicht, dass es ge-
sund für unsere Beziehung war.
„Ich denke, dass ich draußen einige
Läden gesehen habe, Läden mit antiken
Stücken und auch Leihhäuser. Vielleicht
kannst du dort etwas Angemessenes finden.
Willst du gleich gehen?“, fragte er.
„Du musst mich nicht begleiten, weißt
du.“ Ich seufzte, ohne es zu wollen. „Ich
komm auch allein klar. Es ist einfach nur
eine Reihe von Läden in der Straße, in der
auch das Hotel liegt.“
619/683
Er schüttelte seinen Kopf und runzelte
die Stirn. „Ich komme mit – “
„Du musst dir keine Sorgen mehr
machen, Babe. Ich weiß, dass ich dir sehr
wehgetan hat, als ich dich einfach so ver-
lassen habe und ich werde es wahrscheinlich
nie wieder gut machen können.“ Ich legte
meine Hand auf seine Wange. „Aber ich
werde immer wieder zu dir zurückkommen.
Ich liebe dich und ich kann nicht ohne dich
leben. Nichts wird mich jemals wieder von
meinem Mann fern halten können. Ich
werde immer wieder zu dir zurückkommen.
Das verspreche ich.“
Der Ausdruck in seinem Gesicht riss
mein Herz beinahe entzwei. Seine Augen
füllten sich mit Tränen und er brachte seinen
Kopf zu meinem Schoß und verweilte dort
620/683
für eine Weile, ohne etwas zu sagen. Er
nahm meine Hand in seine und hob sie zu
seinen Lippen. Ich strich mit meiner anderen
Hand durch seine Haare und genossen ein-
fach das Gefühl, ihm so nahe zu sein. Keine
Worte waren nötig. Wir konnten uns auch
ohne Worte ausdrücken.
Entscheidungen waren dauerhaft und
auch wenn wir einige davon bereuen
würden, wir würden sie nicht zurücknehmen
können. Ich hatte einige schlechte
Entscheidungen getroffen. Neil genauso. Ich
denke, das Beste auf das wir hoffen konnten
war, dass wir uns an jedem Tag, den wir
noch übrig hatten, ehrlich lieben würden.
Und auf viele, viele Jahre ähnlicher Tage in
unserer Zukunft zu hoffen.
621/683
Er hatte noch immer seinen Kopf in
meinem Schoss, als er fragte: „Ich würde
dich gerne irgendwo anders hinbringen, be-
vor wir wieder nach London zurückkehren.
Bitte?“
„Natürlich, Babe“, antwortete ich sofort.
„Wo auch immer du bist, da werde auch ich
sein.“
622/683
25
Von Washington D.C. aus brachte
mich Neil nach Schottland.
Er sagte mir, dass er nur eine Woche
wollte, in der wir uns ausruhen und zusam-
men sein konnten, ohne Ablenkungen von
der Arbeit, oder unzählige andere Probleme,
die ein Talent dafür hatten, die
Aufmerksamkeit von dem, was du wirklich
tun wolltest, zu beanspruchen. Er brauchte
mich ganz für sich allein. Seine Worte.
Außerdem sagte er, dass es an der Zeit
wäre mir die Erbschaft von seinem Onkel,
den er niemals getroffen hatte, zu zeigen.
Die gesamte Situation war noch immer
schwer zu glauben. Neil, ein Groß-
grundbesitzer, und so wie es aussah war da
ein Haufen an Land involviert.
„Ich kann es nicht fassen“, murmelte ich,
als ich aus dem Fenster des Autos sah und
wir in die lange Einfahrt einbogen, die mit
vielen Bäumen an der Seite geschmückt war.
„Was kannst du nicht fassen, Cherry?“
Neil machte diese für ihn typische Sache, wo
er mich versuchte zu überraschen und zwar
in dem er mir keinerlei Informationen ver-
riet, nur um mich zu foltern. Machte mich
wahnsinnig, aber er schien es zu genießen.
624/683
„Das ist ein verdammtes Anwesen mit
einem enormen Anteil an Land und…und,
naja, du hast es dargestellt als wäre es nur
ein altes Haus, an einem Ort mit ein paar
Bäumen und nicht etwas aus Stolz und
Vorurteil.“
„Meinst du etwa das Haus von Mr.
Darcy?“
„Jep, es heißt Pemberley, nur damit du
es weißt.“ Ich hatte Neils Haus noch nicht
gesehen und wurde langsam echt un-
geduldig, als ich aus dem Fenster sah.
„Ich werde es mir notieren.“ Er lehnte
sich rüber, um mir einen Kuss auf die
Schläfe zu geben. „Ich weiß, wie du deine
Liebesromane liebst. Du liest immer im
Bett.“
625/683
„Und du lenkst mich immer ab, wenn ich
versuche im Bett zu lesen.“
„Da hast du verdammt nochmal Recht,
Frau. Denkst du etwa, ich wäre ein Idiot?“ Er
lehnte sich näher an mich heran, um Küsse
auf meinen Nacken rieseln zu lassen.
„Shhh“, flüsterte ich und versuchte un-
auffällig auf den Taxifahrer zu zeigen.
„Ich küsse doch nur deinen Hals“,
flüsterte Neil zurück, „das macht nicht ein-
mal Geräusche.“
Ich schaute weiterhin aus dem Fenster
und ein Schrei kam über meine Lippen,
sobald das Taxi eine Minute später in eine
weitere, aber diesmal private, Einfahrt bog.
„Wer braucht jetzt ein strenges ‚Shhhh‘,
häh?“
626/683
Ich schenkte ihm keine Aufmerksamkeit.
Meine Augen waren gefesselt von dem, was
die Straße umrahmte. Auf beiden Seiten von
uns waren Bäume, bedeckt von weißen und
rosa Blüten, zu sehen. Etwas Ungewöhn-
liches für November, denn sie blühten. Die
Herbst-Kirsche. Genau dann blühen die
Bäume ein zweites Mal. Den ganzen Weg der
Einfahrt entlang, bis zum Haus.
„Das sind die Kirschbäume im Herbst,
von denen du mir erzählt hast…“
„Genau, Süße. Sind sie nicht
unglaublich?“
Ich antwortete nicht. Ich konnte es nicht,
denn meine Stimmbänder waren einge-
froren. Ich nickte meine Antwort nur, dabei
war eine meiner Hände gegen das Fenster
gepresst.
627/683
Eine Flut von Tränen bahnte sich bereits
ihren Weg über mein Gesicht.
Die nächsten Minuten waren verschwom-
men, denn ich konnte einfach nur heulen.
Neil wusste allerdings, was er zu tun hatte.
Gott sei Dank übernahm er komplett die
Kontrolle über alles in seinem Leben und an-
scheinend auch über mich. Er wusste immer
genau, wann er es tun musste; vor allem,
wann er die Kontrolle über mich überneh-
men musste.
Er bezahlte den Fahrer und schickte ihn
fort, bevor er mich die Treppen seines
Hauses auf meinen wackligen Beinen nach
oben führte.
628/683
Anwesen war allerdings eine weitaus
bessere Beschreibung für das, was ich gerade
anstarrte.
Vier massive, weiße Steinsäulen hielten
die Fassade aufrecht, welche eine wunder-
schöne Tür, die in einem dunklen Blau
gestrichen worden war, besaß. Gelbe und
graue Steine, mit gepflegt aussehenden
weißen Ziegeln, bildeten den Rest des
Hauses. Das Haus wurde umrahmt von gi-
gantischen Kiefern- und Eichenbäumen in
einem sattgrünen Park, einer der unendlich
weit zu reichen schien.
Er grüßte dann einen älteren Mann mit
grau werdendem Haar, der oben auf den
Treppen auf uns zu warten schien. Neil stell-
te ihn mir als Batesman vor und die beiden
unterhielten sich für ein paar Minuten,
629/683
während sich meine Knie anfühlten, als
würden sie jeden Moment nachgeben. Ich
machte einen heldenhaften Versuch Hallo zu
sagen und den armen Mann dabei nicht zu
Tode zu erschrecken. Ich bezweifelte allerd-
ings, dass ich in diesem Punkt erfolgreich
war. Na ja, wir werden auf die Nacht warten
müssen, vielleicht trifft es ihn dann? Augen-
blick, die viel wichtigere Frage wäre – Neil
hat Diener? In seinem schottischen An-
wesen? Auf seinem verdammten Landsitz?!
Mein Kopf tat plötzlich irgendwie weh.
Ich brauchte auf jeden Fall ein gi-
gantisches Glas Rotwein und dann gefolgt
von etwas sehr viel Stärkerem. Dies war
Schottland; vielleicht gab es Flaschen von
jahrhundertealtem Whiskey im Keller, übrig
geblieben von den Zeiten Jack Sparrows und
630/683
seinesgleichen. Ich bin mir ziemlich sicher,
dass mein sarkastischer Gedanke näher an
der Wahrheit war, als ich mir vorstellen
konnte.
Ich folgte Neil, als er mich an der Hand
führte und fühlte mich wirklich immer mehr
fehl am Platz. Die Sicherheit, die ich bei ihm
fühlte, wurde irgendwie bedroht. Das war
alles neu für mich. Ein Teil von ihm, den ich
nicht kannte und was in seinem Leben ein
Platz gefunden hatte, zu einer Zeit, als ich
keinen Platz darin hatte. Er hat alles über
dieses Land gelernt – ohne mich.
Ich ließ ihn mich blind führen, denn
meine Augen waren gefüllt mit Tränen und
ich war nicht länger in der Lage, das Innere
dieses beeindruckenden Hauses zu
erkennen.
631/683
Neil wusste genau, was mit mir los war.
Er wusste es immer.
Ohne ein Wort hielt er unten an einer
riesigen Treppe an und hob mich in seine
Arme. Er trug mich die Marmortreppen hin-
auf und brachte mich in einen Raum mit
einem Himmelbett, welches mit einer
weichen, weißen Bettdecke bedeckt war.
Er legte mich auf den weichen, flauschi-
gen Bezug und lehnte sich über mich. Seine
Augen sahen mich genau an, lasen mich, ver-
standen wie schwer es für mich war das
Bedauern über damals hinter mir zu lassen.
Er teilt dieses Gefühl mit mir. Ich wusste, er
bedauerte es auch und das war der Grund,
warum er mir vergeben hatte.
„Ich weiß genau, was du brauchst,
Cherry“, sagte er mir, als er sich ein wenig
632/683
von mir zurückzog. „Ich werde mich um dich
kümmern.“
Seine weichen Lippen küssten mich und
seine warme Zunge leckte jede einzelne
Träne von meinem Gesicht, bis jeder traurige
Gedanke, jedenfalls für diesen Moment, in
den Hintergrund gedrückt worden war. Er
zog mir langsam die Sachen aus,
Kleidungsstück für Kleidungsstück, bis ich
völlig nackt war und er seine Hände und Lip-
pen ungestört über mich gleiten lassen
konnte.
Bis kein Part meines Körpers länger un-
berührt war. Bis er mir so viele Orgasmen
geschenkt hatte, dass es mir nicht länger
möglich war sie zu zählen. Bis er mich davon
überzeugt hatte, dass ich an seine Seite
633/683
gehörte, hier in Schottland. Oh ja, mein
Mann kannte mich gut.
Er verließ das Bett und zog seine eigene
Kleidung aus. Noch viel langsamer, als er es
bei mir getan hatte. Er war bereit für mich,
weit bevor seine Hose irgendwo auf dem
Boden landete.
Als er wieder ins Bett kam, setzte ich
mich auf und legte meine Hände auf seine
Brust, stieß ihn rückwärts auf das weiche
Bett. „Ich bin dran.“
Er lächelte mich an, seine Lippen noch
immer feucht von dem, was er mit mir in den
letzten Minuten gemacht hat, als er verstand,
was genau ich vorhatte.
Ich machte es mir bequem und nahm
seinen dicken Schwanz in meine Hand,
meine Hand streichelte seine samtweiche
634/683
Haut entlang, welche die steinharte Länge
darunter bedeckte. Ich schloss meinen Mund
um seine Eichel und saugte an seinem Sch-
wanz, während ich ihn tiefer und tiefer in
meinem Mund führte.
„Oh, heilige Scheiße ja…“, knurrte er, als
ich mich um seinen wunderschönen Penis
kümmerte.
Und er war wunderschön. Neil auf dem
Höhepunkt seiner Leidenschaft war atem-
beraubend mit anzusehen. Ich würde nicht
nein sagen, wenn er mir ein oder zwei Bilder
von diesem Augenblick anbieten würde. Die
einmalige Schönheit eines Mannes mit
einem Körper, der zur Vollendung geformt
war, angespannt und straff, wegen dem, was
ich mit ihm machte. Wegen dem, was ich ihn
635/683
fühlen ließ. Mit all der Liebe, die ich ihm aus
meinem vollen Herzen schenken konnte.
Ich saugte hart an ihm und wartete nun
darauf, dass er seinen Samen in meinen
Mund ergoss, aber er entzog sich plötzlich
meinem Mund und weg von mir.
„Nein, ich will – “, flüsterte er scharf, be-
vor er sich neu positionierte und mich unter
meinen Armen anhob. Er setzte mich auf
seinen Schoss, setzte mich auf seinen Sch-
wanz und drang mit einem Stoß tief in mich
ein. Er übernahm die Kontrolle über seinen
Orgasmus, als sein Mund meinen bedeckte
und seine Zunge in meinen Mund eindrang,
genauso hart wie sein Schwanz gerade mein
Geschlecht für sich beansprucht hat.
„Cherry, Cherry…Cherry – Ich liebe
DICH“, keuchte er an meinen Lippen.
636/683
Seine Hände hielten meine Hüften in
einem festen, fast schmerzhaften Griff, hiel-
ten unsere Körper fest aneinander gesch-
weißt, sein Schwanz tief in mir vergraben,
auch noch, als er sich zurück in die Weich-
heit des Bettes fallen ließ und mich mit sich
zog.
Nachdem wir von dem Höhepunkt
wieder runtergekommen waren, bedeckte er
uns mit der Bettdecke, um die Kühle des
Herbstwetters von uns fern zu halten. Ich be-
wegte mich ein wenig, aber er griff sofort mit
beiden Händen an meinen Hintern, um un-
sere Verbindung nicht aufgeben zu müssen.
„Beweg dich nicht.“
Ich berührte sein Gesicht und hielt mich
an ihm fest. „Warum?“
„Weil ich in dir sein will.“
637/683
„Warum?“ Ich hatte meine Theorien
über das, was er tat.
Seine Augen schauten nach links, verri-
eten damit, dass er etwas verbarg. „Ich liebe
es, danach in dir zu sein. Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch und ich denke, ich
weiß, was du hier versuchst.“ Ich ruhte mein
Kinn auf seinem Brustbein, damit ich ihm
nicht wehtun würde. „Es wird aber wahr-
scheinlich nicht funktionieren. Du weißt
doch, dass ich die Pille nehme. Du hast gese-
hen, wie ich sie nehme.“
Er seufzte leise. Ich konnte sehen, dass
er enttäuscht war, dass ich seine Motivation
darüber, warum er in mir kommen wollte,
herausgefunden hatte, und warum er nicht
in meinem Mund kommen wollte.
638/683
„Ich hoffe sie versagen irgendwann,
denn du bist die einzige Frau, die jemals die
Mutter meiner Kinder sein wird.“
Als ich letztendlich meinen Neandertaler-
plan zugab, dass ich sie schwängern wollte,
damit ich sie nie wieder verlieren könnte,
lächelte sie. Mein Cherry Girl kannte mich
gut.
„Du musst mich nicht schwängern, um
mich bei dir zu behalten – ich würde so oder
so bleiben“, sagte sie sanft, bevor sie ihren
Kopf auf meiner Brust niederließ.
639/683
Ich strich ihren Rücken entlang und
stellte mir sie und mich, mit unseren zukün-
ftigen Kindern vor. Da wird es einige geben,
dachte ich so bei mir. Jungen und Mädchen.
Sie würden wie sie aussehen und sie würden
niemals ein Leben ohne liebende Eltern er-
leben müssen. Wir würden sie ihr ganzes
Leben lang begleiten, ihnen dabei helfen
aufzuwachsen und gute Menschen zu
werden.
„Ich arbeite noch immer daran“, sagte
ich. „Ich habe einen Plan, Cherry…und, wie
du schon weißt – “ Ich hustete und murmelte
die Worte: „Selbstverteidigungskurs“ unter
meinem Atem, „ – nehme ich meine Pläne in
Bezug auf dich immer sehr ernst.“
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Sie kicherte und ließ ihre Hand über
meine Brust heruntergleiten, um mich in die
Seite zu kneifen.
„Also das wirst du bereuen, meine
Schöne“, sagte ich zu ihr, als ich sie unter
mich rollte.
Ich hielt mein Versprechen.
Immer und immer wieder.
Sechs Wochen später
„FROHES NEUES JAHR!“ Die einstimmigen
Rufe der Gäste ertönten und dann wurde es
ruhiger, als sich die Paare küssten, um das
neue Jahr zu begrüßen. Die anderen waren
641/683
mir allerdings egal. Nur eine Person hatte
meine volle Aufmerksamkeit.
Und mein Herz.
Jeder hatte heute auf der Party beson-
ders gute Laune, denn es wurde bekannt
gegeben, das BSI den Vertrag, dass wir die
Sicherheit der Königsfamilie bei den
Olympischen Spielen nächsten Sommer sich-
erstellen sollten, in der Tasche hatten. Und
das war eine bedeutsame Sache für unser
Unternehmen. Allerdings hatte ich mo-
mentan etwas noch Bedeutsameres im
Sinne. Der Fokus lag auf meinem Cherry
Girl, denn mir lief das Wasser zusammen,
sobald ich sieh ansah.
Sie trug ein schokoladenbraunes Kleid
aus Spitze, das ihre Figur auf eine Art um-
schmeichelte, die wirklich illegal sein sollte.
642/683
Ihre himmelblauen Schuhe und der Sch-
muck, die Farbe, die sie so sehr liebte, sahen
atemberaubend zusammen aus. Ihre einz-
igartigen, kirschfarbenen Haare waren zu
einer Seite arrangiert und fielen in sanften
Wellen über ihre Schulter. Ich würde meine
Hände später darin vergraben. Sobald ich sie
zu Hause hatte und ihr Kleid nirgends zu
finden sein würde.
Als sie auf einem Kissen im Fensterbrett
saß und wie eine Prinzessin aussah, hielt sie
mein Gesicht in ihren Händen und erwiderte
meinen Kuss.
„Frohes Neues Jahr, Captain“, sagte sie.
„Frohes Neues Jahr, meine Schöne“, ant-
wortete ich an ihren Lippen.
Mein Brustkorb fühlte sich an, als würde
er durch das wilde Hämmern meines
643/683
Herzens zerspringen. Ich konnte es nicht
glauben, dass ich so etwas vor so vielen
Menschen wirklich tun würde. Aber das
würde ich.
Ich ließ mich zu Boden und auf mein
Knie herunter und nahm ihre Hände in
meine.
Sie schaute mich überrascht an und
dann keuchte sie auf, als ihr klar wurde, was
ich vorhatte…
„Elaina,…ich werde dich jetzt etwas fra-
gen. Es ist eine Frage, die ich dir bereits vor
sechs langen Jahren stellen wollte. Und jetzt,
zum zweiten Mal in unserem Leben, bin ich
bereit diese Frage erneut zu stellen und
dieses Mal wird mich nichts davon abhalten
können. Du musst etwas wissen, von dem ich
dir nie etwas erzählt habe. Aber die Zeit ist
644/683
jetzt gekommen, dass du es zu hören
bekommst.“ Ich hob ihre Hände zu meinen
Lippen und küsste sie. „Du hast mir immer
das Gefühl gegeben, als wäre ich nur für dich
in diese Welt geboren worden,…damit ich
dich finden, dich lieben könnte und damit du
mich zurück lieben kannst. Daran glaube ich
mit meinem ganzen Herzen.“
Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als
sie meinen Worten lauschte. Sie hörte
geduldig zu, wie sie es immer tat.
Ich holte die herzförmige, silberfarbene
Schachtel heraus, die sie in dem
Antiquitätenladen in Washington D.C.
beäugt hatte, und die ich dann gekauft hatte,
nur weil ich dachte, dass sie diese mögen
würde. Es erinnerte mich an sie. Kostbares
Metall, liebevoll in ein delikates Design
645/683
gefertigt; aber auch wunderschön, mit Stärke
ausgestattet, um alle Widerstände des
Lebens zu bewältigen.
Ich hielt die Schachtel in meiner Hand-
fläche und öffnete dann den Deckel.
„Elaina Morrison, dies hier ist unsere
zweite Jahreszeit. Willst du meine Herbst-
Kirsche sein und für mich zum zweiten Mal
blühen, mich heiraten und meine Frau wer-
den? Willst du es möglich machen mir ein
schönes Leben zu schenken, mit dir, um zu
verwirklichen, für was ich auf die Welt
gekommen bin?“
646/683
Ich starrte auf den Inhalt der herzförmigen,
silberfarbenen Schachtel. Dann schaute ich
ihn an, schaute in diese dunklen Augen, die
ich schon immer geliebt hatte – die Farbe,
die mich zu meinem Kleid heute Abend in-
spiriert hat – und antwortet auf seine Frage.
„Ja, Neil McManus, ich werde dich heir-
aten.“ Ich hob eine zitternde Hand, um seine
Wange zu berühren, seinen Kiefer, seine Lip-
pen und schloss meine Augen für einen kur-
zen Moment, um mich zu sammeln. „Ich will
dir auch etwas sagen.“ Ich öffnete meine
647/683
Augen und ließ sie über jeden Teil seiner
Gesichtszüge gleiten, genauso wunderschön
wie er es damals, als siebzehnjähriger Junge
gewesen war, als er mir am Tisch
zugezwinkert hat. „An dem Tag, als Ian dich
zu uns brachte, habe ich mich in dich ver-
liebt und wusste, dass ich gerade den Jungen
getroffen habe, den ich einmal heiraten
würde. Für mich bist es schon immer du
gewesen. Ganz allein…du.“
Er lächelte mich an und nahm den Ring
aus der silbernen, herzförmigen Schachtel.
„Darf ich?“
„Ja, du darfst.“
Er schob den aquamarinfarbenen
Diamant- und Platinring auf meinen Finger
und küsste mich dann leidenschaftlich,
während er noch immer kniend auf dem
648/683
Boden saß. Ich vergrub meine Hände in sein-
en Haaren und hielt mich an ihm fest.
Mein gutaussehender, mutiger,
liebevoller, fürsorglicher Mann.
Ich zog ihn auf seine Füße, inmitten von
lautem Gegröle und Glückwunschrufen,
welche uns von allen Seiten entgegen kamen,
von denen, die anscheinend mit angehört
und angesehen hatten, was am Fenster
passiert war. War mir aber egal. Nichts kon-
nte mich wirklich von meinem Mann und
dem glitzernden Diamanten, in einem
funkelnden Blau an meinem Finger,
ablenken.
Neil hob mich in seine Arme und trug
mich von der Party weg.
Dann brachte er mich nach Hause und
machte Liebe mit mir in unserem Bett.
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„Also…jetzt wo ich deine Zustimmung habe,
wann können wir diese Fusionierung offiziell
machen?“
Ich hatte Elaina an mich gekuschelt, ihr
gesamter warmer, nackter Körper Haut an
Haut mit meinem, wie Silberlöffel in einer
Schublade. „Haben wir nicht gerade erst fu-
sioniert?“, stichelte sie mich.
„Dieser freche Mund von dir ist hoffent-
lich etwas, dass sich niemals ändern wird,
meine Schöne.“
„Ich werde es mir notieren, Captain, nur
falls mich dieser freche Mund irgendwann
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einmal in eine Situation bringen sollte, aus
der ich nicht mehr herauskomme.“
Ich küsste ihre Schulter, genau über ihr-
em Tattoo. „Du hast meine Frage noch im-
mer nicht beantwortet, Cherry. Wann werde
ich dich zu Mrs. McManus machen können?“
Sie drehte sich zu mir um und hielt mein
Gesicht in ihren Händen. „Wie lange dauerte
deine letzte Tour in der Armee?“, fragte sie
sanft.
„Das waren zehn Monate.“
„Ich werde dich also in zehn Monaten
heiraten.“ Sie küsste mich. „Ich will dich
heiraten, wenn die Herbstkirschbäume ihre
zweite Blütezeit in Schottland verleben.“
Ich nickte bei ihrer Logik, verstand, war-
um sie sich für diese Zeit entschieden hatte.
Und weil ich glaubte, dass ich in diesem
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Augenblick keine Worte über meine Lippen
hätte bringen können, mein Herz war so voll
und empfand endlich ein Gefühl des
Friedens.
Dann sprach sie erneut, Worte, die ich
nicht erwartet hatte zu hören. Worte, die mir
klar machten, wie sehr wir uns liebten und
wie das Schicksal, wieder einmal, seine
Schuld einlöste, und dieses Mal arbeitete es
gekonnt in all seiner Weisheit.
„Ich werde dir diese…zehn Monate
zurückgeben. Die Monate, die ich uns
vorenthalten habe. Zehn Monate, in denen
ich jede Nacht ohne dich verbringen musste.
Zehn Monate, in denen ich jeden Morgen
ohne dich aufgewacht bin. Zehn Monate
eines Lebens zusammen, in denen wir all die
wundervollen Dinge machen werden, auch
652/683
die alltäglichen. Du wirst dann wissen, ob es
nun zehn Monate von heute an, oder zehn
Jahre, oder welche Anzahl von Jahren auch
immer, dass sich niemals etwas für mich
ändern wird. Neil,…ich werde für immer
dein Cherry Girl sein.“
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EPILOG
Zehn Monate später
„Du wirst noch ein Loch in diesen an-
tiken Steinboden laufen, wenn du
nicht aufhörst, wie ein Wahnsinniger
auf und ab zu gehen. Wirst du dich bald
in die Ecke setzen und hin und her
schaukeln?“
Ich warf Ethan meinen besten Halt-
deine-Scheiß-Fresse Blick zu und lief dann
weiter. „Einfach für dich, das jetzt zu mir zu
sagen, nachdem du ja schon geheiratet
hast“, sagte ich ehrlich. „Ich erinnere mich
noch, wie du in diesem Raum vor deiner
Hochzeit mit Brynne ausgeflippt bist. Du
hättest drei von deinen Black Zigaretten
gleichzeitig geraucht, wenn wir deinen Vor-
rat nicht versteckt hätten, damit du keine
findest.“
Er rollte seine Augen und schüttelte
seinen Kopf. „Hör zu, Kumpel, alles wird
bald gut werden. Du fängst an, mir Sorgen
zu machen.“
„Ich fühle mich krank“, sagte ich. „Ich
brauche Wasser.“
„Ich denke, du brauchst eine verdam-
mte Flasche Whiskey, aber ehrlich jetzt,
alles wird gut werden.“
Ich nickte und versuchte regelmäßig zu
atmen. „Wie spät ist es?“
655/683
„Ungefähr zwei Minuten später als zu-
vor, als du mich das letzte Mal gefragt hat-
test.“ Ethan klopfte mir auf den Rücken und
sprach in einem tiefen Ton in mein Ohr.
„Ich habe sie in ihrem Kleid, in diesem
Seitenraum, wo sie alle warten, gesehen, als
ich nach meiner Frau geschaut habe.“
„Du hast sie gesehen? Wie ging es ihr?
Hat sie nervös gewirkt? Hat sie besorgt
gewirkt über –“
„Sie sah umwerfend aus und als ob sie
es nicht erwarten könnte sich für immer an
dich zu binden, du riesiger, furchtloser Affe.
Muss ich dich ruhig stellen oder so?“
„Ich werde mich an heute erinnern,
wenn Brynne an der Reihe ist euer Baby zu
bekommen und du eine zitterende Masse
Wackelpudding auf dem Boden bist. Keine
656/683
Bange, ich werde das Angebot, mich ruhig
zu stellen, an dem Tag zurückgeben.“
Das half. Hat den Wind aus seinen Se-
geln genommen. Er rollte seine Schultern,
als ob er die Anspannung in seinem Nacken
loswerden musste und sah erneut auf seine
Uhr. „In Ordnung, ich werde ehrlich sein.
Die Zeremonie ist eine verdammt stressige
Angelegenheit und ich kann dir da nicht
helfen. Die gute Nachricht ist allerdings,
dass in ungefähr fünf Stunden, du mit der
Hochzeitsnacht beginnen kannst und der
Teil ist einfach einmalig.“ Er warf seine
Faust in die Luft und wirkte dabei wie ein
totaler Idiot.
Wir lachten beide über unsere Dumm-
heit und ich fühlte mich gleich besser.
657/683
Es klopfte an der Tür und die andere
Frau in meinem Leben schaute herein. „Ist
es in Ordnung, wenn ich rein komme?“
„Aber natürlich“, sagte ich, brachte sie
in den Raum und küsste sie auf die Wange.
Ethan entschuldigte sich und ließ uns
allein. Sie fing an, an meinem Jackett
rumzufummeln, strich darüber, richtete
meine Krawatte, in ihrer schon immer
typisch mütterlichen Art.
„Du siehst so attraktiv aus, mein
Schatz.“
„Sieh dich erst einmal an“, sagte ich.
„Du siehst aus wie Elainas Schwester, nicht
wie ihre Mutter.“ Sie war eine wunder-
schöne Frau – und war es schon immer
gewesen – und jetzt, wo sie wieder nüchtern
658/683
war, war die Farbe in ihr Gesicht zurück-
gekehrt und sie strahlte wieder.
„Oh, bitte, wir wissen beide, dass das
nicht wahr ist. Aber jetzt mal ehrlich, mein
Schatz, ich wollte einen Moment mit dir al-
lein haben, um dir zu sagen, wie glücklich
du mich heute gemacht hast und all die an-
deren Tage, seit dich Ian zu uns gebracht
hat. In meinem Herzen wusste ich schon
immer, dass Elaina und du zusammenge-
hört, um euer gegenseitiges Glück zu finden.
Ich wusste immer, wie du fühlst. Ich wusste,
dass du, wenn du mich besucht hast, in Elai-
nas Zimmer gegangen bist, um ihre Dinge
zu berühren.“ Sie lächelte mich liebevoll an.
„Manchmal ist Liebe einfach vorbestimmt
und ich hoffe, dass du mir für mein Einmis-
chen in eure Angelegenheiten, um euch
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wieder zusammenzubringen, verzeihen
kannst. Aber ich denke, das hast du bereits.“
„Ach, Mom…“ Ich fand wirklich keine
Worte, um ihr zu sagen wie dankbar ich ihr
war, für das was sie getan hatte. Für uns.
Aber ich konnte ihr sagen, was es mir
bedeutete. „Du hast mir immer das Gefühl
gegeben, dass ich dein Sohn wäre. Hier
drin“, Ich nahm ihre Hand und legte sie
über mein Herz, „bin ich es.“
„Ja, das bist du. Ich habe zwei Söhne
und eine Tochter, und ich liebe sie alle so
sehr.“
„Ich liebe dich, Mom.“
„Ich liebe dich, mein Sohn.“ Sie atmete
tief ein und lächelte erneut. Ich stellte mir
vor, dass sie an ihren Ehemann dachte und
wie er nicht hier sein konnte. Ich mochte es
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allerdings mir vorzustellen, dass er irgend-
wie doch hier war. Dass die Liebe seiner
Familie für den Vater, ihn zu diesem Raum
mit uns geführt hatte, damit er diesen Mo-
ment mit uns erleben konnte.
„Er ist hier“, sagte ich leise.
Sie lächelte und nickte mir zu, ihre Au-
gen mit Tränen gefüllt, aber sie verdrängte
ihre Traurigkeit, bewältigte diese, wie die
starke Frau, die ich so verehrte. „Nun gut.
Ian steht mit Elaina im Foyer, wo er bereit
ist, Elaina zum Altar zu führen, sobald die
Mädchen losgelaufen sind. Er wird sie
führen und dann wird er mit dir an deiner
Seite, gleich neben Ethan und Dillon,
stehen.“
„Ich erinnere mich an die Probe von
gestern“, sagte ich. „Allerdings habe ich
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zuerst die Ehre, dich zu deinem Platz zu
begleiten. Also, darf ich bitten, Mom?“ Ich
hielt meinen Arm für sie hoch.
„Ja, das darfst du, Sohn.“ Sie nahm
meinen Arm und tätschelte meinen Ellbogen
mit ihrer Hand. „Es ist höchste Zeit, dass du
endlich meine Tochter heiratest.“
„Mrs. McManus, dein Ehemann ist sehr
müde und wünscht sich, dass all diese Leute
sich in Luft auflösen und uns allein lassen
würden, damit er dich nach oben in die
662/683
Hochzeitssuite bringen und die Hochzeit-
snacht mit dir vollziehen kann.“
„Ich hoffe, du hast nicht verdrängt, dass
die meisten von diesen Leuten in diesem
riesigen Haus, in deinem Haus, hier über-
nachten werden und sie werden auch noch
hier sein, wenn wir morgen zum Frühstück
nach unten kommen.“
„Oh Gott, ich habe ja gehofft, dass sie
dieses Angebot nicht annehmen würden.“ Er
küsste mich zärtlich im Nacken, atmete tief
ein und schaffte es damit mir einen Schauder
durch den Körper zu jagen.
„Ich versichere dir, sie haben definitiv
vor, die Nacht zu bleiben.“ Ich lachte.
Seine Schultern fielen, als er die
Wahrheit erkannte und ich konnte nicht an-
ders, als zu grinsen.
663/683
„Ich liebe dein Kleid. Es ist sehr
außergewöhnlich, aber perfekt für dich und
du siehst bezaubernd darin aus, nicht dass
ich irgendetwas anderes erwartet hätte. Am
liebsten mag ich die Libelle genau hier.“
Er tippte auf die Libelle, die durch Per-
len in die blaue Spitze, welche meinen Rück-
en dekorierte, meines weißen Kleides einge-
woben worden war.
„Ich hatte mich gefragt, ob du ein Kleid
auswählen würdest, mit dem du deine
Tätowierung zeigen könntest“, flüsterte er.
Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein. Ich
wollte nicht, dass es jeder sieht. Mein Tattoo
ist nur für deine Augen gedacht.“
Er saß hinter mir mit seinem Kinn auf
meiner Schulter gestützt und ließ mich von
ihm mit Stücken des Hochzeitskuchens
664/683
füttern, welcher nicht mehr so atem-
beraubend aussah, wie noch vor ein paar
Stunden. Das perfekte Machwerk aus süßen
Kirschblüten, die viel zu hübsch waren, um
sie zu essen, die aber sofort verzehrt worden
waren. Gott sei Dank hatte Ben Clarkson
viele Bilder von der Torte gemacht, denn er
war für die Hochzeitsfotos verantwortlich.
Benny war so talentiert und ich wusste, dass
unser besonderer Tag auf dem bestmög-
lichen Weg und darüber hinaus festgehalten
wurde, deswegen war mir auch der zerstörte
Kuchen mittlerweile egal. Jeder, der uns et-
was bedeutete, war hier und es war die per-
fekte Hochzeit gewesen.
„Ich liebe es, dass ich der einzige sein
werde, der es jemals zu sehen bekommen
wird.“ Er rieb mit seinem Daumen über
665/683
meinen Nacken, streichelte sanft meine
Haut. Er erlaubte es mir nie, mich wirklich
weit von ihm zu entfernen. Er musste mich
immer auf irgendeine Weise berühren. „Ich
liebe dich…“
„Ich liebe dich auch und ich liebe diese
Silberlöffel. Ich denke, wir sollten uns damit
von jetzt an jeden Tag füttern, oder nicht?“
Das Geschenk von Neil waren zwei Silberlöf-
fel mit den Worten, UND SIE LEBTEN
GLÜCKLICH und BIS ANS ENDE IHRER
TAGE, in diese eingestanzt. Er hat ein Talent
dafür, außergewöhnliche und erlesene Dinge
zu finden, mit denen er mich verwöhnen
konnte.
„Da stimme ich dir zu, Mrs. McManus.“
„Und ich habe etwas, das ich dir später
geben möchte“, sagte ich.
666/683
Er stöhnte. „Ich will es aber jetzt, bitte.“
Ich lachte bei seiner Reaktion. „Du weißt
doch noch nicht einmal, was es ist.“
Er überhäufte meinen Hals jetzt mit san-
ften Küssen. „Es ist ein Geschenk von dir,
also weiß ich genau, dass ich es jetzt schon
will.“
„Aber was ist mit unseren Gästen, die
noch immer hier sind, feiern und die absolut
keine Motivation haben in den nächsten
Stunden damit aufzuhören?“, neckte ich ihn.
„Die würden nicht einmal merken, wenn
wir verschwinden würden?“, schlug er vor,
während er eine Augenbraue nach oben zog.
„Ich bin sicher, sie würden es merken,
wenn die Braut und der Bräutigam gehen
würden“, sagte ich in einem tröstenden Ton.
667/683
Er seufzte und versuchte es dann noch
einmal. „In Ordnung, aber was ist, wenn es
mir total scheißegal wäre, ob sie es merken
würden, wenn die Braut und der Bräutigam
verschwinden würden?“
„Du armer Kerl, ich denke wirklich, ich
muss dich nach oben und ins Bett bringen.“
Sein Gesicht fing an zu strahlen. „Du bist
schon jetzt eine gute Ehefrau“, sagte er mit
einem Lächeln, das mir den Atem raubte. Ich
würde niemals müde werden meinen wun-
derschönen, einmaligen Mann mit seinen
dunklen Augen, in denen ich mich verlieren
könnte, anzusehen.
„Danke, das ist mein Plan für die Zukun-
ft“, sagte ich und griff nach meinem Ges-
chenk, das ich nur für ihn vorbereitet hatte.
Ich legte es in seine Hand.
668/683
„Was ist das? Mein Geschenk?“
Ich nickte. „Das ist es, Captain. Ich den-
ke, du solltest es öffnen.“
„Dies ist dieselbe herzförmige Silberbox,
die ich benutzt habe, um dir den Heiratsan-
trag zu machen.“
„Da hast du Recht, es ist dieselbe sil-
berne Box.“
Er öffnete den Verschluss und sah
hinein. Er nahm den Inhalt heraus. Er ent-
faltete ein Blatt Papier und strich es mit sein-
er Hand glatt.
Seine Augen fanden meine mit einer
ruckartigen Bewegung seines Kopfes. „Ist
das wahr, Cherry?“
„Ja. Ich habe vor drei Wochen aufgehört
sie zu nehmen.“
669/683
Er schaute zurück auf das Papier, die
Verschreibung meines Arztes für die Pille zur
Empfängnisverhütung mit den Buchstaben
ABGESETZT, quer darüber geschrieben.
Außerdem hatte ich ein paar Kirschblüten
und Libellen hinzugefügt, jedenfalls so gut
wie mein zeichnerisches Talent es eben
zuließ. Und es war kein großes Talent, aber
die Idee dahinter war zu erkennen.
„Also, Ehefrau, es scheint als hätten wir
sehr wichtige Arbeit zu erledigen…und ich
denke, wir sollten damit gleich anfangen.“
„Da stimme ich dir zu, Captain. Zur
Hölle mit den Anstandsregeln.“
„Gott, du bist einfach so perfekt,
Cherry“, sagte er, als er mich in seine Arme
hob und mich bereits die Stufen hinauftrug.
670/683
Neil hatte uns quer über den Tan-
zbereich getragen, mit dem Schleier, der
hinter uns her glitt, durch die Menge der
Gäste, die uns mit Winken und Jubel und
schmutzigen Kommentaren verabschiedeten,
sofort nachdem alle merkten, was Neil im
Sinn hat.
Ich denke, dass mein Mann sie nicht ein-
mal wahrnahm, oder realisiert hat, ob über-
haupt noch jemand mit uns im Raum war.
Denn er hat sowieso nur Augen für sein
Cherry Girl.
ENDE
671/683
Wenn du dieses Buch mochtest, dannschreib doch bitte eine Rezension.
Danke fürs Lesen!
~*~Den Newsletter kannst du hier abonnieren:
http://www.rainemiller.com/newsletter/
~*~Wenn du nach dem Lesen über das Buch
diskutieren möchtest, dann ist hier der Linkzu der Gruppe auf Facebook:
DISKUTIERE Cherry Girl~*~
Wenn du auch Historische Romane magst,dann würde es dir vielleicht gefallen die Be-wohner von Hallborough Park, von vor 175Jahren, kennen zu lernen. Und zwar in den
Vorgeschichten zu der The Blackstone AffairSerie.
BLACKSTONE AFFAIR HistoricalPrequels.
ÜBER DEN AUTOR
Raine hat bereits
Liebesromane ge-
lesen, als sie das er-
ste Mal, im zarten
Alter von dreizehn,
ein Buch von Bar-
bara Cartland in die
Hand genommen
hat. Sie denkt, es
war das Buch The
Flame is Love, aus dem Jahr 1975. Und es
wäre wohl eine sichere Wette zu sagen, dass
sie auch niemals aufhören wird
Liebesromane zu lesen, denn diese schreibt
auch sie jetzt. Ehrlich gesagt sind Raines
Geschichten auf eine Art und Weise ges-
chrieben, bei der sich Frau Cartland wahr-
scheinlich im Grab umdrehen würde, aber
für sie wird ein großgewachsener, dunkel-
haariger und gutaussehender Held wohl nie
aus der Mode kommen. Niemals! Als ehema-
lige Lehrerin füllt sie nun ihre Tage als
Vollzeitautorin von sexy Geschichten rund
um die Liebe. Raine hat einen Ehemann, den
sie verehrt, und zwei brillante Söhne, die sie
wieder auf den Boden der Tatsache holen
können, falls das Schreiben sie von der Wirk-
lichkeit entfernen sollte. Ihre Söhne wissen,
dass sie es liebt zu schreiben, aber haben nie
gefragt ihre Geschichten zu lesen. (Und
Raine ist sehr dankbar über diese Tatsache).
Sie liebt es von Lesern zu hören und über die
674/683
Charaktere in ihren Büchern zu chatten. Du
kannst mit Raine in Kontakt treten in der
Blackstone Affair Fan Page auf Facebook
oder sie auf ihrer Webseite
www.RaineMiller.com besuchen, um zu se-
hen, was neu ist und an was sie vielleicht
gerade arbeitet.
675/683
BÜCHER VON RAINE MILLER
The Blackstone Affair
NAKED, BOOK 1
ALL IN, BOOK 2
EYES WIDE OPEN, BOOK 3
RARE and PRECIOUS THINGS, BOOK 4
Historische Vorgeschichten zu The
Blackstone Affair
The PASSION of DARIUS
The UNDOING of a LIBERTINE
The Rothvale Legacy
PRICELESS, BOOK 1
MY LORD, BOOK 2
Historische Vorgeschichten zu The
Rothvale Legacy
The MUSE
677/683
DANKSAGUNGEN
Cherry Girl ist ein Buch, das ich niemals
geplant habe zu schreiben. Als die
Hauptcharaktere in meinem ersten Black-
stone Affair Buch –Naked- platziert wurden,
hatte ich mir niemals auch nur erträumt,
dass Neil und Elaina jemals ein eigenes Buch
haben würden. Deren Geschichte ist allerd-
ings wundervoll und eine erstaunliche
Liebesgeschichte fürs Herz, demnach bin ich
sehr dankbar, dass ich es mit euch teilen
konnte.
Charaktere für mein eigenes Buch zu er-
schaffen, ist eines der größten Geschenke für
einen Autor. Außerdem wurde ich gesegnet
mit der Unterstützung von Freunden und
Kollegen der Autorenwelt, die mir in einer
Art und Weise helfen, die ich nie für möglich
gehalten hätte. Mir ist klar, dass ich ohne die
Hilfe von all diesen Menschen, denen ich
auch allen wirklich etwas schulde, dieses
Buch niemals hätte beenden können.
Also, VIELEN DANK, meine wundervol-
len Freunde, bei der Hilfe Cherry Girl zum
Leben zu erwecken.
Meine SC’s Katie Ashley und Rebecca
Lilley, ich liebe euch dafür, dass ihr so wun-
dervolle und brillante Frauen seid. Auf un-
sere Gruppe, und das sich niemals etwas
daran ändern wird. SCOL für alle Zeit!
An mein Straßenteam in der Black-
stone Affair Fan Page, dieses Buch wäre
nicht einmal ein Buch ohne euch. Luna,
Franzi, Jena, Karen, Martha, Jen G., fürs
679/683
Lesen und fürs Verbreiten von Bildcollagen
und dafür, die Fan Page jeden einzelnen Tag
am Leben zu erhalten. An Becca Manuel von
Bibliophile Productions für ihr beson-
deres Talent rund um Software von Film-
bearbeitung und das Erstellen des wunder-
schönen Buchtrailers für Cherry Girl.
An die überaus talentierte Marya Hei-
man von Strong Image Editing für das
Cover, das mir noch immer den Atem stock-
en lässt, wenn ich es ansehe. An Cristina
Cappelletti, die großzügigerweise ihr Rechte
an dem Bild an mich für das Buch verkauft
hat. (Sie ist außerdem die wunderschöne
Frau mit dem atemberaubenden Tattoo der
Kirschblüten auf ihrer Schulter). Ein mehr
als glücklicher Zufall, dass ich über dieses
Bild gestolpert bin.
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An meine süße Marion von Making
Manuscripts für ihre Unterstützung und
Weisheit, um dieses Buch in die richtige
Form zu bringen. Du bist ein seltener
Diamant, meine Liebe.
An Cris von Bookmarked Designs,
die dieses Biest von einem Buch formatiert
hat. Ich liebe dich und vermisse schon jetzt
deine Umarmungen.
An Trish von The Occasionalist, für
das Organisieren der fantastischen Events,
zu denen ich immer reisen darf und wo ich
so viele von meinen tollen Fans, die meine
Bücher gelesen haben, treffen kann.
Und zum Schluss, an meine Familie in
Casa de Miller dafür, dass sie mich lieben
und unterstützen, egal wie verrückt unser
Leben auch sein mag.
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Liebe ist alles, was ich anbieten kann,
meine Lieben.
Nichts außer Liebe und Respekt für euch
alle.
xxoo Raine
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