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Ratgeber Legasthenie für Eltern, Lehrer und alle, die diagnostisch oder therapeutisch für das Kind Verantwortung tragen mit freundlicher Unterstützung von DUDEN Erarbeitet von Dr. Lisa Dummer-Smoch in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Helmut Breuer und Dr. Maria Weuffen

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Ratgeber Legasthenie

für Eltern, Lehrer und alle, die diagnostisch oder therapeutisch für das Kind Verantwortung tragen

mit freundlicher Unterstützung von DUDEN

Erarbeitet von Dr. Lisa Dummer-Smoch in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Helmut Breuer und Dr. Maria Weuffen

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Vorwort

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Lesen und Schreiben sind im Lau-fe der Menschheitsgeschichte zuden wichtigsten Kulturtechni-

ken geworden. In der so genannten zivilisierten Welt bilden sie das vor-rangige Medium der Verständigungund vor allem der Wissensvermittlung.Die Welt, in der wir leben, eröffnet sichuns in ihrer ganzen Komplexität im Wesentlichen über verschriftete Infor-mationen, die wir aus Texten aller Artentnehmen, und nicht immer könnenwir Mitteilungen, die wir machen wol-len, mündlich oder fernmündlich wei-tergeben. Das gilt auch und gerade imZeitalter des Computers und der Tele-kommunikation.

Wer unter solchen Voraussetzungen ei-ne Lese-Rechtschreib-Schwäche hat,riskiert, ins Abseits gedrängt zu wer-den, auch wenn eine andere Art derWahrnehmung keine Frage von Intelli-genz ist. Es ist deshalb wichtig und ver-dienstvoll, dass die Autoren des vorlie-genden Ratgebers nicht nur mit altenMissverständnissen und Fehlurteilenaufräumen, sondern vielmehr Eltern,Erzieherinnen sowie Lehrerinnen undLehrern Möglichkeiten der Früherken-nung und Frühförderung legasthenerKinder vermitteln. Herauszustellensind die praktischen Hinweise auf das,was bei der Einbeziehung außerschuli-scher Hilfsangebote zu beachten ist,und wie lese-rechtschreib-schwachenKindern zu ihrem Bildungsrecht ver-holfen werden kann. Dass unsere Ge-sellschaft gerade im Hinblick auf den

letztgenannten Aspekt noch immernicht unerhebliche Defizite aufweist,kann leider nicht verschwiegen wer-den.

Der „Ratgeber Legasthenie“ klärt nichtnur auf. Er weist auch Wege und gibtden mit dem Problem der LegasthenieKonfrontierten konkrete Hilfen an dieHand. Aber er sollte nicht nur von die-sen gelesen werden. Angesichts derTatsache, dass – leichte Fälle inbegrif-fen – bis zu 10 Prozent Legasthenikerunter uns leben, sollte bewusst wer-den, dass das Thema Legasthenie unsalle angeht.

Mannheim, im Mai 1998Dr. Matthias WermkeLeiter der Dudenredaktion

Inhalt

1. Was ist Legasthenie? 4Eine Definition der Weltgesundheitsorganisation 5Eine Definition für die Schule 5Verschiedene Gruppen lese-rechtschreib-schwacher Kinder 6

2. Ursachen legasthener Erscheinungsbilder 9Forschungsergebnisse zur visuellen und auditiven Verarbeitung 9Spezielle Forschungsergebnisse aus Deutschland 12Legasthenie-Ursachen und spezielle Begabungen 16

3. Möglichkeiten der Hilfe in Kindergarten und Schule 18Frühförderung legasthener Kinder bereits im Vorschulalter 18Frühförderung im Leselernprozess 23Auffälligkeiten in der weiteren Schullaufbahn 28

4. Wie können Lehrer und Eltern helfen? 31Spiele zur Vorbereitung auf das Lesen und Schreiben 32Lesenlernen mit Lautgebärden 32Rechtschreibenüben mit der „Pilotsprache“ 33Außerschulische Hilfen 34

5. Haben Legastheniker auch Rechte? 37Zugang zu Realschulen und Gymnasien für Legastheniker? 38Rechtsgrundlage: Artikel 3 des Grundgesetzes 40Der Bildungsanspruch des Legasthenikers 41

LiteraturLiteratur zum Problemverständnis für Eltern 44Literatur zur Förderung in der Schule 44

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LEGASTHENIE

Was ist Legasthenie?

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1.

Eine Mutter aus Bayern beschreibt denlangen Weg bis zur Erkenntnis „unserKind ist Legastheniker“:

„Bilderbücher anschauen? Gerne. Ge-schichten hören, Geschichten er-zählen? Immer wieder. Nur selber le-sen, das möchte Lukas nicht. In der ersten Klasse, als seine Sandkasten-freundin mit Begeisterung Einkaufs-zettel schreibt und erste Bücher liest,bolzt Lukas auf dem Fußballplatz. Wirfinden das in Ordnung. Schließlichgehört er in der Schule zu den Besten.

Erste Zweifel kommen uns am Ende deszweiten Schuljahres. Am Abend be-herrscht Lukas das Diktat noch per-fekt, am nächsten Tag macht er zehnFehler. Auch mit neun Jahren liest ernoch nicht einmal Comics, und er wei-gert sich standhaft, selbst kleinsteNachrichten zu entziffern. Die Krisebricht kurze Zeit später über uns he-rein. Mit einem kurzen, lapidaren Tele-fonanruf teilt uns die Schulpsychologindas Ergebnis eines Tests mit: ,Lukas istLegastheniker, Sie sollten sich um För-dermaßnahmen bemühen.‘

,Das kann doch nicht sein‘, lautet die erste Reaktion meiner Schwiegermut-ter, ,bei uns in der Familie ist keinerdumm.‘ Ich reagiere gelassener: ,Es gibtSchlimmeres.‘ Dann mache ich michauf die Suche nach Erklärungen.“

Für Eltern kommt der Verdacht, ihrKind könne beim Lesenlernen Schwie-

rigkeiten haben, obwohl es sonst ganzbegabt erscheint, oftmals unerwartet.Genau dieser Fall aber ist gemeint,wenn man von einer „isolierten Lese-Rechtschreib-Schwäche“ (LRS) oder„Legasthenie“ spricht: Es handelt sichum die Lese- und Rechtschreib-schwäche bei einem Kind, „das nichtdumm ist“.

Manchmal führt die Diagnose zur Erlö-sung von Zweifeln („ist mein Kind viel-leicht dumm?“) und von Schuldge-fühlen („hätte ich mehr tun sollen?“).Wegen der unterschiedlichen schul-rechtlichen Regelungen in den einzel-nen Bundesländern wird nicht immerdie Schule selbst den Verdacht aus-sprechen. Auch nicht jeder Schulpsy-chologe ist bereit, eine Untersuchungzur Klärung des Legasthenieverdachtsdurchzuführen. Beide, Schule undSchulpsychologie sollten dennoch erste Ansprechpartner sein. Dennauch den Lehrerinnen und Lehrernwird aufgefallen sein, dass das KindAnforderungen der Schule erfüllenkann, solange es sich nicht um Lesenund Schreiben handelt. Wird aber vondieser Seite beschwichtigend reagiert(„Sie müssen nicht zu viel erwarten“oder „das wächst sich noch zurecht“),dann sollten die Eltern unverzüglichaußerschulisch Hilfe suchen. Der Le-gasthenieverdacht lässt sich durch einepsychologische Untersuchung bei ei-nem Kinder- und Jugendpsychiateroder bei einem Kinderpsychologenleicht abklären. Was aber dann? Was

bedeutet eine Legasthenie für dasKind, seine Schul- und spätere Berufs-laufbahn und für die Eltern?

In diesem Ratgeber soll zunächst aufdie Erscheinungsbilder und auf For-schungsergebnisse zu den Ursacheneingegangen werden. Dann folgt ein Ab-schnitt über Frühförderung im Vor-schulalter, der den Eltern helfen soll,Erzieherinnen im Kindergarten anzu-sprechen. Anschließend geht es umFrüherkennung und Hilfen im Lese-lernprozess der Schule. Aus diesem Ab-schnitt können Eltern auch für diehäusliche Unterstützung des KindesHinweise entnehmen. Des Weiterenwerden Informationen zu den Handi-kaps legasthener Kinder gegeben, diein der Schule beobachtbar sind und aufdie die Eltern die Schule ansprechensollten.

Der letzte Abschnitt des Ratgebers ver-mittelt konkrete Hilfen, die Eltern zuHause umsetzen können, sowie einenÜberblick über die Erlasse der verschie-denen Länder der Bundesrepublik.

Eine Definition der Weltgesundheits-organisation

International ist die Legasthenie als„umschriebene Entwicklungsstörungdes Lesens und Schreibens“ definiert.Das bedeutet, dass biologische Ursa-chen das Erlernen von Funktionen be-einträchtigen oder verzögern, die mitder Reifung des zentralen Nerven-systems verbunden sind. Diese Funk-

tionen müssen aber bis zum Einschu-lungsalter intakt sein, damit das Kindstörungsfrei lesen lernen kann. DieEinschränkungen werden lange vor derGeburt im Entwicklungsgeschehen an-gelegt (genetisch bedingte familiäre Le-gasthenie) oder sie entstehen im zeitli-chen Umkreis der Geburt durch eineSchädigung, etwa durch Sauerstoff-mangel. Anregungen der Sprachent-wicklung durch das Elternhaus undEinflüsse der elterlichen Erziehung ha-ben lediglich zusätzliche Bedeutung.

Eine Definition für die Schule

Eltern werden mehr durch die schuli-schen Probleme ihres Kindes berührtals durch eine internationale Definiti-on. Auch die Schule wird die Schwie-rigkeiten des Kindes besser erkennenund verstehen können, wenn eine be-schreibende Definition sich auf dieseSchwierigkeiten bezieht. Daher folgthier eine Definition mit Erläuterungen,die vor allem die schulischen Problemeder betroffenen Kinder berücksichtigt:

Spezifische oder umschriebene Lese-Rechtschreib-Schwächen (Legasthe-nien) sind die in der Schule auffallendenErscheinungsbilder partiellen Lern-versagens im Lesen und/oder Recht-schreiben bei nicht beeinträchtigten in-tellektuellen Lernvoraussetzungen und – zunächst – besseren Schul-leistungen in anderen Bereichen. Durchfortgesetzte Entmutigung kann die Le-gasthenie das Erscheinungsbild allge-meinen Schulversagens annehmen.

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LEGASTHENIE7

Um den Vorwurf zu entkräften, mit denBestimmungen zur Förderung legasthe-ner Kinder werde eine ohnehin (durchdie relativ hohe Intelligenz und ein gu-tes häusliches Umfeld) begünstigte Grup-pe zusätzlich bevorzugt, einigte sich dieKultusministerkonferenz 1978 auf For-mulierungen, in denen die schwächer in-telligenten lese- und rechtschreib-schwachen Kinder in den Vordergrundgerückt wurden. Aus entsprechendenUntersuchungen von Psychologen warbekannt, dass es sich bei dieser Gruppeum häuslich benachteiligte Kinder han-delt, deren Eltern ihnen wenig Sprach-anregungen und keine Leseinteressenvermitteln konnten. Infolgedessen, sonahmen die Vertreter der Kultusmi-nisterkonferenz an, sei es nötig, denErstleseunterricht sprachanregend zugestalten, auf langsamer lernende Kin-der im Unterricht verstärkt einzugehenund eine Förderung der Leseschwachenim Sinne vertieften Deutschunterrichtsdurch zusätzliches Lese- und Recht-schreibtraining durchzuführen.

Es wurde erwartet, dass unter den Vor-aussetzungen dieser Förderung alleSchüler bis zum Ende der vierten Klas-se das Lesen und Rechtschreiben erler-nen, sodass allenfalls noch in Ausnah-mefällen eine Förderung in den Klas-senstufen 5 und 6 nötig sei. Kinder wieLukas, die eigentlich legasthenenSchüler aber, deren Schwierigkeiten imLesenlernen so früh gar nicht auffallenund die gerade wegen der unerkanntenLegasthenie sehr bald Schullaufbahn-probleme bekommen, sind dabei nichtberücksichtigt.

Die Schulwirklichkeit hat in den vergan-genen 20 Jahren gezeigt, dass bis heute

weder die schwachen Leser mit relativniedriger Intelligenz das Lesen undRechtschreiben bis zum Ende der 4. Klasse ausreichend erlernen, noch diebegabteren Legastheniker angemesseneHilfen erhalten. Vielmehr ist in einer Reihe von Bundesländern das Verständ-nis für Schüler mit diskrepantem Er-scheinungsbild „guter Schüler – schwa-cher Rechtschreiber“ verloren gegangen.

Das Schulsystem muss selbstverständ-lich für alle Gruppen mit Leselern-problemen angemessene Hilfen organi-sieren. Allerdings ist es notwendig, diese Hilfen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der jeweils betroffenen Kinder auszurichten. Den Unterschiedzwischen den schwächer begabtenschwachen Lesern und Rechtschreibernund den meist begabteren legastheni-schen Schülern beschreibt eine Kurz-information des Landesverbandes Legasthenie Schleswig-Holstein, die inTabelle 1 wiedergegeben ist.

Ein Beispiel für die Auswirkungen von überdauernden Teilleistungs-schwächen gibt der Pädagoge PeterStruck: „Rotgrünblinde Kinder sindbeim Erdbeerpflücken langsamer, undsie pflücken mehr unreife Früchte alsandere, weil sie die reifen von den un-reifen und die Früchte von den Blät-tern nicht so schnell, vor allem aber so-wieso allenfalls über das Fühlen unter-scheiden können. Sollte man ihnen ineinem Fach Erdbeerpflücken deshalbeine schlechte Note geben und sie stän-dig dazu ermahnen, sich mehr Mühe zugeben?“ (1996, S. 216).

Dass Schüler, die an einer Legasthenieleiden, sehr unterschiedliche Teilleis-

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Zugrunde liegen diesen Erscheinungs-bildern jeweils unterschiedliche Kom-binationen von Teilleistungsschwächender Wahrnehmung, Motorik und dersensorischen Integration (Zusammen-spiel verschiedener Wahrnehmungsbe-reiche). So ergeben sich unterschiedli-che Schweregrade und Schwerpunkteder Lernschwierigkeiten des einzelnenKindes.

Die Teilleistungsschwächen erschwe-ren insbesondere die Unterscheidungvon Buchstabenformen (visuelle De-tailerfassung) und/oder die Unter-scheidung von ähnlichen Sprachlauten(auditive Diskrimination).

Die Teilleistungsschwächen gehen ur-sächlich auf Erbfaktoren oder auf Hirn-reifungsverzögerungen durch Infekteoder andere Risiken zurück, die vor,während oder nach der Geburt aufge-treten sind, bzw. auf das Zusammen-wirken beider Ursachen. (DUMMER-SMOCH, 1996).

In den Definitionen der Legasthenie-forscher in den Jahren 1950 bis 1970wurde vor allem die Diskrepanz zwi-schen zu schwacher Lese- undRechtschreibleistung und besserer In-telligenz hervorgehoben. Damals wardie Erfahrung neu, dass es normal be-gabte Kinder mit genau den Leselern-und Rechtschreibproblemen gibt, dieman sonst bei allgemein lernbehinder-ten Kindern beobachtet hatte.

Die Entdeckung, dass Schüler nicht aus Dummheit in der Schule versagen,sondern allein wegen einer Lese-Recht-schreib-Schwäche, führte zur Ein-richtung von Leseklassen und zu den

ersten Erlassen der Kultusministerienin den verschiedenen Bundesländern.

VerschiedeneGruppenlese-rechtschreib-schwacher Kinder

Bei den Erfahrungen mit den ersten Legasthenieerlassen ergab sich ein Dilemma: Was machen wir mit denschwachen Lesern und Rechtschrei-bern, die im Lesenlernen und Recht-schreiben ebenso versagen wie legasthene Kinder, deren Recht-schreibleistung jedoch im Rahmen ei-ner zwar noch durchschnittlichen, fürdie Grundschule aber relativ schwa-chen Intelligenz liegt? Sie weisen keineDiskrepanzen zwischen besserenSchulleistungen und der zu schwachenRechtschreibung auf.

Diese Schüler litten und leiden nicht aneiner Legasthenie, sondern daran, dassim Leseunterricht auf leistungs-schwächere Kinder keine Rücksicht ge-nommen wurde. Lesenlernen „imGleichschritt“ prägte damals den An-fangsunterricht, sodass diese schwa-chen Leser in der Schule früh auffielen.Kinder wie Lukas hingegen, die ihre Fi-bel sehr schnell auswendig lernten,weil sie mit dem mühevollen ErlesenLaut für Laut nicht zurechtkamen,wurden in der Schule häufig nicht be-merkt. Sie „konnten“ alles lesen, wasdie Schule abforderte, und da sie sonstgute Schüler waren, gab es keinen Ver-dacht auf Lernschwierigkeiten.

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LEGASTHENIE9

In der Zeit nach dem zweiten Weltkriegneigten Wissenschaftler in den USAund später auch in Deutschland dazu,die Legasthenie auf Unterrichtsfehleroder auf seelische Belastungen bei denbetroffenen Kindern, z. B. durch Kon-flikte im Elternhaus, Erziehungsfehlerder Eltern u. Ä. zurückzuführen. Hin-weise auf Ursachen im Gehirn le-gasthenischer Kinder konnten im ver-gangenen Jahrhundert und bis in die70er-Jahre unseres Jahrhunderts nichtnachgewiesen werden. Daher gab mander Schule oder den Eltern die Schuldam Schulversagen der legasthenen Kin-der.

Mit der Entwicklung der neuen bildge-benden Verfahren zur Untersuchungvon Hirnleistungen nahm die Erfor-schung der Legasthenieursachen undder Leistungsunterschiede zwischenlegasthenen und gut lesenden Kinderneinen bedeutsamen Aufschwung. Seitdem Ende der 70er- bzw. dem Beginnder 80er-Jahre wurden neue For-schungsergebnisse bekannt, vor allemaus den USA, aber auch aus England,den Niederlanden und mit einiger Ver-zögerung auch aus Deutschland.

Die Forschungsergebnisse aus den Jah-ren seit 1980 bestätigen zunehmenddie Auffassung, dass an der Ausprä-gung einer familiären Legasthenie erb-liche Ursachen beteiligt sind. Eine

zweite Ursachengruppe sind Schädi-gungen, die im Mutterleib oder im zeit-lichen Umkreis der Geburt wirksamwaren. In jedem Fall handelt es sich umbiologische Ursachen.

Zurzeit gibt es ein Mosaik von Einzel-ergebnissen aus verschiedenen For-schungsbereichen, die noch nicht zu ei-nem Gesamtbild zusammengefügt wer-den können. Es scheint aber, dass sounterschiedliche Beobachtungen wieSehprobleme und Schwierigkeiten derLautunterscheidung (inneres Hören!),die im Verlauf der Legastheniefor-schung zur Einteilung der Erschei-nungsbilder in „visuelle Legasthenie“und „auditive Legasthenie“ und zumanchen Kontroversen geführt haben,nunmehr erstmals auf gleichartige bio-logische Ursachen zurückgeführt wer-den können.

Forschungs-ergebnisse zur visuellen und audi-tiven Verarbeitung

Gegen Ende der 70er-Jahre gab es ersteBelege für die neurobiologische Grund-lage der Legasthenie durch Untersu-chungen von GALABURDA und Mitarbei-

Ursachen legasthenerErscheinungsbilder

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2.tungsschwächen kompensieren, d. h. „inden Griff“ bekommen müssen, lässt sich

heute durch eine große Zahl wissen-schaftlicher Untersuchungen belegen.

Lese- und/oder Rechtschreibprobleme

vorübergehende überdauernde Schwierigkeiten Schwächen

vorübergehende Lese-Recht-schreib-Schwierigkeiten, z. B.durch Krankheit, Schulwech-sel, seelische Belastungen,Übungsmangel, Methodenfeh-ler (zu rasches Fortschreitenim Unterricht)

Schüler mit vorübergehendenSchwierigkeiten

O sind für den Besuch einerGrundschule zwar nicht zuschwach begabt, haben aberbei knapp durchschnittli-cher Intelligenz Schwierig-keiten mit dem Lesenlernenund dem Rechtschreiben,

O kommen häufiger ausElternhäusern, die nichthelfen können,

O haben in der Regel keineSchullaufbahnprobleme, so-fern sie lesen gelernt haben.

a Helfen können ein konse-quent durchgeführter,langsamer Leselehrgang undspäter ein zusätzlichesRechtschreibtraining.

Tabelle 1: Schwierigkeiten und überdauernde Schwächen

ausgeprägte Lese-Recht-schreib-Schwächen bei deut-lich besseren Lernvorausset-zungen: Legasthenie

Die eigentlichen Legastheniker

O müssen Teilleistungs-schwächen kompensieren,

O laufen Gefahr, durch die Le-se-Rechtschreib-Schwächezunehmend auch in denSachfächern nicht zurecht-zukommen, da sie z. B.Textaufgaben in Mathema-tik nicht lesen können.

a Legastheniker brauchen einspezielles Training, das ihrejeweiligen Teilleistungs-schwächen berücksichtigt,damit ihr Bildungsanspruchauf eine Schullaufbahn, dieihren intellektuellen Fähig-keiten entspricht, nicht ge-fährdet ist.

Lese-Rechtschreib-Schwächen im Rahmen allgemeiner Minderbegabung

Allgemein minderbegabteSchüler

O lernen alle schulischen Fertigkeiten – Lesen,Schreiben, Rechnen – sehrschwer,

O gehören einer sehr kleinenGruppe an: Unter 80 Kin-dern, die die erste Klasseder Grundschule wieder-holt hatten, fand man nur15 Prozent sonderschulbe-dürftiger Kinder (Dummer1982).

a Die für diese Kinder not-wendige Hilfe findet sich ineinem auf zwei Schuljahregedehnten Leseunterrichtin der Sonderschule oderFörderschule für allgemeinLernbehinderte.

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LEGASTHENIE11

Leistungsfähigkeit des großzelligenVerarbeitungskanals Leselern- und Leseschwierigkeiten mit visuellemSchwerpunkt erklären.

Untersuchungen zurHörverarbeitung

TALLAL und Mitarbeiter (1985) unter-suchten sprachverzögerte Kinder mitLeselernschwierigkeiten. Sie fanden,dass 98 Prozent der sprachbehinder-ten Kinder von Kontrollkindern alleinmithilfe einer Testbatterie unterschie-den werden konnten, die schnelleSprachproduktion oder rasche Laut-unterscheidung bzw. Unterscheidungvon rasch aufeinander folgendenBerührungsreizen erforderte.

Damit konnte gezeigt werden, dassauch die Verarbeitung in den Hörbah-nen bei legasthenen Kindern sehr häu-fig beeinträchtigt ist. Die Zellen der ent-sprechenden Schaltstelle im seitlichenKniehöcker können kurz anklingendeauditive Reize nicht verarbeiten. Da-her ist es einem hohen Prozentsatz le-gasthener Menschen nicht möglich, dienur kurz anklingenden Konsonanten(vor allem b–p, d–t, g–k) und die ähnli-chen Kurzvokale (o–u, i–e) zu unter-scheiden.

In München ist man durch die Untersu-chung der so genannten „Ordnungs-schwelle“ (PÖPPEL, 1988; v. STEINBÜCHEL

1996) auf deutlich verlangsamte Verar-beitung bei Patienten gestoßen, die in-folge eines Schlaganfalls ihre Spracheverloren hatten. Als „Ordnungsschwel-le“ bezeichnet man den Zeitraum, der

zwischen zwei Reizen liegen muss, da-mit man beurteilen kann, welcher derbeiden Reize zuerst dargeboten wurde.Ein Erwachsener kann normalerweiseeine korrekte Auskunft geben, wennihm über Kopfhörer z. B. ein Ton in dasrechte und ein anderer in das linke Ohrgegeben wird und wenn beide Töne imAbstand von mindestens 40 Millise-kunden aufeinander folgen. Erwachse-ne mit einer Sprachstörung nach einemSchlaganfall benötigten demgegenübereinen zeitlichen Abstand von mindes-tens 100 Millisekunden, um eine richti-ges Urteil abzugeben. Eine ähnlicheVerlangsamung fand man auch bei legasthenen Kindern. Zwar liegt dieOrdnungsschwelle, also der nötige zeit-liche Abstand zwischen zwei Reizen,bei Kindern im zweiten Schuljahr nochbei 100 bis 120 Millisekunden. Das istentwicklungsbedingt. LeseschwacheSchüler mit erhöhter Ordnungsschwel-le aber brauchen etwa 200 und mehrMillisekunden, um sagen zu können,welchen Ton sie zuerst gehört haben.

Da ein Training der Ordnungsschwellebei Schlaganfallpatienten mit einerSprachbehinderung sich als erfolgreicherwiesen hat, wollen die MünchenerWissenschaftler versuchen herauszu-finden, ob auch legasthene Kinder voneinem solchen Training Gewinn haben.

Die Forschungsergebnisse zu Verarbei-tungsproblemen in der Hörbahn kön-nen auch erklären, warum ein hoherProzentsatz legasthener Kinder im Ein-schulungsalter spezielle Probleme mitder Sprache hat, wie in zahlreichenfrüheren Untersuchungen nachgewie-sen wurde: Später als legasthen auffal-lende Kinder konnten bei Schulbeginn

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tern aus dem Laboratorium von GE-SCHWIND, einem namhaften amerikani-schen Neurologen. In Hirnschnittenverstorbener Legastheniker, für dieaus ihrer Schulzeit eindeutige Diagno-sen vorlagen, wurden feine Anomaliengefunden, und zwar in einer Reihe vonFällen übereinstimmend in Hirnarea-len, die wesentlich an den Sprachfunk-tionen beteiligt sind. Diese Anomalienhängen mit Wanderungsstörungen derHirnzellen zusammen, die schon im ersten Drittel der vorgeburtlichen Ent-wicklung in die Großhirnrinde aufstei-gen. Daher sprechen diese Befundedafür, dass Umwelteinflüsse oder kul-turelle Einflüsse in der frühen Kind-heit oder später als Ursachenfaktorennicht in Frage kommen.

Weitere Forschungen konnten nebenfeinen Anomalien der Hirnrinde auchin tieferen Strukturen des Gehirns, diemit dem Sehen zu tun haben, im Ver-gleich zu normalen Verhältnissen mini-male Fehlbildungen nachweisen. Die-ses Ergebnis löste weitere Forschungs-aktivitäten aus.

Untersuchungen zurSehverarbeitung

Man wusste aus älteren Studien, dassetwa 75 Prozent der legasthenen Kin-der in solchen Tests schwächer ab-schneiden, die rasche visuelle Informa-tionsverarbeitung verlangen.

Daher untersuchte man zwei Verarbei-tungskanäle der menschlichen Seh-bahn, die ihren Anfang in unterschied-lichen Zellen der Netzhaut nehmen und

zu zwei unterschiedlichen Zellschich-ten im linken seitlichen Kniehöckerführen, einer Schaltzentrale im Gehirn.Von dort werden die Seheindrücke indie Sehzentren der Hirnrinde weiter-geleitet.

Die großen Zellen in dieser Schaltzent-rale (großzelliger oder magnozellulärerVerarbeitungsweg) sind gewisser-maßen farbenblind und empfindlichfür schwache Kontraste, und sie verar-beiten rasch aufeinander folgende bzw.sehr kurz anhaltende Seheindrücke.Die kleinen Zellen im Kniehöcker(kleinzelliger oder parvozellulärer Ver-arbeitungsweg) verarbeiten Farben,starke Kontraste und lang anhaltendebzw. unbewegte Sehreize. Außerdemsind sie für das räumliche Sehen zu-ständig.

LIVINGSTONE und andere Mitarbeiteraus dem Forschungslabor von GALA-BURDA fanden nun, dass erwachsene legasthene Versuchspersonen auflangsame oder kontrastreiche visuelleReize genauso gut reagierten wie guteLeser. Bei schnell bewegten Reizen mitniedrigem Kontrast aber schnitten die legasthenen Versuchspersonen im Vergleich mit Erwachsenen ohne Lese-schwächen deutlich schlechter ab (LIVINGSTONE u.a. 1991). Die Untersu-chung von Hirnschnitten ehemals legasthener Personen zeigte, dass diegroßzelligen Schichten im seitlichenKniehöcker von legasthenen Gehirnenweniger organisiert waren und kleine-re Zellkörper enthielten im Vergleichmit Gehirnen von ehemals nicht-legasthenen Personen. Da das Lesensehr rasche Informationsverarbeitungerfordert, kann die unzureichende

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LEGASTHENIE

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keine Reime finden, die Laute aus ei-nem gesprochenen Wort nicht vollstän-dig heraushören, vorgesprochene Wör-ter nicht in Silben gliedern, zwei Lautenicht zur Silbe verbinden u. a. mehr.

Legasthene Schwächen –Schwächen der raschenzeitlichen Verarbeitung

GALABURDA und Mitarbeiter nehmen ei-nen Zusammenhang zwischen visuel-len und auditiven Problemen an. Auchdie Unterscheidung von Sprachlautenim gesprochenen Wort erfordert rascheauditive Verarbeitung. Ergebnisse ausfrüheren Untersuchungen (MCGUIRE

1989) weisen darauf hin, dass es nichtnur in der visuellen und auditiven Ver-arbeitung, sondern auch in anderenWahrnehmungssystemen die Untertei-lung in rasche und langsame Kanälegibt, z. B. für Berührungsreize. Dannwäre auch zu erwarten, dass legasthe-ne Kinder ebenso bei der Wahrneh-mung von Melodie, Rhythmus und Be-wegungen langsamer sind als andereKinder.

SpezielleForschungs-ergebnisse aus Deutschland

In verschiedenen UniversitätenDeutschlands bemüht man sich – meistin Zusammenarbeit zwischen Psycho-

logie, Medizin und Biophysik – um dieErforschung der Legasthenie. Stellver-tretend soll hier über zwei Forschungs-gruppen berichtet werden, die bereitsbegonnen haben, spezielle Trainings-methoden für die Wahrnehmungsbe-reiche Hören und Sehen zu entwickeln.

Legasthenie und Augen-bewegungen

Im Institut für Hirnforschung der Uni-versität in Freiburg/Breisgau werdenseit einer Reihe von Jahren die unruhi-gen Blickbewegungen legasthener Kinder untersucht. Unruhige oder „er-ratische“ Augenbewegungen sind mitdem bloßen Auge nicht unbedingt beobachtbar, können aber mit Mess-einrichtungen gut erfasst werden.Während das Kind liest, wird mit einerInfrarotmethode gemessen, wie häufig,mit welcher Geschwindigkeit und inwelche Richtung das Kind Blicksprün-ge macht. Normalerweise springt dasAuge beim Lesen mehrmals in der Zeilegezielt von links nach rechts. Ein langerBlicksprung erfolgt dann vom Zeilen-ende nach vorn zur neuen Zeile. Bei einem relativ hohen Prozentsatz le-gasthener Kinder aber bewegen sichdie Augen nicht in regelmäßigen Blick-sprüngen nach rechts, sondern ganzunregelmäßig in unterschiedlich lan-gen Blicksprüngen und in zufälligerFolge nach links oder rechts.

Dieses unruhige und ungesteuert er-scheinende Verhalten der Augen ist seitlangem bekannt. Ursprünglich habendie Forscher angenommen, dass vor al-lem die nach links gerichteten Blick-

sprünge der Korrektur des bereits Ge-lesenen dienen. Dann wären sie eineFolge der Leseschwäche. Dem wider-spricht aber, dass auch ältere Kinder,die ihre Leseschwäche weitgehendkompensiert haben und bereits flüssiglesen, dennoch die gleichen errati-schen Augenbewegungen zeigen.

Eine andere Annahme hielt die unruhi-gen Augenbewegungen für die Ursacheder Legasthenie. Man müsse nur ruhi-ge, nach rechts gerichtete Augenbewe-gungen einüben, um die Legasthenie zubeseitigen. Diese Annahme kann aberdie Schwächen der Lautunterschei-dung (Hörverarbeitung) nicht er-klären, die bei vielen legasthenen Kin-dern zugleich mit den unruhigen Au-genbewegungen zu beobachten sind.

Die Forschungen von BISCALDI und FI-SCHER richten sich auf die Verarbeitungin der Sehbahn, speziell auf das bereitserwähnte großzellige Verarbeitungs-system. Die folgende Darstellung ent-spricht weitgehend einem Beitrag, denBISCALDI und OTTO (1995) für die Zeit-schrift des Bundesverbandes Le-gasthenie geschrieben haben:

Die magnozellulären Hirnzellen bildendas Verarbeitungssystem in der Seh-bahn, das der Integration von Infor-mationen zwischen Fixationen und Augenbewegungen dient (LOVEGROVE

1982). Signale aus diesem System wer-den bis in Gebiete der Hirnrinde wei-tergeleitet, die auch an der Steuerungvon Augenbewegungen beteiligt sind.

Es besteht die Möglichkeit, Augenbe-wegungen – insbesondere Blicksprün-ge, wie sie beim Lesen durchgeführt

werden – zu untersuchen. Dazu wer-den einer Person auf einem Computer-bildschirm Punkte gezeigt, zu denen siehinüberblicken soll. Die sprunghaftenAugenbewegungen können dabei miteiner einfachen Infrarotmethode ge-messen werden.

Es wurden nun solche Augenbewegun-gen bei Legasthenikern vieler verschie-dener Altersgruppen untersucht, angefangen bei achtjährigen Kindernbis hin zu Erwachsenen. Die meistenLegastheniker zeigten sehr auffälligeaugenmotorische Charakteristika.

Die Fähigkeit, einen Punkt ruhig zu fi-xieren, ist bei ihnen eingeschränkt.Häufig ist ein Blicksprung zu kurz undmuss – damit die Augen das Blickzieldennoch erreichen – mit einem zwei-ten Blicksprung korrigiert werden.

„Eine wichtige Aussage erhalten wirüber die Zeit zwischen dem Auftau-chen eines Blickziels bis zum Beginn ei-ner Augenbewegung, die Reaktions-zeit. Diese Reaktionszeit ist bei einerGruppe von Legasthenikern extremverkürzt. Häufig sind die Prozesse, dieeinen Blicksprung vorbereiten, sogarschon abgeschlossen, bevor das Blick-ziel erscheint. Solche Legasthenikerscheinen eine dauernd erhöhte Bereit-schaft zu haben, Blicksprünge durch-zuführen.“ (BISCALDI und OTTO 1995)

Was bedeuten diese Ergebnisse für dasLesen? Beim Lesen wechseln sichBlicksprünge und Fixationen immerwieder ab. Eine visuelle Information (z. B. eine Gruppe von Buchstaben)kann jedoch nur während einer Fixa-tion aufgenommen und verarbeitet

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LEGASTHENIE

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werden, wenn das Auge ruht. Währendder Dauer der Fixation ist die visuelleAufmerksamkeit auf den aktuellenPunkt des Interesses gerichtet. Dasheißt, die Hirnzellen, die an den Pro-zessen der Aufmerksamkeit und derFixation beteiligt sind, sind in diesemMoment aktiv und hemmen zugleich jene Zellen, die eine Blickbewegungsteuern: Eine Augenbewegung wird„verboten“.

Bei einer Gruppe von Legasthenikernist diese Hemmung nicht ausreichend.Es ist bekannt, dass beim Lesen eineoptimale „Landeposition“ der Augeninnerhalb eines Wortes existiert, an derdas Erkennen eines Wortes am bestengelingt. Legastheniker, die zu vieleBlicksprünge machen und sich häufigkorrigieren müssen, könnten diese op-timale Landeposition oft verfehlen.

Wenn nach der Aufnahme einer Infor-mation eine Augenbewegung zumnächsten Punkt des Interesses – etwaeinem neuen Wortteil – durchgeführtwerden soll, muss zuerst die Aufmerk-samkeit vom vorherigen Punkt des In-teresses gelöst werden. Dem Fixations-system wird damit signalisiert: DieFixation kann beendet werden. EinBlicksprung wird nun „erlaubt“.

Dieses ständige Umschalten zwischenAugenbewegungen und Fixationenmuss sehr präzise und koordiniert er-folgen, damit eine sinnvolle Informati-onsverarbeitung möglich wird. Bei einerweiteren Gruppe von Legasthenikernfanden wir jedoch diese Umschaltpro-zesse beeinträchtigt. Dies führt, wenndas beim Lesen ebenso ist, zu einer Unregelmäßigkeit der Fixationsdauer,

deren Länge sich nicht – wie es sonstbeim Lesen der Fall ist – an der Schwie-rigkeit der Wörter orientiert.

Dies bedeutet, dass vorzeitige und un-regelmäßige Blicksprünge zwar nichtdie Ursache der Legasthenie sind, sieerschweren aber das Lesen zusätzlichzu anderen Beeinträchtigungen. DieErgebnisse aus diesem Forschungs-bereich eröffnen möglicherweise dieChance, durch ein spezifisches Trai-ning auf das großzellige Verarbeitungs-system indirekt einzuwirken und da-durch die zu schnellen Blicksprünge zuverhindern und die Fixationen zu sta-bilisieren.

Untersuchungen zur auditiven Analyse

Bei der auditiven Analyse geht es nichtallein um die genaue Unterscheidungähnlicher Sprachlaute sondern auchdarum, aus dem Redestrom alle Lautein der richtigen Reihenfolge heraus-zuhören. Im Audiologischen Zentrumder Kliniken der Stadt Düsseldorf wer-den seit etwa zehn Jahren zentrale Hör-störungen bei sprachbehinderten undlegasthenen Kindern untersucht. Derfolgende Bericht ist dem Kongressbanddes Bundesverbandes Legasthenie von1994 entnommen.

„Unter zentraler Fehlhörigkeit verste-hen wir einen qualitativen Hörverlustim Bereich der zentralen Hörbahn beinormaler Hörschwelle. Bei Patientenmit einer zentralen Fehlhörigkeitbleibt die Wahrnehmung von leisenund lauten Tönen praktisch unbeein-

flusst. Geräusche werden aber erheb-lich lauter als normal gehört. Signalemit Geräuschcharakter, z. B. gespro-chene Konsonanten, werden aber nichtnur lauter, sondern auch weniger diffe-renziert gehört. ... [Das] ... führt in akus-tisch komplexen Situationen zu Hör-problemen, z. B., wenn durcheinandergesprochen wird, bei Nebengeräuschenoder in halligen Räumen. In ruhiger At-mosphäre hört der Fehlhörige dagegenannähernd normal.“

Neben dem veränderten Hören vonSprache, das wegen der unzureichen-den Möglichkeiten der Lautunter-scheidung zu Rechtschreibproblemenführen muss, fanden ESSER und Mitar-beiter weitere Qualitätsmerkmale desHörens bei zentraler Fehlhörigkeit:

Bei gleichzeitiger Darbietung verschie-dener Wörter über Kopfhörer in beideOhren (dichotisches Hören) kann einnormal hörendes Kind überwiegendbeide Wörter verstehen und an-schließend wiedergeben. Zentral fehl-hörige Kinder lassen in diesem Test Be-einträchtigungen erkennen. Bei ihnenkönnen rechtes und linkes Gehör of-fensichtlich nicht unabhängig vonei-nander wahrnehmen. Die über beideOhren aufgenommenen unterschiedli-chen Informationen stören sich gegen-seitig.

Ein weiteres Qualitätsmerkmal betrifftdie zeitliche Verlangsamung der Hör-verarbeitung, wie sie auch TALLAL undV. STEINBÜCHEL festgestellt haben.

Das letzte Qualitätsmerkmal besteht ineiner mangelhaften „Filterfunktion“des Gehörs: Einen bestimmten Spre-

cher aus einem „akustischen Salat“ vonStörgeräuschen und anderen Spre-chern herauszuhören und zu verstehenstellt eine Höchstleistung menschlichenHörens dar. Man spricht hier auch vom„Party-Effekt“: Auf einer Party, wo vie-le Menschen durcheinander sprechen,kann man sich normalerweise auf ein-zelne Stimmen konzentrieren. DieseSprachwahrnehmungsleistung ist beizentral fehlhörigen Menschen erheb-lich herabgesetzt. In einer speziellenUntersuchung fanden Esser und Mitar-beiter, „dass die Schallintensität desPartygeräusches auf ein Viertel zurück-gehen müsste, damit die Gruppe derFehlhörigen die gleiche Sprachwahr-nehmungsleistung erreicht wie die nor-mal Hörenden“ (ESSER u. a. 1994).

Für die Schule bedeutet das mehr alsnur eine Lese-Rechtschreib-Schwäche.Wie eine zentrale Fehlhörigkeit dasVerhalten eines Kindes in der Klassebestimmt und zu Fehlbeurteilungenführen kann, ist der folgenden Be-schreibung zu entnehmen. Die Klas-senlehrerin berichtet:

„F. macht häufig einen schulunlustigen,gelangweilten Eindruck. Gelegentlichguckt er minutenlang vor sich hin undscheint völlig abwesend zu sein, oder eralbert herum und gibt freche Antwor-ten. Er arbeitet nur, wenn eine Lehr-kraft neben ihm sitzt. Er hat keinenEhrgeiz, fertig zu werden, und schafftmanchmal nur sehr wenig. Bei mündli-chen Anweisungen fragt er oft nachund hört bei Erklärungen nur zu, wenner als Einzelperson angesprochenwird. Erklärungen im Klassenverbandsind für ihn wirkungslos, da er nichthinhört.

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LEGASTHENIE17

verursacht ein Gen eine Disposition fürMangeldurchblutungen im Gehirn, dassich in rascher Entwicklung befindet.Diese Mangelversorgung löst abnormeZellwanderungen aus, die im Verlaufder weiteren Hirnentwicklung zu feinen Fehlbildungen und zu Fehlver-netzungen führen. Betroffen sind vorallem die Hirnareale, die mit Sprach-funktionen zu tun haben, aber auch tiefer liegende, an der Verarbeitung vi-sueller und auditiver Reize beteiligteHirnstrukturen. Die Strukturen derrechten Hirnhälfte scheinen wenigerbetroffen zu sein. In manchen Regionenhaben die Forscher sogar eine güns-tigere Entwicklung im Vergleich zu normalen Verhältnissen gefunden.

Wenn man sich diese Darstellung zu Eigen macht, leuchtet ein, dass die entsprechenden Entwicklungen zwareinem generellen Muster folgen, abernicht zu identischen Ergebnissen

führen. Auf diese Weise lassen sich dieunterschiedlichen Erscheinungsbildervon Legasthenien erklären. Das giltauch für die beobachteten auditivenbzw. visuellen Schwerpunkte der Le-gasthenie. Die Forschungsergebnissebieten nicht zuletzt auch eine Er-klärung für die mit der Legastheniehäufig verbundenen besonderen ma-thematisch-technischen und musi-schen Begabungen, die wesentlich aufFunktionen der rechten Hirnhälftezurückgehen. Diese scheint von denEntwicklungshemmungen der linkenzu profitieren. GALABURDA fasst die an-dersartige Begabungsstruktur legas-thenischer Menschen daher als eine für das Überleben der Menschheitwichtige Normvariante auf. Legas-thenie sollte, wie Linkshändigkeit,nicht als eine Anomalität verstandenwerden, sondern als ein Zeichen für besondere Begabungen im nicht-sprachlichen Bereich!

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Aufgrund von Leseproblemen beste-hen Schwierigkeiten bei Sachauf-gaben. F. kennt alle Buchstaben. Erkann sie benennen und schreiben. Einfehlerhaftes Abschreiben ... ist mög-lich. Unbekannte Texte kann er jedochnicht erlesen.“

Demgegenüber scheint die Sonder-schullehrerin, die eine Untersuchungwegen Verdachts auf Sonderschul-bedürftigkeit bei F. durchgeführt hat –in einer ruhigen Einzelsituation – einvöllig anderes Kind zu beschreiben:

„F. war während der Untersuchung mo-tiviert, ehrgeizig und sehr bemüht, diean ihn gestellten Anforderungen so gutwie möglich zu erfüllen. Der Intelli-genztest ergab einen überdurch-schnittlichen IQ. Stärken fanden sichin der visuellen Merkfähigkeit undbeim logischen Schlussfolgern.“

ESSER und Mitarbeiter haben ein Trai-ningsgerät entwickelt, mit dem gespro-chene Sprache zeitgleich in farbige Bil-der umgesetzt wird, sodass das Kindseine eigene Sprache visuell kontrollie-ren kann. Mit diesem Gerät ist es mög-lich, fehlhörige Kinder im Spracher-werb und in der frühesten Phase desSchreibens von kurzen, lautgetreuenWörtern zu unterstützen.

Dennoch: Legasthenieist nicht heilbar

Bei allen Bemühungen, legasthenenKindern Erleichterungen beim Lesen-lernen und beim Lesen zu verschaffen,darf nicht vergessen werden, dass es un-

terschiedliche Erscheinungsbilder undunterschiedliche Kombinationen vonTeilleistungsschwächen gibt. In der Re-gel haben selbst zentral fehlhörige Kin-der weitere Teilleistungsschwächen inanderen Wahrnehmungsbereichen, wiez. B. die Tendenz, Buchstaben zu spie-geln, oder feinmotorische Probleme.Auch wenn die neuen Forschungser-gebnisse zu Trainingsmöglichkeitenführen, die nicht erst beim Wort, son-dern schon in den Verarbeitungs-kanälen der Wahrnehmung ansetzen,muss nach wie vor betont werden: Legasthenie ist nicht heilbar.

Alle Hilfen können letztlich nur daraufhinauslaufen, die Voraussetzungen fürdas Lesen und Schreiben in Teilberei-chen zu bessern. Im Übrigen aber bleibtes dabei, dass den Kindern Wege zurKompensation ihrer Schwächen ange-boten werden müssen. Und da gilt dieRegel Goethes: Wer vieles bringt, wirdjedem etwas bringen! Das bedeutet indiesem Zusammenhang: Förderansät-ze sollten in mehreren Wahrnehmungs-bereichen ansetzen.

Legasthenie-ursachen und spezielle Begabungen

Was nun die biologischen Ursachen imengeren Sinne angeht, zeichnet GALA-BURDA nach dem derzeitigen Stand derForschung das wahrscheinliche Ent-wicklungsgeschehen wie folgt auf: Et-wa in der Mitte der Schwangerschaft

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LEGASTHENIE

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Derartige Einwände widersprechen je-doch der gesicherten Erkenntnis, dassj e d e s Entwicklungsproblem eineVorgeschichte hat. Schwierigkeiten ab-zuwarten gleicht einer Vogel-Strauß-Haltung, weil die Gründe dafür, was einKind kann bzw. nicht kann, nicht alleinaus den aktuellen Umständen zu er-klären sind. Wie ein Kind reagiert, wiees empfindet und was es zu leisten ver-mag, ist in vielerlei Hinsicht in frühe-ren Abschnitten seiner Entwicklungverwurzelt.

Wenn ein Kind schreiben und lesen lernen will, ist es auf Voraussetzungenangewiesen, die sich in der Zeit vorSchuleintritt bei den meisten Kindernausreichend ausgeformt haben. Herauszufinden, woran es bei einem legasthenen Kind gelegen hat, dass sich einzelne Vorläuferfunktionen desSchreibens und Lesens nicht genügendausgebildet haben, führt zu Überlegun-gen, wie man vorbeugen kann.

Entwicklungsstand der Lautsprache

Es ist kein Zufall, dass alle Kinder derWelt zwischen dem 5. und 7. Lebens-jahr damit beginnen, die schriftlicheForm ihrer Muttersprache zu erlernen.Eine Ursache dafür ist das erreichte Ni-veau der Lautsprache. Eine vorbeugen-de Hilfe, um die Voraussetzungen fürden Erwerb der Schriftsprache zu ver-bessern, besteht u. a. darin, noch vorSchuleintritt lautsprachliche Mängellogopädisch zu behandeln. Wer nochfehlerhaft spricht, kann nicht fehler-frei schreiben und lesen. Es ist be-

kannt, dass viele lese-rechtschreib-schwache Schüler im Vorschulalter ei-nen Sprachfehler hatten.

Auf die Lautsprache bezogene Wahr-nehmungen

Eine andere unersetzbare Vorausset-zung oder Vorläuferfunktion für dasSchreiben- und Lesenlernen ist ein al-tersgemäß entwickeltes Niveau dersprachbezogenen Wahrnehmungen.Worum handelt es sich dabei? Um ge-sprochene Sprache in geschriebeneund umgekehrt umsetzen zu können,muss das Kind in der Lage sein, die oftsehr feinen Nuancen in den sinnlichwahrnehmbaren, d. h. in den äußerenMerkmalen der Lautsprache zu unter-scheiden. Nur wer Sprache richtigwahrnimmt, kann Sprache auch ver-stehen. Erst wenn z. B. das Kind denfeinen Unterschied zwischen einem gesprochenen „g“ und einem gespro-chenen „d“ in Wörtern wie Nagel undNadel heraushört, weiß es, wovon dieRede ist.

Das phonematische Gehör entscheidetdarüber, ob die Qualität einzelner Lau-te sinnbezogen richtig wahrgenommenwird. Wie soll das Kind wissen, ob esein „g“ oder ein „d“, einen langen odereinen kurzen Vokal, einen stimmhaftenoder stimmlosen Zischlaut usw. schrei-ben soll, wenn sein phonematischesGehör diese Unterschiede nicht sicherzu unterscheiden vermag? Oder wiesoll es einem Kind gelingen, für einenLaut den entsprechenden Buchstaben

Möglichkeiten der Hilfe in Kindergarten und Schule

18

3.

Leselernschwierigkeiten und Leselern-schwächen betreffen etwa 7–10 Pro-zent aller Kinder im Einschulungsalter.Da es innerhalb des Schulsystems Hil-fen für die wesentlich kleinere Gruppesprachbehinderter Kinder gibt, solltensich Schule und Kindergarten ebensoauch für leseschwache Kinder verant-wortlich fühlen. Das setzt allerdingsvoraus, dass Lehrkräfte entsprechendgeschult werden und dass die Erlasseder Bundesländer schulische Hilfenverpflichtend regeln.

Die dringlichsten Hilfen sind in dreiStufen zu sehen:

a) Frühförderung im Vorschulalter,b) Frühförderung im Leselernprozess,c) weitere Förderung und begleitende

Unterstützung während der gesam-ten Schulzeit entsprechend dem in-dividuellen Schweregrad der Legas-thenie.

Möglichkeiten einer Frühförderunglegasthener Kinder bereits im Vorschulalter

(Helmut Breuer und Maria Weuffen)

Bei den meisten Kindern mit einer Legasthenie deutet im Vorschulalternichts darauf hin, dass ihnen das Le-sen- und Schreibenlernen später ein-

mal so große Schwierigkeiten bereitenwird. Ehe sie in die Schule kommen,verhalten sie sich im Spiel, im Kontaktmit anderen und bei alltäglichen Ver-richtungen wie alle anderen Kinderauch. Sie freuen sich auf die Schule.

Der Schuleintritt verändert jedoch vieles in ihrem Leben. Schon nach wenigen Wochen weicht ihre freudigeErwartung, endlich das Lesen undSchreiben zu erlernen, einer Enttäu-schung. Trotz aller Mühe bleiben die erhofften Erfolge aus. Daran vermagauch die vermehrte Unterstützungdurch Eltern und Lehrer nichts zu än-dern. Es besteht die Gefahr, dass ausder Freude auf die Schule eine Ableh-nung der Schule und des Lernens ent-steht.

Viele Eltern fragen sich in dieser Situa-tion: Gab es vor Schuleintritt wirklichkeine Hinweise auf diese Schwierigkei-ten? Wurden sie übersehen? Hätte manihnen vorbeugend begegnen können?

Überlegungen zur Vorbeugung wirdvon verschiedensten Seiten entgegen-gehalten, dass man die Ursachen vonLese-Rechtschreib-Schwierigkeitenerst dann erkennen und pädagogischbehandeln kann, wenn das Kind be-reits dabei ist, das Lesen und Schrei-ben zu erlernen. Vorher nach einer Not-wendigkeit der Förderung zu suchen,könnte leicht zu Stigmatisierungenoder zum Verlust der Unbefangenheitbeim Kind führen.

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LEGASTHENIE21

Bei dieser Förderung geht es darum,das Kind beim Spiel, beim Bauen, Bas-teln, Tanzen, Singen, Erzählen usw. zur bewussten Beachtung solcherMerkmalsunterschiede zu führen, diein der Laut- und Schriftsprache eine bedeutungsunterscheidende Funktionbesitzen, bzw. diese von ihnen gestal-ten zu lassen.

Eine vorschulische Förderung ist un-gleich wirkungsvoller als jede Art vonNachhilfe in der Schule, weil der Nach-hilfe immer Misserfolge und Enttäu-schungen vorausgehen. Was dem Vor-schulkind Freude und Spaß bereitet,was es als besondere Zuwendung undBevorzugung z. B. durch die Erzieherinim Kindergarten erlebt, ordnet der er-folglose Schüler als Folge seiner Un-fähigkeit und damit früher oder späterals Abwertung seiner Persönlichkeit ein.

Diagnose und Förderungsprachbezogener Wahr-nehmungsleistungen

In dem Buch „Lernschwierigkeiten amSchulanfang“ werden Prüf- und Trai-ningsaufgaben für fünf Wahrneh-mungsbereiche beschrieben.

Die phonematisch-akustischeDifferenzierungsfähigkeit

Phonematische Differenzierungsleis-tungen (ein Phonem ist ein Sprachlaut)entscheiden darüber, ob ein Kindklangähnliche, aber bedeutungsunter-scheidende Sprechlaute aus dem Redestrom herauszuhören vermag.

Wörter wie Bahn/Bein, Uhr/Ohr, Tasche/Tasse, backen/baden u. a. stel-len enorme Anforderungen an das pho-nematische Gehör. Durch das Erratenvon Geräuschen, das Heraushören vonbedeutungsunterscheidenden An-, In-und Auslauten und andere Hör-übungen lässt sich das phonematischeUnterscheidungsvermögen relativ gutverbessern. Bestimmte Formen desStammelns (das Kind spricht z. B. „detommen“ statt „gekommen“) beru-hen auf der Unfähigkeit, die selbst ge-sprochenen Laute sicher zu erkennen.

Die sprechmotorisch-kinästheti-sche Differenzierungsfähigkeit

Mängel in diesem Bereich sind einschweres Handikap für das Sprechen,Schreiben und Lesenlernen. Die Rei-henfolge der Laute, ihre Vollständig-keit und normgerechte Artikulationhängen weitgehend von dieser Fähig-keit ab. Sprechmotorische Präzision istauch eine wesentliche Voraussetzungfür das Sprachgedächtnis. Eine vor-beugende Förderung der sprechmoto-rischen Voraussetzungen ist relativ gutmöglich, weil z. B. Lippen- und Zungen-turnen, Blasübungen wie Kammbla-sen, Seifenblasen, Wattepusten und sogenannte „Zungenbrecher“ den Kin-dern viel Spaß machen.

Die intonatorisch-melodische Differenzierungsfähigkeit

Von ihr hängt es ab, ob das Kind undder Kommunikationspartner einanderverstehen. Außerdem drücken die Me-lodieführung und die Betonung beimSprechen Gefühle und Einstellungenaus. Diese Merkmale sind für das Mit-

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zu schreiben, wenn es dessen optischeFeinheiten nicht erkennt? Wenn es z. B.die Lagemodalitäten (b–d–g), Größen-unterschiede (e und l), Häufigkeits-merkmale (m–n, E–F) usw. nicht präzi-se unterscheiden kann? Oft kommt esbeim Schreiben auch zur Umstellungder Reihenfolge von Buchstaben inner-halb des Wortes. Es werden Buchsta-ben ausgelassen, verwechselt oder hin-zugefügt.

Subtilere Schwächen im phonemati-schen Gehör, aber auch in der sprech-kinästhetischen Koordination (Zusam-menspiel der Artikulationsbewegun-gen), in der Wahrnehmung optischerMerkmale und in anderen Sprach-wahrnehmungsleistungen bleiben imVorschulalter oft unerkannt, weil dasKind andere Situationscharakteristikaals Informationsquellen nutzt.

Wenn ein Kind z. B. mit seiner Mutterein Puppenkleid näht und aufgefordertwird, eine Nadel zu holen, dann wird esnie einen Nagel holen, obwohl es beimisolierten Darbieten beider Wörter, et-wa beim Diktat, die Phoneme „g“ und„d“ hörend nicht zu unterscheiden ver-mag. Je intelligenter ein Kind ist, umsobesser gelingt es ihm, seine Sprach-wahrnehmungsmängel zu kompensie-ren. Es durchschaut die Situation. Daserklärt, weshalb begabte Kinder mit ei-ner Legasthenie oft erst spät erkanntwerden. Weniger kluge Kinder fallenfrüher durch Fehlleistungen im All-tagsverhalten auf.

Man könnte also schlussfolgern, dasssubtile Wahrnehmungsdefizite, die fürden Schreib-Leselern-Vorgang eineschwere Belastung darstellen, bei nor-

mal intelligenten Kindern im Vor-schulalter nicht zu erkennen sind. Die-ser Einwand ist verständlich, aber un-berechtigt. Für Kindergärtnerinnen,Logopäden, Grundschul- und Sonder-schullehrer, Lerntherapeuten, Psycho-logen und Schulärzte steht eine ent-sprechende Erkundungshilfe zur Fest-stellung sprachbezogener Wahrneh-mungsdefizite bei 5- bis 8-jährigen Kin-dern zur Verfügung: die „Differenzie-rungsprobe“ von BREUER und WEUFFEN.

Früherkennung mit derDifferenzierungsprobe

Die Differenzierungsprobe wurde ver-öffentlicht in dem Buch „Lernschwierig-keiten im Schulanfang“ (BREUER/WEUF-FEN, Beltz-Verlag, Weinheim/Basel1995). Mithilfe dieses Verfahrens ist esbei einem für die genannten Berufs-gruppen vertretbaren zeitlichen undsachlichen Aufwand möglich, diejeni-gen Kinder zu ermitteln, deren Sprach-wahrnehmungsniveau partielle oderglobale Schwächen aufweist. Diese diagnostischen Informationen gebenHinweise, ob bzw. in welchen Wahr-nehmungsbereichen eine vorbeugendeFörderung angesagt ist. In der Regelweisen etwa 15 Prozent der Schulan-fänger Defizite in der Sprachwahrneh-mung auf. Unter ihnen befinden sichauch jene Kinder, bei denen später inder Schule eine Legasthenie diagnosti-ziert wird. Jedoch sind nicht alle Kinder,die bei Schulbeginn förderbedürftigeDefizite zeigen, spätere Legastheniker.Für alle diese Kinder ist eine frühzeitigeFörderung der Sprachwahrnehmungs-leistungen von großem Nutzen.

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LEGASTHENIE

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schulung), sondern darum, im Spielall-tag des Kindes die Tätigkeit mit Anfor-derungen anzureichern, welche die Ge-nauigkeit der Wahrnehmungen fördernund verbessern helfen. Eine spieleri-sche Basisförderung stabilisiert undautomatisiert auch die sprachbezo-genen Wahrnehmungen. Unterstütztwird dies, wenn in der Förderung dieEinheit von Tätigkeit, positiver Motiva-tion und Sprechen verwirklicht wird.Ohne dass das Kind schreibt oder liest,wird es auf das Schreiben und Lesenvorbereitet.

In der konkreten Förderung ist daherimmer zu beachten, dass jeder einzelnesprachbezogene Wahrnehmungsbe-reich zwar seine spezifische Funktionbesitzt, aber zugleich ein Teil einesBündels elementarer Lernvorausset-zungen ist. Die Übungen für einzelneWahrnehmungsbereiche sollten daherimmer eingebettet sein in sprachlicheSituationen, in denen auch andereWahrnehmungsbereiche beteiligt sind.

Die Frühförderung der mit Spracheverbundenen Wahrnehmungsleistun-gen bedeutet zugleich auch eine Förde-rung der Konzentrationsfähigkeit unddes Sprachgedächtnisses. Konzentra-tionsschwäche bei Schülern ist oftnicht der primäre Ausgangspunkt fürLernschwierigkeiten, sondern die Fol-ge unscharfer Wahrnehmungen für dieInformationsverarbeitung.

Der Erfolg einer vorbeugenden Förde-rung hängt nicht nur von ihrer didakti-schen Gestaltung ab. Ebenso wichtig istdie Atmosphäre, in der sie sich voll-zieht. Es kommt darauf an, wie die psychosozialen Grundbedürfnisse des

Kindes nach Liebe, Geborgenheit undZuneigung, nach Bestätigung, Aner-kennung und Hilfe, nach Erkenntnisge-winn, Lern- und Erfahrungszuwachs,nach Selbsterfahrung und Freiräumenbefriedigt werden.

Frühförderung im Leselernprozess

Falls in der Vorschulzeit keine Früher-kennung und keine vorbeugende För-derung stattgefunden hat, kommt esumso mehr darauf an, Schwächen desKindes im Leselernprozess möglichstfrüh zu erkennen. Je nach dem Lese-lehrgang, den die Schule durchführt,treten Auffälligkeiten früher oder spä-ter in Erscheinung. Manche Kinderkönnen sich lange Zeit mit dem Aus-wendiglernen von Fibeltexten helfen.Auch das visuelle Einprägen von Wort-bildern, die dann auswendig „aufge-malt“ werden, kann die Entdeckungder Schwierigkeiten des Kindes langeZeit verhindern.

Worauf also sollen Eltern achten? Dazuist zunächst ein wenig über den Lese-lernprozess zu sagen, wie er normaler-weise abläuft.

Lesenlernen bei guten Leselernvoraussetzungen

Die in Deutschland heute bevorzugteLesedidaktik, vertreten durch Namenwie BRÜGELMANN, DEHN, GÜNTHER undSCHEERER-NEUMANN, folgt einem kogni-

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denken und Erfassen der Bedeutungvon Sätzen wichtig. Derselbe Satz, z. B.„Ich komme gleich“, einmal in beruhi-gendem Tonfall, einmal mit drohendemUnterton gesprochen, hat entspre-chend unterschiedliche Bedeutung. Eskommt eben nicht nur darauf an, wasgesagt wird, sondern auch darauf, wiees gesagt wird. Die Förderung beginntmit der Freude am Singen, Musizierenund Tanzen. Sie wird durch jede Formder musikalischen Früherziehung un-terstützt.

Die rhythmische Differenzierungs-fähigkeit

Ohne sie kann die inhaltlich-logischeGedankenführung eines Textes nichterkannt werden. Rhythmus gliedertund strukturiert einen entfalteten Ge-danken, sichert das Erfassen von Zu-sammenhängen. Pausen, Betonungenund Gruppierungen der Wörter im Satzerleichtern das Verständnis für Zusam-menhänge. Ein scherzhaftes Beispieldafür sind die Sätze „Der Lehrer, sagtder Schüler, ist ein Esel“ und „Der Leh-rer sagt, der Schüler ist ein Esel“.

In gewisser Weise kommen diese Bezie-hungen auch für mathematische Basis-leistungen in Betracht. Aus Längs-schnittuntersuchungen geht hervor,dass mathematisch überdurchschnitt-lich befähigte Schüler im Vorschulalterüber eine besonders gute rhythmischeDifferenzierungsfähigkeit verfügen.Diese Fähigkeit sagt zukünftigen Lern-erfolg mit hoher Wahrscheinlichkeitvoraus.

Rückstände im Niveau der rhythmi-schen Differenzierungsfähigkeit lassen

sich nur schwer überwinden. Mit spek-takulären Fördererfolgen ist nicht zurechnen. Besonders nützlich sindÜbungen, die in der Einheit von melo-disch-rhythmisch-motorischer Akti-vität vollzogen werden. Solche Übun-gen bilden den Kernbestand jeder vor-beugenden Förderung zur Einschrän-kung von unerwarteten Lernschwie-rigkeiten im Anfangsunterricht.

Die optisch-graphomotorische Differenzierungsfähigkeit

Um Lautsprache in Schriftsprache undSchriftsprache in Lautsprache umset-zen zu können, benötigt der Schulan-fänger ein entsprechendes Niveau deroptisch-graphomotorischen Differen-zierungsfähigkeit. Nur dann kann dasKind auffällige und unauffällige De-tails bei der Unterscheidung, Ausson-derung, Zuordnung und Gestaltungvon Merkmalen der Form, Lage, Größe,Länge, Dicke, Richtung, Farbe undHäufigkeit erkennen. Diese Leistungenwerden vor allem für das Erkennen undSchreiben von Buchstaben benötigt.Sie bilden sich normalerweise vorSchuleintritt im Alltagsverhalten desKindes heraus. Um Rückstände in die-ser Differenzierungsleistung aufzuho-len, sind Tätigkeiten wie Malen, Bau-en, Basteln, Puzzlespiele, Fingerübun-gen, Sortierübungen u. a. sehr nützlich.

Funktionen nicht isoliert üben!

Es geht bei der vorbeugenden Förde-rung nicht um ein isoliertes Trainingfür einzelne Sinnesbereiche (Sinnes-

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sen sich Verdachtsmomente ableiten.Noch nicht ausreichend auf das Lesen-lernen vorbereitet sind Kinder,

I die sich noch nicht für Buchstaben,z. B. in Autokennzeichen, und nichtfür das Schreiben des eigenen Na-mens interessieren,

I die längere Wörter wie Feuersala-mander, Polizeibericht, Organisa-tion u. a. noch nicht richtig nach-sprechen können,

I die noch zu Beginn der Schulzeitwie ein Kleinkind sprechen: „Tin-der“ statt „Kinder“, „detommen“statt „gekommen“,

I die ungern puzzeln,I die den Stift beim Schreiben und

Malen noch nicht im „Dreifinger-griff“ halten.

Im Leselernprozess selbst sprechen diefolgenden Hinweise für Teilleistungs-schwächen:I Das Kind schreibt Wörter von

rechts nach links oder druckt mitBuchstabenstempeln von rechtsnach links.

I Es antwortet auf die Frage nachdem Anfangslaut eines Wortes mitdem Endlaut.

I Es kann Anfangslaute vorgespro-chener Wörter nicht nennen.

I Es kann ähnliche Laute (b–p, d–t,g–k) nicht unterscheiden.

I Es hat Schwierigkeiten, die ähn-lichen Buchstabenzeichen (z. B.F–E–L, h–k, r–n, f–t) zu unter-scheiden.

I Es verwechselt spiegelbildlicheoder gedrehte Buchstabenformenwie b–d, g–p–q, a–e, o–a und E–3bzw. die Zeichen für „größer“ (>)und „kleiner“ (<).

I Es kann zwei Laute nicht zur Silbezusammenziehen, auch nicht bei ge-dehntem Sprechen; es spricht m – astatt mmmaa.

I Es kann die Silbenzahl von zwei-und mehrsilbigen Wörtern nicht be-stimmen.

I Es kann Reimwörter nicht erken-nen, z. B. in der Wortreihe Hose –Jacke – Rose.

I Es erklärt schon nach den erstenSchulwochen, dass es einmal diesenoder jenen Beruf ergreifen will,„weil man da nicht lesen muss“.

Weiterhin gibt es Auffälligkeiten, dieman unschwer beobachten kann, wennman ihre Bedeutung kennt:I Beginnt das Kind beim Lesen nach

kurzer Zeit zu gähnen? Dannstrengt das Lesen sehr an!

I Reibt es sich häufig die Augen?Dann erschwert vermutlich ein Seh-fehler das Lesen.

I Klagt es über Kopfschmerzen beimLesen? Das kann ein Hinweis aufProbleme der Seh- oder der Hörver-arbeitung sein.

I Muss es den Zeigefinger benutzen,um dem Text folgen zu können?Wahrscheinlich rutschen die Zeilenineinander oder die Blickbewegun-gen sind unruhig, das Fixieren istnicht stabil.

I Schließt es beim Lesen ein Augeoder deckt es das Auge ab? Dannkönnte eine latente Schielstellungbei beidäugigem Sehen zu Doppel-bildern führen.

I Geht es mit dem Kopf bzw. mit ei-nem Auge sehr nahe an den Textheran? Auch dies wäre ein Hinweisauf Sehprobleme.

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tiven Erklärungsmodell des Schrift-spracherwerbs: Lesenlernen ist Denk-entwicklung (GÜNTHER, 1989). In Tabel-le 2 ist dargestellt, wie diese Entwick-lung normalerweise verläuft.

In diesem Denkmodell ist nicht an Teil-leistungsschwächen der Wahrnehmungund Motorik gedacht, die verhindernkönnen, dass ein Kind die an sich ge-wonnene Erkenntnis über die Buchsta-ben-Laut-Beziehung richtig umsetzenkann. Daher ist es nötig, das Wissen umTeilleistungsschwächen, wie BREUER

und WEUFFEN sie beschrieben haben, imAnfangsunterricht zu berücksichtigen.

Anzeichen für ein Lesen-lernen unter erschwer-ten Bedingungen

Zu Beginn der Schulzeit kann mannatürlich noch keine Leseschwierigkei-ten beobachten. Aber aus der Tabelle 2und aus der Differenzierungsprobe las-

AktivitätKritzelbriefe

Logographemische Schreibungen (Wortbilder)

Alphabetische Schreibungen (lautierendes Schreiben)

Orthographisch korrekte Schreibungen

Tabelle 2: Lesenlernen als Denkentwicklung

Erkenntnis/DenkenGesprochenes kann man durch Aufschreiben – Stri-che auf dem Papier – festhalten; noch keine Buch-stabenkenntnis, noch kein Bezug zu den Lauten derSprache.

Zum Schreiben braucht man nicht irgendwelche Stri-che, sondern Buchstaben: z. B. MAMA, OMA, TAXI.Das Kind schreibt z. B. OCOA OCLA für COCA COLA,HKIEIK, HKEIK, HEEK und HEKE für HEIKE (TWIE-HAUS, zit. nach GÜNTHER 1989, S. 21). Noch keine Zuordnung von Lauten zu den Buchstaben möglich,daher keine Kontrolle der Anzahl der Laute und derReihenfolge möglich.

Jeder Buchstabe steht für einen bestimmten Laut. An-fänglich unvollständige Schreibungen: Ui für „Mutti“,PP für „Papa“; zunehmend vollständige Schreibungenmit alphabetisch-lautgetreuen Falschlösungen: Huntfür „Hund“, Fata für „Vater“.

Die Schreibung vieler Wörter kann man nicht heraus-hören, es gibt bestimmte Regeln für die Rechtschrei-bung. Zunehmender Erwerb von Rechtschreibwissen.

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der Legasthenie zu erkennen. Dabei istnicht allein auf die höchsten Fehler-zahlen zu achten, sondern auch aufbessere Schreibleistungen mit einerHäufung auffälliger Fehlerarten:

In der Gruppe lautgetreuer Fehler wer-den alle die Buchstaben gezählt, diezwar der orthographischen Schreibungeines Wortes noch nicht entsprechen,die aber das Wort in seinem Klang nichtverändern, wenn man die Schreibungdes Kindes laut liest. Zum Beispiel un-terscheiden sich die SchreibungenSchine und Schiene oder Hund undHunt beim lauten Vorlesen nicht. Laut-getreue Falschlösungen (L) gelten alspositives Anzeichen für einen gelunge-nen Anfang im Leselernprozess.

Wenn ein Wort unvollständig geschrie-ben wurde oder Buchstaben enthält,die hinzugefügt wurden, dann spre-chen wir von Fehlern der Wahrneh-mungsdurchgliederung (WD). Auch indieser Gruppe wird jeder Buchstabe ge-zählt, der im Wort fehlt oder hinzuge-fügt wurde. Das Wort „BSN“ für „Besen“ enthält z. B. zwei WD-Fehlerfür die beiden fehlenden „e“. Im Wort„Wargen“ kommt ein zusätzliches „r“vor, das als ein WD-Fehler gezählt wird.

Die Fehler der Wahrnehmungstrenn-schärfe (WT) betreffen die Problemeder visuellen Unterscheidung vonBuchstabenformen (WTvis) und derauditiven Unterscheidung von Lauten(WTaud). Häufiger kommen auditiveFalschschreibungen vor wie „Domate“(Tomate) oder „Reken“ (Regen). Bei-spiele für visuelle WT-Fehler sindSchreibungen wie „Fomate“ (Tomate),„Magel“ (Nagel), „Kanel“ (Kamel) oder

„Supe“ (Lupe, Verwechslung von „L“und „S“ in Schreibschrift).

Fehler der Wahrnehmungsrichtung(WR) bilden eine weitere Gruppe visu-eller Falschlösungen. Sie haben mit derLeserichtung von rechts nach links(Umstellungen der Reihenfolge) odermit Raumlageproblemen zu tun. SolcheFehler sind „Kamle“ (Kamel), „Segimo“(Eskimo) oder „Banaen“ (Reihenfolge-fehler), Vertauschungen von b–d–g, sel-tener Verwechslungen von a–o, M–W,m–w oder e–a (Raumlagefehler).

Kinder, in deren Bilderlisten die WD-Fehler überwiegen, haben noch keinenZugang zum Leselernprozess gefun-den. Sie bedürfen im zweiten Schul-halbjahr der 1. Klasse eines Neuan-fangs mit spezifischen Methoden. Diebloße Wiederholung der ersten Klassebringt bei Kindern mit Teilleistungs-schwächen in der Regel keinen Erfolg.Sie kennen die Fibeltexte bereits aus-wendig und finden den Zugang zum alphabetisch-lautierenden Lesen undSchreiben ohne Hilfe nicht.

Wenn visuelle oder auditive WT-Fehlerauffällig häufig sind, sollte das Kind ei-nem Augenarzt bzw. einem Ohrenarztoder in einer Ohrenklinik vorgestelltwerden mit der Frage, ob spezielle Seh-oder Hörverarbeitungsprobleme vor-liegen. Die reguläre augenärztliche Un-tersuchung bzw. die Hörprüfung mit ei-nem Audiometer reichen in solchenFällen nicht aus.

Auch am Ende des ersten Schuljahrssollten wieder alle Schülern der Klassedie entsprechende Bilderliste ausfül-len. Zum einen können diesmal Kinder

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Auffälligkeiten dieser Art deuten aufganz unterschiedliche Sehprobleme,von einer manchmal nur geringfügigenWeitsichtigkeit bis zu verborgenem (la-tentem) Schielen, das für die kurzeDauer einer augenärztlichen Untersu-chung vom Kind noch ausgeglichenwerden kann, nicht jedoch bei länge-rem Lesen. Man darf sich also nicht mitder Auskunft zufrieden geben „dasKind sieht wie ein Adler“. Erst die zu-sätzliche Untersuchung durch eine Orthoptistin in der Sehschule, die beivielen Augenärzten zur Praxis gehört,kann abklären, ob das sonst gut sehen-de Kind beim Lesen dennoch eine Bril-le braucht. Es geht darum, ihm das Le-sen während des Leselernprozesses zuerleichtern. In den meisten Fällen hatdas Kind neben diesem Problem jaauch noch Schwierigkeiten mit derLautunterscheidung und andere Teil-leistungsschwächen.

Alle hier angesprochenen Hinweise kön-nen auf eine individuell verlangsamteEntwicklung im Bereich der Leselern-voraussetzungen deuten. Viele Kinderüberwinden die Anfangsschwierigkei-ten, vor allem, wenn sie jünger sind.Dann liegt keine Legasthenie vor.

Wenn aber die Schwierigkeiten desKindes über das erste Schulhalbjahr inder ersten Klasse hinaus und bis in diezweite Klasse hinein anhalten, dannspricht das für überdauernde Teilleis-tungsschwächen. Eine Diagnose solltenach Möglichkeit spätestens im Verlaufder zweiten Klasse gesucht werden.

In jedem Fall aber können Eltern mitden unten beschriebenen Spielenschon vom Beginn der ersten Klasse an

den Leselernprozess unterstützen.Auch mit der Lehrerin des Kindes soll-te man sich über die Schwierigkeitendes Kindes von Anfang an austau-schen. Nur so können dem Kind anhal-tende Misserfolgserfahrungen erspartbleiben.

Nicht zuletzt ist das Kind unbedingt ei-nem Augen- und einem Ohrenarzt vor-zustellen. In schulärztlichen Untersu-chungen vor der Einschulung könnendie speziellen Seh- und Hörproblemedieser Kinder nicht erkannt werden.

Überprüfungen des Leselernerfolgs um dieMitte der ersten Klasse

Um nicht auf zufällige Beobachtungenangewiesen zu sein, empfiehlt sichdringend eine Überprüfung allerSchüler der ersten Klasse mit lautge-treuen Wörtern. Dies sollte am Endedes ersten Schulhalbjahrs und erneutam Ende des Schuljahrs geschehen.

Mit den „Diagnostischen Bilderlisten“(DUMMER-SMOCh 1992) stehen Verfahrenzur Verfügung, die um die Mitte desSchuljahrs mit 14 Bildern und am Endedes Schuljahrs mit 24 Bildern dasSchreiben lautgetreuer Wörter prüfen.Die Kinder schreiben im eigenen Tempound nach ihrer eigenen Artikulation.Man bespricht mit ihnen vor dem Schrei-ben nur, was die Bilder bedeuten.

Für die Auswertung werden vier Feh-lerkategorien gebildet, die ausreichen,um die häufigsten Erscheinungsbilder

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LEGASTHENIE29

Bis zum Ende der Grundschulzeitschreiben legasthene Schüler überwie-gend lautgetreu, aber vielfach nochnicht orthographisch richtig. Da sie beiden meisten Wörtern nachdenken müs-sen, kommt oft die Überlegung, obGroß- oder Kleinschreibung angezeigtist, zu kurz.

Schüler mit rhythmisch-melodischenTeilleistungsschwächen sind auch nichtin der Lage, die Satzzeichen korrekt zusetzen. Sie haben kein Sprachgefühl, dasnormalerweise in vielen Fällen die be-wusste Regelanwendung ersetzt.

Auswirkungen von Teil-leistungsschwächen imFach Mathematik

Im Verlauf der zweiten Klassenstufewirken sich visuelle Teilleistungs-schwächen noch in der Umstellung derZiffernfolge bei zweistelligen Zahlenaus (32 = 23).

Bei auditiven Verarbeitungsschwächenfällt das Kopfrechnen schwer. Da Spra-che verlangsamt verarbeitet wird, rech-net das Kind auch deutlich langsamerals seine Altersgenossen. Aus diesemGrund kann es Zwischenergebnissebeim Kopfrechnen nicht speichern.Beim zweiten Rechenschritt verliert esden ersten aus dem Kurzzeitgedächtnis.

Auditive Teilleistungsschwächen be-einträchtigen auch das Behalten derEinmaleinsreihen. Dies betrifft selbstKinder, die Gedichte recht gut auswen-dig lernen können. Anders als Gedichte

haben Einmaleinsreihen keinen bild-haft-inhaltlichen Bezug, der als Ge-dächtnisstütze dienen kann.

Bei noch unsicherer, nicht automati-sierter Lesefertigkeit werden Textauf-gaben im Fach Mathematik für das le-gasthene Kind zunehmend zum Prob-lem. Es kann nicht sicher und nichtschnell genug lesen. Es muss sich unterUmständen mehrfach korrigieren, bises den Inhalt der Aufgabe verstandenund den Rechenweg gefunden hat. Da-durch kann es in der vorgegebenen Zeitz. B. statt drei Textaufgaben nur einelösen. Es wird mit der Arbeit nicht fer-tig, erhält weniger Punkte und eineschlechtere Note.

Die erste Fremdsprache

Nach der Grundschulzeit, in der das be-gabtere legasthene Kind bei guter För-derung seine Teilleistungsschwächenschon teilweise kompensieren konnte,leben die alten Schwierigkeiten in derweiterführenden Schule wieder auf.Diktate im Fach Deutsch werden nichtmehr geübt und die Anforderung in denDiktaten liegt in Realschulen und Gym-nasien deutlich höher als in der Grund-schule. Dadurch kann es zu erneuterVerunsicherung in der Rechtschrei-bung kommen. Diese Verunsicherunggreift häufig auf die erste Fremdspra-che über. Dabei muss betont werden,dass Legastheniker bis auf wenige Aus-nahmen die mündlichen Leistungen er-bringen können. In Vokabelarbeitensieht man, dass sie das gesuchte Wortniederschreiben, nur leider falsch. Da-her ist es sinnvoll, Vokabeln bei

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auffallen, die bis zum Halbjahr in derersten Klasse ihre Schwächen noch gutkompensieren konnten, bei wachsen-der Anforderung aber nicht mehr mit-zuhalten vermögen. Zum andern solltebei den Kindern, die im zweiten Halb-jahr der Klasse intensiv gefördert wur-den, der Erfolg dieser Förderung kon-trolliert werden. Dann weiß man, wel-che Kinder im zweiten Schuljahr wei-terer Förderung bedürfen.

Auffälligkeiten in der weiteren Schul-laufbahn

Nicht immer werden legasthene Kinderfrüh erkannt. Vor allem begabtere Kin-der wie Lukas können während der ersten Grundschuljahre ihre Teilleis-tungsschwächen noch kompensieren.Dabei spielen die so genannten „geüb-ten Diktate“ eine verhängnisvolle Rol-le. Nicht wenige Schüler mit legasthe-nen Schwächen sind in der Lage, sichWortbilder vorübergehend visuell zumerken. Das kostet sie und die Mütterzwar viel Übungszeit, führt aber imKlassendiktat zu relativ wenigen Feh-lern. Schreibt man dasselbe Dikat mitdem Kind ohne Vorübung etwa vier Wo-chen später, enthüllt sich die ganze Mi-sere: Nun kommt es zu 12 bis 20 Feh-lern! Da die Lehrerin aber nur die rela-tiv guten Diktatergebnisse kennt undnicht weiß, wie viel Zeitaufwand dasKind für dieses Ergebnis erbringenmusste, kommt sie nicht auf den Le-gasthenieverdacht. Das hat nicht nurzur Folge, dass dieses letztlich erfolglo-se Üben zu Hause fortgesetzt wird. Bei

steigender Anforderung kann das Kindnicht mehr mithalten. Es kommen zu-nehmend mehr Fehler auch im geübtenDiktat vor. Dann liegt für die Lehrerinder Verdacht nahe, das Kind habe nichtgeübt. So gesellt sich leicht zum Ver-sagenserlebnis der – unberechtigte –Schuldvorwurf, und der so gefürchteteTeufelskreis beginnt: Versagen, Angstvor dem Versagen und erneutes Versa-gen. Daher ist es nötig, dass mehrfachim Jahr ungeübte Probediktate ge-schrieben werden, die nicht der Leis-tungsmessung, sondern der Diagnosedienen sollen.

Auswirkungen von Teil-leistungsschwächen aufdas Lesen und Recht-schreiben in der weite-ren Schullaufbahn

Das Lesen und Schreiben wird bei Le-gasthenie nicht nur später erlernt, son-dern auch später und manchmal nurteilweise automatisiert. So müssen diemeisten legasthenen Kinder bis in die4. Klasse und darüber hinaus viele Wör-ter, vor allem längere und schwierigere,noch mühsam erlesen und beim Schrei-ben Laut für Laut rekonstruieren. Da-durch stehen sie bei Klassendiktatenund anderen schriftlichen Arbeiten zu-sätzlich unter Zeitdruck. Das kann sichin einer Verschlechterung der Schriftauswirken, aber auch zu vermehrtenFehlern führen; denn unter Stress bre-chen die mühsam aufgebauten Kom-pensationen, die Eselsbrücken undMerkhilfen, zusammen.

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LEGASTHENIE31

Wenn Eltern und Schule Hinweise auf eine Legasthenie beobachtet haben, sollte unbedingt geklärt wer-den, ob es sich um eine leichter oderschwerer ausgeprägte Lese-Recht-schreib-Schwäche (Legasthenie) oderum Übungsdefizite (Lese-Recht-schreib-Schwierigkeiten) handelt (vgl.Tabelle 1).

Eine Legastheniediagnose kann sach-gerecht nur im Zusammenwirken vonFachärzten und Diplompsychologenmit der Schule und dem Elternhaus gestellt werden. Kindern mit einer aus-geprägten Lese-Rechtschreib-Schwäche(Legasthenie) steht eine Schulzeit miterhöhten Anstrengungen – in der Re-gel während der gesamten Schullauf-bahn – bevor.

Die weitere schulische und Persönlich-keitsentwicklung des Legasthenikersist nun davon abhängig, wie die Umweltauf die Legasthenie reagiert. Wird demKind nicht schon in einem frühen Sta-dium angemessene Hilfe zuteil, kann essehr schnell in psychische „Teufels-kreise“ geraten: Es entwickelt Schul-unlust, die rasch auf andere Fächerübergreift. Sein Selbstvertrauen ver-liert sich, Minderwertigkeitsgefühlestellen sich ein. Schließlich traut dasKind sich gar keine Leistung mehr zuund sein ganzes Verhalten wird durchsein Versagen geprägt. Aggressive unddepressive Verhaltensstörungen sindhäufig die Folge.

Eine frühzeitige Diagnose kann solchenegativen Entwicklungen verhindern,sofern sie ernst genommen wird und Eltern und Schule verständnisvoll darauf reagieren. Das Problemver-ständnis bei Eltern, Lehrern und in derKlassengemeinschaft stellt wohl diewichtigste Voraussetzung für sach-gerechte Hilfen dar.

Schule und Eltern sollten in der Hilfefür Legastheniker an einem Strang zie-hen, das heißt gemeinsam die Diagnoseanerkennen und sie auch mit dem Kindbesprechen, auf die Stärken des Kindesachten, sie fördern und hervorhebenund nicht zuletzt auch kleinste indivi-duelle Erfolge loben! Für konkreteÜbungshilfen aber gibt es grundsätz-lich drei Empfehlungen:

I Spiele zur Vorbereitung auf das Lesenlernen einsetzen,

I das Lesenlernen mit Lautgebärdenunterstützen,

I beim Schreibenüben das silbenweise,rhythmische Mitsprechen einüben.

Dass Eltern mit ihren legasthenen Kin-dern darüber hinaus immer wiederFrust aufarbeiten und ihnen Mut ma-chen müssen, wenn Lehrerinnen oderLehrer die Legasthenie des Kindes mitihren Auswirkungen nicht erkennenoder nicht kennen, ist leider immernoch „normal“.

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Legasthenikern mündlich zu prüfenoder ihre Vokabelarbeiten als münd-liche Leistungen zu werten, ohne Berücksichtigung der Rechtschreib-fehler.

Die englische Schriftsprache ist weniglautgetreu. Wie im Deutschen versu-chen legasthene Schüler aber, lautge-treu zu schreiben. Das führt dann zuganz typischen Fehlern wie „candel“statt „candle“, „cieling“ statt „ceiling“.Darüber hinaus können Hörfehler vor-kommen bei Wörtern, die im Klang sehrähnlich sind: „walk“ – „work“, „here“ –„her“, „sheep“ – „ship“, „ride“ – „right“ –„write“. Weitere Hinweise auf legasthe-ne Probleme in der Fremdsprache ge-ben zwei Informationshefte, die beimBUNDESVERBAND LEGASTHENIE erhältlichsind.

Wie die Situation eines begabten le-gasthenen Kindes sich nach dem Wech-sel in ein Gymnasium verschärfenkann, beschreibt die Mutter von Lukas:

„Überraschend schafft Lukas die Prü-fung aufgrund seiner guten Leistungenim Mündlichen. Doch auf dem Gymna-sium gehen die Probleme erst los. In derGrundschule gab es noch Erfolgserleb-

Wie können Lehrerund Eltern helfen

4.nisse, jetzt geht es eindeutig abwärts –und das, obwohl ihm sein Legas-thenietherapeut durchaus Fortschrittebescheinigt. Bei den Arbeiten reichtdie Zeit nicht, um all die Regeln undTricks, die er gelernt hat, auch anzu-wenden. Die Folge: Vor Klassenarbei-ten hat Lukas Magenschmerzen undPanikattacken. Den Förderunterrichtsieht er als Strafe.

Zwar kann in der Jahrgangsstufe 5 und6 bei der Bewertung der Recht-schreibleistungen Rücksicht genom-men werden, und grundsätzlich sindDeutsch- und Englischlehrer auch da-zu bereit. Tatsächlich aber sind beideskeptisch, wie sich in der Sprechstundeherausstellt. ,Warum tritt keine Besse-rung ein?‘, fragt der Englischlehrernach ein paar Wochen. Sollen wir ihmsagen, dass die Besserung – wenn über-haupt – nur minimal sein wird?

Schon vor Ende des Schuljahres stehtfest, dass er die Versetzung in die sechs-te Klasse nicht schaffen wird. Nicht nurin Deutsch und Englisch hagelt es Fün-fen, auch in Mathe, Bio, Erdkunde. Ei-ne ganz normale Entwicklung, wie ichinzwischen weiß: Versagen schafftFrust und Frust schafft Versagen.“

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LEGASTHENIE

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Sie erleichtern alle diese Leistungen,indem sie unterschiedliche Kompensa-tionsmöglichkeiten für Teilleistungs-schwächen in der visuellen Wahrneh-mung, der Wahrnehmung der Sprach-laute, der Artikulationsbewegungen(kinästhetische Wahrnehmung), dermelodischen und rhythmischen Wahr-nehmung sowie für die Zusammenar-beit von Hand und Auge bieten. Laut-gebärden stellen demnach eine multi-sensorische Hilfe dar.

Unter neuropsychologischer Betrach-tungsweise verhelfen die Lautgebär-den dazu, die Prozesse der Analyse undSynthese „nach außen“ zu verlegen, siedadurch sichtbar und be-„greifbar“ zumachen. Eine entscheidende Hilfe derLautgebärden scheint demnach darinzu bestehen, dass sie das laute, ge-dehnte, silbenweise Erlesen von Wör-tern als motorische Stütze begleiten.Es genügt nicht, die Handzeichen nurzu den isolierten Buchstaben und Lau-ten in der ersten Phase des Leselern-prozesses zu benutzen.

Abbildungen und Beschreibungen ei-nes Lautgebärdensystems und vieleÜbungshinweise finden sich in demBuch „Mit Phantasie und Fehlerpflas-ter“ von DUMMER-SMOCH.

Rechtschreiben-üben mit der „Pilotsprache“

Wenn legasthene Kinder lesen gelernthaben, bleibt immer noch das Problemder unzureichenden Rechtschreibung.Um in diesem Bereich verlässlich auf-

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Spiele zur Vorbereitung auf dasLesen und Schreiben

Spiele zur Vorbereitung auf das Lesen-und Schreibenlernen können bereitsvor der Einschulung, besonders aber zuBeginn der ersten Klasse zu Hause ein-gesetzt werden. Dabei sollen Kinder,denen die entsprechenden Leistungenschwer fallen, zunächst nur mit weni-gen Karten spielen, damit sie nicht vonvornherein den Mut verlieren.

Eltern können sich Bilder für die nach-folgend empfohlenen Spiele aus denkäuflichen Memoryspielen heraus-suchen, aus Übungsheften für „laut-getreues Rechtschreibtraining“ oder„akustisches Rechtschreibtraining“ zu-sammenstellen oder sie selber zeich-nen. Alle diese Spiele werden als Auf-deckmemorys gespielt. Das heißt, eineeinmal aufgedeckte Karte bleibt offenliegen, damit die Spieler mehrere Bil-der vergleichen können.

I Silbenlänge (2–4 Silben)Es werden jeweils sechs bis acht Kartenmit zweisilbigen, dreisilbigen und vier-silbigen Wörtern zusammengestellt,möglichst Wörter ohne Konsonanten-häufung, damit die Silbenzahl leichterfeststellbar ist (z. B. Rose, nicht Blume).Man benutzt diese Karten anstelle einesWürfels z. B. bei „Mensch ärgere dichnicht“ und ähnlichen Spielen.

Eine andere Spielart: Beim Aufdeck-memory dürfen je zwei Karten mit glei-cher Silbenlänge als Paare herausge-nommen werden.

I ReimwörterpaareBei diesem Memoryspiel werden Bildervon Reimwörtern zusammengestellt.Es darf immer ein Wortpaar, das sichreimt, herausgenommen werden (Rose– Hose, Löwe – Möwe, Tisch – Fisch).

I AnfangslauteHier geht es um Wörter mit gleichemAnfangslaut. Zunächst empfiehlt essich, nur Wörter mit dehnbaren Konso-nanten auszuwählen, d. h. Anfangslau-te wie M, N, R, S, F, L, Z, W und Sch.Ein zweites Spiel sollte dann Wörtermit den schwierigen Anfangslauten B,P, D, T, G, K enthalten. Fällt es demKind schwer, diese Laute zu unter-scheiden, kann man es anweisen, die„Stotterbremse“ zu ziehen, d. h. denAnfangslaut mehrfach zu sprechen.In jedem dieser Spiele gibt es zu jedemAnfangslaut acht bis zehn Wörter. Da-durch ergeben sich von Spiel zu Spielstets unterschiedliche Kombinationenvon Wortpaaren.

Lesenlernen mit LautgebärdenLautgebärden sind Handzeichen, dieim Prinzip jedem Laut der Sprache zu-geordnet werden, allerdings bei Buch-staben, die für denselben Laut stehen(z. B. V und F), auch jedem Buchstaben.

Lautgebärden haben sich im Erstlese-unterricht und in Intensivmaßnahmenfür schwer legasthene Kinder sehr be-währt: Sie unterstützen die Zuordnungvon Lauten und Buchstaben, die Un-terscheidung ähnlicher Buchstaben-formen sowie ähnlicher Laute, die Ver-schmelzung zweier Laute zur Silbe.

bauen zu können, beschränken sichFördermaßnahmen zunächst auf laut-getreue Schreibungen. Dabei wird dassilbenweise, rhythmische Mitsprechen(nach BUSCHMANN) während des Schrei-bens eingeübt.

Sobald jedoch die Dopplung zu übenist, wird die Strategie des Mitsprechenszur so genannten „Pilotsprache“ erwei-tert. Diesen Begriff hat zunächst BREU-NINGER (BREUNINGER/BETZ 1982) ge-prägt. Inzwischen hat REUTER-LIEHR diedamit gemeinte Vorgehensweise als„synchrones rhythmisch-melodischesSprechschreiben“ ausführlich be-schrieben. Ihre Erfahrungen gehen da-hin, dass der Lernprozess bereits sehrunterstützt wird, „wenn Wörter beimSprechen durch Klatschen und Schrei-ten in Silben gegliedert, beim Lesenund Schreiben in Silben getrennt wer-den oder beim Schreiben lautierendmitgesprochen wird.“ Sie fährt fort:

„Die Beobachtung der Lese- und Recht-schreibentwicklung meiner Förderkin-der haben mir jedoch deutlich gezeigt,dass der integrierende Ansatz des rhythmisch-melodischen Sprechschrei-bens von Frau Buschmann eine nochtiefer gehende Korrektur fehlerhafterSchreibstrategien ermöglicht. DieserAnsatz – der Körpermotorik, Sprech-motorik, Sprache und Atmung glei-chermaßen aktiviert und integriert –fördert zunächst sowohl das spontaneals auch das deutliche und rhythmi-sche Sprechen des Kindes. Der so ge-wonnene Sprechrhythmus wird über-tragen auf das genaue silbengliedern-de Lesen und das synchrone rhyth-misch-silbierende Sprechschreiben“(REUTER-LIEHR, 1992, S. 32).

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LEGASTHENIE35

Diagnose I Wenn Fördereinrichtungen eine Dia-

gnose anbieten, dann fragen Sie,welche Qualifikation derjenige be-sitzt, der sie durchführt. Ein Recht-schreibtest allein, den in manchenInstituten eine Förderkraft durch-führt, sagt über eine Legasthenienoch nichts aus. Eine Förderung, dienicht das ganze Kind mit seinenStärken und Schwächen im Augehat, ist aber nicht hilfreicher als derFörderunterricht durch den nichtspeziell vorgebildeten Klassen- oderDeutschlehrer!

I Über Stärken und Schwächen gibteine Intelligenzuntersuchung Aus-kunft. Dazu gehört ein Intelligenz-test, der eine Reihe unterschied-licher Aufgaben stellt. Solche Testsdürfen nur Diplompsychologendurchführen.

Zusammenarbeit der Förderein-richtungI Mit Kinderärzten?I Mit Hals-Nasen-Ohren- und

Augenärzten?I Mit anderen Spezialisten?

Bereiche der FörderungI Förderung im Lesen/RechtschreibenI WahrnehmungstrainingI Psychomotorisches TrainingI Sprachheiltherapie (wird häufig

durch die Schule angeboten)I SpieltherapieI Andere Therapieformen? – Beach-

ten Sie: Je jünger das Kind ist oder jeschwerer ausgeprägt die legastheni-schen Schwächen sind, umso wün-schenswerter sind neben der Lese-Rechtschreib-Förderung Trainings-formen, die sich auf Wahrnehmung

und Motorik beziehen. Eine Spieltherapie kann bei einemstark entmutigten Kind als Einstiegund Voraussetzung für eine Lese-Rechtschreib-Förderung notwendigsein. Die Spieltherapie allein ist je-doch nicht geeignet, Lese-Recht-schreib-Probleme zu lösen.

Wer führt die Hilfen durch?I Welche Qualifikationen haben die

Mitarbeiter der Förder- oder The-rapieeinrichtung?

I Können Sie die Förderlehrkraft per-sönlich kennen lernen?

I In welcher Form führt die Förder-kraft Erfolgskontrollen durch?(Fortschritte an der vorausgegange-nen Leistung messen, nicht Fehler,sondern richtige Lösungen messen.)

Methoden und Materialien der FörderungI Wird einzeln oder in Gruppen geför-

dert? (Lese- und Rechtschreibförde-rung möglichst nicht mit mehr als 4Kindern pro Gruppe)

I Fragen Sie, wenn Ihr Kind noch ein-mal mit dem Lesenlernen beginnenmuss, ob die Förderkraft mit Laut-gebärden arbeitet. Lautgebärdensind bei schwerem Leselernversagenheute eine unverzichtbare Hilfe fürdas Kind.

I Wenn es bei Ihrem Kind mehr um denAufbau der Rechtschreibung geht,fragen Sie, nach welcher Methodeoder nach welchem Konzept man ar-beitet. Lässt die Antwort erkennen,dass nicht mit Silbengliederung ge-arbeitet und silbenweise gedehntesMitsprechen beim Schreiben nichteingeübt wird, ist die Förderung oderTherapie ungeeignet.

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Die Rhythmisierung der Sprache, wennsie bewusst auf das Mitsprechen beimSchreiben übertragen wird, stellt of-fenbar eine wichtige und wirksame(körpereigene!) Steuerungshilfe dar,über die legasthene Kinder von sich ausnicht verfügen. Beteiligt sind Sprache,visuelle und akustische Wahrnehmungsowie motorischer Bewegungsablauf,die wie in einem Regelkreis zusammen-wirken und Artikulation, Schreibrich-tung, Wahrnehmungskontrolle undden Bewegungsfluss regulieren.

Damit stellt diese Strategie, wie dieLautgebärden, eine multisensorischeHilfe dar, mit der legasthene KinderTeilleistungsschwächen kompensierenkönnen. Wenn Eltern diese Hilfen über-nehmen und beim häuslichen Üben an-wenden, dann wird auch damit nichtdie Legasthenie weggezaubert, dochdie Kinder erwerben eine Strategie, dieerfolgreicher zum Aufbau der Recht-schreibung führt als eine isolierte visu-elle Strategie wie das Auswendigler-nen von Wortbildern für das nächsteDiktat.

Außerschulische HilfenDer Bundesverband Legasthenie ver-tritt das Anliegen, dass die Lern- undFörderbedingungen für lese- und recht-schreibschwache Kinder in den Schulenverbessert werden. Dafür bedarf es abereiner Reihe von Vorbedingungen: Aus-bildung von Lehrern für den speziellenFörderunterricht für Kinder mit er-schwerten Leselernbedingungen, Ermu-tigungen im Förderunterricht und in den

regulären Schulstunden durch Anerken-nung auch kleiner Übungserfolge.

Immer dann, wenn die Schule über dienotwendigen Organisationsmöglich-keiten noch nicht verfügt, vor allemaber in Fällen schwer ausgeprägter Le-gasthenie, sind Eltern auf außerschuli-sche Fördermöglichkeiten bzw. Thera-pien angewiesen.

Für den, der außerschulisch Hilfesucht, stellt sich jedoch ein Problem:Der Nachhilfe- und Förder-„Markt“boomt, nicht jedes Angebot ist seriösund nicht jedes seriöse Angebot ist fürLegastheniker hilfreich! Wie sollen El-tern da die Spreu vom Weizen trennen?

Therapien werden in der Regel nach ei-ner entsprechenden ärztlichen Verord-nung in klinischen Einrichtungendurchgeführt.

Von Psychologen angebotene Spiel- undVerhaltenstherapien können Ängsteabbauen und den „Teufelskreis“ auflö-sen helfen. Als Voraussetzung für Lese-Rechtschreib-Übungen können sie vongroßem Wert sein. Sie ersetzen jedochnicht die Übungen mit Wörtern, Silbenund Lauten.

Alle pädagogischen Übungsangeboterichten sich überwiegend auf das Trai-ning des Lesens und Rechtschreibens.

Da Eltern gerade in Bezug auf diesefreien Angebote Rat suchen, für die siedie Kosten in der Regel selbst tragenmüssen, hat der Bundesverband Le-gasthenie einen Fragenkatalog erstellt,der Eltern als Orientierungshilfe die-nen kann:

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LEGASTHENIE37

Die Schule ist für die Lernerfolge allerKinder verantwortlich, denn sie hatdas Monopol für Bildung. In früherenJahrzehnten versuchten Bildungspoli-tiker, diesem Anspruch auch gerecht zuwerden, indem besondere Schul- undUnterrichtsformen für verschiedeneBehinderungen geschaffen wurden:Schulen für Körperbehinderte, Schu-len für Seh-, Hör- und Sprachbehinder-te. In der DDR galt die Legasthenie alszentrale Sprachbehinderung. Dortwurden spezielle LRS-Klassen anSprachheilgrundschulen eingerichtet.In den Jahren vor 1970 und teilweisedarüber hinaus richteten auch einige deralten Bundesländer LRS-Klassen für lese-rechtschreib-schwache Schüler ein,so in Baden-Württemberg (Freiburg,Karlsruhe, Stuttgart), in Hamburg, inNiedersachsen (Hannover) und inNordrhein-Westfalen (Bonn, Düssel-dorf, Köln). Zudem gab es an vielen Or-ten einen spezifischen Förderunter-richt für legasthene Kinder, der von gutgeschulten Sonder- oder Grundschul-lehrern erteilt wurde. Die damals er-zielten Erfolge sind belegbar.

Seit den Empfehlungen der Kultusmi-nisterkonferenz von 1978 aber hat sichin der Mehrzahl der alten Bundeslän-der die schulrechtliche Lage geändert.Die neuen Auffassungen zur Lese-Rechtschreib-Schwäche ließen es un-nötig erscheinen, besondere Klassenfür Kinder einzurichten, deren Lese-lernprobleme mit einem verbessertenErstleseunterricht und ggf. „zusätzli-

chem Lese- und Rechtschreibtraining“bis zum Ende der Grundschulzeit – ver-meintlich – zu lösen waren.

Seither sehen schulrechtliche Regelun-gen überwiegend eine Förderungwährend der Grundschulzeit vor. Je-doch soll das „zusätzliche Lese- undRechtschreibtraining“ durch den Klas-sen- oder Deutschlehrer erfolgen, alsonicht durch speziell aus- oder fortgebil-dete Lehrkräfte. In den meisten Erlas-sen wird die Bewertung der Recht-schreibung bei Kindern, die einen Förderkurs besuchen, während derGrundschulzeit ausgesetzt. Diktate sol-len entweder allein oder zusätzlich zurNote mit einer verbalen Beschreibungdes Lernfortschritts versehen werden.In den Zeugnissen sind die Recht-schreibleistungen bei der Festsetzungder Deutschnote „zurückhaltend zu ge-wichten“, eine watteweiche Empfeh-lung!

In den Ländern Mecklenburg-Vorpom-mern, Sachsen, Sachsen-Anhalt undThüringen gibt es weiterhin LRS-KLas-sen, in die Kinder mit einer diagnosti-zierten schweren Legasthenie aufge-nommen werden. Das Land Branden-burg hat seine LRS-Klassen bis auf ei-nen Schulversuch aufgelöst. Baden-Württemberg ist das einzige westlicheBundesland, in dem noch LRS-Klassenbestehen. In Schleswig-Holstein wur-den angesichts der Not von Kindern,die nicht lesen gelernt hatten, Lese-In-tensivmaßnahmen eingerichtet, bisher

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I Werden Schreibmaschinen/Com-puter benutzt? – Beachten Sie:Ein Training ausschließlich mitSchreibmaschine oder Computerhilft nur den wenigsten Kindern. Neben Lautier- und Gliederungs-übungen eingesetzt, können solcheProgramme hilfreich sein. Der Ein-zelfall mit seinen speziellen Lern-problemen muss immer berücksich-tigt werden.

Zusammenarbeit mit Eltern undSchuleI Besteht für Eltern die Möglichkeit

zur Teilnahme an der Förderungzum Kennenlernen der Arbeit?

I Erfolgt eine Zusammenarbeit derFörderungseinrichtung mit derSchule und wenn, in welcher Form?

I Führt die Fördereinrichtung Eltern-beratung durch?

I Informationen über Legasthenie all-gemein?

I Informationen über die angebote-nen Hilfen und Erfolgskontrollen?

I Informationen über Möglichkeitender Finanzierung?

I Wird weitere Unterstützung angebo-ten, z. B. für Anträge auf Kostenüber-nahmen, Schullaufbahnberatung?

I Besteht eine Zusammenarbeit mitdem Bundesverband Legasthenie(beim BVL nachfragen)?

VertragsabschlussFragen Sie, für wie lange ein Vertrag ab-geschlossen wird. Eine Verpflichtungsollte Sie zunächst nur für ein halbesJahr binden, mit einer Kündigungsfristvon maximal drei Monaten – ohne An-gabe von Gründen. Außerdem sollteam Anfang eine mindestens vierwöchi-ge Probezeit vereinbart werden.

Haben Legasthenikerauch Rechte?

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LEGASTHENIE39

Hessen:Legasthenie allein ist kein Grund, ei-nem Schüler den Zugang zu Realschu-len oder Gymnasien zu verwehren.Schüler, die an Fördermaßnahmen teil-nehmen, erhalten bis zur Jahrgangs-stufe 10 in Diktaten keine Note. In an-deren schriftlichen Arbeiten, auch inden Fremdsprachen, werden Recht-schreibfehler nicht mitbewertet.

Mecklenburg-Vorpommern:In der 4. Klasse erfolgt im Hinblick aufdie weiterführenden Schulen eineförmliche Anerkennung. Eine Le-gasthenie soll den Besuch einer Real-schule oder eines Gymnasiums nichthindern. Bis zum Ende der Klasse 6 gibtes für anerkannte Legastheniker För-derung. Notenschutz wird bis zum En-de der Klasse 10 gewährt.

Niedersachsen:Eine Lese-Rechtschreib-Schwäche sollweder bei der Versetzung noch beim Zu-gang zu einer Schulform ausschlagge-bend sein. Förderunterricht ist in denKlassen 5 und 6 noch vorgesehen. No-tenschutz gibt es jedoch nur bis zum En-de der 4. Klasse. In den Klassen 5 und 6soll zusätzlich zur Note eine schriftlicheAussage über den Leistungsfortschrittdes Schülers erfolgen.

Nordrhein-Westfalen:„Besondere Schwierigkeiten im Recht-schreiben allein“ sollen den Übergangin eine Realschule oder ein Gymnasiumnicht hindern. Fördermaßnahmen sindgenerell noch in den Klassen 5 und 6möglich, „in begründeten Ausnahme-fällen“ auch noch in den Klassen 7–10.Mit der Förderung wird auch Noten-schutz gewährt.

Rheinland-Pfalz:Bei der Empfehlung der Grundschulefür die weitere Schullaufbahn sollberücksichtigt werden, „ob bei sonstüberzeugender Gesamtleistung, trotzbestehender Schwierigkeiten, eine er-folgreiche Teilnahme am Unterrichtder empfohlenen Schule zu erwartenist“. Keine Förderung und kein Noten-schutz in weiterführenden Schulen.

Saarland:„Ausnahmsweise, d. h. bei Vorliegenbesonderer Gründe, können die beson-deren Fördermaßnahmen in den Klas-senstufen 5 und 6 fortgesetzt werden“,auch in Realschulen und Gymnasien.Der Notenschutz endet mit dem erstenHalbjahr in Klassenstufe 6.

Sachsen:Nur für Kinder deren Legasthenie imZusammenhang mit der Aufnahme in ei-ne LRS-Klasse diagnostiziert wordenist, gibt es bis zum Ende der Klasse 6 No-tenschutz in weiterführenden Schulen.Weitere Bestimmungen gibt es nicht.

Sachsen-Anhalt:Kinder mit festgestellter Legasthenie(im Zusammenhang mit der Aufnahmein eine LRS-Klasse) können bis zum En-de des ersten Halbjahrs der 7. Klassevon der Benotung der Rechtschreibleis-tungen in den Fremdsprachen und imFach Deutsch befreit werden.

Schleswig-HolsteinIm 4. Schuljahr wird ein förmlichesAnerkennungsverfahren durchge-führt, durch das der Zugang zu einerSchulform ermöglicht werden soll, dieden Begabungen des Kindes ent-spricht. Förderunterricht soll in den

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ohne schulrechtliche Grundlage. DerZugang zu LRS-Klassen wie zu Lese-Intensivmaßnahmen setzt im Allge-meinen voraus, dass die Grundschul-lehrerinnen und -lehrer die Schul-schwierigkeiten des Kindes als Le-gasthenie erkennen und einordnenkönnen.

Zugang zu Realschulen und Gymnasien für Legastheniker?

Am Beispiel von Lukas wird deutlich,dass die allgemeinen Lernvorausset-zungen des legasthenen Kindes, aberauch sein eigener Leistungsanspruch,häufig für eine Schullaufbahn in einerRealschule oder einem Gymnasiumsprechen. Daher ist es wichtig zu se-hen, in welchen Bundesländern undwie weit die Bestimmungen zur Hilfefür Legastheniker über die Grundschu-le hinausgehen. In Bezug auf den Zu-gang zu Realschulen und Gymnasiengibt es in den verschiedenen Bundes-ländern unterschiedliche Regelungen.Es stellt sich die Frage, in welchem derBundesländer ein legasthener Schülerim Regelschulsystem den Realschul-abschluss oder das Abitur erreichenkann. Die folgende Zusammenstellungsoll diese Frage beantworten.

Baden-Württemberg:Im Aufnahmeverfahren in die Real-schule und das Gymnasium soll die Le-gasthenie berücksichtigt werden. För-derunterricht kann noch in den Klas-

sen 5 und 6 erteilt werden. Kein Noten-schutz in weiterführenden Schulen. Je-doch wird Lehrern „pädagogischerSpielraum bei der Leistungsbeurtei-lung“ eingeräumt.

Bayern:Beim Übergang in Gymnasien und Real-schulen dürfen „Schwierigkeiten im Le-sen und Rechtschreiben ... bei sonst an-gemessener Gesamtleistung kein Grundsein, einen Schüler vom Übertritt ... aus-zuschließen“. Doch gilt dies nur dann,„wenn Aussichten bestehen, dass dieseSchwierigkeiten in absehbarer Zeit be-hoben werden können“. Kein Noten-schutz in weiterführenden Schulen.

Berlin:Die Grundschule umfasst die Klassen1–6. Keine Förderung und kein Noten-schutz nach Klasse 6.

Brandenburg:Eine Verwaltungsvorschrift beziehtsich nur auf die Klassen 1–6 (Grund-schule). Formal wird Legasthenie nichtanerkannt. Keine Förderung und keinNotenschutz nach Klasse 6.

Bremen:LRS darf kein Grund sein, dem Schülerden Zugang zur Realschule oder zumGymnasium zu verwehren. Bei Bedarfkann bis zur 13. Klasse Förderunter-richt erteilt werden. Notenschutz istnach „pädagogischem Ermessen“ biszum Ende der Klasse 6 möglich.

Hamburg:Eine Legasthenie wird generell nichtanerkannt. In weiterführenden Schu-len gibt es daher keinen Notenschutzund keine Förderung.

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ne Behinderung.“ In diesem Fallgeht der Verweis auf den Grundge-setzartikel ins Leere!

I Zukünftige Lehrer aller Schulartenerhalten infolge der entsprechen-den Theorienbildung über LRS alseiner milieubedingten, trainierba-ren Minderleistung nur ausnahms-weise während ihres Studiums In-formationen über den SachverhaltLegasthenie.

I In Seminaren zum Leselernprozessund selbst in Ausbildungsgängenzum Sonderschullehrer werden nurselten spezifische, auf die Kompen-sation von Teilleistungsschwächenausgerichtete Fördermethoden ver-mittelt.

Demgegenüber sind rechtschreiblicheLeistungen im deutschen Schulsystemimmer noch ausschlaggebend für dieSchullaufbahn. Angesichts der nicht-sprachlichen Begabungen legasthenerSchüler muss dieses Schulsystem da-her bisher als ungeeignet gelten, dengrundgesetzlich verankerten Bildungs-anspruch dieser begabten Minderheitzu erfüllen!

Viele ehemals legasthene Erwachsenehaben über langwierige zweiteBildungswege dennoch Studienab-schlüsse in Physik, Maschinenbau, Medizin und selbst in sprachlichenFächern erreicht. Namhafte Schrift-steller wie Eike Christian Hirsch undMichael Holzach waren Legastheniker!Solche langen Bildungswege belastenvöllig unnötig die Volkswirtschaft,nicht allein wegen der verlängertenSchulzeit, sondern auch wegen des ver-späteten Berufseintritts und einer ent-sprechend verkürzten Lebensarbeits-zeit. Dabei sind die seelischen Belas-

tungen durch das unnötige Schulversa-gen als noch wesentlich schwerwiegen-der einzuschätzen. Was tut unserSchulsystem dieser begabten Minder-heit an und mit welchem Recht?

Der Bildungs-anspruch des Legasthenikers

Betrachten wir es einmal so: Das Gehirneines Legasthenikers weist eine gering-fügig abweichende ,Arbeitsweise‘ auf.Gäbe es keine Schriftsprache, wäre diese Abweichung ohne Belang. Sie behindert jedoch das Lesen- und Schrei-benlernen. In schweren Fällen lässt siees zur Tortur werden. Bei früher Be-handlung können die Folgen wesentlicheinfacher behoben werden. Der Legas-theniker trainiert quasi Umwege derWahrnehmung und ist dann in der Lage,beim Lesen und Schreiben Gleiches wieseine Mitmenschen zu leisten. Bleibt diefrühe Hilfe aus, kann die Rechtschreib-unsicherheit den Legastheniker seinganzes Leben lang belasten.

In Erfolgskontrollen über Lese-Inten-sivmaßnahmen wurde gefunden, dassleichtere Schweregrade von Le-gasthenie durch 12-wöchige Intensiv-kurse gut gebessert werden konnten.Bei höheren Schweregraden ist einelängerfristige intensive Förderung not-wendig, wie sie die LRS-Klassen bieten.Nach diesen Maßnahmen reicht der Notenschutz für die Rechtschreibungaus, um eine begabungsgerechte Schul-laufbahn zu sichern.

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Klassen 5 und 6 in allen Schularten er-teilt werden und auch die erste Fremd-sprache berücksichtigen. Notenschutzwird für anerkannte Legastheniker biszum Ende der 10. Klasse (auch im Real-schulabschluss) gewährt.

Thüringen:Legastheniker können nach entspre-chender Diagnose während der Grund-schulzeit LRS-Klassen besuchen. Fürweiterführende Schulen gibt es nochkeine Bestimmungen.

Fragt man abschließend noch einmal,in welchem Land Lukas ohne unnötigeSchuljahrswiederholungen und ohneden Umweg über den zweiten Bil-dungsweg das Abitur erreichen könnte,dann bieten sich eigentlich nur die Län-der an, in denen nach einem förmli-chen Feststellungsverfahren auch inweiterführenden Schulen Notenschutzbis zum Ende der 10. Klasse gewährtwird (Mecklenburg-Vorpommern undSchleswig-Holstein). Auch in Hessenkann mit Glück noch eine erfolgreicheSchullaufbahn trotz einer Legasthenieerwartet werden, doch ist unklar, wieSchüler festgestellt werden, die an För-dermaßnahmen teilnehmen dürfenund dann den Notenschutz genießen.Ebenso erlauben die Regelungen vonNordrhein-Westfalen, allerdings nur„in begründeten Ausnahmefällen“ För-derung und damit Notenschutz bis zumEnde der 10. Klasse.

Dennoch wäre Lukas in Hessen undNordrhein-Westfalen immer noch bes-ser dran als in Bayern. Dass die Le-gasthenie in einem Schulsystem über-haupt anerkannt und berücksichtigtwird, kann ihm wenigstens das Gefühl

nehmen, einer negativ bewerteten Min-derheit anzugehören. Seine Mutterschreibt abschließend:

„Die Klasse wiederholen oder abge-hen? Lukas hat sich entschieden. Erwill weiterkämpfen. Ich bewundereseinen Mut. Als kürzlich ein Freundüber ein paar Schreibfehler lachte,brauchte Lukas keine zwei Sekundenfür die Antwort: ,Na und? Ich bin Le-gastheniker, und du kannst keine Toreschießen!’“ (Sabine Woeckel, Eltern forfamily 11/1986)

Rechtsgrundlage: Artikel 3 des Grund-gesetzes

Die Länder müssten sich trotz ihrerKulturhoheit in einer so dringlichenFrage wie der schulrechtlichen Be-handlung einer begabten, aber behin-derten Minderheit einigen können. ImGrundgesetz steht in Artikel 3, Ab-satz 3 der Satz:

„Niemand darf wegen seiner Behin-derung benachteiligt werden.“

In Verbindung mit der Schulpflicht, diedie Schulgesetze der Länder regeln,müsste dieser Satz ausreichen, um dieheutigen Benachteiligungen der Le-gastheniker im Schulsystem aufzuhe-ben. Es gibt allerdings mehrere Hinde-rungsgründe für das Problemverständ-nis in Kultusbehörden wie Schulen: I Die Auffassungen der KMK-Emp-

fehlungen sind weit verbreitet. Siesignalisieren: „Legasthenie ist kei-

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I durch einen verspäteten Berufsein-tritt und entsprechend verkürzteLebensarbeitszeit,

I bei einem Abgleiten in Arbeitslosig-keit, Suchtprobleme, Kriminalität.

Darüber hinaus geht ihr eigentlichesLeistungsvermögen der Gesellschafthäufig verloren. Gegenüber allen die-sen Kosten sind die Kosten einer früh-zeitigen Behandlung der Legasthenieminimal.

Angesichts der Hauptprobleme unse-rer Zeit – Arbeitslosigkeit, Umwelt-schutz, Energieversorgung, Sicherungdes (technologischen!) StandortsDeutschland – stellt sich die Frage, ob

es noch verantwortet werden kann, ei-ne prozentual nicht unbedeutendeMinderheit auf ihrem Weg durch Schu-le und Ausbildung nur deswegen schei-tern zu lassen, weil sie in der Recht-schreibung den schulischen Anforde-rungen nicht genügen kann! Diese Min-derheit besitzt genau die Begabungen,die für die Lösung unserer Zukunft-sprobleme gebraucht werden.

„Die Rechtschreibung“, so formuliertein Legasthenieforscher, „ist eine sehrunwichtige Leistung im Vergleich mitden Leistungen, die die Herausforde-rungen des dritten Jahrtausends erfor-dern!“ Nur leider: Das Schulsystemweiß es noch nicht!

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An schwerer Legasthenie leiden 3–4Prozent der Menschen. Sie werden inunserer Kultur, in der Lesen und Schrei-ben Schlüsselqualifikationen sind,recht brutal ihrer Entwicklungsmög-lichkeiten beraubt. Sie gelten alsdumm, auch wenn sie hoch begabt sind.Ihr logisches Denkvermögen und ihrekonstruktiv-technischen Begabungensind sogar im Durchschnitt höher ent-wickelt als die ihrer Mitmenschen. Aberselbst auf ihren besonderen Bega-bungsfeldern haben Legastheniker keine Chancen, denn bis zum Ende der7. Klassenstufe überwiegen im Schul-system die sprachlichen/schriftsprach-lichen Anforderungen. Viele Legas-theniker scheitern in der für sie ange-messenen Schulart, bevor sie ihre mathematisch-naturwissenschaft-lichen und technisch-konstruktivenFähigkeiten überhaupt unter Beweisstellen können!

Bis zu 10 Prozent Legastheniker lebenunter uns, wenn man auch die leichte-ren Fälle mit einbezieht. Selbst eine„leichte Legasthenie“ hat in unseremBildungssystem keineswegs nur ge-ringfügige Auswirkungen. Bei Unwis-senheit von Lehrern und Eltern sind sieschwerwiegend: Das „gymnasialeKind“ landet auf der Hauptschule, beimittlerer Begabung wird nicht einmalein Schulabschluss erreicht.

Das Schicksal der weithin nicht geför-derten Legastheniker ist unverant-wortlich schwer. Bereits im Kindes-alter entwickeln sich wegen andauern-der Misserfolge Selbstwertdefizite, jasogar Schuldprobleme, „nicht richtigzu funktionieren“. In extremen Fällenist es zum Selbstmord gekommen.

Hat ein nicht gefördertes legastheni-sches Kind die Schule im wahrsten Sin-ne des Wortes überlebt, beginnt eineneue Tortur: die soziale Rolle zu fin-den, die in unserer Gesellschaft vor-rangig durch den Beruf geprägt ist. Derbegabte Legastheniker wird mangelsformaler Qualifikation in Berufe gedrängt, die seine Geistesgaben nichtbeanspruchen. Der durchschnittlichbegabte Legastheniker hat oft nur Aus-sicht auf schlecht bezahlte Arbeits-plätze. Nicht selten ist er von Arbeits-losigkeit bedroht.

Mit der Diskrepanz zwischen Bega-bung einerseits und beruflicher Entwicklung andererseits kann sichein Legastheniker nicht abfinden. Seine Persönlichkeit drängt nach Ausgleich. Gelingt ihm dies nicht aufkonstruktivem und legitimem Wege,kommt es im besten Fall zur Resigna-tion, die in seelische Erkrankungenmünden kann, häufig aber auch zuSuchtproblemen oder zum Abrutschenin die Kriminalität.

Die Forderung angemessener schul-rechtlicher Regelungen auf der Grund-lage des Artikels 3 des Grundgesetzesist ein Gebot der Mitmenschlichkeit –in gleicher Weise, wie man Menschenmit einer Sehschwäche zu einer Brilleverhelfen sollte. Solche Regelungen hel-fen nicht nur den Betroffenen, sondernder Gesellschaft aufgrund einfachsterökonomischer Gesetze: Jugendlicheund Erwachsene mit nicht rechtzeitigund angemessen behandelter Le-gasthenie verursachen erhebliche ge-sellschaftliche Kosten I durch verlängerte Schul-, Ausbil-

dungs- und Studienzeiten,

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Literatur zum Problem-verständnis für Eltern

Dummer-Smoch, Lisa: Mit Phantasie undFehlerpflaster. Hilfen für Eltern und Leh-rer legasthenischer Kinder. Ernst Rein-hardt-Verlag München 1994. (Teillei-stungsschwächen S. 40 ff.)

Firnhaber, Mechthild: Legasthenie und ande-re Wahrnehmungsstörungen. Ratgeber Fi-scher, Frankfurt 1996. (Ergebnisse derHirnforschung S. 34 ff).

Klasen, Edith: Legasthenie. UmschriebeneLese-Rechtschreib-Störung. Informatio-nen und Ratschläge. Chapman & Hall,Weinheim 1997.

Lohmann, Beate: Müssen LegasthenikerSchulversager sein? Ernst Reinhardt Ver-lag, München 1997.

Literatur zur Förderungin der Schule

Für Kinder, die den Leselernpro-zess noch einmal nacharbeitenmüssen:Dummer-Smoch, Lisa/Renate Hackethal:

Kieler Leseaufbau. Veris-Verlag, Kiel1996.

Dummer-Smoch, Lisa: Spiele I zum KielerRechtschreibaufbau. Veris-Verlag, Kiel1993.

Renate Hackethal: 13 Stationen auf demWeg zum Lesen. Megalopolis-Verlag,Schwerin 1996. (Erhältlich bei Buch-handlung Pagenstecher, Beethoven-weg 5, 23795 Bad Segeberg.)

Für Legastheniker, die in 4. bis 7. Klassen noch erhebliche Recht-schreibprobleme haben: Breuninger, Helga/Betz, Dieter: Jedes Kind

kann schreiben lernen. Beltz, Weinheim,Grüne Reihe, 1993

Dummer-Smoch, Lisa/Renate Hackethal:Kieler Rechtschreibaufbau. Veris-Verlag,Kiel 1996 (3. Aufl.).

Hackethal, Renate: Zehn Schritte zur Recht-schreibung. Megalopolis-Verlag, Schwe-rin 1995. (Erhältlich bei BuchhandlungPagenstecher, Beethovenweg 5, 23795Bad Segeberg.)

Kremer, Ulrike: Englisch lernen – mal ganzanders! Ein individuell gestaltbaresgrammatisches Übungsprogramm (Klas-se 5 bis 7) – nicht nur für Legastheniker.(Erhältlich bei Ulrike Kremer, Fehmarn-winkel 18, 24107 Suchsdorf.)

Carola Reuter-Liehr: Lautgetreue Recht-schreibförderung. Vlg. Dr. Dieter Wink-ler, Bochum 1992.

Hier können Sie sich informierenBundesverband Legasthenie – mit Landesverbänden und Selbsthilfegruppenin allen BundesländernBundsgeschäftsstelle: Königstraße 32 · 30175 HannoverTel.: 0511/31 87 38 · Fax: 0511/31 87 39 · e-Mail: [email protected]: http://selbsthilfe.seiten.de/bv/legasthenie/index.html

Literatur