Rückblick Business Mission nach Helsinki und Tallinn vom ... · Referat beleuchtete jedoch das...

4
1 Rückblick Business Mission nach Helsinki und Tallinn vom 05. - 08. September 2017 Am 6. September 2017 traf sich am Morgen früh die knapp 20-köpfige Delegation für die Business Mission zum Thema eGovernment. Am ersten Tag stand die Anreise nach Helsinki und der Besuch beim Schwei- zer Botschafter, Herr Heinrich Maurer, im Vorder- grund. Herr Maurer informierte die Anwesenden über die wirtschaftliche Situation und das Leben in Finn- land. Nach dem spannenden Informationsaustausch fand der Empfang mit finnischen Gästen statt. Wer wusste zum Beispiel vor dem Empfang, dass Finnland eine Cyber-Botschafterin hat? Oder dass die Handelskammer Schweiz – Finnland neu aktiv ist? Am zweiten Tag begann unser Besuch bei TEKES – der finnischen Innovationsagentur. Das erste Referat beleuchtete jedoch das Projekt der Stadt Finnland. Der Einblick in den Aufbau und das Pro- jekt legten eine Basis für die späteren Vorträge. Bereits hier wurde ein erstes Mal klar, wie strin- gent die Digitalisierungsstrategie von Finnland einerseits die Projekte beeinflusst und anderer- seits positiv unterstützt. Anschliessend stellte TEKES ihre Aktivitäten vor. Ein spezieller Blick galt auch hier dem Thema der Digitalisierung. Als internes Beispiel wurde aufgezeigt, wie die ganzen Finan- zierungsthemen zwischen den Firmen und TEKES elektronisch abgehandelt werden. Spannend für die Teilnehmer war die Integration der Digitalisierungsstrategie in die natio- nale Innovations- und Förderstrategie. Die zwei Firmenbeispiele Solita und Frima M-Files zeigten die handfesten Resultate einer Innovationsförderung auf. Nach dem Transfer in das Zentrum der Politik –das Finanzministerium – wurden wir vom Ministery of Finance empfangen. In Finnland existiert ein Departement Digitalisierung, welches verantwortlich ist für Definition, Weiterentwicklung und Umsetzung der Digitalisie- rungsstrategie. Begrüsst wurden wir von der Departementsleiterin, welche uns in die Or- ganisation des Bereichs und in die Grundzüge der Strategie einweihte. Eine der entschei- denden Unterschiede zur Schweiz und weiteren Nationen ist das Prinzip des Digital First. Für Veränderungen und die Abbildung von Prozessen wird in erster Priorität der Digitale Kanal implementiert. Weitere Kanäle werden nicht in jedem Fall implementiert. In den nachfolgenden Referaten wurde auf weitere Themenfelder eingegangen. In der finnischen Roadmap zu Digitalen Services ist eine der Kernaussagen: “Public ser- vices will become user-oriented and primarily digital.” Das Programm unter Premierminis-

Transcript of Rückblick Business Mission nach Helsinki und Tallinn vom ... · Referat beleuchtete jedoch das...

Page 1: Rückblick Business Mission nach Helsinki und Tallinn vom ... · Referat beleuchtete jedoch das Projekt der Stadt Finnland. Der Einblick in den Aufbau und das Pro-jekt legten eine

1

Rückblick Business Mission nach Helsinki und Tallinn

vom 05. - 08. September 2017

Am 6. September 2017 traf sich am Morgen früh die

knapp 20-köpfige Delegation für die Business Mission

zum Thema eGovernment. Am ersten Tag stand die

Anreise nach Helsinki und der Besuch beim Schwei-

zer Botschafter, Herr Heinrich Maurer, im Vorder-

grund. Herr Maurer informierte die Anwesenden über

die wirtschaftliche Situation und das Leben in Finn-

land. Nach dem spannenden Informationsaustausch

fand der Empfang mit finnischen Gästen statt. Wer

wusste zum Beispiel vor dem Empfang, dass Finnland eine Cyber-Botschafterin hat?

Oder dass die Handelskammer Schweiz – Finnland neu aktiv ist?

Am zweiten Tag begann unser Besuch bei TEKES

– der finnischen Innovationsagentur. Das erste

Referat beleuchtete jedoch das Projekt der Stadt

Finnland. Der Einblick in den Aufbau und das Pro-

jekt legten eine Basis für die späteren Vorträge.

Bereits hier wurde ein erstes Mal klar, wie strin-

gent die Digitalisierungsstrategie von Finnland

einerseits die Projekte beeinflusst und anderer-

seits positiv unterstützt.

Anschliessend stellte TEKES ihre Aktivitäten vor. Ein spezieller Blick galt auch hier dem

Thema der Digitalisierung. Als internes Beispiel wurde aufgezeigt, wie die ganzen Finan-

zierungsthemen zwischen den Firmen und TEKES elektronisch abgehandelt werden.

Spannend für die Teilnehmer war die Integration der Digitalisierungsstrategie in die natio-

nale Innovations- und Förderstrategie. Die zwei Firmenbeispiele Solita und Frima M-Files

zeigten die handfesten Resultate einer Innovationsförderung auf.

Nach dem Transfer in das Zentrum der Politik –das Finanzministerium – wurden wir vom

Ministery of Finance empfangen. In Finnland existiert ein Departement Digitalisierung,

welches verantwortlich ist für Definition, Weiterentwicklung und Umsetzung der Digitalisie-

rungsstrategie. Begrüsst wurden wir von der Departementsleiterin, welche uns in die Or-

ganisation des Bereichs und in die Grundzüge der Strategie einweihte. Eine der entschei-

denden Unterschiede zur Schweiz und weiteren Nationen ist das Prinzip des Digital First.

Für Veränderungen und die Abbildung von Prozessen wird in erster Priorität der Digitale

Kanal implementiert. Weitere Kanäle werden nicht in jedem Fall implementiert.

In den nachfolgenden Referaten wurde auf weitere Themenfelder eingegangen.

In der finnischen Roadmap zu Digitalen Services ist eine der Kernaussagen: “Public ser-

vices will become user-oriented and primarily digital.” Das Programm unter Premierminis-

Page 2: Rückblick Business Mission nach Helsinki und Tallinn vom ... · Referat beleuchtete jedoch das Projekt der Stadt Finnland. Der Einblick in den Aufbau und das Pro-jekt legten eine

2

ter Sipilä hat das Ziel, einen benutzerorientierten One-Stop-Shop für digitale Behörden

Services zu erstellen, welcher die Produktivität und die Effizienz steigert.

Im nächsten Referat wurde uns die Philosophie des Bürgerportales (oder Bürgerdossier,

wie es der Verein eGov-Schweiz seit mehreren Jahren proklamiert) vorgestellt. In Finn-

land heisst das Bürgerportal Suomi.fi. Dieses Portal basiert auf einer nationalen Architek-

tur, die verbindlich ist. Wichtig ist auch der Single Sign on, sprich der einzige Eintrittspunkt

für den Bürger in die Welt des eGovernments, dies beinhaltet ebenfalls eine Schnittstelle

für Mails. Die Architektur ist so gewählt, dass Service Provider Ihre Applikationen / Ser-

vices auf eine «relativ» einfache Art und Weise einbauen können. Bereits Ende Jahr wird

das Portal mit einer Reihe von aktiven Services gelauncht werden, wir hatten die Gele-

genheit, es bereits vorher kennen zu lernen.

Auch Finnland arbeitet mit einer eID, welche durch das Population register Center ausge-

geben wird. Das Gesetz wurde 2009 in Kraft gesetzt und in den Jahren 2016 und 2017

einer Revision unterzogen. Im Public Sector werden monatlich rund 5 Millionen Zugriffe

mit der eID gezählt. 95% der Zugriffe erfolgt durch Bank eID-Karten. Das eID-Trust Center

von Finnland ist eingebunden in ein europäisches Netzwerk, welches erlaubt, die eID

auch im Ausland einzusetzen.

Der dritte Tag startete mit einem Stadtspaziergang

durch Helsinki. Der kurze Einblick in die Geschichte

der Stadt wurde kombiniert mit dem Transfer zum

Fährhafen. Die Fähre transportierte unser Team nach

Tallinn, wo wir vom Schweizer Generalkonsul in Emp-

fang genommen wurden.

Der Transfer brachte uns direkt zu Trüeb Estland – die

Tochterfirma unseres eGov-Schweiz-Mitgliedes Gemalto.

Hier hatten wir die Gelegenheit, den Produktionsprozess

der eID zu beobachten. Ein wichtiger Faktor ist auch hier

die Sicherheitsmassnahmen, welche verhindern, dass

eID-Karten gestohlen oder falsch produziert werden kön-

nen. Im zweiten Teil erhielten wir Einblick, wie ein Bürger -

in unserem Fall Andreas Lehmann – mit der eID und den

zugehörigen Applikationen in Estland täglich arbeitet. Zum Beispiel sieht er in seinem Pa-

tientendossier alle relevanten Gesundheitsdaten, wann er den letzten Arztbesuch hatte,

was die Diagnose war usw. Gleichzeitig kann der Arzt ihm mit Hilfe der Plattform Arznei-

mittel verschreiben und die Apotheke kann sie direkt ausliefern.

Page 3: Rückblick Business Mission nach Helsinki und Tallinn vom ... · Referat beleuchtete jedoch das Projekt der Stadt Finnland. Der Einblick in den Aufbau und das Pro-jekt legten eine

3

In Estland existiert die Diskussion über das Thema der gläserne Bürger nicht. Die Philo-

sophie heisst hier „der gläserne Staat“. Das bedeu-

tet, der Bürger sieht jeden Zugriff auf seine Daten.

Er erkennt, welche Einheit die Daten gelesen oder

verändert hat. Ist er nicht in der Lage den Grund für

den Zugriff auf seine Daten nachzuvollziehen, kann

er bei der neutralen Auskunftsstelle die Begründung

erfragen. Diese Auskunftsstelle informiert ihn an-

schliessend über den Grund des Datenzugriffes.

Für die reibungslose Funktion benötigt es hierzu

natürlich eine eID!

Am letzten Tag der Business Mission stand der Besuch

des Showrooms „e-Estonia.com – The Digital Society“

an. Hier wird die Digitale Strategie von Estland vorge-

stellt. Zahlreiche Applikationen werden uns vorgeführt.

Zusätzlich zur Präsentation besteht hier die Möglich-

keit, dass viele Themen / Applikationen im Showroom

persönlich ausprobiert werden können.

Zum Abschluss der Präsentationen stellte sich die Firma Guardtime vor. Ein Bereich der

Firma befasst sich mit dem Thema Blockchain und dessen Anwendungen. Uns wurden

konkrete Anwendungen im Bereich von eGovernment (z.B. digitale Gerichtsakten oder

Firmenregistrierung/Gründung) sowie auch in der Autoindustrie gezeigt. In der Autoindust-

rie kann die Blockchain zum Beispiel verwendet werden, um in Realtime Software zu ak-

tualisieren, das Bodenverhalten zu beobachten und die Überwachung des Fahrzeugs

umzusetzen. Nach der Präsentation der Firma Guardtime verabschiedete sich eine erste

Delegation der Business Mission.

Eine weitere Delegation machte sich auf den Weg

zur Polizeistation. Wieso geht unsere Delegation auf

die Polizeiwache in Estland? Die ausgewählte Wache

ist ebenfalls eine der vier Abgabestellen für die eID in

Tallinn. Einige Mitglieder der Business Mission haben

sich als e-Residency von Estland registriert. Somit

wurden wir mit Hilfe eines sehr einfachen Prozesses

virtueller Bürger von Estland, sprich auch von der

EU. Mit Hilfe der eID, können wir ausser Heiraten,

Ehescheidung und Hauskauf nun alle Geschäfte in Estland virtuell umsetzen. Die Abgabe

der eID war sehr professionell organisiert Eine kurze Erklärung zeigt auf, wie zu arbeiten

ist und was im Falle eines Verlustes zu unternehmen ist. Wir warten nun gespannt auf die

Berichte unserer Delegationsmitglieder, was sie alles genau mit der e-Residenz umge-

setzt haben.

Page 4: Rückblick Business Mission nach Helsinki und Tallinn vom ... · Referat beleuchtete jedoch das Projekt der Stadt Finnland. Der Einblick in den Aufbau und das Pro-jekt legten eine

4

Die Zeit ist sehr schnell verflogen, die Business Mission bereits zu Ende und die Teilneh-

mer verabschieden sich in das verlängerte Wochenende in Tallinn oder auf den Heimweg.

Der Verein eGov-Schweiz bedankt sich bei den Teilnehmern und den Partner S-GE, ICT

Switzerland und dem Consulting Cluster für die gute Zusammenarbeit.

Bereits heute dürfen wir sie informieren, dass die Business Mission 2018 uns nach Wien,

Linz und Hagenberg führen wird. Das Hauptthema wird Cyber-Defense / Cyber-Security

sein. Unter anderem werden wir auch die OSZE besuchen.

Autoren: Christoph Beer und Jeanette Wengler